Kap 10 Zurück in der Winkelgasse

Nachdem sie alle frisch geduscht waren und gefrühstückt hatten, bereiteten sie sich auf den Besuch der Winkelgasse vor. Mr. Weasley war bereits im Aurorenbüro, hatte aber noch am Vorabend, als sie ihm von ihrem Plan berichtet hatten, zugesagt, heute eine besonders hohe Zahl von Auroren auf der Winkelgasse patrouillieren zu lassen. Zugleich hatte er darauf bestanden, dass Harry, Hermine und Ron für den Besuch Vielsafttrank benutzten und nicht alleine gingen. Nachdem Bill und Fleur, die Harry darauf mit einem Patronus informiert hatte, direkt zugesagt hatten, hatte er ihnen unter verschiedenen Bedingungen den Besuch erlaubt und sich sogar dazu bereit erklärt, die Nachricht seiner Frau zu überbringen. Tatsächlich hatte Mrs. Weasley dann weder am Abend noch am Morgen Einwände geäußert – zumindest nicht verbal. Ihre Blicke zeigten aber deutlich, was sie von dem Plan hielt. Doch auch sie konnte sich nicht dem Argument verschließen, dass Ron und Hermine zwei in ihren Händen nicht wirklich funktionierende Zauberstäbe besaßen und daher zwingend neue benötigten, nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern auch für das neue Hogwarts-Schuljahr.

Zudem hatte Hermine sie einmal unter Frauen bei Seite genommen und erklärt, warum sie nicht nur einen neuen Zauberstab und Katzenutensilen benötigte, sondern auch unbedingt in die Apotheke musste. Als Ginny das gehört hatte, schloss sie sich dem Gespräch schnell an und die drei Frauen ließen Harry und Ron in der Küche zurück. Zur Überraschung von Harry und noch mehr von Ron, die beide keine Ahnung hatten, was Hermine und Ginny zu gesagt hatte, schien ihr Argument tatsächlich gefruchtet zu haben. Als sie zurückkamen, hatten sie – inklusive Ginny! – die Erlaubnis zu gehen. Auch in Sachen Sicherheit waren sie nicht untätig geblieben: Hermine hatte mit ihrer verzauberten Galleone Dumbledores Armee einberufen, um zusätzlich Rückendeckung zu haben. Dann war auch noch George auf den Plan getreten und hatte erklärt, er wolle mitkommen, um den Scherzartikelladen zu inspizieren, den er seit Monaten nicht mehr betreten hatte. Schließlich hatte Harry Kreacher noch zu sich gerufen und ihm aufgetragen, eine größere Menge Geld aus seinem Gringotts-Verließ zu besorgen, was dieser nach einer zwischenzeitlichen Rückkehr zum Überbringen eines von Harry auszufüllenden Einwilligungsformulars schließlich auch erledigt hatte.

Etwa gegen 8:20 traf Percy zusammen mit einer Arbeitskollegin aus dem Ministerium ein und überbrachte im Auftrag von Mr. Weasley eine Flasche mit Vielsafttrank sowie diverse beschriftete Phiolen mit Haaren für Harry, Ron, Hermine, Bill und Fleur, während Ginny kurzerhand ein Haar von Percys Arbeitskollegin erhielt. Kurz darauf apparierten Harrys ehemalige Quidditch-Teamkolleginnen Katie Bell und Angelina Johnson sowie Georges bester Freund Lee Jordan zum Fuchsbau, wo sie nach einer kurzen Begrüßung zunächst einmal die Kätzchen betrachteten, die mit ihrer Mutter in der Schublade lagen und alle zusammen friedlich schliefen. Anschließend kehrten Percy und seine Kollegin ins Ministerium zurück, während sich alle anderen mit Ausnahme von Mrs. Weasley, die sich mit einem riesigen Korb Wäsche in der Hand und besorgtem Blick im Gesicht in die Waschküche zurückzog, gemeinsam an den Küchentisch setzten, wo Harry den Plan erklärte. Gegen 8:45 Uhr goss Hermine den Vielsafttrank in sechs kleine Fläschchen für jeden der Nutzer und fügte dann jeweils ein passendes Haar hinzu, drei Männer- und drei Frauenhaare. Nach einer von Hermine betont unschuldig gestellten Frage an Ron, ob er lieber ein Mann oder eine Frau werden wollte – Harry prustete daraufhin laut lachend los, während Ron angesichts der interessiert-fragenden Blicke von Ginny, Bill und Fleur einen hochroten Kopf bekam – teilte sie die Fläschchen auf und erklärte, dass jeder nur einen einzigen Schluck trinken solle, damit sie zur Not auf der Winkelgasse noch etwas Trank zur Verlängerung der Wirkung übrig hätten.

