Kapitel 36 – Loser

Endlich hatte er einen Plan. Um diesen in die Tat umzusetzen, musste er nur noch Riddle finden. Den dunklen Lord… Er schüttelte sich. Nein! Nun durfte die Angst nicht die Überhand gewinnen. Hastig drehte er seinen Kopf in alle möglichen Richtungen. Wo musste er hin? Überall konnte er nur die grauen Flure sehen, denn ein Fideliuszauber war auf die Räume geworfen worden, die er nicht betreten sollte. Wie sollte er da nur Riddle finden?

Draco ballte seine Hände. Er durfte nicht aufgeben, nicht so schnell. Einen Weg musste es geben, diesen Zauber zu umgehen, der, weil er auf einem Gebäudeteil lag, auch nicht so stark war. Irgendwie musste er ihn überlisten können. In Gedanken ging er schnell viele Unterrichtsstunden durch und musste feststellen, dass er nichts über den Fideliuszauber behalten hatte. Selbst wenn, seit Wochen eierte er hier rum und es hatte ihn nirgends hingeführt. Draco schnaufte. Er hatte nur eine Idee, die effektiv, aber auch laut war. Es ging nicht anders, sowieso blieb ihm nicht viel Zeit. Bald würde ihn jemand entdecken. Die Versteckmöglichkeiten für ihn waren nicht groß.

Er hob den Zauberstab. „Expulso!"

Die gegenüberliegende Wand fiel in Trümmern, die sich bis zu Dracos Füße verteilten. Doch durch das entstandene Loch konnte er in das dahinterliegende, verborgene Zimmer schauen. Es stellte sich als völlig leer raus. Nun musste er eilig vorgehen. Dieser Krach würde nicht unbemerkt bleiben.

Expulso!"

Wieder krachte eine Mauer zusammen. Der dahinterliegende Raum war wiederum leer. Draco schnappte nach Luft, als sich die danebenliegende Tür öffnete und Astoria hinausstürmte. Sie hatte augenblicklich eine Kampfhaltung eingenommen, doch wartete auf seinen ersten Angriff. Er schnaubte und warf noch einen Explosionsfluch auf die nächste Wand. Es schepperte und sie stürzte ein, doch als er hineinblickte, fand er schon wieder keine Person vor.

„Höre auf, Draco!", rief Astoria ihm zu.

„Verzieh' dich!"

„Das ist deine letzte Warnung!"

Expelliarmus!"

Sein Zauber verpuffte an ihrem Schild. „Draco!"

Er knurrte und feuerte einen weiteren ab, dem sie jedoch wieder ausweichen konnte. Dann setzte sie zur Gegenoffensive an. Astoria schleuderte ihm einen Schockzauber entgegen, doch Draco warf sich auf den Boden und entsandte von dort einen Fluch. Dieser entpuppte sich als so großflächig, dass sie ihm nicht, wie zuerst gedacht, mit einem Schritt zur Seite ausweichen konnte. Ihr hektischer Protego schützte sie nicht, in ihrer Hast hatte sie ihn falsch ausgeführt. Sie wurde erfasst und in die entgegengesetzte Richtung katapultiert. Mit ihrem Rücken knallte sie auf die Mauerteile, ächzte und blieb reglos liegen.

Draco sprang auf die Füße und wischte sich den Angstschweiß von der Stirn. Schwankend, weil seine Beine sich taub anfühlten, lief er ihr entgegen. Erleichtert atmete er aus, als er erkannte, dass ihre Augen sich bewegten. Panisch blickte sie hin und her, stöhnte und versuchte sich aufzurichten. Wimmernd rutschte sie auf den Knien hin und her. Als Astoria zu ihm hochsah und in sein finsteres Gesicht blickte, spiegelte sich Furcht in ihrem.

„Draco!", flehte sie und zitterte.

Er baute sich bedrohlich vor ihr auf. „Entschuldige", sagte er und biss sich auf die Lippe. Der Schmerz band ihn an die Realität. „Es ist notwendig. Imperio!"

Mit Staunen konnte er beobachten, wie ihre Pupillen sich weiteten und das Bewusstsein aus ihren Augen floh. Ihr Gesichtsausdruck wurde leer. Ihre Haltung erschlaffte ein wenig, wie bei einer Puppe, die an dünnen Drähten hing. Sie wartete darauf, seine Befehle zu erhalten.

„Zeig mir, wo ihr Riddle festhaltet!"

If you call this winning, why do I feel like a loser?

Yeah, yeah, look what you've become

Yeah, yeah, all the damage done

Die Kälte zog an seinem Körper wie ein bissiger Hund. Alles was noch nicht abgefroren war, wurde allmählich taub, doch gleichzeitig stieg die Schmerzintensität. Riddles Kopf schwirrte umher, ohne sich zu bewegen. Er wankte, obwohl er am Boden lag. Dazu kamen die schweren Fesseln an seinen Handgelenken und Knöcheln, die daran zerrten, ihn hinabzogen und die jede noch so kleine Regung zu einem Kampf machten. Die Abwärtsbewegung, die er spürte – ein ewiger Fall … Es ergab keinen Sinn, doch er merkte es nicht. Die Übelkeit hatte ihn fest im Griff und gleich, wie sehr er sich anstrenge, er konnte sich nicht konzentrieren. Je näher die Dementoren kamen, je mehr ihre kühle Präsenz den Raum ausfüllte, desto flatterhafter war sein Geist. Er mit seinem sowieso schon labilen Zustand war nicht geschaffen, dies allzu lange auszuhalten.

