Kapitel 35
Heute haben wir eine kleine Überraschung für euch :) Die Liebe Darline vertont unsere Übersetzung und ab heute 20:00 Uhr gibt es das erste Kapitel auf YouTube zu hören! Ihr findet ihren Account über den Namen Darline'sBookDreams und ich verlinke ihn heute auch in meiner Instagram (Annelina97) Story !
Wir hoffen ihr freut euch genauso wie wir darüber!
Annelina & Goldfisch
Inhaltswarnung: Horror, Gewalt
Der Portschlüssel wirbelte sie herum wie ein Kreisel und drückte sie immer fester aneinander, bevor er sie zu Boden schleuderte. Hermine fiel auf die Knie, und als sie sich wieder aufrappelte, sah sie Dracos ausgestreckte Hand vor sich. Sie ergriff sie und ließ sich von ihm auf die Beine helfen.
Die Luft war kühl und ließ ihre nackten Beine frösteln. Hermine rieb sich die Arme, während sie sich umsah. Sie befanden sich am Rande einer kleinen Stadt – die Straßen waren mit Kopfsteinpflaster ausgelegt, die Gebäude schmal und eng aneinandergereiht. Rechts von ihnen parkten mehrere Muggelautos, und am Ende der Straße brannte das Licht eines Pubs. Das Schild war in rumänischer Sprache verfasst.
Hermine holte tief Luft. Sie hatten es geschafft. Der internationale Portschlüssel hatte funktioniert.
Draco trat neben sie, und sie drehte sich zu ihm um, als er ihr die Hand reichte.
„Bereit?", fragte er.
Sie blickte auf die Hand hinunter und dann zu ihm auf. Sein Blick war fest, aber seine Augen waren müde – als wäre ein ganzes Leben vergangen, seit er den Körper seiner Tante angestarrt hatte.
Ihre Kehle fühlte sich trocken an, und sie leckte sich über die Lippen. „Bist du es? Wir können uns einen Moment Zeit nehmen –"
„Ich bin bereit.", sagte er, dann nahm er ihren Arm und apparierte mit ihnen weg.
Die Welt stürzte mit einem Ruck auf sie ein. Draco hielt sie fest, während sie sich auf dem unebenen Boden unter ihren Füßen aufrichtete. Sie blinzelte, um klar zu sehen, und stellte fest, dass sie genau an der Stelle standen, an der Lucius und der Dunkle Lord in Lucius' Erinnerung erschienen waren.
Hermine befreite ihren Arm aus seinem Griff und reckte den Hals zu der gewaltigen Gebirgskette vor ihnen empor. Die Berge waren in Nebel gehüllt, ihre zerklüfteten Umrisse waren durch die violetten und grauen Wolken kaum zu erkennen. Aber vor ihr stand derselbe Gipfel, den sie in Lucius' Erinnerung gesehen hatte. Derselbe, den sie vor einer Woche in einem Buch über rumänische Geografie gesehen hatte und vor Aufregung fast ihren Kaffee verschüttet hätte.
„Wir hatten recht", sagte sie atemlos. „Das Versteck ist auf dem Moldoveanu-Gipfel –"
„‚Wir?' Du hast es herausgefunden, Granger." Draco warf ihr einen Blick zu, dann drehte er sich um und begann zu gehen.
Nach ein paar Herzschlägen folgte Hermine ihm den gewundenen, vom Mondlicht beleuchteten Pfad hinauf.
Sie ging einen Schritt hinter ihm, ihre Finger umklammerten Daphnes Zauberstab. Sie spürte immer noch einen dumpfen Schmerz hinter ihren Schläfen, aber jeder Schritt schien ihn weiter zu vertreiben. Sie klärte ihren Geist und konzentrierte sich auf die Magie und das Adrenalin, das durch ihre Adern floss.
Sie konnten es schaffen. Für Harry.
Der Weg wurde steiler, und Hermine verlor auf einer unebenen Stufe fast den Halt. Sie blickte stirnrunzelnd auf ihre flachen Schuhe, und Draco hielt inne, um auf sie zu warten, während sie sie in dicke Stiefel verwandelte. Ihre Kopfhaut schmerzte von Pansys Haarnadeln, also ließ sie sie mit einer Bewegung ihres Zauberstabs verschwinden.
Als sie wieder aufrecht stand, schob sie ihr loses Haar über die Schulter und testete ihre Stiefel. Ihre Halskette lastete schwer auf ihrem Hals, aber ein Verwandlungszauber könnte die darauf angebrachten Verzierungen beschädigen.
Ihr Herz schlug schneller, als sie Dracos Blick begegnete. „Erinnere mich noch einmal daran, was du in deinem Familienarchiv gefunden hast."
Draco hob eine Augenbraue und führte sie weiter. „Keine Aufzeichnungen über ein Anwesen in Rumänien. Das nächstgelegene Anwesen ist eine Hütte im Balkangebirge, etwa 80 Meilen südlich der bulgarischen Grenze. Nur zwei Erwähnungen eines Besuchs in Rumänien in persönlichen Tagebüchern. Einmal im Jahr 1940 und einmal vor zweihundert Jahren."
Sie kannte es natürlich auswendig. Aber sie musste es laut hören, so wie sie vor einer Prüfung Fakten herunterrasseln musste.
Sie gingen weiter, bis sie zu dem Stein auf dem Weg aus Lucius' Erinnerung kamen. Ihr Atem wurde flach, als sie eine scharfe Rechtskurve machten und sich die Details einprägten. Draco ließ sich von ihr den Weg zum Eingang des Berges hinaufführen, seine Schritte waren leicht hinter den ihren. Jedes Mal, wenn sie sich umdrehte, um nach ihm zu sehen, entdeckte sie seine Augen, die das Gelände überblickten oder einen Blick auf den Weg hinter ihnen warfen.
„Hast du dir noch mehr Gedanken darüber gemacht, was für ein Objekt wir suchen?", fragte er schließlich.
„Ich habe dir schon alles gesagt, was ich weiß." Hermine kaute an der Innenseite ihrer Wange, als ihr klar wurde, dass er es auch noch einmal hören musste. „Wir werden nach etwas relativ Kleinem suchen. Seine früheren Horkruxe hatten eine persönliche Bedeutung für ihn – der Ring seines Großvaters, sein Schultagebuch –, während seine späteren Gegenstände von großer magischer Bedeutung waren."
Draco schwieg hinter ihr.
„Das könnte uns anfangs entgehen." Ihre Wirbelsäule kribbelte bei der Erinnerung an das Aufräumen von verstaubten alten Zimmern und das Wegwerfen von zerbrochenen Schränken. Instinktiv griff sie nach ihrem Regal und war überrascht, dass sie das Buch ohne große Schmerzen hinter ihrer Stirn zuklappen konnte. „Aber dieses Mal suchen wir nach ihm. Er kann ... Gefahr spüren. Ich vermute, wir werden es merken, wenn wir in der Nähe sind."
Und damit kamen sie an der Felswand an. Es war ein glatter Stein – derselbe, den sie vor Wochen in Lucius Malfoys Erinnerung gesehen hatte. Draco tippte mit seinem Zauberstab gegen den Stein, genau wie sein Vater es getan hatte, und mit einem Zittern der Magie riss die Tür auf. Sie glitt zur Seite und gab den Blick auf die schwarze Höhle im Inneren frei.
Sie standen einen Moment lang da und starrten in seine Tiefen. Hermine zwang ihre Lungen, Luft zu holen.
Draco drehte sich zu ihr um und schnitt sich mit seinem Zauberstab in die Handfläche. Seine Augen zuckten, als er sah, wie sie das Gleiche mit ihrem tat. Er richtete seinen Blick auf das Blut, das an seinem Handgelenk heruntertropfte, und ließ es mit einem Schnippen seines Zauberstabs nach oben steigen.
„Mein Blut wird nach einer Stunde aus deinem Körper verschwinden." Ein weiteres Schnipsen, und die Tröpfchen wanderten in Richtung ihrer Hand.
Sie sah zu, wie die roten Perlen durch den Schnitt in ihrer Handfläche sickerten und sich unter ihrer Haut verteilten. Ihr Blut fühlte sich wärmer an, als sie sich vorstellte, wie es sich mit seinem vermischte, durch ihre Adern glitt und sich um ihr Herz kräuselte.
Die Wunde schloss sich. Hermine betrachtete blinzelnd ihre glatte Haut, als Draco ihre Hand in seine nahm und mit dem Daumen über die Stelle strich.
„Also, wenn mir da drin etwas passieren sollte, darfst du keine Zeit verlieren."
Sie hob ihren Kopf ruckartig an. „Sag so etwas nicht."
Seine Brauen zogen sich zusammen. „Ich habe über solche Barrieren gelesen. Eine einfache Blutgemeinschaft hält bestenfalls achtzig Minuten. Der Zauber erfordert das Blut eines lebenden Malfoy..."
Sie riss ihre Hand aus seiner. „Hör auf, so zu reden, als würdest du sterben."
Er starrte sie an, als wäre sie die Sturköpfige. „Ich bin nur praktisch veranlagt."
