7. Steigende Spannungen


Recht kann man nur in bedrohten Lagen erkennen; wenn es da nicht gilt, taugt es nichts. Im Alltag, wo nichts vor sich geht, kann jeder ein Rechtsbewahrer sein." – Kurt Tucholsky


Panik würde nichts bringen. Das musste sich Sirius immer wieder ins Gedächtnis rufen. Allerdings war es unter den gegebenen Umständen verdammt schwer sich nicht nur daran zu erinnern sondern eben auch wirklich nicht in Panik zu geraten. Seit er den gefesselten Remus erblickt hatte, war er nur einen Augenblick von einer ausgewachsenen Panikattacke entfernt. Und die Tatsache, dass es keine Spur von Regulus gab, und die Behauptungen, dass Remus' Gefangenname nur Schutzengeln zu verdanken war, machten alles nur noch schlimmer.

Sirius wollte sich am liebsten in den Jenseitigen Garten begeben um herauszufinden, was das alles zu bedeuten hatte, aber zugleich konnte er Remus nicht im Stich lassen. Nicht, dass seine Anwesenheit besonders viel bringen würde. Er verstand ja auf logischer Ebene, dass Severus Remus nicht einfach so vor den Augen der Carrows mit Gewalt befreien konnte, allerdings wäre es ihm lieber, wenn der Zauberer es trotzdem tun würde. Remus' Leben war in Gefahr, ihm drohte Folter und Schlimmeres, und Snape … Snape tat nichts, außer Zeit zu schinden.

Sie hatten Remus aus der Großen Halle in das Büro des Schuldirektors geschafft. Snape hatte halbherzig versucht die Carrows wegzuschicken und angeboten den Gefangenen alleine zu bewachen, doch Alecto hatte ihm erklärt, dass sie ihn nicht alleine lassen konnte, da sonst im Falle von Remus' Flucht alle Schuld auf Severus zurückfallen würde, was wiederum Leland Lermark nur noch misstrauischer machen würde, weswegen sie sich weigerte ihn mit dem Gefangenen alleine zu lassen, und ihr Bruder wiederum weigerte sich sie mit Snape und dem Gefangenen alleine zu lassen, was bedeutete, dass sie die Carrows an der Backe hatten, ob sie wollten oder nicht.

„Du musst trotzdem riskieren was zu tun", zischte Sirius seinem Schützling zu, doch der schien das nicht vorzuhaben, ziemlich eindeutig nicht. Und wegen der Anwesenheit der Carrows konnte er Sirius' nicht einmal antworten.

„Im Krankenflügel befinden sich ein paar Tränke, die uns bei der Befragung von Nutzen sein könnten", meinte Snape dann zu Amycus, „Würdest du so gut sein sie für uns zu holen?"

Amycus funkelte ihn feindselig an. „Wenn du denkst, ich würde meine Schwester mit dir alleine lassen, dann irrst du dich!", erwiderte der Todesesser hitzig, „Wer weiß was du ihr dieses Mal wieder antun würdest?"

„Deine Paranoia wird wirklich immer schlimmer, Amycus. Wie oft muss ich dir noch versichern, dass ich Alecto nichts angetan habe?", entgegnete Snape.

„Solange bis es wahr wird, und das wird es niemals sein, also kannst du es dir sparen es weiter zu versuchen", schleuderte Amycus zurück.

„Es ist aber wahr", schaltete sich Alecto ein, „Er hat mir nichts angetan. Ich habe dir doch erklärt, dass wir ihn in einem Stück brauchen und warum."

Snape wandte sich nun an Alecto. „Natürlich könntest auch du die Tränke holen gehen", schlug er vor.

„Ja, das ist eine gute Idee, hör auf ihn", wandte sich Sirius ebenfalls an Alecto in der Hoffnung, dass es helfen könnte.

Alecto schien zunächst protestieren zu wollen, doch überlegte es sich dann scheinbar anders. „Nun gut, aber Amycus muss hier bleiben, damit du eben nicht mit dem Gefangenen alleine bist, Severus", meinte sie dann, und verließ tatsächlich das Büro. Sirius wartete einen Moment um sicher zu gehen, dass sie auch tatsächlich weg war, und meinte dann zu seinem Schützling: „Gut so, und jetzt verhexe ihn!"

Nur leider machte Snape keinerlei Anstalten Amycus Carrow zu verhexen. Dieser funkelte den dunkelhaarigen Zauberer feindselig an. „Was immer du mit Alecto gemacht hast, bei mir wird es nicht funktionieren!", verkündete er, und erstarrte im nächsten Moment dann, während ein abwesender Blick in seine Augen trat.

„Was….?"

