Kapitel 10
Das Gift arbeitete sich während der Nacht seinen Weg durch ihren Körper und ließ ein träges Summen in ihren Venen am nächsten Morgen zurück. Als das Adrenalin des ursprünglichen Schocks verblasste, spürte sie die nächsten paar Tage die Nachwirkungen, wie ein Bleigewicht.
Mippy ploppte immer wieder mit Tränken ohne Etikett in ihr Zimmer. Sie fragte die Elfe, was in dem kleinen Fläschchen war, aber sie sagte nur: „Für die Miss! Für die Miss zum heilen!"
Am dritten Tag ihrer gedämpften und benommenen Genesung, verweigerte sie den Trank. Es war möglich, dass ihre langsame Erholung nicht durch das Gift, sondern durch das Gegenmittel kam, das sie einnahm. Mippy sprang von einem Fuß auf den anderen und warf ihr immer mehr und mehr Gründe wie eine kaputte Schallplatte an den Kopf, damit sie es nahm.
„Aber Miss! Miss war verletzt! Der Trank macht, dass es der Miss besser geht!"
„Aber die Miss ist schwach! Das macht sie stärker!"
„Miss will, dass es ihr gut geht? Trink!"
„Master Draco macht ihn speziell für die Miss. Damit es ihr besser geht!"
Dieser Satz lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie schaute die kleine weibliche Elfe an, wie sie ihr eine lilanen wirbelnden Trank hinhielt. Draco hat diesen Trank gemacht? Oder hat Draco irgendwie an dem Trank rumgedoktert?
„Nein. Danke." Sie drehte ihren Kopf von den großen Augen der Elfe weg und dachte darüber nach, wie einfach es war einen kleinen Zweig Affodill-Wurzel in fast jeden Trank zu geben. Oder...
Den Magie Unterdrückungstrank mit Minz-Geschmack, den die Krankenschwestern ihr in den Zellen im Ministerium gegeben hatten. Den sie allen Sklaven gegeben hatten.
Die Malfoys mussten sie dosieren, aber... vielleicht hatten sie den Unterdrückungstrank weiterentwickelt, sodass er nach nichts schmeckte? Sie versuchte sich daran zu erinnern, ob irgendetwas, das sie gegessen hatte, einen seltsamen Pfefferminz Nachgeschmack gehabt hatte.
Vielleicht war ihre Genesung deshalb so schwierig. Heilungstränke gemischt mit starken Dosen an Magie Unterdrückern.
Mippy verschwand mit dem nicht getrunkenen Zaubertrank und Hermine entschied sich gegen ein Abendessen an diesem Abend.
Sie wachte mitten in der Nacht auf, umklammerte ihren Arm, schwitzte und ihr Kopf pochte. Sie hat schon schlimmeres durchgemacht. Sie wusste, dass sie es überleben konnte. Ihr Blut fing nach zehn Minuten zu kochen an. Schweiß bedeckte ihre Haut und wurde von den Laken aufgesogen. Was auch immer Dracos Zaubertrank war, er war offensichtlich besser als das hier. Sie quälte sich weitere zwei Stunden, bevor sie ein zittriges „Mippy" in das leise Zimmer flüsterte. Die Elfe erschien und half ihr beim Trinken.
Sie lag den ganzen Tag und die ganze Nacht schlapp im Bett, während das Gift aus ihrem Blut gewaschen wurde. Es befreite ihren Geist geradezu. Sie starrte stundenlang vor sich hin und stellte sich Bellatrix Atem auf ihrem Gesicht vor, ihr grelles Lachen. Dann fügte sie zusammen, an was sie sich von Draco erinnerte. Er schien wie aus dem Nichts aufgetaucht zu sein. Er war wie versteinert, als seine Tante das Zimmer verlassen hatte und machte dann ruckartige, hastige Bewegungen, als er sie geheilt hatte.
Er hatte sie geheilt.
Es war ihm wichtig gewesen, sie zu heilen.
Auf eine Weise, die der Dunkle Lord unmöglich gutheißen könnte.
Auf eine Weise, die sie glauben ließ, sie sei mehr als 65.000 Galleonen wert.
Er hatte das Blut von ihren Lippen gewischt und es auf den flauschigen Teppich gespuckt, so als ob er einen neuen kaufen könnte. Er hatte das Gift aus seiner Hure gesaugt, als ob er keine neue kaufen könnte.
Seine unberührte Hure. In ihrer eleganten Suite.
Ihre Augen schlossen sich, sie wurde schläfrig und erinnerte sich daran, wie seine Haut sie umgeben hatte.
Narcissa besuchte sie oft. Sie bot ihr an Bücher aus den Regalen zu holen, ihr frische Schlafklamotten zu bringen und ihre Essenswünsche entgegenzunehmen.
Am vierten Tag drehte sie sich von ihrem Bett weg und sagte: „Es ist so ein schöner Tag. Vielleicht können wir nachmittags spazieren gehen."
Ihre Augen wanderten zu Hermines Arm und wieder zurück, wo ihre eigene Schwester sie zwei Mal geschnitten hatte.
„Nein.", sagte Hermine. „Ich habe nicht wirklich Lust auf einen Spaziergang. Aber Danke." Sie beobachtete und wartete. Sie fragte sich, wie weit sich ihre unerlaubte Freiheit erstreckte.
Narcissa lächelte freundlich. „Dann lass ich dich mal in Ruhe."
Sie sammelte die Bücher auf, die Hermine fertig gelesen hatte, ließ sie zu den Bücherregalen gleiten und ging auf die Tür zu. Sie hielt mit ihrer Hand auf dem Türknauf inne.
„Meine Schwester... kann nicht entschuldigt werden. Aber sie ist mein Blut, also muss ich sie immer entschuldigen." Narcissa drehte sich wieder zu ihr zurück. „Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört, ihre Handlungen gut zu heißen. Und sie hat aufgehört, meine gut zu heißen. Aber ihr Verhalten spiegelt nicht dieses Haus oder seine Bewohner wider."
Narcissa nickte ihr zu und ging.
Irgendwie hatte Hermine unglaublicher Weise immer und immer weniger mit diesem Konzept zu kämpfen.
Sie fing an am Morgen aus ihrem Bett aufzustehen und im Zimmer umherzugehen. Ihre Muskeln taten weh, aber es wurde jeden Tag einfacher.
Es ist zehn Tage her gewesen, seit sie von der Barriere einen Elektroschock verpasst bekommen hatte und vergiftet wurde und zehn Tage, seit sie einen der Malfoy Männer gesehen hatte. Sie zog sich langsam an, entschlossen aus dem Bett aufzustehen und ihr Zimmer zu verlassen.
Die Portraits zischten sie im Vorbeigehen an und murmelten Dinge über ihr schmutziges Blut. Ein älterer Mann mit den gleichen langen blonden Haaren wie Lucius, aber mit einem runderen Gesicht und Bauch, zischte sie an, als sie an seinem Porträt vorbeikam und sagte: „Eine Schande. Wir hätten sie zu unserer Zeit im Kerker weggesperrt."