Die Dementoren – sie kamen näher und näher. Wenn er nur nach einem Ausweg suchen könnte …

Es blieb nicht mehr viel Zeit. Grindelwald würde sich seiner genauso wenig erbarmen, wie er es an seiner Stelle getan hätte. Der Kuss eines Dementors, das Dasein als seelenlose Hülle erwartete ihn.

Mit heftigem Krach flog auf einmal die Tür aus den Angeln und knallte auf den Fußboden. Ein Windstoß blies Riddle stark ins Gesicht und jagte einen eiskalten Schauer über seinen Rücken. Oder hatte er schon wegen der schwarzen Wesen gezittert? Er konnte es nicht sagen. Seine Wahrnehmung war verzerrt und mit Schmerz gefüllt.

Zwei Beine schoben sich in sein Sichtfeld. Er schielte nach oben.

„Rid- … mein H- … Vol ...", stammelte Draco Malfoy, der gerade noch einen heldenhaften Auftritt hingelegt hatte. Schließlich verstummte er.

Riddle versuchte sich aufzurichten, doch es klappte nur kläglich. Knirschend biss er die Zähne aufeinander. Nicht nur sein Körper bebte. Auch der des jungen Malfoys schien außer Kontrolle geraten zu sein. „Was ist?", krächzte er unwirsch und konnte beobachten, wie sein Gegenüber zusammenzuckte. Doch er konnte es nicht genießen. Das Leben floss aus ihm heraus. Wenn er nicht bald eine Lösung fand…

Er hatte keine Magie mehr, die ihn schützen konnte. Er war Grindelwald ausgeliefert. All seine Horkruxe waren zerstört. Nagini, mit abgeschlagenem Kopf und malträtiert, hatte er im Herrenhaus der Malfoys gesehen. Er war sterblich. Das Klügste wäre es, die Beine in die Hand zu nehmen und zu verschwinden, doch er konnte nicht einmal aufstehen.

Plötzlich näherten sich wieder Schritte. Sie waren zu leicht, als dass sie von Grindelwald stammen konnten. Ihr Gang war beinahe federnd, ein wenig schlürfend. Dann, ganz langsam, betrat Astoria den Raum und hielt vor Malfoy inne. Sekunden verstrichen und nichts geschah. Keiner äußerte einen Ton. Sie wartete. Draco verharrte stumm und mit sich hadernd. Er wusste wohl nicht, was zu tun war und traute sich nicht, den Mund aufzumachen.

„Du hast sie mit einem Imperius belegt", sagte Riddle.

Draco nickte argwöhnisch, als würde er seinem eigenen Gehirn misstrauen. Er schnalzte mit der Zunge, leckte über seine Lippen und legte sich die nächsten Worte gut zurecht. Oder es kostete ihn Überwindung. Den Unterschied konnte Riddle nicht mehr ausmachen. „Ich bin hier, um dir einen Deal anzubieten."

Riddle presste die Lippen aufeinander. „Du wirst dich beeilen müssen. Es bleibt nicht mehr viel Zeit."

Nervös strich Draco mit dem linken Fuß umher. „Ich will -" Er biss sich von innen in die Wange. „Ich will Grindelwald, oder wer auch immer das sein mag, aufhalten. Ihn und Dolohov – das Gift, dass sie in den Händen halten, ist eine Gefahr für die gesamte magische Gesellschaft und für die Reinblüter im Allgemeinen." Dolohov hasste die Malfoys. Der Junge fürchtete wohl besonders, dass es seine Familie treffen würde. Auch wenn Dolohov dem jungen Malfoy momentan wohlgesonnen war, hieß es nicht, dass dies für immer so blieb. Beiden war dies bewusst. Draco schluckte und blickte bange, doch er fuhr fort: „Wenn Sie schwören, mir dabei zu helfen … – mir zu assistieren, bis es beendet und die Gefahr ein für alle Mal gebannt ist, befreie ich Sie. Unter der Voraussetzung, dass Sie niemanden mehr töten."

Die Worte hatten Gewicht. Sie hallten durch den Raum und pressten Riddles Rücken herunter und die Luft aus seinen Lungen. Tief atmete er ein und aus, aber es machte seinen Sauerstoffmangel nicht besser. „Das ist wahnsinnig!" Die Übelkeit stieg an.

„Wir haben nicht viel Zeit", sagte der Junge theatralisch. „Nehmen Sie es an und ich helfe Ihnen. Es sieht nicht gut aus für Sie. Ich denke, die Dementoren kommen wegen Ihnen hierher."

„Willst du nicht wissen, was ich habe? Weswegen ich so schwach am Boden liege und krächze?"

Draco zögerte. „Ich bin mir sicher, dass es nichts ist, was Sie nicht überwinden können. Ich weiß zu gut, was Sie alles bereits getan haben."

