Mein Handy vibrierte in meiner Hosentasche. Ich wollte im Gemenge der Fußgängerzone stehen bleiben, wurde aber von allen Seiten weitergedrängt. Als ich endlich in eine Seitenstraße abbiegen konnte blickte ich verwirrt auf mein Handy. Ich hatte heute meinen freien Tag und noch nicht mal da hat man seine Ruhe.
Ich blies Luft aus meinen Lungen und nahm ab:
"Mr. Newton! Was kann ich für Sie tun?" Ich versuchte freundlich zu bleiben. Aber wenn mein Chef mich schon während meiner freien Zeit anrief, konnte das schon nichts Gutes heißen.
"Miss Swan. Wann können Sie im Studio sein? Ich müsste da dringend was mit Ihnen besprechen!"
Meine Alarmglocken gingen unwillkürlich an.
"Öhm.." Ich schaute kurz auf meine Armbanduhr. "Ich denke in einer halben Stunde könnte ich da sein!" Den leicht nervösen Unterton in meiner Stimme ignorierte ich. Newton legte auch direkt danach wieder auf.
Er ist ein richtiger Arsch. Kaum 3 Jahre älter als ich, aber lässt den Chef bei jeder Gelegenheit raushängen, obwohl er alles von Papi in den Arsch geschoben bekommen hat. Ich rollte mit den Augen. Ich war aber froh darum, meinen Traumjob ausüben zu können.
Schon als kleines Mädchen lief ich mit meiner ersten Kamera durch die Gegend, die ich von meinen Eltern zu meinem Geburtstag geschenkt bekommen habe und versuchte, alles mögliche vor die Linse zu bekommen.
Schon früh war klar das ich nur Fotografin werden wollte. Nachdem ich meine Ausbildung mit Bravour gemeistert hatte bekam ich im Werbestudio "Newton's" einen Job als Gesellin angeboten und lehnte natürlich nicht ab. Das war das renommierteste Fotostudio in Seattle und dadurch kam ich auch endlich aus Forks raus.
Ich stieg schnell in die nächste Straßenbahn in Richtung Innenstadt. Ich ergatterte einen Fensterplatz und ließ meine Gedanken schweifen.
Mein Ex-Freund James hatte Schluss gemacht nachdem ich ihm gesagt hatte ich würde nach Seattle gehen. Das trübte meine Stimmung erheblich. Ich hatte mich so auf die neue Herausforderung gefreut und hatte erwartet, dass meine Familie und Freunde mich unterstützen würden. Meine beste Freundin Angela war direkt aus dem Häuschen und bekam sich gar nicht mehr ein. Meine Eltern Charlie und Reneé freuten sich auch riesig für mich.
Nur James verlor fast den Verstand und konnte überhaupt nicht nachvollziehen, dass ich nicht einfach im Fotogeschäft in Forks arbeiten wollte. Klar, die Möglichkeit hätte ich gehabt. Aber ich wollte mehr als im Laden stehen und Passbilder zu machen und Kameras zu verkaufen. Ich war zu mehr bestimmt. Ich wollte die Welt kennen lernen. Die Werbewelt, die Modewelt und gerade bei "Newton's" hatte ich diese Möglichkeit.
Das Studio hatte mega Verträge mit großen Firmen.
Es kam halt wie es kommen musste, James bekam mal wieder einen Wutanfall als ich bei meiner Meinung blieb und ihm wieder einmal erklärte, dass ich nach Seattle zog. Er schrie mich an und warf mir Dinge an den Kopf, die ich am liebsten aus meinem Hirn streichen würde. Das Letzte was ich von ihm wahrnahm war die knallende Tür, die die Wände und vor allem das gemeinsame Bild von uns beiden zum erschüttern brachte. Das Bild fiel vom Haken und der Glasrahmen ging klirrend zu Boden.
Das war der Punkt in meinem Leben wo ich alles hinter mich lassen wollte und nur nach vorne schauen!
Ich wurde aus den Gedanken gerissen als meine Haltestelle durch den Lautsprecher angesagt wurde.
Nur noch 2 Minuten Fußweg und ich konnte schon das Rote Logo unserer Firma sehen.
Ich lief durch die Drehtür.
"Hallo Bella!" Jessica Stanley war so etwas wie die Empfangsdame.
"Hallo Jess!" Ich winkte ihr nur kurz zu und steuerte direkt den Fahrstuhl an.
Mike Newtons Büro lag auf der obersten Etage.
Ich zählte die Sekunden bis der Fahrstuhl endlich das berauschende "Pling" von sich gab, das mich endlich aus diesem Horrorteil entließ.
Kurz vor seinem Zimmer atmete ich noch einmal tief durch, schob meine blaue Bluse ,die ich trug, zurecht, fuhr mir mit den Fingern noch einmal durch meine braunen Haare und versuchte meinen Puls etwas runterzuschrauben.
Ich klopfte zögerlich an und hielt den Atem an.
"Herein!" War dumpf von innen zu hören. Meine Finger hinterließen einen leichten Schweißfilm auf die metallische Türklinke als ich sie öffnete.
