Chapter 20.25

Ihr schlaf war tief und angenehm, ihr Herz kam zur Ruhe und ihr Körper konnte sich erholen. Geborgen und geliebt verbrachte sie in Sicherheit die Nacht und eine neue Zuversicht erfüllte ihr Herz.

Jinan Liang öffnete langsam ihre müden Augenlieder, als etwas leises sie aus dem Schlaff riss.

Sie lag auf dem Rücken und blinzelte zunächst ein paar Mal in der Dunkelheit, feststellend, dass der Sonnenaufgang schon kurz bevor stand. Sie blickte unter die dunkle Holzbalkendecke und erkannte, dass sie in Lan Xichen's vertrautem Pavillon lag. Es war still und nichts war mehr zu hören, außer ein seichter Wind, welcher an den Türen und Fenstern rappelte.

Sie schloss noch einmal ihre Augen und atmete tief ein, als sie an die weiche Bettdecke griff, sie etwas hochzog und sich dann auf die rechte Seite drehte.
Doch sie hörte plötzlich leises Atmen und ihre Augen schnellten blitzschnell weit auf, als sie plötzlich in das puppengleiche Gesicht von Lan Xichen blickte.
Ein kurzer Schock fuhr durch ihre Glieder, als sie sein schlafendes Gesicht nur wenige Zentimeter direkt vor ihrem erblickte. Er lag ebenfalls auf der Seite, mit seinem Körper zu ihr gerichtet und er trug einen entspannten und lieblichen Ausdruck in seinem schlafenden Gesicht.
Eine feine Haarsträhne seines seidigen Haares hing in seinem Mundwinkel und seine schwarzen Wimpern zeichneten sich wie zarte Federn von seiner hellen Gesichtshaut ab.

Durch Jinan Liang's Körper fuhr ein leichter Schock und sie spürte ein Kribbeln in ihren Fingern, als sie nahezu seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht spüren konnte. Er war nah, zu nah und die Erinnerungen aus einer gewissen Nacht strömten durch ihre Gedanken, als sie auch schon bemerkte, wie ihr Gesicht warm anlief.
Vollkommen überfordert und noch unwissend ob sie nun wach war oder doch noch halb am Träumen, drehte sie sich plötzlich ruckartig um and warf sich schnell auf die andere Seite, als ihre Augen sich erneut weiteten und ein zweiter Schock ihre Glieder heimsuchte.

Ihre Augen weiteten sich und ihr Mund stand fassungslos offen, als sie plötzlich nicht nur Lan Xichen, sondern nun auch noch Bao Tian direkt neben sich im Bett erblickte.
Er lag ebenfalls auf der Seite, sein schlafendes Gesicht zu ihr gerichtet und das Erste was direkt vor ihren Augen auftauchte, war eine entblößte und maskuline Männerbrust. Bao Tian's Robe war in der Nacht vollkommen verrutscht und abgesehen von viel zu viel nackter Haut, präsentierte sich ihr auch noch freizügig einer seiner Nippel.

Jinan Liang schoss die Hitze nur so in ihr Gesicht, als sie plötzlich mit ihrem Oberkörper ruckartig in die Aufrichtung schnellte. Ihre Haare standen ihr etwas wirr zu Berge und sie trug einen durchaus verwirrten Gesichtsausdruck. Die Bettdecke rutschte herunter bis zu ihrer Hüfte und Lan Xichen und Bao Tian lagen nun bis über ihre Schultern frei.

Ein leises Atmen und Grummeln war zu hören und Jinan Liang blickte sich noch einmal skeptisch zu beiden Seiten um.
Sie atmete tief ein, beruhigte sich selbst und legte dann ihre schlanke Hand auf ihr wild pochendes Herz. Langsam dämmerte es ihr und die Erinnerungen der vergangenen Nacht erschienen wieder klar vor ihrem inneren Auge.

„Puhh nichts passiert Liang..jetzt nur nicht hier die Nerven verlieren...Es war schließlich deine Idee..."
Flüsterte sie leise zu sich selbst. Sie schloss ihre Augen, schluckte einmal schwer und verharrte so einen Moment. Doch dann runzelte sie auf einmal ihre Stirn und ihre linke Augenbraue begann nervös zu zucken. Sie öffnete schließlich wieder ihre Augen und blickte plötzlich etwas verunsichert an sich herunter.
-So weit so gut...- Dachte sie sich, als sie feststellte, dass ihre Robe für die Nacht noch exakt dort saß wo sie auch hingehörte. Nichts erschien ihr ungewöhnlich und auch ihr Körper schien ihr unversehrt und in bester Ordnung. Sie blickte auf ihren Schoß und sah den Rand der Bettdecke, als ihr doch plötzlich ein beunruhigender Gedanke durch den Kopf schoss. Sie blickte sich noch einmal zu Lan Xichen und Bao Tian um, nur um noch einmal sicher zu gehen, dass beide auch wirklich noch schliefen, als sie dann vorsichtig und diskret die Bettdecke anhob. Ihre rechte Hand verschwand darunter und sie suchte den Saum ihrer Robe und fasste sich einmal zwischen ihre Schenkel. Ein erleichtertes Aufseufzen war zu hören, als sie beruhigend feststellte, dass auch ihre Unterwäsche noch genau dort saß, wo sie hingehörte.

Sie hatte sich also nicht vertan und ihre Erinnerungen hatten ihr keinen Streich gespielt. Sie hatte die Nacht also wirklich, beschützt und behütet, zwischen den beiden Männern einfach nur geschlafen.

Nach dieser beruhigenden Erkenntnis konnte sie einfach nicht anders, als das ein leichtes Schmunzeln über ihre Lippen huschte. Sie schüttelte ihren Kopf und konnte über ihre eigene Situation nur beherzt lachen.
Was für eine skurrile Geschichte und welch eine Situationskomik.
Denn welche Frau konnte schon behaupten, dass sie Nachts in einem Bett mit ihrem Ehemann und dessem Geliebten verbrachte?

Jinan Liang schnaufte durch ihre Nase und ein belustigtes Grinsen stand in ihrem Gesicht. Sie musste an Luan Han denken und flüsterte zu sich selbst:
„Egal wie, das sollte er besser nie erfahren..."

Jinan Liang wollte sich gerade wieder nach hinten fallen lassen und es sich gemütlich machen, als sie plötzlich ein leises Tickern vernahm. Sie lauschte auf, doch sofort war es wieder verstummt. Sie vernahm nur das leise Rauschen des Windes und die Fenster knarrten in der morgendlichen Stille.
Sie kniff ihre Augen scharf zusammen und spähte durch den dunklen Pavillon. Doch nichts war mehr zu hören. Als sie sich gerade entschied, die Sache dabei zu belassen und sich wieder hinzulegen, hörte sie auf einmal wieder dieses Geräusch.

Tick tick tick

Machte es und Jinan Liang blickte mit großen Augen herüber zum Fenster. Sie hielt ihren Atem an und lauschte auf. Es begann draußen langsam zu Dämmern und zwischen den vielen dunklen Schatten erkannte sie plötzlich etwas helles hinter der Glasscheibe.

Jinan Liang starrte herüber zum Fenster und als sie erneut das Tickern vernahm, erkannte sie plötzlich die schemenhafte Silhouette eines kleinen Vogels.
Ihre Augen wurden immer größer, als plötzlich Adrenalin und Freude sich durch ihren Körper pumpte. Im Nu sprang sie auf, kam unter der Bettdecke hervor und krabbelte bis zum Fußende. In windeseile sprang sie aus dem Bett und rannte mit ihren nackten Füßen über die Holzdielen, herüber zum Fenster.

Sie konnte es gar nicht glauben, als sie eindeutig den kleinen, weißen Papiervogel von Madame Mao hinter der Scheibe erblickte.
Ihr Gesicht füllte sich mit Freude und vollkommen aufgeregt öffnete sie sofort das Fenster und lies den kleinen Vogel herein.
Der kleine „Wangji" flatterte auf ihre Hand und schüttelte mehrfach seinen süßen Kopf, als er sie mit seinen kleinen schwarzen Knopfaugen ansah.

