Durchbruch

So alarmierend die Heftigkeit auch war, mit der Schweißfieber seine Opfer außer Gefecht setzte, so schnell war es auch wieder verschwunden.

Schon ein paar Stunden nachdem er das Schlimmste überstanden hatte, ging es Han gut genug, um sich über den intravenösen Zugang in seinem Arm und die ärztlich verordnete Bettruhe zu beschweren. Obwohl eine Krankenschwester darauf bestanden hatte, dass er körperlich noch nicht so stark war, wie er sich fühlte, beschwerte er sich darüber, gefangen gehalten zu werden – wie er es ausdrückte – und ignorierte Chewbaccas streng hervorgebrachtes Argument, dass er sich nur im Vergleich dazu gut fühlte, wie elend es ihm weniger als zehn Stunden zuvor gegangen war.

[Du bist immer noch krank.]

„Mir geht's gut."

[Du siehst aus wie eine Leiche.]

Han blickte ihn finster an und tat so, als hätte er keine ermüdenden Kopfschmerzen – seine Muskeln schmerzten, als ob er einen Marathon gelaufen wäre, aber er nahm an, dass er, wenn er Schweißfieber gehabt hatte, die ganze Nacht gezittert und sich verkrampft haben musste. Er erinnerte sich nicht daran – er war sich nicht sicher, welchen verdammten Tag sie hatten, und war etwas gereizt von dem trockenen Ausschlag, der immer noch seinen Hals und seine Schultern zierte. Er hob die Hand, um eine Stelle direkt an seiner Schulter zu berühren und massierte sie abwesend.

Er starrte auf den unbesetzten Stuhl, der neben dem Krankenbett stand, und runzelte die Stirn. Er war immer noch ratlos – es war eindeutig darauf geschlafen worden, jemand hatte sich fast häuslich eingerichtet – da lagen eine zerknitterte Decke, ein Komlink und die Verpackung eines Proteinriegels –

„Wessen Zeug ist das?", fragte Han schroff.

Chewbacca, der immer noch am Fußende seines Bettes stand, ein unausstehlicher Wachposten, der den Ärzten dabei half, ihn als Geisel zu halten, hob das Kinn.

[Es gehört der Prinzessin], antwortete er. [Sie war bei dir, als du das Bewusstsein verloren hast.]

Han streckte die Hand aus, um die Wunde an seiner Stirn zu berühren und zuckte aufgrund der Empfindsamkeit zusammen. Er stupste ein paar Mal vorsichtig dagegen, senkte die Hand dann wieder zu seiner Schulter und rieb über die Stelle, die – ihn reizte und seine Aufmerksamkeit auf sich zog.

[Sie hat dich wach gehalten], teilte Chewbacca ihm mit. [Sie war die ganze Nacht hier.]

„Ja?", fragte Han mit gerunzelter Stirn. „Sie…wie hat sie – ?"

[Hauptsächlich hat sie dich angeschrien], bot Chewbacca milde als Erklärung an.

Han schloss den Mund und verzog das Gesicht zu einer Grimasse – er hatte noch nie zuvor Schweißfieber gehabt, aber er war sich ziemlich sicher, dass ein großer Teil daraus bestand, ein so hohes Fieber zu bekommen, dass es die Sinne in Brand setzte und seinen Opfern Albträume und alltägliche Schrecken und alles, was es dazwischen noch gab, bescherte; es brachte Gedanken durcheinander und die Selbstbeherrschung in Gefahr. Seine Mundwinkel zeigten scharf nach unten und er verengte die Augen, während er sich bei der Suche nach Erinnerungen an die letzte Nacht den Kopf zerbrach – er war ratlos. Das Letzte, woran er sich erinnerte…er war noch nicht einmal sicher, an was er sich noch erinnerte.

Er blickte seinen Freund an.

„Komm schon, Kumpel – war ich komplett daneben?", fragte er leise vor sich hin. „Was habe ich zu ihr gesagt? Über sie?"