Als die letzten Fragen geklärt waren, verzauberte Hermine zwei eiserne Schlüssel, sodass sie magisch miteinander verbunden wurden, gab einen George und erklärte, wenn die Luft rein sei solle er ihn abwechselnd je fünf mal oben und unten mit seinem Daumen antippen. Daraufhin würde er kalt werden, was „ihr könnt kommen" bedeute. Bei Gefahr würde drei mal unten antippen den Schlüssel sofort heiß werden und vibrieren lassen, woraufhin jeder sofort zurück zum Fuchsbau apparieren sollte. Umgekehrt könne sie ihm genau das gleiche mit ihrem eigenen Schlüssel signalisieren. Dann verließ George mit Angelina, Katie und Lee den Fuchsbau, um zum Scherzartikelladen zu aufzubrechen, wo sich nach Hermines Einberufung die restlichen Mitglieder von Dumbledores Armee um neun Uhr versammeln sollten. Harry, Hermine, Ginny Ron, Bill und Fleur nahmen derweil den Vielsafttrank ein und verwandelten sich binnen einer Minute. Harry wurde zu einem etwa 45 Jahre alten, relativ kleinen und unscheinbaren Mann mit ungepflegtem Dreitagebart und langen, dünnen, braunen Haaren und ausgeprägten Geheimratsecken, Ron mutierte zu einem muskulösen blonden 35-Jährigen mit Pferdeschwanz, Vollbart und sehr markant männlichen Gesichtszügen und Hermine zu einer mittelgroßen, stark geschminkten Hexe in ihren späten Zwanzigern mit langen schwarzen Locken und üppigen Kurven an allen relevanten Stellen. Etwa zwei Minuten später kam das Signal von George und sie apparierten gemeinsam zum Scherzartikelladen.

Der Anblick der Winkelgasse unterschied sich deutlich von Harrys Traum. Verglichen mit dem Tag vor der Schlacht waren zwar wieder deutlich mehr Zauberer und Hexen unterwegs, aber noch immer lag eine bleierne Schwere über der sonst so geschäftigen Einkaufsstraße. Menschen und Hauselfen erledigten hastig ihre Einkäufe, blickten sich dabei immer wieder nach etwaigen Verfolgern oder sonstigen dubiosen Gestalten um, Auroren und weitere für die Sicherheit der Kunden zuständige Wachen gingen gruppenweise Streife, und dort, wo früher vollbesetzte Tische und Stühle der Außengastronomie gewesen waren, herrschte gähnende Leere. Die meisten Wirte hatten sich gar nicht die Mühe gemacht, die Garnituren überhaupt aufzustellen, eine Reihe von Restaurants und Imbisse hatten nicht mal geöffnet und manche hatten noch immer zugenagelte Fenster und Türen und erweckten nicht den Eindruck, als würden hier so bald wieder dampfende Speisen und kühle Getränke über den Tresen wandern. Auch der Scherzartikelladen war nicht vom Krieg verschont geblieben. Im Gegensatz zu vielen anderen Läden und Geschäften strahlte er mit seinen knalligen Farben Leben und Hoffnung aus, doch zeigte die aufgebrochene Eingangstür, dass er während des vergangenen Jahres mindestens einmal durchsucht, wenn nicht gar vollständig geplündert worden war. Wenn Harry ein unmissverständliches Zeichen benötigt hatte, dass der Krieg immer noch nicht vollends vorbei war, die Winkelgasse liefert es ihm. Und seine Gänsehaut bestätigte es.

Harry nickte Lee, der im Gegensatz zu George, Angelina und Katie vor dem Laden gewartet hatte, kaum merklich zu, was dieser genauso unverfänglich quittierte, und brach anschließend mit Ron, Hermine, Ginny, Bill und Fleur zu Olivanders Zauberstabladen auf. Es war 9.00 Uhr und er hoffte, dass er diesen besonders wichtigen Einkauf noch vor dem Treffen mit Malfoy erledigen konnte. Zwar hatte er selbst keinen Bedarf für einen neuen Zauberstab, aber er war sich sicher, dass ihm deutlich wohler bei dem Gedanken war, wenn er wusste, dass Hermine und Ron ebenfalls wieder einen perfekt funktionierenden Zauberstab besaßen. Immerhin kannte er aus eigener Erfahrung, wie unbehaglich man sich mit einem fremden Zauberstab fühlte, der einem nicht wirklich gehorchte. Es war einfach ein extrem mulmiges Gefühl, nicht zu wissen, ob der Zauberstab das tat, was er tun sollte, gerade in kritischen Situationen. Doch nur zwei Minuten später hatten sich dieser Plan bereits zerschlagen. Der Laden war noch geschlossen und Ron fluchte deutlich vernehmbar. Auch Hermine sah schwer enttäuscht aus, versuchte aber die Contenance zu bewahren, was ihr auch einigermaßen gelang.