Sie grinste ihn spöttisch an, als sie ihre Finger über den kunstvollen Rahmen wandern ließ, während er vor Empörung keuchte.
Es war schwer für sie keinen Zweck zu haben. Seit sie elf war, hatte Harry sie gebraucht. Sie wusste über Dinge Bescheid. Sie hatte Antworten. Und wenn sie die Antworten nicht kannte, konnte Sie sie nachschlagen.
Aber jetzt konnte sie bestimmte Fragen auch nicht mit Büchern beantworten. Sie hatte überlebt und wurde aus unverständlichen Gründen beschützt. Alles, was die Leute, die sie gefangen hielten, von ihr zu verlangen schienen, war, zu existieren. Sie hatte sich in den letzten Tagen ein Dutzend mögliche Motive durch den Kopf gehen lassen, eines absurder als das andere. Sie waren Sympathisanten des Ordens. Doppelagenten. Sie haben sie für den Fall gerettet, dass Voldemort besiegt werden würde und sie eine Verhandlungsbasis bräuchten.
Was auch immer der Grund dafür war, sie zu beschützen, eines war sicher: Leute starben. Ihre Freunde starben. Sie hatte bereits zu viel Zeit verloren.
Sie schob die Bibliothekstüren auf und ging schleppend zu den Büchern über Dunkle Magie.
Es schien, als hätte sie mehrere Probleme.
Erstens hatte Voldemort den Elderstab – etwas, in das sie nie so viel Vertrauen gesteckt hat, wie Harry es getan hat. Sie hatte sich immer mehr für Horkruxe interessiert. Sie waren greifbarer und kamen nicht aus Märchen.
Was sie zu ihrem zweiten Problem brachte: Nagini. Es waren nur noch zwei Menschen am Leben, die von Voldemorts letztem Horkrux wussten: Sie und Ron. Sie erinnerte sich daran, dass Neville im Hof auf die Schlange zugelaufen war, aber sie konnte sich nicht sicher sein, dass er von ihrer Wichtigkeit wusste. Wenn jemand dazu in der Lage war, Voldemort zu besiegen, dass mussten sie oder Ron sicherstellen, dass die Schlange tot war. Das schien ein so weit entferntes Problem zu sein.
Das Medaillon, der Kelch, das Diadem und das Tagebuch waren alle weg. Eine Woge von ungebetenen Erinnerungen stieg in ihrem Verstand auf. Parsel, gemeinsame Träume, Gedankenverbindungen. Als sie gedacht hatte, das Harry vielleicht... Sie wischte ihre feuchten Hände an ihrer Hose ab und zwang den Gedanken beiseite. Nicht davon spielte mehr eine Rolle.
War Nagini wirklich der letzte? Oder hat es noch mehr gegeben? War seine Seele stabil genug dafür?
Hermine streckte ihre Hand nach einem Buch aus. Als sie ihren linken Arm hochgestreckte, wurde sie an ihr drittes Problem erinnert. Die Tätowierungen. Ohne Draco würde sie das Anwesen nicht verlassen können. Sie könnte alle Nachforschungen dieser Welt anstellen, alle Fragen beantworten und trotzdem wäre es sinnlos, wenn sie nicht gehen und jemanden darüber informieren konnte.
Wenn sie nur mit George Kontakt aufnehmen könnte. Einen Weg finden könnte, mit ihm zu kommunizieren, auch wenn sie nicht gehen konnte. Aber wenn Voldemort noch einmal in ihre Gedanken schauen würde...
Sie schlug das Buch über Horkruxe auf, dass sie sich letzte Woche angesehen hatte und suchte nach der Passage über Dämonsfeuer, die sie noch einmal lesen wollte –
Sie schloss das Buch schnell wieder. Ihre Gedanken... die Bilder, die sie sah... die Dinge, die sie las...
Voldemort konnte alles sehen.
Es waren nicht nur ihre wichtigen Erinnerungen, zu denen er Zugang hatte. Er konnte alles sehen, was sie tat, egal wie banal es war. Seiten und Wörter und Informationen. Ihre Lieblingssachen.
Sie legte das Buch mit zitternden Fingern zurück, da sie wusste, dass es ausreichte, Horkruxe zu recherchieren, um sich zu belasten. Sie hat noch nie zuvor Angst vor ihrem eigenen Verstand gehabt. Aber ihr Wissen würde sie verraten, wenn Voldemort erneut Legilimentik an durchführen würde.
Sie starrte auf die Bücher und Regale einer Bibliothek, die so dunkel und mächtig war, dass sie Voldemort und seinen Elderstab besiegen könnte. Wenn nur die richtige Person die Seiten in die Hand nehmen würde. Aber Hermine wurde bewusst das sie nichts davon verwenden konnte.
Sie ging einen Schritt zurück und atmete tief durch. Es gab nichts, was sie erforschen konnte. Nichts war sicher. Sie blinzelte schnell, während sie die Bücherreihen anschaute, konzentrierte sich auf ihre Atmung und spürte einen stechenden Schmerz zischen ihren Rippen.
Ihr Verstand war nicht mehr ihr eigener. Sie spürte seine Präsenz in ihrem Inneren, glitschig wie Öl. Es war fast zwei Wochen her, seit er in ihr Bewusstsein eingedrungen war. Vielleicht würde er es nicht wieder tun. Aber konnte sie sich darauf verlassen?
Sie lehnte sich zurück, gegen die Regale, schloss ihre Augen und versuchte einen Ausweg zu finden.
Ein raschelndes Geräusch zu ihrer Linken ließ sie ihre Augen aufreißen. Ein Buch glitt von einem Regal weiter hinten den Gang hinunter und schwebte hervor, als wäre es gerufen worden. Sie drehte sich blinzelnd um, um zu sehen, ob jemand vorne beim Katalog war.
Niemand.
Das Buch schwebte in der Luft. Hermine ging den Gang hinunter, vorsichtig auf das Buch zu. Nahe genug, um es ergreifen zu können und las den Buchrücken.
Gedanken Tricks für Anfänger.
Ihr Herz stolperte in ihrer Brust, als sie ihre Hand nach dem dünnen Buch ausstreckte. Es fiel in ihre Hand wie ein Apfel von einem Baum. Sie starrte mit leeren Blick eine Minute lang auf den Umschlag, bevor sie um die Ecke blickte – vielleicht spielte ein Mitglied der Familie ein Spiel mit ihr? Aber niemand war dort. Hermine zog sich wieder zurück und blätterte mit zitternden Fingern zum Inhaltsverzeichnis.
Okklumentik und Legilimentik.