Ich zog eine Augenbraue hoch. Mr. Newton saß am einen Ende seines ellenlangen Schreibtisches und am anderen Ende saß ein etwas älterer Kerl. Vielleicht Mitte 30, blonde Haare, die zurück gekämmt waren. Ein sehr warmes Gesicht, in Anzug.
Mike betrachtete mich einmal von oben bis unten. Wie ich das hasste, wenn er mich förmlich auszog.
"Miss Swan, Das ist Mr. Cullen!" Er zeigte mit seiner Hand auf den anderen Typen. Ich hielt ihm meine Hand entgegen und er nahm sie leichtfertig in seine. Ich lächelte und er erwiderte es sofort.
Mr. Newton dirigierte mich auf den leeren Stuhl neben Mr. Cullen.
Er verschränkte seine Finger und lehnte sich etwas nach vorne auf dem Schreibtisch. "Miss Swan, Ich habe Sie so kurzfristig hier her berufen, weil ich Ihnen eine einmalige Chance verschaffen möchte. Mr. Cullen hat nicht allzu viel Zeit und da wir immer mal wieder mit seiner Firma zusammen arbeiten hat er uns um Hilfe gebeten."
Meine Ohren wurden hellhörig. Von der Seite beäugte ich Mr. Cullen und sah, dass er einige Prospekte in der Hand hielt. Sie zeigten eindeutig das Logo der AIDA. Ich kümmerte mich immer um die Sachen, die wir für AIDA taten, daher kannte ich dieses Logo aus dem Eff Eff.
Newton schaute Mr. Cullen an und der drehte sich nun zu mir.
"Was Mr. Newton sagen möchte. Wir waren bisher immer äußerst zufrieden mit ihren Arbeiten Miss Cullen. Sie haben unsere Mitarbeiter immer hervorragend ins Licht gerückt und vor allem waren sie menschlich immer oben auf. Worauf ich nun hinaus will. Unser neuestes AIDA Schiff sucht noch einen "Bord-Fotografen" Das heißt wir brauchen einen kompetenten Fotografen, der sozusagen das AIDA Leben in Bildern festhält. Die Feste, die Veranstaltungen, das Ambiente. Und da wir so ein gutes Bild von Ihnen haben, wollte ich Sie darum bitten, diesen Job zu übernehmen!"
Meine Augen weiteten sich. Nicht vor Schock, sondern einfach vor Begeisterung. Die Welt bereisen, mit Menschen zu tun haben, meiner Leidenschaft nachgehen, gutes Geld verdienen. WAS will ich bitte mehr?
Ich musste einmal tief durchatmen und meinen angesammelten Speichel runterschlucken. "Sir, Sie wissen gar nicht… Sie wissen gar nicht wie gerne ich das machen würde!" Ich lächelte. Was anderes konnte ich auch nicht tun.
"Das hatte ich gehofft!" Auch Mr. Cullen schien sich zu freuen. "Dann lassen Sie uns noch alle Feinheiten besprechen!"
1 Stunde später war ich aus Mr. Newtons Büro raus. Das Dauergrinsen verschwand nicht mehr aus meinem Gesicht. Ich durfte die Karibik Tour übernehmen.
Wir hatten immer 3 Monate Arbeit am Stück. 1 Tag in diesen 3 Monaten in der Woche frei und variable Arbeitszeiten. Das heißt ich würde auch viel vom Schiffsleben mitbekommen.
Die Personalkabinen hatten alle einen kleinen Balkon nach außen hin und waren voll ausgestattet. Ich freute mich wie ein kleines Kind. Zumal wir die erste Crew auf diesem Schiff sein werden und es ging in 3 Tagen schon los.
Meine Mitbewohnerin Lauren fand das ganze nicht ganz so toll. Sie saß heulend auf dem Sofa als ich meinen Tonnenschweren Koffer durch unserer Wohnung zerrte.
"Bella, wie soll ich das denn ohne dich aushalten? Du bist mir so ans Herz gewachsen" Sie putzte sich einmal geräuschvoll die Nase.
"Ach Lauri, ich komme doch wieder! Ganz bald und bringe dir ganz viele tolle Sachen aus der Karibik mit, versprochen!" Ich ließ die Koffer liegen und nahm Lauren einmal fest in die Arme. Ich hielt sie an beiden Schultern und sah ihr fest in die Augen. Mit einer Hand wischte ich ihr eine Träne aus den Augenwinkeln.
"Süße, Wir sehen uns bald wieder. Versprochen!" Ich drückte ihr einen dicken Kuss auf die Wange und signalisierte dann das wir losmüssten.
Am Flughafen würde ich einige meiner Kollegen treffen. Mit denen ich zusammen zur AIDA fliegen würde.
Ich winkte Lauren noch einmal zum Abschied bevor ich meinen Kopf drehte und in das riesige Flughafengebäude betrat.
Die Reise in ein neues aufregendes Leben sollte jetzt beginnen….
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