Ein japsendes Geräusch entfloh Riddles Kehle und sein Mageninhalt folgte. Der Gestank seines Erbrochenen stieg in die Nase und er verkrampfte, um es nicht zu wiederholen. Es nützte nichts, ein zweiter Schwall folgte. In allerhöchstem Grade war er von sich selbst angeekelt. Er richtete seinen Blick auf den Malfoy, der schüttelnd auf die Pfütze starrte, aber nicht von seinem eben Gesagtem abweichen zu wollen schien. „Deine Gegenleistung ist zu wenig!"

„Niemals!", schrie Draco verzweifelt. „Ich biete Ihnen Ihr Überleben! Wollen Sie sich umbringen? Wie können Sie das nur ablehnen?"

Er konnte eben geschickt verhandeln. „Ich bin schon einmal von den Toten zurückgekehrt."

Der Malfoy wurde hektisch. Er begann auf- und abzulaufen und das Mädchen zu umkreisen. Immer wieder tippte er mit seinen Füßen unnötig auf den Boden. Mit seinen Händen fuhr er sich durch die Haare und schlug sich gegen den Kopf. Oder umgekehrt. „Was wollen Sie?"

„Ich sage es dir:" Riddle holte tief Luft. „Du wirst mich befreien und dann können wir verhandeln. Niemals werde ich schwören, Grindelwald aufzuhalten und keinen mehr zu töten." Er lachte, doch es war er ein verächtlicher, heiserer Laut. „Überhaupt werde ich nicht versprechen, niemanden mehr zu töten. Ich muss mich verteidigen können, mindestens. Da setze ich lieber auf mein fragwürdiges Glück."

„Nein..." Draco hielt inne. „Das würden Sie nicht tun … – Ich bin ihr Glück … Das wissen wir beide genau."

„Wie wichtig ist dir, dass Grindelwald aufgehalten wird?"

„Hören Sie auf." Er stemmte die Hände in die Hüften. „Sie verhandeln mit mir, ihre Situation ist mehr als prekär. Daher: Wir schließen einen unbrechbaren Schwur. Ich befreie Sie aus den Ketten und trage Sie raus, während Sie mir helfen, Grindelwald ein Ende zu setzen und mich zu beschützen."

„Beschützen?" Gallig spuckte er das Wort aus. „Ich – dein persönlicher Wachdienst?"

„Solange Grindelwald nicht aufgehalten ist. Danach sind Sie ein freier -" Draco verstummte, ballte die Hände, doch dann fuhr er fort. „Unser Deal würde nur bis zu Grindelwalds Ende gelten. Dann ist er hinfällig. Aber ich brauche Schutz, ansonsten werde ich gleich wieder gehen und keinen Finger rühren. Ich riskiere doch nicht mein Leben für nichts und wieder nichts."

Riddle legte seinen Kopf auf seine Arme und stieß einen langen Seufzer aus. Er strengte sich an, einen anderen Ausweg zu finden, als den hier angebotenen, zu finden. Doch die Gedanken schwirrten haltlos in seinen Kopf umher. Er stürzte in einen Abgrund, obwohl er steif am Boden lag. Er fiel schon seit Minuten, wenn nicht gar Stunden, doch es war kein Grund zu sehen. Die Dunkelheit, die ihn mehr und mehr umfing, lechzte danach, ihn mit Haut und Haaren zu verschlingen. Das Angebot war nicht billig. Alle möglichen Gedanken unkonzentriert anreißend, kniff er die Augen zusammen. Würde er es bereuen, nicht alles Mögliche getan zu haben?

Wahrscheinlich. Vertane Optionen schmerzten am meisten. Es gab auch keinen anderen, sichereren Weg – es gab überhaupt keinen. War es so schlimm, sich mit dem jungen Malfoy zusammenzuschließen? „In Ordnung", hauchte er und hob den Kopf. Sein Nacken schmerzte. „Ich bin dabei."

Draco sah erstaunt aus. Ein kurzer Anschein von Erleichterung stahl sich auf sein Gesicht. Gefolgt von Argwohn. „Wenn ich Sie jetzt losmache – ..."

„Wo soll ich hin?", zischte Riddle. Die Wahrheit war, der Junge würde ihn mindestens stützen, wenn nicht gar heraustragen müssen. „Beeilung!"

„Astoria!", rief er und seine Puppe reagierte sofort. Mit dem Schwung seines Zauberstabs entfernte Malfoy Riddles Fesseln und mit einem weiteren Handgriff hatte er ihn auf die Füße gezogen.

Tatsächlich! Er schwankte hin und her und drohte wieder zu Boden zu fallen. Seine Beine waren zu schwach, um allein stehen zu können. Beinahe in Zeitlupe kippte er um.

Draco schlang einen seiner Arme um Riddles Schultern und hielt ihn in der Senkrechten. Sie waren sich einander so nahe, dass ihre Körper einander wärmten. Der Junge hielt seine Hand hin. Auf Dracos Seite gestützt, schlug Riddle mit seiner freien ein.

Astoria, die sich mit leerem Blick vor die Beiden gestellt hatte, hob den Zauberstab und murmelte die Formel. Immer wieder und wieder. Dünne, weiß scheinende Schlieren erschienen und zogen sich um ihre Gelenke. Es surrte leise.

„Ich befreie Sie und bringe Sie nach draußen."

„Ich bekämpfe mit dir Grindelwald oder die Person, die sich als Grindelwald ausgibt und schütze dich solange, bis wir gesiegt haben. Du im Gegenzug, verrätst niemanden meine Identität oder unternimmst irgendetwas, um mir zu schaden, abgemacht?"