Ein Buch über das Abschirmen von Gedanken. Hermine runzelte die Stirn und fragte sich, ob der Katalog ihr ohne zu fragen seine Hilfe zur Verfügung gestellt hatte.
Okklumentik würde der beste Schutz vor Voldemorts Nachforschungen sein, aber es war eine magische Fähigkeit. Und sie hatte keine Magie. Geschweige denn mehrere Jahre Zeit, die es brauchen würde, um es zu lernen, damit sie Voldemort komplett aus ihrem Verstand draußen halten konnte.
Sie las die Kapitelüberschriften:
Meditation
Seinen Verstand befreien
Mauern und Türen
Von dem wenigen, was sie durch ihr eigenes lesen über Okklumentik wusste und Harrys Unterricht, benötigte man einen fokussierten Verstand. Sie hat sich immer eine Bemerkung verkniffen, wenn Harry über Snapes Methoden gemeckert hatte, während sie sich sicher war, dass ihr Verstand – ihr disziplinierter Verstand – mit weit weniger Gejammer hätte erfolgreich sein können.
Sie sah sich noch einmal nach schwebenden Büchern in der Bibliothek um und erwartete fast, dass Harry unter seinem Tarnumhang hervorkam und sie damit aufzog, dass sie den ganzen Tag zwischen Büchern verbrachte.
Ihre Augen brannten und sie schluckte, während sie mehrmals blinzelte. Sie schaute mit verschwommener Sicht wieder nach unten. Die ersten Kapitel klangen recht einfach, wahrscheinlich nicht magische Meditation.
Hermine schob das dünne Buch in einen großen Roman und ging langsam den Weg zurück zu ihrem Zimmer.
Sie ging an mehreren Türen vorbei, von denen sie wusste, dass sie zu privaten Arbeitszimmern und Wohnzimmern führten, als sie Stimmen hörte. Narcissas melodische Summen drang durch den Spalt in der Tür und Hermine stoppte, hörte zu und hielt ihren Atem an.
„Warum musst du es sein?", sagte Narcissa mit schneidender Stimme.
„Warum muss es irgendeiner von uns sein?", antwortete Lucius. „Er ist wahrscheinlich irgendwo bei seinem Abendessen eingeschlafen. Oder hatte einen Herzinfarkt, während er eine seiner Muggel-Huren bezahlt hat."
„Lucius, das könnte etwas ernstes sein."
Hermine ging näher heran, ihre Ohren hörten angestrengt zu, als Lucius etwas Leises und Besänftigendes murmelte.
„Seit wann?", fragte Narcissa.
„Einer Woche.", sagte Lucius, seine Stimme war jetzt näher bei der Tür. Hermine schrak zurück, erstarrt vor Schreck – aber es schien so, als ob Lucius auf und ab ging. Seine Stimme war wieder weiter entfernt, als er sagte, „Er hat drei Rufe ignoriert."
Hermines Augen weiteten sich, als sie auf ihre Füße starrte und die Bücher fester gegen ihre Brust drückte. Ein Todesser ignorierte Voldemort?
„Ihm ist etwas zugestoßen Lucius. Er würde niemals dem Dunklen Lord die Stirn bieten." Und dann leiser: „Er hat nicht den Verstand dafür."
Lucius zischte sie an. „Ich will nichts davon hören. Wir sind nicht in der Position, diese Gedanken zu denken."
Eine lange Pause. Dann seufzte Narcissa. „Wie lange wirst du weg sein?"
„Nur Übernacht."
„Kannst du nicht jemanden mitnehmen? Yaxley?"
„Alle anderen sind mit Macnairs Anwesen beschäftigt."
Hermines Gedanken drehten sich. Ron ist einmal auf dem Macnair Anwesen gewesen. Macnair hatte Ron, Angelina Johnson und Luna gekauft.
Wenn alle Todesser ihre Aufmerksamkeit auf das Macnair Anwesen konzentrierten... Wenn noch jemand komplett verschwunden war... irgendetwas passierte.
„Ich brauche" – Narcissa räusperte sich – „Ich muss nach dem Mittagessen sehen." Man konnte das kratzen von Stuhlbeinen über den Boden hören. „Wirst du dich für einen Tee zu mir setzten, bevor du gehst?"
„Ich... Ich habe einige Dinge –"
„Das ist mir egal. Ich werde dich zum Tee sehen."
Sie konnte mehrere hektische Schritte hören und Hermine duckte sich gerade noch rechtzeitig hinter einer Büste von Lucius Malfoy, als die Tür aufflog und machte sich so klein wie möglich, um nicht gesehen zu werden.
Narcissas Absätze entfernten sich klappernd auf den Steinen und als sie um die Ecke bogen, die in Richtung der Küche führte, richtete sich Hermine wieder auf und drehte sich leise auf ihrem Absatz um, um zu ihrem Zimmer zurückzurennen.
„Miss Granger.", rief Lucius aus dem Zimmer.
Hermine erstarrte, ihre Herz schlug ihr bis zum Hals. Wie hatte sie sich zu erkennen gegeben? Sie zwang sich dazu sich zu bewegen, trat in den Türrahmen und fand Lucius, wie er mit einer Schreibfeder auf dem Schreibtisch in einem beeindruckenden Arbeitszimmer schrieb. Er schaute nicht zu ihr auf.
„Ich nehme an, du hast wie ein kleines Kind an der Tür gelauscht?" Sein Gesprächston war lyrisch.
Die Anspannung in ihren Schultern schmolz dahin. Er würde sie nicht für das töten, was sie gehört hatte. Er verspottete sie einfach zu Tode. Sie wappnete sich selbst und nahm an, dass es höflich wäre das Zimmer zu betreten und –
Sie stolperte zurück. Es gab eine Barriere in der Tür. Ähnlich zu der auf ihrem Balkon. Sie konnte ihren Fuß nicht anheben, um hindurchzugehen.
„Oh, nein.", sagte er und lehnte sich in seinem Lederstuhl zurück. „Das war keine Einladung." Er zupfte mit seinen Fingerspitzen am oberen Ende seiner Schreibfeder und starrte sie an. „Ich nehme an du bist gekommen, um mir dafür zu danken, dass ich deinen zitternden und sabbernden Körper den Hügel hochgeschliffen und zurück hinter die Barriere gezogen haben."
Sie verengte ihre Augen, ihre Stimmung schärfte sich wie ein Messer auf einem Stein. „Ja, ich bin überrascht gewesen, dass du mich getragen hast –"
„Um Himmelswillen, nein." Er hob eine Augenbraue an. „Ich habe deinen Arm gepackt und dich hinter mir her geschliffen wie einen Hund."
Sie warf ihm einen Blick zu, sie wusste, dass das nicht wahr war. Aber er lenkte sie mit Absicht ab. Sie fragte sich, wie weit sie sich wagen konnte.
„Wer wird vermisst?"
Er legte seinen Kopf zu Seite und sie erwartete Stille oder eine weitere Beleidung oder ein verhöhnendes „Wie bitte?"
