The Life Unlived
by sshg316
Chapter 1: New Beginnings
SUMMARY: SSHG; DH-compliant. Während sie die Besitztümer von Severus Snape durchsieht, macht Hermione eine faszinierende Entdeckung, die ihr Leben für immer verändert.
DISCLAIMER: Alle erkennbaren Charaktere und Handlungsorte sind Eigentum von JKR. Es ist keine Urheberrechtsverletzung beabsichtigt.
BETA READERS: DeeMichelle und Subversa
BRIT PICKER*: LettyBird
TRANSLATION: AleaThoron
A/Ü: Eine neue Story, eine neue Reise – im wahrsten Sinne des Wortes. Lasst Euch überraschen.
Dies ist die Übersetzung der Geschichte "The Life Unlived" von sshg316. Das Original ist unter
zu finden. Vielen Dank an sshg316 für eine wundervolle Story und die Genehmigung zur Übersetzung.
AleaThoron
Das Ungelebte Leben
Kapitel 1: Neuanfänge
Die Sonne hing niedrig am Horizont, ihr verblassendes Licht hinterließ einen mit Farben in Flammen stehenden Himmel. Eine schwache Brise säuselte durch die Bäume, und einige Blätter hatten sich von ihren Zweigen gelöst, um gemächlich über den gewundenen Pfad zu schweben, der zu dem eigentümlich geformten Haus auf dem Hügel führte. Ein einzelnes Licht im Fenster zeigte an, dass die Bewohner zuhause waren, geduldig auf die drei Besucher wartend, die momentan den Pfad heraufstiegen.
Hermione Granger Weasley fokussierte ihre gesamte Anstrengung auf das Erreichen des Hauses. Der Tag war der jemals Längste gewesen, an den sie sich erinnern konnte, und sie würde Wohlgefallen darin finden, wenn er endlich vorbei und damit gegessen wäre. Es hatte keinen Kampf gegeben, keine Auseinandersetzung, nicht einmal ein einzelnes Wort der Unstimmigkeit. Sie war schlichtweg in einer hastigen, allerdings methodischen Art und Weise durch das Haus gegangen, wobei sie nur jene Gegenstände mitnahm, ohne die sie nicht auskommen konnte. Sie hatte ihre Büchersammlung, ebenso wie die Spielsachen der Kinder, die Kleidung und Baby-Bilder magisch geschrumpft, und diese dann in aller Seelenruhe in der alten mit Perlen besetzten Handtasche verstaut, die sie im Moment in ihrer Armbeuge hielt. Anschließend hatte sie ihm ihren Ehering ausgehändigt, ihre Kinder eingesammelt, und war sang- und klanglos davongegangen, ihren Mann und das Leben verlassend, das sie geteilt hatten, ohne überhaupt ein einziges Wort gesagt zu haben.
Er mochte ihr Herz zerschmettert haben, doch ihre Würde würde intakt bleiben.
Mit hocherhobenem Kopf ging sie entschlossen den vertrauten Pfad entlang. Der Kopf ihres Sohnes rempelte gegen ihre Schulter, sein gleichmäßiger Atem und sein schweres Gewicht wiesen darauf hin, dass er eingeschlafen war. Sie beförderte den Knirps mit einem kleinen Ruck ein wenig nach oben, um ihn sicherer auf ihrer Hüfte abzusetzen, während sie die winzige Hand ihrer Tochter fest mit der ihrigen griff. Die kleinen, schlanken Finger des Mädchens zupften an jenen ihrer Mama, da sie ihre Aufmerksamkeit wollte. In der Mitte des Pfades innehaltend, schaute Hermione in die großen, braunen Augen ihrer Tochter herab.
"Ja, Rose?"
"Mami, hast du Mr. Wiggles?", fragte das kleine rothaarige Mädchen gereizt, darum besorgt, dass ihr Lieblingsspielzeug in ihrer Hast, das Haus zu verlassen, vergessen worden war.
"Ja, Liebling", murmelte sie beruhigend, auf die empfindlichen Gefühle ihrer jungen Tochter bedacht und die Tatsache ignorierend, dass die Frage bereits ein Dutzend Male gestellt worden war, seitdem sie ihr Zuhause verlassen hatten.
Zuhause. Dieses Wort hatte sie einst mit Gefühlen des Glücks, der Freude, Behaglichkeit … Liebe ausgefüllt. Jetzt brachte es nichts weiter als Schmerz; sie würden nie wieder nach Hause gehen.
Sie schenkte Rose etwas, von dem sie hoffte, dass es ein beruhigendes Lächeln war. "Erinnerst du dich nicht? Wir haben ihn sehr klein gemacht und ihn dann genau hier in meine Tasche gepackt. Sobald wir drinnen sind, werden wir ihn wieder ganz groß machen, in Ordnung? Jetzt vorwärts, Rose", sagte sie, um das Kind dazu zu ermuntern, ihre Fortbewegung wiederaufzunehmen. "Tante Luna erwartet uns, und wir würden sie doch nicht enttäuschen wollen, indem wir uns verspäten, oder?"
"Nein, Mama", antwortete Rose pflichtbewusst, obwohl ihre Unterlippe zitterte.
Hermione spürte einen Anflug von Schuldgefühl über die Traurigkeit im Gesicht ihrer Tochter, doch dann erinnerte sie sich selbst daran, dass die Situation nicht ihre Schuld war. Nein, die Schuld ruhte einzig und allein auf den Schultern von Ron. Wütende Tränen verschleierten ihren Blick, doch sie drängte sie mit brutaler Gewalt zurück; sie war damit durch, um Ronald Weasley zu weinen.
Schließlich erreichten sie das altersschwache Tor. Während sie es aufstieß, spürte Hermione, wie die Hand ihrer Tochter ihrer eigenen entglitt. Sie beobachtete, wie Rose zur Haustür rannte und sich dann mit fragendem Gesichtsausdruck umdrehte. Hermione nickte, und Rose grinste, bevor sie laut klopfte. Als Hermione die Eingangsstufe erreicht hatte, war die Tür bereits aufgeflogen, und Rose hatte sich in Lunas wartende Arme katapultiert.
"Hallo, meine Lieben!", rief Luna aus, während sie eine kichernde Rose im Kreis herumwirbelte und sich dann herüberneigte, um einen Kuss auf das fuchsrote Haar eines schlafenden Hugos zu drücken. "Kommt rein", sagte sie, als sie sie in die Küche hineinführte. "Ich hoffe, dass Ihr im Garten in keine Nargeln geraten seid. Aufgrund des wärmer werdenden Wetters haben sie sich bis zur Abkühlung am Abend in den Mistelzweigen versteckt."
Hermione ließ einen Seufzer der Erleichterung über die Vertrautheit entweichen, die von Luna Lovegood ausging. Die beiden Freundinnen tauschten eine kurze Umarmung aus, wobei sie vorsichtig um Hugo herum manövrierten, der immer noch in den Armen seiner Mutter schlief.
"Luna, ich danke dir—"
Die Hexe mit dem verträumten Blick winkte mit einer wegwerfenden Handbewegung Hermiones Dankbarkeit ab. "Gern geschehen. Du bist meine Freundin, und du und die Kinder sind hier immer willkommen. Habt Ihr etwas zu Abend gegessen? Ich habe einen ziemlich köstlichen Eintopf gemacht, wenn Ihr gern eine Schüssel voll davon haben möchtet."
Rose willigte hastig ein, und Hermione versuchte, Hugo aufzuwecken, um zu sehen, ob er ein paar Happen essen wolle, doch der arme Junge war einfach zu müde. "Willst du nicht etwas essen, Liebling?"