Der Junge presste die Lippen zusammen. Das hatten sie nicht abgesprochen gehabt. So auf den letzten Augenblick noch etwas reinzuschieben, erschien Draco reichlich ungerecht. „Wenn Sie im Gegenzug schwören, mir nie etwas anzutun."

Riddle verkrampfte sich. Das ging sichtlich gegen seinen Strich. Geräuschvoll atmete er ein und aus. Er legte sich mit dem dunklen Lord an. Sein Herz schlug bis zum Hals. „Abgemacht", sprach Riddle monoton.

Testor", sagten sie im selben Atemzug.

Es war besiegelt.

Astoria ließ auf Geheiß ihren Zauberstab sinken.

„Ich wusste nicht, dass man den Vollzieher des unbrechbaren Schwurs unter einen Imperius stellen kann, aber ich habe es einfach mal probiert", sagte Draco und sein Blick war an das Mädchen geheftet.

Es war eine gute Leistung. Riddle nickte. „Wir müssen los."

Draco wies Astoria an, ihnen den Weg nach draußen zu zeigen. Sie waren nur noch Minuten von einer erfolgreichen Flucht entfernt.

Oh, I don't really think

that you will ever understand

The person that I was,

the person that I am,

I'm different now

You're distant how,

will we ever work this out?

„Achtung, fallen Sie nicht über die Steine", warnte Draco. Den Blick immer auf die Füße gerichtet, versuchte er das Gespann durch den Schutt zu dirigieren, auf dass sie bald apparieren konnten. Mit Riddles Körper, der schwer auf seiner Schulter lag und Astoria, die er führen musste wie einen Hund, kamen sie nur langsam voran.

„Wir müssen uns beeilen", sagte Riddle, als wäre er nicht der Klotz am Bein. Wahrscheinlich merkte er nicht einmal, dass er derjenige war, der die Gruppe aufhielt.

„Dann laufen Sie schneller!" Augenblicklich biss Draco sich auf die Zunge. Er hatte gerade den dunklen Lord angebellt. Der Umstand, dass er einen unbrechbaren Schwur geleistet hatte, ihn zu schützen und nicht zu töten, wog ihn nicht in Sicherheit. Solch ein gefährlicher Mann war er. Auf jeden Fall würde er nach einem Schlupfloch suchen und es würde seinem Ruf entsprechen, auch eins zu finden. Draco musste schlucken.

Hatte sich seine Todeswahrscheinlichkeit gerade erhöht?

Gleich, wie die Antwort lautete, er hatte nichts mehr zu verlieren. Sollte der dunkle Lord – sollte Riddle einen Weg aus dem höchstabgesicherten, magischen Vertrag herausfinden, war Draco des Todes sicher. Da musste er sich nicht anstrengen und sich versöhnlich verhalten. „Ja, laufe schneller. Ich werde dich nicht mehr siezen, wir sind gleichberechtigte Partner in diesem Deal."

Riddle schnaufte abfällig. „Darüber können wir uns unterhalten, wenn wir den Weg aus diesem Gemäuer herausgefunden haben. Psst!"

Augenblicklich bewegte sich Draco noch leiser und langsamer. Er hasste sich dafür, dass er so widerstandslos, wie aus einem Reflex den Befehlen folgte. Doch der Ton der näherkommenden Schritte ließ ihn aufhorchen und seine zweifelnden Gedanken beiseiteschieben. Neben dem gefährlichen Riddle, mit dem er sich trotz allem noch arrangieren würde, Grindelwald, der sie jeden Moment aufhalten könnte und seinen nagenden Selbstzweifeln war da noch ein anderes Problem.

Dieses marschierte gerade mit vielen Beinen direkt auf sie zu. „Wir sollten umdrehen...", flüsterte Draco zu seinem Gefährten, in der Hoffnung, dass es noch nicht zu spät war. Er wusste, dass seine Handlungen fragwürdig gewesen waren. Gleich würde er sich dafür rechtfertigen müssen. Dabei konnte er sie sich noch nicht einmal selbst erklären.

„Das denke ich auch."

Sie hatten noch nicht einmal eine 90-Grad-Wende vollzogen, da schallte es von hinten: „Draco?"

Die Stimme seines Vaters. Seine Beine versagten den Dienst und Draco verfluchte sich dafür.

„Draco?" Auch Granger war dort und zog den Weasley hinter sich her. Colin Creevey und Slughorn folgten. „Sag nicht, du hast ihn befreit?" Sie warf einen erbosten Blick auf den Mann, der an seiner Seite hing. Röte schoss in ihre Wange und ihre Arme spannten sich so eng um Weasleys Körper, dass er schmerzhaft zusammenzucken würde, wäre er nicht so apathisch.

„Ich… I-Ich...", stammelte Draco. Die geballte Übermacht an Personen, die vor ihm stand und ihn für seine Tat verurteilte, ließ ihn verstummen. Als wäre er geschlagen worden, blickte er auf seinen Vater. Tatsächlich hoffte er, dieser würde sich um ein Wort der Versöhnung bemühen.

