Der Türsummer riss Garak aus seinen Grübeleien über eine weitere literarische Empfehlung des lieben Doktors. Seit sie sich regelmäßig zum Mittagessen trafen, hatte der Enthusiasmus des jungen Mannes, ihm die terranische Kultur schmackhaft zu machen, an Fahrt aufgenommen. Im Gegenzug bemühte sich Garak, dem Menschen eine differenzierte Sicht auf Themen wie Wahrheit und Lüge, und Recht und Unrecht zu vermitteln. Er hatte noch einen langen Weg vor sich.

Voller Elan erhob sich der Cardassianer und erteilte dem Computer den Befehl, die Tür zu öffnen, während er zum Ausgang schritt.

Erstaunt erhob er die Augengrate. „Jessica! Meine Liebe, ich bin erfreut, Sie zu sehen. Ich hatte schon befürchtet, Sie hätten die Station für immer verlassen. Treten Sie ein." Garak trat beiseite, um der Frau den Weg freizumachen.

Seit der gemeinsamen Rückkehr vor sieben Wochen, hatte er sie nicht gesehen und ihr Geschäft war mit dem Hinweis auf eine Reise verschlossen geblieben. Er hatte wirklich nicht damit gerechnet, die Frau wiederzusehen.

Jessica trat aus dem dämmerigen Gang, an Garak vorbei in das nur unwesentlich hellere Quartier. Sie wandte sich ihm zu und strahlte ihn an. Erst jetzt fiel dem Mann die Veränderung auf. „Jessica, die Narbe …" Sie nickte strahlend.

„Garak, ich bin Ihnen so dankbar. Und ich habe so viel zu erzählen!" Sie blickte sich im Quartier um. „Können wir … reden?"

Garak verstand den Wink und nickte lächelnd. „Für heute müssen wir kein Blatt vor den Mund nehmen. Setzen Sie sich und berichten Sie. Ich kümmere mich nur schnell um den Kanar."

„Es tut mir so leid, dass ich ohne ein Wort verschwunden bin, Garak, das müssen Sie mir glauben. In den ganzen Wochen habe ich oft an Sie gedacht, denn Ihnen verdanke ich, dass ich mich endlich wieder wie ein Mensch fühle. Erst wollte ich nur einige Tage von der Station verschwinden, um mit der neuen Situation und allem, was dazu geführt hat, ins Reine zu kommen. Und dann hat irgendwas klick gemacht, und ich habe mich in eine Reha-Einrichtung der Sternenflotte begeben." Sie nippte an dem Kanar. „Ich habe mir jede Narbe entferne lassen. Einige verletzungsbedingte Nervenschäden konnten behoben werden und ich habe einigen Sitzungen Gesprächstherapie zugestimmt." Sie sah Garaks entsetzten Blick und legte ihm schnell eine Hand aufs Knie. „Keine Sorge mein Freund, den wahren Grund habe ich vermieden. Für meinen Stimmungswechsel habe ich eine neue Liebe verantwortlich gemacht, und die Therapeutin war sehr gewillt, mir das zu glauben." Garak entspannte sich wieder und lächelte Jessica zufrieden an.

„Meine Liebe, ich bin so froh, dass ich Ihnen helfen konnte. Das versöhnt mich ein wenig mit den Grausamkeiten, derer mein Volk sich hin und wieder schuldig gemacht hat." Sein Blick wurde ernst. „Sie haben mich gerade ‚Freund' genannt …"

Jessica schlug sich eine Hand vor den Mund und riss ihre Augen auf. „Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten, ich weiß, dass Sie ein zurückhaltender Mann sind. Ich wollte nicht …, ich würde mich einfach freuen, wenn Sie in mir eine Freundin sehen könnten." Sie lehnte sich etwas zurück. „Sie wissen so viel mehr über mich, als andere und ich mag sie."

Garak nahm die Hände abwehrend hoch. „Meine Liebe, Sie haben mich missverstanden. Es ist nur so, dass Sie vermutlich die Einzige sind, die mich einen Freund nennen würde. Es ist ungewohnt für mich."

Jessica hielt Garak ihr Glas hin. „Nun dann, stoßen wir an auf die Freundschaft!"

Sie unterhielten sich angeregt, während die Stunden verstrichen, nur unterbrochen von Rom, der eine neue Flasche Kanar und ein paar Snacks lieferte, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass Quark diesen Service extra in Rechnung stellte.

„Garak, ich denke, ich schulde ihnen Dank und ich pflege, meine Schulden zu bezahlen." Garak winkte ab. „Sie schulden mir gar nichts. Streichen Sie diesen Gedanken ein für alle Mal."

Jessica schmunzelte. „Sind Sie sicher? Erinnern Sie sich noch an unser Gespräch auf dem Flug zum Mond? Sie interessierten sich für meine Piercings." Jessica stand auf und hielt dem überraschten Garak ein Hand hin. „Ich wäre bereit, ein weiteres Geheimnis mit Ihnen zu teilen."

Der Cardassianer hob einen Augengrat an und nickte. „Ich verstehe", sagte er bedächtig. „Nun, wenn das so ist, möchte ich Sie nicht in Gewissenskonflikte stürzen und akzeptiere die Begleichung Ihrer Schulden."

Er ergriff Ihre angebotene Hand und zog Jessica schmunzelnd auf seinen Schoß.