Vorwort
Ich wurde ganz rot, als ich erkannte, dass James Potter in meinem Baumhaus sass. "Was machst du hier?", brach es aus mir heraus. Er sah auf und starrte einen Moment zurück. Aus Gewohnheit wollte ich einen Schritt zurück gehen.
Ja, ich ging immer einen Schritt zurück, wenn ich mich mit James Potter konfrontiert sah. Damit keiner von uns beiden handgreiflich werden konnte. Leider hatte ich dabei nicht bedacht, dass ich auf einer Strickleiter stand. Glücklicherweise verfingen sich meine Beine in der Strickleiter, sodass ich nur rückwärts 'stolperte' und kopfüber und in der Strickleiter verheddert in der Luft baumelte, anstelle davon, mit das Genick zu brechen. Trotzdem war das alles eher nicht so cool. "Merlin - Evans!", hörte ich ihn rufen, kurz darauf erschien sein Gesicht am Rand des kleinen Vorbaus meines Baumhauses. "Warte, ich helfe dir!"
"Ich brauche keine Hilfe!"; maulte ich und versuchte, mich selber zu befreien. Beziehungsweise, mich hoch zu ziehen. Leider war ich noch nie die Sportlichste und scheiterte daran. Potter verschränkte seine Arme und sah mir dabei zu, wie ich darum kämpfte, wieder richtig herum auf die Leiter zu kommen. Mir entfuhr ein frustriertes Stöhnen, da seufzte er.
"Und du willst meine Hilfe nicht?"; hakte er nun nach.
"Fahr zur Hölle.", meckerte ich sofort.
"Kommst du mit mir mit?", grinste er umso breiter. Ich verdrehte meinte Augen über ihn. Er war immer so frech, aber normalerweise starrte er dabei nicht meine Unterwäsche an. "Hey, wenn ich dir verspreche, niemandem zu sagen, dass du ungefähr so fit wie ein Faultier bist, darf ich dir dann aus deiner misslichen Lage helfen?", fragte er unverschämt grinsend.
"Du musst es auf Sirius Blacks Leben schwören. Und du darfst es nicht einmal ihm erzählen!", forderte ich. Er lachte.
"Geschworen.", meinte er locker und reichte mit seine Hand herunter. "Na also...", fügte er hinzu, als ich mich endlich hoch gerafft hatte und nach ihr griff. Er zog mich mühelos hoch, bis ich mich wieder an der Strickleiter festhalten konnte. "Und hat das jetzt so weh getan?"
"Halt die Klappe, Potter..."; maulte ich, während ich versuchte, meine Beine vorsichtig zu - uh - entheddern. "Was tust du in meinem Baumhaus?", fragte ich bissig hinterher.
"Ich wusste nicht, dass das hier dein Baumhaus ist.", erwiderte er schulterzuckend. "Meine Eltern haben das Haus gekauft.", ich starrte ihn an.
"Das ist nicht dein Ernst!", sagte ich ungläubig und kletterte auf den Vorbau meines Baumhauses. "Und der kleine Prinz hat selbstverständlich gedacht, wenn er irgendwo ein Baumhaus auf den Ländereien seiner Eltern findet, dann würde das automatisch ihm gehören und er könnte sich dort einnisten.", fragte ich ihn aufgebracht.
"Uh - erstens ist das nicht so abwegig und zweitens stimmt es trotzdem nicht.", erwiderte er stirnrunzelnd. "Ich habe mir nur angesehen, wo ich hier bin und da habe ich das Baumhaus gesehen und wollte nachschauen, ob es jemandem gehört. Als ich L.E. gesehen habe, wäre ich nie auf dich gekommen."; tatsächlich deutete er auf den Türrahmen, in den L.E. und S.S. eingeritzt war und ich musste mich räuspern. "Wer ist S.S.?"; fragte er auch sofort.
"Niemand."; würgte ich hervor. Er zuckte mit seinen Schultern.
"Also gut.", meinte er gleichgültig. "Ich werde mir zur Not also ein eigenes Baumhaus bauen müssen, sagst du? Dieses hier ist hübsch...", er strich über den Türrahmen und ich räusperte mich.
"Nun, du wirst dir in jedem Fall ein eigenes Baumhaus bauen müssen. Dieses kommt weg.", erwiderte ich biestig. Er zog seine Augenbrauen herauf. "Ich bin nur hier, um zu sehen, ob ich alles habe, danach wird es zu Kleinholz verarbeitet!"
"Was? Nein!", protestierte er. "Wieso würdest du das tun?", mein Blick fiel leicht angewidert auf die Initialen am Eingang und er folgte meinem Blick. "Oh."
"Was oh? Ich habe nichts gesagt.", schnappte ich.
"Aber es ist offensichtlich dass S.S. dein Freund gewesen ist und dass ihr jetzt - uh - Schluss gemacht habt.", erklärte er und wurde dabei sogar leicht rosa in seinem Gesicht.
