,,..." jemand spricht
/.../ jemand denkt
~...~ Parsel
48. Kapitel Grindelwalds Plan
Grindelwald - Unbekannter Ort, England
Fasziniert blickte er auf die beiden Gestalten vor sich. Sein Augenmerk lag weder auf der kargen Zelle, noch den Ketten an den Wänden oder den Ratten, die gelegentlich durch die Schatten huschten. Er war ganz fokussiert auf den alten Mann und das kleine Kind, welche auf den einzigen beiden Stühlen, mit Klebezauber fixiert, sassen. Der alte Mann weinte bitterlich und dennoch lautlos unter dem Schweigezauber, der die beiden umgab. Das Baby allerdings betrachtete erstaunt seine Hände, so als könne er nicht glauben, was es sah. ,,Wie lange?" fragte er in den Raum und sofort war Stone neben ihm, stets bemüht ihn nicht zu verärgern. ,,Knapp dreiunddreissig Stunden Meister." Gellert schnalzte mit der Zunge und ignorierte das nervöse zusammenzucken des Mannes neben ihm. ,,Gut, wenn sie die zwei Tage überstanden haben, töte sie. Wir brauchen sie dann nicht mehr." ,,Wie ihr wünscht."
,,Und das Gefäss?" verlangte er zu wissen, während er den Raum verliess, er achtete nicht darauf ob der untersetzte Mann mit seinen Schritten mithalten konnte. ,,Die Wunden sind vollständig geheilt Das Ritual konnte wie geplant durchgeführt werden." Kurz strich Gellert über seinen edlen Mantel mit Einhorn Kragen um eine Staubfussel fort zu wischen. ,,Und das Blut?" ,,Es konnte genug für einen Blutaustausch rekonstruiert werden." ,,Gut. Dann beginnt damit und sorge dafür, dass morgen Nacht alles bereit ist." Das stoppen der Schritte hinter ihm liess ihn sich nun doch umdrehen. ,,Morgen schon?" Fast hätte er ihn für diese Frechheit einen Fluch auf den Hals gejagt, doch er musste sich gedulden. Noch benötigte er diesen idiotischen Giftmischer. ,,Habe ich mich undeutlich ausgedrückt?" Fragte er lieblich und ergötzte sich an dem ängstlichen Zusammenzucken und der Grimasse seines Gegenübers. ,,Nein gewiss nicht, ich bereite alles vor." Wortlos verliess Gellert daraufhin den Keller, ein kurzer Zauber verhinderte, dass irgendjemand diesen ohne sein Zutun würde verlassen können. Danach schritt er gemächlich nach oben ins Wohnzimmer, wo bereits fünf seiner Männer auf ihn warteten.
,,Meine Freunde, es ist wie immer schön euch zu sehen. Seid ihr bereit eine weitere Aufgabe für mich zu übernehmen?" Natürlich war dies eine rhetorische Frage, auch waren diese Speichellecker bestimmt nicht seine Freunde, doch er mochte solche Spielereien einfach zu sehr um diese Floskel nicht zu benutzen. Während er sich auf seinen Sessel setzte lauschte er den zustimmenden Antworten und unterdrückte ein wölfisches Grinsen. Langsam zog er eine dicke Ackte unter dem dicken Buch auf seinem Schreibtisch hervor. ,,Leider musste ich feststellen, dass wir Verräter unter uns haben, doch bei euch bin ich sicher, dass ich euch vertrauen kann, allerdings hat dies zur Folge, dass ich nur euch diese wichtige Aufgabe zumuten kann." begann er, während er die Akte öffnete und fünf Stapel daraus herauszog. ,,Dies sind die Namen und Adresse der Verräter, tötet sie und ihre Familien. Es ist wichtig, dass ihr keine Spuren hinterlasst!" Er betrachtete jeden von ihnen ganz genau, während er ihre Reaktion ob der vielen Namen abschätzte, doch er hatte seine Arbeit gut gemacht. Die fünf Männer vor ihm hatten keinen näheren Bezug zu einander und jeder von ihnen hatte eine Liste erhalten, die keine ihnen nahestehenden Personen enthielten. So war es für jeden von ihnen nicht zu schwer, die vermeintlichen Verräter an ihrer Sache zu töten.
Als das Wohnzimmer wieder leer vor ihm lag widmete er sich dem Buch vor sich. Das dicke in Leder gebundene Buch hatte ein feines Muster aus Silber, welches als Schloss fungierte. Jeder der es öffnete und nicht befugt war, würde durch eben dieses Silbergeflecht zu Tode gewürgt werden. Es würde das letzte Mal sein, dass er es benutzen konnte, doch er war gerne bereit es aufzugeben. Wenn seine Rache erfolgreich sein sollte, würde dies nicht der letzte Gegenstand sein, von dem er sich trennen musste. Ebenso wie er gerade den Befehl gegeben hatte, alle diejenigen zu töten, welche irgendwie in seine zukünftigen Pläne verwickelt waren. Auch Stone würde er beseitigen, wenn es so weit war. Nichts durfte übrig bleiben was Albus auf die rechte Fährte bringen konnte. Wer hätte gedacht, dass seine Suche nach den Heiligtümer des Todes ihm einen viel besseren Weg der Rache aufzeigen würde, als er je hätte ahnen können.
Ursprünglich hatte er nur vorgehabt, Hogwarts, das wichtigste Gut von Albus zu zerstören, dazu benötigte er allerdings mehr Macht, als sein dummer menschlicher Körper es vermochte. Aber nun hatte er einen Weg gefunden, sich dieser Macht zu bemächtigen, die er sich damals wegen diesem Mann hatte entgehen lassen. Er würde ihn dafür büssen lassen, ihm das verwehrt zu haben, was ihm zustand. Er würde mit ihm spielen und ihm nach und nach alles nehmen was er liebte. Er hatte den Fluch damals zwar platzieren können, doch er entzog sich vollends seiner Kontrolle. Die Magie, über die er vor so vielen Jahren gestolpert war, weigerte sich ihm zu gehorchen. Doch wenn er jetzt in die Rolle des Jungen schlüpfen konnte, einem ach so geliebten Schüler seiner ach so geliebten Schule, würde das Albus tausendmal mehr verletzen. Und dann war dieser Bengel auch noch der Erbe Slytherins.
Er wusste zwar nicht, wie dieser trotz des laminae milia Fluches hatte überleben können, doch um dieses Problem würde er sich zu einem späteren Zeitpunkt kümmern. Ausserdem half dies seiner Tarnung sicherlich im nächsten Jahr und sollte, der junge wirklich so klug sein, wie er von seinem Spion erfahren hatte, wäre es sogar noch gute Publicity für seine späteren Pläne. Ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht beim Gedanken an seinen unfreiwilligen Spion. Niemand, nicht mal Albus, würde auf die Idee kommen, dass der Spiegel, welche in der Brosche von dem Zaubertranklehrer Slughorn eingelassen war, ein Zweiwegespiegel war. Er musste dadurch zwar viel zu oft diesem einfältigen Mann bei unbedeutenden Dingen zuhören, doch so hatte Gellert zumindest eine stetige Informationsquelle in Hogwarts.