„Was hast du dir dabei gedacht?" Es klang nur wie eine Frage, doch es war ein Vorwurf. Die Tonlage ließ keinen Zweifel daran, dass sein Vater ihm unterstellte, er habe aus einer Schnapsidee heraus gehandelt oder gar nicht nachgedacht.

Draco sammelte seine Wut. Sie verlieh seiner Stimme eine Vehemenz, die er in einem Herzen vergeblich suchte. „Ich hatte einen Plan."

„Willst du uns alle umbringen?"

„Nein..."

Riddle schnaufte und dies lenkte die allgemeine Aufmerksamkeit von Draco weg.

Ein wenig erleichtert atmete Draco auf, doch es reichte nicht für Dankbarkeit. Dieser Mann an seiner Seite … hatte Unbeschreibliches getan. Die Nähe zu ihm, die physisch unzweifelhaft da war, schmerzte Draco. Sein Vater hatte Recht, er würde Recht haben mit allen Vorwürfen, die er noch gegen seinen Kopf schmettern würde. Grangers Verachtung war berechtigt. Er hatte einen Bund mit dem Teufel geschlossen. Wie sollte er ihnen seine Beweggründe da erklären können? Leere breitete sich in seinem Kopf aus, wenn er versuchte, darüber nachzudenken. Sie hatten wenigstens einen Versuch verdient.

„Der Worte sind genug gewechselt. Wir müssen hier fort, bevor Grindelwald zurückkommt", zischte Riddle.

Ihn trafen verwirrte Blicke. Die Tatsache, dass er augenscheinlich auf Hilfe angewiesen war, stand prägnant zwischen ihnen und war nicht zu übersehen. Nun, wo jeder wusste, wer er war, war Feindseligkeit die einzige Devise. Die Nähe der Beiden ein Dorn in den Augen eines jeden. Es traute sich nur keiner, Draco von Riddle wegzuziehen. Auch Lucius rührte Draco nicht an. Die Menge zitterte, doch sie setzten sich zähneknirschend in Bewegung. Sie mussten flüchten.

„Weißt du, wie wir hinauskommen, Draco?", fragte Granger und betonte seinen Namen. Ihr Blick starrte in sein Gesicht, nur um nicht in Riddles dunkle Augen sehen zu müssen. Draco wusste dies und konnte es nachvollziehen. Immer, wenn er sich der Person neben ihm gewahr wurde, im Sekundentakt also, bekam er weiche Knie.

„Ja, Astoria wird uns den Weg zeigen."

Sie hatten innegehalten und wie eine Marionette auf Befehle gewartet. Als Draco seinen Kopf neigte, lief sie weiter und gewann mit jedem Schritt an Geschwindigkeit.

„Haben Sie das Mädchen unter einen Imperius gestellt?", fragte Slughorn erschrocken von hinten.

Ohne sich umzudrehen, presste Draco die Lippen aufeinander. „Beeilung", sagte er statt einer Rechtfertigung.

„Draco ...", hauchte sein Vater.

Draco konnte ihm nicht mehr ins Gesicht sehen. Hinter seiner Stirn pochte es. Ihm wurde heiß und kalt gleichzeitig. Er spürte Zorn, wie ein Feuer auf seinen Lippen brennen und die Scham vernebelte seine Sicht. Die Angst ließ seine Knie schlottern und seine Hände zitterten vor Stolz. Da war etwas, was nur er zu tun sich getraut hatte. Vielleicht war es falsch gewesen, wer wusste das schon, aber der Deal mit Riddle bot ihm viele Möglichkeiten. Es war noch nichts verloren. Er musste nur aufhören, sich darüber Sorgen zu machen. Astoria war ein Kollateralschaden gewesen, aber sie hätte an seiner Stelle dasselbe getan. „Lass die Vorwürfe. Ich weiß genau, was ich getan habe", zischte er Lucius an, der vielleicht gar nicht sein Vater war.

Lucius' Mimik verhärtete sich. „Löse den Fluch, Draco. Sie ist noch ein halbes Kind."

„Sie steckt mit Grindelwald unter einer Decke."

„Sie ist fünfzehn."

Er bemerkte, wie sein Vater zu Granger sah. Wieso machte er das? Es sah beinahe so aus, als würde er nach ihrer Bestätigung suchen oder sich vergewissern, dass sie seine Worte mitbekam. Dabei standen sie sich doch nicht nah! Draco schüttelte den Kopf – er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken.

„Wir müssen weiter!", warf Granger nur ein.

Einige nickten. Andere suchten bereits nach dem Ausweg. Draco schob seine Gedanken beiseite.

„Wo wollt ihr denn hin?"

Vor ihm war Grindelwald aufgetaucht. Überheblich grinsend stand er vor der Gruppe.

Diese rückte enger zusammen, auch wenn sie zu Draco und Riddle eine Armlänge Abstand hielten. Zahlenmäßig waren sie dem Einzelnen weit überlegen, doch nur er, Draco, hatte einen Zauberstab. Er ließ Riddle los, der sich krümmte und zur Seite kippte. Seine Beine knickten ein, als wären sie aus Gummi. Sie würden es nicht gemeinsam herausschaffen … – Er konnte nicht kämpfen oder ein Schutzschild aufrechterhalten und gleichzeitig Riddle hinaushelfen. Dabei hatte er geschworen, genau dies zu tun. Er biss die Zähne zusammen. Auch wenn es seinen innersten Instinkten und der allerersten Duellregel widersprach, es gab keine andere Möglichkeit.