„Gregory Goyle.", sagte er und fügte noch „Senior." Hinzu.
Sie blinzelte ihn an, überrascht über seine ehrliche Antwort. Oder anscheinend ehrliche Antwort.
Wenn er die Wahrheit sagte, warum würde Goyle Voldemort gegenüber ungehorsam sein? Er war einer der wenigen, die sofort zu ihm zurückgekommen waren. Er ist auf dem Friedhof in Little Hangleton gewesen. Waren sie sich sicher, dass er noch am Leben war?
Sie schaute wieder zu ihm nach oben, Hermine wusste, dass Lucius ihr Gesicht las und wusste, dass ihr Verstand wie verrückt arbeitete.
„Ich gebe dir noch eine weitere Frage.", sagte er mit funkelnden Augen. „Sie sollte sich besser lohnen."
Sie spürte wie ihr Herz in ihrer Brust stolperte. Er wollte ein Spiel spielen? Hermine stand wie erstarrt da und wartete darauf, dass ihr die richtige Frage in den Sinn kam, als sie angewurzelt dastand.
Warum hat Draco mich gekauft?
Wer hat Zugriff auf Nagini?
Was hat George getan, um Voldemort zu verärgern?
„Warum sind die Todesser auf dem Macnair Anwesen versammelt?"
Ihre Stimme war knapp und sie wusste nicht, ob sie unter den tausend Fragen in ihrem Kopf die richtige Ausgewählt hatte.
Er legte seine Finger zusammen und starrte sie über die Spitzen hinweg an. „Um den jüngsten Mord an Walden Macnair und die anschließende Flucht seines Gefangenen zu untersuchen."
Ihre Augen weiteten sich. Ron. Oder ... Gefangenen, Singular?
Sie öffnete ihren Mund –
„Stell Fragen und du erhälts angemessene Antworten, Miss Granger.", schnitt er ihr effektiv das Wort ab. „Herumzuschleichen, wie eine Maus ist unanständig." Seine Augen bohrten sich in ihre und wanderten zu dem Buch in ihren Armen und wieder zurück. „Viel Spaß beim Lesen. Hoffentlich ist es etwas... Lehrreiches."
Sie starrte ihn an, ihre Haut fühlte sich zu straff an. Sein Gesicht war teilnahmslos.
Ihre Finger krallten sich fester um das Okklumentik Buch, das in dem Roman versteckt war. Wusste er es? Hat er...?
„Danke das werde ich haben.", antwortete sie.
Er wandte seinen Blick wieder ab und unterbrach ihren Blickkontakt. „Könntest du die Tür schließen, bevor du gehst?" Sie starrte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Der Türgriff war hinter der Barriere, die sie nicht überschreiten konnte. Seine Mundwinkel hoben sich an. „Oh ja, natürlich."
Mit einer Handbewegung wurde ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen.
Sie betrachtete stirnrunzelnd das Holz, das nur wenige Zentimeter von ihrer Nase entfernt war. Zweifelslos würde sie Wochen brauchen, um dieses Gespräch zu entwirren.
Als sie zu ihrem Zimmer zurück und - langsam wegen ihren schmerzenden Muskeln - die Treppe hinauf ging, fing Hermine mit Punkt Nummer eins an.
Goyles Vater wurde vermisst. Sie wusste nichts anderes, außer dass Voldemort Lucius Malfoy schickte, um Nachforschungen anzustellen. Vielleicht wurde er ermordet und Lucius war nun auf dem Weg seine Leiche zu finden.
Punkt Nummer zwei: Walden Macnair war tot. Und ein einzelner Gefangener war entkommen. Das letzte, was sie gehört hatte, war das Ron von Voldemort gerufen wurde, also war es möglich, dass Angelina diejenige war, die entkommen war. War es George gewesen? War er für seinen Bruder gekommen?
Und warum erzählte ihr Lucius Malfoy das alles? Was hatte er davon, dass er diese Informationen an sie weitergab? Welches Spiel spielte er?
Sie kam oben an der Treppe an, ihr Buch gegen ihre Rippen gedrückt und machte sich Gedanken über das Okklumentik Buch, das im Gang geschwebt hatte, damit sie es fand. Hat Lucius es für sie dort platziert? Welchen Vorteil konnte ihr Okklumentik geben, wenn sie keine Magie hatte?
Hermine stoppte vor ihrer Tür und atmete vor Anstrengung tief durch.
Hatte sie ihre Magie?
Wurde ihr der Trank mit Minz-Geschmack tatsächlich verabreicht?
Sie drückte die Tür auf und stand mitten im Zimmer. Sie drehte sich zu ihrem Bücherregal, streckte ihren Arm aus und konzentrierte ihre Energie darauf, ein Buch mit blauem Buchrücken zu sich zu bringen.
Nichts.
Sie visualisierte ihren Zauberstab in ihrer Hand und konzentrierte sich auf die Magie, mit der sie geboren wurde. Die Magie, die die Nachbarskatze hatte fliegen lassen, als sie sieben war. Die Magie, die Becky Trackers Haare angezündet hatte, als sie zehn war.
Sie glaubte etwas in ihren Venen kämpfen zu spüren.
Aber nichts.
Sie ließ ihren Arm sinken. Es schien, als ob die Malfoys doch ein paar Regeln befolgten, die ihre Sklavin betrafen. Vielleicht ist es der verhexte Bibliothek Katalog gewesen, der das Buch für sie gerufen hat.
Mit einem Seufzen setzte sie sich wieder in den Ohrensessel, der zu den Fenstern zeigte und öffnete das dünne Buch.
Kapitel Eins: Meditation.
Drei Tage später, las sie Gedanken Tricks für Anfänger zum sechsten Mal. Sie fand es sehr schwer die Theorien zu lesen, ohne sie praktisch durchführen zu können. Es fühlte sich wie ihr Jahr vor Hogwarts an, als sie all die magischen Bücher verschlungen hatte, die sie in die Finger bekommen konnte, aber sie noch keinen Zauberstab hatte um es zu üben.
Vielleicht war sie nicht für Okklumentik gemacht und war immer zu hart zu Harry gewesen. Ihren Verstand freizumachen war nicht ihre größte Stärke. Ihre immer fortlaufenden Fragen und ihre Neugierde waren ein Nachteil für die Meditation.
Es gab bestimmte Techniken, die sehr interessant waren. Ein kühler blauer See mit ruhigem Wasser, der sich bis zum Horizont erstreckt. Tiefen darunter, aber eine stille und ruhige Oberfläche. Oder manchmal konzentrierte sie sich auf ein sich bewegendes Ziel und ließ die Ränder von allem anderen verschwimmen.
Sie starrte aus dem Fenster auf den Garten und versuchte sich auf nur einen einzelnen Pfau zu konzentrieren, der über den Rasen ging, als es an ihrer Tür klopfte. Sie blinzelte. Die Unterbrechung brachte ihre Gedanken in die Gegenwart zurück.