Chewbacca blinzelte langsam.

[Größtenteils hast du nach deiner Mutter gerufen.]

Han sah verblüfft und ein wenig wütend aus. Er errötete.

„Nicht lustig, Chewie", fuhr er ihn knapp an. Er deutete auf Leias leeren Stuhl. „Was habe ich getan?"

[Nichts.]

„Wo ist sie dann – ?"

Er brach ab und ließ alles, was er gerade hatte sagen wollen, ungesagt, als Leia den Raum betrat. Sie bewegte sich lautlos und anmutig, eine Flasche Wasser unter dem Arm und einen Saftkarton in der Hand. Ohne ein Wort trat sie vor, stellte den Saft neben ihm auf den Tisch und setzte sich dann zu seinen Füßen auf die Bettkante. Sie zog ein Bein nach oben, winkelte es so an, dass ihr Fuß gegen den Oberschenkel des anderen Beins drückte und drehte am Verschluss der Wasserflasche – hin und her, ohne sie zu öffnen.

„Ich war hier, als du aufgewacht bist", sagte sie leise, „nachdem das Fieber gesunken war", fügte sie hinzu. „Ich bin gegangen, um nicht im Weg zu sein."

Han blinzelte sie an und seine Schultern entspannten sich ein wenig. Er legte die Hände in den Schoß, verkrampfte sich etwas und streckte die Hand aus, um über sein Schlüsselbein zu reiben.

[Nicht kratzen.]

„Hör auf", raunzte Han Chewie an, „mich zu bemuttern."

Angesichts der Wortwahl drehte Chewie den Kopf weg und Leia hob ihren, während ihre Finger immer noch mit dem Verschluss der Wasserflasche spielten. Sie war unergründlich, nachdenklich – Han bemerkte, dass die Schulter ihres weißen Schneeanzugs mit Schmutz und Blut befleckt war, hob seine Hand und deutete darauf, bevor er auf seine Stirn zeigte.

„Ist das meins?"

Sie nickte.

„Irgendwie erinnere ich mich daran", erwiderte er gedehnt.

Leia rollte die Schulter zurück und zuckte zusammen.

„Ich habe versucht, dich aufzufangen", informierte sie ihn.

Han grinste sie an.

„Das versuchst du jetzt schon seit Jahren, Verehrteste", scherzte er.

Sie neigte den Kopf ein wenig, ihr Gesichtsausdruck blieb jedoch unverändert. Ihre Mundwinkel hoben sich leicht und sie senkte den Blick mit dem geringsten Anflug eines Lächelns.

„Schweißfieber", spottete Han laut vor sich hin. „Von allen verdammten – lass es mich hören, Prinzessin", sagte er widerwillig, lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Er machte eine Schau daraus, niedergeschlagen zu seufzen und schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. „Was habe ich gesagt, als ich im Delirium war? Das ist es, was passiert, richtig?", er verengte misstrauisch die Augen. „Habe ich irgendwas Seltsames gesagt?"

Leia hob den Kopf und sah ihn aufmerksam an. Es war nicht so – dass sie es ihm nicht sagen wollte; es war eher so, dass sie nicht wusste, wie. Sie verstand nicht, was letzte Nacht geschehen war – oder besser gesagt, sie tat es, wusste allerdings nicht, wie sie es im Tageslicht betrachten sollte, wenn es ihm gut ging und sie von dem ganz eigenen Delirium befreit war, das sie erfasst und mutig, ungerührt und kühn gemacht hatte, während er sich in fieberhaften Wahnvorstellungen wälzte.

Sie hielt es nicht für fair – vertrauliche Dinge preiszugeben, auch wenn es ihre Vertraulichkeiten waren, wenn keine vertrauensvolle Intimität sie offenbart hatte, sondern die grausame Verletzlichkeit einer Krankheit. Sie zweifelte nicht daran, dass sie selbst bei hohem Fieber Dinge sagen würde, die sie beschämt zurücklassen würden – sie wollte Han nicht in diese Situation bringen.