Nach einer kurzen Beratung, wie es weitergehen sollte, entschlossen sie sich, den Einkauf in der Apotheke vorzuziehen. Vor der Apotheke angekommen änderten sie noch einmal den Plan. Direkt gegenüber lag der von Kingsley empfohlene Security-Shop Zachary Stoptons Safe Spaces, und da es damit möglich war, sich aus den jeweiligen Läden gegenseitig zu beobachten, entschlossen sie sich dazu, sich in zwei Gruppen aufzuteilen. Während sich Harry, Ron und Bill um die Schlösser kümmerten, gingen Hermine, Ginny und Fleur in die Apotheke. So konnten sie zum einen wertvolle Zeit sparen und früher zum Fuchsbau zurück, zum anderen hatte Harry ohnehin den Eindruck, dass die drei Frauen sie in der Apotheke einfach nicht dabei haben wollten. Das Kaufen der Schlösser erwies sich als vergleichsweise unproblematisch. Die meisten Kunden im Laden sahen sich erst einmal um, sodass Harry, der wusste, was er wollte, direkt den Inhaber ansprechen und ihm mitteilen konnte, was er benötigte. Daraufhin holte der ehemalige Auror, der Harry in seinem erkennbar paranoiden Verhalten spontan an Mad-Eye Moody erinnerte, auch wenn er optisch ganz anders aussah, aus einer Lagerkammer die Schlösser samt einem langen Pergament mit detaillierter Funktionsbeschreibung und gab ihm eine kurze Einweisung hinsichtlich der bestmöglichen Installation.

Nach weniger als zehn Minuten hatte Harry vier identische magische Hochsicherheitsschlösser erworben, jeweils eines für sein neues Haus, den Grimmauldplace, den Fuchsbau und Georges Scherzartikelladen. Der Preis war happig gewesen, aber Harry hatte das Geld und nach all dem, was die Weasleys für ihn getan hatten, fand er es nur fair, dass er sich bei ihnen angemessen revanchierte. Ein fünftes Schloss für Bill und Fleurs Haus hatte Bill allerdings sofort abgelehnt, da ohnehin nur wenige Magier über dessen Standort eingeweiht waren und er und Fleur gut genug verdienten, um sich selbst passende Sicherheitseinrichtung besorgen zu können. Als sie wieder im Freien auf der Winkelgasse standen, war von den Frauen nichts zu sehen. In Harry machte sich ein ungutes Gefühl nahe der Magengegend breit. Er wusste zwar, dass sie ziemlich sicher länger als ein paar Minuten brauchen würde, trotzdem war er sehr froh, als er zwei Minuten später hinter einem Regal die schwarze lockige Mähne einer nicht allzu großen Hexe auftauchen sah, die tatsächlich Hermine war, und die ihm wie zur Bestätigung, dass alles in Ordnung war, kurz zunickte.

Doch dann tat sich eine ganze Weile lange gar nichts. Und mit jeder Minute, die sie vor dem Geschäft warten mussten, wurde Harry nervöser. Während er versuchte, die Zeit mit Studieren der an diversen Schaufenstern hängenden Reklametafeln totzuschlagen – besonders hervor stachen in diversen Varianten existierende großformatige und sehr auffällig gestaltete Plakate, auf denen ein neuer Talkradiosender angekündigt wurde, der Harry irgendwie suspekt vorkam – ließ Ron seinem Unmut freien Lauf.

„Mann, Damien, wo bleiben die denn? Es kann doch nicht so lange dauern, ein paar Dinge in einer Apotheke zu kaufen. Ja, ich weiß, das ist eine Mischung aus Apotheke und Drogerie, aber trotzdem. So viel Nützliches kann man da doch gar nicht finden! Sie müssten doch längst fertig sein!"

Harry zuckte mit den Achseln.

„Ich habe keine Ahnung..."

„Jetzt mal ernsthaft, so lange kann man normal doch gar nicht brauchen. Und der Laden ist sogar fast leer! Meinst du, wir sollten mal rein gehen, um zu checken, dass alles okay ist bei denen?"

Harry schüttelte den Kopf. Er war sich ziemlich sicher, dass Hermine, Ginny und Fleur dort ungestört einkaufen wollten und ein dazwischen platzender Ron wohl nicht die allerbeste Idee war.

„Sie werden schon bald auftauchen."

„Du musst echt noch einiges über Frauen lernen, Robert", ergänzte Bill mit einer Spur Belustigung und sah Ron dabei schief an.

„Was soll das denn bitte schön heißen?"

„Dass du keine Ahnung von Frauen hast, nehme ich an", sagte Harry trocken und ohne mit der Wimper zu zucken.

„Exakt", hielt Bill fest.

Ron verzog das Gesicht.

„Na danke auch."

„Keine Ursache", grinsten Harry und Bill synchron.

Als die drei jungen Frauen eine viertel Stunde später endlich aus der Apotheke kamen, jede mit einer recht großen Einkaufstasche in der Hand, war es ein sichtlich genervter Ron, der als erster das Wort fand.

„Na endlich! Wurde auch Zeit. Habt ihr den ganzen Laden leer gekauft oder was?"

„Das geht dich überhaupt nichts an!", fuhr ihn Ginny an.

„Also war es lauter unnützer Kram. Und wir stehen uns hier draußen die Beine in den Bauch."

„Du hast es ja offensichtlich überstanden", sagte Hermine unwirsch. „Und außerdem: Die Entscheidung, was wir nützlich finden oder brauchen, solltest du wirklich uns überlassen. Ich glaube nicht, dass du das beurteilen kannst."

„Genau", ergänzte Ginny. „Du könnte damit eh nichts anfangen."

„Wollte er wohl auch nicht", pflichtete Hermine bei und grinste diabolisch. „Würde mich jedenfalls sehr wundern..."