„Dann hör auf damit.", schnauzte sie.
Er räusperte sich. Dann trat er auf sie zu, und ihr Herz blieb stehen, als er seine Hand hob und mit den Fingern über ihre Halskette strich. Er hielt an einem Smaragd unterhalb ihres linken Schlüsselbeins inne.
„Ich habe diesen Stein ersetzt."
Hermine blickte nach unten, als Draco an dem Edelstein zerrte und ihn in das Mondlicht hielt. Er schimmerte schwach – ein Zauber.
Er ließ ihn wieder los, und seine Augen flackerten zu ihren. „Das Gegenmittel für das Tattoo befindet sich darin. Ein einfacher Trennungszauber wird genügen."
„Das wird nicht nötig sein. Wir werden zusammen gehen." Sie wandte sich von ihm ab und trat an die Schwelle, bevor er die Nässe in ihren Augen sehen konnte.
Sie sprach eine Reihe von Flucherkennungszaubern über dem Eingang, wobei ihre Konzentration mit jedem Schwung von Daphnes Zauberstab zurückkehrte. Alle waren negativ. Hermine atmete tief durch, sprach einen Lumos-Zauber und trat in die Dunkelheit vor.
Ihre Sicht passte sich schnell an das Zauberstablicht an. Nur vier Schritte vor ihr konnte sie eine absteigende Treppe erkennen, die grob in den Fels gehauen war. Sie warf einen Blick über die Schulter und entdeckte Draco direkt hinter sich, den Mund hart und den Blick starr nach vorn gerichtet. Er entfachte seinen Zauberstab, als sie sich wieder der Treppe zuwandte, und folgte ihr hinunter.
Das Glühen ihrer Zauberstäbe reichte tief in die Dunkelheit hinein, aber es war kein Ende in Sicht. Je weiter sie hinabstiegen, desto kälter und dichter wurde die Atmosphäre. Die Luft hatte einen metallischen Beigeschmack, und von unten ertönte ein tropfender Klang. Nach einigen Dutzend Stufen erreichten sie einen Absatz von etwa zwei Metern, bevor die Treppe weiter nach unten führte.
Man hörte nur das Geräusch von Dracos Umhang, der die Treppe hinunterglitt, während sie endlos hinabstiegen – Treppe, Treppenabsatz, Treppe. Hermines Beine begannen zu protestieren, und sie hielt inne und sah zu Draco auf.
Das Mondlicht schien durch den Eingang hinter ihm, all die Stufen darüber.
„Meinst du, wir haben vielleicht etwas übersehen, als wir reingekommen sind? An den Wänden?"
„Ich habe nichts gesehen." Er hielt inne und ließ sie zu Atem kommen. „Es ist wahrscheinlich nur ein sehr langer Weg nach unten."
Sie runzelte die Stirn, als sie sich wieder der Treppe zuwandte, die hinunter, hinunter, hinunterführte. Es würde furchtbar schwierig sein, von hier wegzukommen – es sei denn, man konnte fliegen, natürlich. Vielleicht war das ja der Sinn der Sache.
Draco drückte ihren Arm und ging um sie herum, um die Führung zu übernehmen. Es war viel einfacher, seinem blonden Kopf zu folgen als dem Ende ihres Zauberstabs, aber trotzdem, als sie den sechsten Treppenabsatz und weitere Stufen erreicht hatten, kochte Hermines Frustration über.
Irgendetwas nagte an ihr, wie ein Juckreiz zwischen ihren Schultern, den sie nicht erreichen konnte. Sie drehte sich um, um noch einmal zum oberen Ende der Treppe zu blicken, und ihre Füße wankten.
Das Mondlicht warf dieselben Schatten, die sie vor vier Absätzen gesehen hatte, als wäre die Entfernung gar nicht größer geworden. Ihre Ohren spannten sich an, um das Tropfen des Wassers zu hören – die Lautstärke war genauso leise wie zuvor.
Sie hörte, wie Draco vor ihr stehen blieb.
„Was ist los?"
„Wir bewegen uns nicht."
Ihr Herz pochte in ihrer Brust, als er zu ihr zurückeilte. Sie betrachtete einen Moment lang sein blasses Gesicht, bevor sie auf dem Treppenabsatz herumhuschte und mit den Fingern nach einem verborgenen Eingang suchte, während sie die Wand nach Runen absuchte. Sie warf ihr Zauberstablicht nach oben und sah nur eine feuchte Steindecke.
Draco fluchte und joggte die Treppe zum vorherigen Treppenabsatz hinauf. Mit klopfendem Herzen sah sie zu, wie er verschwand, und hörte, wie seine Stiefel gegen die Stufen klatschten.
Ein Geräusch hinter ihr. Ein Schatten schritt auf sie zu.
Hermine schnappte nach Luft und drückte sich gegen die Wand, ihr Zauberstab zielte auf...
Draco.
Er strauchelte, zuckte zurück und riss seinen Zauberstab herunter.
Hermine starrte ihn an, und er starrte zurück. Sie drehte sich um und schaute die Treppe hinauf, die Draco vor einer Minute hochgejoggt war. Sie war leer. Als sie wieder hinter sich sah, entdeckte sie Draco, der ängstlich die Treppe hinunterstarrte, von der er gerade gekommen war – irgendwie von hinten.
„Es ist eine Schleife.", sagte er und blickte zu ihr hoch.
Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf, und neuer Schrecken erfasste sie. Sie hob ihren Zauberstab und zielte zwischen seine Augen.
„Granger, was –"
„Alastor Moody hat dich in unserem vierten Jahr in ein Tier verwandelt. Welches Tier?"
„Das kann nicht dein Ernst sein –"
„Welches Tier?" Sie wedelte mit ihren Zauberstab.
Er starrte sie an und sagte mit einem Gesichtsausdruck, der sie ganz allein von seiner Identität hätte überzeugen können: „Ein weißes Frettchen."
Hermine ließ ihren Arm langsam sinken, ihr Puls raste immer noch. „Stimmt. Entschuldigung. Es ist nur – wir können nicht vorsichtig genug sein."
Seine Antwort war ein unverständliches Grummeln, aber Hermine war zu sehr damit beschäftigt, neben ihn zu treten und in die Leere unter ihm hinunter zu schauen. Nach ein paar Augenblicken schnippte sie mit dem Handgelenk und flüsterte: „Avis."
Ein Schwarm kleiner Vögel sauste von der Spitze ihres Zauberstabs, leuchtend gelb in der Dunkelheit, die Treppe hinunter und verschwand, bis sie nur noch als Flecken in der Ferne zu sehen waren.
Ein Flügelschlag hinter ihnen, und Draco zerrte sie gegen die Wand, gerade als ihr Schwarm hinter ihnen auftauchte, zwischen ihnen hindurch und weiter, hinunter, hinunter, bis er wieder hinter ihnen auftauchte.
Gefangen in der Schleife.
Hermine ließ die Vögel bei ihrer nächsten Runde verschwinden. Sie taumelte in die Mitte des Treppenabsatzes und starrte hinauf zum Mond, der durch die offene Türöffnung schien. Sie hatten sich in einem Labyrinth verirrt, aus dem es keinen Ausgang gab – und jetzt auch keinen Eingang mehr. Sie waren in einen Kaninchenbau gestürzt, der sie verschluckt hatte.
„Es muss einen Weg hineingeben." Hermine drehte sich um und sah Draco, der die Wände studierte und mit den Händen über den nassen Stein strich.
Sie straffte die Schultern und kauerte sich zur Treppe hinunter. Sie suchte die Fugen und Vertiefungen im Stein nach etwas Brauchbarem ab, während Draco an den Wänden und der Decke alle möglichen Entriegelungs- und Zaubererkennungszauber ausprobierte.
Die Minuten zogen sich hin, und sie fanden immer noch nichts. Hermines Brust zog sich zusammen, als sie darüber nachdachte, nie wieder heraus und nie wieder hinein zu kommen. Hier in diesem Berg, auf diesen Stufen zu sterben.
Sie kroch Stufe für Stufe hinunter und strich mit ihren zitternden Fingern über jede einzelne Stufe, während sie immer tiefer in die dunkle Unterwelt sank. Ihre Haut wurde kälter. Sie war auf der neunundvierzigsten Stufe, als sie merkte, dass sie Draco aus den Augen verloren hatte. Sie sprang auf, und plötzlich war er neben ihr. Sie standen zusammen auf dem Treppenabsatz – sie hatte das Ende der Schleife erreicht.
Er strich ihr einmal mit den Händen über die Arme und wandte sich dann wieder den Wänden zu.
Sie beobachtete ihn und hörte, wie sein Atem rauer wurde, als er über die Steine schritt. Sie versuchte, nach oben zu kriechen, suchte nach Zeichen auf der anderen Seite der Stufen, stieg jede Stufe zum Mondlicht hinauf, bis sie schließlich den nächsten Absatz erreichte und sich nach Draco umsah.
Er tauchte neben ihr auf.
