Ich hab auf einer anderen FF-Seite für jede 100. Review, die zu 'About Magic' geschrieben wird, eine Kurzgeschichte verlost und neulich sind die ersten 100 Reviews zusammengekommen. Der erste Wunsch war Alltag in der Ehe von Hermine und Severus und das hier ist daraus geworden. :)

Betagelesen hat die Geschichte Moana Nahesa. Ich danke dir für deine Geduld mit mir und deine Gedanken zur Geschichte!

Und jetzt wünsch ich euch viel Spaß beim Lesen!


Beethoven und Gremlins

Alltag mit Severus Snape war wie … Beethoven auf einem Rockfestival. Hermine wusste nie so genau, ob sie einen Handkuss oder einen finsteren Blick zur Begrüßung bekam. Ob er sich mit ihr unterhalten oder sie anschweigen würde. Ob sie Lachs auf Tagliatelle oder Fish 'n' Chips bekommen würde. Oder gar nichts. Meistens war es gar nichts, außer sie kümmerte sich darum.

Und trotzdem würde sie ihn niemals hergeben, denn Alltag mit ihr war für ihn wahrscheinlich wie … verheiratet sein mit einem Gremlin. Das Essen nach Mitternacht war zwar kein Problem (oft genug sogar notwendig), aber auch für den Umgang mit ihr galten Regeln. Und die oberste war: Nicht ansprechen, wenn sie ein Buch in der Hand hielt.

Nicht, dass er sich daran halten würde.

„Manchmal könnte man meinen, du hättest einen Todeswunsch, Severus Snape", sagte sie und funkelte ihn an, nachdem er seine Hände auf die aufgeschlagenen Seiten ihres Buches gelegt hatte.

„Nicht mehr", entgegnete er ölig, „und das ist deine Schuld."

„Ach ja?"

Er zog die Augenbrauen hoch. „Die Geister, die ich rief, Mrs Snape …"

„Ha!", machte sie. „Der Einzige, der damals was gerufen hat, warst du und zwar Lassen Sie sich hier nie wieder blicken, Miss Granger!"

„Und hast du darauf gehört?"

„Sieht es danach aus?", fragte sie und hob ihre linke Hand hoch, an der ihr Ehering steckte.

Severus' Blick und seine Mundwinkel zuckten, ehe er es verhindern konnte. Dann sah er ihr wieder in die Augen, sekundenlang. Früher hätte Hermine vermutet, dass er Legilimentik bei ihr anwandte, um einen Blick hinter ihre Stirn zu werfen. Heute wusste sie, dass er genau das versuchte – und scheiterte. Okklumentik war das erste, was sie in der Beziehung mit Severus gelernt hatte. Das zweite war, wann sie sie am besten fallenließ, um ihn aus dem Konzept zu bringen. So wie jetzt.

Seine Augen wurden größer, bevor er sich zurückzog und ihr Buch wieder freigab. „Auf keinen Fall!", sagte er.

Sie schürzte die Lippen und schwieg.

Er sah sich zu ihr um. „Nein, Hermine!" Verschränkte die Arme vor der Brust.

Und sie zog die Augenbrauen hoch. Blinzelte langsam.

„Ich werde das nicht schon wieder tun! Egal, wie du mich ansiehst!"

Sie lächelte. Diese Diskussion führten sie jedes Mal und bisher hatte sie jedes Mal gewonnen. Anfangs noch nach einem großen Streit und mehrtägigem Schweigen, inzwischen meistens recht souverän, indem sie abwartete, bis er sich durch die fünf Phasen der Trauer durchgearbeitet hatte.

„Warum verlangst du das immer wieder von mir?", fragte er jetzt und seine Oberlippe zuckte. „Es ist dein verdammter Job! Such dir gefälligst jemand anderen, der dich auf diese elenden Empfänge begleitet! Dafür hab ich nicht unterschrieben, als ich Ja gesagt habe!"

„Okay", sagte sie und zuckte mit den Schultern. „Wenn du die Briefe beantwortest, die nach dem Bericht über den Empfang im Tagespropheten hier eintrudeln werden …"

Er stöhnte und fuhr sich durch die Haare, bevor er sich an die Nasenwurzel griff, die Augen schloss. Hermine legte den Kopf schief. Ungefähr so musste er ausgesehen haben, als Dumbledore ihm aufgetragen hatte, Harry in Okklumentik zu unterrichten. „Sind die Reporter den ganzen Abend da oder kann ich wenigstens früher verschwinden?", grollte er, nachdem er zu dem Schluss gekommen war, dass er keine Lust auf einen Eulenschauer hatte.

„Den ganzen Abend", musste sie ihn jedoch enttäuschen.

„Kann ich einen plötzlichen Anfall von Kopfschmerzen vortäuschen, wenn das Gröbste vorbei ist?"

„Kannst du …", sagte sie unschuldig. „Aber auch die Eulen wirst du dann beantworten."

Er warf ihr einen finsteren Blick zu, bevor er sich in seinen Sessel vor dem Kamin fallen ließ und die Stirn in die Hand stützte. „Ich spüre den Todeswunsch zurückkehren", informierte er sie düster.

„Dein Essen von gestern steht noch in der Küche", bot sie prompt an und lachte leise, als sie seinen konsternierten Blick sah. „Gib's zu, das war ziemlich ungenießbar."

Er schnaubte und schüttelte den Kopf. „Also gut, ich komme mit zu diesem unsäglichen Empfang."