„Ich habe es halt nicht so mit fünf Sorten Shampoo und drei Duschgels für einmal Duschen."

„Oder Hygiene allgemein", sagte Ginny gehässig.

„Okay ihr drei, das reicht jetzt", mischte sich Harry ein. „Das führt uns nicht weiter. Wir haben noch zwanzig Minuten. Meinst du, He-, äh Emily, wir schaffen es vorher noch in die Magische Menagerie?"

„Ich denke schon", sagte Hermine. „Wenn es nicht allzu voll ist, sollten wir da nicht länger als zehn Minuten benötigen."

„Wer's glaubt", brummte Ron sarkastisch, und fing sich darauf einen bösen Blick von Ginny, Hermine und Harry ein.

Sie brauchten etwa 15 Minuten, aber da das Tierbedarfsgeschäft nicht weit vom Scherzartikelladen entfernt lag, gelangten sie trotzdem noch rechtzeitig am Treffpunkt an. Harry tastete nach seinem Zauberstab, während er Ausschau nach Malfoy hielt. Wenn das eine Falle war, dann würde er sich nicht kampflos ergeben. Und seine fünf Begleiter genauso wenig. Sein Blick wanderte von der Straße in den Laden, der ruhig da lag und unbeleuchtet war, doch Harry wusste, dass in ihm diverse Mitglieder von Dumbledores Armee warteten, bereit, jederzeit zur Unterstützung zu eilen. Als er sich dem Laden auf etwa 20 Meter angenähert hatte, stieg ihm beißender Gestank in die Nase. Stinkbomben. Irgendjemand musste nicht nicht nur eine, sondern einen ganzen Fächer von ihnen geworfen haben, und der Gestank war derart penetrant, dass er für einen Moment glaubte, er müsse sich übergeben. Und offenbar ging es nicht nur ihm so. Neben ihm begann Fleur mehr als nur einmal zu würgen, während sogar Ginny, die durchaus mit dem Einsatz von Stinkbomben gut vertraut war, kurz davor war, grüner anzulaufen als ein Gemeiner Walisischer Grünling.

„Wenn ich den in die Finger kriege, der das...", setzte Ron an, wurde aber von Harry mit einer simplen Armbewegung abgewürgt. Auf der Bank neben dem Scherzartikelladen saß eine Figur. Sie war nicht allzu groß, trug eine schlecht passende Muggel-Jeans sowie ein schmuddeliges, langärmeliges Hemd und war offensichtlich offenbar hochgradig nervös, jedenfalls blickte sie sich permanent in alle möglichen Richtungen um. Der Kopf war nicht zu erkennen, da die Person angesichts des unerträglichen Gestankes einen Kopfblasen-Zauber nutzte, der alle Gesichtszüge verschwimmen ließ.

Harry griff fester nach seinem Zauberstab.

„Ist der das?", flüsterte er leise, während er abwechselnd die Figur vor sich fixierte und seine Umgebung nach potentiellen Gefahren wie aus Hinterhalten hervorspringenden oder herbei apparierenden Todessern absuchte.

„Ne...", meinte Ron. „Malfoy in Muggelklamotten? Nie im Leben!"

Hermine war sich hingegen nicht so sicher.

„Ich kann den Kopf nicht erkennen. Könnte aber sein, der Figur nach."

Harry schritt zusammen mit seinen Begleitern weiter auf die Figur zu, die nun auch die auf ihn zukommende Gruppe wahrnahm und noch nervöser dreinschaute.

„Er ist auf jeden Fall sehr nervös", konstatierte Bill.

„Das sind hier alle", flüsterte Ginny mit deutlich vernehmbaren Zittern in der Stimme.

„Aber nicht so extrem wie der Typ", brummte Ron.

Die Figur sah in Richtung der auf sie zukommenden Gruppe und begann seine Hände zu wringen, während sich die Blicke in alle Richtungen noch intensivierten. Harry war sich sicher, dass das ein Versuch war, ein deutlich wahrnehmbares Zittern zu vermeiden. Der junge Mann blieb auf der Bank sitzen, doch man sah sofort, dass er sich dazu zwang und am liebsten wohl aufgesprungen und weggerannt wäre. Alles in allem gab er ein wirklich bemitleidenswertes Schauspiel ab.

Harry wartete, bis eine Gruppe älterer Hexen vorbeigezogen war, die den Scherzartikelladen mit sichtbarer Abneigung betrachteten, und sprach dann ein nonverbales Muffliato, um etwaige Mithörer in weiterer Entfernung auszuschließen. Neben ihm flüsterte Hermine ein selbst für ihn kaum hörbares homenum revelio. Nichts geschah.

„Malfoy?", fragte er schließlich aus etwa fünf Metern Entfernung, als er den Eindruck hatte, dass die Luft rein war.

Die Figur auf der Bank stoppte ihre suchenden Blicke für einen Augenblick und fixierte Harry.

„P-Potter?"

Die Stimme klang unter dem Luftblasenzauber verzerrt und fremd, war aber immer noch identifizierbar. Dazu kamen die verschwommenen, aber nun aus der Nähe leider vertrauten Gesichtszüge, die Harry schon nahezu von sich aus die Zornesröte ins Gesicht trieb.