Hermine ließ sich auf der nächstgelegenen Stufe zusammensinken, stützte die Ellbogen auf die Knie und den Kopf in die Hände.
Sie konzentrierte sich auf ihre Gedanken und zwang sich zu atmen. Als sich ihre Lungen wieder voll ausdehnen konnten, konzentrierte sie sich wieder und zwang sich zu denken. Die Treppe hatte kein erkennbares Ende. Aber es gab einen Boden.
Es musste so sein.
Seine größte Waffe ist die Angst.
Ihre Beine brachten sie zum Stehen, und sie starrte den Rand der Treppe hinunter. Voldemort wollte nicht, dass irgendjemand herausfand, was sich am unteren Ende befand. Er hatte eine Schleife eingebaut, um Zweifel in ihre Köpfe zu pflanzen, und damit auch Angst. Aber Hermine wusste, was er dort unten versteckt hatte.
Sie drehte sich um, und ihr Blick fiel auf das Mondlicht an den Wänden. Vielleicht musste sie einfach glauben.
Und glauben bedeutete, nach vorne zu schauen – nicht zurück.
„Draco." Ihre Stimme war ein fester Befehl. „Geh hinter mir."
Er hielt mit seiner Suche inne und blickte zu ihr auf, seine Augen wild. „Was?"
„Geh mit mir, und was immer du tust, dreh dich nicht um, um nach dem Ausgang zu sehen."
Irgendetwas in ihrem Gesicht muss ihn überzeugt haben, denn seine Augen schienen sich zu klären. Er nickte und Hermine trat vom Treppenabsatz, ihren Zauberstab in der Hand. Ein paar Schritte weiter hielt sie inne und wartete darauf, dass Draco zu ihr kam.
„Draco?"
„Hermine", sagte er.
Sie begann ihren Weg wieder nach unten. Die Stufen waren verschlungen und führten in einen unendlichen Abgrund. Immer, wenn die Panik sie erfasste, konzentrierte sie sich auf das Geräusch seiner Atemzüge. Auf den Rhythmus seiner Schritte, die leicht, aber gleichmäßig hinter den ihren lagen.
Nach sieben Treppenstufen synchronisierten sich ihre Schritte. Sie beschleunigte, dann verlangsamte sie, aber nur ein Paar Füße hallte von den Steinen wider.
„Bleib bei mir", sagte sie. Keine Antwort.
Sie erstarrte, ihre Ohren suchten nach Dracos Atem, aber da war nichts - nicht einmal das Geräusch von tropfendem Wasser. Aber sie musste darauf vertrauen, dass er da war. Daran durfte sie nicht zweifeln. Sie konnte nicht zurückblicken.
Ein intensiver Geruch stieg ihr in die Nase, und sie nahm ihren Weg wieder auf. Ihre Glieder wurden schwer, aber ihr Geist war klar.
Da war nur der Lichtstrahl ihres Zauberstabs vor ihr. Da war nur ihr Atem. Da war nur die Wärme in ihrem Blut, die ihr zuflüsterte, dass sie nicht allein war.
Zehn Stockwerke lang. Zweifel schlichen sich ein, schnell und beißend, wie Eis in ihren Adern. Dennoch ging sie weiter, die Augen weit aufgerissen und die Finger fest um ihren Zauberstab gelegt.
Ein weiterer Treppenabsatz, und sie spürte, wie sich ihre Lungen zusammenzogen. Der Zweifel kam schneller, kroch ihre Beine hinauf und näherte sich ihren Rippen. Und gerade als sie sich vor Schreck herumdrehen wollte, materialisierte sich unten eine Tür.
Ihr Herz begann in ihrer Brust zu hämmern. Sie konnte Draco immer noch nicht hören, aber sie sagte: „Bleib nicht stehen. Sieh dich nicht um."
Mit krampfenden Muskeln nahm sie die letzten Stufen hinunter, hielt nur inne, um die Tür aufzureißen und hindurchzutreten. Und als sie ganz drinnen war, drehte sie sich um und sah Draco hinter sich her schreiten, dessen Pupillen sich schwarz färbten. Sie warf ihre Arme um ihn und keuchte.
„Ich dachte, du wärst weg. Ich dachte, etwas hätte dich geholt..." Ihre Stimme zitterte, als sie ihre Finger in seine Robe grub, weil sie den Beweis brauchte, dass er da war. Dass sie ihn sich nicht nur einbildete. Er beugte sich vor, vergrub sein Gesicht in ihrem Nacken und drückte sie an sich.
„Ich habe jedes Mal geantwortet.", sagte er, und das Grollen seiner Brust löste den Knoten in ihrer Brust.
Er war real. Sie erinnerte sich an dieses Gefühl.
„Hast du mich nicht gehört?"
„Nein." Sie zog sich zurück und nahm sein Gesicht in ihre Hände. „Aber ich habe darauf vertraut, dass du da bist."
Er musterte ihr Gesicht und nickte. Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich dem Zimmer zuwandte.
Über Dracos Schulter stand eine leere Lampe, und Hermine zündete sie mit ihrem Zauberstab an. Die Flamme erwachte zum Leben, und zwei weitere folgten.
Sie befanden sich in einem Wohnzimmer, einer schummrigen Stube mit einem einsamen Sofa und zwei Ohrensesseln. Die Wände waren mit klobigen Gemälden im Art-déco-Stil verkleidet, und die Schränke schienen aus einer ähnlichen Zeit zu stammen.
Hermine trat vor und untersuchte die dicke Staubschicht auf der Kommode zu ihrer Rechten, als in ihrem Augenwinkel etwas aufschimmerte.
Auf der anderen Seite des Raumes schwebte eine Wolke aus blassem Dampf über dem Couchtisch und wurde immer größer.
Sie hob ihren Zauberstab im selben Moment wie Draco. Sie starrten entsetzt nach oben, als sich die Wolke bewegte und verwandelte und immer größer und größer wurde.
Draco stellte sich vor sie hin und schoss einen nonverbalen Zauber nach dem anderen. Alle verschwanden im Nebel, wie Blitze in einer Wolke.
Aus dem Dampf sprossen Arme, dann Beine, und Hermine keuchte auf, als ein großer, langhaariger Geist mit Lucius Malfoys Augen und einem etwas runderen Kinn materialisierte sich und schwebte zu Boden. Er öffnete blinzelnd seine leeren Augen.
Hermines Herz schlug heftig. Sie stolperte nach links und beteiligte sich mit einem Entschleime-Zauber und einem Everte Statum an dem Strom von Zaubern. Sie verschwanden mit einem Donnergrollen in der Brust des Geistes. Es neigte den Kopf.
Draco stieß sie nach hinten, als er näherkam – er hatte sich nun fast vollständig materialisiert. „Reducto-!"
Funken flogen aus seinem Zauberstab, doch dann stieß das Wesen ein grässliches Knurren aus und streckte seine Arme aus, die sich in die Brust der beiden bohrten. Hermines Augen rollten zurück und sie schrie auf, als sich eisige Finger wie Ranken an ihrem Herzen hinaufschlängelten. Sie hörte Dracos erstickten Schrei, der sich mit ihrem eigenen vermischte – und dann Stille, als der Arm von ihrer Brust zu ihrer Kehle raste.
Ihre Sinne überschlugen sich – ein metallischer Geschmack auf ihrer Zunge, ein glitschiges Gefühl auf ihrer Haut, während sie wie gelähmt dastand. Es fühlte sich an, als würde der Nebel ihren Körper zerreißen, jeden Knochen zerquetschen und jede Vene durchlöchern.
Und genauso schnell, wie der Angriff einsetzte, hörte er auch wieder auf. Hermine sackte zusammen, als der Nebel verschwand und sich die eisigen Finger zurückzogen. Ihre Augen flogen auf, als sie in einem Nebelschwall implodierten.
In ihrer Sicht tauchten Flecken auf, und sie atmete schwer und rang nach Luft. Sie rollte sich hustend auf die Seite, und dann war Draco auf allen Vieren neben ihr. Er drückte sie wieder auf den Rücken, sein Gesicht wurde weiß, als er mit den Fingern über ihre Brust fuhr.
„Mir geht es gut.", keuchte sie.
Er zog sie in eine sitzende Position, seine Beine auf beiden Seiten von ihr und seine Arme um ihren Rücken. „Bist du sicher?"
„Ja." Ihre Stirn sank an seine Schulter, sie atmete seinen Duft ein. „Wonach hat er gesucht?"
„Es ist ein weiterer Test für Malfoy-Blut. Ich habe schon mal einen gesehen, aber dieser war anders. Er muss etwas daran verändert haben."
Dracos Hand griff nach ihrer Hand, und sein Zauberstab schnitt einen dünnen Schnitt in ihre Handfläche, bevor sie zurückweichen konnte.
Ein weiterer Schnitt in sein linkes Handgelenk, und er schnippte mit seinem Zauberstab, um sein Blut in sie fließen zu lassen.
Hermine sah zu ihm auf, um ihm zu sagen, dass es noch keine Stunde her war, dass es nicht nötig war – aber sein verkniffener Gesichtsausdruck sagte ihr, dass sie still sein sollte.
