Hermine lächelte.
Und es war recht offensichtlich, dass sie ihn einfach vergessen hatte. Immer noch starrte sie den langen Gang zwischen den hohen Bücherregalen der Bibliothek entlang, ungefähr an die Stelle, an der Boris Krum das letzte Mal zu sehen gewesen war.
Ron konnte schwer greifen, was er in diesem Augenblick empfand. Hermine war glücklich. Und das war gut. Allerdings wäre ihm bedeutend wohler gewesen, wenn seine Anwesenheit etwas zu ihren Glücksgefühlen beigetragen hätte.
Es wäre einfach gewesen einen fadenscheinigen Grund vorzugeben, um das Feld jetzt zu verlassen. Aber er schluckte nur heftig und schlug das verdammte Buch von Malfoy auf.
Nur eine halbe Minute später schlug er das Buch wieder zu. Immerhin hatte Hermine sich ihm zugewendet und saß nun schweigend neben ihm.
Er schluckte abermals. „Hast du bemerkt, wie er dich anstarrt?"
Hermine sah ihn fragend an.
„Hast du wirklich nicht bemerkt, wie er dich anstarrt? Als ob, als ob… Ich weiß nicht. Jedenfalls ist das nicht normal."
Kaum hatte Ron den Satz beendet, bereute er seinen wagemutigen Vorstoß. Hermine war nicht amüsiert. Und das war noch vorsichtig ausgedrückt. Zuerst legte sie nur ihre Stirn in Falten, doch dann sendete sie ihm einen von diesen ganz besonderen Blicken. Ein Blick, der dazu bestimmt war, den Empfänger zur Strecke zu bringen.
Ron bemühte sich um Schadensbegrenzung und hielt lieber den Mund.
Dafür redete Hermine umso energischer: „Das war Boris Krum, ein Schüler von mir. Und wie dir sicher nicht entgangen ist, hatte er zwei durchaus bemerkenswerte Fragen zum Thema Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Und überhaupt. Der Junge starrte nicht. Er war einfach nur sehr an dem interessiert, was ich zu sagen habe!"
Ron schluckte. Es war jedoch, als hätte er einen riesigen Kloß im Hals, den man auf diese Weise nicht losbekam. Schließlich griff er wieder nach dem Buch Malfoys. Vorsichtig blätterte er durch die alten Seiten und ließ seine Gedanken wandern. Er machte sich nicht wirklich Hoffnung, den Zeichensalat zu entziffern, aber die mechanische Bewegung hatte etwas Beruhigendes, genauso wie das Rascheln des Papiers und das leichte Quietschen des altersschwachen Stuhles, auf dem er saß.
Schließlich schaffte er es sogar, das nervöse Trommeln von Hermines Fingern auf der Tischplatte auszublenden. Er versank in den laienhaften Federzeichnungen, die nur spärlich koloriert waren. Sie waren bei Weitem nicht so bombastisch, wie die bunten mit Gold verzierten Abbildungen, die man sonst so in alten magischen Büchern fand. Eher wirkten sie beiläufig hinzugefügt, wie eine Notiz auf dem Buchrand. Seine eigenen Doodles in seinen alten Schulheften waren sicher nicht viel schlechter gewesen.
Er erkannte einige magische Pflanzen, in schnellen Strichen ausgeführt. Nein, ein Künstler war dieser Malfoy nicht gewesen. Immerhin hatte er sich bei der Warzinella etwas mehr Mühe gegeben. Jedes einzelne Blatt der Blattrosette war tiefgrün ausgemalt, durchwebt mit runzeligen Tälern, in welchen die Blattadern versanken. Selbst der feine Flaum auf den Blättern ließ sich erahnen. Der wellige und unregelmäßig grob gezähnte Blattrand war bei den jungen Blättern noch nach unten eingerollt, und im Herz der Rosette thronten am Ende eines langen Stieles sicherlich ein Dutzend kleiner dottergelber Blütenkelche.
Am Fuchsbau standen die Warzinellas in kleinen Gruppen verstreut rund um den ausufernden Kräutergarten seiner Mutter, die die jungen Blätter im Frühjahr gern in Salaten verarbeitete. Und natürlich war die Warzinella auch eine altbewährte Heilpflanze, was wohl der Grund war, warum sie in diesem ominösen Buch überhaupt auftauchte. Und dann war da noch die Magie! Jedes Kind kannte das berühmte Gedicht, das von der magischen Wirkung dieser Pflanze berichtet.