„Wer weiß?", sagte Harry mit eisiger Stimme. Er wollte definitiv nicht ohne Not zu viel von sich preisgeben. Er sah ihn kalt an, und er konnte innerlich nicht verhehlen, dass es ihm gefiel, dass Malfoy offensichtlich große Angst hatte. „Was hat es mit dem Brief auf sich, Malfoy? Warum dieses Treffen?"

„Nicht hier", zischte Malfoy. „An einem ungestörten Ort. K-können wir in den Weasley-Shop?"

Harry zögerte einen Moment, hatte aber diese Frage kommen sehen und deshalb bereits diese Eventualität mit George abgeklärt.

„Können wir", knurrte er schließlich, „aber schön langsam. Ein falsche Bewegung und du hast ein gewaltiges Problem."

Malfoy stand langsam auf und griff zu einer neben ihm liegenden Tasche.

„Halt!", sagte Harry schroff, als er eine Gefahr witterte. „Was ist da drin?"

Malfoy hielt inne und starrte Harry einen Moment mit zusammengekniffenen Augen an, bevor er antwortete.

„Das was ich euch übergeben will. Checkt es auf schwarze Magie, wenn ihr euch dann besser fühlt."

Hermine, Bill und Fleur richteten ihre Zauberstäbe auf die Tasche und murmelten mehrere für Harry nicht verständliche Formeln. Ein paar Sekunden später signalisierten sie ihm, dass sie nichts Verdächtiges gefunden hatten.

„Nun zufrieden?", knurrte Malfoy mit hörbarem Groll in der Stimme.

Harry sah Malfoy nun direkt in die Augen und hielt den Blick, auch als Malfoy versuchte, ihm auszuweichen.

„Für's erste. Solltest du aber Dummheiten machen..."

Harry machte eine kaum vernehmbare Bewegung seines Zauberstabes, worauf Malfoy unerwartet stark zusammenzuckte.

„Die einzige Dummheit war wohl, dass ich überhaupt hier hergekommen bin", nuschelte Malfoy schließlich trotzig zu sich selbst, begann dann aber doch langsam zur Tür des Scherzartikelladens zu gehen.

Ron, der am nächsten an der Eingangstür stand, öffnete sie und trat als erstes in die Geschäftsräume. Malfoy folgte als zweites, danach kam Harry. Der Rest schloss sich an. Drinnen angekommen sah Harry zahlreiche Mitglieder von Dumbeldores Armee, die hinter diversen Regalen, Truhen, Schränken usw. Deckung gesucht hatten und zusammen geschätzt ein Dutzend Zauberstäbe auf Draco richteten, was bei ihm sichtbar Eindruck hinterließ. War er draußen schon hochgradig nervös gewesen, so zitterte er jetzt am ganzen Körper und hatte beide Hände hoch über seinen Kopf gehoben wie ein vor der Verhaftung stehender Verbrecher.

„T-tut mir nichts. I-ich bin unbewaffnet. Bitte!", stammelte er, und Harry fühlte einen Schwall Genugtuung in sich aufwallen.

„Die Tür hinten hinten rechts", sagte George mit tiefster Verachtung und zu Schlitzen verengten Augen. „Dort ist genug Platz zum Reden. Sollten wir auch nur das leiseste Anzeichen von einem Kampf hören, dann kommen wir rein und du bist tot. Verstanden?"

Er richtete seinen Zauberstab direkt auf Malfoys Nase und machte formte mit seinen Lippen ein deutlich sichtbares „Boom".

Malfoy zuckte erneut zusammen und bog dann langsam seinen Kopf zur Seite, um nicht mehr in direkter Schusslinie zu sein. George folgte der Bewegung aber mit seinem Zauberstab, während sich Malfoy schließlich rückwärts laufend entfernte und fürchterlich erschrak, als er in einen Ständer lief, in dem früher einmal Liebestränke angeboten wurden.

„Mach hier irgendwas kaputt und du bezahlst es", rief George ihm daraufhin hinterher. Es war definitiv kein Scherz.

Als sie zu viert – Ginny, Bill und Fleur waren bei den DA-Mitgliedern im Verkaufsraum geblieben – in dem leeren, nur ca. 3 mal 4 Meter kleinen Lagerraum angekommen und Hermine die Tür hinter sich verschlossen hatte, löste Malfoy den Luftblasenzauber und zum ersten Mal sahen sie direkt sein Gesicht. Er sah fürchterlich aus. Nicht nur dass er offenbar um seine wahre Identität zu verschleiern Muggelkleidung trug, die ihm zu groß war und die auch sonst so gar nicht zu ihm passte, sein Gesicht war schwer gezeichnet. Seine blonden Haare waren fettig und ungekämmt, sein Gesicht eingefallen, unrasiert und extrem blass, seine Augen rot und von tiefen Augenringen gezeichnet. Er sah aus, als habe er tagelang nicht geschlafen oder geduscht, zudem ging von ihm ein schwerer Geruch von Schnaps und kaltem Schweiß aus, der praktisch in dem Moment einsetzte, als die Luftblase um seinen Kopf verschwand. Dazu kam, dass er sich mit dem Rücken regelrecht gegen die Harry gegenüberliegende Wand drängte und immer noch schwer zitterte, ja, regelrecht bebte, während er versuchte, seinen schnell gehenden Atem so weit zu beruhigen, dass er wieder einigermaßen normal sprechen konnte. Für einen Augenblick hatte Harry Mitleid mit Draco und dem, was aus ihm geworden war: ein traumatisierter, völlig gebrochener Teenager, der offenbar schon lange einen verlorenen Kampf gegen viel zu viele Dämonen führte. Doch dann erinnerte er sich wieder, was Malfoy ihm all die Jahre angetan hatte, und wie er es genossen hatte, und in welchen Kreisen er verkehrte, und wem er Treue geschworen hatte, und das Mitleid erstarb. Oder wurde zumindest in einen weit entfernten Winkel seines Herzens verdrängt.

