Kapitel 11 - Der Anfang vom Ende
Larsen stand in Ketten dem Kommandanten von NERV, Gendo Ikari gegenüber, der
auch jetzt keine Anstalten machte, irgendwie freundlich oder gar warmherzig zu
wirken.
"Sie wollten mich sprechen, Sir? Verzeihen Sie bitte, daß ich nicht salutiere,
aber mir sind leider die Hände gebunden."
Trotz der Ketten machte er nicht den Eindruck eines Gefangenen, im Gegenteil,
sein Rücken war gerade, sein Blick hielt dem des Kommandanten statt.
"Ich habe keine Zeit für solche Scherze. Wer sind Sie?"
"Larsen, Wolf. Leutnant der Streitkräfte von New Germany, Heimatstandort Ham-
burg-02, Angehöriger der UN-Friedenstruppen, kommandierender Offizier von PALADIN-
Schwadron-01, von der UN an NERV für das EVANGELION-Projekt ausgeliehen, Pilot von
EVA-Einheit-04. Dienstnummer..."
Ikari hob die Hand.
"Ich will wissen, wer Sie wirklich sind. Wer hat Sie geschickt? Für wen arbeiten
Sie? Wann und wo wurde EVA-04 ausgetauscht? Wer hat den Austausch vornehmen
lassen? In wessen Auftrag? Was ist Ihr Auftrag?"
"Das sind ziemlich viele Fragen, Sir."
"Ich erwarte eine Antwort auf jede dieser Fragen."
"Tut mir leid, die kann ich Ihnen nicht geben, Sir." Er lächlte.
"Nicht-können, oder nicht-wollen?"
"Ich bin hier, um das Ende der Welt zu verhindern..."
Und ohne die beiden Gorillas mit ihren Waffen links und rechts von mir könnte ich
das auch...
Ikari verstand ihn nicht, was vielleicht besser war.
"Die Engel zu bekämpfen, gehörte zu Ihrer Tarnung, aber was wollen Sie wirklich
hier? Wo ist EVA-04?"
"Was mich betrifft unten im Hangar, oder wo auch immer er hingeschafft wurde, Sir."
"Ich glaube Ihnen nicht."
"Bedauerlich, Sir. Ich entnehme Ihren Worten, daß ich entbehrlich geworden bin."
Sag es, gib mir einen Grund...
"Hat SEELE Sie geschickt?"
"Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Sir."
"Bis auf weiteres stehen Sie unter Arrest, ich werde mich mit Ihnen weiter be-
schäftigen, sobald ich die Zeit dafür habe."
"Oh, ich freue mich schon darauf, Sir."
"Wegbringen", wies Ikari die Geheimdienstler an.
***
Fast-Forward
Misato kommt dem Geheimnis der Rei-Klone auf die Spur, als sie Ritsuko Akagi
damit konfrontiert, führt diese sie und Shinji ins Terminal-Dogma, wo sich über
fünfzig weitere Klone in einem mit LCL-Flüssigkeit gefüllten Behälter befinden.
Akagi offenbart, daß genetisches Material von Shinjis Mutter als Grundlage für
die Klone verwandt wurde, dann löscht sie alle verbliebenen Klone Reis aus. Akagi
wird in Gewahrsam genommen, es erübrigt sich wohl zu sagen, daß Gendo auf der
Sympathie-Skala seines Sohnes nicht gerade gestiegen ist.
Shinji geht Rei aus dem Weg, seiner Gefühle für sie nicht sicher.
***
Die nächste Gelegenheit ergab sich bereits am nächsten Nachmittag, diesesmal in
einem abgedunkelten Raum unter Verwendung eines Lügendetektors und Elektroschocks.
Larsens Schreie drangen sogar durch die schallgedämpften Wände und die Plexiglas-
scheibe des Beobachtungsraumes.
"Zwei Stunden schon... Und er sagt nichts..." kommentierte der sichlich nervöse
Operator der Verhörgerätschaften das ganze.
"Woran kann das liegen? An seinen Neuralimplantaten?" fragte Kommandant Ikari.
"Vielleicht. Oder er wurde konditioniert, unter der Folter zu schweigen, seinen
Unterlagen nach gehörte er einer Spezialeinheit an... Oder er weiß wirklich
nichts..."
