Kapitel 14

Sie schlief drei Tage lang.

Mippy hielt den Raum für sie dunkel, um es für ihren hämmernden Kopf angenehmer zu machen. Die Elfe weckte sie jeden Morgen einmal, um ihr einen Trank in den Hals zu schütten und zu fragen, ob „Die Miss aufstehen möchte".

Die Miss wollte nicht aufstehen.

Abgesehen davon, dass Hermine ein paar Bissen herunterzwang, wenn die Tabletts auftauchten und sich ein- oder zweimal zur Toilette schleppte, lag Hermine den ganzen Tag im Bett und wartete auf ihre nächste Dosis.

Hermine hatte zusammenhanglose Träume, während sie unter der Wirkung der Schmerztränken war. In manchen Träumen lag Dracos Hand auf ihrem Rücken, während sie über das Gelände liefen, und dann drehte er sich um und schleuderte sie plötzlich gegen einen Baum, riss an ihrer Kleidung und stieß mit seinen Hüften gegen sie, während sie sich wehrte und ihn kratzte. Andere Träume begannen damit, dass er über ihr lag, ihr Gesicht in die Matratze drückte und es sich dann zu etwas Weicherem, Langsamerem entwickelten, einem atemberaubenden Rhythmus, während er sie innig küsste.

Draco tauchte nicht außerhalb ihres Unterbewusstseins auf und das hatte sie auch nicht erwartet. Sie konnte immer noch die erstickenden, würgenden Geräusche hören, die er vor dem Salons gemacht hatte. In der zweiten Nacht starrte sie stundenlang auf die runden blauen Flecken an ihrem Handgelenk und erinnerte sich nicht daran, wann er sie verursacht hatte. Sie war im Halbschlaf, als sie sich endlich an den schraubstockartigen Griff einer verschwitzten Handfläche erinnerte, als Narcissa sie zur Treppe gedreht hatte.

Narcissa besuchte an ihrem dritten Tag die kleinere, dunklere Suite, aber Hermine konnte nicht die Energie aufbringen, sich im Bett hochzuziehen. Also legte sie sich auf die Seite und hörte Narcissa zu, wie sie sich im Zimmer bewegte, Vorhänge öffnete und Kissen aufschüttelte. „Hermine, Liebes", flüsterte sie schließlich. „Du musst mit mir zurück in deine Suite kommen. Dort gibt es Schutz- und Sicherheitszauber für dich. Dort ist es sicherer."

Ihre trockenen Lippen teilten sich nutzlos. Sicherer. Sie nickte ruckartig.

Narcissa half ihr auf, half ihr beim Anziehen, half ihr ein paar wackelige Schritte durch den Raum zu gehen. Und jedes Mal bat sie Hermine um Erlaubnis, sie zu berühren. „Darf ich helfen?"

Sie wusste es natürlich. Sie alle wussten es.

Schock durchdrang den Nebel in ihrem Kopf, als Narcissa die Tür zu ihrem ursprünglichen Zimmer öffnete. Die Vorhänge waren ausgetauscht worden. Eine tiefere Farbe, ein lebendigeres Gold, das in der Sonne glänzte. Ihre Bettvorhänge waren jetzt rot. Ihre Sessel ein tiefes Mahagoni. Alles, was sie zerstört hatte, war durch etwas Opulenteres, Wärmeres ersetzt worden. Viel mehr wie der Gryffindor Gemeinschaftsraum.

Sie spürte, wie Narcissa sie genau beobachtete, also brachte sie ein weiteres Nicken zustande und als sie wieder allein in ihrem Zimmer war, wandte sich Hermine ihrem Bücherregal zu. Dort lagen fünf oder sechs Bücher, zwei davon ihr unbekannt. Sie sah den angekohlten Rücken von einem und folgerte, dass dies die einzigen Bände waren, die vom Chaos unberührt geblieben waren. Sie fühlte, wie ihr Herz durch den Verlust schmerzte. Das Feuer hatte den Buchrücken eines dicken waldgrünen Einbandes weggebrannt, aber sie wusste, ohne zu schauen, dass es das Bronte Buch war. Jane Eyre hatte überlebt.

Mit einem Ruck wandte sie sich dem Nachttisch zu und suchte nach sieben Büchern, die auf einem Stapel dort gelegen waren...

Nichts. Ein neuer Tisch, auf dem nur noch die messingverkleidete Schmuckschatulle stolz dasaß und ihr zuzwinkert. Dracos persönliche Kopien der Gainsworth-Bücher waren jetzt verschwunden.

Säure stieg aus ihrem Magen hoch, erstickte sie und brannte in ihrem Hals. Tränen sammelten sich in ihren Augen. Sie hatte alles zerstört. Kostbare Dinge konnte man ihr nicht anvertrauen. Harry hatte ihr immer wichtige Informationen und Schlüssel zu Rätseln anvertraut, aber vielleicht hätte er es nicht tun sollen. Jetzt fragte sie sich, ob sie vielleicht unter Bellatrix' Messer zerbrochen wäre, wenn Dobby sie nicht gerettet hätte. Vielleicht war sie schwach – gut für ihren Verstand, aber sobald ihr Herz involviert war, war sie nutzlos.

Ihre Knie zitterten, sie sank zu Boden und schluchzte laut, ihre Lunge verkrampfte sich und die Haut in ihrem Gesicht brannten, bis nichts mehr existierte als ihre Trauer und Scham. Als sie sich schließlich erschöpft hatte, legte sie sich auf die Seite und krallte ihre Finger in den Teppich. Sie beobachtete durch geschwollene Augen, wie ein Sonnenstrahl durch den Raum wanderte.

Irgendwann erschien auf ihrem neuen Couchtisch ein Tablett mit Essen. Sie ignorierte es.

Was würden ihre Freunde jetzt von ihr halten? Was würde Harry denken, nachdem sie seine tiefsten Geheimnisse verraten hatte?

Seine grünen Augen blitzten in ihrem Kopf auf und flehten sie an, die richtigen Antworten zu finden, die Lösungen, um sie alle zu retten –

Um sie alle zu retten.

Ihr Atem stockte und sie blinzelte die Tränen zurück. Langsam stemmte sie sich hoch. Es war noch nicht zu spät für sie, das Chaos, das sie angerichtet hatte, in Ordnung zu bringen. Sie konnte immer noch tun, was Harry von ihr brauchte.

Sie war monatelang herumgewandert und hatte darauf gewartet, dass jemand das nächste Problem klar benannte und die Fragen stellte, damit sie sich auf die Antworten konzentrieren konnte. Aber sie hatte schon vor Monaten die richtigen Fragen gestellt, ganz allein. Es gab jetzt nur sie. Sicherlich hatte sie mehr Freiheit als alle anderen Sklaven. Vielleicht verfügte sie sogar über mehr Ressourcen als der Rest des Ordens. Sie war einfach zu selbstgefällig mit den Malfoys gewesen, um das Problem so zu lösen, wie sie es hätte tun sollen.

