Autor: Artemis (Artemis1000@gmx.net)
Titel: Neue Freunde, neue Feinde
Freigabe: PG-13 für Flüche.
Teil: 2/3
Spoilers: Angelus-Plot
Inhalt: Caitlin, Meistervampirin, Hexe und alte Freundin von Angelus stellt das Leben von Angel und der Scooby Gang auf den Kopf. B/S + A/f
Disclaimer: Die Charaktere von Buffy: The Vampire Slayer gehören Joss Whedon, mir gehören nur diese FanFiction und meine Charaktere Caitlin, Danny, Michael, Helen und die anderen, die kleine Auftritte hatten, sowie die Union.
Kommentar: Diese Geschichte spielt irgendwann, nachdem Willow Oz kennengelernt hat und Angel noch in der Stadt ist. Wann genau, bleibt der Phantasie des Lesers überlassen...
Neue Freunde, neue Feinde 2
Von Artemis
Teil 3
Als Buffy aufwachte, spürte sie einen kühlen Arm um sich. Lächelnd zog sie die Decke hoch und kuschelte ihren Kopf wieder unter sein Kinn. Er vertraute ihr genausowenig wie sie ihm, aber sie waren so etwas wie Freunde geworden. In Momenten wie diesem ertappte sie sich dabei, mehr als das in ihm zu sehen. Natürlich würde sie ihm das nie sagen. "Warum kannst Du nicht immer so sein, Spike?" Es war ihr egal, ob er sie hörte oder nicht.
"Wie?", fragte Spike verschlafen.
"Nett."
"Ich bin NICHT nett!", protestierte er gekränkt.
"Doch, Du bist nett. Du munterst mich auf, sorgst dafür, daß ich nicht durchdrehe, hörst Dir mein ganzes Gelaber an, gibst mir die Decke..."
"Ich bin nicht nett! Ich bin bösartig! Und gewissenlos! Aber nicht nett! Wenn die mich nicht braten würden, hätte ich Dich schon lange trockengesaugt!"
"Spike!"
"Sobald wir hier raus sind, töte ich Dich!"
"SPIKE!"
"Ich bin nicht nett!"
Entschlossen stoppte Buffy seinen Redeschwall mit einem Kuß.
"Folgt mir," Cat führte ihre Fluggäste in einen Raum, vollgestellt mit Kisten. Sie wußte, daß in ihnen Waffen waren. "Das ist unser Ticket! Ich gebe Euch gleich Waffen, Ihr verwendet sie NICHT gegeneinander! Sie sind dazu da, Melodys Leute zu töten, niemand anderes! Verstanden?!" Sie wußte es besser, als zu Vampiren freundlich zu sein. Sie würden es als Schwäche auslegen.
"Verstanden", sagten Scooby Gang und Vampire im Gleichklang.
"Stellt Euch alle in einer Reihe auf. Wer drankommt, sagt, welche Waffen er haben will, es ist genug da. Wir haben: Armbrüste mit speziellen Pflöcken, Bögen, Dolche, Kurz- und Langschwerter, Äxte, Maschinenpistolen, Maschinengewehre, gemeine Pistolen, Degen, Fackeln und Pflöcke. Anfangen!"
Willow war als erstes dran. "Bitte eine Armbrust mit acht Pflöcken, eine Fackel, fünf normale Pflöcke."
Cat überreichte ihr die Waffen, "willst Du nicht noch etwas nehmen? Das wird knapp."
"Ich kann mit den anderen nicht umgehen."
"Okay. Nächster!"
Xander bestellte, "acht Pflöcke, zwei Fackeln, zwei Äxte, eine Pistole mit 20 Schuß und ein Maschinengewehr mit 100 Schuß Munition, bitte."
Wieder teilte Caitlin die Waffen aus. "Nächster! Willow, geh mir zur Hand und teile jedem zwei Feuerzeuge und ein Erste Hilfe-Kästchen aus. Sie sollten in den kleinen Holzkästen sein."
"Klar!"
"Vier Pflöcke, zwei Äxte, ein Bogen mit zehn Holzpfeilen, eine Maschinenpistole mit 200 Schuß, zwei Dolche und ein Langschwert." Angels Bestellung.
Während Caitlin Waffen austeilte, verteilte Willow Feuerzeuge und Verbandskästen. Sie merkte, daß kein Vampir Fackeln wählte, auch Pflöcke waren unbeliebt. Die Liste führten Dolche, Schwerter und Degen an. Abrupt verstand Willow, warum. In ihrer Jugend lernten sie diese Waffen benutzen, wie sie das Autofahren. Bei der Überlegung, wie alt die Vampire sein mußten, wurde sie blaß wie die Untoten.
"Alles in Ordnung?", befühlte Caitlin fürsorglich ihre Stirn nach Fieber.
"Ich bin nur nervös, ich mache mir Sorgen um Buffy", log Willow.
"Schatz, bring den Sauhaufen schon mal dazu, die Waffen zu verstauen, wir kommen gleich nach", rief sie Angel zu und kniete sich neben Willow. "Ich hab etwas zuviel Lebenserfahrung, als, daß Du mich noch so leicht belügen könntest, Verehrteste. Vor wem oder was fürchtest Du Dich?"
"Du nennst Angel "Schatz"?" Ein warnender Blick aus grünen Adleraugen. "Vor Deinen Leuten. Ich weiß nicht, ob ich ihnen vertrauen oder mich darauf vorbereiten soll, daß sie mich im nächsten Moment ermorden." Caitlins Gesicht wurde zu einem einzigen Grinsen. "Ich meine das ernst, Cat. Das ist kein Witz", beschwerte sich Willow.
"Ich lache Dich nicht aus, ich finde lustig, daß ich das gleiche denke! Ich habe mit Absicht ältere Vampire ausgewählt, weil die ihren Dämon besser kontrollieren können wie junge und dafür gesorgt, daß jeder vor der Landung zwei Blutkonserven trank. Aber eine Garantie kann ich Dir nicht geben..."
"Ich weiß. Danke."
"Hi!"
"Hi!"
Buffy gab Spike einen flüchtigen Kuß, setzte sich dann auf der Matratze auf, sie waren noch mal eingeschlafen, um nachzusehen, was ihre Kidnapper ihnen zum Frühstück gebracht hatten. "Doghnuts!", jubelte sie. "Mh, lecker!"
"Gute Nacht!", Spike legte sich auf die andere Seite. Er wußte genau, wie er Buffy aufzog, wenn er sich morgens zum Schlafen hinlegte.
"Steh auf!", rüttelte sie ihn kichernd. "Mh, leckeres frisches Blut, süß und warm..." Sie ging zur Tür, wo neben dem Frühstück frische Kleidung, ein Eimer warmes Wasser, Duschgel, Waschlappen und Handtücher lagen, füllte einen Becher mit Blut und hielt ihn Spike unter die Nase. Er ignorierte sie. "Du bist ganz schön stur!", schmollte die Jägerin. Dann kam ihr eine Idee. Sie benetzte die Spitze ihres Zeigefingers mit dem Blut und rieb es Spike in die Lippen.
Er hatte den Geruch des Blutes, daß nur wenige Meter entfernt war, ignorieren können. Aber als die Jägerin das Blut auf seine Lippen schmierte, konnte sich sein Dämon nicht mehr zurückhalten. Spike leckte mit der Zunge ihren Finger und seine Lippen ab, gab ihr dann einen Kuß. Buffy verzog angewidert das Gesicht, als sie das fremde Blut schmeckte.
"Urgh!", würgte sie.
"Doch nicht so lecker?", fragte Spike unschuldig.
"Das ist eklig!" Sie reichte ihm angeekelt den Becher. "Aber danach trinkst Du SOFORT Wasser, das ist ja krank!" Ohne Scham wechselte Spike in sein Vampirgesicht und punktierte den Pappbecher. Buffy war sicher, daß sie sich nie an diesen Anblick gewöhnen würde.
"Das war meine beste Mahlzeit seit... gestern abend!"
"Kuck mich nicht so an, als wäre ich die nächste!" Vorsichtshalber ging Buffy auf Abstand. "Ich hatte mich wirklich auf die Doghnuts gefreut, aber ich glaube, ich bekomme keinen Bissen runter!"
"Tut mir leid", sagte Spike zerknirscht. Obwohl das Sprechen mehr ein Grollen war, er war noch nicht wieder menschlich, war die Ehrlichkeit deutlich zu hören.
"Ich hab ja angefangen." Sie setzte sich auf seinen Schoß und gab ihm einen Kuß auf die linke Wange. Bei genauer Betrachtung fand sie die Fratze gar nicht mehr so schlimm. Sie fuhr mit einer Hand über seine gefurchte Stirn.
"Guten Morgen. Wir können Ihnen heute eine Abwechslung bieten", sagte der Sprecher plötzlich.
Buffy und Spike fuhren hastig auseinander. "Was für eine? Übrigens, danke für das Frühstück."
"Sie dürfen heute duschen. Badekleidung ist vorhanden. Ziehen Sie sich um, Sie werden abgeholt."
"Toll! Wir dürfen noch nicht mal alleine unter die Dusche!"
"Zieh Dich besser um, sie werden sich beeilen, um uns keine Zeit zu geben, unsere Flucht zu planen."
"Klingt ERSCHRECKEND logisch," murmelte Buffy.
"Wir werden jetzt in ein Hotel fahren. In", Cat sah im Laufen auf ihre Uhr, "81 Minuten ist Sonnenaufgang, also Beeilung! Ich habe Leihwagen vorbestellt! Die Menschen unter uns können tun und lassen, was sie wollen, solange sie sich dabei erholen, für den Rest ist Schlafenszeit angesagt!"
"Wegen dem Hotel: Gibt es getrennte Zimmer für Vampire und Menschen?", fragte Xander besorgt.
"Ich hab drei Vier-Bett-Zimmer reserviert. Zwei für die Jungs und eins für die Mädchen. Du kannst ja mit Oz, Angel und nur einem fremden Vampir in einem Zimmer schlafen."
"Ich schlafe nicht mit der Freundin von der Jägerin in einem Raum!", meckerte eine brünette Vampirin.
"Bei einem Werwolf und zwei Vampiren mach ich kein Auge zu!"
"Könnte ich mir nicht ein Zimmer mit Oz, Xander und Angel teilen?", schlug Willow vor.
Caitlin war verärgert. "Ihr seid keine Kleinkinder auf der ersten Klassenfahrt, verdammt!"
"Bitte verzeihe mir, Herrin", senkte die vorlaute Untote ihren Kopf.
"Sorry, Cat. Willst Du am Fenster oder an der Tür liegen?", fragte sie die braune Vampirin.
"An der Tür. Ich bin Helen."
"Hi Helen. Willow", lächelte die Hexe.
"Dann bist Du die Wicca, richtig?"
"Ja, woher weißt Du das?"
"Gerüchte." Sie verdrehte grinsend die Augen. Beide Mädchen kicherten. "Hey, Sam, komm her!"
"Später, Hel!" Sam war mit einem herrisch wirkenden Vampir am Knutschen.
Helen keifte, "Flittchen!" Als Vergeltung legte sie einen Arm um Willow, sie hielt sie für das schwächste Glied, und erklärte freundschaftlich, "der Typ neben der blonden Bohnenstange, das war bis vor zwei Wochen mein Freund! Sam hat ihn mir eiskalt ausgespannt! Dabei wollte ich ihm gerade einen Tritt in den Arsch geben!", fluchte sie.
"Vergiß den Kerl, der ist nichts wert!", grinste Willow.
Als ein vorbeigehender Mann ihnen nachpfiff und eine anzügliche Geste machte, zeigte ihm Helen den Stinkefinger. "Männer! Man sollte sie versaufen!"
"Hey! Wart mal..."
"Wenn Du das gleiche wie ich denkst..." Sie rannten lachend dem Mann hinterher.
"Ist das nicht süß? Willow hat schon eine Freundin gefunden!"
"Ausgerechnet Helen!"
"Helen ist schlagfertig, selbstbewußt und unbeschwert, ihre Gesellschaft wird Willow gut tun. Mit ihr wird sie gar keine Zeit haben, sich Sorgen um Buffy zu machen."
"Clever!", lächelte Angel anerkennend. Er hätte es sich denken können. Eine Frau wie Caitlin tat keinen Schritt ohne tieferen Sinn.
Im Foyer des Hotel versammelte Caitlin ihre Begleiter um sich. "Die Zimmerverteilung, ein für alle mal: Lee, Xander, Danny und Mark in 219, Oz, Angel, Carl und Samantha in 220, Willow, Dru, Helen und ich in 221. Keine Widerrede! Genau bei Sonnenuntergang kommt ihr bitte in mein Zimmer. Und bringt Eure Rucksäcke mit. Jetzt aber schnell auf die Zimmer! Husch!", scheuchte sie die anderen Vampire.
Eine halbe Stunde später lagen die vier Frauen in zwei King Size-Betten. Der Raum war überraschend groß, wenn man hereinkam, war rechts die Badezimmertür, dahinter standen ein Schrank und die Betten, links Fernseher, Minibar, Schreibtisch und Sitzecke.
Willow wußte nicht, wie sie sich legen sollte. Wenn sie nach rechts näher zu Caitlin legte, lag sie auch näher an Helen und Dru. Wie sie jetzt lag, fiel sie fast aus dem Bett. Resigniert legte sie sich auf den Rücken. Wieso hatte sie nicht anstelle von Samantha bei Oz und Angel schlafen dürfen? Einer von den drei würde sie essen, soviel stand für sie fest. "Sag mal, Caitlin, wie ist Dein richtiger Name? Buffy stellte Dich mir als Doktor McKee vor...", versuchte sie sich abzulenken.
"Anne Cathryn McKee."
"Woher kommt "Caitlin"?"
"So hat mich Colin immer genannt. "Cat" habe ich Angelus zu verdanken!", grollte sie.
"Angelus... Warum nennst Du eigentlich Angel immer noch Angelus?"
"Er hat jetzt vielleicht eine Seele, Willow, aber er ist immer noch der gleiche Mann, den ich die letzten 250 Jahre gekannt habe!"
Willow war geschockt, "wie meinst Du das? Er tötet doch nicht mehr."
"Das nicht, aber er ist immer noch genauso faul, nervtötend, ungeschickt, gemein und dumm!"
"Gemein? Redest Du von dem Angel mit melancholischen braunen Hundeaugen, schwarzem langen Mantel, schüchtern, Ire?", fragte sie ungläubig.
"Ja, genau dieser süße Kuschelvampir! Zum Beispiel, wenn er, obwohl er weiß, welche Angst ich vor Spinnen habe, sie nicht tötet sondern lacht, meine Blutkonserven ausschlürft, daß er meine bunten Sachen immer mit den weißen auf 90 Grad wäscht, nur um mich zu ärgern, beim Staubwischen den Staub nur verteilt, ich jedes mal eine Natriumvergiftung bekomme, wenn er gekocht hat, er das Geschirr nach dem Spülen grundsätzlich naß in den Schrank stellt..."
Willow bekam vor Lachen fast keine Luft mehr. Sie hatte noch nie darüber nachgedacht, daß Angel solche Macken haben könnte. "Und das hat er auch ohne Seele gemacht?"
"Es ist in den letzten Jahren noch schlimmer geworden! Seit ich Samstag angekommen bin, gibt es jeden Tag mindestens zehn Situationen, in denen ich ihn langsam in Säure auflösen möchte!"
"Warum hast Du ihn zweieinhalb Jahrhunderte ausgehalten?"
"Er war mir ebenbürtig."
"Wie magst Du ihn mehr, mit oder ohne Seele?"
"Die Seele hat sowohl Vor- als auch Nachteile, es ist nicht zu vergleichen", wich sie aus.
"Okay. Reden wir mal über andere Männer. Wie viele hast Du wirklich geliebt?"
Cat war für lange Zeit still, dachte über die Frage nach. "Drei."
"Waren es alle Vampire?"
"Zwei Vampire und ein Mensch. Wobei Colin nicht sehr vampirisch war."
"Hm..." Sie wußte genau, daß der erste Colin war, der zweite Angelus, aber der dritte? Sie mußte Cat einmal fragen, aber jetzt war sie zu müde.
Anderthalb Stunden vor Sonnenuntergang klingelte der Wecker in Zimmer 221. In ihrer Schlaf-Kleidung, einem Spaghettiträger-Shirt und einer Strumpfhose, die sie an diesem Tag unter hautenger Lederhose und dünnem Rolli, natürlich alles in schwarz, trug, führte sie ihre Morgen-Routine durch. Bei Caitlin bedeutete das Kaffee, Blut, Schoko-Müsli, Bananen, Muffins, Brötchen, Kampfsport- und Schwertkampf-Training. Nacheinander wurden auch ihre Zimmerkolleginnen wach.
Stöhnend wachte Willow auf. Sie wußte zuerst nicht, wo sie war. Und woher kam der Krach, der sie geweckt hatte? Eine noch bessere Frage: Wieso war es noch dunkel? Sie gähnte ausgiebig, als eine kalte Hand sie schlug. Kalte Hand? Jemand in ihrem Bett? Schlagartig öffnete sie ihre Augen. "Ich will schlafen", beschwerte sie sich.
"Hi Willow", gähnte Helen von dem anderen Bett.
"Was zum Teufel... Oh!" Die Erinnerungen kamen zurück. "Guten Morgen, Hel."
"Guten Tag, Schätzchen. Wir haben drei Uhr nachmittags!"
"Es ist draußen noch dunkel", widersprach sie verschlafen.
"Sonne böse für Miss Edith", erklärte Drusilla in ihrer wahnsinnigen Art.