"Wahrscheinlichkeit für letzteres?"
"Gering. Meiner Erfahrung nach würde er, um die Schmerzen zu beenden, eine Ge-
schichte erfinden, die Sie vorerst zufriedenstellen soll."
"Können die Implantate umgangen werden?"
"Nicht ohne dabei das gleiche Ergebnis zu erzielen wie eine Lobotomie."
"Können Sie sie beeinflussen?"
"Keine Ahnung, Kommandant, das ist mein erster Fall dieser Art."
"Versuchen Sie es!"
Die Schreie endeten, der Mann auf der anderen Seite der Scheibe sank in dem mas-
siven Metallstuhl, an dem er mit schweren Ketten festgebunden war, zusammen.
Er trug nicht mehr die Jacke seiner Fliegerkombination, der Oberkörper war nur
mit einem ärmellosen olivgrünen Shirt bekleidet, auf dem sich große Schweißflecken
gebildet hatten, dazu kamen verkrustete Blutflecken.
Deulich war sein künstlicher rechter Arm zu sehen, der von der Schulter bis zu den
Fingerspitzen aus mattschwarzem Metall bestand. Der Arm war mit zusätzlichen Ket-
ten an die Stuhllehne gefesselt worden.
Ein Techniker betrat den Verhörraum und veränderte die Konfigurationen der Geräte.
Larsen hob den Kopf ein Stück. Seine Nase blutete. Sein Blick war auf den Bereich
hinter der von seiner Seite undurchsichtigen Trennscheibe gerichtet.
"Ihre letzte Chance, Wolf Larsen, wenn das Ihr wahrer Name ist", hörte er Ikaris
Stimme. "Sagen Sie mir, was ich wissen will, und Ihnen bleibt schlimmeres erspart."
"Schlimmeres?" flüsterte er mit einer Stimme, die klang, als kratze Schmiergelpa-
pier über unebenen Stein.
Ein Kabel wurde einer der Zugangsbuchsen seines Implantates befestigt.
Er schloß die Augen.
"Nun machen Sie schon, bringen Sie es hinter sich, Sir." Das letzte Wort kam trie-
fend vor Spott über seine Lippen.
Es war meine Entscheidung, hierher zu kommen...
Auf der anderen Seite der Scheibe gab Gendo Ikari das Zeichen, mit der Prozedur
fortzufahren.
Larsen schrie ein letztes Mal auf, bäumte sich ein letztes Mal auf, riß ein letztes
Mal die Augen weit auf, als seine Neuro-Implantate unter Strom gesetzt wurden. Dann
fiel er in sich zusammen, fiel sein Kopf auf die Brust, flüsterten seine Lippen ein
letztes Mal den Namen seiner Tochter, dachte er seinen letzten Gedanken, ehe es um
ihn dunkel wurde...
Es tut mir leid, Rei...
***
"Keine Reaktion mehr." Der Operator - in früheren Zeiten hätte man ihn als Folter-
knecht bezeichnet - blickte auf.
Ikari wandte den Blick nicht von der im Stuhl hängenden Gestalt ab.
"Status?"
"Kaum noch Gehirnaktivitäten. Der Stromstoß hat wahrscheinlich die Neuralimplan-
tate ausgebrannt."
"Wir erfahren also nichts mehr von ihm."
Ikari schob die herabgerutschte Brille nach oben, verschränkte die Hände hinter
dem Rücken.
"Aber er lebt noch."
"Alle höheren Gehirnfunktionen scheinen erloschen zu sein, das ist nur noch eine
atmende Hülle."
"Bringen Sie ihn in seine Zelle zurück, er soll am Leben erhalten werden, viel-
leicht können wir aus der Neuraltechnologie noch etwas erfahren."
***
Zwei Männer in dunklen Anzügen schleppten den Regungslosen in seine Zelle zurück.
Larsen hatte die Augen offen, doch es war nur das Weiße zu sehen, aus seinem Mund
lief Speichel.
"Der ist hinüber."
"Ja."
"Sollen wir ihm die Fesseln abnehmen?"
"Das wurde nicht gesagt. Er soll nur am Leben erhalten werden."