Mit einem neuen Ausbruch von Energie stand Hermine auf. Sie holte tief Luft, marschierte aus ihrem Schlafzimmer und den Flur entlang.

Sie musste Nagini töten. Sie musste an den Tattoos arbeiten. Sie musste sie herausholen. Alle von ihnen. Sie zählten auf sie, das wusste sie.

Nachdem sie nun nur einen Bruchteil dessen erlebt hatte, was ihre Freundinnen seit Monaten durchgemacht hatten, spürte sie die Schuldgefühle schwer auf sich lasten, als sie die Treppe hinuntereilte.

Sie stieß die Türen der Bibliothek auf und erstarrte, ihr Herz hämmerte in ihrer Brust. Zum Glück war es sicher. Leer. Sie holte zittrig Luft und trat ein. Sie zwang sich, die Gedanken an das letzte Mal, als sie hier gewesen war, beiseitezulegen, und ging dorthin, wo das Horkrux-Buch vor einer Woche gewesen war. Es fehlte noch immer zwischen den anderen dunklen Texten und sie fragte sich, welcher Malfoy es gestohlen hatte. Würde sie es in Lucius' Arbeitszimmer finden? Vielleicht war es zerstört worden, da sie gewusst hatten, dass Voldemort nach den Informationen in ihrem Kopf suchen würde.

Ihr verwirrter Verstand kreiste um die Möglichkeiten. Die Fragen, die sie tagelang unter Schlaftränken und Trauer vergraben hatte. Sie blickte auf das leere Regal und kämpfte gegen die Kopfschmerzen an, die sie spürte.

Wussten die Malfoys mehr über Horkruxe, als Hermine angenommen hatte? Und warum hatte sich Voldemort wieder für Harry interessiert?

Sie erschauderte und die kühle Luft in der Bibliothek war nicht die Ursache.

Warum nach den Horkruxen suchen?

Sie schluckte, da sie wusste, dass die Antwort von ihr verlangte, in ihren eigenen Geist zu schauen. Um den Zweck von Voldemorts Besuch durchzuarbeiten.

Sie presste ihre Hände auf das Regal vor sich, schloss die Augen und versuchte sich durch den Schrecken und die geschlossenen Türen in ihrem eigenen Bewusstsein zu erinnern.

Einige Informationen von dir, Schlammblut. Danke für dein Entgegenkommen. Ihre Unterlippe zitterte und sie biss sie zu.

Er hat spezifisch nach Horkruxen gesucht. Deshalb waren die Malfoys nicht auf seinen Besuch vorbereitet gewesen. Was Draco sich vorgenommen hatte – ihr anzutun – hatte sich als notwendige Vorsichtsmaßnahme herausgestellt. Voldemort hatte beschlossen, ihre Behandlung als Nebenmotiv zu überprüfen, aber er ist wegen der Horkruxe dort gewesen.

Hermine blinzelte und starrte auf die Stelle, an der das Horkrux-Buch stehen sollte, als ob sie es dazu bringen könnte aufzutauchen. Es würde ihr nichts sagen, was sie nicht schon wusste, aber es wäre eine Art Trost.

Sie versuchte nachzudenken. Sie hatte Recht gehabt – Harry war wahrscheinlich ein unbeabsichtigter Horkrux gewesen. Ein Teil von Voldemorts Seele hatte sich in der Nacht, in der der Todesfluch zurückgeprallt war, von ihm getrennt und sich an Harry gebunden. Voldemort hatte die einzigen Erinnerungen herausgefiltert, die sie hatte, um diese Theorie möglicherweise zu beweisen. Sie war also nicht allein mit ihrer Hypothese. Aber was hatte Voldemort auf diese Spur gebracht?

Ein Hoffnungsschimmer zerrte an ihren Rippen – war Harry am Leben?

Sie hatte seine Leiche im Hof gesehen, aber hatte er doch überlebt? Sie hatte nicht gewusst, dass er in den Wald ging, um Voldemort zu treffen, sonst hätte sie ihn aufgehalten. Als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, hatte er Snapes Erinnerungen umklammert und war zu Dumbledores Denkarium gerannt. Was hatte er entdeckt, das ihn dazu gebracht hatte, sich zu ergeben?

Sie erinnerte sich an die Dringlichkeit in Snapes Stimme, als er durch das Blut gekeucht und Harry anfleht hatte, seine Erinnerungen zu nehmen. Sie hatte damals vermutet, dass er Voldemort gegenüber nicht loyal war, obwohl es jetzt unmöglich war, dies zu bestätigen. Vielleicht hatte er von dem Horkrux gewusst. Einen Weg für Harry gefunden, seinen eigenen Tod vorzutäuschen, während er das Stück von Voldemort in ihm tötete. Skepsis kämpfte mit der brennenden Hoffnung in ihren Rippen. Es war höchst unwahrscheinlich – und doch, warum sollte sich Voldemort um Harry sorgen, wenn er tot war?

Die Kopfschmerzen kamen zurück. Hermine rieb sich die Schläfen, wissend, dass es keinen Sinn hatte zu erraten, was in Snapes Erinnerungen war. Sie würde sie nie sehen.

Die Bibliothekstüren knarrten.

Sie wirbelte herum und trat zur Seite, spähte durch die Reihen zum Eingang während ihr Herz donnernd schlug.

Seine Wangenknochen schnitten durch seine Haut; sogar aus dieser Entfernung aus konnte sie es sehen. Er war zusammengesunken, seine Schultern hingen nach unten, seine Haare waren dünn und fettig. Seine Haut wirkte grau.

Dir gefällt es was ich mit meinem Schwanz mache, nicht wahr?

Sie spürte, wie sie zitterte. Ihre Lunge weigerte sich, sich mit Luft zu füllen.

Soll ich deinen Mund noch mal ficken, Granger?

Er stand in der Offenen Tür und zog seinen Zauberstab hervor. Sie beobachtete, wie er murmelte: „Homenem Revelio" und der Zauberstab sprühte blaue Funken, was anzeigte, dass jemand im Zimmer war.

Sie grub ihre Fingernägel in ihre Handflächen, machte sich bereit, als seine Augen über die Regale huschten. Er trat zurück und schloss leise die Tür hinter sich. Als ob er nie dort gewesen wäre.

