Kapitel 4: Vermisst

„Seid gegrüßt, Meister Windu."

Der Angesprochene nickte nur knapp. Er hatte keine Zeit für Unterhaltungen. Es herrschte Krieg. Die Jedi waren nicht länger Friedenswächter, sondern Generäle. Windu hieß das auf keinen Fall gut, aber ihm blieb kaum eine Wahl. Deshalb stand auch er des Öfteren auf dem Schlachtfeld. Doch weiter kam er mit seinen Gedanken gar nicht.

„Meister Windu?", unterbrach ihn ein blonder Junge, der etwa 15 Jahre alt zu sein schien.

Er trug sein Haar kurz und der geflochtene Zopf hinter seinem rechten Ohr zeichnete ihn als Padawan aus. Neben ihm stand ein fast gleichaltriger Twi'lek mit orangener Haut. Dort, wo sich bei einem Menschen die Ohren befanden, waren einige kybernetischer Geräte angebracht. Es war erschreckend, dass ein so junges Wesen bereits kybernetische Teile tragen musste. Erst jetzt fiel Meister Windu auf, dass dem Twi'lek ein Lekku fehlte.

„Ich bin Mako und das ist mein Freund Luan. Wir machen uns große Sorgen um Syala Teguri. Wir kennen sie gut und wissen, dass sie Eure Padawan ist, Meister. Deshalb wollten wir fragen, ob es inzwischen eine Spur gibt. Ob man weiß, dass sie noch lebt, versteht Ihr?"

Meister Windu verstand sehr wohl. Er fragte es sich ja selbst immer wieder, ob seine Padawan noch am Leben war. Jeden einzelnen Tag. Äußerlich verbarg der Meister es, so gut er konnte. Er trug eine ernste Maske zur Schau, hinter die man nicht sehen konnte.

„Sie lebt.", antwortete das Ratsmitglied überzeugt.

Sie kann nicht tot sein, dass hätte ich doch spüren müssen. Er wollte nicht daran glauben. Er hatte Vertrauen in seine Padawan. Er hegte die Hoffnung, dass man sie finden würde. Syala war tapfer. Sie hatte es geschafft, eine äußerst gefährliche Jünglingsmission zu überstehen. Meister Windu wusste nichts genaueres darüber, denn Meister Yoda hatte ihm den Zugang zu den Aufzeichnungen verwehrt. Aber er hatte die Tapferkeit in ihr gespürt.

„Seid Euch sicher, Meister? Ich... wir möchten Euch nicht verunsichern, aber sie ist nun schon seit 4 Jahren verschwunden. Gibt es überhaupt noch Hoffnung?", fragte Mako betrübt.

Meister Windu legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter.

„Ihr solltet die Hoffnung nicht aufgeben. Niemals. Hört ihr?"

Mit diesen Worten wandte er sich von den beiden ab und schritt den Gang entlang. Mako und Luan sahen sich besorgt an. Das war ebenso hilfreich wie unhilfreich. Wo war Syala? Ein quälende Frage für die beiden Freunde.

Die Gesuchte hockte gerade mit Kiwi, ihrem Convor, auf den Schultern zwischen den Sträuchern am Boden und meditierte. Um sie herum bewegten sich die Pflanzen im harmonischen Einklang. Schüsse erklangen, doch Syala rührte sich nicht. Sie hörte und spürte die Schritte der Fliehenden. Drei Personen flohen in ihre Richtung. Ein Mädchen sprang über sie hinweg. Ihr folgten ein grüner Twi'lek und ein Cereaner.

„Jetzt, Syala!", rief das Mädchen, das Kalifa hieß.

Die Schüsse schien näher zu kommen. Etwa fünfzig Meter entfernt kämpfte sich ein Luftgleiter durch das Dickicht. Plötzlich blieb der Luftgleiter, mit drei Trandoshaner besetzt, stecken. Lianen verflochten sich miteinander und bildeten ein Netz, das die Jäger aufhielt.

„Super gemacht.", lobte der Cereaner namens O-Mer, „Los, wir sollten verschwinden."

Er zog die Homalianerin auf die Beine. Gemeinsam schlichen die vier durch den Dschungel. Bewusst langsam, damit Syala mitkam. Obwohl sich die Padawan allmählich an die Anstrengungen auf Insel IV gewöhnt hatte, wurde sie immer noch schnell müde, besonders, wenn sie den drei Jünglingen auf der Flucht half.

Jinx, der Twi'lek, schwang sich gemeinsam mit Kalifa an einer Liane in die hochgelegene Unterkunft. Unten band O-Mer Syala an die Liane fest und zog kräftig daran. Daraufhin wurde das Mädchen von Kalifa und Jinx emporgezogen. Der Cereaner kletterte schließlich hinterher.

Oben flößte Jinx der Rothaarigen bereits eine trübe Flüssigkeit ein, die die Jünglinge in einem großen Blatt gesammelt hatte. Es war Saft, den Kalifa aus einigen Beeren ausgepresst hatte. Syala hatte nach anderthalb Jahren herausgefunden, dass die Wasakabeeren bei Erschöpfung und Müdigkeit halfen. Die Homalianerin vermutete, dass sie sich entweder auf einem Planeten oder Mond in der Nähe von Kashyyyk befanden oder dass schon mal ein Wookie hier gewesen sein musste, denn die Früchte wuchsen hauptsächlich auf dem Planeten Kashyyyk, der Heimatwelt der Wookies. Doch selbst wenn sie sich im Mittleren Raum befanden, half es ihnen nicht weiter. Niemand hatte Syala in den letzten vier Jahren gefunden. Warum sollte sich das jetzt ändern?

„Danke, Jinx.", murmelte Syala leise.

Der Angesprochene brummte nur. Kalifa und O-Mer hatten sich bereits schlafen gelegt. Hier oben, in den Kronen der Bäume, bildeten mehrere zusammengewachsen Bäume und kräftigen Lianen ein stabiles Konstrukt, eine kleine Höhle, groß genug für die vier.