"DRUSILLA?! Erinnere mich, kein Grund, mich auszulachen!"
"Zu spät!", grinste Helen. "Herrin, darf ich, bevor wir aufbrechen, noch Jagen gehen?"
"Nein, das wird zu spät. Wenn wir erst noch jagen, dann das Ritual durchführen, dahin fahren... Willow, Oz und Xander müssen Morgen wieder zur Schule gehen."
"Ich finde das aber eine gute Idee!", widersprach Willow. "Du kannst Deinen Vampiren doch nicht das Jagen verbieten, das wäre... unmenschlich."
"VERGIß ES!"
"Ich hab Hunger!"
"Ich auch, Herrin!"
"Und ich könnte ein halbes Schwein essen!"
Kopfschüttelnd ging Caitlin zu ihrer Kühlbox und warf den drei Blutkonserven zu, "heute Abend gibt's leider nur Fast Food!"
"Du bist gemein, Cat! Was soll ich mit Blut?"
"Ich möchte mal die gewagte These abgeben, daß Du es trinken sollst", witzelte Helen.
"Hier, Du kannst meine haben, ich hab direkt an der Ecke einen McDonalds gesehen." Willow schnappte sich ihre Klamotten und verschwand im Badezimmer.
"Kann ich sie essen?", jaulte Dru.
Sofort saß Helen mit einem Pflock auf ihr. "Wenn Du Rotkäppchen auch nur einen falschen Blick zuwirfst, Du verrückte Hure, dann bist Du Asche!", grollte sie in ihrem dämonischen Gesicht.
Drusilla hob abwehrend die Hände, als Cat Helen zustimmte, "Dru, wir haben eine Abmachung! Du wirst keinen von meinen Menschen anrühren und ich nicht Dich! Und Du weißt, daß Du mir unterlegen bist, also provoziere mich lieber erst gar nicht!"
"Sie ist nur ein Mensch."
"Sie ist die beste Freundin der Jägerin! Und sie ist meine Freundin! Jeder von diesen Gründen ist schon Grund genug, und zu zusammen sind sie ein riesiges Stop-Schild!", knurrte Cat. Drusilla kroch beleidigt wieder unter die Decke. "Helen."
"Ja, Herrin?"
"Mach Dich fertig, ich brauche Deine Hilfe bei den Vorbereitungen für das Ritual."
"Ja, Herrin!"
"Sonderlieferung ist da!", rief Willow, als sie wieder in das Zimmer schlüpfte. "Tut mir leid, daß es länger gedauert hat, aber ich hab Oz und Xander mitgenommen, weil ich nicht alles tragen konnte. Eure Colas", reichte sie die Pappbecher an die Vampire, "meine Pommes, Hamburger, wem gehört noch mal die Eiscreme?"
"Ich!", hob Dru den Finger und holte sich fröhlich pfeifend die Süßigkeit ab. "Miss Edith liebt Eiscreme."
"Das ist schön. Du kannst gleich Deinen schwarzen Tee mitnehmen. Dann haben wir hier noch Cats Doghnuts, wer hatte den grünen Salat mit Ketchup und Mayonnaise?" Helen schnappte sich das. "Ein Apfelsaft, Cheeseburger?"
"Danke."
"Hier!"
"Das war es! Nur ein Witz, ich hab noch Blut aus dem Auto geholt. Ihr müßt es trinken, solange es noch schön kühl ist." Sie konnte selber kaum glauben, wie selbstverständlich sie mit den Vampirinnen umging. "Und hier ist Deine New York Times, Cat. Und jetzt will ich Euch noch etwas zeigen. Hoffe, es gefällt Euch." Sie holte einen kleineren Plastikbeutel aus dem großen.
"Da bin ich aber gespannt!"
"Ein Plastikvampir, um uns zu ärgern?", riet Helen.
"Nein, bestimmt ein San Francisco-Andenken!"
"Ein Magiebuch?"
"Etwas für den Computer?"
"Wartet es ab", grinste Willow breit. Sie holte aus dem Beutel eine schwarze Lederhose und einen Wollmantel im Vampir-Stil.
"Das ist SO cool!", kreischte Helen.
"Du überraschst mich immer wieder, Verehrteste", grinste Caitlin. Sie war vor Stolz ein ganzes Stück größer geworden. "Oz wird in Ohnmacht fallen!"
"100 Prozent! Ich zieh mich schnell um und dann helfe ich Dir mit Hel bei den Vorbereitungen."
"Super!"
"Du siehst großartig aus, Willow!"
"Danke. Also, was für einen Zauberspruch willst Du machen?"
"Ich kenne die Örtlichkeiten nicht genau bei Melodys Hauptquartier und ich weiß nicht, ob das als Privat oder Öffentlich gilt. Ich habe einen Zauber gefunden, mit dem man einem Vampir ermöglicht, uneingeladen Häuser zu betreten. Es ist ein einfacher, kleiner Zauber, aber sehr wirkungsvoll."
Der Gedanke, daß es so etwas gab, gefiel Willow gar nicht. Sie mußte unbedingt Giles und Buffy davon erzählen. Aber um es Buffy erzählen zu können, mußte sie ihn anwenden. "Okay, hast Du alle Zutaten da? Ich würde mir die Beschreibung gerne durchlesen."
"Natürlich." Caitlin holte ihr Book of Shadows aus ihrem Rucksack und holte ein loses Blatt heraus, welches sie Willow reichte.
"Aha, gut, aha", las Willow vor sich hin. "Das ist alles andere als ein "einfacher, kleiner Zauber", Caitlin! Ich habe so einen komplizierten Zauberspruch noch nie gemacht! Ich wußte bis vor fünf Minuten nicht mal, daß es so etwas gibt."
"Das gehört zum Wissen der Union, Verehrteste. Kannst Du jetzt die Räucherungen zubereiten?"
"Äh... klar! Wann kommen die anderen her?"
"Zu Sonnenuntergang. Ich will noch einen Zauber machen, durch den wir für andere Vampire nicht zu fühlen und riechen sind. Sonst können wir den Überraschungseffekt vergessen."
"Okay. Wie lange halten die Zauber?"
"Beide etwa 24 Stunden."
"Aber das ist gefährlich, Cat!"
"Das ganze Leben ist gefährlich."
Es dunkelte, als drei Mittelklassekombis auf den Parkplatz eines kleinen Supermarktes in einem halb verlassenen Industriegebiet fuhren. In der Tat war der Supermarkt das einzige Gebäude, in dem Licht brannte. Die Scheinwerfer der Wagen erlaubten einen Blick auf die bröckelnde Fassade des Betriebs und die Menschen, die sich vor dem Eingang betranken. Nebeneinander hielten die Autos, sieben Männer und fünf Frauen in schwarzer Kleidung und mit finsteren Mienen stiegen aus. Sie warfen den grölenden Betrunkenen vernichtende Blicke zu, schulterten ihre Rucksäcke und traten auf die Straße.
Ohne, daß ein Wort gewechselt wurde, eilten sie den einsamen Fußweg entlang. Mit jeder Minuten wurde die Gegend öder. Nach einigen Hundert Metern hörte der Bürgersteig auf, sie mußten auf der Straße weitergehen.
Nach weiteren endlosen Minuten hob einer von ihnen die Hand, ließ sie anhalten. Er senkte sie und alle duckten sich. Mit einem weiteren Handzeichen huschten sie gebückt am Straßengraben entlang.
Nun war es nur noch eine Sache von Metern, bis an der anderen Straßenseite eine Mauer begann. Der Stacheldraht darüber war mit Kabeln verbunden. Die Wand war frisch getüncht, der Draht neu, offensichtlich war das Gebäude dahinter bewohnt. Die Gruppe hielt an und setzte Nachtsichtgeräte auf, schlich danach weiter. Sie waren so leise, daß man eine Stecknadel hätte fallen hören können.
Als aus der Haupteinfahrt, und einzigen, eine mit Maschinengewehr und Pflock bewaffnete 2-Mann Patrouille kam, hatte sich die 12köpfige Gruppe schon bis auf 70 Meter dem Eingang genähert. Zwei von ihnen schlichen sich hinter die Patrouille auf den Weg und brachen ihnen von hinten das Genick, bevor sie überhaupt eine Gefahr ahnten.
Die zwei Menschen wurden sofort in den Straßengraben gezogen, wo Drusilla und Caitlin, die Attentäterinnen, sie aussaugten. "Es geht darum, daß die Vampir-Wachen kein Blut riechen."
"Werde ich mir merken", flüsterte Willow zurück.
Caitlin leckte die letzten Tropfen Blut vom Hals des Mannes und nickte Drusilla zu. "Fertig?" Die dunkelhaarige Vampirin nickte eifrig. Selbst sie hatte verstanden, daß es ernst war. "Lee, Mark, Ihr bringt die Leichen tiefer ins Gebüsch, wir erkunden schon mal die Lage. In fünf Minuten hier."
"Ja, Herrin!"
"Angel, Oz, Ihr kommt mit", flüsterte sie. Zu dritt robbten sie über die Straße zur Einfahrt. Mit den Nachtsichtgeräten sahen sie, daß sie aus einem nur 180 cm hohen Gittertor bestand und von drei Vampiren geschützt wurde. In Gedanken plante Caitlin schon die Stürmung. Die Herausforderung war, hereinzukommen, ohne die ganze Mannschaft zu alarmieren. Wenn sie erst mal drin waren, konnten sie den Überraschungseffekt nutzen und einen nach dem anderen ausschalten.
"Und?", fragte Helen die Zurückkehrenden.
"Perfekt!"
"Wir haben die Leichen da unten hingebracht", zeigte ein Vampir.
"Gut gemacht!" Sie mußte Angel nicht erklären, was sie vorhatte, er nickte direkt wissend. "Dann machen wir es so. Bereit, Leute?"
20 Augen sahen sie entgeistert an. Xander hatte als erster den Mut, es auszusprechen, "für WAS sollen wir bereit sein? Du hast uns gar nicht erklärt, was wir machen wollen."
Sie schlug sich an den Kopf, "und ein weiterer Punkt auf der Blödheitsliste für die unnachahmliche Caitlin! Wir werden von den Seiten kommen, einfach vor dem Tor erscheinen, sie am Hals packen und zu Staub verarbeiten. Die drei einzigen Wachen am Tor sind alle Vampire, keine Gegner für uns."
"Und dann?"
"Wir gehen rein. Wir müssen uns in Vierer-Teams aufteilen, die jeweils in die verschiedenen Richtungen gehen. Das heißt ein Team sichert die Garage, ein Team die Lagerhalle und das dritte das Gelände. Sagen wir, wir treffen uns in 40 Minuten an der Einfahrt. Dann stürmen wir zusammen das Hauptgebäude. Team eins: Willow, Sam, Lee, Oz. Team zwei: Danny, Helen, Carl, Mark. Team drei: Xander, Dru, Caitlin und ich", bestimmte Angel. "Noch Fragen?" Niemand meldete sich.
"Ich frage mich, was Willow und die anderen gerade machen", seufzte Buffy. "Bestimmt sitzen sie in der Bibliothek und werden von Giles zu Tode gelangweilt!"
Willow pfählte gerade ihren dritten Vampir in 20 Sekunden. Das Genickbrechen des Menschen, der sie gerade würgte, überließ sie Lee, einem genauso exzellenten wie brutalen Krieger-Vampir, der ihr in der letzten Stunde unzählige Male das Leben gerettet hatte. Der rotblonde Vampir machte sich nicht mehr die Mühe, in sein menschliches Gesicht zu wechseln, saugte einen Menschen nach dem anderen aus. Während sie einen weitere Untoten pulverisierte, wunderte sie sich, wie schnell sich ihre Ethik geändert hatte, seit diese Menschen sie töten wollten. "Läßt Du wohl mein T-Shirt los!", trat sie einem anderen Lebenden in den Bauch.
"Essen!", kam Sam angerannt.
"Nein, den erledige ich selbst. Ich muß es können, bevor ihr mal nicht in der Nähe seid." Sie kämpfte gegen den Mann mit einem Pflock in der Hand. Schnell hatte sie die Oberhand gewonnen und ihn zum Stolpern gebracht. Als sie über ihm lehnte, hatte sie das Gefühl, es nicht zu können. Sie hatte noch nie einen Menschen getötet.
"Willow, Du MUßT nicht", legte Oz eine Hand auf ihre Schulter.
Die Entscheidung nahm ihr der Mensch ab, als er ein Messer zückte. Gerade hatte er seinen linken Arm gehoben, um die Wicca zu verletzen, als sie ihren Pflock in sein Herz schleuderte. Mit jahrelanger Erfahrung traf sie die richtige Stelle. Er zuckte, bäumte sich auf, schrie überrascht. Und dann war er tot. "Oh Göttin, was habe ich getan!", schlug Willow die Hände vors Gesicht.
"Dafür wirst Du bezahlen!", grollte ein Vampir, der auf sie zurannte. Willow zog den blutigen Pflock aus dem Brustkorb des Mannes und stach ihn dem Vampir ins Herz.
Angel, Drusilla und Caitlin waren von zwei Dutzend Feinden eingekesselt. Xander kämpfte sich durch die Meute, er war "ausgesperrt" worden, als sie in den Hinterhalt gerieten. Die Vampire standen im Dreieck, kämpften mit harmonischen, synchronen Bewegungen voll katzenhafter Eleganz. Bevor Angelus seine Seele bekam, waren sie mit Spike als "dunkles Quartett" gefürchtet. Tödlich war jeder für sich, aber zusammen kämpften sie wie Balletttänzer. Todbringende Balletttänzer.
Dru war immer die schlechteste Kämpferin gewesen, hinter Cat, Spike und Angelus, aber keiner ihrer Feinde konnte ihr das Wasser reichen. Nicht, wenn diese beiden Untoten an ihrer Seite waren. Sie war sich sicher, daß sie zusammen auch die Jägerin besiegen konnten. Und sie war sich genauso sicher, daß die Jägerin es wußte...
"Ich habe Dich mit Cat und Angel kämpfen gesehen, als war, als wärt ihr... eine Person. Ein einziges Bewußtsein. Es war... es war wunderschön", lächelte Buffy versonnen.
"Wann?"
"Mit Melody."
"Wir haben nicht Seite an Seite gekämpft." Spike war verwirrt.
"Doch, am Anfang. Ihr stand nebeneinander."
"Mit Danny und Dir."
"Das stimmt, aber Ihr hättet auch ohne mich gesiegt. Ich war überflüssig."
"Einer von uns hätte verletzt werden können, wenn Du nicht dagewesen wärst."
"Ja, das ist es doch! Ich bin gewöhnt, daß ich den Leuten das Leben rette! Aber da war ich nur eine Nebendarstellerin."
"Ego-Probleme, Jägerin?"
"Sehr lustig, Spike! Mir ist nur in den letzten Tagen klar geworden, daß ich diesmal so tief im Dreck stecke wie noch nie zuvor. Ich bin in Melodys Gewalt, die mich töten will und kann, eine Fremde ist in meiner Stadt, die mich im Kampf besiegen wird, Deine beste Freundin ist und vielleicht, während ich hier sitze, Angel wieder zu Angelus gemacht hat!"
"Er hat schon oft mit ihr geschlafen, seit er seine Seele hat."
"Aber wenn er sie wieder verliert, dann kann ich einpacken! Ernsthaft! Ich meine, dann habe ich drei Feinde, von denen mich jeder alleine töten könnte und gemeinsam..."
Spike nahm Buffys Hände in seine, "ich habe auch nachgedacht. Was hältst Du von einem Waffenstillstand? Nur, solange Melody in unserer Stadt ist."
"Du meinst wir beide zusammen? Du und ich auf einer Seite? Sunnydales Vampire und die Scooby Gang?"
"So ungefähr."
"Ich kann das nicht alleine entscheiden, aber von mir aus bin ich einverstanden!"
"Wir sollten darauf trinken." Spike griff grinsend nach ihrem Hals, zog sie zu sich.
"Das wagst Du nicht!", kicherte Buffy und boxte ihn spielerisch.
"Werde ich!"
Mit ihren Jäger-Kräften hielt sie den Vampir fest und flüsterte während eines Kusses, "ich kann mir besseres für heute vorstellen als Beißen..."
Nach mehreren Jahren als enger Freund des meistgehaßten Mädchens von Sunnydale hatte sich Xander an das wöchentliche Attentat gewöhnt. Aber Dru hatte in einem Punkt recht gehabt, gestand er sich widerwillig ein, diese Vampire waren Soldaten. Sie liefen nicht, wie die Sunnydaler Vampire, in seinen Pflock, diese setzten gezielte Tritte und Schüsse, warteten auf seine Erschöpfung.
Als er mit seinen letzten Kraftreserven seine drei Teamkollegen entdeckte, stockte ihm der Atem. Der Kampf der Vampire war voller Anmut, wie ein Tanz. Der rationale Teil seines Geistes sagte ihm, daß es aufgrund ihrer Erfahrung nur natürlich war, aber der andere Part war gebannt von diesen Figuren. Er war so gebannt von dem Bild, daß er den Kampf vergaß.
Drusilla hatte den jungen Menschen für keine Sekunde aus den Augen gelassen, als sie eine Feindin hinter ihm entdeckte, die ihre Pistole hob. Reflexiv setzten ihre fragilen Beine zu einem Sprint an.
Xander wunderte sich, als Dru, ins Vampirgesicht wechselnd, auf ihn zugerannt kam. Vielleicht war sie sauer, weil er sie angestarrt hatte, spekulierte er, als sie ihn schon auf den Boden warf.