Es dauerte zehn Minuten, bis sie ihren Beinen vertrauen konnte, sich wieder zu bewegen. Sie schnappte sich mehrere Texte über keltische Magie, mit einem beklemmendem Gefühl in der Brust und sprintete zurück in die Sicherheit ihres Zimmers, ihre gesamte vorherige Tapferkeit war vergessen.

Sie atmete beruhigend durch, lehnte ihren Kopf an die geschlossene Tür und starrte auf ihr neues Zimmer. Sie hatte sich seit dieser Nacht nicht mehr erlaubt, an Draco zu denken. Aber sie musste das durchdenken. Sie konnten sich nicht ewig aus dem Weg gehen.

Ihre Brust zuckte schmerzhaft bei dem Gedanken an seine straffe Haut. Er hatte noch schlimmer ausgesehen als im Sechsten Jahr. Sie kniff die Augen zusammen, um das Bild aus ihrem Kopf zu vertreiben. Sie musste ihr Gehirn benutzen, da ihr Herz zuvor versagt hatte.

Draco wollte ihr nicht schaden. Tatsächlich war es ziemlich offensichtlich, dass es eines der traumatischsten Dinge war, die er je durchgemacht hatte, sie zu verletzen –

Ihr Herz klopfte bei dem Gedanken an diese Möglichkeit, aber ihr Verstand verdrängte sie.

Sie versuchte, sich in Dracos Lage zu versetzen und fand an seiner Denkweise wenig auszusetzen. Er hatte in dieser Nacht die sicherste Wahl getroffen. Wenn er es sie irgendwie hätte wissen lassen, was er vor hatte, hätte sie es vielleicht nicht geschafft, Voldemort davon zu überzeugen, dass sie routinemäßig angegriffen wurde.

Ihre Gedanken gingen zum nächsten Punkt über: Draco war absichtlich abwesend – er besuchte sie nicht, er ging nicht in Räume, in denen sie sich aufhielt.

Er entschuldigte sich nicht.

Sie stoppte sich selbst. Zu nah an ihrem Herzen. Sie zog sich von dem Gedanken zurück und kämpfte darum logisch zu denken.

Draco war entweder davon überzeugt, dass sie ihn nicht sehen wollte, oder er wollte sie nicht sehen.

Das war in Ordnung. Beides waren akzeptable, logische Antworten.

Sie starrte auf ihre Bücher hinunter und ein anderer Gedanke kam ihr.

Ihre beste Chance, das Anwesen zu verlassen, war unter Draco Malfoys Aufsicht.

Bis sie einen Weg fand, die Tattoos zu umgehen, brauchte Hermine ihn. Sie konnten nicht mehr voreinander weglaufen. Irgendwann würde sie ihn aufsuchen müssen und hoffen, dass er es zulassen würde.

Sie drehte sich zu ihrer dürftigen Buchsammlung um, verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse beim Anblick der verbrannten Titel. Sie legte die Bücher der Bibliothek einen Regalbonden tiefer ab und fuhr mit ihren Fingern über die zwei neuen Bücher. Sie waren nicht unbedingt neu, aber sie waren vor einer Woche noch nicht dort gewesen. Gebundene Ausgaben, aber durch die Jahre gezeichnet, fühlten sie sich um einige Lebenszeiten älter an als sie. Sie überprüfte das Impressum.

Große Erwartungen

Von Charles Dickens

Gedruckt London, 1861

Les Miserables

Von Victor Hugo

Gedruckt London, 1862

Das Herzklopfen, dass sie vorher unterdrückt hatte, donnerte. Erstausgaben.

Als sie ihr Gesicht nahe an die Seiten brachte, den Geruch des gealterten Pergaments und der Druckerpressen Tinte einatmete, der die hunderte von Jahren überlebt hatte, dachte sie an ihre vorherigen Beobachtungen zurück.

Vielleicht entschuldigte er sich ja doch.

Sie platzierte sie neben Jane Eyre, das einzige hundert Jahr alte Buch, dass das Feuer überlebt hatte.

Alle drei Ledergebundenen Ausgaben, hatten schreckliche Dinge durchlebt.

Also konnte sie das Gleiche tun.

Nach einem ganzen Nachmittag voller Nachforschungen schlief sie zum ersten Mal ohne einen Trank. Als sie morgens aufwachte und goldfarbenes Sonnenlicht über ihre Wände schimmerte, standen zwei neue Bücher in ihren Regalen. Sie erhob sich aus dem Bett und untersuchte sie.

Geschichte Hogwarts'

Bathilda Bagshot

Gedruckt London, 1984

Geschichte Hogwarts' – überarbeitet

Bathilda Bagshot

Gedruckt London, 1996

Ihre Augen weiteten sich und ihre Finger juckten. Zwei Ausgaben nebeneinander, um sie zu vergleichen? Ihre Haut kribbelte vor Vorfreude. Sie stellte sie wieder ins Regal und nahm sich vor, bis zum Ende des Tages zu warten, um sie zu öffnen. Ihr verräterisches Herz flatterte an diesem Tag auf dem Weg in die Bibliothek, als sie kurz zuließ sich zu fragen, wo Draco diese Bücher gefunden hatte.

Sie verbrachte eine Woche damit, sich mit magischer Sklaverei auseinanderzusetzen. Der Katalog enthielt eine Reihe von Büchern zur Geschichte der Versklavung in Europa, Asien, Amerika und natürlich dem Römischen Reich. Zu ihrem Leidwesen tauchten keine Zauber- oder Zaubertrankbücher auf. Aber es war zumindest ein Anfang.

Sie begann mit den neueren europäischen Geschichtsbüchern. Das Problem war, dass es in Europa keine modernen Präzedenzfälle für magische Versklavung gab – abgesehen von Hauselfen natürlich, aber ihre Magie funktionierte ganz anders. Jede Art von magische Versklavung in den letzten Jahrhunderten war tabu, daher gab es keine Aufzeichnungen. Es gab Gerüchte über magische Sklaverei in dunkleren Teilen des Kontinents, aber es war schwer, Forschungen über Zauberei zu finden, die anscheinend niemand praktizierte. Aber sie war sich sicher, dass Magie, die sich so stark und schnell entwickelte wie die Tätowierungen, von etwas inspiriert worden sein mussten. Sie musste nur den Ursprung finden.

Die Bedeutung von Tätowierungen und Brandmalen in alten Kulturen wie den Kelten hatte sie in einen Kaninchenbau geführt, von dem sie nie den Grund sehen konnte, also hörte sie dort auf und ließ ihre Gedanken schweifen, während sie mit den Fingern über ihr eigenes Tattoo strich.

DM.

Sie fragte sich, was Blaise über die Tattoos wusste. Obwohl Pansys Tattoo nicht vom Anwesen aktiviert worden war, musste er etwas über sie gewusst haben, um ihres zu entfernen. Sie hätte ihn schon vor Wochen fragen können, wenn ihr Kopf am richtigen Platz gewesen wäre.