„Ich will sicher sein, dass es anhält."
Ihre Haut fühlte sich wieder warm an, und sie drückte seinen Oberschenkel, damit er aufhörte. Diesmal stand Hermine zuerst auf, half ihm auf die Beine und nahm ihren Zauberstab, um die Wunden zu schließen. Sie nickte ihm einmal zu, bevor sie sich wieder dem Wohnzimmer zuwandte und sich auf das Kommende vorbereitete.
Es gab einen Torbogen im Stein, der zu einem Esszimmer zu führen schien, und zwei geschlossene Türen auf der linken Seite, die möglicherweise zu Schlafzimmern führen könnten. Sie ging auf den Essbereich zu und spähte mit gezücktem Zauberstab um die Ecke. Dort befand sich nichts außer einer kleinen Speisekammer. Draco bewegte sich hinter ihr, und sie traten über die Schwelle.
Hermines Finger berührten den hölzernen Esszimmerstuhl, der ihr am nächsten stand. Sie waren mit Staub bedeckt. „Du hast gesagt, dein Großvater war zuletzt 1940 hier?"
„Mitte September, um genau zu sein."
Stirnrunzelnd schwenkte Hermine ihren Blick an die Decke und betrachtete das glatte Gestein des Berges darüber. „Und auch einmal vor zweihundert Jahren?" Eine uralte Erinnerung wirbelte auf, und dann fiel es ihr ein. „Draco, das könnte ein Bunker sein."
„Ein was?"
Sie drehte sich zu ihm um. „Dein Großvater kam hierher, kurz nachdem London zum ersten Mal von den Deutschen angegriffen worden war. Ich glaube, sie haben dieses Versteck zur Vorbereitung auf die Muggelkriege benutzt."
„Das bezweifle ich." Er zuckte fest mit den Schultern. „Ich weiß von den Luftangriffen. Die Schutzwälle des Anwesens hätten sie leicht abwehren können..."
„Keine Magie kann eine Atombombe aufhalten. Sie haben es in Japan versucht."
Draco kratzte sich am Kinn. „So faszinierend das auch ist, ist das wirklich der richtige Moment für eine Geschichtsstunde?", fragte er trocken.
Sie schüttelte den Kopf und schluckte ihre Neugier hinunter. „Du hast recht, tut mir leid. Aber es ist hilfreich zu wissen, dass die Malfoys diesen Ort höchstwahrscheinlich gegen Höhleneinstürze gesichert haben. Der Berg wird nicht um uns herum einstürzen, wenn sie ihn gegen radioaktiven Niederschlag konzipiert haben. Vielleicht gibt es noch andere Befestigungen –"
„Ich werde dir jedes Malfoy-Tagebuch geben, das es gibt, damit du es durchlesen kannst, wenn wir wieder im Herrenhaus sind, Granger." Er legte seine Hand auf eine der geschlossenen Türen und sagte: „Sollen wir?"
Sie folgte ihm durch die Tür und in einen weiteren Salon, der etwas kleiner war als der Erste.
Auf der linken Seite befand sich ein Korridor, und Hermine fragte sich, wie groß das Haus wohl war, als sie die Türen aufstießen und vier separate Schlafzimmer vorfanden.
Draco starrte durch die offene Tür, der er gegenüberstand, dann wieder zu ihr in den Korridor.
Hermine biss sich auf die Lippe. „Wir können es nicht ausschließen, bevor wir nicht nachgesehen haben."
Sie durchsuchten Schränke, durchwühlten Schubladen und warfen Laken zurück. Nichts schien ungewöhnlich zu sein. Sie durchsuchten jedes Zimmer zweimal, bevor sie schließlich in den Salon zurückkehrten.
Hermine wollte gerade mit dem Ablösen der Tapeten beginnen, als sie ein lautes Seufzen aus dem ersten Wohnzimmer hörte. Sie sah Draco, der sich auf dem Sofa entspannte und den Kopf zurückgelegt hatte.
Sie presste die Lippen zusammen. Sie hätten ihm auch etwas Pepper-Up mitbringen sollen.
„Wir werden ihn finden, Draco. Ich weiß, dass er hier ist." Sie wartete darauf, dass er sie ansah. Stattdessen fielen ihm die Augen zu.
Ihr kribbelte es im Rücken, und sie ging schnell ins Wohnzimmer, um sich über ihn zu stellen. „Geht es dir gut?"
Er nickte und atmete tief durch, als ob er frische Luft einatmen würde. „Es ist schön hier, nicht wahr?"
Angst brodelte in ihrem Bauch, peitschte ihr Inneres – doch dann legte sich eine kühle Ruhe über sie, wie eine perfekte Sommerbrise.
Ihre Beine waren müde, ihr Geist erschöpft. Sie könnte eine Weile bleiben und sich ausruhen.
Sie ließ sich neben ihm auf die Armlehne des Sofas fallen und betrachtete das kleine Zimmer. Die Farben leuchteten, und das Holz funkelte. „Das ist es.", stimmte sie zu.
„Und schau dir die Aussicht an." Draco deutete auf die Wand ihm gegenüber, und Hermine folgte seiner Hand zu einem Fenster, das sie davor noch nicht bemerkt hatte.
Ein Sandstrand blickte auf sie zurück, das türkisfarbene Wasser glitzerte. Das Sonnenlicht durchflutete den Raum, je länger sie hinsah. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, und sie ließ sich auf die Couch gleiten. Er nahm ihre Hand in seine.
„Ich wüsste nicht, warum wir jemals gehen sollten.", sagte Draco mit einer Stimme voller wehmütiger Sehnsucht.
Ihre Lippen bebten bei dem Gedanken. „Das müssen wir nicht.", flüsterte sie und drückte seine Finger. „Das sollten wir nicht. Wir sind doch zusammen, nicht wahr?"
Er drehte sein Gesicht zu ihr und küsste ihre Schläfe – so sanft, als wäre sie aus Glas. Mit einem zufriedenen Seufzer ließ sich Hermine zurück in die Kissen fallen. An der Decke entdeckte sie ein atemberaubendes Fresko einer Frau in hauchdünnem Weiß, die am Rande eines Flusses lag. Das Wasser war ruhig.
Dracos Arm legte sich um ihre Schultern, und als sie den Kopf nach oben neigte, fiel ihr Blick wieder auf das Fenster. Das ständige Hin und Her des Wassers beruhigte sie und lullte sie in den Schlaf. Sie kuschelte sich an Dracos Seite und schob ihre Beine unter sich auf das Kissen. Sein Arm legte sich um sie, als sie auf dem Sofa lagen und gemeinsam das Meer betrachteten.
Die Flut kam herein. Die Flut ging zurück. Ihr Atem wurde flach und leicht, als würde auch er auf das Meer hinaustreiben. Die Erschöpfung zerrte an ihren Augenlidern. Als ihre Sicht verschwamm und ihr Herzschlag sich verlangsamte, erschien vor ihrem geistigen Auge eine Bergkette. Sie starrte auf das Wasser, kühl und ununterbrochen.
Stilles Wasser.
Sie blinzelte, und das Fenster war verschwunden – eine dicke Felswand war an seine Stelle getreten. Sie blinzelte erneut und sah türkisfarbenes und goldenes Sonnenlicht funkeln.
Ihr Kopf fühlte sich leicht an, als sie den Kopf zu dem Fresko neigte.
Die Frau am Fluss war verschwunden. Nur eine niedrige Felsdecke.
Hermine presste ihre Lider zusammen. Bücher – da waren Bücher, die aufgeschlagen waren. Eines mit grauen Augen und weichen Lippen und warmen Händen. Sie konzentrierte sich darauf, sie wieder zu schließen, sie wegzustecken.
Hermines Beine zuckten. Wann hatte Draco aufgehört, Muster an ihrer Schulter zu reiben? Sie reckte den Hals, um ihn anzusehen, und bemerkte, dass er schlief. Sein Gesicht war friedlich und blass – fast blau.
Sie kämpfte sich zu ihm vor. Sein Arm fiel schlaff über ihre Schulter.
„Draco." Sie fuhr mit den Fingern über seine kühlen Wangen. „Draco!"
Ihre Lungen begannen zu krampfen, als sie seinen Umhang schüttelte und seinen Namen rief. Nichts. Sein Kopf rollte schlaff zur Seite und ihre Finger tatsteten nach seinem Puls – und als sie ein schwaches Flattern spürte, weinte sie fast vor Erleichterung.
Er war am Leben, aber kaum noch.
Ein dunkler Schatten stieß an ihr Bewusstsein, und sie beruhigte ihre Regale. Der Raum wollte, dass sie vergaß. Es wollte auch, dass er vergaß.
Sie drückte sein Gesicht an ihres und küsste ihn sanft, hauchte ihm Leben ein.
„Draco.", flüsterte sie. „Bleib bei mir."
Seine Augen flatterten auf, und sie musste ihre Tränen zurückblinzeln. „Hm?"
Sie strich mit den Fingern über seine Wangen. „Kannst du mit mir okkludieren, bitte?"