Jinan Liang begann sofort den Vogel zu untersuchen und sie entdeckte an seinem kleinen Füßchen ein zusammengerolltes Stück Papier. Sofort befreite sie den Vogel von seiner Post und erwartungsvoll rollte sie den Bries auseinander.

Der kleine Papiervogel flog währenddessen auf ihre Schulter und machte es sich dort bequem, während Jinan Liang entteuscht auf ein leeres Stück Papier starrte. Sie runzelte ihre Stirn und drehte es mehrfach in ihren schlanken Fingern hin und her. Aber es war einfach nichts darauf zu erkennen. Sie blickte zu dem kleinen Vogel auf ihrer Schulter, als sie leise flüsterte:
„Was ist das Wangji? Der Brief ist ja leer? Hat man dir etwa das falsche Stück Papier an den Fuß gebunden?"

Doch der kleine Papiervogel kippte seinen Kopf nur unschuldig von einer Seite auf die Andere und blickte sie schweigend an, als Jinan Liang einmal entteuscht aufseufzte. Sie war sich sehr sicher, dass Lan Wangji und Wei Wuxian den Vogel geschickt haben mussten und es brannte ihr unter den Nägeln zu erfahren, was wohl geschehen war. Aber sie musste leider einsehen, dass sie alleine mit dem leeren Stück Papier nichts anfangen konnte. Ihr blieb also nichts anderes zu übrig, als die anderen zu fragen, sobald sie wach werden würden.

Entteuscht und mit einem unruhigen brennen unter den Nägeln ging sie leise wieder zurück zum Bett. Der kleine Wangji blieb dabei auf ihrer Schulter sitzen und Jinan Liang krabbelte vom Fußende aus wieder zurück aufs Bett. Auf allen Vieren krabbelte sie die Matratze hinauf und als sie wieder genau zwischen Lan Xichen und Bao Tian angekommen war, kniete sie sich hin und setzte sie sich auf ihre Füße. Sie blickte hinaus aus einem der großen Fenster und sah das rote Licht der aufgehende Sonne. Sie wusste ganz genau, dass sie nicht mehr lange warten müsste, bis das befremdliche Aufwachritual des Gusu Lan Clan's stattfinden würde und pünktlich um 5 uhr morgens, zumindestens Lan Xichen's Augen, aufschnellen würden.


Lan Xichen hatte einen unruhigen Traum gehabt und viele Sorgen hatten ihn in der Nacht heimgesucht. Er erwachte langsam aus seinem Schlaf, als er umgehend ein beklemmendes Gefühl in seiner Brust verspürte. Er hatte seine Augen noch nicht geöffnet, aber er spürte, das irgend jemand oder irgend etwas den Fokus auf ihn gerichtet hatte.

Er bekam ein ungutes Gefühl und sein Körper geriet in Alarmbereitschaft, als er langsam und ganz vorsichtig seine Augenlieder öffnete.
Die ersten morgendlichen Lichtstrahlen fielen durch das Fenster herein und das Erste was Lan Xichen zwischen Licht und Schatten erkennen konnte, waren zwei zierliche Knie, welche direkt vor seinen Augen unter einem seidigen Stoff hervorlinsten.

Lan Xichen blinzelte mehrfach, als sein Blick langsam an den Knien entlangfuhr. Es war ein eher ungewohnter Anblick am frühen Morgen und er konnte nicht anders, als misstrauisch seinen Augen weiter zu folgen. Er sah ein paar liebreizende Oberschenkel unter einem dünnen Stoff, gefolgt von einem weiblichen, wohlgeformten Becken. Ab da an folgte eine schlanke Taille und als er an den zarten Rundungen einer jungen Brust, welche sich durch den dünnen Stoff verführerisch abzeichneten hinaufblickte, sah er auf einmal in Jinan Liang's vertrautes Gesicht.

Lan Xichen zuckte kurz zusammen, als er feststellte, dass Jinan Liang direkt neben ihm auf dem Bett kniete und ihn nahezu bedrohlich anstarrte. Ihre Augen waren stechend auf ihn gerichtet und auf ihrer Schulter saß ein kleiner Vogel, dessen Blick mindestens genauso durchbohrend war.

Noch etwas müde und verwirrt stützte sich Lan Xichen mit seinen Ellenbogen auf der Matratze ab, als er leise sagte:
„Liang, erschreck mich doch nicht so. Mit deinem intensiven Blick könntest du einen schlafenden Mann direkt zu Grabe befördern. Was ist passiert?"

Doch Jinan Liang's Gesichtsausdruck, welcher eben noch einer erstarrten Puppe glich, wurde plötzlich ganz zart und mild, als sie leise flüsterte:
„Guten Morgen. Ich habe darauf gewartet, dass du endlich wach wirst. Sieh nur, Madame Mao's Vogel ist da. Aber ich kann seine Nachricht nicht lesen, du musst mir helfen."
Ihre Stimme war zwar leise, aber Lan Xichen konnte deutlich heraushören wie aufgebracht und nervös sie innerlich war.

Lan Xichen´s Blick fiel erneut auf den kleinen weißen Vogel auf Jinan Liang's Schulter, als er langsam begann den Sachverhalt zu verstehen.
Noch etwas müde kam er schließlich in die Aufrichtung und strich sich einmal durch das Gesicht und glättete seine Haare, als er flüsterte:
„Wann ist er zurückgekommen?"

„Heute Morgen!"
Flüsterte Jinan Liang und sie reichte Lan Xichen das kleine Stück Papier.

„Hast du denn gut geschlafen? Wie geht es dir?"
Fragte Lan Xichen leise, als er begann das kleine Stück Papier auseinanderzufalten.

Jinan Liang nickte.
„Ja und ja, es geht mir gut."
Sie lächelte kurz und starrte dann wieder gespannt auf den kleinen leeren Zettel in Lan Xichen's Händen, als sie beide plötzlich ein tiefes Brummen vernahmen.

Bao Tian schnaufte auf einmal im Schlaf auf und Jinan Liang und Lan Xichen blickten zu ihm herüber, als er begann sich etwas auf der Matratze hin und herzubewegen.
Noch im Halbschlaf streckte er plötzlich seine linke Hand über die Matratze aus und berührte mit seinen Fingerspitzen ausversehen, Jinan Liang's Knie.

Die beiden blickten zunächst noch etwas sprachlos auf Bao Tian's ausgestreckte Hand, als diese aber plötzlich begann das zarte Knie der jungen Frau zu ertasten und dann auch noch unter den Saum der Robe schlüpfte und begann mehrfach über den Oberschenkel zu streicheln, stockte Lan Xichen und Jinan Liang fast der Atem. Und damit nicht genug. Nachdem die unanständige Hand mehrfach über den schlanken Schenkel hin und herglitt tauchte sie zu allem Unglück auch noch zwischen den Knien ab.

Jinan Liang erstarrte zu einer Eissäule und ihre Nackenhaare stellten sich auf, während Lan Xichen sprachlos auf die unanständige Hand zwischen Jinan Liang´s Schenkeln blickte, welche frivol unter dem Stoff abtauchte.

Plötzlich erklang Bao Tian's müde Stimme, als er im Schlaf nuschelte:
„Huan...deine Beine...ich liebe deine Schenkel, zwischen ihnen ist es immer so warm und zart...Aber seit wann...sind sie so zierlich und unbehaart?"

Jinan Liang lief schlagartig feuerrot im Gesicht an und Lan Xichen fiel vor Scham fast alles aus dem Gesicht, als er auf einmal reflexartig nach seinem Kissen griff und es Bao Tian um die Ohren feuerte.
Allen Anstand vergessend zischte er:
„Du notgeiler Bock!"