Sie packte den Hals der menschlichen Frau, erklärte, "Miss Edith mag keine bösen Menschen", und senkte ihre Fangzähne in das warme Fleisch.
Als Xander seine Benommenheit abgeschüttelt hatte, ließ Drusilla den Körper seiner Beinahe-Mörderin gerade fallen. "Danke", war alles, was er herausbrachte und stand auf.
"Komm", zog ihn Dru hinter ein Auto. Sie nahm ihm Rucksack und Jacke ab, setzte ihn auf den Boden. "Alexander", Dru sah ihn ernst an, "die Frau hat auf Deine linke Schulter geschossen. Du bist verletzt."
"Wie schlimm ist es?"
"Ich weiß nicht. Was ist schlimm bei einem Menschen?"
"Danach, wie es weh tut... Drusilla, kannst Du mir sagen, wieviel Blut ich verliere?"
"Nur ein bißchen. Ich rieche es kaum."
"Gut, danke. Wie groß ist die Wunde?" Sie zeigte einen Kreis, halb so groß wie ein 10 Pfennig-Stück. "Ich kann meinen Arm nicht bewegen, holst Du bitte aus meinem Rucksack den Erste Hilfe-Kasten?"
Die Vampirin nickte und holte ein weißen Kästchen heraus. "Ist das es, Alexander?"
"Ja, das ist es, Drusilla. Ähm... hast Du überhaupt schon mal einen Verband angelegt? Ich meine, ganz früher, bevor Du zu einer Vampirin wurdest." Sie schüttelte den Kopf. Xander nahm ihre Hand in seiner, "wenn ich Dir ganz genau erkläre, was Du machen mußt, wirst Du mir dann einen anlegen? Bitte. Ich weiß, daß Du es kannst."
Dru legte nachdenklich ihren Kopf zur Seite. "Miss Edith mag Dich. Sie wird böse auf mich sein, wenn ich Dir nicht helfen kann. Sie wird sagen, daß ich es nur nicht genug versucht habe." Sie wechselte zurück in ihre menschliche Maske und öffnete den Verbandskasten, "wie stille ich die Blutung?"
"Das ist dafür, daß Du mich erschreckt hast!", pfählte Willow den letzten Vampir in der Garage. "Noch jemanden gefunden, Oz?"
"Nein, wir haben alle. Wo sind Sam und Lee?"
"Hoffentlich Staubhaufen! Weißt Du, was ich richtig gemein finde? Daß sich Cordelia gedrückt hat! Wir müssen hier kämpfen und sie sitzt jetzt gemütlich in Sunnydale."
"Es ist CORDELIA, Willow."
"Wenn ich es mir überlege... sie würde uns mehr behindern als nützen."
"Genau, laß uns die suchen."
"Okay."
"Du magst Helen, nicht?"
"Ich kenne sie ja erst seit heute Morgen. Aber sie ist in Ordnung. Ja, ich denke, ich mag sie..."
Als letzte kamen Drusilla und Xander zum Treffpunkt, eng umschlungen.
"Xander!", kreischte Willow.
Als Xander sich mit Drus Arm um seine Taille gegen den Gitterzaun lehnte, sah sie erst, daß sein T-Shirt zerfetzt war und seine linke Schulter in einer dicken Bandage eingepackt war. "Wenn es noch etwas schriller geht, dann platzt mein Kopf!"
"Es tut mir so leid, Xander", rannte sie zu ihm und umarmte ihn, "ich hab Dich mit Drusilla gesehen und da hab ich gedacht... Was ist passiert, wieso hast Du einen Verband?"
"Eine Menschenfrau von Melody hat mich angeschossen. Dru hat mir das Leben gerettet und mich verarztet. Wenn sie mich nicht zur Seite gestoßen hätte, hätte die Kugel mein Herz statt meine Schulter getroffen. Sie hat ihr eigenes Leben... äh... Unleben für mich riskiert." Unbewußt zog er die Vampirin noch etwas näher an sich heran.
Willow gefiel diese Vertrautheit zwischen Xander und Drusilla überhaupt nicht. Abgesehen davon, daß sie ein seelenloser Vampir und er der Vampir-Hasser der Scooby Gang war, würde Spike ihn umbringen, wenn er erfuhr, daß "Welpen" sich an seine Freundin rangemacht hatte. "Das war sehr nett von Drusilla. Ich fahre Dich jetzt besser in ein Krankenhaus!"
"Nein! Ich meine, Drusilla fährt mich ins Krankenhaus. Caitlin hat schon Lee das Auto holen geschickt, damit ich nicht so weit laufen muß. Dru kennt sich hier aus, sie hat mal in San Francisco gewohnt."
"Ich kenne mich hier genug aus!"
Drusillas Gesicht wechselte in ihre Vampirfratze. "ICH werde Xander zum Doktor bringen!", grollte sie.
"Hey, jetzt wartet mal, Caitlin ist auch ein Arzt..."
"...die keinen Operationssaal zur Verfügung hat! Da kommt Lee ja schon, Dru, Xander, Ihr fahrt ins Krankenhaus. Kommt im Anschluß bitte gleich ins Hotel, wenn irgendwas ist, Ihr habt meine Nummer."
Fassungslos starrte Willow ihrem besten Freund und ihrer Todfeinden nach. "CAT! Was hast Du Dir dabei gedacht?! Sie wird ihn aussaugen!"
"Drusilla ist unsere unstabilste Kämpferin. Ihre Abwesenheit wird uns am wenigsten schaden, außerdem vertraue ich ihr dabei. Sie hat unserem Welpen das Leben gerettet und, glaub mir, ich kenne sie, wenn sie sich so anstrengen mußte, um ihn zu retten, dann wird sie ihn nicht einfach töten."
"Nein, sie wird ihn töten und dann umwandeln!"
"Willow, ich bin hier der Boß und ich entscheide! Wenn Du damit ein Problem hast, kannst Du gerne verschwinden!" Caitlins Geduldsfaden war sehr lang, aber in manchen Lebenslagen riß selbst dieser.
"War nicht so gemeint. Es ist nur, Xander ist mein längster Freund und ich habe Angst um ihn."
"Drusilla wird ihn Dir lebendig und in einem Stück zurückgeben, vertrau mir. Im Moment müssen wir uns darauf konzentrieren, Deine beste Freundin aus Melodys Klauen zu holen, möglichst atmend!"
Bleiernes Schweigen herrschte in dem Kombi, während Drusilla die Straßen von San Francisco entlang raste und Xander versuchte, sich die Schmerzen nicht anmerken zu lassen. Jede Erschütterung konnte er in seiner Schulter spüren. "Ah", stöhnte er.
"Wie fühlst Du Dich, Alexander?"
"Ich werde es überleben. Aber diese eine Kugel tut mehr weh, als ich gedacht hatte."
"Hast Du Angst vor mir?"
Xander erstarrte. "Ähm..."
"Du hast Angst."
Er nickte nur leicht. Drusilla hatte die Fähigkeit, in die Herzen von Menschen und Vampiren zu sehen, hatte ihm Caitlin bewundernd erzählt. "Ich blute..."
"Ich werde Dich nicht essen, Alexander."
"Und umwandeln?"
"Ich will nicht von Caitlin gepfählt werden."
"Gute Mieze", tätschelte Xander den Kopf der Vampirin. Auf ihren fragenden Blick erklärte er, "war nur ein Spaß. Ich bin der Sarkastiker der Gang, verstehst Du?"
"Was ist eine Mieze?"
"Es ist ein Kosename für eine Katze. Und ich hab eine zu große Klappe! Äh... noch mal danke, daß Du meinen Kopf gerettet hast. Ich weiß nicht, ob es Dir was bedeutet, aber wenn Buffy Dich das nächste Mal töten will, werde ich versuchen, es ihr auszureden..."
"Das ist sehr aufmerksam, Alexander. Vertraust Du mir jetzt?"
"Ja, ich vertraue Dir, Dru. Aber wenn Du Dich nicht bald ans Tempolimit hältst, dann werde ich schon vor lauter Angst ins Gras beißen!" Die Vampirin machte eine Vollbremsung in den Straßengraben, durch die Xander nach vorne geschleudert wurde. Er verzog vor Schmerzen das Gesicht und kreischte vor Schreck. "DRUSILLA! BIST DU NICHT MEHR GANZ DICHT!", brüllte er dann.
Dru machte einen Schmollmund, wimmerte, "ich wollte doch nur nett sein."
"Genial, Xander!" Er drehte sich zu ihr, legte den gesunden Arm um sie, "es tut mir so leid, Dru, ich wollte Dich nicht anschreien. Kannst Du mir bitte verzeihen?"
Die Vampirin sah ihn mit zwei von blutigen Tränen roten Augen an. "Ja, Alexander", antwortete sie immer noch wimmernd. Sie wußte ganz genau, wie sie Menschen manipulieren konnte.
Xander gab ihr einen Kuß auf die Wange. "Fährst Du mich jetzt bitte ins Krankenhaus?"
"Gerne, Xander. Im Hotel werde ich Dich Miss Edith vorstellen. Möchtest Du mit Miss Edith Tee trinken?"
"Sage Miss Edith, daß es mir eine Freude wäre!" Er hatte keine Lust, sich mit einer Psychopathin zu streiten, welche die einzige Person war, die ihm helfen konnte.
Willow befürchtete, daß sie vor Sorge um Xander umkommen würde. Aber das Gegenteil geschah. Als der Kampf begonnen hatte, war sie schon dankbar, daß er gut aufgehoben war. Zumindest so gut aufgehoben, wie ein Mensch bei einem psychisch kranken Vampir sein konnte.
"Hey, schlaf nicht ein, Rotkäppchen!", trat Helen Willow auf den Fuß.
"Aua! Au! Ah! Du bist unfair, Hel!" Sie drückte ihr einen Pflock in die Hand und kämpfte weiter. Willow schnappte sich den erst besten feindlichen Vampir und pulverisierte ihn. "Das ist Balsam für mein Ego!", freute sie sich. Danach mußten noch zwei Menschen dran glauben.
Caitlin verlor sich ganz in dem Kampf, verbannte alle Geschehnisse um sie herum aus ihrem Kopf. Dieser Kampf war so, wie sie ihn sich wünschte. Grausam und Mann gegen Mann. "Diese kleine Hure weiß gar nicht, was sie mir für eine Freude macht", murmelte sie. Inzwischen hatten sie keine Zeit mehr, jeden getöteten Feind auszusaugen, ließen sie einfach liegen. Sie wirbelte ihren Pflock in einen weiteren Vampir und zog ihn gerade noch rechtzeitig heraus, bevor der Untote zu Staub wurde. "Das ist unfair! Du hast meinen Lieblingspflock verstaubt!", beschimpfte sie die Asche.
"Hör auf, um ein Holzstück zu Trauern und kämpf!", befahl ihr Angel mit einem Grinsen.
"Aye, aye, Sir!" Sie schlenderte zu ihm hin und schlug ihm eiskalt die Beine weg.
"Cat!"
"Gebe mir NIEMALS wieder einen Befehl!" Sie warf einen letzten amüsierten Blick auf den Mann am Boden, dann wandte sie sich wieder dem Kampf zu, als wäre nichts geschehen.
"Diese Frau ist unglaublich!", lachte Helen.
"Oh ja! Und ich würde keine Stunde mit ihr zusammensein können!", stöhnte Willow. "Meiner!" Sie drückte Helen zur Seite und pfählte einen Vampir.
"Hey, das war meiner!"
"Nein, Du hattest den letzten. Abwechselnd, erinnerst Du Dich?"
"Ich bin vielleicht tot, aber ich hab kein Alzheimer!"
"Sind Sie eine Verwandte von Mister Harris, Miss...?", sprach Xanders Arzt Drusilla an.
"Ich bin seine Frau, Misses Drusilla Harris. Darf ich fragen, wie es meinem Mann geht, Doktor?"
"Er hat nicht viel Blut verloren, aber ich möchte ihn über Nacht hier behalten. Zur Beobachtung. Er hat neben der Schußwunde in der linken Schulter auch diverse Prellungen. Darf ich fragen, wie er dazu gekommen ist?"
"Hat er es Ihnen nicht gesagt?", fragte sie gespielt verwundert.
"Nein, Mister Harris möchte nicht darüber sprechen."
"Sie müssen ihn verstehen, Sir, mein Xander ist sehr Stolz und er hat sich bei einer Schlägerei verletzt. Er hat verloren, verstehen Sie? Das hat sein Selbstbewußtsein beschädigt. Tun Sie mir bitte den Gefallen und sprechen Sie ihn nicht drauf an?"
"Es ist eine Schußwunde, das muß ich der Polizei melden."
"Das habe ich schon. Die Polizei will Morgen vorbeikommen und mit Ihnen sprechen."
"Exzellent, Ma'am. Möchten Sie jetzt zu Ihrem Mann?"
"Liebend gerne! Ich mache mir solche Sorgen um ihn!"
Inzwischen kämpfte Caitlin mit einem Schwert in einer Hand und einer Fackel in der anderen. Je näher sie an das Kontrollzentrum kamen, desto selbstmörderischer wurden ihre Gegner. Die Vampirin konnte ihre Verzweifelung spüren. Es spornte sie nur weiter an. Sie metzelte alles nieder, was ihr in den Weg kam. Es gab für sie nichts schöneres als ein richtiges Blutbad. Das erinnerte sie so an die guten alten Zeiten mit Angelus.
Wenige Minuten später hatten sie Melodys Soldaten vernichtend geschlagen und waren im Kontrollzentrum angekommen. Und alle machten lange Gesichter. Es war gerade mal fünf Meter breit und sechs Meter lang, in vier Reihen waren Computerterminals, Telefone und Faxgeräte aneinandergereiht, auf einem großen Monitor flimmerten Nachrichten.
"Das ist... nicht, was ich erwartet habe!", meinte Willow.
"Doch, ich hab mit so was gerechnet. Moderne Vampire organisieren sich über das Internet und benutzen lasergesteuerte Präzisionsgewehre", erklärte Caitlin ihr. "Willow, hack Dich ins Netzwerk und finde eine strategische Karte, Kaufverträge oder so was, was den Aufenthaltsort von Spike und Buffy enthält. Ich will die ganze Festplatte kopieren, weiß aber nicht, ob ein Virus installiert ist, deshalb mußt Du gleichzeitig anfangen. Der Rest durchsucht alles!"
"Du bist ein Hacker?", fragte Willow überrascht, während sie ihre Arbeit machte.
"Kann ganz nützlich sein."
"Wo hast Du das gelernt?"
"Ich hab mal für die Regierung gearbeitet..."
"Du warst beim Geheimdienst?!"
"Na ja, nichts großes, aber ich hab ein paar Dinge dort gelernt. Informatik, Umgang mit Sprengstoffen, Hacken, Operationen wie diese hier zu kommandieren..."
"Cool! Wie bist Du an den Job rangekommen?"
"Mein damaliger Freund war Abteilungsleiter beim CIA", erläuterte sie wie selbstverständlich.
"Und warum habt Ihr Euch getrennt?"
"Das haben wir nicht. Er wurde bei einer Auslandsmission enttarnt und exekutiert."
"Oh, das tut mir leid, ich wollte nicht..."
"Ich erinnere mich gern an ihn."
"War er der dritte?"
"Mm-hm. Er wußte, daß ich ein Vampir war, und es störte ihn nicht. Wie hätte ich es vertuschen können? Ich brauch Blut, meine Verletzungen heilen unnatürlich schnell, ich kann mich nicht lange in der Sonne aufhalten, habe keinen Herzschlag... Jedenfalls hatten wir ein paar gute Jahre. Wie weit bist Du, ich hab ein schlechtes Gefühl dabei?"
"Irgendwie werde ich immer blockiert, ich komm einfach nicht rein!"
"Laß mich mal ran." Caitlin nahm sich die Tastatur und tippte ein paar kryptische Befehle ein, wartete, tippte. Nacheinander erschienen Hinweise auf dem Bildschirm.
Access allowed
Data base is loading
"Voilà!"
"Wie hast Du das gemacht?"
"Erfahrung." Cat zuckte lächelnd mit den Schultern und ging zu ihrem Computer zurück.
Keine halbe Stunde waren sie fertig in der ehemaligen Spedition. Cat holte aus ihrem Rucksack Heroin und wies Helen an, die Beutel in der Lagerhalle zu verstecken. Dann deponierte sie überall in und um das Hauptgebäude Sprengstoff.
"Was wollen Sie damit machen?", fragte Oz.
"Das Haus in die Luft jagen. Ich will es wie die Rache einer verfeindeten Gang aussehen lassen."
"Aber dafür ist das doch viel zu wenig."
"An den richtigen Stellen plaziert, erreicht man auch mit wenig Mitteln ein passables Ergebnis." Sie sah auf ihre Uhr, "nur noch drei Minuten bis zur Explosion, wir sollten uns besser beeilen!"
In der Ferne war gerade die Explosion zu hören, als die Gruppe ihr Tempo verlangsamte. "Kann ich Dich mal was fragen, Cat?"
"Klar. Geht schon mal vor, wir kommen gleich nach!", befahl sie ihren Leuten.
"Danke. Und jetzt erzähl mir jede Einzelheit über Deinen CIA-Freund!"
"14 Jahre zu erzählen könnte etwas lang werden. Wo soll ich anfangen?"
"Wie habt Ihr Euch kennengelernt?" Willow war gespannt, zu hören, wie sich Caitlin in einen menschlichen Mann verliebt hatte. Vielleicht würde sie so Buffy und Angel besser verstehen. Auch wenn sie ahnte, daß Angel und Caitlin, wieder, ein Paar waren.