„Okkludieren?" Er runzelte die Stirn, sein Blick wurde wacher. „Wozu?"
„Nur für einen Moment. Bitte."
Sie starrte ihn an und wagte kaum zu atmen, als seine Augen zuckten und wieder aufblitzten. Und wieder. Diesmal waren sie klar und grau. Sie stolperte von der Couch, als er ruckartig auf die Beine kam und seinen Zauberstab zog.
„Was ist passiert? Ist alles in Ordnung mit dir?"
Sie nickte, presste die Handballen auf ihre Augen und schluckte ihre Gefühle hinunter.
„Es war eine Art Zauber, für Ruhe oder Vergessenheit. Was auch immer es war, es hat versucht, uns zu töten." Sie holte zitternd Luft und ließ die Hände zur Seite fallen. Draco starrte sie an, und die Farbe kehrte in seine Wangen zurück. „Wir müssen unseren Verstand schärfen."
Er ließ seinen Blick kühl durch den Raum schweifen. „Dann könnte hier etwas drin sein. Vielleicht bin ich etwas zu nahegekommen, und es hat versucht, mich davon abzulenken."
Hermine nickte, und nach einer weiteren Minute Okkludieren begannen sie, den Raum auf den Kopf zu stellen. Auf dem Schreibtisch lagen Federkiele, die teuer, aber nicht wichtig zu sein schienen. Ein Briefbeschwerer – verzaubert wie die Decke in Hogwarts, um den rumänischen Himmel zu zeigen – lag neben einer Briefmarke, die mit dem Malfoy-Siegel verziert war. Draco zog alle Bücher aus den Regalen, während sie zu den Kissen ging, sie herauszog und das Sofa und die Sessel auf die Seite kippte.
Und immer noch nichts. Hermine zupfte an ihren Haarsträhnen, während Draco fluchte. Ihnen lief die Zeit davon.
„Lass mich noch einmal in der Küche nachsehen.", sagte er schließlich. „Es gibt Elfenquartiere, die ich noch einmal durchsuchen könnte."
Hermine schüttelte den Kopf. „Voldemort würde seinen Horkrux nicht mit Hauselfen in Verbindung bringen."
Sie stemmte die Hände in die Hüften, starrte auf die Tür zum Salon und zu den Schlafzimmern, überlegte – und drehte sich dann verärgert wieder um.
Was auch immer sie suchten, es war hier. Die Schutzvorrichtungen des Raumes waren stärker, um sie daran zu hindern, es zu finden. Ihr Blick schweifte über den Schreibtisch, den Torbogen zur Küche und die Tür, die zum Rest der Residenz führte.
Sie runzelte die Stirn. Irgendetwas stimmte nicht.
Sie schloss die Augen und versuchte, sich vorzustellen, was sie gesehen hatte, als sie eintraten. Ein Wohnzimmer. Ein Weg zur Küche. Und –
„War da nicht noch eine Tür?", sagte Draco.
Ihre Augen weiteten sich, und sie drehte sich zu ihm um. Er starrte auf die Stelle, an der das Fenster zum Meer mit einem Zauber versehen worden war. Dort hing nur ein Gemälde.
Draco fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Nein. Nein, tut mir leid, ich denke –"
„Du hast recht. Da war eine Tür." Sie richtete ihren Zauberstab auf die Wand. „Revelio!"
Wie ein Nebel, der sich lichtete, materialisierte sich eine Tür in der Steinwand. Draco taumelte zurück, während Hermine das Herz bis zum Hals schlug. Sie stürmte nach vorne und wirkte ein paar Zauber zum Aufspüren von Verhexungen auf den Messinggriff. Alle negativ. Draco nickte mit dem Kinn, und sie zog die Tür auf, beide Zauberstäbe im Anschlag.
Eine weitere Treppe führte nach unten – dieser Tunnel war noch schwärzer als der vorherige. Hermine stählte sich und begann hinabzusteigen, ohne zu wagen, einen Blick auf Draco zu werfen.
Die Luft war dick und feucht, als würden sie in die Hölle selbst gehen. Die Wände waren feucht, und in der Stille zwischen ihren Schritten glaubte sie, noch etwas anderes in der Dunkelheit zu hören.
Etwas Flüsterndes.
Die Wendeltreppe stoppte, und Hermines Augen blieben an einer großen Höhle hängen, die sie am Ende der Treppe verschlingen würde. Sie hielt den Atem an und blinzelte nicht, bis sie von der letzten Stufe in die Dunkelheit getreten war. Kaum hatte ihr Lumos Maxima ihren Zauberstab verlassen, drehte sie sich um und entdeckte Draco, der neben sie trat. Seine Augen weiteten sich und huschten umher, als das Licht erblühte, und sie drehte sich um, um seinem Blick zu folgen.
Gold und Silber, Bücher und Gemälde stapelten sich mindestens dreißig Fuß hoch. Teures Mobiliar und Schränke mit Porzellan. Es war, als würde man in eine Ecke des Raums der Wünsche treten, nur dass das Gerümpel nicht kaputt oder weggeworfen war – es war ein Schatz.
Ihre Füße trugen sie vorwärts, während sie die Teppiche und Wandteppiche untersuchte. Eine offene Truhe voller Schmuckstücke. Es gab einen Horkrux in diesem Raum. Irgendwo. Vergraben unter den Stapeln von Halsketten und Ringen? Versteckt zwischen dem Degas und dem Rembrandt?
„Wir sollten nichts anfassen.", sagte sie. „Es gab einen Gemini-Fluch in dem Bankverließ, wo..." Bellatrix' Bankverließ, das merkte sie einen Moment zu spät, „in dem wir den Kelch gefunden haben."
Als sie sich umdrehte, stand Draco direkt hinter ihr. Sein Gesicht war nicht zu erkennen, als er in seinem Umhang kramte und den Basiliskenzahn hervorholte. Er streckte ihn ihr entgegen.
Sie ruckte mit dem Kopf. „Das solltest du machen. Ich habe schon einen erledigt."
Er musste es machen. Wenn Voldemort fiel, konnte das Töten eines Horkruxes die Rettung für ihn sein. Und seine Eltern.
Er sah aus, als wolle er mit ihr streiten, aber er behielt es für sich, als er zu einem Schrank ging. Er öffnete die Türen mit einem Schwung seines Zauberstabs, und wogende Röcke purzelten heraus – Kleider von vor Hunderten von Jahren. Er schlich näher heran und öffnete die Taschen der Mäntel mit der Spitze seines Zauberstabs.
Hermine wandte sich einer Kiste mit Juwelen zu und ließ sie einzeln herausschweben, um sie zu untersuchen. Sie überprüfte den Rahmen jedes Gemäldes, rollte jeden Teppich aus und drehte jeden Kelch um.
Sie atmete tief durch und sah nach Draco. Er war immer noch dabei, die Kleider durchzugehen, sie auf links zu drehen, um die Taschen und das Futter zu untersuchen. Über seinem Kopf, oben auf dem Schrank, erregte eine Reihe von bunten Hüten ihre Aufmerksamkeit. Sie betrachtete die Federn und breiten Krempen, die spitzen Zaubererhüte und die Muggelhüte. Und dort ganz oben, über allem thronend –
Der Sprechende Hut.
Hermine schnappte nach Luft, und die Halskette, die sie in der Luft gehalten hatte, klapperte zu Boden. Draco wirbelte zu ihr, als sie zersplitterte und Diamanten über den Steinboden rollten.
„Das ist es." Ihr Blick huschte zu ihm, dann zurück zum Schrank. „Das ist der Horkrux."
Draco trat einen Schritt zurück und starrte auf den Horkrux. Erstaunen machte sich in seinem Gesicht breit, als er ihn erkannte.
Die Höhle schien in der Stille zu zittern.
„Bist du sicher?"
Da war eine Gewissheit in ihrem Blut, von der Harry ihr immer erzählt hatte – das leiseste Flüstern in ihren Ohren, wie ein Gesang, den nur sie hören konnte. Die feinen Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf.
„Sicher." Sie ging auf ihn zu, als würde sie sich auf dünnem Eis bewegen, wobei ihre Augen den Hut nicht verließen.
Dracos Muskeln spannten sich am Rande ihres Blickfeldes an. „Der Sprechende Hut war der von Godric Gryffindor.", sagte sie leise, als sie direkt neben ihm stand. „Wir sollten –"
„Da haben Sie Recht, Miss Granger.", krächzte eine dumpfe Stimme von oben auf dem Schrank, und ihr Magen kribbelte.
Hermine und Dracos Zauberstäbe schossen in die Höhe und zielten auf den Sprechenden Hut, als dieser gluckste – schmieriger und dunkler als in der Schule. Er bebte, als wäre er aus einem langen Schlaf erwacht. Die Falte an seiner Krempe verzog sich zu einem unheimlichen Grinsen.
Es war, als würde man ein vertrautes Gemälde anstarren, das verunstaltet worden war. Da war etwas, das sie wiedererkannte, aber auch etwas Verdorbenes.
Vielleicht war noch etwas von dem Hut da drin.