Nach einem dumpfen Einschlag des Kissens, hörte man nur noch Bao Tian's erstickten Aufschrei und seine unanständige Hand zog sich schlagartig wieder zurück. Der kleine weiße Papiervogel auf Jinan Liang's Schulter flatterte durch den Luftstoß aufgeregt auf und piepste erzürnt im Stakkato.

Jinan Liang kniete derweil wie steifgefroren auf dem Bett und ihr Gesicht trug einen befremdlichen Gesichtsausdruck. Lan Xichen knirschte mit den Zähnen und während die Scham tief in ihn eindrang regte sich plötzlich Bao Tian unter dem Kissen.
Vorsichtig nahm er das Kissen zur Seite und linste hinter dem Stoff hervor, als er Jinan Liang und Lan Xichen etwas schuldig anblickte. Er lächelte etwas verwegen und seine Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab, als er sagte:
„War wohl das falsche Knie, was?"

Lan Xichen seufzte genervt auf und schüttelte seinen Kopf hin und her, als er seine Augen schloss und dann seine Schläfen massierte.
„Das ist alles nicht wahr...Wie kannst du nur..."

Doch Bao Tian überhörte gekonnt sein Gejammer, legte das Kissen wieder an seinen Ort zurück und setzte sich aufrecht hin. Dabei sagte er etwas belustigt:
„Komm schon Huan, bei so vielen Beinen in einem Bett kann man durchaus schonmal durcheinander kommen. Außerdem waren es Jinan Liang's Knie und nicht deine. Wie kommt es also, das ich nur deine Beschwerden höre aber ihre nicht?"

Lan Xichen öffnete gerade entrüstet seine Augen und wollte Bao Tian forsch zurechtweisen, als er nach vorne blickte und sah wie Bao Tian sich schon lässig breitbeinig hinsetzte. Dabei scherte es ihn überhaupt nicht, das man einen prächtigen Einblick zwischen seine Beine auf seine Unterwäsche hatte und das Oberteil seiner Robe eher als ausgezogen, anstatt als angezogen galt. Alles in allem ein mehr als unanständiger Anblick.

Lan Xichen platzte fast der Kragen vor so viel Schamlosigkeit und er machte einen Satz nach vorne über die Matratze, lies nebenbei den kleinen Brief des Vogels in Jinan Liang's Schoß fallen und packte sofort an Bao Tia's Robe.
„Schamloser Tölpel, wer hat dich nur hier herein gelassen? Kennst du denn gar keine Grenzen?"
Lan Xichen riss hektisch an Bao Tian's Robe herum und versuchte zu verdecken, was eh schon alle gesehen hatten.

Bao Tian lachte dabei nur amüsiert auf, als er in Lan Xichen's ernzürntes Gesicht blickte, was im Dauerwechsel zwischen den Farben rot und grün anlief.
Er fasste an dessen Hände und bremste seine untypisch, forschen Handgriffe ab, als er ruhig sagte:
„Huan, beruhig dich. Für Scham ist es eh schon zu spät. Außerdem sieht Jinan Liang nicht so aus als hätte sie noch besonders viel mitbekommen."

Lan Xichen stockte plötzlich in seiner Bewegung und drehte ruckartig seinen Kopf um. Er sah wie Jinan Liang noch immer kerzengerade auf ihren Beinen auf dem Bett saß, aber sie trug einen durchaus abwesenden Blick. Ihre Augen waren noch immer in Schock weit geöffnet aber irgendwie wiesen diese eine gewisse Leere auf.

Der Papiervogel piepste währenddessen aufgebracht auf ihrer Schulter umher aber Jinan Liang bemerkte davon nichts mehr, sondern wirkte als hätte ihr Geist ihren Körper gerade verlassen.
Der kleine leere Brief lag daher noch immer ungelesen in ihrem Schoß und schien auf einmal an Bedeutung verloren zu haben.

„Schock im Ehebett! Der Gesichtsausdruck am Morgen danach!"
Kommentierte Bao Tian stumpf, während er belustigt eine Augenbraue nach oben zog und mit Faszination Jinan Liang anstarrte.

Lan Xichen fand es ganz und gar nicht mehr lustig, als er mit seiner Zunge schnallste, von Bao Tian wieder ablies und sich schnell herüber zu Jinan Liang drehte. Etwas besorgt fasste er an ihre Hand und sagte:
„Liang? Alles in Ordnung? Du darfst dir das nicht zu sehr zu Herzen nehmen. Er meint das alles nicht so."

Bao Tian schnaufte durch seine Nase und verschränkte seine Arme vor seiner Brust. Mit ironischem Unterton sagte er köstlich amüsiert:
„Türlich meine ich das alles so. Alles was ich mache und sage, meine ich so. Es war schließlich nicht meine Idee zu dritt in einem Bett zu schlafen. Das dies nicht ganz Unfallrei vonstatten gehen würde, war jawohl klar."

Lan Xichen warf Bao Tian noch kurz einen scharfen Blick zu bevor er sich schnell wieder zu Jinan Liang wendetet. Er tätschelte ihre Hände behutsam und redete ihr gut zu, als er sagte:
„Liang komm, wir wollten doch den Brief lesen. Das ist alles schon nicht so schlimm, dass wird wieder. Hm?"

Doch Jinan Liang wirkte noch etwas abwesend. Der Schock schien doch tiefer zu sitzen als zunächst angenommen.
Bao Tian zog einen Mundwinkel belustigt nach oben. Er hatte sichtlich Freude an dieser ganzen Situation und es schien vollkommen nach seinem Geschmack zu sein, die beiden in ihrer Hilflosigkeit noch etwas weiter zu ärgern. Besonders jetzt, wo er festgestellt hatte, dass Jinan Liang scheinbar noch prüder und unerfahrener als Lan Xichen selbst war. Er goss demnach noch zusätzlich Öl ins Feuer indem er salopp sagte:
„Ja, gute Idee, lest endlich den Brief! Ich hoffe, es steht drinnen, dass Wangji und Wei Wuxian noch etwas länger brauchen werden...Was für ein Glück für uns, denn wie ich sehe, könnten das noch ein paar aufregende Nächte mit uns Dreien werden. Oder was meint ihr?"
Bao Tian begann herzhaft zu lachen und Lan Xichen schüttelte Jinan Liang behutsam an den Schultern, als ihr Bewusstsein langsam wieder ins Hier und Jetzt zurückkehrte.

Er war etwas überfordert, versuchte Bao Tians's Stachelleien zu überhören, denn er wusste, dass er im Wortduell Bao Tian einfach nicht das Wasser reichen konnte.
„Du bist mir einfach keine Hilfe, Tian. Wie konnte ich nur zu so jemandem wie dir ja sagen."
Lan Xichen zog seine Augenbrauen angestrengt zusammen, als er sah wie langsam wieder das Leben in Jinan Liang's Augen zurückkehrte.

Bao Tian rümpfte seine Nase und machte eine Nickbewegung, als er selbstbewusst sagte:
„Weil du mich liebst, Huan. Und zwar genauso wie ich bin."

Lan Xichen's Augen weiteten sich und gerade als er etwas dazu erwiedern wollte, holte Jinan Liang auf einmal ruckartig Luft.

„Liang? Alles ok?"
Fragte Lan Xichen, als er sie überrascht anblickte.

Der Schock schien langsam verdaut und Jinan Liang begann wieder ruhig und gleichmäßig zu atmen, während sie Lan Xichen etwas unbeholfen zunickte.

Lan Xichen atmete erleichtert auf und er nahm den leeren Zettel wieder zur Hand, der noch immer in ihrem Schoß lag.

Bao Tian kam aus dem Lachen und dem Grinsen nicht mehr heraus. Er konnte sich nicht erinnern, wann er sich das letzte Mal so köstlich amüsiert hatte. Und das Ganze auch noch gleich morgens um 5 Uhr in der Früh.
Entspannt lehnte er sich nach hinten auf seine Arme und entschied sich die Darbietung weiter zu genießen.