Er betrachtete den klobigen Ring, mit dem schwarzen Stein, er schien prunkvoll und bedeutend, doch die wenigsten wussten, um seine wahre Macht. Er grinste teuflisch, dieses Heiligtum des Todes hatte ihm so viel mehr gebracht, als seine Fähigkeiten es je hätten tun können. Was nützte es ihm jemanden Toten wieder zu erwecken? Er hatte niemanden, den er so sehr vermisste, doch Albus um so mehr und das machte die Sache noch um einiges amüsanter. Zu wissen, welche Macht er hier in den Händen hielt und wie sehr sich der Andere danach verzehren würde, wenn er es denn wüsste, war fast so gut, dass er versucht war es ihm zu erzählen. Aber nur fast. Er würde sich nicht von solchen Gefühlen zu einer unbedarften Reaktion verführen lassen. Nein, er würde warten, sicherlich gab es früher oder spätere eine noch bessere Möglichkeit ihn zu erniedrigen.
Als wäre er ein wertloser Klunker liess er den Ring von Slytherin auf den Tisch fallen und erhob sich um sich der Truhe in seiner Nähe zu zuwenden. Es war eine schwere Truhe, gefertigt aus Drachenleder und mit sieben geheimen Fächern. Doch er interessierte sich nicht für die Fächer mit dem teuren Wein und anderen Köstlichkeiten, oder die mit den Waffen und Giften, auch die mit Bücher oder die mit wertvollen Artefakten gefüllten Abteile waren nie die, an die er dachte wenn er die Truhe je betrachtete. Und ganz sicherlich nicht das Fach, dass er für seine Opfer als Zelle hatte einrichten lassen. Seine Gedanken lagen immer, wenn die Truhe ansah auf dem Letzten, dem welches noch keine Anderer ausser ihm ja geöffnet hatte. Es faszinierte ihn ständig, es rief nach ihm und beherrschte seine Gedanken, wenn er nicht gerade nach Rache sann. Doch bald konnte er die Macht darin beherrschen. Seit er es gefunden hatte, wusste er wie wenig er früher doch über die Magie gewusste hatte.
Seit damals reichte es ihm nicht mehr, dass er sich bereits in der Zaubererwelt einen Ruf geschaffen hatten. Seit er wusste, wie wenig dieser auf der anderen Seite der Zauberwelt Gewicht hatte. Seit er wusste, dass er auf der falschen Seite stand, der menschlichen Seite. Der schwachen Seite. Er war zu Höherem bestimmt. Und er würde es erreichen. Die nächsten Jahre würden zwar einiges an Arbeit benötigen, er müsste neue Untergebene suchen, ein weiterer Grund sich von den Alten zu lösen, denn er würde sich nicht länger mit niederen Menschen abgeben können. Reinblüter oder nicht. Doch wenn er erst einmal schaffte, die gefundene Magie zu bändigen, würde er alles schaffen können.
Seine Finger spielten mit dem silbernen Verschluss und die Truhe schwang durch einen kurzen Druck seiner Hand lautlos auf. Sie gab ein Bodenloses Loch vor ihm frei, ein unsichtbarer Wind umfing seine Haare und liessen sie um sein Gesicht wehen. Er hörte das Rufen, das Locken aus dem innern, doch er war klug genug ihm nicht zu folgen. Schwarzer Rauch begann langsam am Rand der Kiste heraus zu wabern, tastend und suchend. Einen kurzen Moment schien er sich zu verfestigen, doch er fiel wieder in sich zusammen. Gellert schloss den Deckel, bevor sie ihre vollständige Gestalt annehmen konnten. ,,Bald." flüsterte er, während er den Deckel noch einmal drückte um sich zu versichern, dass sie vollständig geschlossen war. Er wandte sich wieder ab, zwang sich erneut an den Schreibtisch zu sitzen und seine Pläne durch zu gehen. Wenn er wollte, dass seine Pläne aufgingen musste er Albus und alle anderen glauben lassen, sie hätten gewonnen. Und während sie feierten und den Frieden genossen, würde er sie aus dem Hinterhalt treffen. Doch um seinen alten Freund zu täuschen, würde es mehr benötigen als einen einfachen Sieg.
Er nahm seinen Zauberstab von der Holzplatte und zwirbelte ihn leicht zwischen den Fingern, das Holunderbuschholz knarrte leicht, fast wie ein Ächzen und liess ihn kurz wölfisch grinsen. Der Elderstab hatte ihm viele Jahre gute Dienste geleistet, er konnte sich noch sehr gut an das Gefühl der Macht erinnern, die ihn durchströmt hatte, als er ihn das erste Mal in den Händen gehalten hatte. Er hatte nie bestreiten können, dass dieser Zauberstab voller Magie steckte. Doch in den letzten Jahren war er doch zusehends enttäuscht von diesem legendären Zauberstab gewesen. Dem angeblich mächtigsten Zauberstab auf der Welt.
Es stimmte, dass der Stab für grossartige Magie geschaffen war, doch er mochte es nicht hinterlistig und im verborgenen zu agieren. Er wollte grosse Duelle führen, mit mächtigen Zaubern, wollte laute und auffällige Zauberprüche wirken. Er wollte nicht im Verborgenen und unerkannt agieren und bei bei Folterungen sträubte er sich, Gellert konnte die Flüche meist nicht so dosieren, dass die Opfer nicht fast sofort starben. Der Stab und er passten nun einfach nicht mehr wirklich zusammen und auch nicht zu den Dingen die er in der Zukunft noch geplant hatte. Sollte Albus ihn doch vorübergehen behalten, dann wüsste er jedenfalls immer wo er war und der Naar käme nie auf die Idee, dass er ihn freiwillig abgab. Die Täuschung wäre perfekt. Und sollte er den Stab wider erwarten doch einmal wieder benötigen, wusste er ja, wo er ihn finden würde.
Er warf noch einen kurzen Blick auf den Glasanhänger mit den zwei Blutstropfen darin, welcher er meist irgendwo so platzierte, dass er ihn immer gut im Blick hatte. Im Moment baumelte er an dem goldenen Kerzenständer, welcher links vom Tisch auf einer der mittlerweilen leeren Vitrinen stand. Albus hatte das Original seit Jahren bei sich, doch hatte er ihren Blutschwur bis heute immer noch nicht gelöst, doch Gellert war sich sicher, er würde es bald tun. Zu viele hatte er bereits in England getötet, sich zu oft gezeigt, als dass Albus es noch länger würde ignorieren können. Und dann würde das Spiel erst so richtig beginnen. Wenn seine Kopie des Blutschwurs aufhören würde zu leuchten, war dies für ihn der Startschuss zum Beginn des nächsten Teil seines Plans.
Der Blonde grinste noch einmal teuflisch, während er die Seite im Buch um blättere um sich ein letztes Mal an den Namen und Todesarten seiner Opfer zu ergötzen. All seine bisherigen Taten hatte er in diesem Buch niedergeschrieben, er hatte vergessen, wie oft er darin geschwelgt und die eine oder andere Information ergänzt hatte. Doch am Ende war es nur ein nostalgischer Gegenstand, er brauchte ihn nicht um sich zu erinnern. Er vergass selten eines seiner Opfer, jedenfalls wenn es länger als ein paar Minuten überlebt hatte. Nun half es jedoch ihm zu entscheiden, welche Erinnerungen er vor dem nächsten Schritt noch im Denkarium verschliessen würde. Zu entscheiden, welche Stücke seines Lebens er Albus präsentieren wollte, wenn dieser nach seiner Verhaftung mit Legilimentik in den Geist von Gellert Grindelwald dringen sollte. Das Schauspiel musste schliesslich perfekt sein um seinen alte Freund zu täuschen. Und am besten so schmerzhaft und bittersüss wie nur irgendwie möglich.
