Kapitel 1

Harry Potter ist tot. Er ist getötet worden, als er weggerannt ist und versucht hat sich selbst zu retten, während ihr eure Leben für ihn aufs Spiel gesetzt habt. Wir bringen euch seinen Leiche als Beweis, dass euer Held tot ist.

Die Schlacht ist gewonnen. Ihr habt die Hälfte eurer Kämpfer verloren. Meine Todesser sind euch überlegen und der Junge der Überlebt hat ist besieg. Es darf keinen Krieg mehr geben. Jeder der sich weiter Widerstand leistet, Mann, Frau oder Kind, wird abgeschlachtete werden, genauso wie ihre Familien. Kommt jetzt aus dem Schloss, kniet vor mir nieder und ihr sollt verschont werden. Eure Eltern und Kinder, eure Brüder und Schwestern werden leben und ihnen wird vergeben werden und ihr werdet mit mir in diese neue Welt gehen, die wir gemeinsam aufbauen werden.

Hermine fiel auf die Knie.

Harry Potter ist tot.

Ihr war kalt. Blut war auf ihrem Gesicht und trocknete auf ihrer Haut. Sie erinnerte sich nicht daran, ob es ihrs war. Schmutz war unter ihren Nägeln und Galle in ihrem Mund.

Sie hörte wie Ron etwas zu ihr sagte, etwas Unsinniges. Etwas darüber weiterzukämpfen.

Wenn Harry tot war...

Sie hatte schon seit sieben Jahren Albträume über diesen Moment. Darüber was sie als nächstes tun musste. Sie ist die Befehlskette durchgegangen. Zuerst McGonagall. Falls McGonagall fallen sollte, wäre Kingsley an der Reihe. Dann Remus. Aber nach ihnen allen, würden sie und Ron die neuen Gesichter der Revolution sein müssen.

Euer Held ist nicht mehr da.

Sie stand taumelnd wieder auf. Ron half ihr nach oben.

Sie hätte ihn nicht küssen sollen. Sie hätte nicht so tun sollen, als ob es Normalität in ihrem Leben gibt. Die Welt ging gerade unter.

McGonagall schrie. Hermine drehte sich zum Eingang des Schlosses und sah Hagrid, wie er einen Körper trug.

Er sah so klein aus, seine Haare standen noch immer in alle Richtungen ab.

Sie spürte, wie ein Schreien aus ihrem eigenen Mund kam, als Ginny nach vorne rannte und seinen Namen schrie.

Sie beobachtete Ginnys Gesicht, fragte sich wie es sich anfühlen musste, seine große Liebe tot vor sich liegen zusehen. Und ihre Augen wanderten suchend zu den Gesichtern der Todesser, die auf sie zukamen...

Ein Kopf mit blonden Haaren bewegte sich schnell durch sie hindurch. Hermines Herz pochte, während sie der Gestalt mit ihrem Blick folgte. Das Blond huschte durch die Reihen, bis es sich schließlich abwand und zu einem Seiteneingang ging. Es war Narcissa Malfoy. Hermine schaute sich um und sah, dass alle Augen auf Hagrid lagen, wie er Harrys Körper vor Voldemorts Füßen ablegte.

Niemand sah, wie die schlanke Frau sich ins Schloss hinfort schlich. Niemand außer Hermine.

Sie drehte sich um. Ron hielt Ginny fest, Tränen strömten über sein Gesicht. McGonagall stand aufrecht da, Zauberstab bereit. Die noch übrigen Weasleys waren hinter ihr. Kingsleys Augen wanderten über die Todesser, so als ob er sie zählen würde.

Wenn Narcissa Malfoy etwas plante, dann musste sie ihr folgen. Hermine konnte sie nicht davon kommen lassen.

Voldemort freute sich noch immer und redete voller Stolz vor der versammelten Menge. Sie schlüpfte nach links hintere mehrere Schüler und ging geduckt auf die Steinmauer zu. Sie warf einen letzten Blick auf Harrys Körper. Sie schaute zu Ron und Ginny, die sich zum Kämpfen bereit machten.

Gerade als sie in einen Gang verschwinden wollte, rannte Neville nach vorne. Voldemort betäubte ihn mit einem lauten Knall und er flog nach hinten.

Mit der ganzen Aufmerksamkeit auf Neville, verschwand Hermine unbemerkt.

Sie schlüpfte zurück in die Menge, verfolgte die seidigen blonden Haare, durch die Todesser zu einer Seitentür. Hermine beobachtete wie sich die Tür hinter Narcissa schloss.

Schreie ertöten hinter ihr. Sie hasste es, dass sie Neville durch den Klang seiner Schreie identifizieren konnte. Ihre eigenen Erinnerungen wurden hervorgerufen, als sie das vertrauten Gackern von Bellatrix wahrnahm.

Hermine huschte in die leere Eingangshalle und schaute auf die endlosen weißen Laken in der Großen Halle. Madame Pomfrey schaute zu ihr auf, die einzige lebendige Seele zwischen all den Toten.

„Was passiert da draußen Granger?" ihre Stimme zitterte.

„Harry ist tot." Sie hörte wie ihre Stimme ihre Lippen verließ.

Pomfrey wurde blass.

„Ich glaube, dass wir bald kämpfen werden.", fuhr sie fort. Sie beobachtete, wie die Lippen der Heilerin zitterten.

Hermine blinzelte. Drehte sich um und ging in die Richtung, in die Narcissa Malfoy verschwunden war.

Es musste der Schock sein. Sie ging es in ihren Gedanken noch einmal durch – Harry war tot und sie jagte Narcissa Malfoy durch ein leeres Schloss.

Hermine bog in einen leeren Flur ab, Trümmer lagen in den Ecken. Sie hatte das Schloss noch nie so gespenstisch gesehen.