Mai 1981, ein Strand vor San Francisco
Die letzten Sonnenstrahlen, schon ungefährlich für einen Vampir, tauchten den Horizont in ein rotes Licht. Das Bild, daß sich bot, war unwirklich und wunderschön. Caitlin spazierte in einem weißen Sommerkleid den leeren Strand entlang, sah dabei aufs Meer hinaus.
Sie war vor zwei Wochen mit Danny und seiner Freundin nach San Francisco gezogen. Sie verband mit New York zu viele Erinnerungen an Angel, der sie vor vier Monaten verlassen hatte. Cat wollte nach Europa zurück, aber dann hatte sie hier eine Sicherheitsfirma angeboten bekommen. Da sie eine Veränderung suchte und Danny kaum Deutsch sprach, sie wollte nicht Angelus alte Kumpels in Irland treffen, darum nach Deutschland, wo Freunde lebten, kaufte sie die Firma. Sie war heruntergewirtschaftet, zugegeben, aber das Wohn- und Geschäftshaus war schon renoviert, in ein paar Tagen kam die Ausrüstung und zu dritt würden sie die ersten Aufträge erledigen können.
Sie war so ihn ihren Gedanken versunken, daß sie ihre Umgebung ganz vergaß. Als sie das nächste Mal aufblickte, erhellte der Vollmond die Küste. Dank ihrer Vampir-Sinne fiel ihr das Sehen leicht. Sie sah sich um, in der Hoffnung auf ein frisches Abendbrot. Sie war allein. Hatte sich da nicht etwas auf dem Wasser bewegt? Sie schaute genauer hin. Und sah einen Surfer.
Sie mußte nicht lange warten, bis er an Land kam. Mit ein paar Schritten war sie bei ihm. "Hi!"
"Hi!"
Er sah wirklich süß aus, mußte sie zugeben. Blond, blauäugig, braungebrannt, sportlich, Mensch, genau ihr Typ. Sie warf ihm ein umwerfendes Lächeln zu, "so spät noch am Surfen?"
"Man sollte den Tag nutzen."
Und auch noch diese Stimme. "Gutes Argument!"
"Hast Du Lust auf einen Drink?"
Lieferung frei Haus! Das hörte sich immer besser an. "Ich geh schnell nach Hause und zieh mir was anderes an, wir treffen uns in einer halben Stunde?"
"Okay. Am Pier ist so ne Disco, ich weiß den Namen nicht mehr..."
"Ich bin da!" Sie winkte ihm kurz nach und ging die fünf Minuten zu ihrem Haus.
"Ja und?"
"Was und?", ließ Cat sie zappeln.
"Bist Du in die Disco? Hast Du ihn gegessen?"
"Ich bin hin, aber er hat mich versetzt. Der Türsteher hat mir einen Zettel von ihm gegeben, daß er weg mußte und seine Telefonnummer. Ich hab ihn ins Meer geworfen."
"Und das ist alles? Du hast ihn nie wiedergesehen?"
Caitlin lachte leise. "Doch, und ob ich ihn wiedergesehen habe!"
Sommer 1982, San Francisco, vor dem Gebäude von McKee Security Inc.
Die Geschäfte liefen gut. Sehr gut. Sie waren inzwischen zwölf Bodyguards und mußten trotzdem noch Aufträge ablehnen. Caitlin, beste Kämpferin des Teams und überzeugter Single, ging scheinbar zur Mülltonne. Sie hatte seit Tagen das Gefühl, daß sie beobachtet wurden. Und tatsächlich, sie konnte ihren Stalker riechen. Ein Mensch, männlich, starker Adrenalinausstoß, Schweiß, er fürchtete vermutlich seine Entdeckung. Sie ließ sich nichts anmerken, schlich dann auf Zehenspitzen aus der Hofeinfahrt.
Ein Griff und sie zog den Mann an der Gurgel in den Hinterhof. Mit einer Hand hob sie ihn hoch und schlug ihn dann zusammen. Er rappelte sich auf, zog seine Waffe, die Cat ihm aus der Hand trat. Sie zückte ihre eigene. "Mit dem Gesicht zur Wand, Hände über den Kopf, Beine auseinander!", rief sie.
"Das werden sie bereuen, Miss."
"Nicht so sehr, wie Sie!" Cat ersetzte die Waffe in ihren Händen durch Handschellen, fesselte ihn. Dann schlug sie seinen Kopf gegen die Wand. "Ihr Name und der Ihres Auftraggebers! Sofort, oder ich mache Hackfleisch aus Ihnen!" Zum Beweis hielt sie sein Kinn in einer Hand, so, daß sie sein Genick mit einem Griff brechen konnte, mit der anderen durchsuchte sie ihn. "Danny, wir haben Besuch!"
"Tun Sie das nicht, ich warne Sie, McKee! Sie werden es bereuen!" Er wehrte sich, konnte sich sogar umdrehen, als Caitlin abgelenkt war. Ein Tritt in die Weichteile und er krümmte sich vor Schmerzen.
"Erstens: SIE sind nicht in der Position, MIR zu drohen! Zweitens: Ich hasse Drohungen!" Ein Tritt aufs Schienbein. "Drittens: Ich hasse Bluffs!" Sein Kopf machte Bekanntschaft mit dem Betonboden.
"Verdammt, Miss McKee! Ich werde Ihnen nichts sagen, egal, was Sie mit mir machen!"
"Das brauchen Sie auch gar nicht. Ich habe gerade Ihren CIA-Ausweis gefunden! Joshua Foster! Freut mich Sie kennenzulernen, Mister Foster! Kommen wir zur nächsten Frage: Wofür sind Sie hier?"
"Hi, Cat! Was gibt's? Uh, ich sehe, Du hast Dir schon einen Appetitanreger geholt! Darf ich ihn jetzt übernehmen?"
"Aber denk dran: Er ist ein VIP-Gast! Wir haben nicht alle Tage die CIA zu Gast!"
Sie gingen ins Büro, mit dem gefesselten und halb bewußtlosen CIA-Agent, brachten ihn in den Verhörraum. "Ich übernehme das hier", bot Caitlin großzügig an.
"Okay, ich bestell uns schon mal Pizza."
"Danke, Danny!" Sie umkreiste den, auf einem Stuhl sitzenden, Mann neugierig. "Kennen wir uns nicht? Ich habe das Gefühl, als hätte ich Sie schon einmal gesehen."
"Letztes Jahr am Strand, ich hab sie versetzt", lachte der Mann humorlos.
"Natürlich! Sie sind der Sunnyboy! Meinen Sie nicht auch, daß Sie mir eine Erklärung schulden?"
"Ich hatte einen Einsatz." Zwischendurch spuckte er Blut auf den Boden. "Hat Ihnen der Türsteher nicht meine Nachricht gegeben?"
"Hat er."
"Und?"
"Ich hab sie ins Meer geworfen. Ich bin nicht auf Männer angewiesen, die mich gleich beim ersten Date wie ein Stück Dreck behandeln!"
"Offensichtlich nicht. Sorry, ich war zwei Monate jeden Abend am Strand, weil ich gehofft hatte, daß sie wiederkommen."
Caitlin konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. "Und ich war zwei Monate NICHT am Strand, weil Sie sonst einen Notarzt gebraucht hätten!"
Foster lächelte, obwohl es ihm Schmerzen bereitete. Er war noch nie so von einer Frau fasziniert gewesen wie von McKee. Sie hatte eine gefährliche, aber auch mysteriöse Ausstrahlung. Er spürte, daß sie etwas dunkles umgab und er wollte unbedingt herausfinden, was. Selbst, wenn er dafür noch eine Portion Prügel einstecken mußte.
Die Vampirin besann sich auf das Verhör. "Also, Mister Foster, was haben Sie hier gesucht?" Sie schien gar nicht in Erwägung zu ziehen, daß er es ihr verschweigen würde.
"Wenn ich Ihnen das sage, muß ich Sie töten..."
"Ich glaube, daß ich gerade erst bewiesen habe, wie gut ich auf mich selbst aufpassen kann. Oder wollen Sie etwa kastriert werden?", fragte sie unschuldig.
"Das würden Sie wirklich machen?"
"JA!"
"Okay, ich sag's Ihnen! Unter einer Bedingung!"
"Welche?", stöhnte Cat.
"Sie gehen heute Abend mit mir aus!"
"Akzeptiert, und jetzt fangen Sie an, bevor ich Sie doch noch erschieße!"
Foster warf ihr ein Lächeln zu, bevor er begann. "Ihr neuester Klient hat unzählige Verbrechen begangen. Von Waffenhandel über Mord bis Erpressung von Politikern. Wir haben aber nicht genug Beweise, um ihn festzunehmen. Mein Team und ich haben den Befehl bekommen, diese Beweise zu finden. Als wir erfuhren, daß er von Ihren beschützt wird, habe ich sie beschattet. Ich hoffte, daß sie uns zu seinem Versteck führen, wo wir dann Wanzen installieren könnten. Das war alles!"
"Und was macht Sie so sicher, daß ich es meinem Klienten nicht erzähle?"
"Ich bin mir nicht sicher. Aber haben Sie mir eine andere Wahl gelassen?"
"Punkt für Sie! Was soll ich jetzt, Ihrer Meinung nach, tun?"
"Uns helfen?"
"Ich bin meinem Klienten gegenüber verantwortlich."
"Wieviel bedeutet Ihnen Gerechtigkeit, Miss McKee?"
"Gewonnen! Wir helfen Ihnen. Aber nach unseren Regeln: Wir erhalten alle Informationen, über die Sie verfügen und werden über jeden Fortschritt informiert, ich werde für Sie nicht das Leben meiner Leute riskieren. Des weiteren bezahlen Sie uns nach unserem Satz. UND ich will das von Ihrem Boss schriftlich bekommen!"
"Angenommen. Aber das mit meinem Boss ist nicht notwendig. Ich leite diese Ermittlung und kann Ihnen die Zusagen verbindlich geben."
"Dann arbeiten wir jetzt zusammen! Ach übrigens, Danny hat mir eben ein Zeichen durch die Tür gegeben, daß Ihre Identität überprüft wurde. Ich schlage vor, Sie gehen jetzt in ein Krankenhaus."
"Und der ist tatsächlich mit Dir ausgegangen?"
Caitlin nickte grinsend. "Er riskierte mindestens einmal pro Woche sein Leben, um in einem wahnwitzigen Manöver irgendeinen Schwerverbrecher zu finden. Da machte ihm ein bißchen mehr Gefahr nichts aus."
"Hast Du ihm gesagt, daß Du ein Vampir bist, bevor oder danach Du CIA-Agent wurdest?"
"Bevor. Nach... es müssen fünf Monate gewesen sein, als er durch Zufall merkte, daß ich keinen Herzschlag habe. Da mußte ich es ihm sagen."
"Wie hat er reagiert?"
"Zuerst hat er gelacht, dann war er sprachlos und danach neugierig. Aber er hatte nie Angst, daß ich ihn essen würde. Das habe ich ihm immer hoch angerechnet."
"Ich hätte einen Herzinfarkt bekommen!"
"Ach, er war ein Mystery-Fan. Da hat es ihm nicht so viel ausgemacht."
"Da hattest Du echt Glück, es sind nicht viele so cool."
Cats Handy klingelte. "Tschuldigung. Guten Abend, Caitlin", meldete sie sich auf dem privaten Handy. "Wie geht es Xander? ... Gut, oh das freut mich! Willow, Xander geht es gut, Drusilla ist bei ihm im Krankenhaus ... Ach ja, wieso? ... Okay, verstehe ich. Welche Diagnose hat der Arzt genau gestellt? ... Er ist in den besten Händen, ich kenne das Krankenhaus ... Nein, Dru, mach Dir keine Sorgen um ihn, er ist in den besten Händen. Nein, komm besser zum Hotel zurück, wir müssen was besprechen ... Okay, wir sehen uns dann."
"Was ist mit Xander?"
"Drusilla, er wurde in der Notaufnahme operiert und reißt schon wieder Witze, aber er soll über Nacht im Krankenhaus bleiben. Nur zur Beobachtung. Es geht ihm gut, Willow, er ist der Klinik, für die ich seit letztens arbeite. Dort sind die besten Ärzte von der ganzen Westküste versammelt."
"Kannst Du hierbleiben? Dann muß er nicht alleine nach Hause."
"Wir werden die Nacht noch nicht zurückfahren. Es ist jetzt schon Mitternacht, wir müssen erst zum Hotel, da muß ich Euch behandeln, das Flugzeug kann Nachts nicht starten, also müßten wir mit dem Auto zurück, das schaffen wir nicht bis Sonnenaufgang."
"Und wegen der Schule?"
"Ihr ruft Eure Eltern an und sagt ihnen, daß ihr bei Freunden schlaft. Ich habe eine Freundin in der Klinik, die Euch in die Akten einträgt und rufe Euren Schuldirektor an. Den verpaßten Lehrstoff bringe ich Euch bei. Sag mal, hast Du Dir nicht so schlimm den Magen verdorben?", griente Caitlin.
"Es ist schrecklich! Ich krümme mich vor Schmerzen!"
Teil 4
Mit Caitlin, Danny und Oz holte Willow am nächsten Morgen Xander in der Klinik ab. Dank ihren guten Kontakten zum Chefarzt wurde er schon um sieben Uhr entlassen, rechtzeitig vor Sonnenaufgang. "Hi Xander!"
"Hi Willow!"
"Wie fühlst Du Dich?"
"Als wäre ein Bagger über mich gefahren. Und damit meine ich nicht so einen kleinen Bagger, sondern einen richtig großen..."
"Verstehe. Kannst Du laufen oder soll ich die Schwester einen Rollstuhl bringen lassen?"
"Ich kann schon raus?"
"Ja. Caitlin kennt den Boß. Du mußt nur die Entlassungspapiere unterschreiben. Ach ja, ich hab Dir was zum Anziehen mitgebracht. Vampir-Stil macht Dir hoffentlich nichts aus." Sie öffnete eine Tasche und holte Kleidung raus, half ihn beim Umziehen.
"Alles ist besser als das Krankenhauszeug! Wie geht es den anderen?"
Willow wunderte sich darüber, daß er so ernst war. "Mehr oder weniger gut. Ich hab mir ne Rippe angeknackst, Oz hat einen Pflock in die Schulter bekommen, Dannys Arm und eine Rippe sind gebrochen, jeder von uns hat massenhaft Prellungen, Verstauchungen, et cetera, den Vampiren geht es auch nicht viel besser... Aber wenigstens haben wir es alle überlebt!"
"Wie geht es... Drusilla?"
"Hä?"
"Sie hat mir das Leben gerettet..."
"Soweit ich weiß, hat sie eine Gewehrsalve abbekommen, aber in zwei bis drei Tagen ist sie wieder ganz die alte."
"Ich hätte Euch helfen müssen!"
"Nein, Xander, Du hättest uns nicht helfen können, Du bist verletzt."
"Die anderen wurden auch angeschossen!"
"Ja, aber Vampiren macht das nicht soviel aus wie Menschen!"
"Weißt Du, was aus meinen Klamotten geworden ist?"
"Die Schwester sagte, daß sie nur noch blutige Fetzen waren und im Müll gelandet sind."
Er zog sich seine Jacke an und ließ sich vom Bett gleiten, "kein Problem. Können wir gehen?"
"Ja, klar!"
Der Chefarzt verabschiedete sich gerade von der Gruppe auf dem Flur, als Willow und Xander aus dem Zimmer kamen. "Hi!"
"Hi!"
"Hallo."
"Guten Morgen."
"Wo kann ich die Entlassungspapiere unterschreiben?"
"Hier sind sie", hielt Cat ihm einen Bogen vor die Nase.
"Danke." Xander unterschrieb und gab ihr den Zettel zurück.
"Ebenfalls danke. Wir müssen das nur abgeben, dann sind wir fertig. Wie geht es Dir, Xander?"
"Den Umständen entsprechend..."
"Wenn Du auch damit einverstanden bist, werden wir kommende Nacht zurückfliegen."
"Jepp! Wieder in dem coolen Jet?"
"Zu 99 Prozent."
"Dürfen wir Fotos darin machen? Cordelia wird ausflippen, wenn sie sieht, was sie verpaßt hat!"
"Sicher. Habt Ihr Lust, Euch heute die Stadt anzusehen?"
"Warum nicht?" Oz sah hoffnungsvoll zu seinen Freunden. Beide nickten.
"Du kommst mit zu Michael, nicht, Danny?"
"Natürlich. Wir setzen Euch irgendwo in der Innenstadt ab, von da kommt Ihr überall hin."
"Wer ist Michael?"
"Jemand", erwiderte Danny gereizt. Xander wollte gerade zu einem Protest ansetzen, als ihn Danny mit einem warnenden Blick zum Schweigen brachte. "Welpe, merk Dir eins: Vampirangelegenheiten sind Vampirangelegenheiten und gehen Euch Menschen einen Scheißdreck an!"
Die drei Teenager sahen ihn mit offenen Mündern an, dann Caitlin. Auch ihr Gesicht war zu einer eiskalten Maske geworden. "Hört auf Danny!"
Mit ihrem Mercedes fuhren Caitlin und Danny durch das dämmrige San Francisco in einen Slum. Sie hatte sich unter einer Decke auf dem Rücksitz verkrochen, er fuhr. Durch verdreckte Straßen, vorbei an Drogensüchtigen und Betrunkenen, bis er vor einem fensterlosen Lagerhaus, daß, nach dem Verfall zu urteilen, seit Jahrzehnten nicht mehr bewohnt sein konnte, eine Vollbremsung hinlegte und den Motor abschaltete. "Wir sind da, Cat! Noch kein Sonnenstrahl zu sehen, Du kannst aussteigen!" Aus dem Handschuhfach holte er eine Bombe mit blinkendem Zünder, verband sie mit dem Lenkrad.