Melinda - Leiterin der Archivabteilung für Magische Prophezeiungen
Es war ein normaler Morgen, die ersten Sonnenstrahlen hatten sich erst vor kurzem ihren Weg über die umliegenden Berge gesucht und liessen die kargen hellen Steinwände in ihren Licht fast leuchten. Mitten in dieser kluftigen Berglandschaft, umschlossen von den jahrtausendealten Stein, lag versteckt ein fast rundes Tal, in dessen Mitte die Landschaft von saftigem Grün bewachsen war. Der Morgentau glitzerte wie tausende funkelnde Sterne zwischen den Gräsern und Blumen. Diese idyllische Pflanzfläche gehörte allerdings zu einem grossen Gebäude, welches sich noch im Halbschatten der Berge befand und durch seinen grauen Stein auf den ersten Blick fast in dem Berg dahinter verschwand. Wenn jedoch die Sonne vollständig aufgegangen war und sich ihr Licht in den hunderten von bunten Glasfenstern zu brechen begann, würde ein Betrachter keinen zweiten Blick für die Schönheit der Wiese und ihre Blumen haben. Dieses Gebäude war so alt, dass niemand mehr so genau wusste, wann und von welcher Rasse es ursprünglich einmal gebaut worden war.
Die einen glaubte es waren die die Zwerge, wegen dem Stein und den vielen kunstvoll gefertigten Schnörkeleien, andere waren überzeugt, es müsste von Luftelben stammen, da man das Tal aufgrund der hohen Bergkämme nur durch unterirdische Tunnel oder durch die Luft erreichen konnte. Doch am Ende war es egal, weil seit hunderten von Jahren fast jede Wesensart in diesen Hallen wanderte. In diesen aus hellem Grau gehauenen Gemäuern beschäftigten sich nur die wenigsten mit der Vergangenheit und so auch nicht mit dessen Erbauer. In den Räumen der Akademie der Vorhersehung richtete man sein Augenmerk viel eher auf das noch kommende, die verworrende und schwer zu lesende Zukunft. Von der Kunst der Sterndeutung, über das Lesen der Zukunft aus Kristallkugeln, verschiedenen Edelsteinen, oder sogar Knochenwerfens es gab fast keine Wahrsageart, welche nicht in irgendeinem Raum ausgeführt oder gelehrt wurde. Viele Tausende Seher hatte die Akademie in ihrem bestehen hervorgebracht und auch wenn nicht jede Ausübung des Wahrsagens für voll genommen wurde, wie etwa das Schlammlesen oder das Strohflechten, so hatte doch jede ihren Platz an diesem Ort.
Und doch steckten nicht alle Ihre komplette Aufmerksamkeit und Arbeit in das Lesen der Zukunft, neben den Alltäglichen Pflichten und dem Instandhalten des Gemäuers, gab es ebenso Abteilungen welche sich mit der Vergangenheit beschäftigten. Schliesslich wurden hier seit mehreren hundert Jahren Weissagungen von jeder Rasse niedergeschrieben und dokumentiert. Diese mussten sortiert und vor Zerfall geschützten werden. Auch wenn sie tief im Keller und geschützt vor Wasser und Licht selten jemanden erblickte, durfte man sie dennoch nicht einfach sich selbst überlassen.
Doch dieser Bereich wurde von den wenigsten betreten, man traf die Gelehrten, Schüler und Meister der Akademie meistens irgendwo in den Erdgeschoss Räumen an, wo in den unterschiedlichsten Abteilungen die verschiedensten Wahrsagemethoden ausgeführt oder gelehrt wurde. Ebenso gab es dort eine riesige Bibliothek, welche sich mit dem Deuten, Lesen und Erkennen von Wahrsagen beschäftigte. Auch diese war zu fast jeder Tageszeit besucht und wurde von allen rege genutzt. Ausgenommen den Zentauren, welche es bevorzugten ihre Kunst im Freien aus zu üben. Weissagungen, welche mit dem Wind oder den Sternen zusammen hingen fand man hingegen in den oberen Räumen oder in einem der Türme.
Im ersten Stock befand sich das Archiv der Prophezeiungen, welches sich mit den aktuellen Geschehnissen der Zeit beschäftigen. Wenn irgendwo auf der Welt eine Prophezeiung ausgesprochen wurde fand diese irgendwie ihren Weg in die Akademie. Manche wurden von den Sehern selbst gesendet, andere tauchten wie durch Zauberei auf. Diese wurden dann von den Archivaren akurat auf Pergament abgeschrieben und entweder archiviert oder nach oben in das Archiv der Zukunft, oder in den Keller in das Archiv der Vergangenheit weitergeleitet. Wenn sie denn zugeordnet werden konnte. Die erhaltenen Vorhersagen abzuschreiben war gar nicht so einfach, wie es sich zuerst anhörte, schliesslich schrieben nicht alle Wesen ihre Vorhersagen auf Papier nieder. Und wenn doch, war die Schrift wenn sie in der Akademie angelangten manchmal durch Wind und Wetter so in mitleidenschaft gezogen, dass sie schwer zu entziffern waren. Aber auch in den unterschiedlichsten Formen wurden die Prophezeiungen zugestellt. Und nicht selten zusammen mit den Objekten in denen diese entdeckt worden waren. Dies hatte die Leiterin der Archivaren schon so manches Mal zur Verzweiflung getrieben, sie waren schliesslich keine Sammelstelle für seltsame Gebilde oder Flechtarbeiten. Auch Erinnerungszauber verblassten mit der Zeit, wenn sie nicht richtig gelagert wurde und von der richtigen Lagerung hatte so mancher Seher schlichtweg keine Ahnung.
Die genannte Leiterin aus dem Archiv der Prophezeiungen, Melinda Fontaine, auch Meisterin Oberst genannt, war an diesem frühen Morgen gerade mit einem Kaffee in der Hand den Weg zu ihrem Büro. Gedanklich war sie bereits an den Abschriften, welche ihr heute bevor standen, während sie an ihrer Tasse nippte. Ihr Bodenlanges beiges Leinenkleid schleifte dabei leicht über den Boden und brachte hier und da auf ihrem Weg ein Pergament im Erdgeschoss in Bewegung. Die Hallen der Akademie waren nie gänzlich verlassen und sie konnte durch die Bibliotheks Tür leises Murmeln hören, doch begegnete ihr auf ihrem Weg zu den Treppen niemandem. Sie stieg die steinernen Stufen in den oberen Stock hinauf und blieb auf dem mittleren Absatz kurz stehen um zum Aufstieg des Nordturmes zu blicken. Doch die Tür des Turmes war noch verschlossen, aus der Abteilung der Sternenkundler schien anscheinend noch niemand wach zu sein. Sie glaubte sich zu erinnern, das Lucia etwas von einem Kometen erzählt hatte, welcher gestern Abend zu sehen gewesen sei, doch sie kannte sich mit der Vorhersage durch die Sterne nicht aus und überliess dies liebern Anderen. Sie wandte sich daher von den Treppen ab und trat durch den Gang, welcher sie zu ihrer Abteilung führen würde.