Harry sah in zusammengekniffenen Augen an.

„Also? Warum sind wir hier?"

Malfoy machte mehrere bewusste Atemzüge, um sich zu beruhigen.

„Ich..., ich bin hier, um euch zu warnen."

„Aha", sagte Harry kalt, der mehr erwartet hatte. „Und zwar vor?"

„Vor den Todessern."

„Sind nicht so nett wie gedacht, die Jungs, was?", spottete Ron, aber ohne dabei zu lachen. „So weit waren wir auch schon. Hätten wir dir sogar schon sagen können, bevor du diesem elitären Club beigetreten bist..."

„Ihr versteht nicht...", sagte Malfoy, nun noch kleinlauter als zuvor.

„Dann erkläre es uns", sagte Hermine mit etwas weniger Kälte in der Stimme als Harry und Ron.

Malfoy setzte zu einer Erklärung an, nestelte dann aber in seiner Tasche und holte ein Pergament hervor.

„Ihr würdet es nicht verstehen", sagte er leise. Dann sah er Hermine direkt an, mit dem Blick, den er ihr schon viel zu oft zugeworfen hatte. „Du schon gleich gar nicht."

„Vorsicht, Malfoy", drohte Ron und machte einen Schritt auf ihn, worauf dieser wieder zusammenzuckte.

„Was ist jetzt mit den Todessern?", fragte Harry barsch. „Spuck's aus!"

Malfoy reichte Harry mit zitternder Hand das Pergament.

„Sie, sie wollen euch töten", war alles, was er zustande brachte.

Harry schnaubte zynisch.

„Du wirst lachen, aber darauf sind wir auch schon gekommen. Spätestens seit sie angefangen haben uns mit Todesflüchen zu beschießen. Manche von ihnen kamen sogar an..."

Der letzte Satz hinterließ sichtbar Wirkung bei Malfoy. Seine Augen begannen in den Höhlen zu rollen, sein Atem beschleunigte sich wieder deutlich und seine Finger verkrampften sich zu Fäusten, bevor er sie an seine Hose drückte, um sie wieder unter Kontrolle zu bringen. Es war nicht schwer zu erahnen, dass er einen Flashback von der Schlacht hatte.

„L-ließ einfach den Brief, Potter", sagte er nach mehreren Sekunden. Und dann, nach einer weiteren längeren Pause: „Wir sitzen nun im selben Boot."

„Träum weiter, Malfoy", kommentierte Ron beißend.

Harry entfaltete den Brief, dabei genau beobachtet von Hermine, die zum Mitlesen an seine Seite kam, während Ron weiter Malfoy im Blick fixiert hatte und ihn dabei mit seinem von Vielsafttrank geschaffenen muskelbepackten, großen Körper demonstrativ einschüchterte, was Ron sichtbar gefiel.

„Von wem ist der Brief?", fragte Harry.

Malfoy seufzte.

„Crabbe Senior."

Harry las, was dort stand. Es waren nicht viele Worte. Es brauchte auch nicht mehr, denn die Botschaft war eindeutig.

An die Verräter

Ihr seid alle tot. Ihr habt euch für den falschen Weg entschieden und werdet den angemessenen Preis bezahlen. Lucius, du elender, peinlicher Flubberwurm, du wirst der Erste sein. Noch bevor dich das beschämende Shacklebolt-Regime verurteilen kann, werden wir dich holen und töten. Dann wirst du folgen, Narcissa, und schließlich du, Draco. Du bist schuld an Vincents Tod, und du wirst dafür qualvoll sterben. Als nächstes werden die Blutsverräter folgen. Erst Shacklebolt, diese abscheuliche Beleidigung des Ministeramtes. Dann die Weasleys, schließlich Potter und zuletzt das Schlammblut. Danach werden wir auf den Trümmern dieser blutsverdorbenen eine neue Gesellschaftsordnung aufbauen, die sich nach den einzig wahren Werten richtet. Blut und Status. Ersteres habt ihr besudelt, letzteren in Schmach verloren. Wir sehen uns. Schneller als ihr denkt.

Euer alter, betrogener Freund Crabbe

„Nett", brummte Harry sarkastisch, als er fertig war, und reichte Malfoy den Brief.

Malfoy machte keine Anstalten ihn zurückzunehmen.