"Das ist mein Glückstag!"
Beide stiegen sie mit gezückten Pistolen aus dem Wagen, gingen zum Kofferraum, legten die sündhaft teuren Kaschmir-Mäntel hinein. Darunter trugen sie Lederkleidung, Kampfkleidung, und ein beachtliches Waffenarsenal. Dann klappten sie den Kofferraum zu, verschlossen den Wagen aber nicht. Mit einem Lächeln auf den Lippen schritten sie zu dem Lagerhaus.
"Wir sollten uns diese Wegfahrsperre patentieren lassen!"
"Faszinierend, wie vielseitig verwendbar Plastiksprengstoff ist..."
"Mm-hm..."
Sie gingen zum Eingang, klopften. Dann preßten sie sich mit Pistolen im Anschlag gegen die Wand. Man konnte ja nie wissen...
"Wer ist da?", fragte eine männliche Stimme.
"Caitlin und Danny McKee, wir werden von Michael erwartet."
Nach ein paar Sekunden öffnete sich die Tür maschinell, sie gingen langsam hinein. Der Raum, in den sie kamen, war vollkommen dunkel. Plötzlich wurde das Licht angeschaltet. Sie waren in einem leeren, weißen Gang, in dem nur zwei Videokameras, ein Lautsprecher, Mikrofon und eine Neonleuchte hangen. Es gab keine zweite Tür, kein Fenster, nichts.
"Wie lauten unsere Befehle?" Keine Antwort, aber die Wand am Ende des Ganges fuhr nach oben, enthüllte eine weitere weiße Wand. Die Vampirin und der Mensch gingen darauf zu.
Als sie die erste Wand passiert hatten, fuhr sie wieder nach unten und ein Teil der zweiten Wand fuhr zur Seite, gab den Weg in eine kleine Liftkabine frei. Sie gingen hinein und die Tür/Mauer schloß sich. Der Aufzug war edel, Mahagoniwände, Kristalleuchter, Perserteppich, aber keine Knöpfe.
"Wow, die haben einiges getan, seid ich das letzte Mal hier war!", staunte Danny.
"Image ist alles!", lächelte Caitlin.
"Wo fahren wir hin?"
"Ich denke, zu Michael."
Nach einer ziemlich langen Fahrt hielt der Fahrstuhl wieder und die Türen öffneten sich. Danny verschlug schon der erste Blick, den er erhaschen konnte, die Sprache. Sie hatten SEHR viel seit seinem letzten Besuch geändert. Von einem langen Flur, im gleichen Design wie der Aufzug, gingen rechts und links Türen ab, er konnte nur erahnen, was sich hinter ihnen befand. "WOW!"
Ein Mann mit dem Aussehen von Ende 30, in vornehmem Anzug, führte sie durch den Flur. "Guten Morgen, Caitlin, Danny! Na, wie findet Ihr unser neues Innendesign?"
"Es ist atemberaubend! Richtig Ehrfurcht einflößend!"
"Das werte ich mal als Kompliment. Hier ist schon mein Büro." Michael ließ sie in das "Büro", die gleiche Innenarchitektur, ein riesiger Raum. "Nehmt bitte Platz."
"Danke." Cat und Danny setzten sich in eine Couchecke.
"Darf ich Euch etwas zu Trinken anbieten?"
"Wenn ich mich recht erinnere, hattest Du immer einen köstlichen irischen Whiskey..."
"Pur wie immer?"
"Klar", lächelte Caitlin.
"Und Du, Danny?"
"Bitte einen Cognac. Aber einen kleinen, ich muß noch Auto fahren."
"Wie Du wünschst." Er teilte Whiskey und Cognac aus, genehmigte sich ein Glas Rum. "Wenn Ihr möchtet, könnt Ihr nach unserem Gespräch gerne noch die Trainingseinrichtungen nutzen. Wir haben nicht nur die Inneneinrichtung modernisiert..."
"Das Angebot nehmen wir gerne an."
"Nun?"
"Hm? Ah, Du möchtest wissen, wie es gelaufen ist. Hervorragend! Mit der Hilfe einiger örtlicher Vampire und des Teams der Jägerin konnten wir den gesamten Festplatteninhalt Dir überspielen und das Gebäude unnutzbar machen. Alle Feinde wurden eliminiert."
"Das sind großartige Nachrichten, Caitlin! Du weißt, daß unsere Chancen auf Erfolg bei der Vernichtung von Melody erheblich steigen würden, wenn uns die Jägerin zur Verfügung stände. Wie kommst Du bei ihrer Beifreiung voran?"
"Wir wissen, wo sie festgehalten wird. Aber meine Kämpfer müssen sich vor der Stürmung mindestens 72 Stunden regenerieren."
"Ja, ich habe Deinen Bericht über die physischen Schäden gelesen. Wir haben nicht genug Zeit, um auf die vollständige Genesung der Menschen zu warten."
"Ähm... sie werden auch vor ihrer vollständigen Genesung kämpfen. Sie sind die FREUNDE der Jägerin", erinnerte Danny.
"Ich möchte Montag um diese Zeit von Dir wissen, ob sie innerhalb der nächsten 24 Stunden stürmen können. Wenn nicht, schicke ich Dir ein Sonderkommando."
"Danke, Sir."
Jemand klopfte an. "Kommen Sie herein!"
Ein Mädchen kam mit einem Aktenordner hinein. "Sir, die Computerabteilung läßt Ihnen das bringen."
"Danke, Sie dürfen gehen."
"Ja, Sir."
Michael überflog schnell die Papiere. "Ein grober Bericht über die Computerdaten! Du hast uns viele wertvolle Informationen beschafft! Möchtest Du ihn lesen?"
"Gern, danke."
Kurz vor Sonnenuntergang kamen Willow, Xander und Oz fröhlich ins Hotel zurück. Sie hatten den ganzen Tag San Francisco erkundet und schon beschlossen, in den nächsten Ferien wieder herzukommen. "Kommt Ihr noch mit zu mir?", fragte Willow hoffnungsvoll. Sie hatte wirklich keine Lust, alleine mit Drusilla zu sein. Die zwei anderen Teenager nickten.
"Jemand Zuhause?" Sie klopfte vorsichtshalber an.
"Willow! Komm rein, aber paß auf die Sonne auf!"
"Dürfen Oz und Xander..."
"Claro!"
"Hi Hel!", sie umarmte ihre neue Freundin kurz.
"Hi Willow! Wie ist die Stadt? Erzähl schon! Wollt Ihr ne Blut-Cola?"
"Äh... lieber nicht."
"Also?"
"San Francisco ist cool! Ich LIEBE diese Stadt!"
"Super! Geht Ihr heute Abend in die Disko?"
"Wir haben extra gesorgt, daß wir vor Sonnenuntergang zurück sind. Falls uns Vampire als Abendessen aussuchen..."
"Bitte! Lee und Mark kommen auch mit, wir könnten doch zusammen gehen."
"Was ist mit Sam und Carl? Ich will denen nicht unbedingt begegnen."
"Wollen in die Gothic-Bar. Wir haben so an ne ganz normale Disko gedacht, wo Menschen Freitags Abends tanzen, was trinken und so weiter, Ihr versteht?"
"Hört sich doch gut an!"
"Ja, komm mit, Willow!"
"Okay!"
"Was ist mit Dru? Sie kommt doch auch, oder?"
"Wollte eigentlich ein paar Gothics vernaschen, aber wenn sie hört, daß Du hingehst... Die ist verknallt in Dich, Xander!"
Xander sah sich hilfesuchend um, "äh..."
"Hat sich Cat schon gemeldet?"
"Nö. Jetzt will ich aber in jeder Einzelheit wissen, was Ihr heute gemacht habt!"
Samstag hatten die drei Teenager Giles eine Menge zu erklären. Trotzdem bereuten sie ihren Ausflug nach San Francisco nicht. Während die Vampire den Angriff planten, stellte die Scooby Gang Nachforschungen über ihre Generäle an. Sonntag Abend trafen sich in der Schulbibliothek Giles, Willow, Xander, Oz, Angel, Caitlin, Danny, Drusilla, Mark, Helen, Carl, Sam und Lee zu einer großen Einsatzbesprechung. Sie wußten, daß sie spätestens Dienstag Morgen handeln mußten.
"Also, um das noch ein letztes Mal klarzumachen: Wir haben KEINE Woche Zeit! Ich muß Morgen früh der Union versichern, daß wir innerhalb 24 Stunden die Sache beenden, sonst sind wir raus aus dem Rennen! Und ich kann Euch nur sagen, wo die Sondereinsatzkommandos der Union hintreten, da wächst die nächsten Jahrzehnte kein Gras mehr!"
"Ich wußte nicht, daß die Union auch Soldaten hat."
"Eine Art Prätorianergarde, die uns Magier befreit, wenn wir von Feinden gefangengenommen wurden, damit wir unsere Geheimnisse verraten. In diesem Fall ist die ganze Union bedroht. Das bedeutet, die Geiseln sind nur zweitrangig und werden eliminiert, um die Aktion nicht zu gefährden!"
"Aber wieso lassen wir nicht die Profis die Arbeit machen?"
"Cordelia! Das hat Caitlin gerade erklärt! Weil die "Profis" Buffy erschießen werden!"
"Wer es jetzt immer noch nicht verstanden hat, da ist die Tür!", maulte Helen.
"Wir machen jetzt weiter! Also chronologisch: Die Zenturien eins und zwei postieren sich auf dem Hauptfriedhof..."
"Was ist ne Zenturie?"
Zur Antwort würgte der Vampir Lee Cordelia.
"...Hauptfriedhof, warten auf ihr Signal. Eins kommandiert Samantha, zwei Mark. Scooby Gang, Danny, Helen, Lee, Dru und ich werden mit zehn Frischlingen das Lager angreifen, in dem Spike und Buffy festgehalten werden. Das wird nicht allzu schwer sein, da schon viele Kämpfer zum Friedhof sein werden, um Melody und die anderen Anführer zu beschützen. Wir kämpfen uns den Weg frei, holen sie raus und jagen das Ding hoch.
Jetzt kommt alles aufs Timing an. Wenn Melody die Nachricht erreicht, daß ihre Geiseln weg sind, wird sie unseren Plan kennen und den Kampf starten. Mit Spike und Buffy müssen wir so schnell es nur irgendwie geht zum Friedhof, um dort die Zenturien zu verstärken. Sie sind nur Kanonenfutter, die Melody beschäftigt halten, bis wir da sind.
Ab dann wird es wieder einfach. Wir pulverisieren und schlachten sie ab, gehen nach Hause, das war's! Hat irgend jemand INTELLIGENTE Fragen?"
"Wäre es nicht besser, wenn wir ein paar Leute auf dem Friedhof lassen?"
"Normalerweise schon, aber wir dürfen auf keinen Fall scheitern. Das wäre unser aller Tod. Deshalb gehen wir lieber auf Nummer sicher, Mister Giles."
"Was geschieht mit Melodys anderen Soldaten? Ich meine die, die nicht hier in Sunnydale stationiert sind. Wird sich die Union um die kümmern?"
"Ja, anhand unserer Daten können sie den ganzen Sumpf ausheben."
"Super! Ich möchte mit denen nämlich nichts mehr zu tun haben!"
"Denkst Du ich, Willow?"
"Nein, Hel. Aber Du hast Spaß am Kämpfen."
"Stimmt!"
"Dru, gehst Du heute mit mir ins Bronze?", flüsterte Xander der Vampirin zu.
"Ich freue mich darauf. Holst Du mich ab?"
"Klar!"
"Können wir BITTE noch mal aufs Thema zurückkommen?! Es gibt im Moment wichtigere Dinge als das Bronze! Also reißt Euch mal zusammen! Sam und Mark teilen sich die örtlichen Vampire auf, wie sie wollen. Der Rest untersteht direkt meinem Kommando. Die Anwesenden werden sich Morgen um 16 Uhr hier einfinden und aufteilen. Wegtreten."
"Kommst Du noch mit zu mir? Wir wollen später in Willys Bar."
"Klar! Oz?"
"Nee, danke. Ich hab gleich Probe mit der Band!"
"Schade", kicherte Willow und verschwand mit der Vampirin Helen in der Dunkelheit.
"Ciao!", verschwand auch Xander mit Drusilla.
Giles sah von seinen Büchern auf und beobachtete, wie auch Samantha und Carl zu ihrer Gruft, dann Angel und Danny, der Rest einzeln, verschwand. Nach Sekunden war er alleine mit Caitlin McKee, die noch ein Gespräch am Handy führte. "Teenager!", seufzte er.
"...Nein! Nein, Professor! Das ist keine Marketing-Strategie! Überlassen Sie mir die Presseerklärungen! Ich weiß, daß die Journalisten ein Statement verlangen, das ist normal, aber Sie dürfen jetzt nicht die Nerven verlieren. Kompromiß: Ich schicke Ihnen in ein paar Minuten eine grobe Presseerklärung, die können Sie spätestens in 15 Minuten verlesen. Einverstanden? ... Gut, ja, ich setze mich gleich dran. ... Nein, Professor, ich kann wirklich nicht zu Ihnen kommen! ... Guten Abend, Professor Schmidt!" Sie klappte das Handy mit einem Stöhnen zu und packte den Laptop aus.
"Ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn ich kurz eine e-Mail schreibe. Mein Kunde in Deutschland hat einen Star eingeliefert bekommen und jetzt braucht er schnell eine Erklärung für die Boulevardpresse. Es dauert auch nur fünf Minuten, Mister Giles!"
"Lassen Sie sich ruhig Zeit, Doktor."
"Danke!" Sie tippte mit geschulten Fingern ein paar Sätze in den Laptop, schickte dann die e-Mail ab.
"So, ich hoffe, daß er jetzt zufrieden ist!"
"Sie haben auch Kunden in Europa, Doktor McKee?"
"Ja, ziemlich viele sogar."
"Was genau ist Ihr Beruf?"
"Och, ich mache mehrere Sachen", wich sie der Frage, wie immer, aus. "Ich habe sowohl selbständig als auch in Kliniken als Allgemeinärztin praktiziert, hab ne Ausbildung beim CIA gemacht, war mal Killer, arbeite auch als Hacker und PR-Berater, hatte schon ne Sicherheitsfirma und mehrere Kampfsportschulen, unterrichte... Was man halt so macht, wenn man über vier Jahrhunderte alt ist."
"Interessant. In den Wächter-Tagebüchern konnte ich nur wenige Informationen über Vampire finden, die einer geregelten Arbeit nachgehen..."
"Sie können genausogut direkte Fragen stellen, anstatt um den heißen Brei herumzureden, Giles! Ja, es ist ungewöhnlich, daß Vampire menschlichen Arbeiten nachgehen. Aber vertrauen Sie mir, es gibt mehr als Sie denken! Ich kenne mindestens ein Dutzend. Lesen Sie mal die Tagebücher über einen Vampir namens Colin. Er hat vom 9. bis zum 18. Jahrhundert gelebt, war ein irischer Adliger und so eine Art Ritter, bevor er umgewandelt wurde. Sein Sire war ein großer und mächtiger Meister."
"Ich werde nachsehen, ob noch welche existieren." Die Wahrheit war, er hatte bereits anhand von Willows Informationen recherchiert, aber er wußte zu wenig über Colin, um ihn in den uralten, oftmals verschlüsselten, Aufzeichnungen zu finden.
"Machen Sie das. Und wenn Sie einen Übersetzer brauchen, Angelus und ich stehen Ihnen gerne zur Verfügung."
"Danke, das ist sehr großzügig. Haben Sie noch etwas Zeit?"
"Wenn ich welche hätte?"
"Ich habe seit Monaten einen Text herumliegen, der in einem Gälisch verfaßt ist, daß Angel nicht versteht. Würden Sie ihn sich bitte einmal ansehen? Er ist vermutlich aus dem 11. Jahrhundert."
"11. Jahrhundert, huh? Da hat es noch nicht mal meine Sippe gebeben, aber ich wird's versuchen. Wo ist das gute Stück?" Sie setzte sich an den Bibliothekstisch und wartete darauf, daß Giles zurückkehrte.
Es dauerte eine Viertelstunde, bis er das Buch wiedergefunden hatte. Mit einem entschuldigenden Lächeln legte er den verstaubten Wälzer vor Caitlin auf den Tisch. "Bitte."
"Das ganze Buch?"
"Am meisten interessiert mich diese Seite", er klappte eine auf, "Angel vermutet, daß es ein Bericht über den Höllenschlund sei."
"Wie gesagt, ich kann Ihnen nicht garantieren, daß ich das lesen kann."
"Trotzdem danke." Giles verschwand wieder irgendwo in der Bibliothek, um die Wächter-Tagebücher nach Colin zu durchsuchen.
Caitlin genoß die Stille, in der sie arbeiten konnte. Auf den ersten Blick machten die verschnörkelten Zeichen nicht mehr Sinn als ein Bild aus Farbklecksen. Sie wußte, daß früher solche Texte oft verschlüsselt waren, drehte das Buch in alle Richtungen, um einen Satz zu finden. Erfolglos. Danach versuchte sie sich die Zeichen anders vorzustellen, welche wegzulassen.
"Mist! Okay, überlegen wir mal. Irgendwie kommt mir das bekannt vor, als hätte ich es schon einmal gesehen. Aber wo und wann?"
