Was wäre, wenn?

Staffel 9, Folge 21

Geschrieben von Colie MacKenzie

Übersetzt von crazysecondname

Gegengelesen von Copop83

Der nachfolgende Text ist eine fiktive Geschichte von Autoren ohne jegliche Beziehung zur ABC-Sendung „Castle". Erkennbare Charaktere sind Eigentum von Andrew Marlowe und ABC. Namen, Orte und Geschehnisse sind Produkt der Kreativität des Autors oder werden fiktiv genutzt. Jegliche Ähnlichkeit zu tatsächlichen Personen, lebend oder tot, Unternehmen, Firmen, Ereignissen oder Örtlichkeiten ist rein zufällig


Kapitel 1

„Du bist immer noch wach? Es ist zwei Uhr morgens."

Kate wandte ihren Kopf der Stimme ihres Ehemanns zu, beobachtete, wie er um das Bett lief, auf dem sie sich mit einem ihrer Lieblingsbücher zusammengerollt hatte. Er hatte geschrieben, sich die letzten Stunden in seinem Arbeitszimmer versteckt, und jetzt wirkte er müde, seine Augen geschwollen und sein Haar von seinen Fingern, mit denen er hindurch gefahren war, durcheinandergebracht.

„Ich dachte, du wolltest versuchen zu schlafen?", fragte er. Er setze sich neben ihre Hüfte, fuhr mit seiner Hand über ihre Wirbelsäule. Kate summte, drehte sich zu der beruhigenden Bewegung – so sehr sie es in ihrem momentanen runden Zustand schaffte.

„Hätte ich gerne gemacht", antwortete sie, „nur eine von uns-" Sie schaute auf ihren Bauch, fuhr mit ihrer Hand über die Kurve, und legte ihren Daumen auf den Punkt unter ihrem Nabel, an dem die Wölbung einer Gliedmaße gegen die Oberfläche trat, „-benutzt meine Blase als Trampolin."

„Hoffentlich nicht mehr lange." Rick lächelte, legte seine Hand auf ihren Bauch, ihre Finger verflochten.

„Ich will einfach, dass sie kommt", flehte sie, miserabel von der zunehmenden Unbequemlichkeit dieser Schwangerschaft und ungeduldig von der Trägheit des Wartens.

Seit Mitternacht war es offiziell der Geburtstermin, aber Lily zeigte keine Anzeichen davon auf die Welt kommen zu wollen. Kates letzte Untersuchung hatte Baby und Mutter als Gesund erklärt (ihre unerwartet glatt verlaufene Schwangerschaft nach dem physischen Trauma letztes Jahr überrascht die Ärzte immer noch, und sie waren nicht nachlässig das jedes Mal zu erwähnen), also gab es keinen Grund sich Sorgen zu machen, und sie hatte sich selbst versprochen die Zeit des Wartens und Vorbereitens auf die Geburt ihres Babys zu genießen.

Doch obwohl sie wusste, dass Geburtstermine zu berechnen keine exakte Wissenschaft war, hatte sich das Datum in ihrem Kopf festgesetzt, wie das Ziel eines 40-wöchigen Marathons, und sie war erschöpft. Jetzt, wo er da war, jetzt, wo alles für Lilys Ankunft vorbereitet war und es nichts zu tun gab, außer zu warten ohne zu wissen, wie lange noch, fand Kate sich in einem nichtendenden Limbus von Ruhelosigkeit und Nervosität.

„Ich weiß", murmelte Rick, rieb eine Hand zwischen ihre Schulterblätter, und Kate vergrub ihr Gesicht in ihre Kissen.

„Kommst du ins Bett?

„Ja. Muss nur meine Zähne putzen." Er befreite seine Finger von ihren, hauchte einen Kuss auf ihre Wange, bevor er aufstand.

Kate legte ihr Buch auf ihren Nachttisch, streckte sich nach dem Licht, und kuschelte sich dann zurück in die Matratze und rollte auf ihre Seite, legte ihre Arme um ihren Bauch.

„Komm schon, Lily", flüsterte sie, fuhr mit ihrer Hand über ihre Haut. „Es ist Zeit rauszukommen, Kleine. Mommy freut sich so dich zu treffen." Aber ihre Tochter blieb hartnäckig still.

Die Matratze senkte sich, als Castle sich auf seine Seite des Betts setzte, unter die Decke rutschte und sich an sie schmiegte. Sie rückte nach hinten, lehnte sich an seinen Körper und er legte seine Hände um ihren Bauch, ihre Finger verschränkten sich erneut auf ihrer Haut.