Sie stellte ihre Teetasse ab, holte tief Luft und sagte: „Herein."
Draco drückte die Tür auf und ihr Atem stocke. Sie hatte ihn seit fast zwei Wochen nicht mehr gesehen. Sie hatte vor ein paar Tagen aufgehört den Trank zu brauchen, also hatte es seit einiger Zeit keine greifbaren Erinnerung an ihn gegeben. Außer seinem schönen Zuhause und seiner schönen Mutter und den schönen Laken.
Er hatte wieder keine Uniform an. Ein Grauses Hemd und eine schwarze Hose. Sie errötete bei der Erinnerung an das letzte Mal, als sie ihn gesehen hatte, als er keine Kleidung getragen hatte. Sie hatte den Schönheitsfleck auf seiner linken Schulter nicht vergessen oder die Art und Weise, wie seine Haut auf ihrer zitterte.
Er stand in der Tür, als gäbe es einen Zauber, der ihn draußen halten würde. Sie beobachtete, wie seine Augen zu ihrem Mundwinkel nach unten wanderten, wo ihre Verletzung verheilt war.
„Meine Mutter will dich heute Abend zum Abendessen im Esszimmer einladen."
Sie starrte ihn an, wartete darauf, das er mehr sagte. Dass er erklärte, warum er sie in dieser Nacht gerettet und sich seitdem von ihr ferngehalten hatte. Sie suchte sein Gesicht ab, aber seine Gesichtszüge gaben nichts preis. Er versteckte sich also noch immer. Selbst nachdem er hektisch mit seinen Lippen Gift aus ihren Adern gesaugt hatte.
Sie spannte ihren Kiefer an, Enttäuschung verdrehte ihr den Magen. „Und warum ist sie dann nicht hier?"
Er blinzelte und schaute nach unten auf den Teppich. „Meine Mutter wollte, dass ich dich zum Abendessen heute Abend im Esszimmer einlade."
„Sag ihr Danke aber nein." Sie drehte sich zurück zu ihrer Teetasse. „Ich bin vollkommen glücklich damit mein Abendessen heute Abend in meinem Zimmer einzunehmen."
Sie trug ihre Teetasse ist Badezimmer, schloss die Tür hinter sich und entließ ihn. Wenn er wollte, dass sie mit ihm zu Abend aß oder mit ihm redete... oder irgendetwas anderes wollte, dann musste er sie zwingen.
Sie starrte ihr blasses Spiegelbild im Spiegel an und brachte ihr Herz und ihre Stimmung dazu sich zu beruhigen. Es war bereits offensichtlich, dass er sich nicht um sie sorgte. Warum musste sie sich selbst Täuschen?
Als sie ein paar Minuten später wieder herauskam, hatte sie erwartet, dass er weg wäre und nicht ihr Bücherregal begutachtete. Aber da war er. Sie beobachtete, wie seine Finger über die Buchrücken wanderten.
„Du hast sie neu geordnet." Er warf ihr einen Blick zu.
„Ja." Sie räusperte sich und ignorierte das Flattern in ihrem Bauch. „Sie waren nach Muggel und Magisch sortiert, dann nach Genre, dann nach irgendeinem seltsamen System, dass ich noch nicht entschlüsselt habe –"
„Nach Veröffentlichungsdatum.", erklärte er ihr.
Sie blinzelte, als sie sein Profil betrachtete. „Brontë ist nach Joyce erschienen."
Er zog die Augenbrauen zusammen. Sein Kopf drehte sich zum obersten Regal, wo sie Brontë nach dem Namen des Autors alphabetisch sortiert hatte. Er zog den waldgrünen Buchrücken aus dem Regal und schlug die ersten Seiten auf.
„Es ist ein Nachdruck. 1931." Seine Brauen zogen sich zusammen. „Das Original muss in der Bibliothek sein. Ich dachte, es wäre hier drinnen."
Überlass es Draco Malfoy, sie abzulenken, indem er von Büchern schwärmte.
Sie stand neben ihrem Bett, als seine Finger über die Titelseite von Jane Eyre strichen. „Das bekommt man dafür, wenn man die Dinge mit Magie sortiert.", sagte sie primitiv.
Sein Mundwinkel zuckte und sie fragte sich, ob sie Draco Malfoy gerade zum Lächeln gebracht hatte.
„Ich werde dir das Original bringen lassen."
Sie schnaubte. „Ich brauche das Original nicht."
Sein Kiefer spannte sich an und er nickte. Mit seinem Blick auf dem Bücherregal, sagte er „Irgendetwas, dass du braucht?"
Sie seufzte. Sie brauchte nichts, außer seine Ehrlichkeit, aber sie nahm an, dass sie ihn erstmal verschonen konnte. Er war geblieben.
Er wartete auf ihre Antwort und sie schaute sich im Zimmer um, suchte nach etwas nach dem sie fragen konnte. Sie folgte seinem Blick zu den Büchern, als er seinen Kopf absenkte und mit den Manschetten eines Ärmels spielte.
„Tatsächlich.", fing sie an. „Da wäre etwas... Die Unerwünscht Reihe."
Seine Augen wanderten zu ihr, grau und warm. Sie forderten Sie dazu auf, weiterzumachen.
„Ich habe die Sammelexemplare in der Bibliothek gefunden. Aber ich habe mich gefragt, ob ich es nicht noch andere gibt, die ich mitnehmen kann, um sie noch einmal zu lesen?"
„Du kannst diese nehmen.", sagte er, während er sie aufmerksam beobachtete.
„Oh, aber diese sind...", sie suchte nach Worten und versuchte auszulassen, dass sie seine Nachricht von Lance Gainsworth gelesen hatte. „Sie schienen... persönlich."
Seine Augen flackerten und er hob seine Augenbrauen an, als er es realisierte. Er schluckte und wandte seinen Blick ab.
„Ich habe ein anderes Set. Ich lasse sie dir aufs Zimmer bringen."
„Danke.", flüsterte sie und fragte sich, ob die Art, wie er tief Luft holte irgendetwas damit zu tun hatte, dass er sich daran erinnerte, wie sie ihm das letzte Mal gedankt hatte – mit ihrer Hand auf seinen nackten Schulter und ihrem Blut, dass seine Lippen verfärbt hatte.
„Gefallen dir die anderen Bücher?", fragte er mit niedergeschlagenen Augen, als er sich auf etwas anderes als sie konzentrierte. Sie runzelte ihre Stirn bei seinem Versuch des Smalltalks, aber dann fuhr er fort. „Lernst du irgendetwas neues?"
Sie spürte, wie sie sich anspannte.
Gedanken Tricks für Anfänger.
Sie steckten da alle mit drinnen. Zusammen.