Jeden Morgen kam ein neues Buch in ihr Schlafzimmerregal. Abends, nach einem langen Arbeitstag in der Bibliothek, belohnte sie sich selbst, indem sie die hundert Jahre alten Seiten durchblätterte, ohne daran zu denken, wie das Buch dorthin gekommen war.

Nach einem frustrierenden Tag mit geringen Fortschritten entschied sie sich für einen Tapetenwechsel. Hermine nahm mehrere Geschichtsbücher und ging zum Wintergarten. Die Luft dort war klar und unbeschwert. An den Küchen und dem Esszimmer vorbei wanderte sie zum Westflügel des Herrenhauses.

Sie hörte seine Schritte, bevor sie ihn sah.

Ihre Schritte stockten und sie drückte die Bücher an ihre Brust.

Nicht seine Todesserstiefel. Sie machten ein härteres Geräusch auf dem Marmor.

Sie stand in der Mitte des Korridors, der zum Westflügel führte, wie ein Unfall mit einem Besen, der darauf wartet, dass er passiert.

Er bog um die Ecke, zwanzig Schritte entfernt, den Blick auf einen Stapel Pergament in seiner Hand gerichtet. Er sah, wenn möglich, noch dünner aus. Die Knochen ragten wie Messer aus seinem Gesicht und seiner Brust.

Er blickten zu ihr auf, als er den Korridor halb hinunter war.

Sein Körper zitterte und er ließ die Hälfte seines Papierkrams fallen. Sie konnte die violetten Schatten der Erschöpfung unter seinen Augen schon von der anderen Seite des Ganges aus sehen. Sie atmete rasselnd ein und beobachtete, wie er seinen Blick auf den Marmor senkte, seine Knie zitterten, als er sich bückte, um die Papiere aufzuheben, die er getragen hatte. Er stand auf und drückte sich mit gesenktem Blick gegen die Wand.

Und sie wurde an die Erstklässler erinnert, die dem Slytherin König aus dem Weg sprangen, wenn er durch die Korridore von Hogwarts fegte. Aber ihn jetzt anzusehen...

Er wartete und erlaubte es ihr, mit so viel Abstand wie möglich an ihm vorbeizugehen, ohne die Luft, die sie atmete, zu stören. Sie schob ihre Füße nach vorne und fühlte sich, als würde sie durch eine weitere Wolke von Trauer gehen und sehnte sich danach, die saubere Luft und das Licht wiederzufinden.

Sie dachte an ihr Bücherregal, eine langsam wachsende Entschuldigung, eine Art Wiederaufbau. Sie dachte an die blassen Finger, die ihr Handgelenk packten, die Äderchen zum Platzen brachten und ihre Knochen zerquetschten und sie nicht loslassen konnten.

Sie blieb vor ihm stehen und wartete. Seine Augen flackerten nicht nach oben. Er starrte mit glasigen Augen über den Boden und hielt den Atem an.

„Danke für meine Bücher.", flüsterte sie.

Sie beobachtete, wie er schluckte. Ihre Brust zog sich zusammen bei dem Verlangen nach Normalität, so wie es zuvor gewesen war. Ihre Hand hob sich, ihre Finger streckten sich aus um ihn zu berühren –

Seine Grauen Augen flackerten und trafen auf ihre. Hohl. Sie ließ ihre Hand sinken. Sie ging weiter durch den Flur, schob ihren donnernden Herzschlag und ihre schmerzende Brust beiseite – ihr Verlangen ihn zu trösten und die Farbe in seine Haut zurückzubringen.

Als sie das Ende des Ganges erreicht hatte, schaute sie zurück und sah die dünne Person noch immer an der Wand lehnen, wie sie mit dem Hintergrund ihres eigenen Anwesens verschmolz.

Lucius Malfoy war noch immer nicht zurückgekommen. Es war zwei Wochen her, seit er mit Voldemort gegangen war und die Fragen schwirrten noch immer in ihrem Kopf herum. Er hatte ihr „Unterstützung" angeboten – was auch immer das zu bedeuten hatte. Sie erinnerte sich an das Gefühl von zwei Präsenzen in ihrem Verstand im Salon, die eine gewandert und dumpfer. Sie war sich ziemlich sicher, dass Lucius gesehen hatte, was Voldemort in ihrem Verstand getan hat, aber sie hatte nicht die leiseste Ahnung, was er entschieden hatten, mit den Informationen zu tun.

Sie saß im Wintergarten, mit einem Buch im Schoß und starrte auf den Juli Tag draußen. Es war das, was draußen sein am nächsten war. Nachdem sie Draco begegnet war, hatte sie zunächst gezögert, ihre Routine von der Bibliothek zum Wintergarten und von der Bibliothek ins Bett zu gehen, wieder aufzunehmen. Doch je mehr Tage vergingen, desto mehr sehnte sie sich danach, ihn zu sehen. Wenn sie dem Orden helfen wollen würde, musste sie sich mit ihm gut stellen. Sie brauchte seinen Zugang zu Informationen. Wissentlich oder unwissentlich.

Sie begann Narcissa wiederzusehen. Sie las und machte lange Spaziergänge durch das Anwesen, an Orte, wo man sie leicht sehen konnte. Wenn Draco bewusst wurde, dass sie die Dinge wieder „normal" werden ließ, dann könnte er das vielleicht auch tun. Narcissa versuchte, die Abwesenheit der anderen auszugleichen, indem sie Hermine morgens zum Tee (und Kaffee) traf und über Romane und Feiertage und andere Dinge plauderte, die normale Leute diskutierten. Als die Schuld an ihrem Inneren nagte, erinnerte sich Hermine daran, dass ihre Unterhaltungen es vielleicht zurück zu Draco schaffen könnten. Sie versuchte, nicht daran zu denken, ob er schlafen konnte oder wieder zugenommen hatte.

Es waren zehn Tage seit dem Vorfall im Flur vergangen und Hermine hatte den ersten Band von Mittelalterliches Magisches Europa zur Hälfte durchgelesen. Sie seufzte und klappte es zu, nachdem sie ein weiteres nutzloses Kapitel beendet hatte.

In Anbetracht von Blaise und seiner Rettung von Pansy wurde ihr klar, dass Draco mit Sicherheit von seinen Plänen wusste. Hatte er sie nicht gekauft? War er nicht schockiert, als er hörte, dass in dieser Nacht nur eine Sklavin kam? Hermine summte in ihre Kaffeetasse und überlegte, welche Informationen sie Draco entlocken könnte, wenn sie nur wieder reden könnten, wie früher. Als sie an den Pavillon zurückdachte, wusste sie, dass er dazu geneigt war, ihr Informationen zu geben. Was wusste Draco über die Tätowierungen und ihre Entfernung?