"Schönes Leben... Aber wer weiß, dieser Metallarm sieht gefährlich aus, den möchte
ich nicht an den Schädel bekommen, falls er mal zuckte, oder so."
"Ich auch nicht, die Ketten bleiben."
"Und wenn er sie zerreißt? Man weiß ja nicht."
"Dann bricht er sich den anderen Arm, das ist Physik für Anfänger."
"Aha."
Sie ließen ihn im Dunkeln zurück.
***
In jenem Lager, in dem die Reste von EVA-04 eingelagert worden waren, regte
sich etwas.
Eines der vier Augen flackerte kurz auf, dann schossen Kabelenden aus dem zer-
fetzten Torso in alle Richtungen, schienen nach etwas Bestimmten zu tasten,
stellten Verbindungen zu anderen Teilen her...
Die Finger einer Hand bewegten sich, bildeten eine Faust, öffneten sich wieder...
Ein lautes Schaben erklang, als das linke Fuß von den Verbindungskabeln über den
Boden auf den Torso zugezogen wurde...
Mit jedem Teil, daß an den Körper angeschlossen wurde, wuchs die Kapazität des
dezentralisierten zweiten Steuerungsrechners, reichte schließlich aus, um die
Selbstreparatur des Hauptsystems vornehmen zu können...
Aus dem Inneren der Maschine quoll ein Strom kleiner handgroßer spinnenförmiger
Reparaturroboter, die sich emsig an die Arbeit machten...
In der teilweise demontierten Zugangskapsel leuchteten die Kontrollen Stück für
Stück wieder auf, nachdem auch zu ihr Verbindungskabel vorgedrungen waren.
Zuletzt erhellte sich der Hauptbildschirm.
Not-Upload zu 24% abgeschlossen. Re-Installation zu 05% abgeschlossen.
***
Fast-Forward
Der 16. Engel erscheint im Orbit über Tokio-03, unerreichbar für die EVA-Ein-
heiten, die Satellitenabwehr versagt.
Tokio-03 wird vollends evakuiert.
Kommandant Ikari beschließt den Longinusspeer zu opfern, mit dem der im Termi-
nal-Dogma gekreuzigte Engel ADAM durchbohrt ist, um seine Regeneration auf-
zuhalten. Der entscheidende Zeitpunkt für Ikaris Plan rückt näher. Da er sei-
nem Sohn nicht genug traut, beauftragt er Rei mit der Aufgabe, den Speer zu
holen und einzusetzen, Rei übernimmt hierfür die wiederhergestellte EVA-02-
Einheit und schleudert den Speer in den Orbit, wo er den Engel zerstört, wei-
terfliegt und sich in die Mondoberfläche bohrt.
Auf Betreiben SEELES, um Gendo Ikaris Plan, den Third Impact selbst zu kontrol-
lieren, aufzuhalten, erscheint der letzte, der siebzehnte Engel in Gestalt des
Fifth Children. Dieser, Kaworu, freundet sich mit Shinji an, doch seine Mission
hat Vorrang, er übernimmt EVA-02 und marschiert auf das Terminal-Dogma zu,
Shinji und EVA-01 auf den Fersen.
Um ihn davon abzuhalten, ADAM zu erreichen, stellt sich ihm Rei in den Weg und
verschafft Shinji mittels eines spontan aufgebauten AT-Feldes die nötige Zeit.
Nur widerwillig nimmt Shinji den Kampf gegen seinen Freund auf, das Gefecht
führt sie schließlich in ADAMs Kammer, wo dieser von Kaworu als LILITH identi-
fiziert wird, die Dunkle Mutter.
Kaworu stellt alle Gegenwehr ein und bittet Shinji, ihn im Interesse der Mensch-
heit zu töten.
Mit Kaworu stirbt der 17. Engel, die Bedrohung scheint abgewendet, der Third
Impact vereitelt.
SEELE setzt daraufhin die fünf Backup-MAGI-Systeme ein, um das NERV-System zu
übernehmen. Ritsuko Akagi, die aus dem Arrest geholt wird, kann die Übernahme der
NERV-MAGI jedoch vereiteln.
Da rückt die JSSDF auf Befehl von SEELE gegen das NERV-HQ vor...