In ihren ersten Wochen auf Insel IV hatte Syala sich nur langsam durch den Dschungel bewegen können. Doch dann hatte sich ihr Körper Stück für Stück an das anstrengende Leben gewöhnt. Nach etwa sechs Monaten hatte die Homalianerin begonnen, sich ein festes Lager einzurichten, wo sie nachts schlafen konnte. Dabei hatte sie sich ihre besonderen Fähigkeiten zu Nutze gemacht. Durch tägliche Meditation hatte sie die Bäume und Lianen wachsen lassen. Es hatte Kraft gekostet, aber das war es wert gewesen. Die „Wohnung", in der die Jünglinge hausten, hatte Syala mühevoll über vier Jahre lang aufgebaut. Die Homalianerin hatte gedanklich den Wachstum der Pflanzen beeinflusst. Einerseits hatte sie die Macht genutzt, um den Prozess in Gang zu bringen, andererseits beschleunigte sie das Wachstum, indem sie ihre persönlichen Fähigkeiten anwendete. So blieb ihr Versteck stets vor den suchenden Blicken der Trandoshaner verborgen, niemand würde sie hier nachts finden. Tagsüber mussten sie allerdings raus, um Essen zu besorgen. Es wäre zu auffällig gewesen, würden alle essbaren Pflanzen an einem Ort wachsen, deshalb hatte Syala darauf verzichtet, sie in der Nähe ihres Verstecks zu züchten.

Die Jünglingen legten sich schlafen. Für den täglichen Überlebenskampf mussten sie ausgeruht sein. Vor allem Syala benötigte Schlaf, wenn sie versuchte, den anderen das Leben zu retten. An dem immer gleichen Trott hatte sich in den vier Jahren nichts geändert. Bald würden wieder neue Gefangene kommen, Opfer, Todgeweihte. Niemand hatte so lange überlebt wie die Homalianerin. Kalifa, Jinx und O-Mer waren bei einer Trainingsmission entführt worden und mittlerweile schon seit fast anderthalben Jahr auf Insel IV. Das war an sich auch schon eine lange Zeit.

Aber Syala hatte schon so viele Tote gesehen. Gekannt hatte sie keinen, aber wie sie starben, das hatte sie gesehen. Erschossen, hinterrücks teilweise. Die Leichen, die sie finden konnte, hatte sie eigenhändig am Rand des Waldes beerdigt. Im Schutz der Bäume. Mögen sie in Frieden ruhen und die Macht mit ihnen sein. Das hatte sie ihnen mit auf den letzten Weg gegeben. Mittlerweile war es ein Massengrab geworden, in der dutzende Opfer ihr Ende fanden. Man musst es hinnehmen, musste Syala leidvoll lernen. Sie hatte versucht zu fliehen. Schwimmend war sie aber nicht weit gekommen. Die Strömung war zu stark. Ansonsten gab es keinen Ausweg von dieser verdammten Insel. Aber die Padawan klammerte sich an die Hoffnung, dass man sie irgendwann finden würde. Sie mochte Meister Windu nicht vertrauen, aber sie hoffte, irgendwann von hier weg zu kommen. Aufgeben gilt nicht. Die Schülerin hatte gezweifelt, an ihren Fähigkeiten, an der Macht, an den Jedi. Doch tägliche Meditation hatten sie in ihrer Hoffnung auf Rettung bestärkt.

Vor einigen Monaten war ihre Meditation so erfolgreich, dass sie weit entfernt und nur für einige Sekunden den Geist ihres Meisters gespürt hatte. Er war verletzt, das konnte Syala trotz des zerrissenen Bandes spüren. Verzweifelt hatte sie versuchte die Fäden an der Rissstelle wieder zusammen zu binden, aber sie hatte versagt. Nur einen kurzen Impuls sandte sie ihrem Meister. Haltet durch! War es gewesen. Die Homalianerin hoffte, dass er es verstanden hatte.

Ihr Meister meditierte derweil. Im Schneidersitz saß er im Saal der Tausend Quellen. Neben ihm plätscherte ein kleiner Fluss. Das gleichmäßige Geräusch ließen Mace tief in die Meditation eintauchen. Er musste sich von den Anstrengungen des Krieges erholen. Eigentlich sollten Jedi nicht kämpfen, sondern den Frieden hüten. Aber es war ja kein Frieden da. Nicht einmal in den neutralen Systemen. Herzogin Satine Kryze von Mandalore als Anführerin wurde von ihrem eigenen Volk bedroht. Der Jedi kämpften für die Republik und standen Seite an Seite mit den Klonkriegern, um ihre Lichtschwerter gegen den gemeinsamen Feind, der Konföderation Unabhängiger Systeme, der KUS, zu richten. Es war eine schlimme Zeit. Jeder hatte mit den Folgen und Auswirkungen des Krieges zu kämpfen. Jedi blieben nicht davon verschont. Seit dem Anschlag, den Boba Fett auf ihn verübt hatte, hatte Mace Windu Alpträume. Er sah seine Padawan sterben.

Sie kniete mit gefesselten Händen vor dem Sohn des berüchtigten Kopfgeldjägers Jango Fett, dem er persönlich den Kopf abgeschlagen hatte. Boba hielt ihr eine Waffe an den Kopf. Syala suchte seinen Blick. Mace sah ihre Verzweiflung, ihre Angst. Bittend blickte sie zu ihm hinauf. Sie war abgemagert, ihre roten Haare hingen strähnig herunter, ihre grüne Haut war blass. Er wollte ihr helfen, doch Boba drückte ab und lachte boshaft. Meister Windu konnte sich nicht bewegen. Der Mörder richtete seinen Blaster auf ihn und betätigte den Abzug.