„Du hast gesagt, du denkst, dass ich gemein zu dir bin", bemerkte Leia milde.

Han grinste.

„Du bist gemein zu mir", erwiderte er todernst.

Leias Schulter schmerzte und sie hob die Hand, um darüberzureiben und schenkte ihm ein halbherziges Lächeln – es war so eine oberflächliche Art, die Dinge, die er gesagt hatte, auszudrücken, aber er hatte ihr so viel Perspektive gegeben – er hielt sie nicht für gemein, er dachte, dass sie sein Herz brechen würde, was Leia für eine durchaus berechtigte Angst hielt – sie dachte dasselbe über ihn.

Han legte den Kopf schief.

„Du bist die ganze Nacht für mich wach geblieben? Hast mich wach gehalten?"

Leia nickte.

„Ich habe dir ja gesagt, ich könnte die ganze Nacht durchhalten."

Sie biss sich auf die Lippe, lächelte und hob den Kopf, den Arm immer noch über ihrer Schulter.

„Du warst auch verschwitzt und hast gestöhnt", scherzte sie leise.

„Warum hast du es getan?"

„Es war stark anzunehmen, dass du stirbst, wenn man dich einschlafen lässt."

„Ach, komm schon, Leia, beantworte die Frage, die ich dir gestellt habe", entgegnete Han direkt, sein Blick scharf und aufmerksam, „ich bin kein Wähler. Ich erkenne ein Ablenkungsmanöver, wenn ich es sehe."

Ihre Brauen hoben sich leicht. Ihre Hände kamen in ihrem Schoß zur Ruhe.

„Nun, Han", begann sie ruhig, „ich wollte dich nicht sterben sehen."

Er betrachtete sie zufrieden. Hinter ihr legte Chewbacca den Kopf schief, sah Han an – und drehte sich dann um und entfernte sich ein paar Schritte. Han bemerkte die Bewegung, verengte erneut die Augen und sah zurück zu Leia. Wieder einmal streckte er die Hand aus, um die Stelle an seiner Schulter zu kratzen – an der Rückseite seiner Schulter – und Leia errötete. Han stellte das Erröten mit Chewbaccas Angespanntheit nebeneinander in eine Reihe und spannte seinen Kiefer an.

„Ich habe etwas gesagt, nicht?", fragte er schroff und sein Gesicht nahm einen grimmigen Ausdruck an. „Etwas Schlimmes?"

„Nein", erwiderte sie und sah ihn ehrlich an – aber sie fragte sich zugleich, was er dachte, was er gesagt haben könnte; was er sich vorstellte, gesagt zu haben.

Sie vermutete, etwas anderes als das, was tatsächlich herausgekommen war – wie sehr er seine Mutter vermisste, wie sehr ein anderes Mädchen ihm das Herz gebrochen hatte, wie sehr er sich dessen bewusst war, dass es wieder passieren würde, durch ihre Hand – warum hatte sie so eine – geschlechterspezifische Annahme getroffen, dass sie die Einzige war, die in einer Beziehung mit ihm verletzt werden könnte? Warum hatte sie Hans unbeständige Natur in all ihren Flirtereien als oberflächliche Männlichkeit betrachtet, anstelle der tiefen Angst vor Schmerz und Leid, die ihrer eigenen gleichkam?

Er rieb sich wieder über die Schulter und Leia senkte den Kopf und verdrehte leicht die Augen.

„Da hast du etwas", bemerkte sie kühn und sah wieder zu ihm auf. „Ich habe dich gebissen."

Was?"

„Da", sie nickte mit dem Kopf zu seiner Hand, die er ständig abwesend anhob, um die Stelle zu berühren. „Du warst kurz davor, einzuschlafen. Ich habe dich gebissen. Um dich wach zu halten."