„Behalte ihn. Ist eine Kopie."

„Auch ok" sagte Harry, und steckte ihn in eine Hosentasche. „Aber was davon, außer dass er auch euch umbringen will, ist davon neu? Was war daran so wichtig, dass du uns unbedingt sehen musstest?"

Malfoys Gesicht verfinsterte sich, bevor es völlig zu einer Grimasse wurde. Harry sah, wie der Zorn in Malfoy aufflammte, und kurzzeitig die Angst verdrängte.

„Ich wusste, dass es ein dumme Idee war! Dass ihr nicht dankbar sein würdet! Aber Mum wollte ja unbedingt, dass ich euch persönlich „Danke" sage, weil ihr mein Leben gerettet habt. Gut, dann sage ich es eben. Danke! Aber damit sind wir jetzt wenigstens quitt. Wenn ihr zu arrogant seid, die Warnung anzunehmen, dann kann ich euch auch nicht helfen. Und will es genaugenommen auch nicht!"

Malfoy raschelte mit der Tasche, die er die ganze Zeit bei sich trug.

„Hier drin ist noch etwas von euch. Niemand von uns will es, weil es stinkt! Nach Armut, Blutsverrätern und Katzenpisse. Passt zu euch!" Seine Augen loderten nun. „Ihr wart eine Schande für die Zauberergesellschaft und werdet es auch bleiben! Und jetzt hoffe ich, dass ich euch nie wieder sehen muss."

Malfoy begann Richtung Tür zu laufen, wobei er aber trotz seiner kurzzeitig wiedergefundenen Arroganz den Weg nahm, der am weitesten von Ron entfernt war, der nun mit hochrotem Kopf und geballten Fäusten dastand und sich beherrschen musste, nicht auf Malfoy loszugehen.

„Da sind wir ausnahmsweise mal einer Meinung", knurrte Harry zwischen zusammengepressten Lippen.

Nur Hermine behielt einen einigermaßen normalen Ton.

„Du kommst also nicht zurück nach Hogwarts?", fragte sie.

Malfoy starrte sie an, als hätte sie ihn um ein Date gebeten.

„Ganz sicher nicht! Hogwarts ist unrettbar verloren mit all dem Gesindel, das sich da rumtreibt! Ich will dieses Rattenloch nie wieder sehen oder auch nur davon hören! Die ganze verkommene Brut da! Eine Schande! Und ihr mittendrin! Auf hoffentlich Nimmerwiedersehen!"

Draco knallte Harry, Ron und Hermine die Tasche mit dem Zelt vor die Füße, warf den dreien dann noch einen undefinierbaren Blick zu, der irgendwo zwischen, Wut, Arroganz, Angst und Verachtung angesiedelt war, verließ den Raum schnellen Schrittes und knallte von außen die Tür zu.

„Immer wieder ein Vergnügen, nett mit ihm zu plaudern", grollte Ron mit zusammengekniffenen Augen. „Wir haben ihm das Leben gerettet, zweimal sogar, und er glaubt, nach so einer 0815-Warnung seien wir quitt? Dabei hat er nichts erwählt, was wir nicht eh ahnten. Was für ein Idiot!"

„Er war und ist eben ein arrogantes Arschloch", konstatierte Harry. „Ich bin froh, wenn ich ihn nicht mehr sehen muss."

„Ich ebenso", pflichtete ihm Hermine bei. „Aber wir sollten den Brief trotzdem ernst nehmen. Crabbe Senior läuft weiter frei herum, genauso wie weitere Todesser. Und mit dem Tod von Vincent hat er nur noch ein weiteres Motiv, und nach dem Leben zu trachten."

„Ja, leider", sagte Harry betrübt. „Aber seit wann nennst du Crabbe Vincent?"

Hermine errötete leicht.

„Äh, keine Ahnung. Seit er, äh, tot ist?"

„Vincent klingt einfach falsch", erwiderte Harry. „Wie ein etwas verzogener Bengel. Nicht wie ein fanatischer Todesser, der uns erst mit Todesflüchen killen und anschließend grillen wollte."

„Wie auch immer", sagte Hermine, während Harry sich daran machte, die Tasche mit dem Zelt zu öffnen, in dem sie so viele Monate gelebt hatten und das ihnen dann von den Greifern bei ihrer Gefangennahme abgenommen worden war. Offenbar war es die ganze Zeit über in Malfoy Manor gewesen. Und trotz der furchtbaren Zeit, die sie in ihm verbracht hatten, und trotz des Umstandes, dass es tatsächlich noch immer nach Katzenpisse stank – hier hatte Malfoy völlig recht – war Harry froh, es wieder zurück zu haben. Und sei es bloß als abschreckendes Erinnerungsstück. Doch vielleicht würde er es auch wieder brauchen. Er hoffte zwar wirklich nicht, dass er noch einmal gezwungen war, sich in ihm verstecken zu müssen. Aber wusste er es? Konnte er sich da wirklich sicher sein? Bei derart vielen Todessern, die noch frei herumliefen? Harry strich in Gedanken über den Stoff, während er über die Zukunft nachdachte. Zu seiner Überraschung stieß er dabei auf etwas Hartes und Holziges. Harry tastete sich verwundert voran und zog plötzlich zu seinem Erstaunen zwei knapp einen Fuß lange Hölzer aus dem Zelt.