Hugo blinzelte müde und schüttelte seinen Kopf. Er lehnte seine Wange an die Schulter seiner Mutter und fand Geborgenheit in Form seines Daumens.
Hermione küsste seine Stirn und sagte dann zu Luna: "Wenn es dir nichts ausmacht, mit Rose loszulegen, werde ich Hugo zu Bett bringen. Er wird wahrscheinlich den Rest der Nacht schlafen."
Luna nickte und dirigierte Hermione zum Gästezimmer. Während sie die Stufen hinaufstieg, hörte Hermione Rose kichern, als Luna damit begann, ihr eine Geschichte über einen Garten-Gnom und eine Feenprinzessin zu erzählen.
Merlin sei dank für gute Freunde, dachte Hermione, als sie sich auf den Weg zum Gästezimmer machte. Sie hasste es, ein Eindringling zu sein – insbesondere, wenn sie sich darüber unsicher war, wie lange sie würden bleiben müssen – doch es hatte keine Alternative gegeben. Sie konnte es schlichtweg nicht mehr ertragen, auch nur noch einen Moment länger in dem Haus zu verbleiben, das sie einst ihr Zuhause genannt hatte.
Sie ging auf leisen Sohlen weiter den Flur hinunter, während sie den schlafenden Jungen in ihren Armen knuddelte. Glücklicherweise stand die Tür zum Gästezimmer bereits offen. Sie schlüpfte hinein und ließ Hugo behutsam oben auf die Steppdecke gleiten. In ihre mit Perlen besetzte Handtasche greifend, holte sie Hugos heißgeliebte Schmusedecke heraus und klemmte diese in der Nähe seines Körpers fest, für den Fall, dass er erwachen sollte, bevor sie für die Nacht zurückkehren würde. Sie küsste ihre Fingerspitzen und berührte dann mit ihnen seine Stirn. Er sah so engelsgleich aus, wenn er schlief. Er war solch ein guter Junge. Immer so glücklich, so liebevoll, so eigensinnig, er kam so sehr nach seinem—
Während sie einen zitterigen Atemzug entweichen ließ, berührte sie sanft eine seiner Haarlocken. "Ich liebe dich", wisperte sie und verließ dann leise das Zimmer, die Tür hinter sich schließend.
Eine Stunde später war Mr. Wiggles zu seiner normalen Körpergröße zurückgekehrt und – zusammen mit seiner Eigentümerin – ins Bett geschickt worden. Rose lag zusammengerollt im Gästezimmer neben ihrem Bruder, ihre Arme eng um ihren schlappohrigen Lieblingsgefährten geschlungen.
Im unteren Stockwerk in der Küche saßen Luna und Hermione mit einer Kanne Tee am Tisch. Hermione nippte an der heißen Flüssigkeit, wobei sie dessen Wärme erlaubte, ihre bis zum Äußersten strapazierten Nerven zu beruhigen und zu besänftigen. Sie war voller Dankbarkeit, nicht nur für Lunas Gastfreundschaft, sondern auch dafür, dass Luna ihr Bedürfnis nachempfunden hatte, sich ein wenig zu entspannen, bevor sie in der Lage sein würde, die Geschehnisse zu erläutern, die zu ihrer aktuellen Situation geführt hatten – um zu erklären, warum sie Ron verlassen hatte.
Oh Merlin.
Sie hatte ihren Ehemann verlassen.
Der Daumen ihrer linken Hand bewegte sich umgehend zu ihrem Ringfinger. Er war nackt. Ein ersticktes Schluchzen entwich ihrer Kehle, und Luna war augenblicklich an ihrer Seite. Hermione weinte, wobei sie zum ersten Mal ihrer Wut und ihrem Schmerz erlaubte, sich wahrhaftig Luft zu machen, seit Ron sein falsches Spiel offengelegt hatte. Luna hielt sie einfach nur, wiegte sie hin und her und murmelte Worte vor sich hin, die keinen wirklichen Sinn ergaben, um ihre verzweifelte Freundin zu beruhigen.
Sobald Hermione sich ausgeweint hatte, rief Luna mit einem Aufrufezauber ein Taschentuch herbei und reichte es Hermione. Sie kehrte zu ihrem Stuhl zurück, behielt jedoch weiterhin einen festen Griff um Hermiones Hand aufrecht. "Du hast ihn verlassen."
Einmal mehr war Hermione dankbar dafür, genügend Geistesgegenwärtigkeit besessen zu haben, um zu Luna zu kommen; sie hatte gewusst, dass, von all ihren Freunden, es Luna sein würde, die mit der geringsten Wahrscheinlichkeit über sie urteilen würde. Sie trocknete ihre Wangen und wischte über ihre angeschwollenen Augen, bevor sie vorsichtig ihre Nase schnaubte. Sie nickte. "Ja."
"Was ist geschehen?"
Hermione zuckte mit einer Schulter. "Er hat gesagt, dass er in jemanden anderen verliebt ist. Er will die Scheidung."
"Merlin", hauchte Luna. "Hast du dich entschieden, was du jetzt tun wirst?"
Sie nickte, während sie vorsichtig ihre Nase schnaubte. "Ich werde ihm geben, was er will – je eher, desto besser."
Luna neigte ihren Kopf zur Seite, ihr Gesichtsausdruck uncharakteristisch ernst. "Dann wirst du einen Platz benötigen, wo ihr für eine Weile bleiben könnt, bis sich die Dinge eingepegelt haben. Ihr könnt hier bleiben, solange ihr mögt."
Hermione rutschte unruhig auf ihrem Stuhl herum. "Bist du dir sicher? Meine Eltern—"
"Natürlich bin ich mir sicher", verkündete Luna sachlich. "Daddy verbringt die nächsten paar Monate in Schweden auf einer Expedition, also werde ich mich über Gesellschaft freuen. Und du weißt doch, wie sehr ich es liebe, Zeit mit den Kindern zu verbringen."
Hermione ließ einen Seufzer der Erleichterung entweichen und presste dann ihre Handflächen gegen ihre tränenden Augen. Sie war erschöpft und gefühlsbetont; die Ereignisse des Tages hatten ihren Tribut gefordert. Unfähig, ihre Dankbarkeit mit einer wortgewandteren Formulierung auszudrücken, murmelte Hermione ein ersticktes "Danke."
Seitdem sie Kinder hatte, war der frühe Morgen zu Hermiones Lieblingszeit des Tages geworden. Es war der einzige Zeitpunkt, an dem sie in den Genuss einer Tasse Tee kommen und die Ruhe genießen konnte. Und so kam es, dass sie sich selbst kurz vor der Morgendämmerung an Lunas Küchentisch sitzend wiederfand, mit einer Tasse Tee in der Hand. Es waren zwei Wochen vergangen, seit sie und die Kinder im Zuhause ihrer Freundin eingetroffen waren.
Zwei Wochen. Sie seufzte. Zwei Wochen zuvor war sie glücklich verheiratet gewesen, mit zwei entzückenden Kindern und erwerbstätig in ihrem Traumjob. Jetzt war sie eine Alleinstehende und – temporär – eine nichtberufstätige Mami. Welchen Unterschied zwei Wochen ausmachen konnten.
Die Scheidung war eine einfache Angelegenheit gewesen. Es hatte keinen Kampf über die Aufteilung des Vermögens gegeben, und sowohl sie selbst als auch Ron waren sich einig darüber gewesen, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder bei ihr verbleiben würde, wobei Ron ein großzügiges Umgangsrecht erhielt. Sie waren zum Ministerium gegangen, hatten die offiziellen Pergamente unterzeichnet, um ihre Ehe aufzulösen, und das war's.