„Vater", es schmeckte schal auf seiner Zunge, aber das war momentan nicht wichtig. „Hier!" Schnell überreichte Draco seinen Zauberstab an Lucius. Dieser war so verwirrt von der Aktion, dass er den Stab ohne Widerworte in die Hand nahm. „Verteidige uns, ich kümmere mich um den Fluchtweg." Mit Riddle und Astoria stellte er sich hinter die Gruppe. Den Anschuldigungen, dass er sie alle als menschliches Schutzschild gebrauchen würde, würde er sich später stellen.

Schon musste Lucius den ersten Fluch abwehren. Dieser zerstaubte an dem heraufbeschworenen Protego.

„Astoria, wie kommen wir hier raus?", fragte Draco atemlos. „Führe uns raus. Sofort!"

Granger und Weasley stolperten zu ihm hin. „Los, los!"

Wie ferngesteuert streckte Astoria den Arm aus. Ihr Zeigefinger zeigte direkt auf Grindelwald.

„Verdammt!", fluchte Draco. Granger seufzte. „Er versperrt den Weg."

„Gibt es nicht noch einen anderen?", fragte sie und er gab die Frage an Astoria weiter.

Diese schüttelte den Kopf.

Verzweifelt biss er auf seinen Lippen herum. Sie saßen in der Falle. Sein Vater musste Grindelwald im Eins-zu-eins-Duell besiegen.

„Wir können hier nicht einfach rumstehen", gab Granger zu bedenken. „Wir sollten die anliegenden Räume absuchen. Vielleicht finden wir sogar unsere Zauberstäbe. Er wird sie unmöglich alle am Mann haben."

„Wenn ihr euch verteilt und Grindelwald schafft es, Lucius auszuschalten, kann er euch alle einzeln aufspießen. Macht es ihm nicht zu leicht", warnte Riddle. Um nicht umzufallen, verstärkte er den Griff um Dracos Arme, so sehr, dass dieser vor Schmerz zischte.

„Dann bleiben wir zusammen", sagte Granger grimmig. Sie warfen einen Blick auf Lucius, der gerade wieder einen Fluch abwehrte. Er verteidigte sich mehr, als dass er angriff. Dies ließ niemanden auf etwas Gutes hoffen. Sie zitterten vor Furcht. Draco spürte es.

Grindelwald legte noch einen Zahn zu. Er schoss eine Salve von Flüchen ab, die so grün und intensiv schimmerten, wie es dem Todesfluch zu eigen war. Es stand außer Frage: Würde einer dieser Strahlen auf Lucius treffen, hätte seine letzte Stunde geschlagen. Die Flüche waren stark und geschickt angeordnet. Nach den ersten dreien wurde der breitflächige Protego, den Lucius heraufbeschworen hatte, um sich und alle anderen hinter ihm zu schützen, brüchig. Plötzlich waren sie ohne Schutz. Doch der nächste Todesfluch folgte schon, ohne dass Zeit war, einen neuen Protego zu sprechen. Im letzten Sekundenbruchteil konnte Lucius sich zu Boden werfen. Der Strahl schoss über seinen Kopf hinweg. Er blieb unversehrt.

Der Todesfluch jedoch, unaufgehalten, flog weiter.

Direkt in der Schussbahn stand Draco.

Er ächzte noch, als ihn der Zauber in die Brust traf. Er spürte einen ziehenden Schmerz in der Eintrittsstelle. Schreie drangen an sein Ohr, doch bis er die Bedeutung verstand, schlug sein Herz nicht mehr. Alles um ihn wurde finster. Wie ein Sack fiel er zu Boden. Ein zweiter dumpfer Knall, gleich neben ihm, war das allerletzte, was er merkte.

Run, my dear,

as fast as you can

You killed me here,

the blood's on your hands

Das Geschehen schien sich in Zeitlupe abzuspielen. Eine Katastrophe folgte der nächsten. Hermine hatte gerade noch einen Plan geschmiedet und sich in einer kurzen Diskussion mit Voldemort und Draco gemessen, da war es passiert. Grindelwald, als ausgesprochen gewiefter Duellant, hatte Lucius in die Knie gezwungen. Dieser warf sich zu Boden, um dem Todesfluch, der für ihn bestimmt war, zu entgehen.

Trotzdem traf der Strahl.

Er traf Draco in die Brust.

Mit einem erstickten Laut sank er zu Boden und blieb dort regungslos, nein, leblos, liegen. Die Augen waren aufgerissen, glasig und starrten ins Leere.

Hermine wurde schlecht.

Dann, bevor sie sich gewahr werden konnte, eilte das nächste Unglück heran. Der Tod eines Menschen war immer eine Tragödie, dies sollte auch für einen Massenmörder gelten.

Kaum hatte Dracos Körper den Boden berührt, begann auch Riddle zu zucken. Er krümmte sich und schnappte nach Luft. Umfallend stützte er sich an der Wand ab, rutschte langsam an ihr zu Boden und quälte sich. Es dauerte ungefähr eine halbe Minute, dann sank er in sich zusammen und war ebenso reglos wie Draco.

Zwei Tote.

