„Victoria, kann ich Euch etwas fragen?"

„Natürlich, Don Alejandro, was wollt ihr wissen?"

Der Caballero zögerte. „Was einer der Vaqueros gesagt hat…"

Sie schüttelte bedauernd den Kopf. „Dazu kann ich nichts sagen. Die Situation war zu unangenehm als dass ich mir jedes Wort gemerkt hätte."

„Natürlich. Ihr wart schließlich damit beschäftigt, den Kerlen eins mit der Bratpfanne überzubraten."

Die Frau kicherte. „Ja, glücklicherweise waren diese Kerle betrunken genug, so dass ich an das Regal herankam."

„Und nur deshalb konnte meine Faust überhaupt etwas ausrichten. Ich bin nicht mehr der Jüngste und gegen solche Männer hätte ich sonst keine Chance", ergänze er mit leichtem Bedauern.

„Alejandro, Ihr seid ein streitbarer Mann – damals und heute", widersprach sie.

„Ein gutes Stichwort, Victoria. Ich muss nochmals auf die Bemerkung eines dieser Idioten zurückkommen. Er machte eine Andeutung darüber, dass ich mich einst als Zorro verkleidet habe."

„Nun ja…", zögerte sie unsicher. Diego hatte einst sie – und später das ganze Pueblo – gebeten, Alejandro gegenüber diese Geschichte nicht zu erwähnen. So ganz war ihr bis heute nicht klar, was damals mit dem alten Don geschehen war, dass er sich plötzlich für den Maskierten gehalten hatte. Eine Erinnerung würde Alejandro eher beunruhigen oder peinlich berührt zurücklassen. Irgendetwas musste geschehen sein und ihn verwirrt haben – ein Schlag auf den Kopf vielleicht oder eine vorübergehende Krankheit. Fieber war auf jeden Fall nicht im Spiel gewesen.

Glücklicherweise hatte sich eine solche Situation nicht wiederholt und Alejandro war weiterhin bei guter Gesundheit und geistig fit.

„Ich habe das bisher alles für einen Traum gehalten. Aber nun, da dieser Vaquero diese Geschichte erwähnte …. Ich erinnere mich wieder. Glaube ich jedenfalls. Wenn auch nur Bruchstücke."

Die Frau seufzte. Anlügen wollte sie den Caballero nicht, Versprechen gegenüber Diego hin oder her. „Das ist alles schon lange her, Don Alejandro. Und glücklicherweise ist es ja auch gut ausgegangen."

„Weshalb habt Ihr es mir nie davon erzählt?", wollte er verwundert wissen.

„Euer Sohn hielt es für besser – auch, weil es keine angenehme Erinnerung ist."

„Ich erinnere mich nur sehr vage daran. Bisher war es mir auch nicht wichtig, da ich es für eine Fantasie hielt, aber nun …" Der alte Mann lächelte schief. „Ich glaube, ich bin als Zorro in der Taverne erschienen und habe mit Euch geflirtet, nicht wahr?"

Victoria nickte. „Ja, das war wohl so."

„Ich glaube, in diesem Moment habe ich habe mich ziemlich lächerlich aufgeführt. Für überragendes Fechten bin ich mittlerweile zu langsam und fürs Flirten mit Euch erst recht. Ich hoffe, Ihr seid mir deshalb nicht böse."

„Natürlich nicht", beruhigte die Frau. „Ich habe sofort bemerkt, dass Ihr nicht der echte Zorro wart. Ich war eher überrascht, dass ich Euch nicht vorher erkannt hatte, als man Euch die Maske abnahm."

„Madre de Dios! Was für eine Geschichte!"

Alejandro rieb sich nachdenklich die Stirn und versuchte die Bruchstücke in seinem Kopf richtig zusammenzusetzen. Unzusammenhängende Bilder waren vor seinen Augen – wie er lesend in der Bibliothek saß – eine Höhle mit Hut und Mantel an einem Haken – De Soto, wie er ihn triumphierend angrinste – die Zelle – ein Galgen…. Schwer zu sagen, ob sich diese Szenen tatsächlich alle so nacheinander zugetragen hatten oder ob er verschiedene Dinge miteinander vermischte.

Er würde alles in Ruhe sortieren müssen.

Doch vorher musste er zumindest zwei Dinge noch wissen.

„Victoria – sah ich damals aus wie er? Also, meine Verkleidung?"

„Ihr solltet die Vergangenheit ruhen lassen", bat sie. Da er sie jedoch immer noch fragend anschaute, gab sie widerwillig die geforderte Antwort. „Ja, es ist möglich. Ich meine, natürlich saht ihr anders aus, Ihr seid ja auch eine andere Person. Aber Eure Kleidung war die gleiche oder zumindest sehr ähnlich."

Don Alejandro nickte. Sein Verdacht nahm langsam Gestalt an.

„Noch etwas – ich vermute, Zorro hat ein Versteck. Hat er Euch gegenüber jemals erwähnt wo er seine Kleidung und Waffen aufbewahrt?"

Sie entschied sich, ihm wenigstens zum Teil darauf zu antworten. „Er hat eine Art Höhle", verriet sie.

„Mehr kann ich Euch aber nicht sagen."

Der Caballero erwiderte nichts darauf. Es war auch nicht notwendig. Ihre Auskünfte reichten aus, um das Puzzle weiter zusammenzusetzen.

Er musste wissen, was genau mit ihm damals geschehen war.

Und weshalb und wieso er damals in Zorros geheimen Unterschlupf aufgewacht war.

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A/N:

Nach längerer Zeit habe ich mir die „Like Father like son" - Folge wieder angeschaut (und noch eine weitere dazu).

Diegos Vater war doch unbeholfener, als es mir in Erinnerung war. Natürlich, er ist nicht mehr der Jüngste, aber ich hatte ihn „heldenhafter" in Erinnerung. So kann man sich täuschen.

Ich habe dieses Kapitel deshalb ein wenig an die Serie angepasst.