Dann wachte der Jedi-Meister jedes Mal schweißgebadet auf. Es war keine Vision. Es war ein Alptraum. Und er konnte nichts daran ändern. Selbst die Meditation half nur für kurze Zeit. Mace atmete tief ein, schob die störenden Erinnerungen beiseite und versank wieder in einen meditativen Zustand.

So hörte er nicht, wie sich jemand näherte. Ein Twi'lek blieb neben ihm stehen und beobachtete das Ratsmitglied. Nur einen Augenblick.

„Meister Windu?", fragte der junge Twi'lek.

Erschrocken schreckte der Angesprochene auf. Sein Blick fuhr zu dem Jungen hinauf. Mace kannte ihn. Es war Luan, der orangefarbene Twi'lek, der Freund seiner Padawan Syala.

„Ich... reden mit Euch?"

Offenbar konnte Luan nicht richtig sprechen. Vermutlich lag das am Verlust seines Lekku, der durch kybernetische Teile ersetzt worden war. In einem Lekku befanden sich viele Nervenzellen. Verlor man einen, konnte das die Gehirnleistung enorm beeinträchtigen. Dem Jungen hatte man glücklicherweise helfen können. Meister Windu nickte ihm zu und bedeutete ihm, sich zu setzen.

„Worüber möchtest du reden, Luan?"

„Über Sy... Syala."

Sofort musste Mace an seine Alpträume denken. Warum musste er ständig an sie erinnert werden? Dennoch sollte Windu dem Jüngling zuhören. Es war seine Aufgabe als Meister sich um die nächste Generation zu kümmern.

„Sie meine Freundin.", begann Luan leise, „Vermisse sie. Kommt wieder?"

Er stellte die richtigen Fragen, aber wie sollte Meister Windu sie beantworten?

„Ich weiß es nicht. Ich...", er zögerte, „Ich spürte, dass sie noch lebt. Ich weiß nicht, wo, aber sie lebt. Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben. Syala ist stark."

Der Twi'lek legte den Kopf schief und sah den Meister fragend an.

„Sie hat ihre Fähigkeiten. Die können ihr nützlich sein. Als Homalianerin kann sie viel mehr, als man denkt. Und Syala ist stark in der Macht.", erklärte Windu nachdenklich, „Ich... Wir sollten darauf vertrauen, dass sie ihren Weg zu uns findet. Auch wenn es uns schwer fällt..."

„Wir nicht suchen?"

Oh Mann, der Junge stellte echt kluge Fragen. Es fiel ihm schwer, dem Twi'lek keine bessere, keine positivere Antwort geben zu können. Er hätte es verdient, etwas schönes von seiner Freundin zu hören. Irgendwie zu wissen, dass sie in Ordnung war. Ein Jedi sollte sich nicht von seinen Emotionen und Gefühlen leiten lassen. Die Sorge und Angst Luans, die Mace deutlich spürte, konnte ihn auf einen gefährlichen Weg bringen. Doch diese Gefühle waren umwogen von einer Welle aus Mitgefühl. Erstaunlicherweise für den Jedi-Meister.

„Schwer für Euch sein? Ja, Ihr verloren. Mir Leid tun.", murmelte Luan.

Scheinbar hatte er bemerkt, wie schwer sich seine Gegenüber mit einer Antwort tat.

„Es muss dir nicht Leid tun. Ich muss meiner Padawan vertrauen. Sie wird es schaffen zurückzukommen. Ich habe Hoffnung.", erwiderte Mace überzeugt.

Der Twi'lek schüttelte den Kopf.

„Ihr tut mir leid, Meister."

Er wusste, wie schwer es sein konnte, jemanden bedingungslos zu vertrauen. Selbst wenn man Jahre auf eine Bestätigung dieses Vertrauens wartete. Windu fuhr sich nachdenklich mit einer Hand über den kahlen Kopf...

Was?!", fragte Windu teils verwirrt, teils genervt.

Syala Teguri. Deine Padawan werden sie soll.", erklärte Großmeister Yoda wie immer gelassen.

Die beiden Jedi-Meister standen in einem etwas abgelegenen Teil im Saal der Tausend Quellen. Windu hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte den kleineren Jedi entsetzt an. Er sollte wieder eine Padawan annehmen? Gut, Depa Billaba war nun schon seit einigen Jahren ein Jedi-Ritterin. Außerdem war Windu wieder auf der Suche nach einem neuem Schüler oder einen neuen Schülerin. Aber die Homalianerin? Irgendetwas an ihr war seltsam. Der Meister konnte nicht genau sagen, was es war, aber Teguri hatte eine komische Ausstrahlung. Ihre Machtsignatur war seltsam vielschichtig und dabei undurchdringlich. Windu fühlte nicht die gleiche Verbundenheit, wie er sie zu Depa gespürt hatte.

Meister, ich möchte nicht unhöflich sein. Aber denkt Ihr wirklich, dass sie schon bereit ist, Padawan zu werden?"

Bereit sie ist, ja. Schon schwere Prüfungen bestanden sie hat. Schwerer als Prüfungen der Padawane sie waren. Lernen, zu vertrauen Syala muss. Der Richtige Ihr sein werdet.", erklärte Meister Yoda ruhig.

Meister Windu wollte gerade zu einer weiteren Frage ansetzen, aber Yoda schüttelte den Kopf. Dann bedeutete der Großmeister dem Mann ihm zu folgen. Der Weg führte die beiden Meister auf das Tempeldach. Meister Sinube trainierte einige Jünglinge im Lichtschwertkampf. Es waren fünf. Ein gerade 10-jähriger Junge mit dunkelbraunem Haar und auffällig blauen Augen kämpfte gerade gegen eine blaue Twi'lek. Ein Togruta-Mädchen stand kampfbereit einem kräftig gebauten Cereaner gegenüber. Zwischen den vier Kämpfenden saß jemand auf dem Boden. Ein grünhäutiges Mädchen mit schulterlangen, roten Haaren. Scheinbar meditierte sie, während ihre Mitschüler trainierten. Meister Sinube ließ sie gewähren. Er schritt um die Gruppe herum und beobachtete seine Schützlinge.