Ein Schrei hallte durch die Mauern. Lucius hatte sich umgewandt und seinen Sohn am Boden liegen sehen. Hermine biss die Zähne zusammen. Das konnte alles nicht wahr sein! Es kam ihr so realitätsfern vor, wie aus einem Albtraum stammend. Doch sie erwachte nicht. Sie wollte sich ebenfalls auf den Boden werfen und zu Lucius hinkriechen, um ihn den Zauberstab abzunehmen. Dann könnte er trauern und sich um Dracos Leiche kümmern, während sie versuchte, Grindelwald standzuhalten.

Ehe sie sich in Bewegung setzen konnte, kam von hinten Dolohov an ihr vorbeigestürmt.

Den gab es ja auch noch! Sie hätte nicht gedacht, dass sie ihn an diesem Tag noch einmal wiedersehen würde.

Dolohovs Augen glitten über die leblosen Körper und dann hin zu Grindelwald. „Wie konntest du?" Mit festen Schritten ging er auf seinen Kumpanen zu.

„Es war nicht absichtlich gewesen", knurrte dieser.

Wieder wanderten Dolohovs Augen zu Draco. Die anderen und Hermine blendete er völlig aus.

Ein fataler Fehler, fand Hermine. Sie wollte sich gerade leise zu Lucius hinbewegen, um ihren kleinen Plan in die Tat umzusetzen, als wieder Leben in Lucius kehrte.

Sectumsempra!", brüllte er und zielte auf Grindelwald.

Der Fluch kam unvorhergesehen für diesen und so schnell, dass er nicht ausweichen konnte. Er traf und Grindelwald flog einige Meter zurück. Dort brach er zusammen.

Hermine erkannte, dass der Moment zur Gegenwehr gekommen war. Wutschnaubend stürzte sie sich von hinten auf Dolohov und warf ihn um. Sie schwang sich hinterher und trommelte auf seinen Rücken ein. Er ächzte.

Aus den Augenwinkeln merkte sie, wie Lucius sich zu ihr und Dolohov hinwandte und der Zauberstab fiel aus seiner Hand. Schnaubend schob er Hermine beiseite und versetzte Dolohov einen Schlag zwischen die Rippen. Mit hochrotem Kopf hämmerte er auf den Brustkorb des Russen. „Scheißkerl!", knurrte Lucius immer wieder. Ein grauenhaftes Knacken – die Nase brach. Bluttropfen spritzten umher.

Dolohov biss die Zähne zusammen und musste es wegstecken. Ein wenig erschrocken kroch Hermine von ihm weg. Was hatte sie getan? Sie blickte zu Lucius, der voller Zorn Dolohov halbtotschlug. Nochmals landete seine Faust auf der Brust des anderen. Das konnte sie nicht zulassen! So fest sie konnte, packte sie Lucius an den Schultern und zog ihn von seinem Opfer weg. Dieses kroch entsetzt in die andere Richtung.

Er wehrte sich und schlug wild um sich, doch Colin Creevey und Slughorn kamen ihr zur Hilfe. Gemeinsam pinnten sie Lucius zum Boden. Wie am Spieß brüllte er und wehrte sich. Er versetzte ihr einen Schlag in die Magengrube und trat Colin gegen das Schienbein, dass dieser mit einem spitzen Schmerzensschrei aufschrie. Als sein Widerstand langsam bröckelte, füllten sich seine Augen allmählich mit Wasser. Lucius begann zu schniefen und er musste sein unentwegtes Brüllen unterbrechen, um nach Luft zu schnappen. Als Tränen über sein Gesicht flossen, sahen sie sich in der Lage, von ihm abzulassen.

Desorientiert und aufgelöst blickte sie umher. Überall waren Schutt und einzelne Mauersteine verteilt. Staub wedelte durch die Luft und kratzte in ihrer Lunge. Sie musste husten. Dracos Körper ruhte, als würde er schlafen. Die Arme und Beine ausgestreckt, sah es aus, als wäre er von einem besonders anstrengenden Tag heimgekehrt und hätte es vor Müdigkeit nicht mehr ins Bett geschafft. Nur seine Augen, die glasig in die Ferne stierten, ließen diesen Schluss nicht zu. Hermine ließ sich neben Draco nieder. Mit einer Hand streichelte sie Lucius' Rücken neben ihr, der über seinen Sohn gebeugt schluchzte. Die andere schloss Dracos Augen.

Sie blickte zur Seite. Voldemorts Leiche hingegen lag gekrümmt neben der anderen. Die Arme und Beine um seinen Körper geschlungen, hatte er eine Hand auf die Stelle, wo sein Herz sein sollte, platziert. Die Augen zusammengekniffen.

Hermine seufzte. Als sie wieder durch den Gang blickte, waren Grindelwald, Dolohov und Astoria verschwunden. Blut klebte an der Stelle, wo Grindelwald zusammengebrochen war und eine kleine Menge befand sich dort, wo Dolohov am Boden gelegen hatte.

Im Zeitpunkt von Dracos Tod musste sich der Imperiusfluch über Astoria gelöst und sie wieder freigegeben haben.

Von allen fehlte jegliche Spur, doch Hermine war sich sicher, dass diese nicht so schnell wiederkommen würden. Auch sie würden erst einmal ihre Wunden lecken müssen.