Aber natürlich taten sie das. Hermine schluckte. Sie würden viel härter bestraft werden, als sie, wenn die falschen Leute von ihrer Behandlung hörten. Sie fragte sich, ob man Bellatrix vertrauen konnte, dass sie ihre Beobachtungen für sich behielt.
Sie holte tief Luft und sagte: „Ich habe einige neue Dinge gefunden, über die ich lesen kann. Aber es scheint, als ob mir die Werkzeuge für die tatsächliche Ausbildung fehlen."
Sicher wusste sie, dass Sie ohne Magie nicht viel erreichen konnte. Seine Brauen zogen sich zusammen. Sein Blick richtete sich auf den Boden und wurde nachdenklich, wie er es immer in Arithmantik geworden war, wenn die Gleichungen schwierig wurden.
„Darum kann ich mich auch kümmern.", sagte er. Und sie wusste, dass sie schrecklich nah am Rand umhertanzten. Hätte er das Gefühl gehabt, dass er es offen hätte ansprechen können, dann hätte er mit ihr bereits über Okklumentik gesprochen.
Sie beobachte ihn, wie seine Augen über ihr Bücherregal glitten, die Hände hinter seinem Rücken verschränkt. Das Graue Hemd spannte sich über seine Schlüsselbeine. Und sie fragte sich, wie viel Okklumentik Draco Malfoy kannte. Sie wusste, dass er kalt und verschlossen sein konnte. Mit Sicherheit musste er einiges wissen. Aber war er geschickt genug, um den Dunklen Lord davon abzuhalten, seine Gedanken und Erinnerungen zu zerfetzen?
Er drehte sich zu ihr um und unterbrachen ihren Bewusstseinsstrom. „Abendessen um sechs."
Sie hob ihre Braue an. „Ich habe schon gesagt, dass ich nicht komme."
Er sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. „Wenn du nicht mit meiner Mutter und mir nach unten gehst, wird sie mir den Kopf abhacken."
Sie schnaubte und drehte sich zu ihrem Teeservice um. „Ich bin mir nicht sicher, wieso das mein Problem sein sollte."
Eine Pause. „Ich kann dir deine Bücher nicht besorgen, wenn ich keinen Kopf mehr habe."
„Ich bin mir sicher, Mippy wäre sehr hilfreich in dieser Hinsicht. Ich würde dich überhaupt nicht brauchen." Sie hob ihr Kinn an, forderte ihn dazu heraus damit weiterzumachen, als sich pinke Flecken auf seinen Wangen ausbreiteten.
Er stolzierte zur Tür und sagte: „Nun, da Mippy heute Abend das Abendessen zubereitet, wäre sie sicher weniger geneigt dir zu gehorchen, wenn du sie beleidigst."
„Mippy ist eine Küchenelfe?", fragte sie erschrocken.
„Nein.", sagte er und griff nach der Türklinke. „Sie liebt es einfach zu kochen."
Als er ging, bemerkte sie die Anfänge eines Grinsens auf ihren Lippen. Sie drehte sich zu ihrem Kleiderschrank und fragte sich, was man zu einem Abendessen mit den Malfoys anzog.
Um 17:57 ging sie die Marmorstufen nach unten und in die Richtung, wo sie das Esszimmer vermutete. Narcissa hatte sie mit einer Handbewegung an ihrem ersten Tag auf dem Anwesen darauf hingewiesen und sie hatte es im Hinterkopf behalten, genauso wie alle anderen Details über den Aufbau des Anwesens.
Die Kerzen brannten niedrig in dem langen Zimmer. Ein langer schwarzer Esstisch erstreckte sich in den schmalen Speisesaal ohne Tischdekorationen oder Dekorierung. Ein Hauch von dunkler Magie war zu hören, als hinge sie in den Wänden.
War sie reingelegt worden? Gab es doch kein Abendessen?
Sie erschauderte, als ihre Augen über die Decke wanderten. Sie mochte dieses Zimmer nicht. Es fühlte sich wie der Tod an.
„Wir haben zwei Esszimmer."
Sie drehte sich um und sah Draco zehn Schritte von ihr entfernt an der Ecke des Korridors stehen.
„Natürlich habt ihr das.", murmelte sie. „Ich trag auch immer einen Ersatz mit mir rum."
Seine Augen funkelten, seine Mundwinkel zuckten. „Das kleinere Esszimmer ist hier entlang." Er gestikulierte, damit sie ihm folgte, aber sie blieb stehen.
Sie musste fragen, bevor sie gingen. Der Geruch der Dunkelheit, hing in ihren Klamotten wie Rauch.
„Was ist hier passiert?", sagte sie, starrte in den länglichen Raum und wartete auf eine Antwort. „Hier gibt es dunkle Magie."
Sie schaute wieder zu ihm zurück. Er schaute auf die Wände des Zimmers, so als könnte er hineinsehen. Als könnte er eine Szene sehen, die sich vor seinen Augen abspielte.
Seine Augen flackerten, um ihre zu treffen. „Wir benutzen dieses Zimmer nicht mehr."
Und sie wusste, dass die Unterhaltung beendet war. Oder zumindest erst einmal pausiert. Er zuckte mit seinem Kopf, damit sie ihm folgte und verschwand um die Ecke.
Sie folgte ihm zu einem anderen Zimmer im Erdgeschoss, an der Bibliothek vorbei und vorbei an einer wunderschönen Aussicht auf einen Teich und einen Pavillon. Sie müssten unter ihrem Schlafzimmer sein.
Er stoppte im Türrahmen und gestikulierte damit sie als erstes eintrat. Sie ging um ihn herum und fand Narcissa am Kopfende eines viel kleineren, aber nicht weniger beeindruckenden Esstisches.
„Hermine, meine Liebe.", sagte sie freundlich. „Ich bin so froh, dass du zu uns zum Abendessen gekommen bist." Sie deutete auf den Stuhl, der ihr ihrer Linken am nächsten stand.
Hermine nickte und zwang sich zu einem Lächeln. Sie ging zu dem angebotenen Stuhl und setzte sich und beobachtete, wie Draco es ihr auf der anderen Seite gleichtat. Wunderbar. Dann würde sie ihn während des gesamten Abendessens sehen.
„Wir freuen uns, dass du dich gut genug gefühlt hast, um dich uns anzuschließen. Wir haben uns natürlich große Sorgen gemacht. Manche von uns sogar noch mehr als andere."
Hermine löste ihre Augen von Dracos finsterem Blick und sah, dass Narcissa sie mit einem wissenden Blick anstrahlte.
„Danke, dass ich dabei sein darf.", antwortete sie schwach und fragte sich, welche gesellschaftlichen Nettigkeiten sie für die nächste Stunde annehmen musste.
Kaum hatte Narcissa ihre Hand ausgestreckt, um ihre Hand zu tätscheln, betrat Lucius das Zimmer und blieb bei ihrem Anblick wie erstarrt stehen. Er blinzelte langsam und sagte: „Hast du dich verlaufen?"