Jinan Liang blickte Lan Xichen wieder mit einem klaren und wachen Blick an, als sie noch etwas langsam sagte:
„Geht schon wieder, alles gut. Ich war nur etwas...sagen wir, überrascht."
Sie lächelte etwas verlegen.

Bao Tian schnaufte belustigt, als er ihre Worte noch einmal wiederholte.
„Überrascht...Ich bin gespannt wie viele Überraschungen wohl noch folgen werden? Ich frage mich, warum wir nicht schon viel früher auf diese irrwitzige Idee des Bett teilens gekommen sind? Nicht auszumalen, was das noch für einen Spaß gegeben hätte."

„Schluss jetzt!" Sagte Lan Xichen plötzlich Bao Tian in seine Schranken weisend.
„Sie ist eine Frau Tian. Du kannst nicht mit deiner hammerschlag Mentalität hier alles kurz und klein hauen."

Bao Tian zog seine Augenbrauen nach oben. Selbstsicher sagte er:
„Eine Frau? Sicherlich ist sie das, aber ich sage dir die Dame hat mehr Rückgrat als manch ein männlicher Cultivator hier im Clan."

Lan Xichen seufzte laut auf und schloss akzeptierend seine Augen. Er gab sich geschlagen und entschied sich diesen Kampf mit Bao Tian nicht weiter auszufechten. Wenn Bao Tian an etwas Freude oder Gefallen gefunden hatte, dann war es fast unmöglich ihn davon wieder abzubringen, solange er nicht zu seiner vollsten Zufriedenheit davon gekostet hatte.

Lan Xichen schüttelte daher nur seinen Kopf und entschied sich nicht mehr weiter darauf einzugehen, als er ruhig zu Jinan Liang sagte:
„Ich lese jetzt den Brief vor in Ordnung? Ignorieren wir ihn einfach fürs Erste. Ich denke, wenn er genug Spaß gehabt hatte, wird sich das von alleine wieder legen."

Bao Tian schnaufte noch einmal durch seine Nase, aber lies es dann auch gut sein, er hüllte sich nun in Schweigen und genoss in der Stille.

Jinan Liang's Aufmerksamkeit war nun wieder ganz bei Lan Xichen. Sie nickte ihm zu und blickte dann mit gespannten Blick auf seine Hände.
Lan Xichen berührte mit seinem rechten Zeigefinger den kleinen Brief und ein schwacher Hauch seiner spirituellen Energie leuchtete auf und durchtränkte das Papier.
Schwarze Linien begannen sich auf dem Papier abzuzeichnen und es wurden ein paar Schriftzeichen sichtbar.
Lan Xichen streckte seine Hand aus und reichte Jinan Liang das kleine Stück Papier.

Mit funkelden Augen nahm sie es entgegen und sichtbar nervös begann sie die kurzen Zeilen zu lesen.
Plötzlich weiteten sich ihre Augen, als sie freudestrahlend sagte:
„Luan Han, sie haben ihn gefunden und sind auf dem Weg zu uns zurück! Sie werden bald wieder hier sein!"
Jinan Liang's Freudenausruf war so herzlich und in ihrem Gesicht stand so ein bezauberndes Lächeln, dass Lan Xichen und Bao Tian gar nicht anders konnten, als sich mit ihr zu freuen.

Lan Xichen strahlte sie an, als er sagte:
„Wunderbar, Liang, ich freue mich sehr für dich. Wir sollten uns schon einmal drauf gefasst machen sie die nächsten Tage hier in der Cloud Recesses wieder willkommen zu heißen."

Jinan Liang strahlte von einem Ohr über das andere und immer wieder las sie noch einmal die Zeilen nach, nur um noch eimal sicher zu gehen, dass sie sich auch nicht verlesen hatte.

Lan Xichen, in seiner Freude ganz bei Jinan Liang, blickte einmal zu Bao Tian herüber, als er sah, dass dieser einen ganz eigenen Gesichtsausdruck trug.
Für einen Moment blickte Lan Xichen ihn schweigend an und versuchte die Emotion zu deuten, als er sich fragte, ob es sich wohl um Erleichterung handeln könnte? Die Frage war nur, welcher Aspekt dieser Nachricht genau, ihm ein Gefühl des Durchatmens verlieh.

Doch gerade als Jinan Liang euphorisch das Bett verlassen und alle Vorkehrungen treffen wollte um ihren geliebten Luan Han in der Cloud Recesses zu begrüßen, klopfte es auf einmal an der großen Eingangstür.

Die drei blickten etwas skeptisch durch den Pavillon und Lan Xichen stand vom Bett auf um nachzusehen.
Bao Tian runzelte die Stirn.
„Ganz schön früh für einen Besuch beim Sect Leader..."

Jinan Liang setzte sich wieder auf ihre Füße, direkt neben Bao Tian und die beiden horchten auf, während Lan Xichen zur Tür ging.
Mit einem leisen Knacken öffnete sich die Tür und Lan Xichen blickte in das bekannte Gesicht des Heilers.
Ein wenig überrascht, aber freundlich wie immer, begrüßte Lan Xichen sofort den Heiler und bat ihn herein.

Der Heiler verneigte sich auch sogleich und entschuldigte sich bei Lan Xichen:
„Verzeiht mein Sect Leader, für die frühe Störung aber ich wollte als Erstes heute Morgen nach eurer Frau, Jinan Liang sehen, wenn dies möglich ist?
Und wenn ich schon einmal hier bin, dann würde ich auch gleich nach euren Verletzung noch einmal sehen?"

„Aber sicher! Habt Dank für eure Bemühungen."
Lan Xichen verneigte sich respektvoll. Er empfand den Besuch des Heilers ein wenig ungünstig, doch würde er dieses niemals zu erkennen geben. Schließlich saß nicht nur Jinan Liang in seinem Bett sondern direkt daneben auch noch gleich Bao Tian. Aber nun war es eh zu spät und den Heiler nun anzulügen un dwegzuschicken, nur um einen besseren Moment abzuwarten, erschien ihm als unhöflich. Etwas unsicher atmete er also ein und bat dann den Heiler mit einer einladendem Handgeste in den hintersten Bereich des Pavillons zu treten.

Bao Tian und Jinan Liang hatten die Stimme des Heilers schon erkannt und als dieser vorsichtig um die Ecke des Raumteilers blickte, trafen sich auch schon ihre überraschten Blicke.
Obwohl sich der Heiler aller größte Mühe gab seine Verwunderung nicht offensichtlich nach außenhin zu zeigen, verriet ihn jedoch das kurze Stocken in seiner Bewegung. Um sich nichts anmerken zu lassen, schloss er schnell seine Augen und verneigte sich zweimal respektvoll.

Lan Xichen stand etwas verlegen dahinter und er wollte gar nicht darüber nachdenken, was der Heiler sich wohl gerade denken musste. Die Scham kroch langsam in seine Glieder und sein Gesicht wurde ein wenig warm.

Doch der Heiler bewahrte Contenance und sagte ruhig:
„Ich wusste nicht, dass Bao Tian auch hier ist. Wenn dem so ist, dann würde ich nach seinen Wunden auch einmal sehen, wenn dies recht ist?"

Lan Xichen und Jinan Liang blickten etwas verlegen nach unten, während Bao Tian vollkommen schamlos mit einem breiten Grinsen den Heiler ansah und sagte:
„Sehr gerne!"

Der Heiler kannte Bao Tian schon seit einigen Jahren. Er wusste, dass sich hinter diesem Lächeln der Schalk im Nacken verbarg. Daher wendete er sich zu erst zu Jinan Liang. Dabei fiel sein Blick auf den kleinen Papiervogel auf ihrer Schulter und er unterzog ihm einen kurzen prüfenden Blick, als er erkannte, dass es es sich um Lan Xichen's Botenvogel handelte. Es gab kaum jemanden in der Cloud Recesses, der den kleinen treuen Vogel noch nicht gesehen hatte und wann immer er wie der Blitz durch die Lüfte flog und Nachrichten aus Zhou Yong brachte, leuchtete am Himmel ein kleines blaues Licht auf.