Simpel, leicht, schnell.
Und äußerst niederschmetternd.
Nach acht Jahren Ehe und zwei Jahrzehnten Freundschaft war es für Ron derartig problemlos gewesen, auf- und davonzugehen. Für Hermione fühlte es sich so an, als ob ein Teil von ihr verloren gegangen wäre. Sie hatte ihren Ehemann geliebt – allerdings noch verheerender als dieser Verlust war der Verlust ihres besten Freundes. Sie vermisste ihn.
Und ehrlich gesagt, das stank sie an.
Sie wollte ihn nicht vermissen. Sie wollte glücklich darüber sein, zu denken, dass sie sich seiner auf so einfache Art entledigt hatte. Hermione wusste, dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt erneut Glück empfinden würde, doch sie wollte, dass dies jetzt geschah – und nicht später. Das war allerdings nicht realistisch. Sie hatten mehr als Hälfte ihres Lebens miteinander verbracht, zuerst als Freunde, dann als Paar, und es würde Zeit brauchen, um den Schmerz und Verlust zu überwinden, den sie hinsichtlich seines Verrats empfand.
Sie stützte ihre Ellbogen auf dem Tisch auf und legte ihren Kopf in ihre Hände. Sie war psychisch und physisch ausgelaugt, und der emotionale Aufruhr war viel stärker gewesen, als sie vorausgesehen hatte. Der Verrat an ihrer Ehe, an ihrer Freundschaft, hatte unauslöschbare Narben hinterlassen, von denen Hermione sich nicht sicher war, ob sie jemals vollständig heilen würden. Ron hatte geschworen, einzig sie zu lieben, ihr treu zu sein, und obwohl er beharrlich behauptet hatte, dass keine körperlichen Intimitäten stattgefunden hätten, hatte er doch monatelang eine emotionale Affaire fortgesetzt. Trotzdem, das Endergebnis war dasselbe gewesen – der Verlust ihrer Ehe.
Hermione hatte das Empfinden von Schuld und Unzulänglichkeit nicht vorausgesehen, Gefühle, die ihre garstigen Köpfe herausgesteckt hatten. Verstandesmäßig wusste sie, dass das, was Ron getan hatte, nicht ihre Schuld war, doch von Zeit zu Zeit – insbesondere spät nachts – ertappte sie sich selbst dabei, wie sie sich fragte, was genau an ihr dafür verantwortlich war, dass sie unfähig dazu gewesen war, das Interesse ihres Mannes wachzuhalten. Es war töricht, wie sie wusste, nichtsdestotrotz konnte sie nicht anders, als sich zu fragen …
Sie seufzte, trank dann in kleinen Schlückchen von ihrem Tee. Obwohl es für sie eine schwierige Zeit gewesen war, war es für die Kinder noch weitaus schwieriger gewesen. Dazu entschlossen, die Situation nicht noch schlimmer zu machen, als sie es ohnehin bereits war, hatte sich Hermione darauf konzentriert, die Ängste ihrer Kinder, so weit wie sie es vermochte, abzubauen. Sie mochte nicht in der Lage gewesen sein, irgendetwas hinsichtlich der Abwesenheit ihres Vaters zu unternehmen, doch sie war ihre Mutter, und sie würde verdammt sein, wenn die beiden auch nur für einen einzigen Augenblick unnötig leiden würden.
Sie hatte ziemlich viel Urlaubszeit gehabt, die sie noch nicht zeitlich festgelegt hatte, also hatte sie sich mit ihrem Büro in der Mysteriumsabteilung in Verbindung gesetzt und diese darüber informiert, dass sie für ein paar Wochen im Urlaub sein würde. Es war eine gute Entscheidung gewesen. Sie war in der Lage gewesen, die ganze Zeit mit den Kindern zu verbringen, manchmal lachend und spielend, und zu anderen Zeiten weinend und tröstend.
Roses Schmerz war mit Händen greifbar. Sie war immer Daddy's kleines Mädchen gewesen, und sie fragte unaufhörlich nach Ron, wollte, dass er sie ins Bett brachte, dass er ihr eine Geschichte vorlas, dass er sie kitzelte und mit ihr spielte. Sie hatte sich fast jede Nacht in den Schlaf geweint, wobei sie verzweifelt ihren Vater vermisste und sich Sorgen darum machte, dass er sie nicht mehr haben wolle. Trotz Hermiones Beteuerungen fragte das kleine Mädchen mehrmals an einem einzigen Tag, ob ihr Vati sie noch lieben würde. Jedes Mal riss es Hermione das Herz heraus, ihre Tochter in einer derartigen Qual zu hören. Selbst das Baby war betroffen. Hugo tapste unsicher durch Lunas Haus, schaute in verschiedene Ecken und Ritzen und sogar unter den Möbeln, ob sein Vater eine Partie Verstecken spielen würde. Seine großen blauen Augen würden sich mit Tränen füllen, wenn er ihn nicht finden konnte. Er klammerte sich an Hermione fest, als ob er davon überzeugt wäre, dass, wenn er sie gehenlassen würde, sie ebenfalls verschwände.
Es war qualvoll zu sehen, wie die Abwesenheit ihres Vaters die beiden in Mitleidenschaft zog. Ron war in seine Kinder vernarrt – daran hatte Hermione keine Zweifel – und sie wusste, dass er am Boden zerstört sein würde zu erleben, wie sehr sie sich nach ihm sehnten.
Vielleicht sollte sie ein Denkarium für ihn anfertigen.
Sie seufzte und trank dann den letzten Rest ihres Tees aus. Nein. Obwohl sie böse darüber war, diejenige sein zu müssen, die den Schlamassel auszusortieren hatte, den Ron hinterlassen hatte, war sie entschlossen, nicht die sprichwörtlich verbitterte Ex-Frau zu sein.
Immerhin war ihr eine Teilschuld zuschreiben.
Sie hatte gewusst, als sie Ron geheiratet hatte, dass er nicht zu der zuverlässigsten Sorte gehörte. Er hatte dies im Verlauf ihrer Freundschaft häufig genug bewiesen. Sie hatte ihn geliebt – sie tat dies auch jetzt noch – doch es war die anheimelnde Art von Liebe anstatt der leidenschaftlichen, alles aufzehrenden Liebe in einer wahrlich grandiosen Liebesgeschichte. Und doch, Hermione hatte geglaubt, dass eine solide Freundschaft zu haben, als Fundament für ihrer beider Ehe ausreichend sein würde.
Allem Anschein nach hatte sie sich geirrt; es war für Ron mit Sicherheit nicht genug gewesen.
Das Platschen von kleinen Füßen, die die Stufen herunterkamen, gaben zu verstehen, dass Rose aufgewacht war, was Hermione aus ihren Gedanken herausriss. Sie atmete tief ein, um sich für die Ereignisse des Tages bereitzumachen.
"Mami, ist Vati jetzt hier?", kreischte Rose, als sie sich auf den Schoß ihrer Mutter warf.
Hermione ließ ihr Gesicht in das buschige, rote Haar ihrer Tochter sinken und atmete den lieblichen Geruch ein. Sie zwang ihre Stimme mit eisernem Willen dazu, ruhig zu bleiben. "Bald, Liebes", murmelte sie. "Vati wird bald hier sein."
"Vati!"
