Herbst:
Langsam segelten die buntgefärbten Blätter von den Bäumen, ein kalter Windstoß spielte mit meinen langen braunen Haaren und zerrte an meine Kleidung.
Ich lag auf den feuchten kalten Waldboden, die Arme rechts neben meinen Körper und sah zu wie jeder meiner Atemzüge sich aufgrund der Kälte in Dampf verwandelte.
Mir war kalt aber nach all den Jahren war ich Kälte gewohnt, all die Jahre die ich ums überleben gekämpft habe war Kälte wirklich das kleinste Problem was ich hatte. Nur heute schien mir die Kälte unerträglich zu sein, es lag nicht nur an der vorhandenen Nässe, die mich die Kälte noch intensiver auf meiner Haut spüren ließen, es lag eher daran das ich mich noch nie so einsam gefühlt habe, wie jetzt gerade in diesem Augenblick.
Ich setzte mich auf und rutschte zu den Rucksack den ich in einem leerstehenden Haus gefunden hatte und hoffte das sich irgendetwas Nützliches darin befand.
Ein Schokoriegel, eine Bastelschere mit dir man kleine Muster in das Papier schneiden konnte, ein Handtuch und ein paar Taschentücher.
Die Ausbeute war nicht gerade Hilfreich, mit eine Bastelschere für Kinder ließen sich schlecht Infizierte umbringen und ein Handtuch schützte mich auch kaum vor den Erfrierungstod.
Ich seufzte und stopfte die Sachen wieder zurück in den dunkelblauen Rucksack und lehnte mich an einem der Baumstämme und dachte nach.
Die Lage war aussichtslos, zwar würden mir die Gegenstände die ich bei mir trug für den ersten Moment helfen, aber auf Dauer war das keine Lösung.
Warum kämpfte ich überhaupt noch ums Überleben? Glaubte ich ernsthaft das ich nach zwei Jahren der verzweifelten Suche Joel wieder finden würde?
War, ein mir eigentlich völlig Fremder Mann wirklich der einzige Grund warum ich noch am Leben bleiben wollte?
Er hatte mich gerettet und das mehrmals, ich hatte für ihn gesorgt als er schwer Verletzt war, wir hatten viel durchgemacht und dann brauchte es nur eine handvoll Infizierter und ein Feuer um uns auseinander zu bringen?
Ich lachte höhnisch, das war völlig absurd, aber so war es nun mal.
Unsere Wege haben sich getrennt und ich hatte Wochen zugebracht Joel zu suchen, bis sich die Hoffnung schließlich in den Hintergrund stellte und ich mich damit abgefunden hatte, das er das Feuer vermutlich nicht überlebt hatte. Seitdem schlug ich mich alleine durch die völlig zerstörte und verwüstete Landschaft Nordamerikas und versuchte aus welchen Gründen auch immer, zu überleben.
Ich wusste nicht wo ich hin sollte, ich hatte kein Ziel vor Augen. Ich könnte zu den Firelflies gehen damit sie mir den Schädel aufsäbeln konnten, aber Joel hatte damals so viel auf sich genommen um mich aus deren Fängen zu befreien, ich war es ihm schuldig nicht zurück zu gehen. Ich konnte mich auch nicht mehr anderen Gruppen von überlebenden Anschließen, die gab es schlicht und ergreifend einfach nicht mehr. Es gab in der heutigen Welt kein Vertrauen mehr, jeder kämpfte für sich alleine, der stärkste überlebte, last man standing. So sah die traurige Wahrheit aus, wenn man jemanden umbrachte, hatte man zumindest ein paar Mahlzeiten gesichert und konnte das „Verhungern" erst einmal von seiner Liste der möglichen Todesursachen streichen.
Tiere gab es nur noch selten, entweder waren die Bestände vom jagen so stark zurück gegangen oder sie waren schlau gewesen und weiter Richtung Norden geflohen.
Und ich saß weiterhin im Wald und dachte über einen mögliche Suizid nach. Mir war viel widerfahren seitdem ich alleine unterwegs war. Ich wurde von Banditen und Infizierten gejagt, ich hatte viele Kämpfe erfolgreich ausgetragen, hatte Menschenfleisch gegessen. Ich hatte das alles eigentlich gut Weggesteckt, auch wenn es noch so Pervers war. In der Not frisst der Teufel Fliegen und Teufel waren wir alle. Es gab keine guten Menschen mehr, die gibt es schon lange nicht mehr, ich wollte nicht darüber nachdenken wie viele Familien ich die letzten Hoffnung aufs Überleben zerstört habe, weil ich einen liebenden Familienvater getötet habe.