Behutsam untersuchte der Heiler Jinan Liang und er stellte ihr einige Fragen zu ihrem Wohlbefinden. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass sich ihr Gesundheitszustand seit gestern Abend nicht verschlechtert hatte, gab er Jinan Liang ein kleines Stoffsäckchen in die Hand, welches angenehm würzig roch.
Er drehte sich um und blickte Lan Xichen an, als er sagte:
„Ich lasse euch noch ein paar Kräuter da. Gießt sie als Tee auf und sie sollte zweimal am Tag eine Tasse davon trinken. Sie werden ihren Blutkreislauf anregen und ihren Kreislauf stabilisieren."

Lan Xichen und Jinan Liang nickten dem Heiler zu und bedankten sich höflich für seine Mühe und Rat.

Danach wurde Lan Xichen aufgefordert sich umzudrehen und seinen Rücken frei zu machen. Jinan Liang, als sie sah wie Lan Xichen begann die dünne Nachtrobe von seinen Schultern zu streifen, wendete sich abrupt etwas ab und blickte diskret in eine andere Richtung. Obwohl sie es nicht sehen konnte, horchten ihre Ohren aber interessiert auf. Das Rascheln des Stoffes machte sie ein wenig nervös. Es ist nicht so, als hätte sie nicht Lan Xichen schon einmal vollkommen kleiderlos gesehen, aber es war genau dieser Gedanke und die Erinnerung an jene Nacht, die ihr etwas die Scham ins Gesicht trieben.

Bao Tian dagegen blieb locker auf dem Bett sitzen und stielte auf Lan Xichen's freien Oberkörper wie es ihm beliebte.
Der Heiler striff Lan Xichen's langes Haar über seine Schulter nach vorne und begutachtete kleinlich genau den geschundenen Rücken.
Er nickte ein paar Mal und brummte kritisch über seine Lippen, als er schließlich ruhig sagte:
„Der Heilungsprozess sieht recht gut aus. Ich bin zufrieden. Jedoch, werden für immer tiefe Narben zurückbleiben, welche niemals vergehen werden."

„Hm.." Summte Lan Xichen über seine Lippen und blickte nachdenklich nach unten auf den dunklen Fußboden. Als er die Strafe entgegengenommen hatte, wusste er bereits, dass dies das Endresultat sein würde. Aber er war festentschlossen, dass es dieses Opfer wert sei.
-Denn was sind ein paar Wunden und Narben auf seinem Rücken, wenn er dafür mit der Liebe seinen Lebens zusammensein könnte?-

Der Heiler forderte ihn wieder auf sich anzuziehen und Lan Xichen striff wieder den Stoff über seine Schultern und richtete sich etwas her, als der Heiler sagte:
„Ich werde auch hierfür noch einen Kräutersud vorbei bringen. Er wird zwar nicht die Narben verhindern können, aber er wird helfen, dass die offenen Wunden sich noch schneller wieder schließen werden."

„Habt Dank!" Sagte Lan Xichen, als er den Gürtel in seiner Taille noch einmal nachzog.

Jinan Liang kam langsam wieder aus ihrer Deckung hervor, als sich der Heiler Bao Tian zuwandt. Dieser rutschte nach vorne auf die Bettkannte und noch bevor der Heiler etwas sagen konnte oder Jinan Liang auch nur den Hauch einer Chance hatte sich wegzudrehen, lies Bao Tian schon seine Hüllen fallen und seine Nachtrobe fiel bis zu seiner Hüfte hinunter in seinen Schoß. Er drehte sich um und ein muskulärer und männlicher Rücken, gepeinigt von der Hand seines Richters, kam zum Vorschein.

Jinan Liang's Augen weiteten sich und etwas steif vor Schock wendetet sie sich wieder leicht ab, während Lan Xichen seinen Kopf schüttelte.
Ein wenig bekam er langsam das Gefühl, dass Bao Tian seine Schamlosigkeit extra so ungestüm walten lies.
-Wollte er etwa Jinan Liang komplett vergraulen oder war das nur Imponiergehabe um sein Revier zu verteidigen? Jinan Liang war eine junge Frau von gerade einmal 19 Jahren. Sollte Bao Tian tatsächlich mit ihr einen Konkurenzkampf aus Eifersucht ausfechten wollen?-
Lan Xichen musste bei diesem absurden Gedanken einmal kurz schmunzeln, seufzte dann aber einmal leise auf und rieb sich seine Schläfen, als der Heiler tief brummte:
„Sehr gut, sehr gut. Auch für euch, Bao Tian, einmal am Tag den Kräustersud auftragen."

„Habt vielen Dank!" Sagte Bao Tian und der Heiler verneigte sich sogleich vor den Dreien, als er sagte:
„Ich würde mich dann jetzt wieder zurückziehen. Ich werde erst noch bei Lan Qiren vorbei sehen und danach würde ich noch einmal vorbei kommen und den Kräutersud vorbeibringen."

Die Drei streckten ebenfalls ihre Hände nach vorne aus, verneigten sich respektvoll und bedankten sich noch einmal. Lan Xichen brachte den Heiler schließlich wieder zurück zur Tür.
Doch auf dem Weg dahin richtete Lan Xichen noch einmal unter vier Augen das Wort an den Heiler:
„Wenn es irgendwelche Verändeurungen an Jinan Liang´s Gesundheitszustand gibt, dann lasst es mich bitte unverzüglich wissen. Ich mache mir großw Sorgen. Ebenso hoffe ich, dass es meinem Onkel den Umständen entsprechen auch gut geht? Ich selbst wollte gleich noch einmal zu ihm. Vielleicht sehen wir uns dann dort wieder?"

„Hm." Brummte der Heiler über seine Lippen.
„Zur Zeit macht sie einen stabilen Eindruck, jedoch ist der Krankheitsverlauf fortschreitend. Sie sollte sich schonen, soweit es ihr Möglich ist. Sollte sich etwas verändern, werde ich euch sofort darüber unterrichten. Und zu eurem Onkel, sein Heilungsprozess ist gut, wenn auch nicht ganz so schnell wie bei Bao Tian und euch. Aber dies wird seinem Alter geschuldet sein."

Lan Xichen nickte nachdenklich un dbedankte sich noch einmal, als er die Tür schließlich öffnete und sich vom Heiler verabschiedete.
Ein kalter Windhauch zog durch die offene Tür herein und in der morgendlichen Dämmerung begannen in allen Fenstern in den Pavillon's kleine helle Lichter zu leuchten. Wie immer um 5 Uhr in der Früh, in der Cloud Recesses.

Lan Xichen schloss wieder die Tür und als er zurück zum Bett ging und um den Raumteiler bog, sah er, dass Bao Tian noch immer nicht wieder richtig angezogen war. Entrüstet über sein unmögliches Verhalten seid dem Morgen, legte sich seine Stirn in Falten und sein Mund zog sich kraus, als er gerade ermahnend etwas sagen wollte, doch in diesem Moment klopfte es auf einmal erneut an der Tür.

Lan Xichen blieben die Worte im Hals stecken und die Drei blickten sich irritiert an. Bao Tian zog eine Augenbraue nach oben, zuckte dann mit den nackten Achseln und auch Jinan Liang blickte etwas sparsam. Es war mal gerade kurz nach 5 Uhr und ein Besuch jagte den nächsten.