Halte das Schwert etwas höher, Caleb, dann kannst du die Angriffskraft deines Gegners besser ausgleichen.", ermahnte er den Menschenjungen.

Dieser änderte im nächsten Schlag seine Haltung, um den Rat umzusetzen. Lobend setzte Meister Sinube seine Beobachtungen fort. Die Zuschauer bemerkte die kleine Gruppe nicht und trainierte brav und folgsam weiter. Die Togruta schien einen geduckten Stil zu bevorzugen, bei dem sie häufig sprang, wirbelte oder geschmeidig auswich. Ihr Gegner hingegen war nicht halb so beweglich, konnte aber ihre Bewegungen voraus ahnen und so parieren.

Das andere Kampfpärchen war in seinem Stil ähnlicher. Beide wehrten die Schläge des jeweils Anderen ab, griff der Eine ab, konterte der Andere und umgekehrt. Es war ein ausgeglichener Kampf, der keine Ende zu nehmen schien.

Aber es war mehr diese Grünhäutige, Syala, in Mitte der Kämpfenden, die Meister Windus Aufmerksamkeit erregte. Auf einmal öffnete das Mädchen die Augen. Schlagartig schossen einige Äste des alten Baumes auf die Kämpfenden zu. Der ehrwürdige Baum stand gut 20 Meter von den Schülern entfernt und seine Blätter wiegten sich sanft im Wind. Normalerweise. Aber jetzt schlangen sich diese Äste wie Lianen um die Arme des Menschenjungen Caleb. Meister Windu hatte seine Hand bereits an sein Lichtschwert gelegt, bereit den Jungen zu befreien, sollte es nötig sein. Doch dann bemerkte er, dass die Äste den Schüler nicht behinderten, sondern seine Haltung korrigierten. Wie bei einer Marionette. Erstaunt sah der kahlköpfige Meister zu der Meditierende, die nur die Finger bewegte. Die Bewegungen stimmten mit denen der Ästen überein. Meister Yoda lächelte wissend.

Etwas besonderes sie ist, nicht wahr?"

Windu konnte nur nicken. Gespannt beobachtete er, wie sich nun weitere Äste um die blaue Twi'lek legten und deren Haltung an Calebs anpassten. Auch die Togruta und der Cereaner blieben nicht verschont. Vorsichtig, ja beinahe behutsam griffen die Äste in die Bewegungen der Beiden ein und korrigierten die kleinen Fehler. Fast eine ganze Minute lang ging das Training so weiter, bis die Äste genauso schnell verschwanden, wie sie aufgetaucht waren. Erstaunt warf Mace einen Blick auf die Verantwortliche. Doch Syala saß nicht mehr in der Mitte der Kämpfenden. Sie war zusammengebrochen und bewegte sich nicht. Meister Sinube hielt ihren Kopf hoch und bat wohl um etwas zu trinken. Eilig nährten sich Meister Yoda und Meister Windu der Gruppe. Respektvoll senkten die Jünglinge den Blick. Bis auf die Togruta, die mit einem gefüllten Becher wieder kam.

Das sollte ihr wieder Kraft geben.", murmelte Meister Sinube nachdenklich, während er seinem Schützling über die roten Haare strich.

Was ist mit ihr?", fragte Caleb neugierig, aber doch verängstigt.

Eine Frage, die auch Meister Windu auf der Zunge lag, sie aber nicht auszusprechen wagte. Meister Yoda setzte gerade zu einer Antwort an, als das Togruta-Mädchen ihm zuvor kam.

Syala ist doch Homalianerin. Wenn sie ihre Fähigkeiten einsetzt, wird sie sehr schwach. Ihr fehlt noch die Kon-", sie stolperte über diese schwierige Wort, aber die Twi'lek half ihr aus.

Kondition?"

Genau die. Wenn sie älter ist, wird sie ganz bestimmt besser werden.", beendete das vorlaute Mädchen.

Yoda lächelte milde. Die Togruta war schlau für ihr Alter. Jeder der Schüler vor ihm hatte etwas besonderes, einzigartiges an sich. Dies zu wecken, lag an den Meistern. Auch Meister Windu würde dies bald lernen, wenn Syala seine Padawan werden würde...

Während sich Meister Windu an seine erste Begegnung mit der Homalianerin erinnerte, hatte anderswo auf Felucia ein Meister bereits ein ähnliches Schicksal erleben müssen wie Meister Windu einige Jahre zuvor.

Meister Skywalker fuhr sich durch die braunen Haare, als er die Sternenkarten betrachtete. Mittlerweile war er wieder auf Coruscant. Es behagte ihn gar nicht, hier zu sein, während Ahsoka verschollen war. Er sollte auf Felucia nach Hinweisen suchen. Verzweifelt fuhr er sich durch die Haare.

Wie sollte er seine Padawan-Schülerin in diesem Planetenchaos wieder finden? Wer hatte sie überhaupt entführt? Warum?

„Skywalker?"

Seine Gedanken wurden unterbrochen. Vor ihm stand Meister Plo Koon, der ihn besorgt ansah. Was wollte er? Ablenkung konnte er nicht gebrauchen. Er musste seine Padawan finden.

„Worin liegt Ahsokas Stärke?", war seine erste Frage.

Anakin sah ihn verwirrt an. Was sollte das denn werden?
„Sie ist furchtlos.", antwortete er dann schließlich, immer noch unwissend, worauf der Meister anspielte.

„Das kann auch eine Schwäche sein...", schlug sein Gegenüber ihm entgegen, „Ist sie eine würdige Schülerin?"

Meister Skywalker verzog das Gesicht. Solche Gespräche möchte er nicht. Meister Plo Koon mochte Ahsoka kennen, vielleicht besser als er selbst. Trotzdem sah er es nicht ein, warum der Kel'Dor sich so aufspielte. ER kannte die Togruta besser. ER hatte Seite an Seite mit ihr gekämpft. ER hatte ihr versucht beizubringen, wie er zu sein.