Ron grinste breit und schaute aus dem Fenster, während er im Kopf das witzige Gedicht Zeile für Zeile herunterrasselte, ganz so wie er und Ginny es mit lauter Stimme und wildem Gefuchtel schon als Kinder so oft vorgetragen hatten. Er konnte nicht verhindern leise aufzulachen, als er sich an die lustigen Szenen erinnerte. Gerade in der letzten Strophe hatte Ginny es sich nicht nehmen lassen, das Einnehmen des Heiltrankes mit abscheulichen Würgelauten und absurd verdrehten Augen auszumalen. Was für ein Spaß!
„Was ist?", fragte Hermine ungeduldig. „Hast du etwas gefunden?"
„Nein nichts", murmelte Ron abwesend. Träumend schaute er einigen winzigen Staubflocken zu, die im hellen Sonnenlicht, das durch das kleine Fenster fiel, auf und ab tanzten. Vielleicht wäre es besser zu gehen. Er sehnte sich nach frischer Luft. Die Wiesen um Hogwarts begannen schon zu blühen. Vielleicht fand er sogar ein paar Warzinellas.
Er seufzte sehnsuchtsvoll und zwang seinen Blick zurück auf die Buchseite.
Erstaunt starrte er auf die aufgeschlagene Seite. Ganz oben, direkt neben der Abbildung der kleinen Pflanze stand in großen Lettern „Warzinella". Ron war so aufgeregt, dass er es nicht wagte, den Blick von dem Wort zu nehmen. Ganz so, als befürchtete er, dass sich der magische Effekt verflüchtigen würde, wenn er die entschlüsselten Buchstaben nur einen Augenblick aus den Augen ließe.
Sekunden verstrichen. Seine Augen begannen zu tränen. Schließlich blinzelte er doch. Als er das Wort wieder fokussierte, stand noch immer orangebraun auf hellgelb: „Warzinella"
Fasziniert ließ Ron seine Augen einen Zentimeter nach unten wandern und blieb an der ersten Zeile der ersten Strophe genau desselben Gedichtes hängen, das er gerade eben vor wenigen Sekunden in seinem Kopf hatte Revue passieren lassen.
Warzinella
Sind deine Warzen riesengroß,
Verteilt auf Rücken, Arm und Schoß?
Ne lange Warze wächst ganz munter,
An deiner Nas' zum Kinn hinunter?
Wie Blumen bunt in einem Garten,
Sprießen fette Warzen aller Arten?
HACH, du jämmerlicher Wicht!
Kennst du denn Warzinella nicht?
Ron pfiff leise durch die Zähne. Sein Finger eilte über die Buchseite, während er Wort für Wort des ulkigen Gedichts überflog.
„Was ist?", fragte Hermine.
Ron konnte sein Glück nicht ganz begreifen. „Ich kann es lesen", flüsterte er.
„Was heißt, du kannst es lesen?"
„Na ich kann es einfach lesen."
„Heißt das, du hast den Code geknackt?"
„Nein, ich kann es einfach lesen. Irgendwie. Irgendwie einfach so."
„Wie? Alles? Einfach so?"
Ron blätterte ein paar Seiten weiter und studierte den Text. Schon nach den ersten zwei Zeilen war klar, dass es irgendeine Anleitung für einen Heiltrank war. Und er konnte sie lesen, als hätte er nie etwas anderes getan. Ron schloss die Augen, lehnte sich im Stuhl nach hinten und grinste. „Bingo."
„Einfach so?" Hermine schob ihren Stuhl ganz nah an Rons heran, beugte sich über das Buch und starrte auf den Text. „Nichts!" Sie seufzte. „Alles genau wie vorher."
„Ich kann es dir vorlesen", schlug Ron vor. Er wusste allerdings schon jetzt, dass Hermine Granger dieses Angebot nicht ohne weiteres annehmen würde.
„Aber es muss doch einen Weg geben … also ich meine … man muss das doch irgendwie lernen können."