Hermine schoss mit ihrem Blick Dolche auf ihn, als Draco sich in seinem Sitz versteifte.
„Psst.", zischte Narcissa. „Ich habe sie eingeladen." Sie drehte sich zu Hermine. „Du musst Lucius entschuldigen. Ich fürchte, er hatte in letzter Zeit viel Stress." Sie warf ihm einen frostigen Blick zu.
Lucius hob eine Augenbraue an und zog den Stuhl am anderen Kopfende des Tisches hervor. „Sie ist eine Sklavin, kein Hausgast, Narcissa."
„Ich sehe wirklich keinen Unterschied." Narcissa schüttelte ihre Serviette auf und legte sie auf ihren Schoß. „Solange sie hier ist, gibt es keinen Grund, warum sie nur mit Büchern in ihrem Zimmer eingesperrt bleiben muss."
„Vater.", unterbrach Draco. Eine Warnung, schon allein durch seinen Tonfall.
Lucius verbeugte sich halbherzig und verbittert, bevor er sich hinsetzte. „Wie schön, dass du dich uns anschließt, Draco."
Hermine starrte zwischen ihnen hin und her, ihre Gedanken rasten. Bellatrix hatte Dracos und Narcissas Behandlung ihr gegenüber nicht für gut geheißen und es schien, so als würde Lucius es ebenfalls missbilligten. Es war nicht schwer zu glauben, dass er sie von vornherein nicht dort haben wollte. Sie zuckte zusammen, als Mippy mit einer Karaffe neben ihr auftauchte.
„Wein, Miss?"
„Mippy", brummte Lucius und runzelte die Stirn. „Du wirst zuerst den Herrn des Anwesens bedienen."
Mippy senkte ihren Blick und wackelte mit dem Wein zu Lucius hinüber. Hermine schaute auf und sah, wie Narcissa in ihr Weinglas lächelte und Draco sich die Stirn rieb, als bekäme er Kopfschmerzen.
Sie saßen in schwerer Stille da, während Mippy jedem von ihnen Wein einschenkte. Es war eine Ewigkeit her, seit Hermine das letzte Mal ein Glas Wein getrunken hatte. Während die Vernunft ihr vorschrieb, dass sie nicht in der Nähe von Menschen trinken sollte, denen sie nicht vertrauen konnte, sagte sie ihr auch, dass sie vielleicht nicht eine Stunde in Lucius Gegenwart ohne Wein überleben würde.
„Hermine, meine Liebe.", sagte Narcissa, als Mippy verschwunden war. „Hattest du die Gelegenheit den Wintergarten neben dem Westflügel zu besuchen? Er ist wundervoll zu dieser Jahreszeit."
Sie rutschte auf ihrem Sitz herum. „Äh... Nein, ich hatte noch nicht die Gelegenheit dazu."
„Zu beschäftigt um das Grundstück zu erkunden, nehme ich an.", sagte Lucius und lächelte kühl in ihre Richtung.
Ihre Wangen wurden rot, als sie ihn wütend anstarrte. „Ja, ich nehme an, man kann mich eher als eine praktische Lernerin bezeichnen. Ich bin niemand, der Dinge, die man mir sagt, für bare Münze nimmt."
Lucius lehnte sich langsam nach vorne, seine Augen auf ihre gerichtet. Hermine hob ihr Kinn an. „Findest du deine Situation schrecklich beengend, Miss Granger?" Er legte seinen Kopf zur Seite. „Deine eignen Wohnräume zu haben und freien Zugang zum Anwesen? Macht es dich krank, die Außenwelt zu erleben?"
„Das reicht, Lucius.", sagte Narcissa streng. Nach einem Moment gab er nach und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, ein Grinsen umspielte seine Lippen.
Draco räusperte sich und nahm einen großen Schluck aus seinem Kelch.
Zum Glück tauchte der erste Gang auf und füllte die Suppenschüsseln, als Mippy wieder neben Hermines Ellbogen auftauchte.
„Das ist Mippys Lieblingsessen! Kürbissuppe! Mippy hat sie speziell für die Miss –"
„Planst du jeden Gang anzukündigen?", ertönte Lucius stählerne Stimme.
„Lucius.", warnte Narcissa. Sie drehte sich zu ihrer Elfe. „Danke schön, Mippy."
Mippy wackelte mit ihren Ohren und verschwand.
Hermine holte tief Luft. Je mehr sie zurückkeifte, desto schwieriger konnte er es ihr machen. Sie schob ihre Wut beiseite und beobachtete, welchen Löffel Narcissa wählte und hob denselben auf. Sie probierte die Suppe mit so viel Anmut, wie sie aufbringen konnte und bemerkte, dass jedes Mitglied der Malfoy Familie kerzengerade dasaß und ihren Löffel mit der gleichen Eleganz und Ausgewogenheit eintauchte.
Die Suppe ließ ihre säuerliche Stimmung zumindest vorübergehend verschwinden. Sie war... zum Sterben gut.
Narcissa war recht gut darin eine Unterhaltung zu führen, wenn sie über nichts reden konnte, was außerhalb des Anwesens vor sich ging. Sie fand Wege, alle drei widerstrebenden Parteien mit einzubeziehen, Fragen zu stellen oder ihre täglichen Aktivitäten zu kommentieren.
Aber es war egal was Narcissa tat, sie konnte Draco nicht dazu bringen teilzunehmen. Während Lucius an jeder Ecke einen sarkastischen Kommentar hatte, schien Draco so distanziert wie möglich zu sein.
„Nun, ich liebe es, morgens auf dem Anwesen spazieren zu gehen.", sagte Narcissa zu Hermine, nachdem sie es wieder einmal nicht geschafft hatte, ihren Sohn zum Reden zu bewegen. „Es ist so ruhig. Die Anlage erwacht wirklich mit einem."
„Granger hat schon einen Morgenspaziergang gemacht Mutter.", kam eine beißende Stimme. „Du kannst aufhören, es ihr zu verkaufen. Das letzte Mal ist sie fast getötet worden."
Hermine schaute zu Draco auf. Seine Hand war um seinen Suppenlöffel herum verkrampft, als er Narcissa anstarrte und in seinen Gesichtszügen die Irritation zu sehen war. Hermine verengte ihre Augen.
Es wäre nicht passiert, wenn er offener mit ihr gewesen wäre. Wenn er sie nicht im Dunkeln gelassen hätte, seit sie den Marmorboden des Anwesen betreten hatte.
„Ich bereue diesen ‚Spaziergang' kein bisschen. Tatsächlich war er recht informativ.", sagte sie schneidend. Dracos Augen blitzten zu ihr auf. „Ich hätte übrigens gerne den Zugang zu meinem Balkon zurück."
Lucius murmelte: „Dein Balkon..."
Narcissa hob ihr Weinglas an und verschwand hinter dem Rand.