An ihrem Ziel angekommen, legte sie ihre Hand auf eine grosse schwere Tür aus schwarzem Holz, dessen Masserung aus weissen Fäden zu bestehen schien. Ein Surren erklang, als die Zauber ihre Magie erkannte und die Türflügel danach lautlos aufschwangen. Sie nahm einen weiteren Schluck ihres Kaffees und trat ein, die Tür liess sie offen, es würden auch heute sicherlich andere hier vorbeikommen. Der Geruch von altem Pergament und Tinte stieg ihr in die Nase. Ein Blick auf die linke Seite des Raumes, wo sich auch die Fenster befanden zeigte ihr, dass in der Nacht einige neue Eulen, Adler und Raben angekommen waren. Auch ein einzelner blauer Papagei sass auf einer der Vogelstangen und wartete darauf, seine Nachricht abgenommen zu bekommen. Wiedereinmal war sie froh, dass dieser Bereich durch Zauber vom Rest abgetrennt war und die Tiere nicht einfach in überall hinfliegen konnten. Die Vögel würden sich noch gedulden müssen, bis die Schüler eintrafen und ihnen ihre Last abnahmen.
Die schwarzhaarige Frau, wischte sich eine ihrer Strähnen aus der Stirn und strich sie sich hinter ihr Ohr, hin und wieder durchzog eine weisse Strähne ihre schwarzen Haare und auch die Falten um ihre Augen wurden mit jedem Jahrzehnt etwas mehr. Aber für ihre knapp zweihundert Jahre war sie noch wirklich gut im Schuss. Sie schritt an den grossen Schreibtischen entlang, wo sich verschiedene Blätter und Bücher zum Abschreiben türmten. Den Tisch mit den Absonderlichkeiten, wie zum Beispiel Töpfen, geschmolzenem Silber, diverse Fläschchen mit unterschiedlichen Flüssigkeiten ignorierte sie wie immer so früh am Morgen konsequent. Damit würde sie später sowieso noch genug Zeit verbringen müssen und so verharrte sie kurz in der Bewegung, als ihr Blick wie jeden Morgen auf die graue Wand am anderen Ende des Raumes fiel. Das war schon eher die Art von Vorhersage, welche sie faszinierte.
Es war eine graue Schieferwand, für andere Betrachter sicherlich nicht auffällig oder gar spannend. Doch für jene, welche die Gabe zu sehen besassen, war es so viel mehr. Tausende von durchsichtigen Fäden bildeten ein einziges Gewirr auf der grauen Wand und sogar ein Stück weit auf dem Boden davor. Sie selbst hatte knapp dreissig Jahre benötigt um die Muster hinter all diesen Fäden zu erkennen und das auch nur, weil ihre Lehrmeisterin ihr dieses beigebracht hatte. Gedankenverloren trat sie näher heran und fuhr sie mit ihrem Finger einen der Fäden nach welcher über Nacht die Farbe geändert hatte. Sie spürte das sanfte pochen der Magie unter ihrem Finger, jeder Faden pulsierte in einer anderen Farbe, obwohl sie alle etwas durchscheinendes besassen. Manche waren kräftiger, manche schwächer. Doch sie waren weder anfassbar, noch irgendwie zu beeinflussen, nicht dass sie es nicht versucht hätte. Der Abschnitt der Wand vor ihr befasste sich nur mit der aktuellen Zeitlinie, etwa die letzten dreissig Jahre der Vergangenheit und die nächsten zehn in der Zukunft, alles war weiter entfernt war, wurde ein Stock darüber analysiert. Für das Lesen der Zeitstränge der Zukunft war Meister Elodin zuständig. Sie konnte sich ein Grinsen beim Gedanken an den Meister des Raum der Zukunft nicht unterdrücken.
Sie nahm gerade einen weiteren Schluck aus ihrer Tasse, als lautes Poltern am Eingang erklang, worauf sie sich neugierig umwandte. Erschrocken riss sie die Augen auf, als sie sah, wie eine kleine schwarzhaarige Hexe auf einem Besen durch das die Türen ihrer Abteilung herein raste. Diese schaffte es knapp dem ersten Schreibtisch auszuweichen, krachte dafür mit voller Wucht gegen den nächsten. Die darauf gestapelten Pergamentrollen flogen daraufhin in alle Richtungen und verteilten sich auf dem Boden des Raumes. Mit gezücktem Zauberstab trat Melinda um das Chaos herum und blickte unter den Tisch, woher man leises Stöhnen und kurz darauf ein Quaken hörte.
Sie seufzte genervt und gab ihre Angriffshaltung auf. ,,Celin, hast du nicht erst vor zwei Woche lauthals verkündet, dass du es leid bist in diesen Hallen zu versauern und du nie wieder einen Fuss in die Akademie setzten wirst?" Fragte sie säuerlich, während sie ihren Kopf schräg legte und das Bild vor sihr genauer in Augenschein nahm. Die junge Hexe lag schrecklich verdreht unter dem Tisch, der Besen verkeilt zwischen den Tischbeinen und die Füsse der Hexe berührten die Tischplatte von unten, während ihr Gesicht auf den Boden gepresst war. ,,Eigentlich berühren meine Füsse die Hallen nicht." Kam es gedämpft aus dem Haufen und die Leiterin der Archivaren stöhnte erneut auf und wandte sich kopfschüttelnd ab, um das Chaos zu beseitigen, dass ihre ehemalige Schülerin angerichtet hatte. Sie schwang ihren Zauberstab um die verstreuten Pergamentrollen wieder auf den Tisch schweben zu lassen und ignorierte das Gezeter hinter ihr vollkommen.
Der ungebetene Gast arbeitete sich mit Ächzen und Flüchen aus ihrer misslichen Lage heraus und stolperte dann über ihre schwarzen Roben, kaum hatte sie es endlich geschafft auf zu stehen. Ihre ehemalige Lehrerin hatte ihr immer noch den Rücken zugedreht, halb hoffend, dass sie dieses Mal verschont werden würde von so seltsamen Ideen wie Post-Kröten oder am Mittwoch einen Pudding Tag in der Kantine ein zu führen. ,,Meister Oberin, ich hatte eine Vision, eine ganz schreckliche Vision! England wird untergehen und die Magie wird verschwinden!" Rief diese auch so gleich, während sie auf sie zurannte.
Auf ihrem Weg stiess sie an einen Stapel Bücher, so dass dieser kurz gefährlich schwankte und dann in sich zusammenbrach. ,,Celin!" ,,Tschuldigung! Aber es ist wichtig! England wird untergehen und die Magie..." Sanft aber bestimmt fasste sie die junge Frau an den Schultern und zwang sie still zu stehen, die blaue Kröte, welche unterdessen auf dem Kopf der Kleineren herum hüpfte schenkte sie nur einen kurzen Blick. ,,Celin, wir sind in der Akademie der Vorsehung, denkst du nicht, wenn diese Vision zutreffen würde, wir es nicht schon län.." Sie wurde durch eine laute Glocke unterbrochen, welche durch das gesamte Gebäude hallte und allen mitteilte, dass sich die Leiter der Abteilungen im grossen Versammlungsraum einfinden sollten.