Volltreffer. Ron kannte Hermine schon zu lange. Einfach mal etwas nicht zu kapieren, war aus einem ihm nicht nachvollziehbaren Grund für Hermine keine Option. Aber wie sollte er ihr etwas beibringen, von dem er selbst keinen blassen Schimmer hatte, wie er es bewerkstelligt hatte?
Er beschloss, einfach Schritt für Schritt zu berichten, was er getan hatte. Zuerst öffnete er abermals die Seite mit der Warzinella. „Also, das war so", begann er, „ich habe mir die Tuschezeichnung mit der Warzinella angeschaut –"
„Primula veris!", unterbrach ihn Hermine.
„Was?"
„Der botanische Name dieser Pflanze ist Primula veris!"
„Schön", sagte Ron mürrisch. „Aber wenn du von mir wissen möchtest, wie das funktioniert hat, müsstest du mir ganz zu Anfang erst einmal zuhören!"
Hermine presste die Lippen zusammen, schien dann aber einzusehen, dass er Recht hatte. „Okay", sagte sie, und dann etwas leiser: „Sorry!"
Ron schaute sie verblüfft an. Sie meinte es so, wie sie es gesagt hatte. Als sie sich unsicher eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich, war es um ihn geschehen. Heute war seine Tag!
„Also", begann er erneut, „ich schaute mir die Zeichnung der Warzinella an – botanischer Name Primula veris. Und mir fiel auf, dass die Abbildung viel sorgfältiger gemalt war als die anderen Abbildungen."
Hermine betrachtete das Bild der Blume ein paar Sekunden und nickte dann zustimmend. Danach nahm sie einen Bleistift, kramte ihr Notizbuch unter einem Stapel von losen Blättern hervor, schlug es mit Hilfe des Lesezeichenfadens an genau der richtigen Seite auf und hielt die Beobachtung geflissentlich fest.
Ron kam sich mit einem Male sehr wichtig vor. Und als Hermine ihn schließlich auch noch grimmig anlächelte, schlug sein Herz bis zum Hals. Er wünschte, er hätte noch mehr tiefe Einsichten, die er weitergeben konnte, selbst wenn es nur dazu gut war, ein wenig von Hermines Aufmerksamkeit zu erhaschen. Aber er wusste, dass der nächste Teil seiner Schilderung kaum Begeisterung bei ihr auslösen würde.
„Und als ich so an die Warzinella dachte", sagte er und versuchte erst gar nicht, es wichtig klingen zu lassen, „fiel mir dieses alte Kindergedicht wieder ein. Ich dachte daran, wie viel Spaß Ginny und ich damit hatten, weil es einfach wirklich komisch ist."
„Ein Kindergedicht?", wiederholte Hermine und es klang ein wenig enttäuscht.
„Aber es ist ein richtig gutes! Man könnte sagen, eines meiner liebsten!" Es war nicht so, dass Ron massig Gedichte kannte, geschweige denn auswendig aufsagen konnte. Aber dieses war ihm im Gedächtnis geblieben.
Halbherzig machte Hermine eine Notiz, danach sah sie Ron auffordernd an. „Okay, schieß los!"
„Das Gedicht?"
„Was sonst!?"
Ron schluckte. Während er die erste Strophe vortrug, konnte er beobachten, wie Hermine förmlich die Gesichtszüge entglitten. Er wurde immer leiser und schließlich verstummte er. „Also, das war nur die Einleitung. Später wird es noch besser!", versuchte er zu erklären.
„Noch besser?", fragte Hermine spöttisch. Sie rollte mit den Augen und machte sich nicht einmal die Mühe, irgendetwas aufzuschreiben.
Als Ron die zweite Strophe begann, überschlug sich seine Stimme, ganz so als ob er gerade im Stimmbruch gewesen wäre. Resigniert unterbrach er seinen Vortrag und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihn ärgerte Hermines Spott, aber noch mehr ärgerte es ihn, dass ihre Meinung ihn so verunsicherte. Er mochte das Gedicht. Wirklich! Warum gab er einen Deut darauf, was andere Leute von ihm dachten!
„Nun?", fragte Hermine ungeduldig. „Hast du den Text vergessen?"