Niemand, den ich kenne, ist so zielstrebig wie sie.", antwortete er bitter.

„Außer Euch..."

„Ich finde sie."

„Möglicherweise liegt das nicht in Eurer Macht.", warnte der Ältere.

„Wenn Ihr mir etwas sagen wollt, Meister Plo, nur zu."

Langsam wurde Skywalker dieses Gespräch zuwider. Es war weder aufbauend, noch half es in irgendeiner Weise dabei, Ahsoka zu finden. Er fühlte sich so hilflos. Seine Padawan war irgendwo da draußen, verletzt wahrscheinlich. Sie brauchte doch seine Hilfe.

„Ich will nur sagen, dass sie vielleicht, wenn Ihr sie gut ausgebildet habt, auf sich allein aufpassen kann und aus eigener Kraft zu Euch zurück findet."

Dann wandte Meister Koon sich ab und verließ den Jüngeren. Wütend haute der General gegen das Schaltpult. Er würde trotzdem nicht aufhören. Bis spät in den Abend versuchte er, seine Schülerin zu finden.

Ganz so schlimm, wie es Meister Skywalker sich vorstellte, erging es Ahsoka eigentlich nicht. Sie war immer noch in einem Stück und recht unversehrt. Nachdem sie die Schießerei am Strand überlebt hatte, war sie auf Kalifa gestoßen, die sie ins Versteck der vier Freunde brachte. Überrascht sah Ahsoka sich um. Die Höhle schien aus kräftigen Lianen und Stämmen nahezu gewebt zu sein.

„Das sind Jinx und O-Mer.", stellte sie ihre Mitgefangenen vor, „Leute, das ist Ahsoka."

Kalifa sah sich um, als die beiden die Neue grüßten. Doch wen sie suchte, konnte sie nirgends entdecken.

„Wo ist Syala?"

Jinx verdrehte die Augen und nickte in einen dunkleren Teil der Höhle. Der Klang von Holz auf Lianen war zu hören. Dazu die angestrengten Atemgeräusche einer kämpfenden Person. Neugierig versuchte Ahsoka etwas in der Dunkelheit zu erkennen, was ihr jedoch nicht gelang. Plötzlich war nichts mehr zu hören. Etwas bewegte sich auf sie zu. Die Togruta trat einen Schritt zurück, nur aus Vorsicht.

„Hätte nicht erwartet, dich hier wiederzusehen."

Eine grünhäutige junge Frau trat aus dem Schatten. Ahsoka riss die Augen auf. Vor ihr stand Syala Teguri, die ehemalige Padawan von Meister Windu. Sie erinnerte sich noch, wie sie zusammen nach ihren Lichtschwertkristallen gesucht hatten oder wie sie ab und an trainierten. Dass die Homalianerin verschwunden war, wusste sie. Aber dass sie hier war, überraschte Ahsoka genauso, wie es Syala überraschte.

„Syala? Bist du es wirklich?"
Immer noch ungläubig starrte sie die inzwischen zu einer jungen Dame Gereifte an. Auf ihrer grünen Haut waren trotz des Schmutzes viele Tattoos zu sehen. Kaum eine Stelle ihres Körpers schien noch frei zu sein. Außerdem wirkte Syala wesentlich trainierter, muskulöser.

„Ja, Ahsoka. Ich freue mich, dich wiederzusehen. Wie geht's dir so?"

Mit einem fröhlichem Plauderton wandte sie sich an die Tortuga. Diese wirkte immer noch überrascht und irritiert angesichts der Tatsache, dass ihre alte Freundin vor ihr stand. Lebendig, mit verknoteten Haaren und völlig verdreckt. Seit vier Jahren galt sie als vermisst, als verschollen, als tot. Jetzt stand sie hier vor ihr. Relativ lebendig.

„Naja, ich bin nur von Piraten oder so mitten aus dem Krieg entführt worden. Sonst ist eigentlich alles so wie immer. Und bei dir?", gab sie sarkastisch zurück.

„Tja, ich hänge hier seit knapp vier Jahren ab und seh mir den Krieg von der Ersatzbank aus an. Man kommt ja nicht weg von hier. Also herzlich willkommen in der Hölle."
Syalas Antwort trieft ebenso von Sarkasmus. So unpassend diese Kommentare angesichts der jetzigen Situation waren, schien den beiden nicht aufzufallen. Ahsoka begann schließlich über den Verlauf des Krieges zu berichten. Von den Schlachten auf so vielen Planeten, von zu vielen gefallenen Jedi und Klonen. Syala wusste bereits von den Männern, die alle gleich aussehen sollten und die man nur anhand ihrer Rüstungen unterscheiden konnte. Jedenfalls hatten ihr die Jünglinge davon erzählt. Irgendwie konnte sie es sich nur schwer vorstellen.

Warum sollte man die DNA eines Menschen so häufig replizieren, dass daraus eine Armee wurde? Armee bedeutet Waffen, Waffen bedeuten Krieg. Und genau das schien gerade in der Galaxis zu herrschen. Es war ein nahezu schrecklicher Gedanken, der schon, seit Kalifa ihr zum ersten Mal davon berichtet hatte, in ihrem Kopf herumflog wie eine lästige Fliege. Was die Homalianerin nicht verstand, war, warum die Jedi den Krieg zu unterstützen. Immerhin waren sie doch Friedenswächter! Krieg und Frieden waren Gegensätze. Es ließ sich nicht miteinander vereinen. In keinster Weise! Verstießen die Jedi gegen ihren heiligen Kodex? Sollte der Krieg Frieden bringen? Wer das glaubt, hatte definitiv nicht sorgfältig genug die Geschichtsbücher studiert. Offensichtlich hatte auch irgendetwas die Jedi dazu geführt, sich in diesen sinnlosen Krieg einzumischen. Syala verstand das alles nicht, aber es zählte auch nicht. Was da draußen passierte, zählt hier auf der Insel nicht. Hier zählte einzig und allein, dass man überlebte. Selbst wenn einem der Tod gnädiger erscheinen mochte.