Lan Xichen seufzte gestresst auf, als er sich umdrehte und erneut Richtung Tür ging. Dabei sagte er noch nach hinten über seine Schulter:
„Egal wie, Tian zieh dich bitte erst wieder vernünftig an. Wer weiß, wer als nächstes hier vor der Tür steht. Es reicht wenn man uns zu Dritt sieht, dann müssen wir nicht auch noch halb entkleidet sein. Es ist schon so alles missverständlich genug."
Doch gerade als er seinen Satz zu Ende gesprochen hatte und die Tür öffnete, wurde ihm die Türklinge förmlich aus der Hand gerissen und die Tür flog auf. Im selben Moment schob sich auch schon eine Person durch den Türspalt und Lan Xichen machte erschrocken ein paar Schritte zurück, als er Madame Mao erblickte wie sie plötzlich mit der Tür ins Haus fiel.

„Madame Mao?" Sagte Lan Xichen noch etwas überrumpelt, als die ältere Dame auch schon mit im Pavillon stand und die Tür hinter sich wieder schloss. Etwas verwundert und in barfuß stand er in seiner dünnen Nachtrobe vor ihr und blickte sie fragend an. In ihrer linken Hand trug sie einen prall gefüllten Stoffbeutel und pendelte ihn leicht in der Hand hin und her, als sie ihn lieblich anlächelte und sagte:
„Guten Morgen Xichen. Gut schaust du aus, so unbefangen und etwas...wild. Wie ungewöhnlich."
Ein Schmunzeln huschte über ihre Lippen, als sie Lan Xichen einmal von oben bis unten musterte.
„Verzeih mir die frühe Störung und mein unhöfliches Hereinplatzen. Aber ich wollte unbedingt nach Liang sehen. Kann ich hereinkommen, sie ist doch sicher hier und schon wach?"

Noch bevor Lan Xichen sie wirklich begrüßen konnte oder ihre Frage überhaupt mit einem „Ja" beantwortet hatte, schrammte Madame Mao auch schon an ihm vorbei und geradewegs durch den Pavillon.

„Sicher doch, kommt herein..."
Sagte Lan Xichen seine eigene Autorität etwas in Frage stellend, als er ihr auch schon widerwillig folgte und das Drama unaufhaltsam seinen Lauf nahm.

Madame Mao bog um den Raumteiler und als sie gerade Luft holte und etwas sagen wollte, blieben ihr auf einmal wie Worte im Hals stecken.
Ihre Augen weiteten sich, als sie Jinan Liang, wie vermutete noch in ihrer Nachtrobe auf dem Bett sitzen sah. Jedoch saß direkt neben ihr noch jemand. Bao Tian lächelte Madame Mao verschmitzt an und sie konnte gar nicht anders, als auf den noch immer komplett entblößten Oberkörper von Bao Tian zu starren.
Ihre Augen verharrten eine Weile wie festgefroren. Dann pendelten sie ungläubig zwischen Bao Tian, Jinan Liang, Lan Xichen und dem Bett hin und her.

Lan Xichen biss sich auf seine Unterlippe und legte sich schon einmal eine Erklärung zurecht, als er auch schon sah wie sich Madame Mao´s Mund in Empörung öffnete. Ihr zuvorkommend sagte er hastig:
„Ich kann das erklären. Es ist nicht so wie ihr denkt."

Madame Mao's Mund stand fassungslos offen und sie drehte sich entgeistert zu Lan Xichen um, sie sah nun mit einem etwas anderen Blick auf seine "wilde" Erscheinung und blickte dann sprachlos wieder zurück zu Jinan Liang und Bao Tian. Sie schüttelte ihren Kopf hin und her, als sie begann eins und eins zusammenzuzählen.

Jinan Liang lächelte Madame Mao etwas unsicher an, als es auch schon aus Madame Mao nur so herausplatzte:
„NICHT SO WIE ICH DENKE? Was bitte, soll man hierzu noch anderes denken?
Ich bin zwar davon ausgegangen, dass ihr gemeinsam hier im Pavillon übernachtet, damit Liang nicht mehr alleine ist, aber doch nicht, dass ihr zu Dritt in einem Bett die Nacht miteinander verbingt!"

Lan Xichen kniff seine Augen fest zusammen. Madame Mao's Worte waren wie eine beißende Standpauke an Moral und Ethik.

Jinan Liang lief feuerrot im Gesicht an und Lan Xichen versucht erneut ihre Unschuld zu beteuern.
„Madame Mao, es ist wirklich nicht so wie ihr denkt. Wir haben wirklich nur..."

Doch Madame Mao schenkte seinem Erklärungsversuch nicht wirklich Gehör, als sie auch schon ohne ihn anzusehen, ihren gefüllten Stoffbeutel Lan Xichen in die Arme drückte und auf Jinan Liang zuschritt.
„Hier halt das." Sagte sie noch beim vorbeigehen.
Ihr Gesicht bekam plötzlich einen besorgten und bekümmerten Ausdruck.
„Liang mein Mädchen. Geht es dir gut?"
Madame Mao kam vor Jinan Liang zum Stehen, streckte ihre Hände aus und berührte augenblicklich Jinan Lang´s zarten Hände. Sie tätschelte diese und drückte sie fest, als sie mit mütterlicher Stimme sagte:
„Die beiden haben dir doch jawohl nichts angetan was du nicht auch wolltest oder? Ich hoffe sie haben es nicht übertrieben und dich heile und unversehrt gelassen? Mir kannst du es ruhig sagen, Liang. Ich werde auch nicht darüber urteilen, was hier hinter verschlossenen Türen passiert ist."

Jinan Liang's Augen weiteten sich und ihr Gesicht glich mehr einem Oktopus, als nun ihre Gedanken unaufhaltsam von Madame Mao's Annahme geleitet wurden. Während sich in ihrem Kopf begann ein schamvoller Film abzuspielen schüttelte Lan Xichen im Hintergrund fassungslos den Kopf. Ein Hauch von Rosé legte sich über seine Wangen und zog sich bis über seine Ohrläppchen, als er noch einmal sagte:
„Nein, nein so ist es nicht. Was sagt ihr da nur Madame Mao? Wenn ich doch erklären kann..."

Doch Madame Mao warf Lan Xichen einen kurzen, scharfen Blick zu.
„Von Tian bin ich ja schon einiges gewöhnt und es schockt mich nicht mehr viel aber Xichen, von dir hätte ich so etwas nicht erwartet. Was habt ihr euch nur dabei gedacht?"

Lan Xichen fiel mittlerweile alles aus dem Gesicht, während Jinan Liang in ihrem Kopfkino vor Scham erstarrte. Bao Tian saß dagegen lässig auf dem Bett und bekam das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Er drehte seinen kleinen geflochtenen Zopf zwischen Zeigefinger und Daumen hin und her und genoss sichtlich dieses ganze Missverständnis. Denn Bao Tian´s Haut war dick, er konnte locker über so welche Anschuldigungen hinwegsehen und er war nie um eine Antwort verlegen, die Leute mit Missverständnissen dieser Art an der Nase herumzuführe. Doch bei Lan Xichen und Jinan Liang sah das ganz anders aus. Sie sind beide gut behütet in ihrem Clan aufgewachsen und das Thema Sexualität wurde weitesgehend tabuisiert.

Madame Mao drehte sich wieder zu Jinan Liang, streichelte ihre heiße Wange und sagte belehrend:
„Liang, mein Kind, lass es dir gesagt sein: Alle Männer sind Monster und auch wenn sie ein Engelsgesicht wie Xichen tragen heißt das nicht, dass sie nicht in ihrem tiefsten Innern die dunkelsten und unmoralischsten Fantasien hegen. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dich nie mit ihnen alleine gelassen. Wie sollen wir das alles jetzt nur Luan Han erklären?"