Rose rannte unmittelbar in dem Moment zur Tür, als sie das Klopfen hörte. Sich wahnsinnig darüber freuend, ihre Tochter so glücklich zu sehen, jagte Hermione ihr nach, während ein kichernder Hugo auf ihre Hüfte hockte. Sie öffnete mit dem Lächeln die Tür, wobei sie sich mental darauf vorbereitet hatte, ihren Ex-Mann zum ersten Mal seit der Endgültigkeit ihrer beider Scheidung zu sehen.
Worauf sie nicht vorbereitet war, war, ihren Ex-Mann mit seiner neuen Freundin zu sehen.
Hermiones Lächeln gefror und verdorrte dann auf ihrem Gesicht, als sie von Rons hoffnungsvoller Miene zu dem nervösen Gesichtsausdruck der Hexe an seinem Arm blickte.
Alles, was Hermione tun konnte, war, Ron nicht auf der Stelle zu erdrosseln, wo er stand.
Sie war im Begriff, ihren Mund zu öffnen und in einem verletzenden verbalen Angriff zu explodieren, als sie sah, wie Rose sich auf ihren Vater stürzte. Ron hob das kleine Mädchen schwungvoll hoch auf seine Arme und presste sie eng gegen seinen Brustkorb, während er feuchte Augen bekam, als er ihr Haar küsste. "Ich habe dich vermisst, Rose", sagte er sanft.
Hermione spürte, wie sich ihre Kehle zuschnürte, als sie die Wiedervereinigung zwischen Vater und Tochter beobachtete. Mit einem flüchtigen Blick auf die Frau, die verlegen abseits an der Seite stand, trat Hermione in den Garten hinaus und schloss die Tür; eher würde die Hölle zufrieren, als dass sie die beiden hereinbitten würde, selbst wenn es sich nicht um ihr Haus handelte.
Hugo stürzte auf seinen Vater los, und Ron stellte Rose auf ihre Füße, als er Hugo in seine Arme hob. Rose schlang ihre Arme um das Bein ihres Vaters, während Ron mit lauten Lippengeräuschen gegen Hugos Wange blies, bevor er den Jungen mit einem Arm an seinen Körper lehnte und dort hielt.
"Ronald", sagte Hermione, ihr Ton höflich, allerdings kühl. Sie schöpfte einen boshaften Stolz daraus zu sehen, wie Ron leicht zusammenzuckte, als er ihren Gebrauch seines vollständigen Vornamens hörte.
"Hermione, das ist Eleanor Branstone. Eleanor, Hermione." Ron zerrte mit seiner freien Hand am Kragen seiner Roben; dann reichte er hinunter, um seine Finger mit jenen von Eleanor zu verschränken.
Hermione riss ihre Augen von Ron los und schaute auf die Hexe, die neben ihm stand. Sie streckte eine Hand aus; schließlich war es nicht die Schuld dieser Frau, dass Ron ein kompletter Trottel war. "Erfreut, Sie kennenzulernen", log sie.
"Ich freue mich ebenfalls sehr, Sie zu treffen", sagte die blonde Hexe, wobei ihr Tonfall, trotz ihres schüchternen Lächelns, warm war, als sie kurz Hermiones Hand ergriff. "Ron hat mir so viel über Sie erzählt."
"Ich bin überzeugt davon, dass er das hat", bemerkte Hermione fest. Sie wandte ihren Blick erneut ihrem ehemaligen Mann zu. "Ron, wenn du einen Moment Zeit hast, würde ich gern einige Dinge mit dir hinsichtlich der Kinder besprechen, bevor du gehst."
Rons Augen weiteten sich, und sein Adamsapfel hüpfte auf und ab, als er reflexartig schluckte. "Oh. Eh … okay. 'Türlich." Er ließ Hugo auf den Boden herunter und fragte dann Rose, wenn es ihr nichts ausmachen würde, ob sie und ihr Bruder "Ellie" den Garten zeigen könnten. Rose nickte enthusiastisch.
Hermione zögerte. Sie wollte diese Diskussion nicht vor den Kindern führen, doch sie war sich ebensowenig sicher, dass sie ihre Kinder einer Fremden anvertrauen wollte – insbesondere dieser speziellen Fremden. Rose schaute allerdings lächelnd zu Eleanor auf, und irgendetwas an der unbefangenen Reaktion der Hexe besänftigte Hermiones Ängste.
Sie ermutigte Hugo in Richtung auf seine Schwester. "Halt' seine Hand, Rose, in Ordnung? Und geht nicht so weit."
Sobald die Kinder und Eleanor sich in einer sicheren Entfernung befanden, drehte sich Hermione herum und bündelte die volle Kraft ihres Zorns auf Ron. "Was zum Teufel dachtest du dir dabei, sie hierher zu bringen?"
Ron schien aufrichtig überrascht zu sein. "Ich – ich wollte, dass die Kinder sie kennenlernen. Ich wollte, dass du sie kennenlernst."
Hermione ballte ihre Hände zu Fäusten, wobei sich ihre Nägel in ihre Handflächen gruben. Ungebeten füllten sich ihre Augen mit Tränen der Empörung. "Wie konntest du denken, dass es auch nur entfernt möglich sein könnte, dass die Kinder so weit sein könnten, sie kennenzulernen? Hast du auch nur die geringste Ahnung, was sie im Laufe dieser letzten wenigen Wochen durchgemacht haben? Hast du? Rose hat jede Nacht nach dir geschrien, Hugo hat sich ohne dich äußerst verloren gefühlt, und wenn du endlich herkommst, um sie zu besuchen, bringst du eine völlig Fremde mit dir. Und nicht nur irgendeine Fremde, sondern sie! Hast du auch nur für einen Moment in Erwägung gezogen, dass deine Kinder Zeit mit dir würden verbringen wollen, ohne die Ablenkung durch irgendjemanden anderen? Sie wollen mit dir zusammen sein!"
"Hermione —"
Sie schüttelte ihren Kopf in heftiger Weise und schnitt mit einem Arm wütend durch die Luft. "Nein! Ich habe bis jetzt geschwiegen, aber ich bin nicht länger still. Du hattest kein Recht dazu, sie hierher zu bringen. Es ist egoistisch, und es ist für die Kinder und für mich verletzend. Dachtest du wirklich, dass ich nicht gelitten habe? Bis vor kurzem war ich deine Ehefrau! Also ehrlich, Ron! Ich hab' dir gegeben, was du wolltest – musst du auch noch Salz in die Wunde streuen?"
Ron wirkte ganz und gar beschämt, sein Gesicht rot und seine Augen mit Schuld und Gewissensbissen übersprudelnd. "Es … es tut mir leid. Ich habe nicht gedacht … also, du warst so … du hast absolut nichts gesagt, als du gegangen bist, und du schienst während des Scheidungsprozesses in Ordnung zu sein." Er hielt inne und rieb mit seiner Hand seinen Nacken. "Ich dachte, dass du okay bist … in jeder Hinsicht."
Hermione starrte ihn an, als ob ihm ein zweiter Kopf gewachsen wäre. "Weißt du was, Ron? Du bist ein Idiot."
"Diese absolute Unverfrorenheit! Wie kann er es wagen, sie hierher zu bringen! Was in aller Welt hat er sich dabei gedacht?"
Hermione schritt verärgert in der kreisförmigen Küche auf und ab, wobei sie mit ihren Armen in einer wilden Gestikulation herumfuchtelte, während Luna teilnahmslos am Küchentisch saß.
"Wie konnte er so etwas tun? Ich kann nicht glauben, dass er das getan hat. Ich kann es einfach nicht glauben!"