Das alles hat mich verhältnismäßig kalt gelassen bis zu dem Tag an dem Banditen über mich herfielen, als ich für einige Sekunden die Augen geschlossen hatte. Ich konnte mich nicht mehr wach halten und nickte für einen kurzen Augenblick ein und diese Chance nutzten sie um mich mit einen Schlag auf den Kopf außer Gefecht zu setzen.
Ich erwachte erst wieder, als sie mich in einen kleinen Käfig gesteckt hatten, damit war vorerst jeglicher Fluchtversuch zum Scheitern verurteilt.
Die Gruppe die mich entführte, bestand aus circa 6 Männern und ich hoffte das auch zu den Menschen gehörten die nun Kannibalismus betrieben, dann hätte ich zumindest ein schnelles Ende gehabt. Aber ich stand offensichtlich nicht auf ihrer Speisekarte, sie hatten andere Bedürfnisse die gestillt werden mussten.
Sie vergewaltigten mich.
Sie sagten immer das sie mich noch ausnutzen wollten, so lange ich noch Lebe, so kam es das sie mich manchmal bis zu 10 mal am Tag aus den Käfig holten und mich festhielten. Ich kann mich an keine Einzelheiten mehr erinnern, ich weiß nur das es passierte, immer und immer wieder. Ich kam erst wieder zu mir wenn ich schluchzend im Käfig lag, die Beine eng an mein Kinn zog und mich hin und her wog.
Das war definitiv das schlimmste was man einen Menschen antun konnte, der Tod wäre eine wahre Erleichterung gewesen, aber wer von denen hätte mir schon die Erleichterung gegönnt?
Ich denke das ich mich ungefähr einen Monat in diesem Käfig befand, bevor das Lager von Klickern gestürmt wurde. Die Männer die keine großen Kämpfer waren, hatte keine Chance gegen das kaltblütige Töten der Infizierten und so sah ich zum ersten Mal ein kleines Fünkchen Hoffnung in mir Aufkeimen.
Ich war vor den Monstern geschützt, da ich mich im Käfig befand. Ein Klicker warf sich direkt vor mir auf einen der Männer, er hatte seine Waffe gezückt traf seinen Feind jedoch nicht lebensbedrohlich und so riss ihn der Klicker die Kehle auf und er ging neben mir zu Boden. Ein warmer Blutstrahl schoss mir ins Gesicht, aufgrund mehrere durchtrennten Aterien und schließlich blieb er reglos liegen, die Waffe war direkt neben meinen Gefängnis gelandet. Leise sehr darauf bedacht keinen Laut von mir zu geben griff ich zwischen den Gitterstäben hindurch und zog die Pistole zu mir. Ich öffnete das Magazin und lies die Kugeln auf meine Handfläche fallen, es waren genug Schuss um die Klicker zu beseitigen, ich musste nur warten bis die Kreaturen meine Peiniger aus dem Weg geschafft hatten.
Das geschah ziemlich schnell, ich entsicherte die Waffe und zielte so gut wie es aus dem Käfig heraus ging auf die Köpfe der Infizierten.
Ich war zufrieden mit meiner Leistung, jeder Schuss ein Treffer und so blieb mir noch eine Kugel, mit der ich das Schloss des Gitter aufschießen konnte um zu fliehen.
Ich griff schnell nach ein paar Sachen und rannte danach so schnell wie mich meine geschwächten Beine tragen konnten davon, ich machte erst an einen leerstehen Haus halt um mich besser auszurüsten. Daher hatte ich den blauen Rucksack und schließlich landete ich hier in diesen riesigen Waldstück und dachte über Selbstmord nach.
„Verdammte Scheiße." fluchte ich leise. Selbst wenn ich wollte, wie sollte ich mich schon umbringen? Mit der Bastelschere? Wohl kaum.
Ich griff nach dem Rucksack, warf ihn mir über die Schulter und stand auf.
Ich musste mir dringend ein Nachtlager suchen, sonst würde jemand anderes meinen Tod verursachen und das sollte ich zu verhindern wissen. Wenn ich auch nur noch eine Sache in meinen Leben bestimmten sollte, dann sollte es mein Todeszeitpunkt und der war definitiv nicht in dieser Nacht.