„Ähm, sind das eure...?"

Hermine und Ron sahen Harry sprachlos und mit großen Augen an. Es dauerte einen Moment, bis sie realisierten, was gerade passiert war. Harry hielt tatsächlich ihre beiden verloren geglaubten Zauberstäbe in der Hand.

„Ich glaube, wir wissen nun, warum er uns wirklich treffen wollte", sagte Hermine eine Weile später, nachdem sie voller Freude mehrere komplizierte Zaubersprüche getestet hatte und alle genau so funktioniert hatten, wie sie es sich vorgestellt hatte. „Es ging nicht um den Brief, vermutle ich zumindest, und sicher nicht um das Zelt. Es ging darum, uns die Zauberstäbe zurückzugeben. Das musste er persönlich machen, denn per Eule wäre es nicht gegangen."

„Wenn es denn Malfoys Idee war", warf Ron ein. „Könnte auch von seiner Mum ausgegangen sein und er war nur der Bote."

„Wäre ebenso möglich, Ron", sagte Hermine. „Wir werden es wohl nie erfahren."

Ron nickte bestätigend.

„Und ich werde definitiv nicht fragen."

Harry hingegen schwieg.

„Harry?", fragte Hermine, als sie sah, dass er unfokussiert Richtung Tür starrte.

Harry seufzte.

„Es ist nichts, Hermine. Ich habe mich nur gerade gefragt, was ich mit seinem Zauberstab tun soll. Nun, da er euch eure zurückgegeben hat. Auch zurückgeben? Das will ich nämlich ehrlich gesagt nicht."

Ron schüttelte sofort den Kopf.

„Nein, er hat definitiv hinreichend klar gemacht, dass er uns nicht mehr sehen oder von uns hören will. Daran halte ich mich und das solltest du auch tun."

„Was meinst du, Hermine?"

„Ron hat nicht ganz unrecht. Wir wissen nicht, ob er uns die Zauberstäbe bewusst zurückgegeben hat. Und wir wissen nicht, ob er die Formulierung genau im Hinblick auf seinen Zauberstab gewählt hat. Aber im ersten Moment war er sehr klar. Wenn du willst und dich dadurch besser fühlst, kannst du natürlich trotzdem darüber nachdenken..."

Harry nickte.

„Später vielleicht."

„Die Frage ist ohnehin, könnte er mit seinem Zauberstab noch so viel anfangen", fuhr Hermine fort. „Mr. Olivander hat doch sehr klar gemacht, dass er die Gefolgschaft gewechselt hat und nun dir dient. Oh, da fällt mir ein, wir sollten das auch bei unseren Zauberstäben abklären, Ron. Meiner fühlt sich zwar an wie eh und je, aber ich finde es doch wichtig, es noch einmal professionell prüfen zu lassen. Und vielleicht auch gleich noch einmal checken lassen, ob die Zauberstäbe mit schwarzer Magie belegt wurden."

Ron zuckte zusammen bei Hermines letzten Worten.

„Nur für den Fall der Fälle", schob sie hastig nach. „Ich kann es mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Aber sicher ist sicher. Am besten, wir brechen gleich auf. Was meint ihr? Wahrscheinlich geht es sehr schnell und wir können danach ja noch mal herkommen."

„Stimmt", sagte Harry. „Es ist nur ein kurzes Stück, aber wir sollten trotzdem den Tarnumhang nutzen. Jetzt da Malfoy uns gesehen hat."

„Gute, Idee Harry! Dann los!", rief Hermine. „Lasst und keine Zeit verlieren!"

„Ähm, Hermine...?", nuschelte Ron.

„Was, Ron?", fragte Hermine brüsk. „Hat das nicht noch Zeit bis später?"

Ron schüttelte den Kopf.

„Wir, äh, werden wieder wir."

„Was? Ah, der Vielsafttrank! Wir sollten noch einen Schluck nehmen, bevor wir aufbrechen." Hermine kramte in ihrer Perlenhandtasche und holte ihr Fläschchen hervor. „Woher hast du es gesehen? Ihr seht noch genauso aus wie im Fuchsbau."

Ron druckste rum, ohne einen klaren Satz herauszubringen, was Hermine auf die Palme trieb.

„Deine, ähm..., naja..."

„Was Ron? Sprich mit mir! Ein Wort nach dem anderen, es ist ganz einfach!"

Ron versuchte es erneut, schaffte es aber nur, rot anzulaufen.

Schließlich erbarmte sich Harry und erlöste ihn.

„Naja, Hermine, also, was Ron wohl sagen wollte, ist naja: Ähm, deine Brüste werden kleiner."

Hermine sah in ihren recht tiefen Ausschnitt und wurde ebenfalls etwas rot.

„Äh, oh! Dann danke für das aufmerksame Beobachten, Jungs..."

„Keine Ursache", murmelte Ron mit roten Ohren, bevor er in ein leicht dümmliches Grinsen verfiel und seine Schuhe betrachtete.