Masana pov - Unbekannter Ort, England
Sie zwang sich keinen Muskel zu rühren, während sie dem Giftmischer dabei zusah, wie er gerade ihren Meister an eine Liege schnallte. In ihr tobte ein Kampf, die eine Seite wollte ausnutzen, dass er in wenigen Sekunden wehrlos sein würde, nun ja so wehrlos wie noch nie in ihrer Gegenwart. Der andere Teil, zwang sie sich nicht zu bewegen, um ihm keinen Grund zu geben ihre Familie zu töten, die Grindelwald vor diesem Ritual irgendwo versteckt hatte. Sie hasste ihn dafür, dass er sie als seine Versicherung verwendete, denn er wusste genau, dass sie so nie zulassen würde, dass ihm etwas gesehen würde. Und der Giftmischer würde so nicht auf die Idee kommen auch nur einen falschen Handgriff zu setzen. Dieser sah gerade zu ihr rüber und sie verzog unwillkürlich ihren Mund, so dass ihre Giftzähne zum Vorschein kamen. Sie hatte in letzter Zeit immer mehr Mühe, die Schlange von ihrem menschlichen Körper zu trennen und sie fragte sich wie lange sie sich noch würde zurückverwandeln können. Und was mit ihr geschehen würde, sobald sie nicht mehr dazu in der Lage war.
Ihr Blick verweilte auf Stone und Grindelwald, die dritte Person, welche auf der zweiten Liege gefesselt war, beachtete sie nicht weiter. Es war ein junger Mann mit schwarzem Haar, doch da sie ihm sowieso nicht helfen konnte, verdrängte sie seine Existenz so lange wie möglich. Sie wusste nicht genau, was gesehen würde und ob er überleben würde. Etwas in ihr wünschte dass der Junge starb, den der Tod war um einiges gutmütiger, als es ihr Meister je würde sein können.
,,Gut. Nun den Zaubertrank. Zuerst der Bursche." Hörte sie Grindelwald sagen, der Junge regte sich immer noch nicht, als der Giftmischer auf ihn zutrat. Als dieser seinen Zauberstab schwang um ihn den Mund öffnen zu lassen, verliessen ihre Augen dennoch nie die Gestalt Grindelwalds.
Ihr innerer Kampf tobte weiter. War sie ein schlechter Mensch, dass sie das Leben ihrer Familie über das Leben all derer stellte, welche diesem Monster noch zum Opfer fallen würden? War sie überhaupt noch ein Mensch? Nachdem sie mittlerweile so viel von ihrer Schlangengestalt in diesen Körper mit übernahm? Das schmerzhafte Röcheln des Jungen rissen sie aus ihren Selbstzweifeln. Der schmächtige Körper zuckte in seinen Fesseln, er bäumte sich mit einem schmerzhaften Stöhnen auf der Liege auf und sank dann wie ein nasser Sack wieder zurück. ,,Gut. Nun ich. Masana." Sofort blickte sie in die kalten Augen ihres Meisters. ,,Ich hoffe du vergisst unsere Abmachung nicht." ,,Natürlich nicht Meister." Stiess sie sofort heraus, auch wenn jedes Wort ihren Mund wie Dreck schmecken liess.
Nun trank Grindelwald den Zaubertrank und für einen kurzen Moment gab sie sich der wunderbaren Hoffnung hin, dass er daran ersticken würde und sie mit ihren Brüdern fliehen könnte. Doch sie wusste es besser, als sich zu lange mit solchen falschen Hoffnungen zu beschäftigten. Als der Körper Grindelwalds nun zu zucken begann, trat sie unruhig doch einen Schritt näher. Stone hatte begonnen einen Zauberspruch auf zusagen, während er seinen Stab über die beiden wandern liess. Sie hörte die leise gesprochenen Worte fast nicht, da ihr Blut ihr in ihren Ohren rauschte und ihr laut klopfendes Herz drohte ihr aus der Brust zu springen. Dann tauchte plötzlich schwarzer Rauch aus den Augen, der Nase und dem Mund von Grindelwald auf. Erschrocken zuckte ihr Blick zu dem Jungen, doch auch bei diesem spielte sich gerade das selbe ab.
Doch während der Rauch bei dem Jungen eher träge und langsam aus diesem hervor qualmte, schoss dieser bei Grindelwald regelrecht heraus und berührte nach wenigen Sekunden schon fast die Kerkerdecke. Dort begann er sich zu einem schwarzen Wirbel zu verformen, welcher sich drohend über ihren Köpfen drehte. Als der gesamte Rauch aus Grindelwald heraus geflossen war, blieb dessen Körper regungslos liegen, während der Rauch Strudel nun dunkel zu pulsieren begann. Auch der Rauch aus dem Körper des Jungen sammelte sich mittlerweile an der Decke, doch so nebeneinander wurden auch die Unterschiede zwischen den beiden Raucharten klar. Sie schienen beide schwarz zu sein, doch während sie der Rauch des Schwarzhaarigen an die Nacht erinnerte, war der von ihrem Meister zu vergleichen mit der Dunkelheit in einem Bodenlosen Loch. Es dauerte weitere drei Minuten, bis der schwarze Rauch auch den Körper des Jungen verlassen hatte und dieser wie tot liegen blieb. Dräge drehte er nun auch seine Kreise an der Zimmerdecke.
Als wäre dies ein Zeichen gewesen schoss der schwarze Rauch von Grindelwald in den Körper des Jungen, welcher sofort wieder begann zu zucken, die Fesseln knarrten und der Mund wurde zu einem schmerzvollen stummen Schrei aufgerissen. Der Rauch des Jungen schoss nun auch wieder zu seinem Körper zu, doch er kam nicht durch den Rauch des älteren durch und wurde wieder in den Raum zurückgedrängt. Er schien an zu schwellen und flog über die Erscheinung von Stone und auch kurz über sie, was sich wie eine eisige Berührung an fühlte. Danach glitt er in den einzigen anderen Leblosen Körper, welcher ihm zur Verfügung stand. Während der Körper ihres Meisters nun zu zucken begann, eindeutig unter Schmerzen, war sie so fasziniert von diesem Anblick, dass sie sich nicht mehr auf den Körper des Jungen achten konnte.
,,Stone bind mich los!" Die Stimme, war nicht die ihres Meister, doch der Tonfall war unverkennbar und erschrocken wirbelte sie zu dem Schwarzhaarigen herum. Der Körper Grindelwalds zuckte noch immer, doch sie schenkte ihm keine weitere Beachtung mehr. Ihr ganzes Wesen war auf den jungen Mann fixiert, welcher sich nun auf der Liege aufrichtete und seine Hände betrachtete. Das jugendhafte Gesicht, wurde von einem teuflischen Grinsen verunstaltet, während er mit einem irren Funkeln auf seinen ehemaligen Körper blickte. ,,Masana, meinen Zauberstab." Taumelnd stolperte sie nach vorne und legte den Stab mit bebenden Fingern in die ausgestreckte Hand. Er wurde geschwungen, doch nichts geschah.
,,Wie erwartet. Stone, deinen Stab bitte." ,,Herr?" Quietschte dieser erschrocken, händigte doch seinen Stab umgehend an den Jungen aus. Wieder ein ungesagter Zauber, doch dieses Mal erschien ein Spiegel in der Zelle. Leichtfüssig sprang ihr neuer Meister von der Liege und schlenderte darauf zu um sich ausgiebig zu betrachten. Der Körper Grindelwald hatte aufgehört zu zucken, doch keiner der drei schenkte ihm einen weiteren Blick, bis eine brüchige Stimme ihre Aufmerksamkeit auf diesen richtete. ,,Was habt ihr getan? Was ist mit mir geschehen. Luca? Was ist mit meinem Vampir?" ,,Dein treuer Freund, wird nun mir seine Dienste leisten. Sei unbesorgt, dort wo du hingehst, wirst du ihn nicht brauchen." Sprach Grindelwald im Körper des Jungen und richtete seinen Zauberstab auf seinen ehemaligen Körper. ,,Amnesia." Grindelwalds Körper erschlaffte, während Masana beobachten konnte, wie die Augen trüb und leblos wurden.