Hermine warf einen Seitenblick auf Draco und stellte fest, dass er sie ansah. Er wartete darauf, ihrem Beispiel zu folgen.
„Sprechender Hut.", sagte sie, ihre Stimme war stärker, als sie sich fühlte. „Sag mir das Letzte, woran du dich erinnerst. Bevor du hier aufgewacht bist."
„Der Tod des ersten Gregory Goyle.", brummte er. „Slytherin. Sortiert 1964."
Draco bewegte sich schnell, ergriff den Reißzahn in einer Hand und griff mit der anderen nach dem Hut –
Ein Knistern von Energie durchzog die Luft, und mit einem gewaltigen Windstoß wurde Draco durch den Raum geschleudert. Hermine schrie auf, als er gegen eine goldene Truhe prallte und auf den Boden der Höhle stürzte. Der Wind fegte durch den Raum, wirbelte ihr Haar um ihr Gesicht und zerrte leichtere Gegenstände in einen Wirbel. Das Licht ihrer Lumos Maxima flackerte, und sie wurden in Dunkelheit getaucht.
Der Sprechende Hut gackerte, seine Stimme war plötzlich dünn und hoch wie Voldemorts.
Hermine zauberte eine Lichtkugel in die Mitte der Decke, dann drehte sie sich um und zielte mit ihrem Zauberstab auf den Sprechenden Hut, als dieser gerade durch die Luft flog und am anderen Ende des Raumes landete. Der Wind flaute ab. Sie stolperte hinterher und erstarrte, als sie Draco auf den Beinen sah – in der einen Hand den Reißzahn, in der anderen seinen Zauberstab haltend. Er schritt mit entschlossenem Blick auf die Ecke zu, und Hermine folgte ihm.
„Accio." Draco spuckte aus. „Wingardium Leviosa."
Der Hut blieb vollkommen still, als sie sich näherten. Er lag mit der rechten Seite nach oben auf dem Steinboden und wartete auf sie. Draco warf ihr einen Blick zu, bevor er einen weiteren Schritt nach vorne machte.
Und der Wind brach aus, fegte Goldmünzen und Schmuck auf und schlug ihnen ins Gesicht und auf die Arme.
Hermine hob eine Hand, um sich zu schützen, und hob ihren Zauberstab, als Draco nach vorne stieß und den Reißzahn hochhielt.
„Miss Granger.", sang er, „Sie tragen heute nicht die Farben Ihres Hauses, wie ich sehe?"
Der Wind erstarrte für einen halben Herzschlag, die Gegenstände hingen in der Luft. In dem Moment, in dem Hermines Finger auf ihre Smaragdkette fielen, drückten die Edelsteine auf ihre Luftröhre und die Luft begann wieder zu heulen. Gegenstände schlugen gegen ihre Beine und ihren Magen, während sie keuchte und sich an die Kehle fasste. Ein turmhoher Schrank stürzte fast auf Draco, als die Halskette sich weiter um ihren Hals zusammenzog. Ihr Zauberstab fiel auf den Boden, und sie riss ihren Fuß hoch, um ihn am Wegrollen zu hindern.
Sie versuchte zu schreien, aber ihre Stimmbänder waren eingeklemmt. Draco rappelte sich auf und drehte sich zu ihr um, als der Wind stärker wurde, die großen vergoldeten Bilderrahmen anhob und sie in seine Richtung schleuderte.
Er wehrte einen nach dem anderen ab, bis er zur Seite geschleudert wurde und stöhnte, als er sich überschlug. Nach einem weiteren scharfen Ziehen sank Hermine auf die Knie und grub ihre Daumen in das Halsband. Sie sah, wie Daphnes Zauberstab wegrollte, als schwarze Punkte in ihrem Blickfeld auftauchten und sich in einem schweren Teppich in mindestens sechs Metern Entfernung verfing.
Voldemorts Lachen dröhnte in Hermines Ohren, als der Raum auf sie einschlug und die Trümmer zur Decke aufstiegen. Sie humpelte auf den Teppich zu, die Finger kratzten an ihrer Kehle, und blickte auf, um Draco auf sie zukommen zu sehen. Ein leises Poltern, und Hermine sah entsetzt zu, wie eine Kommode auf ihn zu flog und ihn an ein nahe gelegenes Regal fesselte.
Ihr Kopf wurde leicht, ihre Lungen rangen nach Sauerstoff, während der Raum heulte. Sie konzentrierte den letzten Rest ihrer Energie auf die sterbende Wärme in ihren Fingerspitzen.
Accio, dachte sie – ein Flüstern, ein Gebet – und dann knisterte ihre Magie, und Daphnes Zauberstab sauste durch die Luft. Ihr Arm schoss nach oben, und sie fasste ihn an den Fingerspitzen, richtete den Stab darauf und sprengte wortlos die Juwelen auf. Die Juwelen verstreuten sich, und sie sackte auf den Rücken, keuchend und nach Luft schnappend. Die Smaragde schwebten über ihr und wurden vom Wind erfasst.
Eine Explosion zu ihrer Rechten. Sie drehte sich auf den Bauch und sah, wie Draco auf die Füße stolperte – die Kommode war zerstört, die Holzsplitter hatten sich dem Tornado angeschlossen. Ihre Blicke trafen sich, als sie sich zum Stehen zwang, und dann ertönte ein so lautes Stöhnen, dass der Boden unter ihren Füßen bebte.
Hermine stieß einen Schutzzauber aus, als weitere Gegenstände nach oben geschleudert wurden, und hielt sie hinter einer unsichtbaren Wand fest. Er hielt fünf Sekunden lang, bevor sie ihn erneut sprechen musste. Draco kam auf sie zu, doch sie winkte ihn zurück und schrie: „Töte ihn! Ich halte den Raum auf!"
Sie zielte auf den Wirbelsturm, und der Zauberstab zitterte unter ihrer Anweisung.
Draco rannte zum Hut und kam zum Stehen, als er zu schweben begann. Seine Krempe öffnete sich, als er sie anstarrte.
„Und Sie, Mr. Malfoy. Sie sind ja ein richtiger Gryffindor geworden. Vielleicht brauchen wir eine neue Auswahlzeremonie."
Und dann flog der Hut nach vorne und wirbelte einmal um Draco herum, bevor er sich auf seinen Kopf stürzte.
Hermine schrie auf.
Draco stolperte zurück und rang mit dem Hut, bevor sich seine Öffnung schließlich in seinem Gesicht festsetzte.
Der Basiliskenzahn klapperte zu Boden, während Draco gegen ihn kämpfte und blindlings Zauber aussprach, während er um ihn herum zitterte, als würde er seine Seele aussaugen.
Hermines Magen krampfte sich zusammen, und sie löste den Schutzzauber und sprintete zu ihm. Die Gegenstände im Raum flogen auf sie zu, ein Gemälde knallte gegen ihre Schulter, aber sie spürte die Schläge kaum.
„Ich kann dein Herz sehen, Draco Malfoy." Die Stimme kam aus allen Ecken, sinnlich und dröhnend.
Hermine ließ sich auf die Seite fallen und riss an dem Hut, das Herz schlug ihr bis zum Hals und ihre Finger brannten, als sie versuchte, ihn von seiner Haut zu reißen. Sie konnte ihn innerlich schreien hören, aber plötzlich ließ der Hut ihn los.
Hermine riss den Kopf herum und sah, wie er zur Seite prallte, gerade als etwas von links auf sie zuraste. Ein Zischen von Draco und ein Knall in ihrem Trommelfell – der Holzsplitter wurde gerade noch rechtzeitig abgewehrt. Staub regnete über sie hinweg, als Draco sie auf die Beine zerrte, ihre Ohren klingelten noch von der Explosion.
„Finde den Reißzahn!", krächzte sie. Er nickte, bleich wie ein Laken, und sie sah einen Ring, der in sein Gesicht eingebrannt war, bevor er sich zu den Trümmern drehte. Ein Stuhl flog von links auf sie zu, und sie sprach einen weiteren Schutzzauber aus.
Ein hohler Wind erhob sich hinter ihr, und Hermine drehte sich über ihre Schulter und sah den Hut. Er lag auf der Seite, die Öffnung zeigte zu ihnen. In seinem Inneren wirbelte eine Dunkelheit umher, und Hermine drehte sich der Magen um, als die Öffnung immer größer wurde. Der Schrecken packte sie in den Rippen. Sie drehte sich nach Draco um und sah ihn ein paar Meter entfernt kauern, den Blick auf die Öffnung und den Zauberstab in den Abgrund gerichtete. Seine andere Hand war leer.
Ein kleiner Gegenstand flog auf sie zu und warf ihre Schulter zurück. Ihre Füße stolperten, als sie ihren Schutzzauber wiederholte, und sie starrte zurück auf den Tunnel. Er war jetzt fast so hoch wie der Raum, und ihr Herz blieb stehen, als sie einen blassen Hauch von etwas erkannte, der immer größer wurde.
Eine Gestalt.
Kalter Schweiß brach ihr aus, als die Person größer wurde und immer näherkam, bis sie aus dem Abgrund trat. Eine Person, die sie erkannte.