Sie nippte an ihrem Kaffee und atmete die feuchte Luft zwischen den Ranken ein. Die Wintergartenfenster erstreckten sich in einer breiten Kuppel bis zur Decke und ließen das gesamte Sonnenlicht herein. Manchmal sah sie Hix, den Gartenelf, die Bäume und Pflanzen zuschneiden und wässern, aber es gab keine Bewegung außer dem leisen Rascheln der Äste, die sich dem Licht entgegenstreckten.

Als das Plopp einer Apparation über die Blätter und Blumen krachte, ließ Hermine ihre Kaffeetasse fallen und sie zerbrach, als Mippy vor ihr auftauchte.

„Miss!"

Ihre Hand flog zu ihrer Brust und beruhigte ihren eigenen Herzschlag. Ihr Blut gefror beim Anblick der verängstigten Augen der Elfe.

„Miss muss in ihr Zimmer!" Mippy streckte eine Hand aus. „Mippy nimmt sie jetzt mit!"

Sie sammelte ihre Bücher mit zittrigen Fingern zusammen und erinnerte sich an die Dolche der roten Augen und die brennenden Bücher –

Mit einem Drücken ihrer Hand brachte Mippy sie weg und in ihr Schlafzimmer.

„Ist es der Dunkle Lord?", fragte Hermine mit zitternder Stimme.

„Nein, Miss. Die Herrin und Master Draco haben Besuch! Unten ist es für die Miss nicht sicher." Mippy rang ihre Hände und verschwand mit einem weiteren Plopp!

Hermine starrte auf die Stelle, an der das kleine Elfenmädchen gewesen war, und spürte, wie sich ihre Angst in Neugier verwandelte.

Besucher. Sie hatte noch nie erlebt, dass die Malfoys Bekannte hatten, die für ein freundschaftliches Gespräch vorbeischauten.

In ihrer Brust tobte ein kleiner Krieg. Mippy hatte es wichtig erscheinen lassen, dass sie unten nicht gefunden wurde. Aber diese Sicherheit – diese Selbstgefälligkeit, darauf zu warten, dass andere Leute kontrollieren, was mit ihr passiere – würde sie nirgendwo hinbringen.

Und wenn unten jemand über Todesser-Angelegenheiten sprach... Vielleicht war Lucius zurück?

Das Bedürfnis nach Antworten, das Bedürfnis, nützlich zu sein, das Bedürfnis, nicht nur hier zu sitzen und darauf zu warten, dass ihr noch etwas Schreckliches zustößt – diese Bedürfnisse setzten sich durch.

Sie schlüpfte durch ihre Tür und schaute in beide Richtungen, als würde sie eine gefährliche Straße überqueren. Ihre Füße waren leise auf dem Marmor, als sie die Treppe hinabstieg und am unteren Ende stehen blieb, um in die Kamine zu starren, in der Erwartung, dass jeden Moment eine ganze Dinnerparty durch das Feuer auftauchen würde.

Die Tür zum Salon war geschlossen. Sie vermutete, dass Narcissa Malfoy dort Gäste bewirtete. Aber sie war sicher, erwischt zu werden, wenn sie mit dem Ohr ans Holz gepresst in der Tür stand. Sie versuchte nachzudenken.

An den Salon angeschlossen war ein selten genutzter Ballsaal. Sie vermutete, dass er für Partys und große Veranstaltungen war. Es bestand kaum eine Chance, dass jemand in diese Richtung ging, wenn er den Salon verließ.

Hermine eilte durch den Korridor, fegte an den Küchen und all den kleinen Verstecken vorbei, die sie in den letzten zwei Monaten auswendig gelernt hatte. Als sie die Hintertür zum Ballsaal so langsam wie möglich aufstieß, sah sie, dass niemand drinnen war und rannte zur Tür, die zum Salon führte. Sie war nur angelehnt.

Als sie durch die Tür spähte, fand sie Narcissa in einem Sessel sitzend vor, ein unberührtes Glas Brandy neben sich. Draco stand neben ihr und hielt ein Glas Feuerwhisky in der Hand. Ein magerer älterer Mann ging vor ihnen mit einem Stock auf und ab, bewegte sich aber immer noch geschickt durch den Raum. Als er sich umdrehte, sah Hermine sein Gesicht.

Nott, Sr.

Sie durchsuchte den Rest des Zimmers und fand einen mageren Jungen, der die Gemälde an der Wand untersuchte. Theodor. Sie beobachtete, wie er an seinem Feuerwhisky nippte und beim Geschmack das Gesicht verzog, während er dem Raum den Rücken zuwandte.

Ihre Ohren spitzen sich.

„...Projekt, das einiges an Recherche erfordert. Theo und ich hatten gehofft, den Tag in Ihrer Bibliothek zu verbringen. Im Privaten, wenn wir dürfen."

„Ich verstehe.", sagte Narcissa. „Ich wünschte Lucius wäre hier, um euch zu helfen, aber ihr könnt natürlich gerne –"

„Darf ich fragen, was für ein Projekt?", mischte sich Draco kühl ein.

Theo drehte sich um und sah ihn an. Nott nahm einen großen Schluck aus seinem Glas. „Eine vertrauliche Anfrage des Dunklen Lords", sagte er mit einem Grinsen. Und dann zurück zu Narcissa, als hätte Draco überhaupt nicht gesprochen. „Wo ist Lucius hin verschwunden?"

Eine angespannte Pause, bevor Dracos Stimme erklang, „Eine vertrauliche Anfrage des Dunklen Lords."

Hermine beobachtete, wie Nott langsam lächelte.

„Unsere Familie fühlt sich geehrt, ihm zu dienen", sagte Narcissa.

Theo schwenkte gellangweilt sein Glas. „Hat es etwas mit dem zu tun, was in Frankreich passiert?"

Drei Köpfe wandten sich ihm zu. Er hielt ihre Reaktionen fälschlicherweise für beeindruckt und fuhr fort: „Wir haben auch sein Vertrauen, wissen Sie. Es hat keinen Sinn, sich vor uns zu profilieren." Hermine sah zu, wie Nott Sr. seinen Sohn stirnrunzelnd ansah.

Narcissa übernahm die Führung und sprach leise. „Ich bin mir sicher, dass ich es nicht weiß, Theo. Die Mission war zwischen Lucius und dem Dunklen Lord."

Theo nickte und nippte an seinem Glas, ohne den wütenden Blick seines Vaters durch den Raum zu bemerken.