Sie hatte allerdings keine Zeit, sich noch näher damit auseinander zu setzten. ,,Es wird Zeit, die nächsten Schritte vorzubereiten. Stone, oben auf dem Schreibtisch liegt ein grosses Buch, bring es mir. Masana, du wirst mitgehen und die übrigen Sachen in die Truhe verstauen. Wir brechen in einer Stunde auf." Sprach er, während er weder seinen Blick, noch seinen Zauberstab einen Moment von seinem ehemaligen Körper gelassen hatte. Sie beeilte sich aus dem Raum zu kommen, egal was ihr Meister nun vorhatte, sie wollte nicht dabei sein. Stone stürmte an ihr vorbei und die Kerker Treppen hinauf, ihre Schritte wurden langsamer.
Sie hatte ebenso keine Lust mit anzusehen, was mit dem Giftmischer passieren würde, sobald dieser das Buch berührte. Die ausschweifende Erzählungen ihres Meisters waren deutlich und anschaulich gewesen, als er sie vor diesem Buch gewarnt hatte. Sie verharrte an der Wohnzimmertür, bis sie das Poltern aus diesem nicht mehr hören konnte. Sie richtete ihren Blick auf den Boden als sie eintrat und achtete beim zusammensuchen der letzten Dinge akribisch darauf, nicht zum Schreibtisch und dem toten Körper vor diesem zu sehen. Sie suchte schnell die Dinge ihres Herren zusammen und legte sie sorgsam in die verhasste Truhe, sie fürchte sich vor diesem Ding.
Sie wusste dass es für die verschiedensten Dinge, verschiedene Fächer gab, sie glaubte auch, dass sich ihre Brüder im Moment in einem dieser Fächer aufhielten. Doch nur ihr Meister konnte alle Fächer öffnen, sie selbst nur die obersten zwei öffnen. Als wäre dieser umstand nicht bereits unheimlich genug, hinterliess die Truhe immer wenn sie längere Zeit irgendwo gestanden hatte, einen schwarzen Fleck auf dem Boden, so als ob irgendetwas darin seine Umgebung vergiften würde. Als sie alle Habseligkeiten ihres Herrns verstaut hatte stellte sie sich neben die Kiste und blickte zu Boden. Wartend verharrte sie so, bis sie Schritte näherkommen hörte.
Mit einem Schwenk von Stones Zauberstab schloss ihr Meister die Kiste, liess sie verkleinern und zu sich schweben. ,,Gut, wir gehen. Komm Masana." Mit diesen Worten setzte er sich erneut in Bewegung und hastete ihm hinterher. Sie hätte fast geschrien, als Gellert Grindelwald plötzlich in der Kellertreppe auftauchte. Doch der
Schwarzhaarige hatte bereits seinen Zauberstab auf den Blonden gerichtet und liess diesen unter dem Imperius Fluch aus dem Haus gehen. Als sie drei das Gebäude, welches sie die letzten Monate bewohnt hatten verlassen hatten, wurde ein Feuerzauber darauf gesprochen, um mögliche Spuren zu verwischen und disapparierten danach mit einem lauten Knall.
So hörten sie auch nicht die verzweifelten Schreie der braunhaarigen Frau, welche noch immer im oberen Zimmer des Hauses gefesselt war und nun den Flammen zum Opfer fiel. Durch die verschiedenen Zauber welche auf dem Anwesen lagen, wurde weder das Feuer, noch der Rauch und schon gar nicht die immer leiser werdenden Hilferufe im nahen Dorf bemerkt. Das windschiefe Haus war schon so lange verlassen und verlottert, dass die zurückbleibenden Ruinen niemandem auffallen würden.
James Shunpike pov - Bibury, Gloucestershire, England
Es war eine Schotterstrasse etwas ausserhalb des kleinen Dorfes Bibury unweit von London, knapp zwanzig Häuser umfasste es, deren Bewohner noch die letzten Handgriffes ihres Tagwerkes vollendeten. Werkzeuge welche benutzt worden waren wurden gereinigt, während die Frauen des Dorfes für ihre Familien das Abendessen kochten. Kinder jagten einander durch die Zimmer oder halfen ihren Eltern. Es war eine ruhige Nacht, ein leichter Regen hatte eingesetzt und durchnässte die Strasse und die Wiesen darum. Nur das stetige Schlagen der Regentropfen auf dem Lehmboden und Kieselsteinen war zu hören. Das Licht der letzten Strassenlaterne am Rande des kleinen Dorfes gelangte nicht bis zu der Stelle, wo ein junger Mann gerade einen vierzehn Zentimeter langen Eschenholz Stab schwang.
Mit einem lauten Knall, der jedoch keinem der Bewohner des Dorfes auffiel, tauchte ein grosses Fahrzeug vor dem jungen Mann auf. Die Seiten, so wie das Fahrerhaus des wuchtigen Mugegelfahrzeugs, waren rot lackiert, die Plane, welche sich allerdings über die Ladefläche spannte waren von einem tiefen blau. Abgesehen von der Farbe, hätte man es für ein normales Lastenfahrzeug der Muggel halten können, doch der Zauber darauf verhinderte, dass dieses von solchen überhaupt bemerkt wurde. Der Motor des Büssing-NAG 7000 brummte tief vor dem wartenden Fahrgast, welcher wegen dem Regen den Kragen seines Mantels hoch geschlagen hatte. Mit einem Ruck, kam das Gefährt vor diesem nun zum stehen.
James welcher sich im Innern, auf der Ladefläche befand, hielt sich noch etwas fester, an dem an der Decke befestigten Haltegriff, während sein Freund Ernie Prang, ein junger blonder Mann, mit einer Hornbrille, kräftig auf die Bremse getreten war. Der Motor gab ein wütendes Geräusch von sich und kam endgültig zum stehen. James schob mit dem Fuss einen Tisch aus dem Weg, welcher sich währender Fahrt selbständig gemacht hatte. Er lief nach hinten und schlug die blaue Plane des hinteren Teil des Wagens zurück, um zu sehen wer ihre Dienste in Anspruch nehmen wollte. Vor sich erblickte er den jungen Zauberer, welcher seinen Zauberstab immer noch erhoben hatte und ihn und das Gefährt neugierig musterte.
Er zeigte sein charmantestes Lächeln, während er mit einer einladenden Geste seinen zukünftigen Fahrgast begrüsste.
,,Willkommen bei Shunpike & Prang Fahrdienst. Mein Name ist James Shunpike, wohin möchten Sie bitte?" Fragte er, während er kurz die Umgebung und dann den jungen Mann musterte. Dieser hatte augenscheinlich keine Probleme sich auch in der Welt der Muggel unauffällig zu bewegen. Der Zauberer vor ihm trug einen leichten, grauen, halblangen Anzug, welcher geschlossen war und darunter kamen eben so graue Hosen zum Vorschein, die braunen leicht gelockten Haare wurden mit einem behandschuhten Finger aus der Stirn gestrichen, während er zu ihm hoch sah. Die andere Hand umklammerte fest einen braunen Koffer. ,,Chester Street." ,,Chester Street, England?" fragte er sicherheitshalber nach. ,,Genau, was macht das?" ,,1 Galleone und 4 Sickel. Allerdings, würden wir zuerst einen Stopp in Silbury Hill machen und dann zurückfahren." ,,Das ist kein Problem." ,,Wunderbar, steigen sie ein." Rief er erfreut und reichte dem jungen Mann die Hand um ihn in den Wagen hinauf zu helfen. Hinter ihm schloss er die blaue Plane wieder und drehte sich danach zu seinem neuen Fahrgast um.