„Danke!", sagte sie, meinte es ehrlich und grinste trotzdem sehr breit, bevor sie das Buch weglegte und zu ihm ging, sich auf die Lehne des Sessels setzte und seine Haare zurückstrich, bevor sie ihn küsste. Severus hielt ihren Kopf fest und vertiefte den Kuss, strich mit seiner Zunge über ihre Unterlippe und feixte, als sie leise stöhnte.

„Ich hasse es, dass du mir diesen Politikkram antust", sagte er, nachdem er den Kuss beendet hatte.

„Ich weiß", entgegnete sie und dieses Mal lächelte sie nicht. Sie wusste wirklich, wie viel sie von ihm verlangte, indem sie ihn so in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit zog und hatte oft genug ein schlechtes Gewissen deswegen. Aber in einer Gemeinschaft wie der magischen zu leben und nichts dafür zu tun, dass alles ein bisschen gerechter wurde, hätte ihr ein noch schlechteres Gewissen bereitet. Sie wollte mehr als ein glückliches Leben für sich selbst. Sie wollte ein glückliches Leben für alle. Oder wenigstens allen die Chance geben, sich ein glückliches Leben aufzubauen. Und glücklicherweise wollte Severus sie. „Ich liebe dich."

Er brummte leise, so wie er es meistens tat, wenn sie das sagte, und küsste sie wieder. Hermine bekam selten ein verbales Ich dich auch von ihm; das dritte, was sie in der Beziehung mit Severus gelernt hatte, war, seine Handlungen in Worte zu übersetzen und dieser Kuss war so viel mehr als ein Ich dich auch. Er war ein Für immer und ein Trotz allem und ein Wegen allem und insbesondere ein Für dich würde ich auch Rita Kimmkorn persönlich ein Interview geben, bevor ich dich nach Hause schleife und übers Knie lege. Sie lächelte gegen seine Lippen.

„Was brütest du jetzt schon wieder aus, du Succubus?", fragte er mit dunkler Stimme, als er es merkte.

„Gar nichts!" Sie biss sich auf die Unterlippe, um nicht noch breiter zu lächeln. Niemals würde sie ihm von ihrem inneren Severus-Englisch – Englisch-Severus Wörterbuch erzählen. Jedenfalls nicht, solange er einen Zauberstab halten konnte. „Warum hast du es vorhin überhaupt gewagt, mich beim Lesen zu stören?", entschied sie daher, das Thema zu wechseln.

Nicht, dass er es nicht bemerken würde. Sechzehn Jahre Umgang mit Schülern hatten ihn so ziemlich jeden faulen Trick gelehrt. Und um fair zu sein: Gryffindors waren für gewöhnlich wirklich nicht sehr subtil, auch wenn sie schon besser geworden war. Aber obwohl er erst mal die Augen ein bisschen zusammenkniff (und wieder versuchte, in ihren Geist zu schauen, Slytherin, der er war), entschied er dann trotzdem, es ihr durchgehen zu lassen. „Abendessen", sagte er also. „Willst du kochen, wieder unseren verfrühten Tod riskieren und mich kochen lassen oder etwas bestellen?"

„Als ob dich ein verfrühter Tod unter diesen Umständen stören würde", bemerkte sie trocken und schnaubte, als er mit der Schulter zuckte.

„Ich kann nur gewinnen …"

„Jaah … nein. Wir bestellen was." Sie rutschte von der Sessellehne und ging vor ihm in die Küche, wo mehrere Flyer von Muggel-Lieferdiensten der Umgebung am Kühlschrank hingen. Sie hatten nur einmal den Fehler gemacht, beim magischen Lieferdienst zu bestellen; am Tag danach hatte es im Tagespropheten gestanden. „Italienisch, Indisch oder Chinesisch?", fragte sie.

Severus trat hinter sie und wischte ihr die Haare über eine Schulter, küsste ihren Nacken. „Vielleicht sollten wir das Essen lieber ausfallen lassen …", raunte er.

„Auf keinen Fall", beschied sie und drehte sich aus seiner Umarmung. „Ich bin nächste Woche für ein paar Tage in Frankreich, da wirst du noch genug Gelegenheit haben, das Essen zu vergessen." Sie zog den Flyer vom Inder unter dem Magneten hervor und hielt ihn hoch. „Wie immer oder willst du mal was wagen?"

„Ich hab in meinem Leben genug gewagt, das ging nie gut aus."

„Es ist nur Essen, Severus."

Er würdigte das nicht mal mit einer Antwort und bedeutete ihr, die Bestellung aufzugeben. Sie seufzte und wählte für sich selbst etwas aus, bevor sie das Handy suchte, das sie für diesen Zweck und zum Telefonieren mit ihren Eltern in Australien besaß.

Anschließend folgte sie ihm zurück ins Wohnzimmer. „Harry hat mir heute übrigens erzählt, wie sie das Kind nennen wollen", sagte sie beiläufig.

„Aha."

„Es wird wieder ein Junge."

„Faszinierend."

Sie musterte ihn, der nun seinerseits ein Buch auf dem Schoß hatte und desinteressiert tat. Es dauerte beinahe zwei Minuten, bis er aufsah und die Augenbrauen hochzog. „Und, wie soll das arme Kind heißen?"

Hermine grinste. „Ich glaube, das erzähl ich dir lieber nach dem Essen."