Ihre Stimme brach, als Tränen der Wut, der Frustration und des Schmerzes schließlich ihre Wangen herunterrannen. Sie kollabierte kraftlos auf einem Stuhl, ließ ihren Kopf hängen und weinte laut. "Kümmern ihn meine Gefühle wirklich so wenig? Wie konnte er so bescheuert sein … so egoistisch?"
"Er ist ein Blödmann", sagte Luna dermaßen sachlich, dass Hermione nicht umhin kam, unter ihren Tränen zu lachen.
"Das ist er", stimmte Hermione zu, während sie ihre feuchten Wangen mit ihren Fingern abwischte. Sie seufzte und wandte ihre traurigen Augen Luna zu. "Ich hasse es, auf diese Art und Weise zu empfinden. Ich hasse es. Es ist schrecklich, und ich will, dass es aufhört."
Luna neigte ihren Kopf zur Seite und schaute grüblerisch auf Hermione. "Du brauchst eine Ablenkung."
Hermione runzelte die Stirn. "Wie bitte?"
"Eine Ablenkung – irgendetwas, um dich für eine Weile auf andere Gedanken zu bringen. Vielleicht ein Projekt oder …" Luna lächelte. "Ich hab' genau das Richtige. Komm mit mir."
Sie stand vom Tisch auf und wanderte zur Treppe hinüber, die zum ersten Stock führte. "Kommst du?"
Hermione schniefte und lächelte dann zitternd. Ihre anderen Freunde hätten ihr erlaubt, sich allein in ihrem Elend zu wälzen oder hätten mit ihr Mitleid gehabt, doch Luna – die so viele stillschweigend als eine exzentrische Irre übergingen – war äußerst wachsam hinsichtlich Menschen. Luna wusste, was Hermione wirklich brauchte – irgendetwas, um ihren Geist zu beschäftigen … irgendetwas, was nichts mit Ron Weasley zu tun hatte.
Sie erhob sich, und Luna grinste, als sie sie den ganzen Weg zum oberen Ende der Treppe und auf den Dachboden führte.
"Was ist das alles?", fragte Hermione, als sie und Luna in das Wohnzimmer im Erdgeschoss zurückkehrten, gefolgt von mehreren schwebenden Kisten und einem großen Schrankkoffer.
"Du wirst schon sehen. Lass sie uns genau hier hinstellen", sagte Luna, während sie mit ihrem Zauberstab einen Bereich in der Mitte des Zimmers räumte. "Vielleicht solltest du dich besser setzen. Mit diesen Dingen ist ein Stück weit so etwas wie eine Erklärung verbunden."
Hermiones Augenbrauen schossen nach oben. "Okay", sagte sie, neugierig darauf, was Luna beabsichtigte.
Luna ließ sich in dem Sessel gegenüber der Couch nieder und fragte: "Was denkst du über Severus Snape?"
Völlig unvorbereitet und überrascht vom plötzlichen Themenwechsel sagte Hermione das Erste, was ihr durch den Kopf schoss: "Er war ein Held."
Lunas Miene war ernster, als Hermione sich erinnern konnte, jemals Zeuge geworden zu sein. "Das sehe ich auch so. Genau wie eine Menge anderer Leute … oder zumindest tun sie das jetzt. Das Britische Museum für Zauberei denkt mit Sicherheit so. Sie planen eine Ausstellung über den Krieg, und sie wollen eine komplette Sektion speziell ihm und seiner Rolle darin widmen."
Obwohl sie verwirrt darüber war, inwieweit Severus Snape in Beziehung stand zu den Sachen, die sie gerade vom Dachboden heruntergeschleppt hatten, nickte Hermione. "Ich habe etwas darüber gelesen. Nach Aussage des Tagespropheten wartet das Ministerium darauf, von Professor Snapes Begünstigten zu erfahren, bezüglich welcher persönlichen Sachen sie erlauben werden, dass sie zu einem Teil der Ausstellung werden."
Luna lächelte. "Ja, das ist richtig."
Hermione wartete auf irgendwelche weiteren Erläuterungen, doch es gab keine. Ihre Stirn runzelte sich, während sie langsam das Puzzle zusammensetzte. "Du meinst … du …"
"Ja. Also, um ehrlich zu sein, er hat alles meinem Vater und mir hinterlassen. Dies hier—", sagte Luna, während sie eine Hand in Richtung des Schrankkoffers und der Kisten schwenkte, "—bildet die Gesamtheit seines Nachlasses."
"Es tut mir leid, Luna, aber ich verstehe nicht. Warum hätte Professor Snape deine Familie als Begünstigte hinsichtlich seines Testaments benennen sollen?"
"Oh, das ist einfach", antwortete Luna beschwingt. "Er und meine Eltern waren Freunde – sehr gute Freunde."
Da sie Lunas Vater ein- oder zweimal getroffen hatte, hatte Hermione Zweifel hinsichtlich der Akkuratesse dieser Behauptung, sagte jedoch wohlweislich nichts dazu.
"Ich weiß, was du denkst", sagte Luna, als sie aufstand und quer durch den Raum zum Kamin ging. Sie schien einen Gegenstand vom Kaminsims herunterzunehmen, und berührte anschließend dessen Rand mit ihrem Zauberstab. Ein gerahmtes Bild kam flimmernd zum Vorschein, und Luna reichte es Hermione herüber. "Das ist die einzige Fotographie, auf dem die drei zusammen zu sehen sind."
Hermione blickte auf das Foto hinunter. "Wann wurde das aufgenommen?", fragte sie leise, fasziniert von der ungewöhnlichen Gruppe.
"1980. Mama war mit mir schwanger, wie du sehen kannst."
Hermione lächelte traurig. Ja, sie konnte es sehen. Lunas Mutter war wahrhaftig hochschwanger. Eine Hand ruhte auf ihrem angeschwollenen Bauch, und die andere wurde von ihrem sichtbar stolzen Mann gehalten. Sie wirkten glückselig, ihrer beider Lächeln herzerquickend und ungehemmt. Xenophilius sah jünger aus, aber weitgehend derselbe, mit einem Auge, das in Richtung seiner Nase schielte und seinem silbrig-blonden, über seine Schultern aufgebauschten Haar. Hermione hatte zuvor noch nie ein Foto von Eglantine Lovegood gesehen, und sie fand, dass sie mit ihren tiefblauen Augen und dem goldenen Haar wirklich schön war. Doch es war Severus Snape und seine für ihn unglaublich uncharakteristische Pose, die rasch Hermiones Aufmerksamkeit auf sich zog.
Es war das einzige Mal, dass sie ihren ehemaligen Professor ohne seinen Gehrock und seine Lehrer-Roben sah. Er trug enge schwarze Hosen und ein frisches weißes Hemd, dessen Ärmel bis zu den Ellbogen aufgerollt waren. Hermiones Augen weiteten sich beim Anblick seines Dunklen Mals, doch niemand in der Gruppe schien darüber beunruhigt zu sein. Er sah natürlich jünger aus, als sie sich an ihn zurückerinnern konnte, und Hermione vermutete, dass die Abwesenheit seines immer gegenwärtigen finsteren Blicks zu dieser Wirkung beitrug. Er stand neben Lunas Mutter, sein rechter Arm zwanglos um ihre Schultern gelegt, und er lachte ganz offensichtlich. Es war kein Lächeln –Hermione hatte dies ein paar Male im Laufe der Jahre während der Mittagessen in Hogwarts geschehen sehen — sondern ein unverhohlenes Lachen. Seine Schultern bebten, und seine dunklen Augen funkelten vor Belustigung. Die Transformation, die sein Gesichtsausdruck für seine äußere Erscheinung brachte, war überraschend.