1599, Irland, Gutshof von Colin und Caitlin
Caitlin stand in ihrem Ankleidezimmer und suchte mit ihrer besten Kammerzofe ein Ballkleid aus, ließ sich dabei von einem Dienstmädchen mit Wein bedienen. "Danke, Mary. Hol mir meine grüne Robe her, Bridget", befahl sie.
"Ja, Mylady." Die Dienerin holte ein prunkvolles Ballkleid heraus. Es war dunkelgrün, mit Perlen, Rüschen und kostbarer Spitze besetzt, ganz aus Samt.
"Das ist gut. Lege sie mir für den heutigen Abend bereit, mit den passenden Schuhen und meinem besten Geschmeide! Ich möchte nicht zu spät zu dem Ball kommen!" Die Zofe machte eine Verbeugung, als Caitlin den Raum verließ, um in die Bibliothek zu gehen.
An diesem Abend würden Colin und sie einen rauschenden Ball für einen Hüter der Union geben, der ein alter Freund von ihrem Mann war. Dafür verbrachte sie seit drei Monaten, seit sie von dem Besuch wußten, jede freie Minute in der Bibliothek, um über Magie zu lesen. Sie war eine gute Hexe, aber an diesem Abend mußte sie umwerfend sein.
In der Hausbibliothek ging sie zielstrebig an den "normalen" Werken vorbei, zur hinteren Wand, in der Hunderte Magie-Bücher standen. Der Großteil der Dienerschaft wußte, daß ihre Dienstherren Magier waren, aber sie wurden so gut behandelt, daß sie gar kein Interesse daran hatten, sie zu verlieren.
Sie setzte sich mit mehreren Büchern auf ein orientalisches Diwan, schmökerte auf der Suche nach einem Thema für den Abend. Die ersten zwei kannte sie fast auswendig, aber das dritte Buch weckte ihr Interesse. Der Umschlag war leer. Als sie es öffnete, fand sie seltsame Zeichen, die sie erst für uraltes Gälisch hielt, aber sie waren unverständlich. Sie versuchte alle Tricks, die sie kannte, aber die Zeilen ergaben nach wie vor keinen Sinn. Nur die Überschriften alle paar Seiten waren lesbar.
Plötzlich spürte sie kalten Atem in ihrem Nacken und wie sich zwei starke Arme um sie legten. Caitlin drehte sich lächelnd zu ihm um. "Colin, Du bist ja schon zurück!"
Wie immer war er perfekt in einem Samthemd mit Spitzen und Rüschen, weißer Hose und schwarzen Lederschuhen gekleidet, ein Schwert baumelte an seiner Hüfte, die kurzen blonden Haare fielen ihm ins Gesicht, gelbe Augen funkelten sie schelmisch an. "Ja, mein Liebling?", flüsterte er.
Sie lehnte sich verliebt an ihn und erklärte, "Ich habe Dich vermißt."
"Ich habe Dich auch vermißt. Ich habe einen dänischen Großhändler überzeugen können, unsere Waren zu kaufen."
"Das ist großartig!" "
"Hast Du alles für den Ball vorbereiten lassen?"
"Das müßt Ihr schon selbst erraten, mein Herr und Gebieter", neckte sie ihn. Cat gab ihm einen Kuß und zeigte ihm das Buch. "Colin, weißt Du, was das für merkwürdige Zeichen sind? Sind es Runen?"
"Nein, das Buch... diese "Zeichen" sind eine Geheimschrift der Union. Ich habe dieses Buch von Michael, es wurde vor 800 Jahren verfaßt. Der Code ändert sich nur alle 200 Jahre, deshalb kann ich es noch lesen."
"800 Jahre? Unglaublich! Darf ich fragen, was in ihm drinsteht? Es ist nur eine Frage, ich bin nicht wütend auf Dich, wenn Du es mir nicht sagst."
"Ich liebe Dich und ich vertraue Dir, Caitlin, das weißt Du doch! Hier das zum Beispiel ist ein Zauber um in eine Parallelwelt zu reisen...", begann er.
"Oh mein Gott!", stöhnte Caitlin.
Giles ahnte, daß dieser Gesichtsausdruck kein gutes Zeichen sein konnte. "Stimmt etwas nicht, Doktor McKee?"
"Jein. Der Text dieses Buches hier ist verschlüsselt. Ich habe diesen Code schon einmal gesehen."
"Und, was steht drin?"
"Ich habe ihn GESEHEN, nicht GELERNT. Es wäre unsinnig gewesen, einen so alten Code zu erlernen."
"Wann haben Sie ihn schon mal gesehen?", fragte Giles ungeduldig.
"Um 1600 in den Archiven meines Mannes. Der Inhalt dieses verstaubten Wälzers hier ist ganze 1200 Jahre alt!"
"Ich glaube, ich brauche ein Hörgerät, ich habe 1200 verstanden."
"ICH SAGTE 1200!" Besorgt beobachtete Caitlin, wie jegliche Farbe aus seinem Gesicht wich. Bevor er einen Kreislaufkollaps bekam, hatte sie ihn aufgefangen und leitete Erste Hilfe-Maßnahmen ein.
Nach ein paar Minuten wachte Giles zum Glück wieder auf. Cat war direkt bei ihm. "Mister Giles, Sie hatten einen Kreislaufkollaps. Haben Sie Schmerzen?"
"Nein, danke für Ihre Hilfe. Ich hatte nur einen seltsamen Traum. Ich habe geträumt, daß das Buch 1200 Jahre alt ist."
"Ich möchte nicht, daß Sie wieder in Ohnmacht fallen, aber das ist es. Vielleicht bringe ich Sie besser in ein Krankenhaus."
Alle Alarmglocken schrillten bei dem Wächter. "Dafür ist jetzt keine Zeit! Wenn das Buch so alt ist, muß es sehr wortvoll sein. Was steht da drin?"
"Tja, das würde ich Ihnen sagen, wenn ich es wissen würde!"
"Wie viele Personen können den Text entziffern?"
"Theoretisch jedes Unions-Mitglied, daß vor 1200 Jahren ein Hüter war."
"Und wie viele sind das?"
"Keine Ahnung, aber mehr wie ein paar Dutzend werden es auf keinen Fall sein. Zumal DAS Wissen nicht weitergegeben wird. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, den Text zu entschlüsseln: Entweder man findet jemand, der den Code entschlüsseln kann oder man hat Zugriff auf die Legende im Zentralarchiv."
"Kann man den Text mit einem Computer dechiffrieren?"
"Ich denke nicht. Aber soweit ich weiß, wurden so kompliziert nur sehr wichtige Texte verschlüsselt."
"Worüber zum Beispiel?", fragte Giles, schlimmes ahnend.
"Reise in Parallelwelten, Zeitreisen, Beobachtungen von Vergangenheit und Zukunft, Herstellung von unbesiegbaren magischen Waffen, Apokalypsen auslösen..."
"Wollen Sie damit sagen, daß, wenn das Buch in falsche Hände gerät und es derjenige entschlüsseln kann, wir..."
"...ein echtes Problem haben! Ich habe von den Überschriften die mit dem Höllenschlund übersetzt. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, es handelt sich um einen Zauber, mit dem man die Kraft des Höllenschlunds nutzt, um die Vergangenheit zu ändern."
"Das gibt eine Katastrophe!"
"Allerdings!"
Giles schwieg für eine Weile, faßte in der Zeit einen Entschluß, "So sehr ich dieses Buch auch studieren möchte, es ist besser bei Ihrer Union aufgehoben. Ihre Magier haben es erstellt und wir Wächter haben kein Recht, die Menschheit zu gefährden, nur um unser Wissen zu erweitern."
Caitlin war gerührt von seiner Weitsichtigkeit. Hätte er das Buch nicht freiwillig herausgegeben, hätte sie es mit Gewalt nehmen müssen, um die Sicherheit der Menschen nicht aufs Spiel zu setzen. "Vielen Dank", sagte sie ehrlich. "Ich werde dafür Sorge tragen, daß Sie über unsere Fortschritte soweit informiert werden, wie es möglich ist."
"Danke. Kennen Sie jemanden, der das Buch beschützen kann, während Sie Buffy befreien?"
Sie nickte und tippte in ihr privates Telefon eine Kennzahl ein.
Der Empfänger des Anrufs hatte gerade eine Besprechung mit seinem Team, als sein Notfall-Handy klingelte. "Entschuldigung." Er stand vom Konferenztisch auf und nahm das Gespräch an. "Michael, guten Abend!"
"Caitlin..."
"Ich bin in einer Konferenz, ruf mich später zurück."
"Nein! Warte, Michael!"
"Mach es aber kurz, ich hab zu tun."
"Der Wächter der Jägerin hat mir ein Buch übergeben, daß dem Code nach 1200 Jahre alt und von einem Hüter der Union geschrieben sein muß. Du bist der einzige Autorität auf diesem Gebiet in ganz Nordamerika, Michael, Du mußt so bald wie möglich Sunnydale kommen!"
Eine quälend lange Zeit herrschte Stille am anderen Ende der Leitung. "Michael? Sag bitte etwas, wenn Du aufgelegt hast, bring ich Dich um!"
"Hab nur befohlen, mein Flugzeug und das Auto vorzubereiten. Bin in zwei bis drei Stunden da."
"Wir sind in der Bi..."
"Keine Zeit! Bye!"
"Wir haben Code Blau! Rok, ich brauche in 15 Minuten eine Prätorianergarde in meinem Wagen! Sie, Ashley, Martin kommen mit! Ich muß im Auto Jennifer sprechen! Hopp, hopp, wir haben nicht bis Morgen Zeit!"
"Wie lange bleiben wir, Sir?"
"Paar Stunden!"
"Wie ist es gelaufen?", fragte Giles mit seinem patentfähigen besorgter-Wächter-Gesicht.
"Der Experte ist in zwei, drei Stunden hier."
"Lebt er hier in Sunnydale?"
"Nein, in San Francisco."
"Aber...?"
"Er fliegt mit seinem Privatjet. Ich würde vorschlagen, daß wir uns etwas zu Essen bestellen und warten. Er wird hierher kommen wollen, um mit Ihnen zu sprechen."
Giles konnte sein Glück nicht fassen. Er würde mit einem Experten der Union sprechen dürfen!
Die Stunden waren bei chinesischem Essen und Erfahrungsaustausch schnell vorbeigeflogen. Cat und Giles hatten vergessen, daß Michael jeden Moment kommen konnte. Erinnert wurden sie daran erst, als sechs Prätorianer mit schwarzen Anzügen, Sonnenbrillen, Funkgeräten und gezückten Pistolen plötzlich in die Bibliothek stürmten. "Keine Bewegung und es geschieht Ihnen nichts!", befahl ein Mann und tastete Giles ab. Er sprach in sein Funkgerät, "gesichert, kommen Sie."
Flankiert von sechs weiteren Frauen und Männern betrat Michael die Bibliothek. Von seinen Beschützern wäre er nicht zu unterscheiden gewesen, hätten sie ihn nicht übereifrig beschützt. Mit einer Handbewegung ließ er seine Eskorte anhalten und ging nur mit einem Jungen auf den Wächter und Caitlin zu, mit einer weiteren sicherten sie ihre Pistolen.
Er reichte Giles die Hand. "Guten Abend, Mister Giles. Entschuldigen Sie bitte den Aufwand. Mein Name ist Michael, ich bin Hüter und Präfekt der Prätorianergarde der Union. Dies ist mein Lehrling Alessandro." Der Teenager deutete ein Nicken an und trat einen Schritt hinter Michael zurück.
Giles verarbeitete hastig die Informationen. Michael war nach Rang und Bodyguards zu urteilen ein hohes Tier und ein Soldat, aber auch ein Hüter. Darauf konnte er sich keinen Reim machen. Erst recht nicht, wie dieser Yuppie ein Experte für alte Texte sein konnte. Er war blaß und seine Hand hatte sich kalt angefühlt, wohl ein Vampir. Das würde vorige Fragen beantworten. Alessandro war höchstens 14.
"Zeigen Sie mir bitte das Buch?", riß Michael Giles aus seinen Gedanken.
"Bitte? Ah, das Buch. Selbstverständlich, Sir."
Dem irischen Prätorianergeneral blieb nicht verborgen, wie unsicher Giles war. "Wenn Sie ein Problem mit mir haben, Wächter, brauchen Sie es nur zu sagen. Dann schicke ich jemand anderes."
Der Engländer sah ihn erschrocken an. "Nein, Sir, ich habe kein Problem."
"Ich glaube", erklärte Cat, "daß Mister Giles verunsichert, weil er nicht weiß, WAS Du bist, Michael..."
"Das läßt sich leicht ändern. Ich bin 897 nach Christus als irischer Herzogssohn geboren und wurde mit meinem Bruder Colin 932 zum Vampir umgewandelt. Ich bin Caitlins Schwager."
Ein 1100 Jahre alter Vampir war das letzte, was Giles erwartet hatte. "Uh..."
"Noch etwas: Was in den Wächter-Tagebüchern über mich steht, ist bis in kleinste Detail war. Ich bin gewalttätig, gewissenlos und eine Ausgeburt der Hölle und jetzt zeigen Sie mir bitte endlich das Buch!"
Er reichte dem Untoten, der sich an den Tisch gesetzt hatte, den alten Wälzer, "bitte."
"Danke."
Während Michael das Buch durchsah, unterhielt sich Caitlin leise mit Giles. "Es tut mir leid, ich hätte Ihnen vielleicht mehr über Michael sagen sollen. Aber glauben Sie mir, wenn man ihn besser kennt, ist er gar nicht mehr so ein Kotzbrocken. Er nimmt den Engländern nur noch die Besetzung von Irland übel. Aber im Vergleich zu Colin ist er Gold."
"Ich mache Ihnen keine Vorwürfe, Doktor McKee."
"Danke. Sie müssen wissen, daß er gewöhnt ist, zu kommandieren..."
Michael atmete zischend ein, gab leise, "tz, tz, tz", von sich. Ein regelrechter Gefühlsausbruch bei ihm. Seine Prätorianergarde sah ihn entgeistert an. "Dimitrij, nehmen Sie Ihre Männer mit und sorgen Sie dafür, daß wir auf keinen Fall gestört werden!"
"Aye, aye, Sir!"
"Darf ich bitte bleiben, Mylord?", flüsterte Alessandro mit gesenktem Kopf. Wie immer stand er einen Schritt hinter Michael. Nur beim Betreten des Raumes war er links neben ihm gegangen.
"Ich habe Ihnen nicht befohlen, zu gehen, also bleiben Sie!", grollte Michael im Vampirgesicht.
Giles machte sich eine gedankliche Notiz, Willow mit allen Mitteln davon abzuhalten, Caitlins Lehrling zu werden.
"Alessandro, setzen Sie sich bitte neben mich", bat Michael nun freundlich.
"Aye, aye, Mylord."
"Caitlin, Mister Giles auch." Es war üblich, daß ein Lehrling als erstes von seinem Hüter aufgefordert wurde. Als ein außergewöhnlich konservativer und drakonischer Hüter hielt er diese alten Sitten ein.
"Hast Du was gefunden, Michael?"
"Mister Giles, ich bin beeindruckt! Ich gehe anhand des ersten Eindrucks davon aus, daß dies ein Original ist. Wir wußten, daß von dieser Aufzeichnung eines Hüters zwei Exemplare existieren. Eines wurde im Besitz einer unserer Männer gefunden, als er wegen Ketzerei angeklagt war und mit ihm vernichtet, wir gingen davon aus, daß dem zweiten ein ähnliches Schicksal wiederfahren sei." Bei der Erwähnung der Inquisition klangen in seiner Stimme Selbstvorwürfe mit.
"Es freut mich, daß ich Ihnen helfen konnte."
"Das haben Sie. Ich werde Sie über meine Fortschritte auf dem Laufenden halten. Es würde mich freuen, wenn wir in Zukunft öfter zusammenarbeiten würden. Entgegen der allgemeinen Meinung ist die Union dem Council of Watchers nicht feindlich gesinnt. Wir schätzen es lediglich nicht, wenn IHRE Jägerinnen UNSERE Magier pfählen."
"Selbstverständlich... Wie kann ich Sie erreichen, Mister...?"
"Nur Michael." Er schrieb etwas auf einen Zettel. "Schicken Sie mir bitte einfach eine e-Mail an diese Adresse."
"Das werde ich machen. Wenn Sie möchten, würde ich Sie gerne Morgen der Jägerin vorstellen."
"Ähm... das wäre weder gesund für Ihre Jägerin noch für mich. Aber wenn Sie einmal Hilfe benötigen sollten, oder nicht genug Zeit für aufwendige Recherchen haben, ich möchte mich gerne bei Ihnen erkenntlich zeigen."
"Wenn Sie nur dafür sorgen, daß das Buch nicht in falsche Hände gerät."
"Darauf gebe ich Ihnen mein Wort! Und Sie können gerne Caitlin fragen, ich gebe normalerweise keine Versprechen", lachte er und stand auf. "Nun..."
"Wenn Sie wieder nach Sunnydale kommen, würden wir uns über Ihren Besuch freuen."
"Darauf werde ich zurückkommen. Obwohl der Höllenschlund, solange er geschlossen bleibt, nicht mein Hauptaufgabengebiet ist, habe ich gelegentlich hier zu tun. Nochmals vielen herzlichen Dank für das Buch. Die Union steht tief in Ihrer Schuld, Mister Giles."
"Ich hab es doch nur gefunden", stapelte der Wächter verlegen tief.
"Sie hätten es genausogut für andere Zwecke mißbrauchen können. Was die Befreiung des Meistervampirs Spike und der Jägerin Buffy Anne Summers, sowie die Zerstörung der regionalen Basis von Melody betrifft, wünscht Ihnen die gesamte Union viel Erfolg. Auf Wiedersehen, Mister Giles!" Michael reichte ihm seine Hand.