Larsen stand in Ketten dem Kommandanten von NERV, Gendo Ikari gegenüber, der
auch jetzt keine Anstalten machte, irgendwie freundlich oder gar warmherzig zu
wirken.
"Sie wollten mich sprechen, Sir? Verzeihen Sie bitte, daß ich nicht salutiere,
aber mir sind leider die Hände gebunden."
Trotz der Ketten machte er nicht den Eindruck eines Gefangenen, im Gegenteil,
sein Rücken war gerade, sein Blick hielt dem des Kommandanten statt.
"Ich habe keine Zeit für solche Scherze. Wer sind Sie?"
"Larsen, Wolf. Leutnant der Streitkräfte von New Germany, Heimatstandort Ham-
burg-02, Angehöriger der UN-Friedenstruppen, kommandierender Offizier von PALADIN-
Schwadron-01, von der UN an NERV für das EVANGELION-Projekt ausgeliehen, Pilot von
EVA-Einheit-04. Dienstnummer..."
Ikari hob die Hand.
"Ich will wissen, wer Sie wirklich sind. Wer hat Sie geschickt? Für wen arbeiten
Sie? Wann und wo wurde EVA-04 ausgetauscht? Wer hat den Austausch vornehmen
lassen? In wessen Auftrag? Was ist Ihr Auftrag?"
"Das sind ziemlich viele Fragen, Sir."
"Ich erwarte eine Antwort auf jede dieser Fragen."
"Tut mir leid, die kann ich Ihnen nicht geben, Sir." Er lächlte.
"Nicht-können, oder nicht-wollen?"
"Ich bin hier, um das Ende der Welt zu verhindern..."
Und ohne die beiden Gorillas mit ihren Waffen links und rechts von mir könnte ich
das auch...
Ikari verstand ihn nicht, was vielleicht besser war.
"Die Engel zu bekämpfen, gehörte zu Ihrer Tarnung, aber was wollen Sie wirklich
hier? Wo ist EVA-04?"
"Was mich betrifft unten im Hangar, oder wo auch immer er hingeschafft wurde, Sir."
"Ich glaube Ihnen nicht."
"Bedauerlich, Sir. Ich entnehme Ihren Worten, daß ich entbehrlich geworden bin."
Sag es, gib mir einen Grund...
"Hat SEELE Sie geschickt?"
"Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Sir."
"Bis auf weiteres stehen Sie unter Arrest, ich werde mich mit Ihnen weiter be-
schäftigen, sobald ich die Zeit dafür habe."
"Oh, ich freue mich schon darauf, Sir."
"Wegbringen", wies Ikari die Geheimdienstler an.
***
Fast-Forward
Misato kommt dem Geheimnis der Rei-Klone auf die Spur, als sie Ritsuko Akagi
damit konfrontiert, führt diese sie und Shinji ins Terminal-Dogma, wo sich über
fünfzig weitere Klone in einem mit LCL-Flüssigkeit gefüllten Behälter befinden.
Akagi offenbart, daß genetisches Material von Shinjis Mutter als Grundlage für
die Klone verwandt wurde, dann löscht sie alle verbliebenen Klone Reis aus. Akagi
wird in Gewahrsam genommen, es erübrigt sich wohl zu sagen, daß Gendo auf der
Sympathie-Skala seines Sohnes nicht gerade gestiegen ist.
Shinji geht Rei aus dem Weg, seiner Gefühle für sie nicht sicher.
***
Die nächste Gelegenheit ergab sich bereits am nächsten Nachmittag, diesesmal in
einem abgedunkelten Raum unter Verwendung eines Lügendetektors und Elektroschocks.
Larsens Schreie drangen sogar durch die schallgedämpften Wände und die Plexiglas-
scheibe des Beobachtungsraumes.
"Zwei Stunden schon... Und er sagt nichts..." kommentierte der sichlich nervöse
Operator der Verhörgerätschaften das ganze.
"Woran kann das liegen? An seinen Neuralimplantaten?" fragte Kommandant Ikari.
"Vielleicht. Oder er wurde konditioniert, unter der Folter zu schweigen, seinen
Unterlagen nach gehörte er einer Spezialeinheit an... Oder er weiß wirklich
nichts..."