Er nahm von diesem das Geld entgegen und stellte ihm einen handschriftlichen Zettel als Quittung aus. ,,Setzen sie sich, wo sie wollen. Allerdings würde ich den grünen Sessel nicht empfehlen, dem letzten Reisenden ist die Fahrt nicht so gut bekommen." Er schlenderte unterdessen in den Vorderen Bereich, um dort das Fenster zum Fahrerraum zu öffnen. Neben dem kleinen Fenster war eine Landkarte von England angebracht, doch da kein Licht brannte, wollte im Moment niemand sonst ihre Dienste in Anspruch nehmen. Er konnte durch die kleine Luke nur die blonden wirren Haare seines Kindheitsfreundes sehen, welcher bereits ungeduldig mit seinen Fingern auf dem Lenkrad herum trommelte. ,,Chester Street, England." ,,Schon wieder England, man heute haben wir aber auch kein Glück." Brummelte dieser und trat kräftig auf das Gas. James hätte fast den Halt verloren, als das Gefährt ruckartig an fuhr, erwischte allerdings noch schnell genug einen der Haltegriffe. Mit einer schwungvollen Bewegung drehte er sich zu seinen beiden Fahrgästen um. Mister Elynder schlief immer noch, als würde sein roter Sessel nicht bei jeder Bewegung des Gefährts, von einer Seite zur anderen schlittern.
Der junge Mann hatte sich an einen Stuhl an der Seite gesetzt, den Koffer fest auf den Schoss gedrückt und etwas gequält lächelnd. ,,Ihre erste Fahrt mit einem verzauberten Muggelgefährt?" fragte er um den Jungen etwas ab zu lenken. ,,Nein, doch die meisten sind nicht so…" Er verstummte auf der Suche nach dem richtigen Wort, ja ihr fahrbarer Untersatzt war schon ein Erlebnis. Er erinnerte sich noch gut an seine erste Fahrt mit diesem Ungetüm. ,,Ich versteh sie gut, als der Gute Ernie, also der Fahrer Ernie Prang, mit diesem Muggelfahrzeug ankam, sagte ich er sei verrückt. Doch mein Freund war schon immer fasziniert von den Erfindungen der Muggel und ist der Einzige welche ich kenne, der die Motoren auch wieder zum laufen kriegt wenn was ist." Besagter Fahrer machte gerade eine scharfe Rechtskurve, woraufhin der junge Gast mit seinem Stuhl zur anderen Seite des Wagens rutschte. ,,Da fällt mir ein, wie ist ihr Name überhaupt?" fragte James, wurde allerdings unterbrochen, als Ernie schlagartig auf die Bremse trat und er mit seinem linken Fuss einen entgegenschlitternden roten Holzstuhl aufhielt.
,,Newt, mein Name ist Newt." Kam die Antwort des jungen Mannes, welcher die Situation amüsiert beobachtet hatte. James mochte ihn, die meisten welche ihre Dienste bis jetzt beansprucht hatten, waren entweder alte Zauberer, welche nicht mehr apparieren konnten und sofort einschliefen. Oder solche die den halben Weg über nur kreischten und kein Gespräch zu liessen. Doch Newt schien nicht so zart besaitet zu sein. ,,Was führt sie denn nach Chester Street?" Fragte er um das Gespräch am laufen zu halten, wenn er schon einmal die Gelegenheit dazu hatte. ,,Freunde besuchen." War die kurze Antwort, während er kurz einmal kräftig auf den Koffer schlug. ,,Alles in Ordnung?" Fragte James irritiert, doch mehr als ein peinliches Lächeln und ein Nicken bekam er keine Antwort. Das war der Moment, wo Ernie beschlossen hatte erneut kräftig auf die Bremse zu treten. ,,..il..y ..ill." Erklang es dumpf von vorne. James weckte daraufhin den alten Zauberer, welcher mit zittrigen Knien aus dem Fahrzeug stieg und ein paar Verwünschungen murmelte. ,,Beehren sie uns wieder." Rief er ihm vergnügt hinterher und musste schnell die Abdeckplane wieder herunternehmen, da Ernie den Motor aufheulen liess.
,,Ja ja ist ja schon gut. Kann losgehen." rief er nach vorne und liess sich durch den Anfahr Schwung auf einen Stuhl neben dem letzten Fahrgast fallen. Kurz glaubte er ein Fauchen zu hören und wieder schlug Newt auf den Koffer und umfasste das Gepäckstück mit beiden Armen fest. ,,Sicher dass alles in Ordnung ist?" ,,Natürlich. Wie lange machen Sie diesen Job schon?" James mochte dieses Thema, zu gerne prallte er damit, dass er und sein Kindheitsfreund dieses Unternehmen vor sechs Monaten gegründet hatten, nachdem Ernie dieses Ungetüm von einem Muggel abgekauft hatten. Sie hatten Wochen benötigt um den Motor und den Innenraum mit den nötigen Zaubern auszustatten. Seit sie in verschiedenen Zeitungen Werbung für ihr Unternehmen machten, hatten sie bereits einige Fahrgäste gehabt.
Er erzählte gerade wie sie bei ihrer ersten Fahrt fast einen Unfall mit einem Muggelzug gehabt hatten, weil sie irgendwie auf den Gleisen gelandet waren, als Ernie erneut kräftig auf die Bremse trat. ,,..ester ...et." kam es undeutlich von vorne. ,,Och wie schade, nun ja, hoffentlich beeren sie uns bald wieder Newt." ,,Das werd ich James. Ich wünsche ihnen einen schönen Abend." sagte der junge Mann und stieg aus, James sah ihm noch einen Moment hinterher, bevor er mit der Plane den hinteren Teil wieder schloss und nach vorne zur Klappe lief. ,,Der Bus ist wieder leer." ,,Wunderbar." rief sein junger Freund und trat kräftig auf das Gaspedal, James hielt sich wieder am Haltegriff fest, während er die Strassenkarte von England wieder betrachtete und Ernie seinen Spass liess. Solange er nicht wieder einen Unfall baute, konnte so eine kleine Spritztour ja nicht schaden.
Andrew Wilson - Auroren Abteilung, Ministerium England
Andrew, ein Auror frisch nach der Ausbildung, sass gerade mit dem Kopf in den Händen vergraben an seinem Schreibtisch im Aurorenbüro. Links neben ihm stapelten sich dutzende Akten auf einem schrägen Haufen, was er allerdings zu ignorieren versuchte, war nicht die sonst so verhasste Schreibarbeit, welche wartete erledigt zu werden. Es war der kleine Kasten auf seiner anderen Seite, dieser war mit dutzenden schmalen Glasfläschchen gefüllt.