Er erwiderte den Händedruck, überrascht von den guten Umgangsformen des Vampirs, "auf Wiedersehen, Michael. Alessandro", lächelte er dem Jungen zu. Dieser nickte wieder nur. "Ich wünsche Ihnen einen guten Flug."
"Vielen Dank!" Hüter und Lehrling gingen nun wieder Seite an Seite, Alessandro zu Michaels Linker, um mit ihm einen eventuellen Angriff abwehren zu können. Als sie fast an der Tür waren, rief der Präfekt ihm nach, "lassen Sie die Finger von der schwarzen Magie, Ripper!", und verschwand in der Dunkelheit.
Mit offenem Mund sah Giles ihm nach. "Woher...?"
"Er informiert sich immer über seine Gesprächspartner, bevor er sie trifft. Wir sollten jetzt beide nach Hause gehen. Morgen wird ein anstrengender Tag."
Titel: Neue Freunde, neue Feinde
Freigabe: PG-13 für Flüche.
Teil: 2/3
Spoilers: Angelus-Plot
Inhalt: Caitlin, Meistervampirin, Hexe und alte Freundin von Angelus stellt das Leben von Angel und der Scooby Gang auf den Kopf. B/S + A/f
Disclaimer: Die Charaktere von Buffy: The Vampire Slayer gehören Joss Whedon, mir gehören nur diese FanFiction und meine Charaktere Caitlin, Danny, Michael, Helen und die anderen, die kleine Auftritte hatten, sowie die Union.
Kommentar: Diese Geschichte spielt irgendwann, nachdem Willow Oz kennengelernt hat und Angel noch in der Stadt ist. Wann genau, bleibt der Phantasie des Lesers überlassen...
Neue Freunde, neue Feinde 2
Von Artemis
Teil 3
Als Buffy aufwachte, spürte sie einen kühlen Arm um sich. Lächelnd zog sie die Decke hoch und kuschelte ihren Kopf wieder unter sein Kinn. Er vertraute ihr genausowenig wie sie ihm, aber sie waren so etwas wie Freunde geworden. In Momenten wie diesem ertappte sie sich dabei, mehr als das in ihm zu sehen. Natürlich würde sie ihm das nie sagen. "Warum kannst Du nicht immer so sein, Spike?" Es war ihr egal, ob er sie hörte oder nicht.
"Wie?", fragte Spike verschlafen.
"Nett."
"Ich bin NICHT nett!", protestierte er gekränkt.
"Doch, Du bist nett. Du munterst mich auf, sorgst dafür, daß ich nicht durchdrehe, hörst Dir mein ganzes Gelaber an, gibst mir die Decke..."
"Ich bin nicht nett! Ich bin bösartig! Und gewissenlos! Aber nicht nett! Wenn die mich nicht braten würden, hätte ich Dich schon lange trockengesaugt!"
"Spike!"
"Sobald wir hier raus sind, töte ich Dich!"
"SPIKE!"
"Ich bin nicht nett!"
Entschlossen stoppte Buffy seinen Redeschwall mit einem Kuß.
"Folgt mir," Cat führte ihre Fluggäste in einen Raum, vollgestellt mit Kisten. Sie wußte, daß in ihnen Waffen waren. "Das ist unser Ticket! Ich gebe Euch gleich Waffen, Ihr verwendet sie NICHT gegeneinander! Sie sind dazu da, Melodys Leute zu töten, niemand anderes! Verstanden?!" Sie wußte es besser, als zu Vampiren freundlich zu sein. Sie würden es als Schwäche auslegen.
"Verstanden", sagten Scooby Gang und Vampire im Gleichklang.
"Stellt Euch alle in einer Reihe auf. Wer drankommt, sagt, welche Waffen er haben will, es ist genug da. Wir haben: Armbrüste mit speziellen Pflöcken, Bögen, Dolche, Kurz- und Langschwerter, Äxte, Maschinenpistolen, Maschinengewehre, gemeine Pistolen, Degen, Fackeln und Pflöcke. Anfangen!"
Willow war als erstes dran. "Bitte eine Armbrust mit acht Pflöcken, eine Fackel, fünf normale Pflöcke."
Cat überreichte ihr die Waffen, "willst Du nicht noch etwas nehmen? Das wird knapp."
"Ich kann mit den anderen nicht umgehen."
"Okay. Nächster!"
Xander bestellte, "acht Pflöcke, zwei Fackeln, zwei Äxte, eine Pistole mit 20 Schuß und ein Maschinengewehr mit 100 Schuß Munition, bitte."
Wieder teilte Caitlin die Waffen aus. "Nächster! Willow, geh mir zur Hand und teile jedem zwei Feuerzeuge und ein Erste Hilfe-Kästchen aus. Sie sollten in den kleinen Holzkästen sein."
"Klar!"
"Vier Pflöcke, zwei Äxte, ein Bogen mit zehn Holzpfeilen, eine Maschinenpistole mit 200 Schuß, zwei Dolche und ein Langschwert." Angels Bestellung.
Während Caitlin Waffen austeilte, verteilte Willow Feuerzeuge und Verbandskästen. Sie merkte, daß kein Vampir Fackeln wählte, auch Pflöcke waren unbeliebt. Die Liste führten Dolche, Schwerter und Degen an. Abrupt verstand Willow, warum. In ihrer Jugend lernten sie diese Waffen benutzen, wie sie das Autofahren. Bei der Überlegung, wie alt die Vampire sein mußten, wurde sie blaß wie die Untoten.
"Alles in Ordnung?", befühlte Caitlin fürsorglich ihre Stirn nach Fieber.
"Ich bin nur nervös, ich mache mir Sorgen um Buffy", log Willow.
"Schatz, bring den Sauhaufen schon mal dazu, die Waffen zu verstauen, wir kommen gleich nach", rief sie Angel zu und kniete sich neben Willow. "Ich hab etwas zuviel Lebenserfahrung, als, daß Du mich noch so leicht belügen könntest, Verehrteste. Vor wem oder was fürchtest Du Dich?"
"Du nennst Angel "Schatz"?" Ein warnender Blick aus grünen Adleraugen. "Vor Deinen Leuten. Ich weiß nicht, ob ich ihnen vertrauen oder mich darauf vorbereiten soll, daß sie mich im nächsten Moment ermorden." Caitlins Gesicht wurde zu einem einzigen Grinsen. "Ich meine das ernst, Cat. Das ist kein Witz", beschwerte sich Willow.
"Ich lache Dich nicht aus, ich finde lustig, daß ich das gleiche denke! Ich habe mit Absicht ältere Vampire ausgewählt, weil die ihren Dämon besser kontrollieren können wie junge und dafür gesorgt, daß jeder vor der Landung zwei Blutkonserven trank. Aber eine Garantie kann ich Dir nicht geben..."
"Ich weiß. Danke."
"Hi!"
"Hi!"
Buffy gab Spike einen flüchtigen Kuß, setzte sich dann auf der Matratze auf, sie waren noch mal eingeschlafen, um nachzusehen, was ihre Kidnapper ihnen zum Frühstück gebracht hatten. "Doghnuts!", jubelte sie. "Mh, lecker!"
"Gute Nacht!", Spike legte sich auf die andere Seite. Er wußte genau, wie er Buffy aufzog, wenn er sich morgens zum Schlafen hinlegte.
"Steh auf!", rüttelte sie ihn kichernd. "Mh, leckeres frisches Blut, süß und warm..." Sie ging zur Tür, wo neben dem Frühstück frische Kleidung, ein Eimer warmes Wasser, Duschgel, Waschlappen und Handtücher lagen, füllte einen Becher mit Blut und hielt ihn Spike unter die Nase. Er ignorierte sie. "Du bist ganz schön stur!", schmollte die Jägerin. Dann kam ihr eine Idee. Sie benetzte die Spitze ihres Zeigefingers mit dem Blut und rieb es Spike in die Lippen.
Er hatte den Geruch des Blutes, daß nur wenige Meter entfernt war, ignorieren können. Aber als die Jägerin das Blut auf seine Lippen schmierte, konnte sich sein Dämon nicht mehr zurückhalten. Spike leckte mit der Zunge ihren Finger und seine Lippen ab, gab ihr dann einen Kuß. Buffy verzog angewidert das Gesicht, als sie das fremde Blut schmeckte.
"Urgh!", würgte sie.
"Doch nicht so lecker?", fragte Spike unschuldig.
"Das ist eklig!" Sie reichte ihm angeekelt den Becher. "Aber danach trinkst Du SOFORT Wasser, das ist ja krank!" Ohne Scham wechselte Spike in sein Vampirgesicht und punktierte den Pappbecher. Buffy war sicher, daß sie sich nie an diesen Anblick gewöhnen würde.
"Das war meine beste Mahlzeit seit... gestern abend!"
"Kuck mich nicht so an, als wäre ich die nächste!" Vorsichtshalber ging Buffy auf Abstand. "Ich hatte mich wirklich auf die Doghnuts gefreut, aber ich glaube, ich bekomme keinen Bissen runter!"
"Tut mir leid", sagte Spike zerknirscht. Obwohl das Sprechen mehr ein Grollen war, er war noch nicht wieder menschlich, war die Ehrlichkeit deutlich zu hören.
"Ich hab ja angefangen." Sie setzte sich auf seinen Schoß und gab ihm einen Kuß auf die linke Wange. Bei genauer Betrachtung fand sie die Fratze gar nicht mehr so schlimm. Sie fuhr mit einer Hand über seine gefurchte Stirn.
"Guten Morgen. Wir können Ihnen heute eine Abwechslung bieten", sagte der Sprecher plötzlich.
Buffy und Spike fuhren hastig auseinander. "Was für eine? Übrigens, danke für das Frühstück."
"Sie dürfen heute duschen. Badekleidung ist vorhanden. Ziehen Sie sich um, Sie werden abgeholt."
"Toll! Wir dürfen noch nicht mal alleine unter die Dusche!"
"Zieh Dich besser um, sie werden sich beeilen, um uns keine Zeit zu geben, unsere Flucht zu planen."
"Klingt ERSCHRECKEND logisch," murmelte Buffy.
"Wir werden jetzt in ein Hotel fahren. In", Cat sah im Laufen auf ihre Uhr, "81 Minuten ist Sonnenaufgang, also Beeilung! Ich habe Leihwagen vorbestellt! Die Menschen unter uns können tun und lassen, was sie wollen, solange sie sich dabei erholen, für den Rest ist Schlafenszeit angesagt!"
"Wegen dem Hotel: Gibt es getrennte Zimmer für Vampire und Menschen?", fragte Xander besorgt.
"Ich hab drei Vier-Bett-Zimmer reserviert. Zwei für die Jungs und eins für die Mädchen. Du kannst ja mit Oz, Angel und nur einem fremden Vampir in einem Zimmer schlafen."
"Ich schlafe nicht mit der Freundin von der Jägerin in einem Raum!", meckerte eine brünette Vampirin.
"Bei einem Werwolf und zwei Vampiren mach ich kein Auge zu!"
"Könnte ich mir nicht ein Zimmer mit Oz, Xander und Angel teilen?", schlug Willow vor.
Caitlin war verärgert. "Ihr seid keine Kleinkinder auf der ersten Klassenfahrt, verdammt!"
"Bitte verzeihe mir, Herrin", senkte die vorlaute Untote ihren Kopf.
"Sorry, Cat. Willst Du am Fenster oder an der Tür liegen?", fragte sie die braune Vampirin.
"An der Tür. Ich bin Helen."
"Hi Helen. Willow", lächelte die Hexe.
"Dann bist Du die Wicca, richtig?"
"Ja, woher weißt Du das?"
"Gerüchte." Sie verdrehte grinsend die Augen. Beide Mädchen kicherten. "Hey, Sam, komm her!"
"Später, Hel!" Sam war mit einem herrisch wirkenden Vampir am Knutschen.
Helen keifte, "Flittchen!" Als Vergeltung legte sie einen Arm um Willow, sie hielt sie für das schwächste Glied, und erklärte freundschaftlich, "der Typ neben der blonden Bohnenstange, das war bis vor zwei Wochen mein Freund! Sam hat ihn mir eiskalt ausgespannt! Dabei wollte ich ihm gerade einen Tritt in den Arsch geben!", fluchte sie.
"Vergiß den Kerl, der ist nichts wert!", grinste Willow.
Als ein vorbeigehender Mann ihnen nachpfiff und eine anzügliche Geste machte, zeigte ihm Helen den Stinkefinger. "Männer! Man sollte sie versaufen!"
"Hey! Wart mal..."
"Wenn Du das gleiche wie ich denkst..." Sie rannten lachend dem Mann hinterher.
"Ist das nicht süß? Willow hat schon eine Freundin gefunden!"
"Ausgerechnet Helen!"
"Helen ist schlagfertig, selbstbewußt und unbeschwert, ihre Gesellschaft wird Willow gut tun. Mit ihr wird sie gar keine Zeit haben, sich Sorgen um Buffy zu machen."
"Clever!", lächelte Angel anerkennend. Er hätte es sich denken können. Eine Frau wie Caitlin tat keinen Schritt ohne tieferen Sinn.
Im Foyer des Hotel versammelte Caitlin ihre Begleiter um sich. "Die Zimmerverteilung, ein für alle mal: Lee, Xander, Danny und Mark in 219, Oz, Angel, Carl und Samantha in 220, Willow, Dru, Helen und ich in 221. Keine Widerrede! Genau bei Sonnenuntergang kommt ihr bitte in mein Zimmer. Und bringt Eure Rucksäcke mit. Jetzt aber schnell auf die Zimmer! Husch!", scheuchte sie die anderen Vampire.
Eine halbe Stunde später lagen die vier Frauen in zwei King Size-Betten. Der Raum war überraschend groß, wenn man hereinkam, war rechts die Badezimmertür, dahinter standen ein Schrank und die Betten, links Fernseher, Minibar, Schreibtisch und Sitzecke.
Willow wußte nicht, wie sie sich legen sollte. Wenn sie nach rechts näher zu Caitlin legte, lag sie auch näher an Helen und Dru. Wie sie jetzt lag, fiel sie fast aus dem Bett. Resigniert legte sie sich auf den Rücken. Wieso hatte sie nicht anstelle von Samantha bei Oz und Angel schlafen dürfen? Einer von den drei würde sie essen, soviel stand für sie fest. "Sag mal, Caitlin, wie ist Dein richtiger Name? Buffy stellte Dich mir als Doktor McKee vor...", versuchte sie sich abzulenken.
"Anne Cathryn McKee."
"Woher kommt "Caitlin"?"
"So hat mich Colin immer genannt. "Cat" habe ich Angelus zu verdanken!", grollte sie.
"Angelus... Warum nennst Du eigentlich Angel immer noch Angelus?"
"Er hat jetzt vielleicht eine Seele, Willow, aber er ist immer noch der gleiche Mann, den ich die letzten 250 Jahre gekannt habe!"
Willow war geschockt, "wie meinst Du das? Er tötet doch nicht mehr."
"Das nicht, aber er ist immer noch genauso faul, nervtötend, ungeschickt, gemein und dumm!"
"Gemein? Redest Du von dem Angel mit melancholischen braunen Hundeaugen, schwarzem langen Mantel, schüchtern, Ire?", fragte sie ungläubig.
"Ja, genau dieser süße Kuschelvampir! Zum Beispiel, wenn er, obwohl er weiß, welche Angst ich vor Spinnen habe, sie nicht tötet sondern lacht, meine Blutkonserven ausschlürft, daß er meine bunten Sachen immer mit den weißen auf 90 Grad wäscht, nur um mich zu ärgern, beim Staubwischen den Staub nur verteilt, ich jedes mal eine Natriumvergiftung bekomme, wenn er gekocht hat, er das Geschirr nach dem Spülen grundsätzlich naß in den Schrank stellt..."
Willow bekam vor Lachen fast keine Luft mehr. Sie hatte noch nie darüber nachgedacht, daß Angel solche Macken haben könnte. "Und das hat er auch ohne Seele gemacht?"
"Es ist in den letzten Jahren noch schlimmer geworden! Seit ich Samstag angekommen bin, gibt es jeden Tag mindestens zehn Situationen, in denen ich ihn langsam in Säure auflösen möchte!"
"Warum hast Du ihn zweieinhalb Jahrhunderte ausgehalten?"
"Er war mir ebenbürtig."
"Wie magst Du ihn mehr, mit oder ohne Seele?"
"Die Seele hat sowohl Vor- als auch Nachteile, es ist nicht zu vergleichen", wich sie aus.
"Okay. Reden wir mal über andere Männer. Wie viele hast Du wirklich geliebt?"
Cat war für lange Zeit still, dachte über die Frage nach. "Drei."
"Waren es alle Vampire?"
"Zwei Vampire und ein Mensch. Wobei Colin nicht sehr vampirisch war."
"Hm..." Sie wußte genau, daß der erste Colin war, der zweite Angelus, aber der dritte? Sie mußte Cat einmal fragen, aber jetzt war sie zu müde.
Anderthalb Stunden vor Sonnenuntergang klingelte der Wecker in Zimmer 221. In ihrer Schlaf-Kleidung, einem Spaghettiträger-Shirt und einer Strumpfhose, die sie an diesem Tag unter hautenger Lederhose und dünnem Rolli, natürlich alles in schwarz, trug, führte sie ihre Morgen-Routine durch. Bei Caitlin bedeutete das Kaffee, Blut, Schoko-Müsli, Bananen, Muffins, Brötchen, Kampfsport- und Schwertkampf-Training. Nacheinander wurden auch ihre Zimmerkolleginnen wach.