Tiefschwarzes Haar. Schlank und gut aussehend. Erst als er seine braunen Augen auf sie richtete, wusste Hermine, dass es nicht Harry war – es war Tom Riddle.
„Draco, hör nicht auf das, was er sagt –"
Tom Riddle hob seine geisterhafte weiße Hand, und ihr Schutzzauber verschwand. Der Wind kreischte ihr ins Gesicht, als der Strudel auf ihren Kopf zustürmte.
Eine Stimme rief ihren Namen, als er sie verschluckte und nach hinten schleuderte. Ihr Kopf knallte auf den Höhlenboden und presste ihr den Atem aus der Lunge. Sie zwang ihre Augen dazu, sich zu öffnen, und ihre zitternden Beine, aufzustehen. Sie musste aufstehen.
Der Raum drehte sich, als sie im Auge des Sturms stand – inmitten von wirbelnden Gemälden und Holzsplittern, Gold und Silber, die sich um sie herumdrehten und verschwammen. Ihr Blick blieb an Draco hängen, der immer noch in der Hocke saß, unberührt von den Wänden des Sturms. Etwas huschte über sein Gesicht, und er riss seinen Blick zu Boden.
Sie musste ihn erreichen.
Ihre Finger umklammerten Daphnes Zauberstab, und sie sammelte ihre Energie, um einen Zauber nach dem anderen in den Wind zu schießen. Aber sie wurden von der Windwand abgefangen, und die Kraft ihrer Magie krachte wie ein Blitz die Wände hinauf. Ein Schatten bewegte sich vor ihr – Tom Riddle, der sie genau beobachtete.
Sie dachte an Harry, als sie ihn anstarrte. An Fred und Luna, Remus und Cho. Und ihr Gesichtsfeld wurde weiß vor Wut. Sie ging auf und ab, ihre Finger zitterten, weil sie ihn erwürgen wollte, als sich sein Gesicht zu einem amüsierten Grinsen verzog. Sie streckte ihren Arm durch, und ein Holzstuhl erwischte sie im blitzschnell Magen und ließ sie zu Boden fallen. Sie krümmte sich auf der Seite, als der Schmerz aufflammte, und schmeckte das Blut in ihrem Mund.
„Draco Malfoy." Tom Riddles Stimme drang wie ein Schnurren an ihr Ohr. „Reinstes Blut und Erbe des großen Malfoy-Geschlechts. Loyaler Diener des großen Lord Voldemort."
Hermines Kinn hob sich. Durch die Sterne in ihrem Blickfeld sah sie, wie Riddle den Kopf neigte und sich schlangenartig bewegte.
„Und doch bist du gekommen, um ihn zu verraten."
Draco blickte auf, wie ein Ritter, der seine Treue schwört.
Tom Riddle sah zu ihr hinüber und grinste. „Auch meine Mutter wurde von der Schönheit eines Muggels verführt", sagte er zu Draco. „Aber ich habe jetzt in dich hineingeschaut, Draco." Mit einer eleganten Verbeugung ließ sich Riddle vor ihm nieder und begegnete seinem Blick. „Es ist nicht ihre Schönheit, die dich verführt hat."
Hermine stockte der Atem, und sie stützte sich auf die Ellbogen. „Er manipuliert dich!" Riddle schnippte mit den Fingern und der Wind heulte noch lauter und brachte sie zum Schweigen.
Sie stolperte auf die Füße und ignorierte den Schmerz in ihrem Kopf, während sie Draco beobachtete, wie er den Geist von Tom Riddle anstarrte. Abgesehen von dem Muskel, der in seinem Kiefer zuckte, war er vollkommen still.
„Ich glaube, das war der fatale Fehler deiner Tante Bellatrix heute Abend." Riddle schnaubte, und Hermine erschauderte, das Geräusch kroch ihr unter die Haut. „Sie nahm an, du würdest dich mit einer Nachbildung zufriedengeben." Er gestikulierte in Hermines Richtung. „Aber ich habe dein Herz gesehen. Ich habe deine Mauern durchbrochen und deine Schmuckkästchen geknackt."
Dracos Augen flackerten zu ihr, weit und erschrocken. Ihr Herz klopfte in ihren Rippen.
„Nein, nein, Draco.", sagte Riddle, und Dracos Augen huschten wieder zu ihm. „Ich will deine Loyalität. Und wie deine Tante bestätigen kann, bringt das Töten dieses Mädchens sie nicht." Riddle lächelte und lehnte sich zu seinem Ohr. „Ich kann dir geben, was du willst."
„Ich will nichts –"
„Sicherheit. Schutz. Kein Verstecken mehr in den Schatten mit ihr." Riddle musterte ihn, und mit der Anmut eines Raubtiers packte er Dracos Schulter. „Du weißt, wie leicht sie beiseitegeschoben werden kann. Und du weißt, wer in den Schatten darauf warten wird, sie dir wegzunehmen."
Hermine erstarrte – ihre Muskeln waren wie eingefroren. Etwas bewegte sich in ihrem Augenwinkel und sie starrte auf den tintenschwarzen Tunnel, in dem sich eine weitere Gestalt bewegte. Er teilte sich in zwei Teile, als er größer wurde, und sie sah, wie ein Schatten von ihr selbst aus den schwarzen Tiefen auftauchte, mit Antonin Dolohovs Armen um ihre Mitte geschlungen, die sie festhielten. Sie trug schwarze Spitzenunterwäsche, die sie kaum bedeckte. Dolohov verhedderte seine Finger in ihrem Haar, seine Handfläche glitt ihren Oberschenkel hinauf.
Draco bewegte sich nicht, seine Lippen waren geöffnet und seine Rippen dehnten sich schnell.
„Verlasse diesen Ort sofort, und sie wird nicht länger eine Sklavin sein." Mit einer Bewegung von Riddles Fingern verflüchtigte sich der Schatten von Dolohov und ließ nur sie zurück. Mit bloßem Gesicht und wilden Haaren, in Jeans und einem Pullover. „Ich überlasse sie dir. Heirate sie. Nicht länger eine Schlammblut-Verräterin – sondern Lady Malfoy."
Riddles Hand drückte Dracos Schulter. Hermines Atem kam in kurzen Stößen, als sie Draco beim Schlucken beobachtete. Seine Finger zuckten.
Tom Riddle stand abrupt auf und überragte Draco. „Schwöre mir noch einmal deine Treue, Draco Malfoy, und Lord Voldemort wird sie begnadigen. Klettert aus der Höhle, nehmt ihr die Erinnerungen daran, und der Dunkle Lord wird euch die Freiheit schenken. Euch beiden."
Es war still, bis auf das Rauschen des Windes. Hermine hatte das Gefühl, auf den Grund eines eisigen Wassers zu sinken, als Draco sich aufrichtete, den Kiefer erhoben und die Augen entschlossen.
„Danke, mein Herr.", flüsterte er. Sie konnte ihn wegen des Tunnels, der sie umgab, kaum hören.
Tom Riddle lächelte, sein durchsichtiger Kopf nickte zustimmend. Ihr Magen kribbelte, als Draco sich von dem Horkrux entfernte und auf sie zuging. Ihre Beine schwankten, waren unsicher unter ihr.
Sie sah, wie Draco vier Schritte näherkam und mit dem Handgelenk zuckte. Etwas Elfenbeinfarbenes flog vom Boden hoch, und schneller als ein Schnatz drehte sich Draco, schleuderte es mit seinem Zauberstab nach vorne und ließ es auf Riddle und den Hut zurasen.
Der Basiliskenzahn schoss mitten durch Tom Riddles Brust, flog an seinem schockierten Gesichtsausdruck vorbei und in die dunkle Öffnung des Hutes.
Ein unheimlicher Schrei, als würden tausend Gläser in ihrem Kopf zerspringen. Sie hielt sich die Ohren zu und sah zu, wie Draco dasselbe tat. Die Wände der Höhle bebten, als Tom Riddles Erscheinung qualvoll aufheulte und der Hut ihn nach hinten saugte, während er auf normale Größe schrumpfte.
Der Strudel aus zerbrochenen Möbeln und Goldmünzen kam zum Stillstand und fiel wie Hagel um sie herum. Und die Schreie hörten auf.
Hermine zählte zwei Herzschläge, bevor sie zu ihm rannte. Er starrte auf die Stelle, an der Riddle gestanden hatte, als könne er nicht glauben, dass er wirklich weg war – so wie er auf die Leiche seiner Tante gestarrt hatte. Sie packte ihn am Ellbogen, und er zuckte zusammen und drehte sich zu ihr, während sie ihre Arme um seinen Hals schlang.
„Du hast es geschafft. Draco, du –" Ihre Stimme zitterte. „Du warst unglaublich. Einen Moment lang dachte ich, du würdest –"
Sie brach ab, als er ihre Hände wegnahm. Sie fielen schlaff an ihre Seiten.
Er sah sie nicht an, als er einen Schritt zurücktrat und sich in der Zerstörung umsah. „Geht es dir gut?"