Sie wurden still, und sie lauschte dem Summen der Klimaanlage und dem vertrauten Rhythmus seines Atems.

„Ich vermisse meine Mom."

Rick verstärkte seinen Griff um sie, küsste ihren Kopf. Sie vermisste ihre Mutter mehr denn je. Sie sehnte sich jeden Tag danach ihr Fragen zu stellen, die Freuden und Ängste der Schwangerschaft mit ihr zu teilen und Trost in der Umarmung ihrer Mutter zu finden, ihrer Weisheit, ihrem Lachen. An manchen Tagen war der Gedanke ihre eigene Tochter ohne die Anwesenheit ihrer Mutter zu haben unerträglich. Und Rick wusste das. Er saß jahrelang in der ersten Reihe von Kates Schmerz.

„Und ich habe akzeptiert, was passiert ist, aber das bedeutet nicht, dass ich nicht wünschte, sie wäre hier bei mir. So vieles wäre anders…" Kate ließ den Gedanken in der Stille des Schlafzimmers verhallen, und Rick streichelte ihren Bauch, vor und zurück, eine beruhigende Liebkosung für ihr Baby, das darunter schlief.

Wäre sie überhaupt hier, fragte sie sich, mit Rick verheiratet, ein Kind mit ihm erwartend, wenn ihre Mom noch leben würde? Allein der Gedanke ließ sie zittern, und sie drückte sich näher an ihn, verstärkte ihren Griff um ihren Bauch, als würde sie sie beide beschützen. Sie würde ihren Ehemann und ihr Baby für nichts aufgeben! Aber es löschte nicht die nagende Frage aus ihrem Verstand: Wenn ihre Mutter nicht ermordet worden wäre, hätten sie und Castle sich je getroffen?

Und wenn sie sich getroffen hätten, hätte er sie als das Geheimnis, das er nie lösen würde gesehen, ohne den tragischen Hintergrund, der sie zu dem gemacht hat, was sie war? Ohne dass sie ihm eine Polizeimarke entgegengehalten, und die Idee von Nikki Heat zum Leben erweckt hatte? Wenn es Nikki Heat nicht gegeben hätte, wäre er so lange für sie, Kate, geblieben?

Was, wenn sie niemals ihre Geschichte gehabt hätten?


September 2009

„Nennen Sie ihren Namen für die Akte, bitte."

„Richard Edgar Castle."

„Heben Sie Ihre rechte Hand."

Richard Castle folgte den Anweisungen des Gerichtsdieners und hob seine rechte Hand.

„Schwören Sie feierlich, dass sie die Wahrheit sagen, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit, so wahr Ihnen Gott helfe?"

„Ich schwöre."

„Bitte setzen Sie sich."

Er setzte sich, und Kate Beckett erhob sich aus ihrem Stuhl. Sie straffte ihre Anzugjacke, fuhr mit ihren Händen über ihren Bleistiftrock um die Falten zu glätten und das leichte Zittern ihrer Hände zu verbergen. Ihr Magen verkrampfte sich.

„Mr. Castle." Seine Augen trafen ihre, sein Blick interessiert, während er ihrem Weg von hinter ihrem Tisch zum Zeugenstand folgte.

Er hatte die blauesten Augen, die sie je gesehen hatte. Ihr Magen flatterte.

Kate wollte den Angriff ihrer Nerven auf seinen Ruf schieben – Richard Castle war etwas unberechenbar, mit einem Vorstrafenregister, das dazu passte (und jedes Mal wurde die Anklage wundersamerweise fallen gelassen). Dies war ein Fall von großem öffentlichen Interesse und Staatsanwältin Beckett mochte keine Variablen, die sie nicht kontrollieren konnte. Aber die Wahrheit war – dies war Richard Castle. Ihr Lieblingsautor. Dieses ganze Playboy-Verhalten, das er an den Tag legte, der gefräßigen Masse durch die Klatschpresse zeigte, hatte sie noch nie gut gefunden; seine Worte allerdings… Etwas an seinen Büchern hatte sie schon immer angesprochen, sie ergriffen und nicht losgelassen, bis sie die letzte Seite umgeblättert hatte, und sie hatte oft auf das Bild auf der Rückseite des Buches geschaut, über den Mann hinter den Worten nachgedacht, der sie so berühren konnte.

Und jetzt musste sie ihn im Zeugenstand befragen.

„Bitte erzählen Sie dem Gericht, was sich am Abend des 9. März 2009 zugetragen hat."