"Wahrscheinlichkeit für letzteres?"
"Gering. Meiner Erfahrung nach würde er, um die Schmerzen zu beenden, eine Ge-
schichte erfinden, die Sie vorerst zufriedenstellen soll."
"Können die Implantate umgangen werden?"
"Nicht ohne dabei das gleiche Ergebnis zu erzielen wie eine Lobotomie."
"Können Sie sie beeinflussen?"
"Keine Ahnung, Kommandant, das ist mein erster Fall dieser Art."
"Versuchen Sie es!"
Die Schreie endeten, der Mann auf der anderen Seite der Scheibe sank in dem mas-
siven Metallstuhl, an dem er mit schweren Ketten festgebunden war, zusammen.
Er trug nicht mehr die Jacke seiner Fliegerkombination, der Oberkörper war nur
mit einem ärmellosen olivgrünen Shirt bekleidet, auf dem sich große Schweißflecken
gebildet hatten, dazu kamen verkrustete Blutflecken.
Deulich war sein künstlicher rechter Arm zu sehen, der von der Schulter bis zu den
Fingerspitzen aus mattschwarzem Metall bestand. Der Arm war mit zusätzlichen Ket-
ten an die Stuhllehne gefesselt worden.
Ein Techniker betrat den Verhörraum und veränderte die Konfigurationen der Geräte.
Larsen hob den Kopf ein Stück. Seine Nase blutete. Sein Blick war auf den Bereich
hinter der von seiner Seite undurchsichtigen Trennscheibe gerichtet.
"Ihre letzte Chance, Wolf Larsen, wenn das Ihr wahrer Name ist", hörte er Ikaris
Stimme. "Sagen Sie mir, was ich wissen will, und Ihnen bleibt schlimmeres erspart."
"Schlimmeres?" flüsterte er mit einer Stimme, die klang, als kratze Schmiergelpa-
pier über unebenen Stein.
Ein Kabel wurde einer der Zugangsbuchsen seines Implantates befestigt.
Er schloß die Augen.
"Nun machen Sie schon, bringen Sie es hinter sich, Sir." Das letzte Wort kam trie-
fend vor Spott über seine Lippen.
Es war meine Entscheidung, hierher zu kommen...
Auf der anderen Seite der Scheibe gab Gendo Ikari das Zeichen, mit der Prozedur
fortzufahren.
Larsen schrie ein letztes Mal auf, bäumte sich ein letztes Mal auf, riß ein letztes
Mal die Augen weit auf, als seine Neuro-Implantate unter Strom gesetzt wurden. Dann
fiel er in sich zusammen, fiel sein Kopf auf die Brust, flüsterten seine Lippen ein
letztes Mal den Namen seiner Tochter, dachte er seinen letzten Gedanken, ehe es um
ihn dunkel wurde...
Es tut mir leid, Rei...
***
"Keine Reaktion mehr." Der Operator - in früheren Zeiten hätte man ihn als Folter-
knecht bezeichnet - blickte auf.
Ikari wandte den Blick nicht von der im Stuhl hängenden Gestalt ab.
"Status?"
"Kaum noch Gehirnaktivitäten. Der Stromstoß hat wahrscheinlich die Neuralimplan-
tate ausgebrannt."
"Wir erfahren also nichts mehr von ihm."
Ikari schob die herabgerutschte Brille nach oben, verschränkte die Hände hinter
dem Rücken.
"Aber er lebt noch."
"Alle höheren Gehirnfunktionen scheinen erloschen zu sein, das ist nur noch eine
atmende Hülle."
"Bringen Sie ihn in seine Zelle zurück, er soll am Leben erhalten werden, viel-
leicht können wir aus der Neuraltechnologie noch etwas erfahren."
***
Zwei Männer in dunklen Anzügen schleppten den Regungslosen in seine Zelle zurück.
Larsen hatte die Augen offen, doch es war nur das Weiße zu sehen, aus seinem Mund
lief Speichel.
"Der ist hinüber."
"Ja."
"Sollen wir ihm die Fesseln abnehmen?"
"Das wurde nicht gesagt. Er soll nur am Leben erhalten werden."