Lan Xichen konnte die Schmach langsam nicht mehr ertragen. Er hatte seine Augen fest geschlossen, seine Augenbrauen zogen sich kraus und in seinem Kopf begann es zu brummen und sorgenvolle Kopfschmerzen suchten ihn heim.
-Was war das nur für ein verfluchter Morgen und warum nur begann sich seid geraumer Zeit sein friedliches Leben nun komplett auf den Kopf zu stellen?-

Während er im Hintergrund noch Madame Mao's Redefluss von Vorwürfen über Moral und Ethik vernahm und die Schuldsprüche wie ein Wasserfall nur so auf sie einprasselten, zog Bao Tian ganz langsam eine Augenbraue gespannt nach oben und blickte Lan Xichen erwartungsvoll an. Er spürte, dass sein Geduldsfaden jede Sekunde abreißen würde.

Und genau in diesem Moment war es auch schon geschehen und es stolperte nur so prompt und unverblümt aus seinem Mund heraus:
„Wir haben nicht zu dritt miteinander geschlafen! Es gab keinen Sex zwischen uns, Madame Mao!"

Plötzlich wurde es ganz still im Pavillon. Bao Tian's Augen weiteten sich in Überraschung und er blickte beeindruckt zu Lan Xichen herüber.
Auch Jinan Liang wurde abrupt aus ihrem Kopfkino ins Hier und Jetzt zurückbefördert und sie blickte Lan Xichen mit großen Augen an.

Diese explizite Wortwahl hatte noch niemand zuvor aus Lan Xichen's Mund vernommen und jetzt, wo die Worte nackt und unverblümt auf dem Tisch lagen und es kein zurück mehr gab, holte er auf einmal schnappartig Luft, als auch schon die alles übertreffende Scham begann von seinen Zehenspitzen bis zu seinen Haarwurzeln hinauf zu steigen.

Madame Mao drehte langsam und stockend ihren Kopf zu Lan Xichen herüber. Sie blickte ihn kühn an und in ihrem Gesicht befand sich ein befremdlicher Ausruck, als sie plötzlich vollkommen emotionslos und desinteressiert sagte:
„Achso, sagt das doch gleich!"
Madame Mao lies sofort Jinan Liang's Wange und ihre Hand wieder los und sie richtete sich wieder gerade auf, als sie ihre Arme vor der Brust verschränkte und dann salopp sagte:
„Wieso hast du das denn nicht gleich gesagt? So viel Stress am Morgen und das vollkommen unbegründet. Mein armes Herz."

Lan Xichen konnte es nicht fassen. Auf der einen Seite konnte er es nicht fassen wie schnell Madame Mao seine Richtigstellung geschluckt hatte und auf der anderen Seite konnte er es nicht glauben wie schnell ihr Gemüt von aufbrausend wieder zu ruhig und gelassen umschlug.
Diese Frau war und blieb einfach auf immer ein Rätsel für ihn.

Bao Tian vergrub derweil im Hintergrund sein Gesicht in seinen Händen und anhand seiner wackelnden Schultern konnte man erkennen, dass er bald vor Lachen nicht mehr an sich halten konnte.

Über Lan Xichen brach es herein und er fühlte sich plötzlich müde erschöpft. Körperlich und geistig war er am frühen Morgen schon am Ende und er machte einen durchaus geschafften Eindruck. Er rieb sich mit einer Hand erneut seine Schläfe und blickte dann auf den Stoffbeutel in seinen Armen, als Madame Mao plötzlich locker den Schalter wieder umlegte und vergnügt und euphorisch wie eh und je über ein ganz anderes Thema zu sprechen begann:
„Oh wie ich jetzt erst bemerke, ist mein kleiner Vogel wieder da! Und, hat er gute Neuigkeiten gebracht?"

Madame Mao streckte ihre Hand nach vorne aus und der kleine Papiervogel der bis eben noch auf Jinan Liang's Schulter brav gesessen hatte, flatterte sofort auf ihren Finger herüber. Er breitete seine kleinen weißen Flügel aus und piepste und flatterte ganz aufgeregt umher. Ein leichter Windzug entstand.

„Ja!" Sagte Jinan Liang höflich, nachdem sie sich so langsam von dem zweiten Schock wieder gefangen hatte und einfach direkt auf Madame Mao´s gutes Gemüt mit einstieg.
„Sie sind auf dem Weg zurück und haben Luan Han gefunden. In ein paar Tagen werden sie hier sein."

Madame Mao's Augen weiteten sich zunächst, bis sie sich dann zu zwei kleinen Schlitzen formten und ihr Gesicht eine angenehme und warme Freude zeigte. Sie lächelte Jinan Liang an, als sie von Herzen sagte:
„Das freut mich wirklich sehr, dass zu hören. Nicht nur für dich Liang, sondern für uns alle. Ich kann es kaum erwarten deinen Luan Han endlich kennenzulernen."

Jinan Liang's Gesicht flutete sich ehrlicher Freude und man sah ihr deutlich an, wie sie in Gedanken schon bei ihrer Ankunft war.

Madama Mao streckte ihren Zeigefinger aus und streichelte dreimal behutsam über den Kopf des kleinen Vogels.
Ein blauer Lichtschimmer spiritueller Ernergie leuchtete auf und aus dem kleinen quierlichen Vogel wurde wieder ein weißes, regungsloses Stück Papier. Sie verstaute es in ihrem Ärmel, als sie plötzlich zufrieden sagte:
„So, weiter gehts. Wie es aussieht, haben wir noch eine Menge vor. Wenn die Drei in ein paar Tagen hier sind, sollten wir schon einmal alles für unser weiteres Familienmitglied vorbereiten, nicht wahr?"

Madame Mao und Jinan Liang strahlten sich an und Jinan Liang genoss es zu sehen, dass Madame Mao mindestens vor genauso viel Tatendrang strotzte wie sie. Denn Glück und Freude verdoppelte sich, wenn man sie teilte.

Doch Lan Xichen räusperte sich auf einmal, unterbrach die weibliche Zweisamkeit, als er etwas unsicher sagte:
„Madame Mao, verratet ihr uns noch was es mit diesem Stoffbeutel auf sich hat?"

Lan Xichen blickte in seine Hand, in der er noch immer den Beutel trug, welchen Madame Mao ihm zuvor in die Arme gedrückt hatte.

„Ach du meine Güte, stimmt ja! Das hätte ich bei diesem ganzen Chaos hier fast vergessen."
Sagte Madame Mao auf einmal laut, als sie sich in ihre Hände klatschte.
Sie drehte sich zu Lan Xichen um und nahm ihm den Beutel aus der Hand. Geschwind öffnete sie ihn, griff hinein und zog ein Buch heraus.
„Das, ist ein Buch!" Sagte sie feststellend und schmiss es dann mit einer lockeren Handbewegung auf das Bett.

Die Drei folgten irritiert mit ihren Blicken dem umherfliegendem Buch.

Erneut griff Madame Mao in den Stoffbeutel und zog noch ein Buch heraus.
„Und dies, ist noch ein Buch!"

Auch dieses Buch folgte seinem Vorgänger und flog mit einer lockeren Handbewegung auf das Bett.

Bao Tian, Lan Xichen und Jinan Liang blickten Madame Mao etwas verwundert an, als Bao Tian seinen Kopf leicht schief legte und versuchte den Titel des Buches zu erkennen.

Madame Mao Griff erneut in den Stoffbeutel und sagte provokant:
„Bücher über Bücher und jede Menge anderer Krempel von euch. Wollt ihr noch mehr sehen?"

Lan Xichen's Augen weiteten sich auf einmal und jetzt wo er begriffen hatte, dass es sich bei dem Inhalt des Stoffbeutels um Bao Tian´s und seine persönliche Güter handelte, streckte er auf einmal seine Hand weit nach vorne aus und wollte Madame Mao daran hindern noch weitere Gegenstände aus dem Beutel herauszuziehen.
Doch Madame Mao sah im Augenwinkel seine flinke Handbewegung und zog geschwind den Beutel zur Seite, als sie mit der Zunge schnallste und ihm einen etwas zweideutig Blick zuwarf.
„Ich habe heute in der Früh schon euer Liebesnest ausgeräumt und dem Pavillon des Heilers wieder zu seiner Ursprünglichkeit verholfen. Ich muss schon sagen, ich war sehr erstaunt über den Zustand des Fußbodens. Ich war erst einmal so frei und habe die Schale zur Seite geräumt und den Holzdielen wieder zu mehr Trockenheit verholfen. Nur die Götter wissen was da wohl geschehen ist..."