„Nein", brummte er. Leider war es so, dass Hermine nicht einfach irgendjemand war. Es war ihm wirklich wichtig, was sie von ihm dachte. Aber an dieser Stelle konnte er nichts weiter tun, als die Sache durchzuziehen. „Ich fang lieber noch mal von vorn an", murmelte er.
Warzinella
Sind deine Warzen riesengroß,
Verteilt auf Rücken, Arm und Schoß?
Ne lange Warze wächst ganz munter,
An deiner Nas' zum Kinn hinunter?
Wie Blumen bunt in einem Garten,
Sprießen fette Warzen aller Arten?
HACH, du jämmerlicher Wicht!
Kennst du denn Warzinella nicht?
Hol den Kessel, hurtig, schnella,
wir brau'n den Trank mit Warzinella!
Ein Schluck von dem und du wirst frohlocken,
die Warzen haut es von den Socken.
Trotz des Gestanks nach faulen Eiern,
Wirst du den guten Tropfen feiern!
Drum schreit' zur Tat, entfach den Brenner!
Wenn nicht, bist du ein fauler Penner!
Es ist egal aus welchen Winkeln,
zuerst muss man in den Kessel pinkeln.
Dann spucken oder rotzen,
am besten auch noch kotzen!
Du brauchst auch nicht nach Konstantinopel,
addiere einfach ein zwei Popel!
Das Ganze nun noch gut erhitzen…
Ich hoffe, du kommst schon ins Schwitzen?
Es muss jetzt schon ein bisschen Wallen,
in großen Blasen blubbernd schwallen.
Das ist der Moment, der feine,
für geröstete Spinnengebeine.
Was muss ich dich noch heißen?
Einfach in den Kessel schmeißen!
Dann geb' hinzu sehr heiter
zwei Teelöffelchen Eiter!
Jetzt Rühren, Rühren, Rühren!
Du musst es in den Armen spüren!
Ein faules Ei, ein fauler Atem,
Dann fünf bis sechs Minütchen warten.
Oder war'n es fünf sechs Tage
Bis wächst 'ne dicke Schimmellage?
Ein grünlich-weiß-rot-gelber Flaum
Bis oben hin zum Kesselsaum!
Bei Vollmondschein und großem Feuer,
brauchst du nun das Pflänzlein lieb und teuer.
Die gelben Glöckchen, wie sie leuchten.
Sie kommen in den Trank, den feuchten.
Und tu auch rein die vielen Blätter,
Dann wird der Trank noch etwas fetter.
Nun hol' die Tassen, hurtig schnella,
Das ist der Trank mit Warzinella!
Nicht lang schnacken, Kopf in' Nacken!
Wer will noch mal, wer hat noch nicht?
Es schmeckt besonders, wenn man bricht!
In diesem Sinne, rein in die Rinne!
Was nun folgte, war eine lange Stille. Ron wagte es kaum zu atmen. Dann ein Seufzer.
Ron würde einen Teufel tun und jetzt irgendetwas sagen. Er hatte seinen Teil getan. Zu dem Gedicht war seiner Meinung nach nichts hinzuzufügen.
„Und du meinst, mit Hilfe dieses … nun ja … Gedichtes hast du das Buch entschlüsselt?"
Eine Frage! Wie hinterhältig. Damit hatte Ron nicht unbedingt gerechnet, auch wenn sie ihm nach längerer Überlegung nicht so abwegig vorkam.
„Hm", brummelte er. Natürlich wusste er selbst, dass dies keine tolle Antwort war.
„Aber warum?"
Warum, warum, warum. Das war andererseits auch nicht wirklich eine tolle Frage.
Zum Glück nahm Hermine das Heft in die Hand, indem sie selbst eine mögliche Erklärung lieferte: „Es kann natürlich sein, dass du an der Gliederung, ja sagen wir an der Struktur, diese verschlüsselten Zeichen in Gänze wahrgenommen und dann mit Hilfe der Abbildung geschlussfolgert hast, dass es sich um dieses Gedicht handeln könnte. Und dann hast du irgendwie unbewusst den Code entziffert und kannst nun den gesamten Text lesen." Sie sah ihn fragend an.