„Ich war bei der Party zum Erscheinen meines letzten Bestsellers, Storm Fall. Vielleicht haben Sie davon gehört." Er wandte sich and die Geschworenen, zwinkerte und sie nahmen es auf, kicherten, flirteten. Eine Frau errötete heftig. Kate musste das Bedürfnis ihre Augen zu verdrehen unterdrücken.

„Fahren Sie fort, Mr. Castle", bat sie höflich, mit geduldiger Zurückhaltung, ihre Lippen kräuselten sich zu einem kleinen Lächeln, als wäre auch sie von Richard Castles Flirten gefesselt. Eine Jury war wie ein launisches Instrument; man musste es gut stimmen, sie geschickt spielen um die Ergebnisse zu bekommen, die man suchte, ohne jeden Einzelnen zu verstimmen.

„Ich wurde von zwei NYPD Detectives abgeholt-"

„Detectives Muller und Rodriguez?"

„Das ist korrekt." Richard Castle nickte. „Jemand hatte Morde verübt, die die Tatorte in meinen Büchern widerspiegelten, also hatte die Polizei ein paar Fragen."

„Was genau wurden Sie gefragt?"

„Ob ich jemals eines der Opfer getroffen hatte, was nicht der Fall war, und ob ich ein Alibi für den letzten Mord hatte, was ich tat. Ich wurde gebeten den Detectives meine Fanpost zukommen zu lassen, die offenbar zur Verhaftung von Mr. Cabot führte."

„Einspruch." Der Verteidiger sprang auf, seine Wangen gefleckt. „Hörensagen." Er war jung und unerfahren, das wusste sie – kaum mit dem Studium fertig und schon in einen pro bono Fall von großem Interesse geworfen – aber bisher hatte er sich gut gehalten. Kyle Cabot saß neben ihm, Hände in seinem Schoß verschränkt, schaukelte vor und zurück, sein Blick leer auf den Tisch gerichtet. Sein schwarzes Haar war strähnig, hing schlaff über seine Stirn.

„Stattgegeben."

Das war ein erwarteter Einspruch und warf sie kaum aus der Bahn. Kate konzentrierte sich auf die Aussage, die sie von Richard Castle brauchte.

„Mr. Castle, haben sie den Angeklagten, Kyle Cabot, je getroffen?" Kate drehte sich leicht, stellte sicher, dass die Geschworenen jede ihrer Bewegung sehen konnten, als sie auf Cabot zeigte.

„Niemals."

„Hat er Sie je kontaktiert?"

„Nicht, dass ich wüsste. Nur die Briefe, von denen ich nicht mal wusste, bis die Detectives sie in meiner Fanpost fanden. Meine ganze Fanpost geht direkt an meinen Verleger."

Kate wandte sich zurück zu ihrem Tisch, hob das Papier in dem Beweisbeutel hoch.

„Euer Ehren, ich möchte Beweisstück 2B vorlegen, der Brief, der in Mr. Castles Fanpost gefunden wurde. Mr. Cabots Fingerabdrücke wurden auf dem Papier gefunden, und die Zeichnung stellt genau dar, wie Ms. Tisdale gefunden wurde, was nicht nur Mr. Cabots Obsession mit Mr. Castle beweist, sondern auch eine direkte Verbindung zwischen Mr. Cabot und dem anschließenden Mord an Ms. Tisdale." Sie hielt den Brief für einen weiteren Moment hoch, damit die Geschworenen die Wichtigkeit des Beweisstückes aufnehmen konnten, bevor sie ihn dem Richter übergab.

Kate Beckett nahm sich Zeit, erlaubte dem Gewicht des Briefs nachzuklingen und sich niederzulassen, bevor sie fortfuhr.

„Mr. Castle, bitte schauen Sie auf die drei Tatorte wie sie von der Polizei gefunden wurden."

An der Seite des Gerichtssaals waren Bilder der Tatorte an eine Leinwand gepinnt und auf Staffeleien aufgestellt. Es war eine von Kates bevorzugten Methoden in einer Verhandlung. Es hob für die Geschworenen hervor, was bei jedem Fall auf dem Spiel stand, und mehr noch, sie wollte, dass die Opfer nicht vergessen wurden; sie wollte nicht, dass es auch nur für eine Sekunde aus dem Augen aus dem Sinn war, dass diese Leute Gerechtigkeit verdienten.

„Sind Sie vertraut mit den Tatortbildern?"

„Ja." Castle nickte. „Sie sehen aus wie die Mordszenen, die ich in einigen meiner Bücher erschaffen habe." Er zeigte auf das erste, der Fall von Mavin Fisk. „Das ist die Mordszene von Die Hölle kennt keine Wut, und das zweite-" Er deutete auf das Bild von Alison Tisdale, die komplett mit Rosen bedeckt war und Sonnenblumen auf ihren Augen hatte. „Von Blumen für dein Grab. Und das dritte sieht aus wie die Szene aus Tod einer Ballkönigin."