"Er war nie mein Freund."; erwiderte ich nur. "Ein Freund, habe ich gedacht, war er aber nicht.", da hellte sich seine Miene wieder ein bisschen auf. Um Himmels Willen, er schwärmte doch nicht immer noch für mich? "Und jetzt raus aus meinem Baumhaus!"
"Nicht, wenn du es dann zerstörst!", erwiderte er. "Irgendwann wird es dir Leid tun.", ich verschränkte meine Arme.
"Raus. Hier.", verlangte ich umso deutlicher, aber er ging einfach wieder hinein, in mein Baumhaus. "Potter-"
"Nein! Wenn du es nicht mehr haben willst, dann will ich es haben!", erwiderte er.
"Wozu brauchst du ein Baumhaus?", fragte ich erzürnt und stürmte ihm hinterher. "Du hast doch im Haupthaus wahrscheinlich einen ganzen Flügel für dich alleine!", aber er hatte sich auf meinen Sitzsack fallen lassen und sein Buch wieder zur Hand genommen.
"Nope. Mum ist der Meinung, es reicht, wenn Sirius und ich mein Zimmer verwüsten, wir müssten also nicht noch andere Zimmer in Mitleidenschaft ziehen. Demnach habe ich wie gehabt ein Zimmer. Beziehungsweise ein halbes Zimmer.", erklärte er mir. Ich zog meine Augenbrauen herauf.
"Kluge Frau.", kommentierte ich trocken.
"Tja. Und er meckert immer nur. James, lass uns was unternehmen. James, mir ist langweilig. James, deine Geige ist verstimmt - blah, blah, blah...", fuhr er fort. "Darum bin ich erst her gekommen. Er wird während der Sommerferien ein bisschen unausstehlich. Keine Weiber zum flachlegen, wenn du verstehst, was ich meine...", er grinste ein bisschen, aber ich konnte nicht richtig einordnen, was daran so lustig sein sollte.
"Nun, deine Beziehungsprobleme mit Sirius Black sind nicht mein Problem, du darfst dieses Baumhaus nicht haben. Ich werde es abreissen und mit persönlicher Genugtuung zu Kleinholz verarbeiten.", schnappte ich jetzt.
"Als ob meine Geige verstimmt wäre, ich spiele seit über elf Jahren Geige, ich weiss wenn meine Geige verstimmt ist."; maulte er, als hätte ich nichts gesagt. "Er stört sich nur daran, weil ich besser auf meiner Geige spielen kann, als er am Klavier.", ich verdrehte jetzt meine Augen.
"Potter, deine Beziehungsprobleme mit Black sind mir egal!"; informierte ich ihn und dehnte das egal schön lange und baute sogar eine kleine Schleife ein, damit er es begriff. Er grinste nur breiter.
"Sind sie nicht. Schliesslich würde ich dich nicht nerven, hätte ich keine Beziehungsprobleme mit meinem vertrottelten besten Freund. Natürlich nerve ich dich nicht absichtlich, aber auf der anderen Seite reicht meine blosse Existenz um dich zu nerven und ich existiere ganz gerne.", ich seufzte.
"Du sollst aus meinem Baumhaus raus!", maulte ich genervt. Er sah mich jetzt an.
"Warum nerve ich dich mit meiner Existenz? Das haben wir nie ganz geklärt.", ich verdrehte meine Augen erneut, da fuhr er über sein Gesicht. "Wenn du mir sagst, was dich so sehr an mir stört, dann kann ich es lassen und wir könnten - uh - keine Ahnung, etwas ähnliches wie Freunde sein.", schlug er dann vor.
"Ich habe einen anderen Vorschlag.", sagte ich und er grinste jetzt. "Raus aus dem verdammten Baumhaus!", meckerte ich wieder. Er lachte ein bisschen.
"Und wenn ich es lasse und dich immer noch störe, dann verspreche ich dir, mich wenigstens von dir fern zu halten.", ich sah auf. Er war wieder rosa geworden. Letztendlich seufzte ich erneut, zog meine Arme vor meinem Oberkörper enger zusammen und sah kurz hinter mich auf dem Türrahmen.
"Du solltest nicht ändern, wer du bist, um anderen zu gefallen."; brachte ich gerade so hervor und dann traten auch schon Tränen in meine Augen. Er sah mich einen Moment unsicher an, dann seufzte er.
"Aber wenn ich die blöden Sachen an mir ändern kann, dann sollte ich das tun.", erklärte er ruhig. "Sogenannte Charakterschwächen können sich verbessern, wenn man hier und da konstruktive Kritik bekommt und sie sich zu Herzen nimmt.", ich weinte jetzt blöderweise vor mich hin. Er bewegte sich nicht, sondern sah mich einfach nur an.
"Ich möchte nicht, dass sich jemand ändert, um mir zu gefallen.", schluchzte ich. "Ich würde mich auch nie ändern können, nur um irgendjemandem zu gefallen...", einen Moment lang sah es so aus, als würde er aufstehen und mich in den Arm nehmen, aber er blieb nur unschlüssig sitzen. "Ich muss jetzt gehen.", würgte ich, dann drehte ich mich auch schon um und kletterte die blöde Strickleiter wieder herunter.