„Hm." Ron dachte nach. Irgendwie hatte er mit Hilfe des Gedichtes das gesamte Buch entschlüsselt, aber es war nicht wirklich so gewesen, wie Hermine es beschrieben hatte. Er hatte keine Strukturen wahrgenommen. Es war mehr ein Gefühl gewesen. Ein gutes Gefühl! Schwer zu beschreiben, besonders, wenn einem Hermine Granger gegenüber saß und einen kritisch musterte.
„Es war mehr ein Gefühl gewesen", versuchte er es. „Ein gutes."
Der fragend ungläubige Blick von Hermine war schwer zu ertragen.
Ron versuchte es weiter. „Es ist einfach ein wirklich gutes Gedicht. Ich mag es sehr."
„Dieses. Machwerk. Nennst. Du. Ein. GUTES! Gedicht?!"
„Es reimt sich!", erwiderte er trotzig.
Hermine lachte auf. „Ronald Weasley! Der Wert eines Gedichts bemisst sich nicht an der Anzahl seiner Reime! Ganz im Gegenteil gibt es erstklassige Gedichte, die sich überhaupt nicht reimen."
Ja natürlich. Von solchen Gedichten hatte Ron bereits gehört. Nein nicht nur gehört. Er hatte es sich sogar angetan, einige von ihnen zu lesen. Manche Muggel schienen sie zu lieben. Er selbst hatte nie verstanden, warum man diese Dinger überhaupt Gedichte nannte. Hätte man sie nicht „kurze literarische Werke mit Zeilenumbrüchen an den unmöglichsten Stellen" nennen können?
„Wenn sie sich reimen, kann man sie sich besser merken!" Ron klang nicht nur verzweifelt, er fühlte sich auch so. Was wollte Hermine überhaupt von ihm?
Hermine seufzte. „Okay. Vielleicht wäre es besser, wenn wir die Diskussion an dieser Stelle beenden. Wahrscheinlich lohnt eine Interpretation des Gedichtes auch nicht wirklich. Das Reimschema ist ein Witz, ein Rhythmus kaum zu erahnen. Und ich denke auch nicht, dass Popel und Eiter Metaphern für irgendwelche tiefgreifende Gedanken sind. Ganz ehrlich, mir wird auch der Sinn dieses Trankes nicht klar. Wenn ich so etwas trinken müsste, würde ich ganz sicher lieber mit den Warzen leben. Und wären sie noch so fett. Das ist ja so etwas von eklig. Ich meine, wie verzweifelt muss man sein …. also wirklich … ganz sicher ist es auch gesundheitsschädlich …"
Ron konnte förmlich beobachten, wie ein Schauer einmal über Hermines Rücken jagte. Ihr angewiderter Gesichtsausdruck sprach Bände, und als er die Gänsehaut auf ihren Unterarmen entdeckte, konnte er nicht umhin, erheitert aufzulachen. „Meinst du, es gibt Leute, die so etwas trinken?"
„Nun, es gibt sicher Einige, denen gutes Aussehen sehr wichtig ist."
Ron kicherte. „Hermine, das Gedicht ist ein Witz. Verstehst du?"
„Ach."
„Das Mittel gegen Warzen ist ein Wirklichkeit nur ein simpler Aufguss der Warzinella-Blüten. Dann das Ganze drei Tage zum Fermentieren stehen lassen und auf die Haut auftragen. Das ist alles. Der Rest ist einfach nur Fantasie. Und furchtbar lustig!"
„Ach!" Hermine verschränkte die Arme vor der Brust. Es sah ein wenig so aus, als ob sie schmollte. Aber das war sicher nur eine optische Täuschung.
„Keine normale Hexe und erst recht kein normaler Zauberer würde denken, dass man so etwas trinken muss. Das weiß wirklich jedes Kind."
„Außer vielleicht Muggelgeborene?", erwiderte Hermine spitz und hatte einen Gesichtsausdruck, als witterte sie eine großangelegte Verschwörung.
Außer vielleicht Leute mit wenig Sinn für Humor, dachte Ron bei sich. Er wusste nicht warum, aber er hatte nicht das Gefühl, dass Serpens Malfoy bei diesem Gedicht irgendeinen Gedanken an Muggelgeborene verschwendet hatte. Serpens Malfoy! Wer hätte gedacht, dass ein Malfoy Sinn für Humor haben könnte. Ron ganz sicher nicht. Aber er war auch noch nicht zu alt, immer mal wieder etwas Neues zu lernen.