Kate nickte, zufrieden damit, wie glatt diese Befragung, trotz der Zweifel, die sie hatte, ablief. „Keine weiteren-"

„Nur in meinem Buch war das Kleid blau."

Beckett erstarrte; Alarmglocken ertönten in ihrem Kopf. Nein, nein, nein, das war nicht, wofür er im Vorfeld vorbereitet wurde!

Ihre Gedanken schossen umher, liefen in Lichtgeschwindigkeit durch ihre Optionen. Sie erkannte schnell, dass keine zu einem wünschenswerten Ausgang führte. Entweder bat sie Castle seine Anmerkung zu erklären, was Probleme schaffen könnte, die sie nicht kontrollieren konnte. Oder sie beendete ihre Befragung hier, und gab der Verteidigung eine fette Möglichkeit ein paar Löcher in ihre Beweise zu stanzen. Dann hätten die Geschworenen Zweifel, und sie konnte sich nicht leisten, dass sie zweifelten.

Doch die Realität war, dass sie diejenige war, die diese Fragen aufgebracht hatte. Wenn er eine Diskrepanz zwischen den Tatorten und seinen Büchern gefunden hatte, hatte sie keine Wahl, als das durchzustehen.

„Würden Sie Ihre Aussage erklären?"

„Ja, nun. In meinem Buch ist das Kleid des Opfers in der Szene blau, aber das Mordopfer trägt ein gelbes Kleid. Tatsächlich hätte Mr. Fisk mit einer Plastiktüte erstickt werden müssen, nicht mit einer Krawatte erwürgt. Es ergibt keinen Sinn."

„Also sagen Sie, dass ein paar kleine Details-" Kate betonte das Wort ‚kleine' „-nicht ganz mit den Szenen übereinstimmen, die Sie geschrieben haben?" Kate stolperte durch ihren erbärmlichen Versuch der Schadensbegrenzung; es war alles, was sie hatte.

„Ja, das würde ich sagen."

„Aber im Großen und Ganzen passen die Szenen gut genug zu den Beschreibungen in Ihren Büchern, dass sie wie kopiert wirken?"

„Einspruch. Führen des Zeugen."

„Stattgegeben."

„Keine weiteren Fragen, Eurer Ehren. Vielen Dank, Mr. Castle", Kate ging zurück zu ihrem Tisch, ihr Kopf erhoben, ihre Schritte selbstsicher. Der Schlüssel war nie zu zeigen, dass etwas schiefgelaufen war, dass alles, was die Geschworenen gesehen hatten, sich ganz nach Plan zugetragen hatte.

Innerlich kochte Kate Beckett.

„Mr. Castle, warum fanden Sie es wichtig die Unterschiede zwischen den Morden in Ihren Büchern und den Tatorten zu erwähnen? Immerhin scheinen sie auf den ersten Blick nur –" Der Anwalt ließ seinen Blick über die Geschworenen wandern, zuckte mit seinen Schultern. „Kleine Details."

„Nun, so wie ich es verstehe, hat Mr. Cabot eine Besessenheit zu mir entwickelt, und es war seine Besessenheit, die ihn dazu geführt hat Menschen zu töten und es aussehen zu lassen wie Szenen aus meinen Büchern. Aber Besessene sind penibel; sie nehmen viel auf sich um sicherzugehen, dass jeder Teil exakt ist. Für jemanden wie Kyle Cabot wäre es unmöglich die Details zu ignorieren."

„Einspruch", warf Kate ein. „Spekulation."

„Stattgegeben", bewilligte der Richter, aber es war zu spät. Der Schaden war angerichtet.

„Vielen Dank, Mr. Castle, keine weiteren Fragen." Während Richard Castle den Zeugenstand verließ, wandte sich der gegnerische Anwalt an den Richter.

„Euer Ehren, im Angesicht von Mr. Castles Aussage und den Fragen, die aufgekommen sind, beantragt die Verteidigung eine Vertagung um eventuelle mildernde Beweise vorzubereiten."

Richard Castle ging an ihr vorbei, aber Kate Beckett ignorierte ihn, starrte gerade aus, während sie auf die Entscheidung des Richters wartete, ihre Gedanken bei dem Sturzflug, den ihr Fall gerade hinlegte, und die Konsequenzen, denen sie sich stellen musste.

„Stattgegeben." Der Richter schlug seinen Hammer. „Sie haben 48 Stunden."