Er erschien … frei.
Hermione fragte sich, wie das wirklich wahr sein konnte; die Fotographie müsste aufgenommen worden sein, als er noch ein aktiver Todesesser gewesen war. Möglicherweise war dies zu einem Zeitpunkt gewesen, bevor er begriffen hatte, dass er einem Wahnsinnigen seine Loyalität verpfändet hatte, und er sich den schrecklichen Fehler, den er begangen hatte, noch nicht bewusst gemacht hatte. Oder vielleicht war es, weil Lily Potter noch nicht umgebracht worden war. Ungeachtet dessen war es ein faszinierender flüchtiger Eindruck von dem realen Mann, bevor seine Seele durch verlorene Liebe und die Manipulationen von zwei der mächtigsten Zauberer der Welt in Stücke gerissen worden war. Er hatte Freunde gehabt, machte sie sich bewusst, wahre Freunde, die ihn offensichtlich geliebt hatten, und deren Liebe er auf gleiche Weise erwidert hatte. Die ungezwungene Kameradschaft, die in der Fotographie eingefangen worden war, erinnerte sie an die Freundschaft, die sie bis vor kurzem mit Harry und Ron geteilt hatte.
Hermione hob eine Hand, als ob sie die Oberfläche der Fotographie berühren wolle, hielt sich jedoch dann selbst davon ab. Sie riss ihren Blick von dem Foto los und räusperte sich behutsam. "Ich nehme an, dass damit eine sehr lange Geschichte verbunden ist."
"Stimmt", gab Luna vergnügt zur Antwort. "Aber es ist nicht an mir, sie zu erzählen."
Nur widerstrebend gab Hermione Luna die Fotographie zurück. Das Bild hatte sie aus dem Gleichgewicht gebracht; sie wusste nicht, warum.
Luna kehrte zum Sessel zurück, nachdem sie das gerahmte Bild wieder auf seinen Platz auf dem Kaminsims gestellt hatte; sie machte sich nicht die Mühe, es mit einem Desillusionierungszauber zu verblenden. Sie schaute demonstrativ auf die Kisten und den Schrankkoffer. "Ein Großteil seiner Kleidung und dieser Art von Dingen wurde Wohlfahrtsorganisationen gespendet. Das hier ist, was übrig geblieben ist. Alles, was sich darin befindet, muss sortiert und katalogisiert werden, so dass Vati und ich entscheiden können, was dem Museum übergeben wird, was wir behalten, und was, wenn davon etwas infrage kommt, in einem Versteck verborgen oder zerstört werden muss. Wir haben all das auf dem Dachboden aufbewahrt, seit es uns übergeben wurde – Vati war bis jetzt nicht in der Lage dazu, den Gedanken zu ertragen, die Sachen seines Freundes durchzugehen. Er glaubt, dass die Ausstellung für die Leute eine gute Möglichkeit wäre, die Wahrheit darüber zu erfahren, wer Severus Snape wirklich war."
Sie hielt inne, und gab damit Hermione Zeit, geistig zu verarbeiten, was von ihr abverlangt worden war. "Er war ein guter Mann, Hermione, wenn auch kein netter. Und ich glaube, dass dies hier dich genau mit der dringend erforderlichen Ablenkung versorgen würde, zumindest, bis die Kinder zurückkehren. Also, was meinst du? Willst du helfen?"
Hermione gähnte und rieb ihre müden Augen mit ihren Handflächen. Die Sonne war bereits Stunden zuvor untergegangen, und die Uhr an der Wand informierte sie darüber, dass sie bereits lange überfällig war, um ins Bett zu gehen. Sie wusste, dass sie wahrscheinlich für diese Nacht ins Bett gehen und am Morgen wieder beginnen sollte, doch all das war dermaßen faszinierend. Sie konnte sich selbst nicht dazu bringen, schon aufzuhören.
Sie blickte sich flüchtig in dem unaufgeräumten Wohnzimmer um – es war organisiertes Chaos, mit Stapeln über Stapeln aus Büchern, die um sie rundum aufgeschichtet waren und leere, in eine Ecke geworfene Kisten. Sie war alle Kisten durchgegangen, die dem Professor gehört hatten, was einzig den Schrankkoffer und einen eher kleinen Kasten mit Erinnerungsstücken übrig ließ.
Es schien, als ob, wer auch immer das Büro des Professors zusammengepackt hatte, mit seinen Sachen respektvoll umgegangen war. Alles schien nach Kategorien sortiert worden zu sein, was Hermiones Aufgabe ein ganzes Stück leichter machte. Die erste Kiste hatte seine persönlichen Tagebücher und Lehrer-Protokolle enthalten. Sie war schrecklich neugierig und hatte in Betracht gezogen, sie zu lesen, aber sie war unfähig gewesen, sich dazu durchzuringen, seine Privatsphäre zu verletzen. Also hatte sie sie mit ihrem Zauberstab als katalogisiert markiert, sie auf ihrem Pergament gekennzeichnet, und sie dann beiseite gestellt.
Der Großteil der verbliebenen Kisten stellte sich heraus, mit Büchern gefüllt worden zu sein – seine persönliche Bibliothek. Hermione war durch die weitreichende Mannigfaltigkeit an Titeln gleichzeitig entzückt und überrascht gewesen. Die Zaubertränke- und Verteidigungsbücher waren zu erwarten gewesen, doch sie waren nicht alles, was sie gefunden hatte. Es gab geschichtliche, philosophische und medizinische Texte, sowohl aus der Muggel- als auch aus der Zaubererwelt, ebenso ein riesengroßes Spektrum an Muggel-Literatur von Märchen über Shakespeare zu Hemingway. Es gab Biographien, alle Arten von Romanen und Dichtung. Sie hatte sogar mehrere Kochbücher und eine kleine Kollektion von alten Muggel-Comics gefunden.
"The Beano", murmelte sie mit einem kleinen Kichern vor sich hin, eingedenk ihrer eigenen Kindheitserinnerungen an das populäre Comic-Buch. Die Sammlung des Professors war klein – nur ein Dutzend oder so – und abgegriffenen, als ob sie wiederholt gelesen worden wären. Hermione lächelte, als sie sich Professor Snape als kleinen Jungen ausmalte, der sich unter seinen Decken mit einer Taschenlampe verbarg und Dennis, die Nervensäge, las.
Ein weiteres Gähnen unterdrückend, entschied sie, dass sie durch die Gegenstände im Schrankkoffer des Professors sortieren und dann ins Bett gehen würde. Sie konnte den Inhalt am Morgen katalogisieren.
Als sie vor dem offenen Schrankkoffer kniete, spürte sie, wie sich ihr Herz unerwartet zusammenzog. Sie hatte natürlich gewusst, dass es persönliches Hab und Gut geben würde, doch sie hatte sich nicht vorgestellt, dass sie derartig tiefgehend betroffen sein würde. Immerhin war er lediglich ihr Professor gewesen. Und ein Held. Und sie hatte ihm eine Menge Respekt entgegengebracht. Vielleicht fühlte sie sich deshalb so sehr aus dem Gleichgewicht gebracht.