Gerade schien die drei Jünglinge dem Neuankömmling zu erklären, wie das hier ablief. Doch die aufmüpfige Togruta schien das nicht zu interessieren. Es lag nicht in ihrem Naturell ruhig in der Ecke zu sitzen und darauf zu warten, dass sie jemand retten kam.

„Wir sollten versuchen hier raus zu kommen. Es muss ein Weg geben."

„Es gibt kein Weg, wir sind jetzt schon seit fast zwei Jahren hier und Syala sogar schon seit vier. Wir haben alles versucht."

„Was ist mit dem Strand, was liegt hinter dem Wasser?"
„Ne verdammt starke Strömung. Glaub mir ich hab versucht, da zu schwimmen. Es ist unmöglich. Außerdem sind wir hier auf einer Insel. Also rund herum Wasser. Kein Entkommen.", erklärte Syala kopfschüttelnd.

„Wo ist ihre Basis? Wo kommen ihre Schiffe her?", versuchte sie es wieder.

„Eine gute Frage. Der Nebel ist oft zu dicht, um irgendetwas zu sehen.", widersprach Kalifa.

„Glaub mir, wir haben alles probiert. Es gibt keinen Weg hier raus. Außerdem sind wir nur Jünglinge. Wir können nichts.", stimmte Jinx ihr zu.

Syala verdrehte die Augen, als O-Mer nickte.

„Die drei glauben, bloß weil sie noch nicht viel Training hatten, dass sie nichts drauf hätten.", wandte sich die Rothaarige an ihre alte Freundin, bevor ihr Blick sich wieder auf die drei Jünglinge richtete, „Was nicht stimmt, denn es waren schon ein paar Padawane auf der Insel, die dämlich genug waren, den Trandoshanern in die Arme zu laufen – in dem Glauben, man könnte mit ihnen verhandeln – und sich damit blind ins Verderben zu stürzen. Und diese drei haben immerhin fast zwei Jahre hier überlebt."

„Ja, mit deiner Hilfe.", warf Jinx genervt ein.

„Klar, weil ich auch so hilfreich bin, wenn ich nach 10 Minuten Rennen zusammenbreche. Ihr habt das hier geschafft, ihr habt einen Plan entwickelt, wie wir den Trandoshanern entkommen konnten."

Trotz der verqueren Situation musste Ahsoka grinsen. Die Homalianerin prahlte nie mit ihren Fähigkeiten. Eine Demut, wie sie eine Jedi haben sollte.

„Leute, wir sollten es trotzdem nochmal versuchen. Vielleicht finden wir eine Möglichkeit, hier weg zu kommen. Irgendetwas, dass ihr vielleicht übersehen habt.", schlug die Padawan-Schülerin jetzt vor.

„Du gibst nicht auf, oder?"

Genervt starrte O-Mer die Togruta an, die nur zurück grinste.

Wer nicht das Unmögliche wagt, kann das Mögliche niemals erreichen.", zitierte sie den Spruch ihres Clans, in dem sie als Jüngling gewesen war.

„Das heißt nein.", übersetzte Syala lächelnd, „Was auch immer du vorhast, Soka, ich folge dir."

„Warum?", warf diesmal Kalifa dazwischen, „Du bist seit vier Jahren hier und hast nie einen Ausweg gefunden. Und jetzt willst du dich genauso waghalsig ins Verderben stürzen, wie all die anderen Padawane? Wir sind hier sicher. Das sollten wir nicht aufgeben."

Ihre Angst war deutlich spürbar. Angst, davor zu sterben. Angst, davor ihre sichere Höhle endgültig zu verlassen. Vollkommene verständliche Ängste, berechtigte zweifellos. Auch als Jedi war man nicht dagegen gefeit. Leider, wie Syala schon bedauerlicherweise lernen musste. Doch sie hatte keine Angst mehr. Es war höchst wahrscheinlich, dass sie hier sterben würde. Es gab keinen Grund nicht alles zu versuchen, denn die Alternative war nicht besser. Schon immer war es ihr Plan gewesen von hier zu entkommen, es fehlte ihr jedoch an Kraft und Ausdauer. Dann kamen die Jünglinge dazu, die sie auf keinen Fall hier zurücklassen würde. Außerdem feilte sie schon länger an einem Plan, dessen einzige Lücke war, dass sie nicht wusste, wo genau die Basis der Trandoshanern war, auch wenn sie eine Vermutung hatte.

„Bloß weil ich noch nicht geflüchtet bin, heißt das nicht, dass ich keine Pläne geschmiedet habe, Kalifa. Und was Ahsokas Vorschlag angeht, kann ich nur den Spruch meines Clans zitieren: Dein Herz wird dich leiten, wenn der Weg dunkel ist. Und gerade sagt es mir, wir sollten auf Ahsoka hören."

Die Togruta freute sich über die Unterstützung ihrer alten Freundin. Nur hatte sie keine Ahnung, wie sie es hier raus schaffen sollte. Nachdenklich wandte sie sich dem Ausgang zu und starrte in die Dunkelheit von Insel IV, also ob sie dort die Antwort finden könnte.

„Meister Skywalker?"

Eine tiefe Stimme riss den jungen Jedi-Meister aus seinen sorgenvollen Gedanken. Der Angesprochene stand noch immer an derselben Stelle wie noch Stunden zuvor, als Meister Plo Koon zu ihm gekommen war. Mit unglaublicher Beharrlichkeit, wie für einen Jedi typisch, studierte er immer noch die Sternenkarten, auch wenn er seiner Padawan noch keinen Schritt näher gekommen war.

„Was?"