„Ein stummer Imperius-Fluch", erklärte Severus, „Amycus, stell dich an die Türe und informiere mich, falls jemand kommt."

Amycus tat wie ihm geheißen worden war. Severus und Sirius beobachteten ihn besorgt. „Das wird nicht lange anhalten, sein Geist ist zu zerrüttet, er wird dagegen ankämpfen und gewinnen", meinte Severus, „Wir müssen uns beeilen."

Sirius versuchte seine aufgewühlten Nerven zu beruhigen, während Severus Remus von seinem Knebel befreite. „Was immer du vorhast, ich habe keine Angst vor dir, du Verräter", knurrte Remus, „Ich habe nicht vergessen auf welcher Seite du stehst…"

„Ich will dir helfen, Lupin, ob du es glaubst oder nicht", meinte Severus, „Weißt du irgendetwas von Potter?"

„Als ob ich dir das sagen würde", spottete Remus.

„Und von den anderen Mitgliedern des Ordens?"

Anstatt zu antworten spukte Remus ihm einfach ins Gesicht. Severus zuckte nicht einmal zurück. „Ich weiß ja, was du von mir hältst, aber dir muss klar sein, dass ich nur getan habe, was ich tun musste", erklärte Severus ruhig, „Ich habe dir bei Potters Verlegung geholfen."

„Du hast George ein Ohr weggesprengt!", schleuderte ihm Remus entgegen, „Das würde ich wohl kaum als helfen bezeichnen!"

„Das war ein bedauerlicher Unfall", informierte ihn Severus kühl.

„Und Dumbledores Tod? Der war wohl auch ein Unfall, wie?! Er hat dir vertraut, hat dich immer vor allen verteidigt, dir trotz deiner Vergangenheit eine neue Chance eingeräumt, und wie hast du es ihm gedankt?!", fuhr ihn Remus an, „Mit Mord hast du es ihm gedankt! Harry hat dir niemals vertraut, und er hatte rech damit - wir hätten auf ihn hören sollen!"

Severus schüttelte nur seinen Kopf. „Was ist mit deiner Frau? Wo ist sie? Warum bist du nicht bei ihr?", wollte er wissen, und Sirius durchzuckte ein scharfer Schmerz bei der Erwähnung von Remus' Ehe. Remus und Tonks …. Er hatte sein Bestes getan nicht mehr daran zu denken, und sich nun wieder vor Augen halten zu müssen, dass es kein böser Traum gewesen war, sondern wirklich passiert war, war mehr als nur ein wenig hart.

„Das geht dich gar nichts an", knurrte Remus.

„Sie muss inzwischen schon ziemlich schwanger sein", fuhr Severus fort.

Ein weiterer scharfer Schmerz durchzuckte Sirius, wenn er daran dachte. An das gemeinsame Kind.

„Bastard", brummte Remus nur.

„Nein, soweit ich weiß wird dieses Kind ehelich geboren werden", korrigierte ihn Severus unbeeindruckt, „Was dann aus ihm werden wird, ist natürlich eine andere Frage. Werwölfe können ihren Fluch an ihre Nachkommen weitergeben, nicht wahr?"

Nun knurrte Remus wirklich. Er klang mehr nach Moony als nach seiner menschlichen Form. „Ich frage mich, was Greyback zu diesem Thema zu sagen hat", sinnierte Severus, „Er wird den kleinen Welpen doch sicherlich in sein Rudel aufnehmen wollen…." Remus machte Anstalten aufzuspringen und sich auf Severus zu stürzen, doch noch während er hochsprang, wurde er von einem Zauber erwischt und wieder zu Boden gedrückt.

„Was treibst du da?!" Alecto kam zusammen mit ihren Bruder zurück ins Büro gehetzt. „Wieso beginnst du ohne uns mit der Befragung? Das hier ist der falsche Zeitpunkt um alte Rechnungen zu begleichen", meinte sie. Soviel zu Amycus als Torwächter, offenbar hatte der Imperius wirklich nicht lange gehalten.

„Ich wollte beginnen solange wir noch ungestört sind", meinte Severus, „Und es geht nicht um alte Rechnungen, es geht um psychologische Tricks."

„Psych – was?", wunderte sich Alecto.

„Muggelzeugs", meinte Severus, „Allerdings sehr wirksames."

Sirius schüttelte frustriert den Kopf. Er nahm an, dass Severus gehofft hatte Remus so weit provozieren zu können, dass dieser ihn tatsächlich angreifen würde, und in weiterer Folge fliehen könnte, doch leider war Alecto zu früh wieder aufgetaucht. Da sie mit leeren Händen zurück gekommen war, war sie offenbar niemals zum Krankenflügel gegangen.