„So wie dein Mann sensible Befehle vom Dunklen Lord hat, habe ich sie auch", sagte Nott geschickt. „Ich weiß deine Freundlichkeit wie immer zu schätzen, Narcissa."

„Wie dem auch sei, Sir, mein Vater ist nicht zu Hause. Er bittet auch nicht um ihre Hilfe." Eine kurze Pause. „Wie können wir Ihnen bei Ihrer Forschung behilflich sein?" Draco sprach mit der eleganten Verachtung der Oberschicht. Er sah besser aus, gesünder. Sein Haar war sauber und seine Haut wieder rein.

Ein langes Schweigen. Und dann: „Es geht um die Apparationsgrenze. Und den Vorfall in Liverpool letzte Woche."

Hermines Herz hämmerte. Das letzte Mal, als sie von der Apparationsgrenze gehört hatte, war in Dover Castle gewesen, wo die Leute versuchten hatten zu fliehen.

„Wir suchen nach Texten über obskure Schutzzauber, die mit geringerer Wahrscheinlichkeit..."

Nott Sr. unterbrach sich. Sie hörte, wie er etwas murmelte, und gerade als sie sich näher vorbeugte, um besser zu hören, wurde die Tür aufgerissen und enthüllte sie im Türrahmen.

Vier Augenpaare wandten sich ihr zu, als ihr Blut kalt wurde. Draco verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den andern, eine Hand stellte sein Getränk ab, während die andere nach seinem Zauberstab griff. Seine Augen waren mörderisch.

„Aha!", sagte Nott. „Der kleine Abschaum hier hat gerade meinen Abhörzauber ausgelöst."

Hermine überlegte, ob Laufen überhaupt eine Option wäre, als Notts Zauberstab zuckte und ihr Körper in den Raum gebracht wurde. Sie sauste an Möbel vorbei und kam stolpernd vor ihren Füßen zum Liegen.

Narcissa stand auf und der eisige Blick, den sie auf Hermine konzentrierte, ließ ihr Herz erstarren.

„Was habe ich dir über das Herumwandern auf dem Anwesen gesagt?", zischte Narcissa.

Hermines Mund fiel auf und sie versuchte die richtige Rolle zu finden, die sie spielen musste. „Bitte – es ist nicht das, was Sie denken. Es tut mir leid –"

„Bei weitem nicht so leid wie es dir noch tun wird.", sagte Narcissa mit leiser und giftiger Stimme.

„Hm", sagte Nott. „Für mich sieht sie nicht so aus, als hätte sie Drachenpocken."

Das Zimmer wurde still. Von ihrem Platz zu seinen Füßen blickte sie zu Nott Seniors dürrem Gesicht auf. Er starrte sie an.

„Natürlich tut sie das nicht. Draco teilt einfach nicht gerne", sagte Theo mit einem Kichern. Hermine ließ ihre Augen nach drüben wandern, wo Theo sie angrinste.

„Das stimmt so überhaupt nicht, das versichere ich dir", sagte Draco beiläufig. „Aber du hast Recht mit den Drachenpocken. Es stellte sich heraus, dass es sich um eine Muggel Krankheit handelte. Etwas Schmutziges, das sie mitgebracht hat."

„Wir gehen in dieser Familie sehr vorsichtig mit Drachenpocken um.", sagte Narcissa zu Nott. "Lucius' Vater ist daran gestorben, du erinnerst dich."

Nott hob die Spitze seines Stocks an ihr Kinn und schob ihren Kopf mit dem kalten Ende nach hinten. Hermine schluckte und begegnete seinem Blick. „Also werden wir dann mehr von ihr sehen?" Seine Doppeldeutigkeit entging ihr nicht, als das Ende seines Gehstocks ihren Hals hinunterglitt und am Kragen ihres Pullovers zupfte.

„Das ist zu erwarten.", stieß Draco hervor.

„Gut. Wir haben einen männlichen Sklaven gekauft, wissen Sie. Er ist ausgezeichnet für körperliche Arbeit, aber offensichtlich für andere Tätigkeiten nur schlecht zu gebrauchen." Er lachte und Hermines Magen drehte sich um.

„Mippy!", rief Narcissa. Das Plopp der Elfe war zu hören. „Bring das Schlammblut zurück in den Kerker. Achte darauf, dass sie dort bleibt."

Es war wie ein Schnitt in ihrem Bauch, als sie Narcissa dieses Wort benutzen hörte. Sie blinzelte ihren verschwommenen Blick beiseite, als das Ende von Notts Gehstock anfing, unter ihren Pullover zu sinken. Mippys Hand legte sich um ihr Handgelenk, und dann wurde sie herumgewirbelt und kam im...

Kerker an.

Sie drehte sich auf ihren Knien, um die kleine Elfe anzusehen.

„Mippy tut es leid! Mippy sagte die Miss, soll oben bleiben!" Mippys Lippen zitterten und dann disapparierte sie.

Hermine stand auf und drehte sich im Kreis, während sie ihre Umgebung in Augenschein nahm und erwartete, dass ein Drache aus den Schatten auftauchen würde. Sie war noch nie zuvor in den Kerkern gewesen. Nur Harry und Ron waren hierher geschleppt worden, während Bellatrix sie oben behalten hatte. Die Luft war dick und feucht, und von irgendwoher schien ein Luftzug zu kommen.

Als sie zur Treppe ging, stellte sie fest, dass ihre Füße nicht weitergehen konnten. Mippy hatte ihr das Verlassen des Kerkers verwehrt. Sie schnaubte und lehnte sich gegen die Steine. Vielleicht würde sie es später bereuen, Mippy verärgert zu haben, aber die Informationen, die sie erfahren hatte, waren es wert gewesen.

Die Leute schafften es, erfolgreich zu entkommen. Sie zog Liverpool in Betracht – auf den ersten Blick kein besonders wichtiger Ort. Aber es war nah am Wasser. Die Apparationsgrenze.

Ihr Verstand brummte. Die Angriffe von George und Angelina waren bewusst außerhalb von Liverpool geplant worden. Ablenkungen.

Sie wollte unbedingt wissen, wer geflohen war. War es irgendjemand, den sie kannte? Irgendwelche Auktionsgüter? Sind Ron oder Ginny entkommen?

Ein kalter Schauer lief ihr den Rücken runter.

Wenn Voldemort nach Harry in ihrem Verstand gesucht hatte...

Wenn es auch nur die winzigste Chance gab, dass Harry die Finale Schlacht überlebt hatte...

Sie kaute auf ihrer Lippe, dachte nach.

Vielleicht ist er irgendwie davongekommen, bereitete eine neue Truppe vor...

Ihre Augen wanderten nach oben und hefteten sich an die dunklen Ecken des Kerkers. Es gab keine Möglichkeit für sie, es zu wissen. Im Moment jedenfalls nicht.