„Da hat sich dieser Malfoy aber ganz schön verrechnet!", unterbrach Hermine seine Gedanken. „Ich werde das Gedicht nämlich lernen. So einfach ist das!" Sie schob ihm ihr Notizbuch hinüber und reichte ihm einen frisch gespitzten Bleistift. Dann deutete sie oben auf die leere rechte Seite.
Ron verstand sofort. Ohne zu Zögern nahm er den Bleistift und schrieb oben auf das Blatt „Warzinella". Er unterstrich die Überschrift des Gedichtes mit einer schwungvoll an den Enden gebogenen Linie, dann betrachtete er die etwas krakeligen Buchstaben kritisch. Hermines Handschrift war deutlich schöner, aber was machte das schon. Immerhin kannte er das Gedicht.
Also machte er sich ans Werk. Nur hin und wieder warf er einen Blick auf die Vorlage im Buch, während er Zeile um Zeile aufschrieb. Hermine hatte sich abermals ganz dicht mit ihrem Stuhl an den seinen herangesetzt und murmelte leise die ersten Verse. Sie konnte es offensichtlich nicht abwarten, das Gedicht in und auswendig zu lernen. Er genoss ihre Nähe. Manchmal warf er einen Seitenblick auf ihre schlanken Finger, die unbewusst mit einem Radiergummi spielten. Dann widmete er sich wieder mit Eifer dem Gedicht. Er schrieb, ja malte förmlich jeden einzelnen Buchstaben, um diese kostbaren Augenblicke ins Endlose zu dehnen. Wie gut, dass das Gedicht so viele Strophen hatte! Wie gut, dass er an diesem Tag in die Bibliothek gekommen war. Die Sonne schien noch immer. Sein Stuhl knarrte ächzend. Hermine war da. Leise wispernd wiederholte sie die Worte der zweiten Strophe. Ron war beim letzten Wort angekommen. Dann der letzte Buchstabe. Und ein schönes Ausrufezeichen.
Bedächtig legte er den Bleistift auf den Tisch. Hermine ließ sich nicht stören. Ihre gesamte Aufmerksamkeit widmete sie seinen Zeilen. Ihre Stirn lag in Falten, auf ihrer Nase und auf den Wangen tummelten sich hauchzarte Sommersprossen. Im Sommer würden sie noch dunkler werden. Ron freute sich darauf.
Es war sein Magen, der diesen magischen Moment beendete, indem er anfing, deutlich hörbar zu knurren.
„Du hast Hunger", stellte Hermine fest.
„Nein", log er prompt. Doch sein Magen protestierte mit einem langgezogenen tiefen Brummen.
Hermine grinste. „Ehrlich gesagt, sollten wir wirklich ans Essen denken. Es ist höchste Zeit. Und man kann ja nicht nur von Luft, Liebe und Büchern leben!"
Wenn selbst Hermine das so sah, machte es keinen Sinn sich weiter gegen das Unvermeidbare zu stemmen. Er half ihr beim Zusammenpacken ihrer Sachen. Vielleicht konnten sie sich in der Küche ein paar Sandwiches besorgen und in den Schlossgarten gehen. Die Sonne schien. Es war ein schöner Tag.
A/N: Noch jemand da? Es tut mir leid, dass ich euch so hängen lasse. Warum kann mir das Schreiben nicht leichter fallen? Zum Glück hat attack09 auf insta die #schildkrötenchallenge ausgerufen. Die ist für ganz lahme Schreiberlinge gedacht, die dann versuchen, wenigstens eine Normseite am Tag zu schreiben. Ich schaffe grad so hundert Wörter am Tag. Aber auf diese Art und Weise konnte ich doch immerhin einmal wieder ein Kapitel zusammenschreiben.
Ich hoffe, dieses Kapitel hat euch gefallen. Ich selbst LIEBE es! Auch wenn das Gedicht mich wirklich Nerven gekostet hat! Aber dafür war doch die Gedichtsinterpretation ausnahmsweise mal witzig, oder? Der arme Ron!
Eure Lumos.