Die meisten waren noch leer, doch in einigen schimmerte eine blau silberne Flüssigkeit stetig vor sich hin. Der junge Zauberer stiess ein frustriertes Seufzen aus, während er seine Hände noch etwas fester auf seine Augen drückte. Als er vor einem Monat seine Ausbildung abgeschlossen hatte, konnte er es nicht erwarten endlich vom Schreibtisch Dienst in den Aussendienst versetzt zu werden. Doch bereits nach diesem kurzen vier Wochen auf den Straßen von London hatte er Zweifel an seiner Arbeitswahl bekommen. Dass die Auroren nicht für ihr hochtrabenden Gespräche aufgestellt waren, hatte der ehemalige Ravenclaw erwartet und konnte sich damit arrangieren.
Er hatte diesen Beruf auch nicht aus diesem Grund angestrebt, die meisten seiner Mitabsolventen von Ravenclaw, hatten einen Beruf in der Forschung, oder in Innendienst Abteilungen des Ministeriums angenommen. Doch er hatte seit seiner Kindheit den Menschen helfen wollen, natürlich wäre die Forschung, oder ein Job als Richter auch eine Möglichkeit gewesen, doch ihn hat es ins Aurorenbüro gezogen. Der Braunhaarige und eher schlaksige Junge hatte wirklich einiges tun müssen um diesen Job zu bekommen, er hatte Stundenlang sowohl seine Muskeln und Zaubersprüche trainiert. Hier war sein schlauer Kopf nur zweitrangig, um in diesem Job überleben zu können benötigte es viel körperliche Kraft. Er hatte das Training und später auch die Aurorenprüfung bestanden, er war sogar fast so glücklich gewesen, wie an seinem Schulabschluss. Er hatte sich wirklich auf die Arbeit als Auror gefreut gehabt.
Was er allerdings in den letzten drei Tagen gesehen hatte, liessen ihn seinen Berufswunsch noch einmal überdenken. Er hatte gewusst, dass er mit Einbrüchen, Überfällen und auch Vermisstenanzeigen konfrontiert werden würde, auch dass Mord etwas sein würde, was er in seinem Beruf zu sehen bekam, war ihm bewusst gewesen. Allerdings hatte er nicht mit 36 Toten innert so wenigen Tagen gerechnet und das waren nur die, bei denen er selbst vor Ort gewesen war. Er war in den letzten drei Tagen an acht Tatorten gewesen, normale Familienhäuser, in denen sich schreckliches zugetragen hatte. Über ganz England verteilt waren an 23 verschiedenen Orten solche schrecklichen Massenmorde geschehen. Einige der Häuser waren komplett zerstört, ob durch Feuer oder Explosionszauber. Bei anderen zeigte sich von aussen keine Spur von der Grausamkeit, welche sich im Innern abgespielt hatten. Die Opfer waren zwischen 3 und 97 Jahre alt. Unter ihnen waren der grösste Teil Ministeriums Beamte, aber auch Verkäufer aus der Winkelgasse, Heiler, ein Reporter des Tagespropheten und zwei Auroren gewesen. Und ihre Frauen und Kinder, oder andere Verwandten, welche im selben Haus gelebt hatten. Sie hatten nichts miteinander zu tun, ausser das sie nun tot waren. Es musste mehrere Täter gegeben haben, die Orte waren zu weit auseinander und die Vorgehensweise wiesen zu viele Unterschiede auf, als dass es nicht so sein konnte.
Er würde die Tatorte nie mehr vergessen, die Bilder hatten sich in sein Gehirn gebrannt und lösten immer wieder einen Brechreiz in ihm aus. Er hatte aufgegeben zu zählen, wie oft er diesen in den letzten Tagen nicht mehr hatte unterdrücken können. Selbst Auroren, welche seit Jahren im Dienst waren liessen diese willkürlichen Gewaltverbrechen nicht kalt. Er hatte gehört, dass bereits zwei gekündigt hätten, andere stürzen sich nun regelrecht auf die Arbeit, verbissen darauf die Schuldigen ausfindig zu machen. Andrew dagegen war wie erstarrt, er fürchtete sich davor zum nächsten Einsatz gerufen zu werden und er konnte nicht mehr wirklich schlafen ohne davon zu träumen. ,,Wilson, wir gehen Essen. Kommst du mit?" Wurde er von einem seiner Kollegen befragt. ,,Nein, ich bleibe hier und beende die Berichte noch." ,,Ok, ich bring dir etwas mit." Andrew ignorierte diese Aussage, es war zwecklos seinen Kollegen Callahan davon zu überzeugen es nicht zu tun. Der rothaarige Ire hatte es sich in den Kopf gesetzt sich mit ihm anzufreunden, obwohl er bereits zwei Jahre länger im Dienst war.
So blieb der ehemalige Ravenclaw alleine zurück, während es im Aurorenbüro immer ruhiger wurde. Eine zeitlang hörte er nur seinen eigenen Atem, gedämpft durch seine Hände und das Schlagen seines Herzens in seiner Brust. Doch irgendwann lockerten sich die verkrampften Finger und er löste seine Hände endlich von seinem Gesicht. Er blinzelte einige Male um seine Augen an das Licht zu gewöhnen und starrte dann einen Moment emotionslos auf den Aktenberg. Ein erneutes, fast verzweifeltes Seufzen entfloh ihm, während er beschloss, dass er sich nicht länger davor drücken konnte. Der Zauberstab, welcher er nun zog, zitterte nur sanft, er festigte seinen Griff und legte ihn sich an die Schläfe. Kurz zuckte seine Hand, ein letzter vergebener Versuch das Unvermeintliche noch etwas länger hinaus zu zögern. Doch dann wisperte er den Zauberspruch und ein blau silberner Faden löste sich von seiner Stirn. Er zog ihn mit seinem Zauberstab langsam aus seinem Kopf. Er hasste diese Magie, doch sie war notwendig, um kein Detail der Fälle zu vergessen. Eine Träne rann ihm unbemerkt aus einem Auge, während er den letzten Tatort noch einmal deutlich vor sich sah.
Er konzentrierte sich gewissenhaft auf jeden Raum, versuchte sich erneut an alle Dinge zu erinnern, welche ihm aufgefallen waren. Die Fluchschäden im Haus, die Spuren an der Hintertür, das Blut, die Haltung der Leichen, die leeren Augen, alles was irgendwie von nutzen sein konnte. Er fühlte sich um Jahre gealtert als er endlich die Erinnerung vollständig aus seinem Geist gezogen hatte und sie vorsichtig in ein leeres Fläschchen abfüllte. Unschuldig schimmerte sie dort blau silbernd vor sich her, dass man hätte meinen können sie beinhaltete nicht die Erinnerung an so etwas grausames.
Mit klammen Fingern zog er seine Schreibtischschublade hervor und suchte fahrig in dem durcheinander von Stiften, Papier und leeren Schokofroschpackungen nach einer noch verschlossenen. Der Frosch aus wäre ihm fast davon gehüpft, doch er erwischte ihn auf der Kante und stopfte ihn sich schnell in den Mund. Das Papier und auch die Sammelkarte warf er ohne hinzusehen zurück in die Schublade. Erschöpft liess er sich in seinen Stuhl zurückfallen und gab sich kurz dem Geschmack der Schokolade hin, spürte wie sie ihn etwas von innen wärmte und Glückshormone in ihm freisetzen. Als der Geschmack der Schokolade fast nur noch eine Erinnerung war, lehnte er sich wieder nach vorne und hob erneut den Zauberstab. Es würde ein langer und undankbarer Tag werden, war sein letzter Gedanke, bevor er sich auf den nächsten Tatort konzentrierte.