Tief einatmend, griff Hermione hinein und hob die schweren wollenen Lehrer-Roben heraus, von denen sie sich erinnerte, ihn diese jeden Winter tragen sehen zu haben, den sie in Hogwarts verbracht hatte. Der Duft von Zaubertrank-Zutaten und Kräutern füllte ihre Nasenlöcher, und sie wurde von Erinnerungen aus dem Zaubertränke-Unterricht bombardiert – Professor Snape, der sich über ihre Schulter beugt, sein Geruch, der die Luft durchdringt, die sie atmet, während er in ihren Kessel blickt. Hermione schloss ihre Augen in der Erinnerung; die Roben rochen nach ihm.
Sie schalt sich selbst. Natürlich rochen sie nach ihm. Sie hatten ihm gehört. Sie verdrehte ihre Augen über ihre eigene Dummheit und legte die Kleidung behutsam beiseite. Abermals in den Schrankkoffer reichend, zog sie ein Stück abgetragenen, grauen Stoffs heraus. Sie schüttelte das Material aus und keuchte auf – es war sein Nachthemd.
"So", sagte sie laut, während sie augenblicklich den grauen Stoff wieder faltete und ihn zurück in den Schrankkoffer warf. Durch die Kleidung ihres ehemaligen Professors zu gehen – insbesondere seine Nachtbekleidung – war zu viel für sie, um es gerade im Moment zu handhaben. "Ein bisschen zu gruselig. Ich werde den Schrankkoffer für morgen aufsparen."
Sie lege die Roben ebenfalls zurück und schloss dann den Deckel.
Als sie ihren schmerzenden Rücken streckte, fiel Hermiones Blick auf einen kleinen Kasten. Über die Seite des Kastens stand – in seiner vertrauten, spinnenartigen Schrift – der Name Eglantine geschrieben. Sie zuckte mit den Schultern und entschied sich dafür, weiterzumachen und den Inhalt zu katalogisieren. Sie richtete ihren Zauberstab darauf und intonierte: "Wingardium Leviosa!". Der Kasten schwebte gemächlich durch das Zimmer, und Hermione ließ ihn auf den Fußboden neben sich heruntersinken.
Es gab nur wenige Dinge darin: ein Stapel Briefe, die mit einem gelben Schleife zusammengebunden waren, und ein kleiner, hölzerner Briefbeschwerer.
Hermione vermutete jedenfalls, dass es sich um einen Briefbeschwerer handelte. Sie nahm ihn aus dem Kasten heraus und hielt den kugelförmigen Gegenstand zwischen ihren Händen. Er war wirklich wunderschön. Sie schätzte ihn auf circa zwanzig Zentimeter im Kreisumfang – größer als ein Snitch, allerdings ein bisschen kleiner als ein Kricket-Ball. Das glatte, farbenprächtige Holz schimmerte im Feuerschein.
Ihn in ihren Händen drehend, fragte sie sich, ob dies ein Geschenk an Professor Snape von seiner Freundin gewesen war. Sie lächelte begeistert, als sie über die Vorstellung nachdachte, dass es sich dabei vielleicht um ein Puzzle handelte oder es magische Eigenschaften irgendeiner Art besaß. Sie untersuchte sorgsam die Oberfläche, wobei sie nach Schwachstellen oder Nahtstellen oder irgendetwas suchte, was einen Weg in das Innere weisen könnte, doch sie fand nichts. Davon nicht entmutigt presste sie ihre Finger gegen jeden Quadratzentimeter, für den Fall, dass sein Geheimnis durch Berührung ausgelöst würde.
"Hmm. Könnte magisch sein", murmelte sie vor sich hin. Sie runzelte voller Konzentration ihre Stirn, als sie ihren Zauberstab zur Hand nahm und ihn auf die hölzerne Kugel richtete. "Specialis Revelio!"
Ein greller Lichtschein barst aus der Kugel heraus wie Sonnenstrahlen, was Hermione blendete. Sie ließ ihren Zauberstab fallen, und der schlanke Holzstab fiel klappernd auf den Fußboden.
"Luna!", schrie sie so laut, wie sie konnte. "Hilfe!"
Das Objekt begann, in Hermiones Hand mit einer ständig zunehmenden Geschwindigkeit zu beben und herumzuwirbeln. Sie öffnete ihre Finger, die bisher um das sphärische Stück Holz geschlungen gewesen waren, in der Hoffnung, dass, wenn es auf den Fußboden fallen würde, die Magie, die ihm entströmte, enden würde, doch der Ball verharrte fest in ihrer Handfläche. Ein heftiger Schauer aus Magie schoss plötzlich ihren Arm hinauf, von ihren Fingerspitzen bis zu ihrer Stirn.
"Hermione!", schrie Luna, als sie mit gezogenem Zauberstab in den Raum rannte.
Es war zu spät. Hermione fühlte sich, als ob sie im eisernen Griff eines Schraubstocks gefangen wäre, während die Magie sich fest um sie herumpresste, als die Sphäre einen letzten Impuls aussandte.
Und dann wurde alles um sie herum schwarz.
Hermione erwachte zu den Stimmen eines Mannes und einer Frau. Sie glaubte, dass sie eine von ihnen wiedererkannte, doch sie konnte sich nicht daran erinnern, wer er war. Beide Stimmen klangen merkwürdig, als ob sie sie durch einen Tunnel hörte. Sie versuchte, ihre Augen zu öffnen, doch sie war zu müde. Sie hörte, so gut sie konnte, zu.
"Es tut mir leid, Sir. Wir wissen nicht, wann sie aufwachen wird."
"Und was, wenn ich fragen darf, wissen Sie, Heilerin Merriweather?", erwiderte der Mann.
Hermione konnte die Sorge aus der Stimme des Mannes heraushören, wenn auch sein Ton scharf war. Sie mutmaßte, dass sie sich im Krankenhaus befand – aber warum?
"Wir haben jeden Test durchgeführt, der uns eingefallen ist, und wir konnten nichts finden, was ihr fehlen könnte. Wir hoffen, dass sie selbstständig aufwachen wird."
"Und wenn sie das nicht wird?"
"Wir werden uns alsdann damit befassen, sollte dieser Fall eintreten."
Es gab eine Unterbrechung in der Unterhaltung, und Hermione hörte etwas, was nach einem Gähnen klang.
Die Heilerin gab ein mild tadelndes "Tss!" von sich und sagte dann: "Sie sind seit letzter Nacht hier gewesen und haben seitdem kein Auge zugemacht. Warum gehen Sie nicht für eine Stunde oder so nach Hause und sehen nach Ihren Kindern … ruhen sich vielleicht ein klein wenig aus?"
"Die Kinder sind bei ihren Großeltern. Es geht ihnen gut."
"Wie wäre es dann mit einer Tasse Tee? Ich verspreche, mich nicht von der Stelle zu bewegen bis Sie zurückkehren. Sie nützen Ihrer Frau nichts, wenn Sie vor Erschöpfung zusammenbrechen."
Er musste dem zugestimmt haben, da Hermione seine schwächer werdenden Schritte und danach das Geräusch einer sich schließenden Tür hörte.
"Na also", sagte die Heilerin. Hermione spürte, wie die Betttücher an ihren Seiten resolut festgesteckt wurden. "Was für eine glückliche Hexe Sie sein müssen. Dieser Zauberer ist nicht von Ihrer Seite gewichen, seit man Sie in der letzten Nacht eingeliefert hat. Der arme Mann ist zum Umfallen müde, also habe ich ihn losgeschickt, einen Tee zu trinken. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Ich bin davon überzeugt, er kommt so schnell wie Dämonsfeuer zurück."
Hermione lauschte, als die Heilerin sich um das Bett herum bewegte und begann, die Betttücher auf der anderen Seite in Ordnung zu bringen.