Han starrte sie an und Chewie kam zurück und schaute Han schief an – gefolgt von einem Achselzucken und einem Nicken. [Das hat sie], grollte er. [Ich kann es bezeugen.]

„Verdammt, Leia", jammerte Han, „warum musstest du es dann tun, wenn ich es nicht genießen konnte?"

Sie lachte ein wenig und ihr Gesicht wurde wieder rot.

„Leutnant Mar hat gefragt, ob wir Sex hatten, als die Krankheit ausgebrochen ist."

Han blinzelte.

„Hatten wir?", fragte er todernst.

Unerklärlicherweise brannten Tränen in Leias Augen, als sie seinen ernsten Blick erwiderte.

„Natürlich. Wir haben immer Sex. Hast du noch nichts davon gehört?"

„Oh, richtig", stimmte Han munter zu.

Er verstummte und grinste. Während er den Kopf drehte, versuchte er ihn so anzuwinkeln, dass er die Rückseite seiner Schulter sehen und vielleicht einige Bissspuren entdecken konnte – Vertiefungen von Leias Zähnen, in seiner Haut, genau so, wie er es sich in seinen Träumen wünschte. Wie oft hatte er sich vorgestellt, sie dazu zu bringen, ihre Nägel und Zähne in ihm zu vergraben, ihn fest zu umklammern –

Plötzlich schoss sein Kopf scharf herum, als ein Echo verschwommener Worte klarer wurde.

„Du hast mich Schätzchen genannt."

Ihr Atem stockte und sie zuckte zusammen und sah durch ihre Wimpern zu ihm auf. Sie errötete, presste die Lippen zusammen und zuckte dann die Achseln.

„Es wird schwierig für dich, das zu beweisen", gab sie zurück.

„Warum hast du mich so genannt?"

Ihr Blick, mit dem sie seinem begegnete, war ungläubig.

„Warum nennst du mich Schätzchen?", wollte sie wissen.

Er schenkte ihr ein kleines, halbherziges Lächeln.

„Schätzchen", erwiderte er trocken. „Warum bist du so erpicht darauf, mich am Leben zu halten?"

Leia rutschte nach vorne und schürzte die Lippen.

„Ich habe dir gesagt", gab sie heiser zu, „dass wir ein Leben zu leben haben."

Er erinnerte sich nicht daran, dass sie das gesagt hatte, aber irgendwie wusste er, dass das nicht alles gewesen war – und es war auch jetzt nicht alles, was sie ihm zu sagen versuchte. Langsam lehnte er sich zurück, seine Schultern senkten sich und er sah sie lange an, wortlos ruhten seine Augen auf ihren, in dem Versuch, das Delirium der letzten Nacht aus den Tiefen herauszulesen.

Er streckte die Hand aus und berührte die Wunde an seiner Stirn, drückte seine Fingerspitzen wieder auf die schmerzende Stelle; unsicher und schwer schloss er die Augen, dann sah er sie wieder kritisch an, versuchte die verlorenen Stunden zu entschlüsseln und sich an irgendetwas anderes zu erinnern als die schmerzhafte Hitze des Fiebers.

„Du und ich haben ein Leben zu leben?", fragte er.

„Ja", stieß Leia hilflos aus.

Han gestikulierte zwischen ihnen hin und her.

„Wie lange wird es noch so weitergehen?", forderte er frustriert, seine Augen loderten. „Wann kommt der Durchbruch?"

Vage hob sie die Schultern, ihre Lippen geschürzt, die Stimme rau –

„Ich weiß es nicht, Han", keuchte sie und die Worte erbebten – er wollte mehr von ihr und sogar jetzt, da sie verstand, warum, war sie immer noch zu unsicher, um die Zügel in die Hand zu nehmen. „Ich schätze, wenn wir beide dem Delirium erliegen."