Hermine schluckte. „Ich glaube schon. Ich habe vielleicht eine leichte Gehirnerschütterung, aber..." Sie brach ab, als er sich in Richtung des Sprechenden Hutes bewegte und sah, wie er auslief. Ihre Kehle fühlte sich schwer an, als sie sich neben ihm bewegte. „Ich nehme an, jetzt ist er weg."
Es herrschte Schweigen.
„Wir sollten gehen."
Hermine blickte zu ihm auf. Sein Mund war zu einem harten Strich verzogen. Er sah sie immer noch nicht an.
Gerade als sie den Mund öffnete, um ihn zu fragen, was los war, machte er auf dem Absatz kehrt und schlängelte sich durch die Zerstörung zurück.
Irgendetwas stimmte nicht. Das war alles, woran sie denken konnte, als Draco sie die schwüle Treppe hinaufführte, ohne sich die Mühe zu machen, hinter sich zu schauen.
Sie erreichten das obere Ende der Treppe. Dracos Hand griff nach der Tür zum Wohnhaus, und als sie aufschwang, drang Tom Riddles Stimme in ihre Ohren.
Ich überlasse sie dir. Heirate sie
Die Tür klappte zu und Hermines Wangen brannten weiß vor Hitze. Die Wärme sank in ihre Brust und floss durch ihre Adern, als Dracos Bücher in ihrem Regal aufflatterten. Sie hatte ihm im letzten Jahr sehr viel bedeutet. Der Horkrux hatte ihr das bestätigt.
Draco ging schnell durch das Wohnzimmer, löschte die Lampen und riss die Eingangstür auf. Es gelang ihm, sich nicht nach ihr umzudrehen, als sie die lange Treppe hinauf zum Mondlicht stiegen.
Die Wärme flackerte, als er sie aus der Höhle führte und den Berg hinunter. Sie wollte ihn anflehen, sie anzusehen – aber sein Blick blieb fest nach vorne gerichtet, als wären sie immer noch auf den Steinstufen.
Als sie wieder an den Rand der rumänischen Stadt apparierten – Dracos Hand ließ ihre schnell fallen –, wurde ihr wieder kalt. Und als er den Portschlüssel herauszog und ihren Unterarm gerade noch zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, als sie in einer stillen Gasse im Muggel-London landeten, fragte sich Hermine, ob sie sich verkalkuliert hatte.
Lady Malfoy.
Sie fragte sich, was er zu ihr sagen würde, wenn sie ihm die Wahrheit sagte: dass sie ihn liebte. Er mochte sie genug, um sie von Dolohov fernzuhalten – so viel war sicher. Aber gingen seine Gefühle so tief wie die ihren?
Vielleicht war die Heirat mit ihr die einzige Möglichkeit, sie in Sicherheit zu bringen.
Am Rande einer dunklen Gasse hielt er inne, die Hand ausgestreckt. Hermine starrte auf seine Hand hinunter, und ergriff sie.
Draco disapparierte sie schnell zum Hügel vor dem Anwesen und stapfte den Weg hinauf, ohne auf sie zu warten. Schließlich, am Fuße der Treppe, hielt er inne. Aber er sah sie immer noch nicht an.
„Ich muss... mich bei Blaise melden. Sicherstellen, dass sie es geschafft haben..." Er räusperte sich, und sie spürte, wie sich ihre Brust zusammenzog.
„Ja, natürlich. Draco, ich –"
Ohne einen Blick zurückzuwerfen, schritt er zum Kamin, schnappte sich eine Handvoll Flohpulver und verschwand mit einem geflüsterten „Grimmauld Platz".
Hermine sah zu, wie die Flammen ihn verschlangen, bevor sie sich wieder in Orange verwandelte. Ihre Knie gaben nach, und sie brach auf der Treppe zusammen.
Der Horkrux war verschwunden. Wieder einmal war es nur die Schlange, die sich ihr in den Weg stellte. Vor lauter Freude sollte ihr schwindelig werden. Frei. Stattdessen fragte sie sich nur, warum sie in den tiefsten Tiefen von Draco Malfoys Herz aufgetaucht war, wenn er doch nur vor ihr weglaufen wollte, als wäre das alles ein großer Fehler.
Ihr Kopf begann zu pochen, und es fühlte sich an, als ob jeder Zentimeter des Schmerzes, den sie vergessen hatte, auf einmal zu ihr zurückkehrte. Ihre Beine zitterten, als sie vor einer weiteren Treppe stand, und ihr Kopf drehte sich, als sie zu Dracos Zimmer ging. Sie duschte und heilte ihre Wunden und Prellungen mit Daphnes Zauberstab. Dann zog sie sich ihren Schlafanzug an und schlüpfte zwischen die Decken, bereit, sich aufzusetzen und auf ihn zu warten, aber sie war eingeschlafen, bevor sie das Licht ausmachen konnte.
Sie erwachte durch den Geruch von Kaffee auf dem Frühstückstablett. Sie streckte sich und griff nach Draco, der hinter ihr auf dem Bett lag – und stellte fest, dass das Laken kalt war.
Hermine setzte sich auf und ihre Rippen krampften sich schmerzhaft zusammen, als das Ende des Abends zu ihr zurückkehrte. Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und suchte nach einem Anzeichen dafür, dass Draco nach Hause gekommen war. Keine Kleider auf dem Boden, keine zurückgezogenen Decken. Nur ein Tablett auf dem Tisch, nicht zwei.
Gerade als ihr Puls zu rasen begann, klopfte es leicht an der Tür. Sie stolperte aus dem Bett und rannte zur Tür, um sie zu öffnen, wobei sie sich fragte, warum Draco klopfen würde.
Narcissa stand in der Tür, die Hände vor sich gefaltet. Hermines Enttäuschung schlug in Beschämung um, da sie eindeutig in Dracos Schlafzimmer erwischt worden war, in ihrem Pyjama.
„Guten Morgen, Hermine."
„Hi. Äh, Draco ist nicht da –"
„Ich wollte mit dir reden.", sagte Narcissa mit einem angespannten Lächeln.
Hermine ließ sie herein und setzte sich zu ihr an den Kamin, ihr Gesicht war noch immer rot. Narcissa lehnte eine Tasse Tee ab, und Hermine ballte ihre Hände, damit sie sich nicht nervös bewegte.
„Ich werde gleich zur Sache kommen." Narcissas Augen waren dunkel unterlaufen, und ihre Lippen zitterten, als sie Luft holte. „Der Wahre Orden hat Italien angegriffen. Ich habe es gestern Abend von Lucius erfahren."
Hermine wartete, bis sie die Worte verinnerlicht hatte. Sie blinzelte.
§Ich verstehe.", war alles, was sie sagen konnte.
„Sie haben gestern Abend angegriffen, während der Feierlichkeiten in Hogwarts. Der Dunkle Lord will es geheim halten, aber ich glaube, das ist erst der Anfang. Es gibt Gerüchte über Länder, die Geheimverträge mit dem Wahren Orden geschlossen haben. Ungarn, zum Beispiel."
Hermine spürte, wie ihre Finger zuckten. Sie starrte Narcissa an, während ihr das Blut in den Ohren rauschte.
„Und ich brauche etwas von dir, Hermine." Ihre warmen blauen Augen trafen die ihren, und Hermine spürte, wie der Platinfaden direkt vor ihrer Iris tanzte. „Ich weiß, dass du bleiben musst. Um für deine Freunde da zu sein. Für den Wahren Orden."
Hermines Lippen öffneten sich, unsicher, was Narcissa eigentlich wollte.
„Aber Draco muss gehen."
Ihre Kehle war trocken. „Ich verstehe nicht –"
„Wenn der Wahre Orden England zurückerobert – und ich hoffe, dass sie es tun – werden wir drei das nicht überleben."
Narcissa schluckte und blickte auf ihre Knöchel, die weiß wurden. Sie lehnte sich vor.
„Wir müssen gehen. Lucius wird nachkommen, sobald er kann, aber ich weiß, dass Draco nicht ohne dich gehen wird." Narcissas Augen füllten sich mit Tränen, ihre Lippen zitterten. „Hermine, du musst dafür sorgen, dass Draco mitkommt."
Der Raum drehte sich, während ihr Herz bis in ihren Fingerspitzen schlug, die Worte sich um ihre Rippen wickelten und sich in ihre Haut bohrten. Tausend nutzlose Worte bildeten sich auf ihrer Zunge, aber sie unterdrückte sie.
Sie musste bleiben. Und sie mussten gehen.
Ihre Augenlider brannten, und ihre Stimme war rau, als sie fragte: „Wann?"
Narcissa holte tief Luft. „Morgen. Ihr solltet beide heute Abend in Edinburgh erscheinen. Aber wir müssen vor Tagesanbruch weg sein."
Übersetzung von Annelina97 und Goldfisch!
Jeden Dienstag kommt ein neues Kapitel!
Vielen Dank für alle Reviews, Favorites, Reads und Follows! Man freut sich jedes Mal, wenn man sieht, das unsere Übersetzung so vielen Leuten gefällt!