Erschöpft drehte sich der braunhaarige Mann um. Vor ihm stand – zu seinem eigenen Erstaunen – Mace Windu. Ein Ratsmitglied. Wahrscheinlich würde er gleich einen überaus logischen Vortrag halten, dem ihm erklären würde, weshalb er die Suche nach seiner Padawan aufgeben solle. Ärgerlich wie genervt wartete Meister Skywalker auf die donnernde Standpauke, die Meister Windu ihm wohl halten würde. Doch nichts dergleichen folgte.

„Habt Ihr die östlichen Quadranten des Mittleren Raums überprüft?"

Erstaunt sah Skywalker den Älteren an. Keine Standpauke? Da hätte er aber etwas anderes erwartet, vor allem von einem hochgestelltem Ratsmitglied. So konnte er nur den Kopf schütteln. Ohne ein Wort begann Meister Windu einige Knöpfe an der Seite des Kontrollpultes zu betätigen. Kurz darauf wurde ein Kartenausschnitt über dem Pult projiziert. Unendlich viele Planeten tauchten um die beiden Jedi herum auf. Endlich wagte der Jüngere zu sprechen.

„Meister Windu? Was hat das hier zu bedeuten?"

Sein Erstaunen war deutlich erkennbar. Auch für seinen Gesprächspartner, der jedoch sichtlich unbeeindruckt die holographische Karte studierte. Windu drehte sich einmal um sich selbst, bis er in die braunen Augen seines Kameraden sah. Ein seichtes Lächeln voller Mitgefühl zierte Windus Gesicht, bevor er sich erklärte.

„Das sind die Quadranten, die ich bisher kaum abgesucht hatte. Ich denke, dass deine Padawan-Schülerin von Trandoshaner entführt worden. Genau wie meine Padawan."

„Eure Padawan?"

Anakin Skywalker wusste nicht einmal, dass Meister Windu überhaupt eine Padawan gehabt hatte. Doch er hatte eine, an die er sich nur zu gut erinnerte. 4 Jahre lang hatte er nach seiner Schülerin gesucht. Immer wieder wurde ihm bewusst, dass er in gewisser Weise Schuld an allem war. An dem fehlenden Vertrauen Syalas zu ihm, die daraus folgende Entführung. Was wäre, wenn er mehr mit ihr geredet hätte? Auf sie eingegangen wäre? Was wäre, wenn er sie besser trainiert hätte? Hätte sie sich dann retten können? Was wäre, wenn er noch intensiver nach ihr gesucht hätte? Hätte das was geändert? Mace Windu hatte in der Macht nach Lösungen gesucht, doch keine gefunden.

„Ja, Skywalker, meine Padawan. Ich glaube, Ihr kanntet sie. Ihr Name ist Syala Teguri. Sie wurde vor 4 Jahren während eines Einsatzes auf Endor von Trandoshaner entführt. Seitdem hat man nie wieder etwas von ihr gehört. Im Laufe der Jahre verschwanden insgesamt 4 Padawane und 5 Jünglingen. Es wurden Ermittlungen angestellt, doch es gab keine zufriedenstellende Ergebnisse. Ich vermute allerdings, dass sie alle, wie auch Syala und auch Padawan Tano, von Trandoshaner entführt wurden."

Anakin erschrak. Einerseits darüber, wie sachlich Windu ihm die Situation darlegte, andererseits über das, was er erzählte. Er selbst fühlte den Schmerz und die Trauer über seine verschwundene Padawan, wusste, wie es sich anfühlte, diesen jungen Menschen, dessen Lehrer und Vorbild man geworden war, zu verlieren. Ahnte im Entferntesten, wie sich sein Gegenüber gefühlt haben musste. Doch Anakin hatte bis eben noch hoffen können, seine Padawan bald wiederzusehen, ihren Entführern nachzujagen, sie zur Strecke zu bringen und seine Padawan zurückzuholen. Jetzt, im Anbetracht der ihm dargelegten Tatsachen, sah er sich als alten Mann zur letzten Ruhe legen, ohne seine Schülerin je wiedergesehen zu haben.

Beinahe so wie Meister Windu jetzt aussah. Gab es Hoffnung für sie beiden? Hoffnung, darauf ihre Schülerinnen wiederzusehen? Konnte jemand diese Fragen überhaupt beantworten? Mochte die Macht ihnen darauf Antwort geben? So viele Fragen, aber keine Antworten.

„Es gab nie ein Spur? Nicht ein Zeichen, dass sie überlebt hat?"

„Nein. Nichts genaues."

Windu konnte ihm nur diese ernüchternde Antwort geben. Er hatte vier Jahre damit zugebracht, nach seiner Padawan zu suchen. Hinweise hatte er oft erhalten, doch sie waren noch weniger hilfreich als unhilfreich. Aufgegeben hatte der Jedi-Meister niemals, hatte er sich schließlich auf den vielen Sklavenmärkten der Galaxis umgesehen, in der Hoffnung, jemand würde ein grünhäutiges Mädchen mit leuchtendem, rotem Haar anbieten.

Ein Homalianerin wäre eine Rarität als Sklavin. Der Planet, von dem sie stammten, war vielen bekannt und auch die Besonderheiten seiner Bevölkerung waren längst kein so wohl gehütetes Geheimnis mehr, wie vielleicht noch 100 Jahre zuvor, bevor man sich der Republik anschloss. Viel größer jedoch wäre das Interesse an solch einer Persönlichkeit, wenn man erführe, dass es sich bei Syala Teguri nicht nur um eine Herrschertochter – einer Prinzessin, wenn man so wollte – sondern auch um eine Jedi handelte. Im gesamten Jedi-Orden war Syala zu ihrer Zeit die einzige Homalianerin gewesen, die zur Padawan ernannt wurde. Zwar hatten einige dieser Spezies einen hohen Midi-Chlorianwert, doch die meisten fanden keinen Meister und wurden den Hilfs-Corps zugeteilt, häufig dem Agrikultur-Corps, wo sie auch ihre homalianischen Fähigkeiten anwenden konnten.