„Wo sind die Tränke, die du holen solltest?", wollte Severus von ihr wissen.

„Die wird sie nicht brauchen." Leland Lermark schob sich hinter Alecto ins Büro. „Ich habe mit dem Dunklen Lord gesprochen. Er überlässt diesen dort …" Er nickte in Remus' Richtung. „… unserer Expertise. Wir sollen ihn nicht töten, aber wir sollen damit beginnen ihn zu befragen."

„Wofür ich die Tränke gebraucht hätte", ergänzte Severus.

„Ihr braucht keinen Kräuterzauber, wenn ihr einen Alpha habt." Fenrir Greyback schob sich ebenfalls in das Büro. Remus Augen weiteten sich bei seinen Anblick.

„Oh ja, und den hab ich auch aufgelesen", erklärte Lermark, „Er war gerade vor Ort, wenn man so will. Und wie du richtig vermutet hast scharf darauf mitzukommen."

Greyback nickte Snape zu, und dann fixierte er Sirius mit einem wissenden Blick. Anders als Lermark wusste dieser hier eindeutig um seine Anwesenheit. Sirius warf ihm einen wütenden Blick zu. „Wenn du es wagst Remus weh zu tun, dann….", begann er, doch Greyback grinste nur. Er warf einen schnellen Blick auf Remus.

„Dieser da wird mir Dinge sagen, die er euch niemals sagen würde. Weil ich sein Alpha bin. So einfach ist das", verkündete er, „Er hat sich in mein Rudel eingeschlichen um uns auszuspionieren, aber in Wahrheit hat er sich damit für immer an uns gebunden. Natürlich ist er ein … sturer kleiner Wolf, aber ich habe Mittle und Wege um ihn zum Reden zu bringen."

„Wage es nicht!", keifte Sirius ihn an. Er wollte gar nicht wissen was für Mittel und Wege das waren, auf die Greyback da anspielte. Aber nach allem, was Sirius über Greyback wusste, waren es sicherlich keine angenehmen Mittel und Wege.

„Sirius Black, denk an unsere Befehle!" Sirius Kopf fuhr zu einem Mann herum, der ihn dunkel bekannt vorkam, der neben Greyback aufgetaucht war. Offenbar handelte es sich um Greybacks Schutzengel. „Wir mischen uns nicht ein, vergiss das nicht", fuhr der andere Schutzengel fort.

„Wir sind unseren Schützlingen verpflichtet! Und mein Bruder ist diesem hier verpflichtet und würde niemals zulassen, dass ihm ein Leid geschieht, wenn er es verhindern könnte! Aber dass er nicht hier ist, sagt mir, dass ihr anderen ihm etwas angetan habt um seinen Schützling Leid antun zu können! Muss ich mich auf diese Behandlung ebenfalls einstellen?!", wollte er wütend wissen.

Der Schutzengel nickte in Remus' Richtung. „Diesem wird kein dauerhafter Schaden zugefügt werden. So lautet der Deal. Deinem Bruder geht es gut. Du kannst dich selbst davon überzeugen, wenn du möchtest", behauptete er.

„Ich glaube dir kein Wort", widersprach Sirius, „Und wenn ihr denkt, dass ich daneben stehe, während ihr Remus wer-weiß-was antut, dann…."

Weiter kam er nicht.

WUSCH.

Er fand sich von einem Moment auf dem anderen im Jenseitigen Garten wieder. Zusammen mit Greybacks Schutzengel. „Was?!"

„Es stand immer zu befürchten, dass du nicht in der Lage sein würdest mit dieser Situation umzugehen. Genau wie dein Bruder", sagte der andere Schutzengel, „Und da du das offenbar nicht bist, haben wir dich aus ihr entfernt."

„Was? Nein … Severus braucht mich, meinen Rat, meine Unterstützung, besonders jetzt! Ihr könnt nicht einfach…", protestierte Sirius, doch der andere Schutzengel machte eine herrische Geste.

„Für unser Ziel wieder Freiheit zu erlangen müssen wir bereit sein Opfer zu bringen, und da du nicht in der Lage bist dieses spezielle Opfer zu bringen, müssen wir es für dich bringen." Sirius wurde von zwei ihm fremden aber besonders kräftigen Schutzengeln gepackt. „Was? Was geht hier vor?!", wollte er empört wissen.

„Deinem Werwolf und deinem Schützling wird nichts zustoßen, Sirius", versicherte ihm Greybacks Schutzengel, „Aber du nicht bereit bist uns zu vertrauen, was das angeht, müssen wir dich eben dazu zwingen darauf zu vertrauen, dass wir über sie wachen."


A/N: Nun, da es sich um Sirius handelt, musste es früher oder später so kommen, nehme ich an.

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