Wie betäubt stand sie auf. Lucius neben ihr keuchte, als er seinen Sohn hochhob und in seine Arme presste. Immer wieder drückte er den Kopf Dracos gegen seine Brust, doch die Arme und Beine hingen schlaff hinab. Colin fischte nach dem Zauberstab, den Lucius achtlos liegen gelassen hatte und überreichte ihn, auf eine kurze Aufforderung hin, Professor Slughorn. Mit einem Murmeln ließ dieser Riddles Leiche vor sich hin schweben.

Wenige Schritte legten sie zurück. Sie mussten nur um eine Ecke biegen, schon waren sie an einem Raum angelangt, der vom Schutzzauber ausgenommen war. Er musste als Ein- und Ausgang gedient haben. In einträchtiger und zugleich grauenerregender Stille apparierten sie zu den Ländereien Hogwarts.

If you call this winning, why do I feel like a loser?

Die Sonnenstrahlen der Nachmittagssonne fühlten sich unwirklich warm auf ihrem Haupt an. Regelmäßig, alle paar Schritte stieß sie einen langen Seufzer aus. Mit Ron hielt sie Händchen und zog ihn während des Gehens zu sich hin. Er ließ es mit sich machen, doch schien keine Notiz davon zu nehmen. Sie seufzte wieder. Wahrscheinlich war es besser so. Sollte er noch eine Weile in seiner kleinen Welt bleiben.

Ihr Blick wanderte zu Lucius. Seine ebenmäßigen Schritte trugen ihn vorwärts, doch seine Augen waren nur auf den Körper in seinen Armen gerichtet. Nicht einmal die Zinnen Hogwarts am Horizont konnten sie von Draco weglenken. Seine Miene war undurchdringlich, seine Gesichtsmuskeln bis aufs Letzte angespannt. Von seiner Außenwelt schien er nichts mitzubekommen, außer seinen toten Sohn in den Armen und das Zittern seiner Hände, das er zu unterdrücken versuchte. Sie konnte ihn schlucken hören und er atmete heftiger als sonst.

Auch wenn sie das Bedürfnis hatte, ihn in eine tröstende Umarmung zu ziehen, näherte sie sich ihm um kein Haar. Schon zuvor hatte er sich von niemandem helfen lassen. Er wollte allein Draco wieder nach Hogwarts bringen. Wenn sie ihn jetzt berührte … – Sie konnte sich nicht ausmalen, was passieren könnte. Eventuell würde er ausrasten. Vielleicht würde er zusammenbrechen. Was auch immer es war … – auf wessen Messers Schneide er gerade balancierte, Hermine wollte ihn nicht stoßen. Zumal sie sich nicht zwischen Lucius und Ron zerteilen konnte. Beide benötigten dringend Hilfe. Ihre Hilfe am besten. Ein Vogel flog über ihr Haupt und zwitscherte.

„Es tut mir leid", sprach sie zu beiden. „Alles was passiert ist …"

Sie wusste nicht, was sie davon erwartete. Es half einfach, ihr Bedauern und ihr Entsetzen in wahllose Worte zu packen.

Ron stierte weiter vor sich hin. Ob es bei ihm angekommen war, ob überhaupt irgendetwas angekommen war, blieb ihr ein Rätsel.

„Mir auch." Lucius hob den Kopf und blickte ihr unvermittelt in die Augen. „Das hätte alles nicht passieren dürfen."

„Wenn du etwas brauchst –", wagte sie es dann doch, aber wurde jäh unterbrochen.

„– Ich weiß."

Run, my love,

I'm back from the dead

Let it go,

it's all in your head

- Lyrics von Falling in Reverse - „Loser"

Liebe Leser,

mit „Loser" endet nun der erste Teil von „Moral und Wahnsinn". Es war mir eine Freude, euch auf dieser Reise mitzunehmen und natürlich hoffe ich, euch mit dem zweiten Teil des Abenteuers „Im Sog des Unheils" genauso begeistern zu können. Ich werde nun erstmal eine Pause machen, um den Start vorzubereiten. Ich denke, im Juni bin ich hier zurück am Start.

In den zwei Monaten werde ich aber nicht geräuschlos verharren, sondern eine kleine Geschichte und einen OS meiner riddle- und dumbledore-zentrierten „Riddle'schen Reihe" hochladen.

Danke für all die lieben Reviews und Empfehlungen, BW84, Djannar, Helia, RoteWoelfin, Eislilie und Riwenriddle!

Ein besonderer Dank geht an dieser Stelle an drei verschiedene Personen:

Zum einen an MrPotter, der mich tatkräftig und zuverlässig beim Korrigieren der Kapitel unterstützt und Fehler ausgemerzt hat. Dankeschön!

Zum anderen an Klybneeka, die mich durch ihre fleißigen und ausführlichen Kommentare und Sprachnachrichten regelmäßig unterstützt, angespornt und die Augen für das Humorpotential dieser Geschichte geöffnet hat. Ich danke dir für dies und alles andere!

Und zu guter Letzt an LoonyAragog, der mir immer wieder hilfsbereit und ehrlich zur Seite stand, wenn mir ein Kapitel irgendwie nicht gefiel, ich aber kein Finger darauf legen konnte. Deine Menschenkenntnis und Gefühl für die Charaktere hat mich immer wieder begeistert und die Geschichte um Längen verbessert. Danke!

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