„Und warum sollte ich das tun, wenn du dich doch so gerne verletzt?", sagte Draco, während er seinen Mund mit einer Serviette abtupfte.
Hermine straffte ihre Schultern. „Die Wahrscheinlichkeit, an einem Sturz vom zweiten Stock zu sterben, ist so gering..."
Sein Blick wurde hart. „Wie ich dich kenne, kannst du es schaffen."
„Nun ich sehe da kaum einen Unterschied.", sagte sie und fühlte wie ihr Blut pulsierte. „Ich kann in meinen Zimmer genauso gut verletzten werden, wie draußen."
Sie spürte, wie sich die Luft im Zimmer anspannte, wie eine Schnur, die vibrierte. Dracos Augen zuckten. Er holte tief Luft, aber nichts kam über seine Lippen.
Sie schaute zu Lucius, der eine Augenbraue über seinem Weinglas anhob und dann zu Narcissa, die nach unten in ihre leere Suppenschüssel starrte und bei der Erinnerung an das plötzliche Erscheinen ihrer Schwester auf dem Anwesen seltsam verloren wirkte.
„Das wird nicht wieder vorkommen.", flüsterte Draco. Er starrte sie mit heißen und intensiven Augen an. „Sie wurde vom Anwesen ausgeschlossen."
Hermine blinzelte fassungslos. Draco machte seinen Mund auf, um fortzufahren –
Er zuckte mir einem schmerzerfüllten Keuchen zusammen. Der Löffel klapperte in die leere Schüssel. Er stand auf und schob seine Stuhl mit einem lauten Geräusch vom Tisch zurück.
Lucius war ebenfalls aufgestanden und rieb seinen Unterarm.
„Wir müssen gehen."
Er ging schnell zu Narcissa, platzierte einen Kuss auf ihrer Wange, bevor er aus dem Zimmer fegte. Draco küsste seine Mutter, ließ seine Augen zu Hermine wandern und folgte seinem Vater nach draußen.
Sie wurden gerufen. Plötzlich. Vielleicht ein Spiegelbild von Voldemorts Stimmung.
Sie waren einige lange Momente verschwunden, bevor sich Hermine wieder daran erinnerte zu atmen. Ihr Magen verdrehte sich, obwohl sie das Gefühl hatte, dass sie sich freue sollte, wenn etwas nicht stimmte.
Narcissa faltete ihre Hände auf dem Tisch und presste ihre Lippen zusammen. Hermine wartete. Sie wagte es nicht zu sprechen.
„Früher war es auch so.", sagte Narcissa mit leiser und düsterer Stimme. „Er ging und ich fragte mich, wann ich ihn widersehen würde." Sie legte ihre Finger auf ihren Mund und sagte: „Und jetzt sind es beide."
Hermine saß so still da wie eine Statue. Sie starrte auf Dracos leeren Stuhl und dachte an ihre vermissten Freunde.
Narcissa drehte sich zu ihr um. „Sind deine Eltern in Sicherheit?" Sie streckte ihre Hand aus und nahm Hermines in ihre. „Ich wusste nie, wie ich nach ihnen fragen sollte."
Hermine schluckte, Tränen traten ihr in die Augen. „Ja.", brachte sie hervor. „Sie sind sicher. Sie sind weg."
Narcissa nickte und wandte ihre Augen wieder Dracos Suppenschüssel zu.
Sie blieben so, bis Mippy kam, um den nächsten Gang anzukündigen.
Vor dem Schlafengehen fand Hermine alle sieben Gainsworth Bücher auf ihrem Nachttisch. Als Sie sie das erste Mal sah, fühlte sie etwas wie Schuldgefühle, aber sie schob sie beiseite und erlaubte es sich, sich in den Seiten zu verlieren. Den ersten Band las sie vor dem Einschlafen. In dieser Nacht träumte sie von ihrer Lieblingsgeschichte anstatt von ihrem üblichen Albtraum, in dem Harry oder Luna durch ihre Finger glitten und irgendwo hinfielen, wo sie sie nicht mehr erreichen konnte.
Sie wachte spät am nächsten Morgen auf. Es war nach neun, als sie es schließlich versuchte: „Mippy?"
Nichts passierte. Sie runzelte die Stirn.
Um 09:20 Uhr klopfte es an der Tür. Sie öffnete sie und fand einen finster dreinblickenden Remmy mit einem Frühstückstablett dahinter.
„Hallo."
Remmy sagte nichts, aber schickte das Tablett zu ihrem Beistelltisch.
„Wird sich Mrs Malfoy heute zu mir gesellen?", fragte Hermine.
„Die Mistress ist weg."
Sie blinzelte. „Oh. Weg?"
Remmy nickte und verzog sein Gesicht in tiefer Trauer – die einzigen Emotionen, die Hermine bisher bei dem Elfen gesehen hatte.
„Master Malfoy ist verletzt."
Hermine spürte, wie ihr das Blut in den Ohren rauschte.
„Welcher Master Malfoy?", fragte sie.
Remmy runzelte die Stirn mit Tränen in den Augen. „Master Draco."
Sie schluckte und schaute nach unten auf ihren Arm, erwartete... irgendetwas.
„Danke Remmy."
Remmy verließ das Zimmer. Und Hermine starrte die geschlossene Tür an.
Draco war verletzt. Und es war ernst genug, dass Narcissa gegangen war, um bei ihm zu sein.
Sie starrte nach unten auf ihr Frühstückstablett und fragte sich, was mit ihr passieren würde, wenn Draco starb. Mit Sicherheit hätte das Tattoo sie gewarnt, wenn das der Fall wäre?
Ein plötzliches, unerklärliches Entsetzten breitete sich in ihrem Brustkorb aus und der Druck war so überwältigend, dass sie nach Luft schnappte. Sie kniff ihre Augen zusammen und konzentrierte sich auf die Meditation, die sie geübt hatte, bis es vorbeiging.
Sie lehnte sich gegen die Bücherregale, genoss das Gefühl, wie sich das Holz in ihren Rücken drückte und starrte aus den Fenstern.
Wenn Draco starb, würde sie dann zu Dolohov zurückkehren?
Sie zwang sich dazu zu atmen.
Sie versuchte einen Funken Freude darüber zu finden, dass es eine Art Sieg für die Rebellion gegeben hatte, aber es gelang ihr nicht. Die Schuldgefühle verknoteten sich schwer in ihrem Bauch, während sie auf eine Nachricht über Dracos Gesundheit wartete und zusah, wie die Sonne höher am Himmel aufging und wieder zu sinken begann.
Ein Schauer durchlief sie, bei der Erkenntnis, dass sie auf unbestimmte Zeit alleine auf dem Malfoy Anwesen war, ohne einen Zauberstab und nur mit den Hauselfen als Gesellschaft.
Übersetzung von Annelina97 und Goldfisch!
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