Wie dem auch sei, trotz dieser verzweifelten Maßnahme fand sich keine Spur zu seiner verschollenen Schülerin. Auch nicht in der Macht, so sehr er auch meditierte und um Rat flehte, sie gab ihm nur die Alpträume von Syalas Tod wie ein Warnung.

„Ihr habt nach ihr gesucht?", fragte Anakin, angesichts des Schicksals des jungen Mädchens, das er einst gekannt hatte, betroffen.

Er erinnerte sich jetzt an Syala. Wo sein Meister gescheitert, hatte sie ihm geholfen. Die Meditation, die ihm stets zuwider gewesen war, hatte sie ihm näher gebracht. Ihm kamen Bilder in den Sinn, Szenen, wie Syala jedes Mal ruhig irgendwo saß und meditierte. Er hatte sie stets dafür bewundert und nie geglaubt, dass er das auch könnte, bis sie ihn dazu aufgefordert hatte, sich neben sie zu setzen, damit er es lernte. Und Anakin Skywalker hatte es tatsächlich gelernt.

„Natürlich, wie Ihr auch nach Eurer sucht. Auch wenn der Orden denkt, ich hätte sie aufgegeben. Sie ist meine Padawan, durch die Macht an mich gebunden. Egal, wie viele Lichtjahre uns trennen mögen, ich habe noch immer Hoffnung. Entweder werde ich sie finden oder sie findet zu mir zurück.", gedankenverloren starrte Mace Windu die projizierten Planeten an, „Ich werde morgen nach Nar Shaddaa fliegen. Auf dem dortigen Sklavenmarkt soll eine Homalianerin versteigert werden. Vielleicht ist es Syala."

Meister Windu sah beinahe die sich drehende Räder hinter der Stirn seines Gegenübers. Der dachte gerade tatsächlich intensiv nach. Wenn die jungen Jedi wirklich von den gleichen Bande entführt worden waren, vielleicht wüsste Syala, wo Ahsoka war. Vielleicht wurde sie auch verkauft? Eins wusste er auf jeden Fall, er konnte nicht hier tatenlos herumsitzen, während Meister Windu sich auf eine brauchbare Spur begab.

„Offensichtlich überlegt Ihr, wie Ihr Euch am einfachsten auf mein Schiff schleichen könntet.", bemerkte der Ältere mit einem Lächeln, „Logisch, doch überflüssig. Ihr werdet mich begleiten. Möglicherweise könnte eure Vergangenheit, auch wenn ihr nicht darüber sprecht, eine große Hilfe sein."

Nun lächelte auch Anakin. Ausgerechnet von Mace Windu hatte er das eigentlich nicht erwartet. Denn gerade dieser war ja von Anfang an gegen die Aufnahme des ehemaligen Sklavenkindes gewesen. Stand dem zumindest skeptisch gegenüber. Doch auch er wusste, dass er jede Hilfe brauchen konnte, vor allem die des jungen Skywalker. Dieser wusste es auch sehr zu schätzen.

„Danke, Meister. Vielen Dank."

Auf Insel IV hockten die Gesuchten nahe am Strand unter Sträuchern und Laub verborgen, welches Syala geschickt um ihre Kameraden geformt hatte. Sie waren von der Umgebung nicht zu unterscheiden. Still verharrend warteten sie auf die Ankunft neuer Opfer, um herauszufinden, wo die Trandoshaner herkamen und wo ihre Basis war. Bisher hatten sich die vier nicht an den Strand gewagt, wenn Neulinge kamen. Schließlich schossen die Jäger dort besonders unberechenbar. Doch nun, nach anderthalb Tagen reiflicher Planung und Syalas Hilfe, sich zu tarnen, konnten sie einen Versuch wagen.

Schon bald rauscht der Wind durch die Bäume am Strand. Ängstlich kauerten sich die Jünglingen unter ihre Verstecke, während Ahsoka und Syala sich bereit machten. Das Rauschen einiger Speeder war jetzt ganz nah zu hören.

Jetzt!"

Gleichzeitig sprangen Ahsoka und Syala ab, die Macht zur Erweiterung ihrer Sprungkraft nutzend. Sie landeten rechts und links auf einem der Speeder, auf dem drei Trandoshaner standen. Zwei begannen sofort zu schießen, doch die Padawane konnten ausweichen. Die Torgruta schlug ihren Gegner ins Gesicht. Doch der Schlag war nicht kräftig genug, um ihn außer Gefecht zu setzen. Deshalb griff Ahsoka zur Macht, um ihn hochzuheben und über Bord zu werfen. Währenddessen hatte Syala mehr Probleme, der Trandoshaner hatte sie gepackt und hatte schon damit begonnen sie zu fesseln. Es wäre ihm auch beinahe gelungen, aber die zweite Padawan hatte sich auf ihre Fähigkeiten besinnt. Ranken schossen aus dem Dschungel hervor und schlangen sich um seine Beine und um Teile des Speeders. Das riss ihn zwar von den Füßen, aber sie auch. Hart schlug sie mit dem Kopf auf den Metallboden und ihr wurde kurz schwarz vor Augen.

Ahsoka war mittlerweile mit ihrem zweitem Gegner vom Speeder gefallen und führte den Kampf auf dem Boden fort. Die Jünglinge versuchten das Gefährt mit der Macht zum Landen zu zwingen. Es bewegte sich stark hin und her, doch die Trandoshaner hielten sich zu gut fest. Sie schafften es nicht, Syala rauszuholen. Die Homalianer schlug sich erneut mit ihrem Kopf gegen die Metallstreben, was sie endgültig bewusstlos werden ließ. Die Lianen, mit denen sie den Speeder gefesselt hatte, verschwanden und diesen Ruck nutzte der Pilot, um den Jedi zu entkommen. Verzweifelt mussten die jungen Jedi mitansehen, wie ihre Freundin entführt wurde. Und sie hatten noch immer keine Ahnung, wohin eigentlich.