"Schönes Leben... Aber wer weiß, dieser Metallarm sieht gefährlich aus, den möchte
ich nicht an den Schädel bekommen, falls er mal zuckte, oder so."
"Ich auch nicht, die Ketten bleiben."
"Und wenn er sie zerreißt? Man weiß ja nicht."
"Dann bricht er sich den anderen Arm, das ist Physik für Anfänger."
"Aha."
Sie ließen ihn im Dunkeln zurück.
***
In jenem Lager, in dem die Reste von EVA-04 eingelagert worden waren, regte
sich etwas.
Eines der vier Augen flackerte kurz auf, dann schossen Kabelenden aus dem zer-
fetzten Torso in alle Richtungen, schienen nach etwas Bestimmten zu tasten,
stellten Verbindungen zu anderen Teilen her...
Die Finger einer Hand bewegten sich, bildeten eine Faust, öffneten sich wieder...
Ein lautes Schaben erklang, als das linke Fuß von den Verbindungskabeln über den
Boden auf den Torso zugezogen wurde...
Mit jedem Teil, daß an den Körper angeschlossen wurde, wuchs die Kapazität des
dezentralisierten zweiten Steuerungsrechners, reichte schließlich aus, um die
Selbstreparatur des Hauptsystems vornehmen zu können...
Aus dem Inneren der Maschine quoll ein Strom kleiner handgroßer spinnenförmiger
Reparaturroboter, die sich emsig an die Arbeit machten...
In der teilweise demontierten Zugangskapsel leuchteten die Kontrollen Stück für
Stück wieder auf, nachdem auch zu ihr Verbindungskabel vorgedrungen waren.
Zuletzt erhellte sich der Hauptbildschirm.
Not-Upload zu 24% abgeschlossen. Re-Installation zu 05% abgeschlossen.
***
Fast-Forward
Der 16. Engel erscheint im Orbit über Tokio-03, unerreichbar für die EVA-Ein-
heiten, die Satellitenabwehr versagt.
Tokio-03 wird vollends evakuiert.
Kommandant Ikari beschließt den Longinusspeer zu opfern, mit dem der im Termi-
nal-Dogma gekreuzigte Engel ADAM durchbohrt ist, um seine Regeneration auf-
zuhalten. Der entscheidende Zeitpunkt für Ikaris Plan rückt näher. Da er sei-
nem Sohn nicht genug traut, beauftragt er Rei mit der Aufgabe, den Speer zu
holen und einzusetzen, Rei übernimmt hierfür die wiederhergestellte EVA-02-
Einheit und schleudert den Speer in den Orbit, wo er den Engel zerstört, wei-
terfliegt und sich in die Mondoberfläche bohrt.
Auf Betreiben SEELES, um Gendo Ikaris Plan, den Third Impact selbst zu kontrol-
lieren, aufzuhalten, erscheint der letzte, der siebzehnte Engel in Gestalt des
Fifth Children. Dieser, Kaworu, freundet sich mit Shinji an, doch seine Mission
hat Vorrang, er übernimmt EVA-02 und marschiert auf das Terminal-Dogma zu,
Shinji und EVA-01 auf den Fersen.
Um ihn davon abzuhalten, ADAM zu erreichen, stellt sich ihm Rei in den Weg und
verschafft Shinji mittels eines spontan aufgebauten AT-Feldes die nötige Zeit.
Nur widerwillig nimmt Shinji den Kampf gegen seinen Freund auf, das Gefecht
führt sie schließlich in ADAMs Kammer, wo dieser von Kaworu als LILITH identi-
fiziert wird, die Dunkle Mutter.
Kaworu stellt alle Gegenwehr ein und bittet Shinji, ihn im Interesse der Mensch-
heit zu töten.
Mit Kaworu stirbt der 17. Engel, die Bedrohung scheint abgewendet, der Third
Impact vereitelt.
SEELE setzt daraufhin die fünf Backup-MAGI-Systeme ein, um das NERV-System zu
übernehmen. Ritsuko Akagi, die aus dem Arrest geholt wird, kann die Übernahme der
NERV-MAGI jedoch vereiteln.
Da rückt die JSSDF auf Befehl von SEELE gegen das NERV-HQ vor...