"Ja, Sie sind wirklich eine glückliche Hexe, einen Ehemann zu haben, der Sie offensichtlich so sehr liebt. Halten Sie an ihm fest."
Das war merkwürdig. Die Stimme des Mannes war vertraut gewesen, doch sie hatte nicht gedacht, dass es Ron war. Und Hermione erinnerte sich deutlich daran, auf sein Verlangen hin von Ron geschieden worden zu sein. Er liebte sie nicht; er liebte Eleanor Branstone. Das hatte er ihr selbst genau so erzählt und hatte dann die Dreistigkeit besessen, die Hexe vor ihr paradieren zu lassen, ohne überhaupt einen Gedanken an ihre Gefühle zu verschwenden, welcher Art auch immer. Warum also würde dann er die Rolle des pflichtbewussten, liebenden Ehemanns spielen, der Nachtwache an ihrem Krankenbett hält?
Doch die Heilerin hatte gesagt, dass es sich um ihren Ehemann handelte. Vielleicht unternahm Ron den Versuch, einen kleinen Teil ihrer Freundschaft zu retten. Das ergab Sinn; es würde nicht das erste Mal sein, dass Ron sie fallengelassen hatte, nur, um später wieder angeschlichen zu kommen und um ihre Vergebung zu bitten. Nun, sie hatte nicht vor, ihm dieses Mal zu verzeihen. Er hatte sich von ihr scheiden lassen – sie war fertig mit ihm.
Hermione rang darum, ihr volles Bewusstsein zurückzugewinnen, wobei sie gegen den Nebel ankämpfte, der ihr Gehirn verschleierte, damit sie Ron erklären könnte, wohin er sich seine Entschuldigungen stecken konnte. Letztendlich konnte sie – unter ihren Augenlidern hervor – die Lichter über ihrem Krankenhaus-Bett sehen. Sie zwang ihre Augen, sich langsam zu öffnen, wobei sie blinzelte, bis sie das lächelnde Gesicht der Heilerin ausmachen konnte.
"Hallo, Liebes. Ich bin Heilerin Merriweather. Ich sehe, Sie haben sich dafür entschieden, uns wieder Gesellschaft zu leisten. Wir sind ziemlich besorgt gewesen um Sie."
Hermione wollte der Heilerin erklären, sie solle Ron herbeiholen, damit sie diesem verklickern könnte, er solle verschwinden, doch sie brachte nur ein gutturales Krächzen zustande.
"Versuchen Sie, jetzt noch nicht zu sprechen. Sie wollen sich doch nicht übernehmen. Ich vermute mal, dass Sie diesen Ihren feinen Zauberer sehen wollen. Er ist die ganze Nacht hier gewesen, und ich habe ihn schließlich davon überzeugt, kurz mal rauszuspringen und ein Tässchen Tee zu trinken. Er wird jeden Moment wieder hier sein, das verspreche ich. Warum ruhen Sie sich nicht aus, und ich werde Ihnen erzählen, was geschehen ist."
Hermione nickte und schloss ihre Augen. Möglicherweise würde sie zu dem Zeitpunkt zu sprechen in der Lage sein, wenn er zurückgekehrte und konnte ihm dann richtig heimleuchten.
Die Heilerin erläuterte, dass Hermione am vorherigen Abend im Haus einer Freundin gewesen und dort zusammengebrochen war, wobei sie sich ihren Kopf an einem Tisch angeschlagen hatte, als sie fiel. Hermione versuchte augenblicklich, die Ereignisse des Abends in ihr Gedächtnis zurückzurufen – wie sie die Sachen des Professors durchforstet hatte, dass sie sich ein bisschen merkwürdig hinsichtlich seines persönlicheren Besitzes gefühlt hatte, und dann … Sie runzelte die Stirn. Sie konnte sich an nichts erinnern, was geschehen war, nachdem sie den kleinen Kasten mit Hilfe eines Levitation-Zaubers in die Mitte des Raumes hatte schweben lassen. Warum konnte sie sich nicht daran erinnern, was danach geschehen war?
Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Heilerin zurück, die sagte, dass Luna sie ins Krankenhaus gebracht und sich mit ihrem Mann in Verbindung gesetzt hatte. Anscheinend war seine Ankunft dermaßen dramatisch abgelaufen, dass diese das Tagesgespräch im St. Mungo's war.
"Ich habe niemals zuvor irgendetwas wie das gesehen. Oh, wir haben nach dem Krieg diese Gerüchte gehört, dass solche Dinge möglich wären, aber es wirklich zu sehen … Also, es war eher verwegen. Ließ all die Hexen in Ohnmacht fallen und die Zauberer vor Neid kochen." Heilerin Merriweather gluckste und fuhr dann damit fort, die Geschichte weiterzugeben. "Er flog direkt bis zum Schreibtisch der Empfangshexe, ohne dass auch nur ein Besen in Sicht war. Selbst sie ist nervös geworden! Hätte nie gedacht, dass ich erleben würde, dass das geschieht, das kann ich Ihnen sagen. Und dann stolzierte er davon und den Korridor hinunter, geradewegs zu diesem Zimmer, während jene seine schwarzen Roben wie eine Sturmwolke hinter ihm herwogten."
Hermione hatte aufgehört hinzuhören. Sie wusste nicht, wen die Heilerin da beschrieb, allerdings war es mit Sicherheit nicht ihr ehemaliger Mann. Ron hätte niemals alles fallen lassen, um an ihrem Bett zu sitzen, hätte nicht gewusst, wie man ohne einen Besen fliegt, und besaß definitiv keine Roben, die hinter ihm herwogten.
Genau genommen, wenn sie es nicht besser wüsste, hätte sie geschworen, dass die Beschreibung der Heilerin auf—
"Ist sie erwacht?"
Hermione versteifte sich; es klang ganz genau wie—
"Tatsächlich ist sie erwacht! Gerade erst vor einem Moment", versicherte Heilerin Merriweather ihm.
Aber das war unmöglich. Er war schon seit Jahren tot.
"Hermione?"
Und selbst wenn er am Leben wäre – er war mit Sicherheit nicht ihr Ehemann und war niemals ihr Mann gewesen!
"Öffne deine Augen, Hermione."
Es war ein Traum, entschied sie. Sie würde ihre Augen öffnen und sich auf Lunas Couch wiederfinden, von Pergamenten bedeckt und von Büchern umgeben. Langsam spähte sie unter ihren Wimpern hervor und öffnete dann ihre Augen gänzlich, bis sie in das beunruhigte Antlitz des Mannes starrte, der drohend über ihr ins Blickfeld rückte.
Nicht wissend, was sie sonst machen sollte, öffnete Hermione ihren Mund … und schrie direkt ins Gesicht eines sehr lebendigen Severus Snape.
A/N: Diese Geschichte ist abgeschlossen.
Das zugrunde liegende Handlungsschema für diese Geschichte beruht auf einer Inspiration durch eine Episode einer Fernsehsendung. Um die Geschichte nicht zu ruinieren, werde ich erst nach dem letzten Kapitel offenbaren, um welche Show und welche Episode es sich handelt.
sshg316
A/Ü: Erklärung für den Begriff 'Brit picker': Bezeichnung für eine Person, die aus Großbritannien stammt und eine Fanfiktion-Geschichte durchliest, deren Autor/Autorin nicht-Britisch ist, um auf Akkuratesse hinsichtlich britischer Ausdrücke für die Charaktere und/oder Handlungsorte zu achten und gegebenenfalls diese zu korrigieren.