Hermine trat in die Schatten vor und untersuchte den Raum. Sie hatte vorher nicht daran gedacht, dass es sich lohnen würde, sich die Kerker anzusehen – hier unten würde es mit Sicherheit keinen Ausweg geben.

Eine Fackel erhellte den Raum und flackerte in der Nähe der Treppe. An den Wänden waren Fesseln und Ketten befestigt und ein ominöser Tisch mit Manschetten, der Jahrhunderte alt war. Eine kleine, sorgfältig gefaltete Decke lag neben einer Steinsäule. Daneben ein Spiel mit Buben und ein paar Karten, die zu einem Zauberschnippschnapp Set gehörten.

Luna.

Hermine schluckte. Luna war hier festgehalten worden. Und laut ihr hatte Draco sie besucht. Er hat ihr Gesellschaft geleistet und ihr erzählt, was in der Schule passierte.

Hier wurden Gefangene festgehalten. Hier hätte sie aufbewahrt werden sollen. Eine Welle der Trauer überkam sie, da sie wusste, dass in den letzten Monaten unzählige Freunde und Klassenkameraden an ähnlichen Orten festgehalten wurden. Sie versank in ihren eigenen Gedanken und hielt die Tränen zurück, indem sie sich auf das konzentrierte, was sie gerade über Liverpool gehört hatte.

Vielleicht zwanzig Minuten später hörte sie das Gitter oben an der Treppe knarren. Sie kauerte sich instinktiv an eine Säule, ihr Herz pochte immer noch heftig, als Stiefel, die sie wiedererkannte, die Steinstufen hinuntergestampft kamen, gefolgt von dünnen Beinen, die sie kannte.

„Was zum Teufel, Granger?", zischte er, bevor er überhaupt vollständig in der Öffnung der Treppe erschien.

„Leute entkommen?" Ihre Haut kribbelte von den Fragen, auf die sie eine Antwort brauchte.

„Was verstehst du nicht an ‚Bleib in deinem Zimmer – '"

„Wer? Wie viele?"

„– verdammte Idiotin manchmal, weißt du das?"

„Beantworte die verdammte Frage!"

„Ich weiß nicht!" Die Lautstärke brachte sie beide zum Schweigen. Er schluckte, die Anspannung um sie herum war erdrückend und schwer. Und dann, leiser: „Momentan sind es nur Gerüchte und Vermutungen –"

„Könnte Harry entkommen sein?" Sobald die Worte ihre Lippen verließen, wusste sie, dass es absurd war – noch bevor sie Dracos Gesichtsausdruck sah. Trotzdem flüsterte sie: „Ist Harry am Leben?"

Er starrte sie an, als ob sie ein Geist war. „Granger,", sagte er langsam, als könnte sie zerbrechen. „ich habe keinen Grund zu glauben, dass Potter noch am Leben ist." Er legte seinen Kopf zur Seite. „Hast du Grund dazu?"

Sie dachte über die Informationen nach, nach denen Voldemort gesucht hatte. Die Möglichkeit, dass Harry zwei Seelen in sich hatte...

Draco ging nach vorne und beobachtete sie immer noch misstrauisch. „Glaubst du wirklich, dass Potter, wenn er noch am Leben wäre, die Auktion zugelassen hätte? Dass er nicht jeden Tag, an dem du hier warst, die Tore gestürmt hätte?"

Als sie zu ihm aufsah und schnell blinzelte, spürte sie, wie ihr das Herz wieder brach, genau wie im Hof, als sie seinen kleinen Körper in Hagrids Armen gesehen hatte.

Sie wandte sich ab, ihre Finger spielten mit einem Faden an ihrem Pullover. „Nein. Nein, ich nehme an, du hast recht. Es war eine unbegründete Theorie." Sie schloss die Augen und versuchte sich zu sammeln. Sie holte tief Luft. „Nott ist hier, um die Bibliothek zu benutzen?"

„Ja."

„Und warum hatte ich Drachenpocken?"

Seine müden Augen wurden schärfer, als sie über ihr Gesicht fuhren und er sich daran zu erinnern schien, dass er verärgert über sie war. „Das ist jetzt egal."

„Wo wird er ‚mehr von mir' sehen", sagte sie und wiederholte Notts Worte von vorhin.

Draco presste seine Lippen zu einer dünnen Linie zusammen und starrte auf den Steinboden. „Wir werden am Freitag ausgehen."

Ihr Puls hämmerte. Das einzige andere Mal, als sie „ausgegangen" war, hatten sie Hogwarts besucht.

„Was bedeutet das?"

„Jedes Wochenende gibt es eine Party. Du hast seit vier Wochen Drachenpocken, bist zu krank, um daran teilzunehmen." Seine Stimme triefte vor kalter Verärgerung. „Und jetzt bist du nicht mehr krank."

„Was für eine Party?" Ihre Stimme brach ab.

Seine Augen bohrten sich mit einem Blick in sie, der sagte: Du weißt schon.

Als sie versuchte, ihren Atem unter dem Gewicht ihrer Rippen ruhig zu halten, wurde ihr etwas klar. „Sind da noch andere Auktionsgüter?"

Als er nickte, setzte ihr Herz einen Schlag aus, ihre Gedanken rasten durch die Möglichkeiten...

„Die Weasleys sind nie anwesend", sagte er, ihre Emotionen mussten deutlich auf ihrem Gesicht zu erkennen sein. Eine schwere Stille entstand. „Sie neigen nicht dazu, brav bei allem mitzuspielen."

Sie starrte zu ihm hoch und spürte, wie eine vertraute Wut in ihr aufstieg. „Und wird von mir erwartet, ‚brav mitzuspielen'?"

Seine Augen funkelten sie an und er sagte: „Du bist zu schlau, um es nicht zu tun."

Er hatte recht. Sie hatte nach einem Ausweg aus dem Anwesen gesucht. Und jetzt, wo sie ihn bekommen hatte, würde sie es nicht verderben.

Er drehte sich auf dem Absatz um, ähnlich wie Snape es früher getan hatte, eilte zur Treppe und blieb bei der ersten Stufe stehen, um sie aufzufordern, ihm zu folgen. Sie schlängelten sich schweigend die Hintertreppe hinauf, mieden den Weg, der an der Bibliothek vorbeiführte, und erreichten ihren gemeinsamen Flur mit einer Reihe von Ecken und Abbiegungen, die Hermine sich noch nicht hatte merken können.

Er blieb vor ihrer Tür stehen, und sie drehte sich zu ihm um. „Freitag?"

„Um zehn."

Ihr Mund fiel auf. „Abends?"

Er hob eine Augenbraue an und witzelte: „Hast du einen Test früh am nächsten Morgen, Granger?"