Madame Mao zog eine Augenbraue nach oben und blickte Lan Xichen fragend an, als dieser plötzlich knallrot im Gesicht anlief und leicht beschämt seinen Blick nach unten wendete. Seine rechte Hand versuchte in einer beschämten Geste ein wenig sein Gesicht zu verstecken, doch es half nichts.
Er bekam über seine Lippen nichts anderes herausgepresst als ein leises und zaghaftes: „...Danke..."

„Hmpf!" Schnaufte Madame Mao über ihre Lippen, als sie schließlich den Stoffbeutel locker aufs Bett warf.
„Manche Dinge bleiben wohl besser ungewiss und ich frage besser nicht mehr weiter nach. Wobei ich an dieser Stelle noch einmal betonen möchte, dass es sich bei dem Pavillon des Heiler's um eine Heilungsstätte handelt in der Kranke sich auskurieren sollen."
Madame Mao hatte einen scharfen Blick und eine ebenso scharfe Zunge, als sie die Worte einzeln und betont aussprach.

Für Lan Xichen war dieser ganze Morgen zu viel und Bao Tian kicherte leise von der Seite, als er es nicht lassen konnte und noch einen nachlegen musste:
„Es war alles immer im Sinne des Auskurierens!"

Madame Mao drehte sich zu Bao Tian und blickte ihn kritisch an.
„War klar Tian, dass du nicht um eine Antwort verlegen bist. Der Schalk sitzt dir im Nacken, egal wie alt du wirst.
Aber wo wir schon dabei sind..." Madame Mao stockte noch einmal mitten in ihrem Satz, als sie eine Augenbraue hochzog und noch einmal Bao Tian's noch immer komplett entblößten Oberkörper begutachtete:
„Was rennst du hier eigentlich zur Zeit permanent halbnackt durch die Gegend? Ist dass irgendeine neue Masche um dein Revier zu verteidigen und Eigentum zu begründen? Oder was genau hat das auf sich? Versucht du irgendwen damit zu beeindrucken oder versucht du wen damit zu vertreiben?"

Bao Tian schnaufte durch seine Nase, als er Madame Mao einen kecken Blick zuwarf und konterte:
„Jedem seinen Schuh, den er sich anziehen mag!
Aber wie ich heute morgen schon feststellen musste, hat unsere Madame Mao so viel Pfeffer im Arsch wie eh und jeh. Mit ihr ist nicht gut Kirschen essen befürchte ich. Oder liegt es etwa daran, dass ihr nun selbst in der Cloud Recesses Fuß gefasst habt und unser alter Lan Qiren euren feurigen Gegenwind, während seiner Pflege, zu schätzen weiß und ihn vielleicht sogar gekonnt auch noch fördert? Ich frage mich ob Lan Qiren´s Pavillon zur Zeit wohl eher dem Ansehen eines heilenden Pavillon´s gerecht wird oder ob er eher dem Ansehen eines Liebesnestes entspricht?"

Madame Mao schüttelte ihren Kopf und machte eine abwinkende Handbewegung in der Luft. Sie kannte Bao Tian nur zu gut und sie war zu gerissen um sich von ihm provozieren zu lassen.
„Pappelapapp..." Sagte sie und drehte sich rasch auf ihrem Absatz um.
„Um mich aus der Reserve zu locken musst du schon früher aufstehen Tian, ich bin zu alt und zu erfahren für deine Spielchen."

Lan Xichen schloss plötzlich angestrengt seine Augen und er hielt sich seine Ohren zu, als er unglücklich sagte:
„Es ist mein Onkel von dem ihr da sprecht, zu viele Informationen."

Doch Bao Tian lachte nur erheitert auf. Denn es war genau diese Art Beziehung zwischen ihm und Mamade Mao, die die beiden schon lange zueinander hegten und pflegten und sie war genauso wie sie war, richtig und gut. Es gab Tage an denen liebten sie sich heiß und innig und dann gab es Tage an denen fielen alle umstehenden Personen, welche ihnen bei ihren Wortdeullen zuhörten, vor Scham direkt in den Sand. Aber selbst an diesen Tagen würden sie immer zu einander stehen und sich gegenseitig aus jeder Gefahr retten. Es war eine tiefe Freundschaft mit einer gewissen Würze, die die beiden miteinander verband.

„Dann bis zum nächsten Mal würde ich sagen. Sendet Lan Qiren unsere Grüße aus!"
Sagte Bao Tian zufrieden und er zwinkerte ihr einmal zu, als Madame Mao ihre Nase rümpfte und sich umdrehte und scheinbar zurück Richtung Tür gehen wollte.

„So jetzt ist Schluss, ich habe hier alles hier erledigt was ich wollte. Mittlerweile ist es schon Zeit zum frühstücken und ich habe heute noch viel vor. An eurer Stelle würde ich mich jetzt auch langsam mal beeilen. Nicht das noch irgendwer euch drei hier im Bett vorfindet."

„Dafür ist es schon zu spät..."
Kommentierte Lan Xichen schwach von der Seite, während er erschöpft über seine Stirn strich.

Madame Mao stutzte zwar erst, doch dann entschied sie sich es einfach so im Raum stehen zu lassen und sich zu verabschieden.
Lan Xichen wollte sie zwar erst noch bis zur Tür begleiten, aber Madame Mao lehnte sein Angebot ab und fand alleine wieder hinaus zur Tür.

Als endlich im Pavillon wieder Ruhe und Frieden einkehrte, die Tür wieder fest verschlossen war und die Außenwelt wieder von ihnen abgeschottet war, seufzte Lan Xichen einmal laut und tief auf. Er raufte sich durch seine Haare, als er müde sagte:
„Ich glaube nicht, dass ich das heile überstehe, wenn das jetzt noch ein paar Tage so weiter geht."

Bao Tian's Augen weiteten sich, als er Lan Xichen einmal keck zuzwinkerte. Mit widerlich gut gelaunter Stimme sagte er:
„Ach Komm Huan, entspann dich doch mal. Das wird noch großartig, du wirst schon sehen."

Lan Xichen´s Lippen zogen sich kraus, als er Bao Tian mit einem sauren Gesichtsausdruck ansah und fertig sagte:
„Tian, du bist heute Morgen wirklich das aller Letzte..."

Über Bao Tian´s Lippen flog ein zufriedenes Schmunzeln und aus seinen braunen Augen leuchtete eine liebende Wärme, als er plötzlich vom Bett aufstand und mit tiefer und leidenschaftlicher Stimme sagte:
„Ich weiß. Daher sei gütig, schenke mir diesen Morgen und habe das Nachsehen mit mir. Ich erkläre mich in allen Punkten schuldig, werde jede Strafe akzeptierend empfangen und verspreche dir, danach auch wieder brav zu sein!"
In diesem Moment machte Bao Tian plötzlich einen Satz nach vorne, streckte seine Hände aus und berührte liebevoll Lan Xichen´s Wangen.

Vor Lan Xichen´s Gesicht schob sich plötzlich ein dunkler Schatten und seine Augen weiteten sich vor Schock, als er plötzlich zwei warme Lippen spürte, welche seinen Mund fest umschlossen und ihn daran hinderten auch nur noch ein Wort zu sprechen. Eine feurige Zunge spreizte seine schmalen Lippen und drang forsch in seine Mundhöhle ein, den letzten Funken Anstand komplett zertrümmernd.

Im Hintergrund hörte man nur noch einen dumpfen Ton, als Jinan Liang ohnmächtig nach hinten auf das Bett fiel.