Tot.

Stimmen kamen aus einem Seitengang. Hermine drückte sich gegen die Wand, kalte Steinen im Rücken und spitzelte um die Ecke.

Zwei blonde Köpfe.

Sie schreckte zurück, ihr Schädel schlug gegen die Wand hinter ihr, als sie sich eilig versteckte. Sie kniff ihre Augen zusammen und lauschte trotz dem Pochen in ihrem Kopf.

„...an der Zeit zu gehen. Wir werden deinen Vater treffen ... nach Frankreich..." Sie konnte nur Bruchteile von Narcissas schnellem Flüstern hören.

„Ich werde nicht gehen." Draco Stimme klang entschlossen.

Eine sanfte Wärme durchdrang Hermines Panik, als sie realisierte, dass Narcissa Malfoy keinen Masterplan hatte. Sie riskierte einfach nur ihr Leben, um nach ihrem Sohn zu suchen.

„Wohin gehst du?"

„Du hast sie nicht auf dem Hof gesehen?"

„Ich habe nach dir gesucht." Schwere Schritte. „Hast du mich gehört?", fragte Narcissa. „Potter ist tot."

„Ja, ich habe dich gehört." Dracos Stimme war näher bei ihr. Er kam auf sie zu. Hermine hechtete den Weg zurück, den sie gekommen war, fand eine kleine Besenkammer und versteckte sich darin.

Ihr Herz schlug so laut, dass sie kaum noch etwas von dem verstehen konnte, was die Malfoys sagten. Dracos schnellen Beine trugen ihn an der Tür vorbei, Narcissa direkt hinter ihm. Hermine spitzelte aus der Kammer und beobachtete, wie er davon lief.

Die Dinge waren dabei exponentiell schwieriger zu werden. Sie würde zur Eingangshalle zurückkehren müssen. Sie würde eine Bestandsaufnahme darüber machen müssen, wer überlebt hatte, während sie hinter den Malfoy her gerannt war, und so getan hat, als ob es für das große Ganze gewesen ist. Sie würde Ginny und Ron trösten müssen und versuchen, sich von ihnen trösten zu lassen – falls sie sie finden konnte.

Was wenn sie es verpasst hatte? Alles verpasst hatte. Was wenn sie zur Eingangshalle zurück kam und die Leichen ihrer Freunde dort lagen, und darauf warteten, dass es ihr gleich erging.

Vielleicht würde sie nicht zurück gehen. Sie könnte sich mit den anderen Schülern treffen, die dazu gezwungen waren, die Schule zu verlassen, bevor all das angefangen hatte. Sie könnte versuchen so viele Informationen wie möglich zu sammeln und wenn nur noch sie übrig waren, würde sie sie organisieren müssen. Und falls, auf wundersame Weise ein paar ihrer Freunde überlebten, würden sie sich irgendwo in der Mitte treffen.

Sie starrte den Gang entlang in den Draco Malfoy verschwunden war, er war vermutlich auf dem Weg zum Hof, um nach derjenigen Ausschau zu halten, wegen der er sich nicht nur seiner Mutter, aber auch dem Dunklen Lord widersetzt hat. Sie presste ihre Lippen zusammen.

Er hatte sie auf dem Malfoy Anwesen verschont, sie alle drei. Natürlich hatte er sie alle erkannt. Genauso wie sie ihn unter Hunderten wiedererkennen würde, wusste sie, dass er das gleich tun konnte. Sie hatte ihre Haare und ihre „besserwisserische" Haltung.

Sie kannte die Länge seiner Schritte. Wie verblüfft sie im fünften Jahr gewesen ist, als er gewachsen und fast so groß wie Snape war. Es war fast so, als ob sie ihn sich nochmal neu an ihn erinnerte.

Natürlich kannte sie die Farbe seines Blondes. Ein Leuchtfeuer in der Dunkelheit, aber nachdem sie ihn mit seinen Eltern, bei der Quidditch Weltmeisterschaft und ein paar andere Male gesehen hatte, konnte sie seinen Blond unter den Drein herauserkennen. Er hatte den gleichen Blondton wie Narcissa, aber die Art seiner Haare war wie bei Lucius.

Die Art, wie er seine Augenbrauen nach oben zieht, kurz bevor er einen verheerenden, witzigen Kommentar abgab, hatte sich in ihr Gedächtnis eingebrannt. Die Art, wie sich seine Lippen verzeihen, bevor er grinst, verfolgte sie bis in die dunkelsten Ecken ihres Verstandes. Die Leblosigkeit in seinen Augen, die sich erst vor kurzem entwickelt hat, war in ihrem Unterbewusstsein verankert. So als ob er keine Seele hatte. Zu mindestens keine, die sie sehen durfte.

Und die wenigen Male, in denen er gelächelt hat. Ein echtes Lächeln. Als er Pakete von seiner Mutter am Frühstückstisch geöffnet hat. Bei einem richtig gutem Quidditch Spiel. Als Blaise Zabini ihm etwas während dem Zaubertrank Unterricht zugeflüstert hat. Sie hatte das Gefühl, dass es schon Jahre her ist, seit sie ihn so lächeln hat sehen.

Um ihrer selbst willen hoffte sie, dass er und seine Familie nach Frankreich fliehen würden. Wenn sie seine breiten Schultern unter den Todesser Roben sehen würde, während er Flüche in ihre und die Richtung ihrer Armee schickte würde, war sie sich nicht sicher, ob sie dazu in der Lage sein würde –

Stupor!"

Und ihr letzter Gedanke, bevor sie auf den vertrauten Steinboden ihrer alten Schule zusammenbrach war, dass sie es hätte wissen müssen, dass sich um ihn zu sorgen, ihr Ende sein würde. Abgelenkt, entwaffnet und zerstört.