Und es war so vertraut und so dramatisch und so normal... Ihre Lippen zuckten und sie musste ihr Kinn wegdrehen, um nicht zu lächeln.

Sie stieß ihre Schlafzimmertür auf und sah im Augenwickel, wie er zurücktrat, was ihr viel Raum ließ, um ihr Zimmer ungehindert zu betreten. Sie warf ihm einen letzten Blick zu und fragte: „Wird erwartet, dass du dich ihnen jetzt anschließt? den Notts?"

"Ja."

Sie hielt inne und sagte: „Du solltest deine Haare durcheinander bringen."

Seine Augen, die fest auf ihre Knie geheftet waren, schossen ruckartig nach oben.

„Wenn du dich um ‚dein Schlammblut gekümmert hast'" Sein Auge zuckte, als hätte sie ihn angefaucht. „In deinem Sex-Verließ", stellte sie klar. Ihr Mundwinkel zog sich nach oben.

Er starrte sie einen Moment lang an und nickte, während er sich abwesend mit der Hand durch die Haare fuhr. Und es glättete – das genaue Gegenteil von dem, was notwendig war.

Sie seufzte verärgert und bemerkte, dass sie vortrat, nach oben griff und ihre Finger durch seine Haare gleiten ließ, sie nach vorne über seine Augen legte, die öligen Strähnen trennte und oben durch sie hindurchwuschelte, wo sie die Haare erreichen konnte.

Plötzlich ruckte sein Kopf zurück, sein Körper folgte und stolperte zur gegenüberliegenden Wand.

Sie zuckte zusammen und zog ihre Hand zurück, als hätte sie ihn verbrannt.

„Entschuldigung", keuchte er, als war er derjenige, der sie ohne Erlaubnis berührt hatte, und dann rannte er durch den Flur und die Treppe hinunter, bevor sie blinzeln konnte.

Sie las in dieser Nacht das überarbeitete Hogwarts: Eine Geschichte von vorne bis hinten, um nicht darüber nachzudenken.

Der Freitagabend kam, und dazu ein grünes Seidenkleidchen, ein Paar Schuhe mit niedrigen schwarzen Absätzen und eine dünne goldene Choker Halskette, von der sie nur annehmen konnte, dass sie eine Art Halsband sein sollte.

Eine Konkubine, die herumgeführt werden sollte, angestarrt und angegafft werden konnte.

Um Viertel nach zehn klopfte er an ihre Tür. Er sah sie nicht an, als Sie sie öffnete. Er reagierte nicht auf ihre Bemerkung, über seine elegante Unpünktlichkeit.

Sie räusperte sich und streckte die goldene Halskette aus. „Sie lässt sich nicht schließen. Ich nehme an, du musst etwas tun?"

Endlich sah er zu ihr auf. Er hatte sich die Haare gewaschen und seine Haut war wieder blassweiß statt grau. Aber er trug seinen Todesserstiefel und -hosen. Sie waren heute Abend beide in Uniform.

Er nahm die Kette aus ihren ausgestreckten Fingern und spielte mit dem Verschluss, während sie sich umdrehte und ihr Haar von den Schultern schob. Einmal befestigt, schrumpfte das Gold um ihren Hals, und sie keuchte bei dem Gefühl der Enge.

Sie drehte sich um. „Haben die Ketten irgendwelche magischen Eigenschaften?", fragte sie und spielte mit dem dünnen Gold.

Er riss seinen Blick von ihrem Hals los und schaute ihr in die Augen, ein Hauch von Rosa machte sich auf seinen Wangen breit. „Es ist ein Klassensystem, das bestimmte Halsbänder von bestimmten Räumen ausschließt."

Wohin gingen sie?

„Dann habe ich wohl einen Zu-Allem-Zugangs-Pass?" Der schneidende Humor kam schnell und überdeckte ihre Aufgeregtheit.

„In gewisser Weise."

Er ging voran nach unten und als er sich nach links zur Haustür anstatt zu den Kaminen wandte, wurde sie daran erinnert, als sie nach Hogwarts gegangen waren.

Sie erstarrte. „Wird der Dunkle Lord da sein?" fragte sie, als er durch die Tür trat.

„Nein. Er ist fast nie da." Eine Pause, dann sagte er über seine Schulter hinweg: „Genauso wie meine Tante."

Sie folgte ihm den Weg entlang, als sich die Enge in ihrer Brust löste. „Und woran liegt das?"

Einen Moment lang reagierte er nicht. Als sie endlich die Tore erreicht hatten, sagte er: „Die Partys sind ziemlich spezifisch... für Leute mit einem spezifischen Geschmack. Weder der Dunkle Lord noch meine Tante haben ein Verlangen nach diesen Angelegenheiten. Obwohl Todesser im Allgemeinen dazu ermutigt werden, teilzunehmen."

Sie nickte und zwang ihre Nerven dazu, sich zu beruhigen. Sie streckte ihm ihren Arm entgegen und er starrte darauf hinunter, bevor er vorsichtig seine Finger um das Tattoo legte und sie durch die Barriere führte.

Er führte sie zum Apparieren nach oben auf den Hügel und als er seinen Zauberstab zog, überschlug sich ihre Angst. „Wird heute Nacht etwas Ähnliches passieren?"

Seine Augen waren kalt und tot, als er sie fragend ansah.

„Ä-ähnlich zu dem in meinem Zimmer. Musst du –"

„Nein." Es klang hart gegen den Wind. „Du bleibst in meiner Nähe und wir stellen sicher, dass du von allen gesehen wirst, damit wir die nächsten Wochen nicht zurückkehren müssen. Das ist alles."

Sie schluckte zitternd.

„Es wird geringfügigen Kontakt geben", sagte er, um ihre Frage zu klären. Seine Augen waren zum Himmel gerichtet und sie fragte sich, wie viele kleine Berührungen er ertragen konnte. Als wäre er derjenige gewesen, der belästigt worden wäre.

Andererseits waren sie beide verletzt worden. Auf unterschiedliche Weise.

Sie bot ihm ihren Ellbogen an. Er nahm ihn fest in seine Hand, und sie glitten davon und tauchten am Rande einer kleinen Stadt auf, dunkel und still. Die kopfsteingepflasterten Straßen führten einen langen Hügel hinauf, und oben blickte eine aufragende Burg auf sie herab, über der das Dunkle Mal im Himmel schwebte.

Er führte sie zum Tor, und kurz bevor sie ihm folgte, erblickte sie ein altes Schild, das an einer toten Straßenlaterne hing.

Edinburgh Castle hier entlang.


Übersetzung von Annelina97 und Goldfisch!

Updates jeden Dienstag!