Stöhnend wachte Willow auf. Sie wußte zuerst nicht, wo sie war. Und woher kam der Krach, der sie geweckt hatte? Eine noch bessere Frage: Wieso war es noch dunkel? Sie gähnte ausgiebig, als eine kalte Hand sie schlug. Kalte Hand? Jemand in ihrem Bett? Schlagartig öffnete sie ihre Augen. "Ich will schlafen", beschwerte sie sich.
"Hi Willow", gähnte Helen von dem anderen Bett.
"Was zum Teufel... Oh!" Die Erinnerungen kamen zurück. "Guten Morgen, Hel."
"Guten Tag, Schätzchen. Wir haben drei Uhr nachmittags!"
"Es ist draußen noch dunkel", widersprach sie verschlafen.
"Sonne böse für Miss Edith", erklärte Drusilla in ihrer wahnsinnigen Art.
"DRUSILLA?! Erinnere mich, kein Grund, mich auszulachen!"
"Zu spät!", grinste Helen. "Herrin, darf ich, bevor wir aufbrechen, noch Jagen gehen?"
"Nein, das wird zu spät. Wenn wir erst noch jagen, dann das Ritual durchführen, dahin fahren... Willow, Oz und Xander müssen Morgen wieder zur Schule gehen."
"Ich finde das aber eine gute Idee!", widersprach Willow. "Du kannst Deinen Vampiren doch nicht das Jagen verbieten, das wäre... unmenschlich."
"VERGIß ES!"
"Ich hab Hunger!"
"Ich auch, Herrin!"
"Und ich könnte ein halbes Schwein essen!"
Kopfschüttelnd ging Caitlin zu ihrer Kühlbox und warf den drei Blutkonserven zu, "heute Abend gibt's leider nur Fast Food!"
"Du bist gemein, Cat! Was soll ich mit Blut?"
"Ich möchte mal die gewagte These abgeben, daß Du es trinken sollst", witzelte Helen.
"Hier, Du kannst meine haben, ich hab direkt an der Ecke einen McDonalds gesehen." Willow schnappte sich ihre Klamotten und verschwand im Badezimmer.
"Kann ich sie essen?", jaulte Dru.
Sofort saß Helen mit einem Pflock auf ihr. "Wenn Du Rotkäppchen auch nur einen falschen Blick zuwirfst, Du verrückte Hure, dann bist Du Asche!", grollte sie in ihrem dämonischen Gesicht.
Drusilla hob abwehrend die Hände, als Cat Helen zustimmte, "Dru, wir haben eine Abmachung! Du wirst keinen von meinen Menschen anrühren und ich nicht Dich! Und Du weißt, daß Du mir unterlegen bist, also provoziere mich lieber erst gar nicht!"
"Sie ist nur ein Mensch."
"Sie ist die beste Freundin der Jägerin! Und sie ist meine Freundin! Jeder von diesen Gründen ist schon Grund genug, und zu zusammen sind sie ein riesiges Stop-Schild!", knurrte Cat. Drusilla kroch beleidigt wieder unter die Decke. "Helen."
"Ja, Herrin?"
"Mach Dich fertig, ich brauche Deine Hilfe bei den Vorbereitungen für das Ritual."
"Ja, Herrin!"
"Sonderlieferung ist da!", rief Willow, als sie wieder in das Zimmer schlüpfte. "Tut mir leid, daß es länger gedauert hat, aber ich hab Oz und Xander mitgenommen, weil ich nicht alles tragen konnte. Eure Colas", reichte sie die Pappbecher an die Vampire, "meine Pommes, Hamburger, wem gehört noch mal die Eiscreme?"
"Ich!", hob Dru den Finger und holte sich fröhlich pfeifend die Süßigkeit ab. "Miss Edith liebt Eiscreme."
"Das ist schön. Du kannst gleich Deinen schwarzen Tee mitnehmen. Dann haben wir hier noch Cats Doghnuts, wer hatte den grünen Salat mit Ketchup und Mayonnaise?" Helen schnappte sich das. "Ein Apfelsaft, Cheeseburger?"
"Danke."
"Hier!"
"Das war es! Nur ein Witz, ich hab noch Blut aus dem Auto geholt. Ihr müßt es trinken, solange es noch schön kühl ist." Sie konnte selber kaum glauben, wie selbstverständlich sie mit den Vampirinnen umging. "Und hier ist Deine New York Times, Cat. Und jetzt will ich Euch noch etwas zeigen. Hoffe, es gefällt Euch." Sie holte einen kleineren Plastikbeutel aus dem großen.
"Da bin ich aber gespannt!"
"Ein Plastikvampir, um uns zu ärgern?", riet Helen.
"Nein, bestimmt ein San Francisco-Andenken!"
"Ein Magiebuch?"
"Etwas für den Computer?"
"Wartet es ab", grinste Willow breit. Sie holte aus dem Beutel eine schwarze Lederhose und einen Wollmantel im Vampir-Stil.
"Das ist SO cool!", kreischte Helen.
"Du überraschst mich immer wieder, Verehrteste", grinste Caitlin. Sie war vor Stolz ein ganzes Stück größer geworden. "Oz wird in Ohnmacht fallen!"
"100 Prozent! Ich zieh mich schnell um und dann helfe ich Dir mit Hel bei den Vorbereitungen."
"Super!"
"Du siehst großartig aus, Willow!"
"Danke. Also, was für einen Zauberspruch willst Du machen?"
"Ich kenne die Örtlichkeiten nicht genau bei Melodys Hauptquartier und ich weiß nicht, ob das als Privat oder Öffentlich gilt. Ich habe einen Zauber gefunden, mit dem man einem Vampir ermöglicht, uneingeladen Häuser zu betreten. Es ist ein einfacher, kleiner Zauber, aber sehr wirkungsvoll."
Der Gedanke, daß es so etwas gab, gefiel Willow gar nicht. Sie mußte unbedingt Giles und Buffy davon erzählen. Aber um es Buffy erzählen zu können, mußte sie ihn anwenden. "Okay, hast Du alle Zutaten da? Ich würde mir die Beschreibung gerne durchlesen."
"Natürlich." Caitlin holte ihr Book of Shadows aus ihrem Rucksack und holte ein loses Blatt heraus, welches sie Willow reichte.
"Aha, gut, aha", las Willow vor sich hin. "Das ist alles andere als ein "einfacher, kleiner Zauber", Caitlin! Ich habe so einen komplizierten Zauberspruch noch nie gemacht! Ich wußte bis vor fünf Minuten nicht mal, daß es so etwas gibt."
"Das gehört zum Wissen der Union, Verehrteste. Kannst Du jetzt die Räucherungen zubereiten?"
"Äh... klar! Wann kommen die anderen her?"
"Zu Sonnenuntergang. Ich will noch einen Zauber machen, durch den wir für andere Vampire nicht zu fühlen und riechen sind. Sonst können wir den Überraschungseffekt vergessen."
"Okay. Wie lange halten die Zauber?"
"Beide etwa 24 Stunden."
"Aber das ist gefährlich, Cat!"
"Das ganze Leben ist gefährlich."
Es dunkelte, als drei Mittelklassekombis auf den Parkplatz eines kleinen Supermarktes in einem halb verlassenen Industriegebiet fuhren. In der Tat war der Supermarkt das einzige Gebäude, in dem Licht brannte. Die Scheinwerfer der Wagen erlaubten einen Blick auf die bröckelnde Fassade des Betriebs und die Menschen, die sich vor dem Eingang betranken. Nebeneinander hielten die Autos, sieben Männer und fünf Frauen in schwarzer Kleidung und mit finsteren Mienen stiegen aus. Sie warfen den grölenden Betrunkenen vernichtende Blicke zu, schulterten ihre Rucksäcke und traten auf die Straße.
Ohne, daß ein Wort gewechselt wurde, eilten sie den einsamen Fußweg entlang. Mit jeder Minuten wurde die Gegend öder. Nach einigen Hundert Metern hörte der Bürgersteig auf, sie mußten auf der Straße weitergehen.
Nach weiteren endlosen Minuten hob einer von ihnen die Hand, ließ sie anhalten. Er senkte sie und alle duckten sich. Mit einem weiteren Handzeichen huschten sie gebückt am Straßengraben entlang.
Nun war es nur noch eine Sache von Metern, bis an der anderen Straßenseite eine Mauer begann. Der Stacheldraht darüber war mit Kabeln verbunden. Die Wand war frisch getüncht, der Draht neu, offensichtlich war das Gebäude dahinter bewohnt. Die Gruppe hielt an und setzte Nachtsichtgeräte auf, schlich danach weiter. Sie waren so leise, daß man eine Stecknadel hätte fallen hören können.
Als aus der Haupteinfahrt, und einzigen, eine mit Maschinengewehr und Pflock bewaffnete 2-Mann Patrouille kam, hatte sich die 12köpfige Gruppe schon bis auf 70 Meter dem Eingang genähert. Zwei von ihnen schlichen sich hinter die Patrouille auf den Weg und brachen ihnen von hinten das Genick, bevor sie überhaupt eine Gefahr ahnten.
Die zwei Menschen wurden sofort in den Straßengraben gezogen, wo Drusilla und Caitlin, die Attentäterinnen, sie aussaugten. "Es geht darum, daß die Vampir-Wachen kein Blut riechen."
"Werde ich mir merken", flüsterte Willow zurück.
Caitlin leckte die letzten Tropfen Blut vom Hals des Mannes und nickte Drusilla zu. "Fertig?" Die dunkelhaarige Vampirin nickte eifrig. Selbst sie hatte verstanden, daß es ernst war. "Lee, Mark, Ihr bringt die Leichen tiefer ins Gebüsch, wir erkunden schon mal die Lage. In fünf Minuten hier."
"Ja, Herrin!"
"Angel, Oz, Ihr kommt mit", flüsterte sie. Zu dritt robbten sie über die Straße zur Einfahrt. Mit den Nachtsichtgeräten sahen sie, daß sie aus einem nur 180 cm hohen Gittertor bestand und von drei Vampiren geschützt wurde. In Gedanken plante Caitlin schon die Stürmung. Die Herausforderung war, hereinzukommen, ohne die ganze Mannschaft zu alarmieren. Wenn sie erst mal drin waren, konnten sie den Überraschungseffekt nutzen und einen nach dem anderen ausschalten.
"Und?", fragte Helen die Zurückkehrenden.
"Perfekt!"
"Wir haben die Leichen da unten hingebracht", zeigte ein Vampir.
"Gut gemacht!" Sie mußte Angel nicht erklären, was sie vorhatte, er nickte direkt wissend. "Dann machen wir es so. Bereit, Leute?"
20 Augen sahen sie entgeistert an. Xander hatte als erster den Mut, es auszusprechen, "für WAS sollen wir bereit sein? Du hast uns gar nicht erklärt, was wir machen wollen."
Sie schlug sich an den Kopf, "und ein weiterer Punkt auf der Blödheitsliste für die unnachahmliche Caitlin! Wir werden von den Seiten kommen, einfach vor dem Tor erscheinen, sie am Hals packen und zu Staub verarbeiten. Die drei einzigen Wachen am Tor sind alle Vampire, keine Gegner für uns."
"Und dann?"
"Wir gehen rein. Wir müssen uns in Vierer-Teams aufteilen, die jeweils in die verschiedenen Richtungen gehen. Das heißt ein Team sichert die Garage, ein Team die Lagerhalle und das dritte das Gelände. Sagen wir, wir treffen uns in 40 Minuten an der Einfahrt. Dann stürmen wir zusammen das Hauptgebäude. Team eins: Willow, Sam, Lee, Oz. Team zwei: Danny, Helen, Carl, Mark. Team drei: Xander, Dru, Caitlin und ich", bestimmte Angel. "Noch Fragen?" Niemand meldete sich.
"Ich frage mich, was Willow und die anderen gerade machen", seufzte Buffy. "Bestimmt sitzen sie in der Bibliothek und werden von Giles zu Tode gelangweilt!"
Willow pfählte gerade ihren dritten Vampir in 20 Sekunden. Das Genickbrechen des Menschen, der sie gerade würgte, überließ sie Lee, einem genauso exzellenten wie brutalen Krieger-Vampir, der ihr in der letzten Stunde unzählige Male das Leben gerettet hatte. Der rotblonde Vampir machte sich nicht mehr die Mühe, in sein menschliches Gesicht zu wechseln, saugte einen Menschen nach dem anderen aus. Während sie einen weitere Untoten pulverisierte, wunderte sie sich, wie schnell sich ihre Ethik geändert hatte, seit diese Menschen sie töten wollten. "Läßt Du wohl mein T-Shirt los!", trat sie einem anderen Lebenden in den Bauch.
"Essen!", kam Sam angerannt.
"Nein, den erledige ich selbst. Ich muß es können, bevor ihr mal nicht in der Nähe seid." Sie kämpfte gegen den Mann mit einem Pflock in der Hand. Schnell hatte sie die Oberhand gewonnen und ihn zum Stolpern gebracht. Als sie über ihm lehnte, hatte sie das Gefühl, es nicht zu können. Sie hatte noch nie einen Menschen getötet.
"Willow, Du MUßT nicht", legte Oz eine Hand auf ihre Schulter.
Die Entscheidung nahm ihr der Mensch ab, als er ein Messer zückte. Gerade hatte er seinen linken Arm gehoben, um die Wicca zu verletzen, als sie ihren Pflock in sein Herz schleuderte. Mit jahrelanger Erfahrung traf sie die richtige Stelle. Er zuckte, bäumte sich auf, schrie überrascht. Und dann war er tot. "Oh Göttin, was habe ich getan!", schlug Willow die Hände vors Gesicht.
"Dafür wirst Du bezahlen!", grollte ein Vampir, der auf sie zurannte. Willow zog den blutigen Pflock aus dem Brustkorb des Mannes und stach ihn dem Vampir ins Herz.
Angel, Drusilla und Caitlin waren von zwei Dutzend Feinden eingekesselt. Xander kämpfte sich durch die Meute, er war "ausgesperrt" worden, als sie in den Hinterhalt gerieten. Die Vampire standen im Dreieck, kämpften mit harmonischen, synchronen Bewegungen voll katzenhafter Eleganz. Bevor Angelus seine Seele bekam, waren sie mit Spike als "dunkles Quartett" gefürchtet. Tödlich war jeder für sich, aber zusammen kämpften sie wie Balletttänzer. Todbringende Balletttänzer.
Dru war immer die schlechteste Kämpferin gewesen, hinter Cat, Spike und Angelus, aber keiner ihrer Feinde konnte ihr das Wasser reichen. Nicht, wenn diese beiden Untoten an ihrer Seite waren. Sie war sich sicher, daß sie zusammen auch die Jägerin besiegen konnten. Und sie war sich genauso sicher, daß die Jägerin es wußte...
"Ich habe Dich mit Cat und Angel kämpfen gesehen, als war, als wärt ihr... eine Person. Ein einziges Bewußtsein. Es war... es war wunderschön", lächelte Buffy versonnen.
"Wann?"
"Mit Melody."
"Wir haben nicht Seite an Seite gekämpft." Spike war verwirrt.
"Doch, am Anfang. Ihr stand nebeneinander."
"Mit Danny und Dir."
"Das stimmt, aber Ihr hättet auch ohne mich gesiegt. Ich war überflüssig."
"Einer von uns hätte verletzt werden können, wenn Du nicht dagewesen wärst."
"Ja, das ist es doch! Ich bin gewöhnt, daß ich den Leuten das Leben rette! Aber da war ich nur eine Nebendarstellerin."
"Ego-Probleme, Jägerin?"
"Sehr lustig, Spike! Mir ist nur in den letzten Tagen klar geworden, daß ich diesmal so tief im Dreck stecke wie noch nie zuvor. Ich bin in Melodys Gewalt, die mich töten will und kann, eine Fremde ist in meiner Stadt, die mich im Kampf besiegen wird, Deine beste Freundin ist und vielleicht, während ich hier sitze, Angel wieder zu Angelus gemacht hat!"
"Er hat schon oft mit ihr geschlafen, seit er seine Seele hat."
"Aber wenn er sie wieder verliert, dann kann ich einpacken! Ernsthaft! Ich meine, dann habe ich drei Feinde, von denen mich jeder alleine töten könnte und gemeinsam..."
Spike nahm Buffys Hände in seine, "ich habe auch nachgedacht. Was hältst Du von einem Waffenstillstand? Nur, solange Melody in unserer Stadt ist."
"Du meinst wir beide zusammen? Du und ich auf einer Seite? Sunnydales Vampire und die Scooby Gang?"
"So ungefähr."
"Ich kann das nicht alleine entscheiden, aber von mir aus bin ich einverstanden!"
"Wir sollten darauf trinken." Spike griff grinsend nach ihrem Hals, zog sie zu sich.
"Das wagst Du nicht!", kicherte Buffy und boxte ihn spielerisch.
"Werde ich!"
Mit ihren Jäger-Kräften hielt sie den Vampir fest und flüsterte während eines Kusses, "ich kann mir besseres für heute vorstellen als Beißen..."
Nach mehreren Jahren als enger Freund des meistgehaßten Mädchens von Sunnydale hatte sich Xander an das wöchentliche Attentat gewöhnt. Aber Dru hatte in einem Punkt recht gehabt, gestand er sich widerwillig ein, diese Vampire waren Soldaten. Sie liefen nicht, wie die Sunnydaler Vampire, in seinen Pflock, diese setzten gezielte Tritte und Schüsse, warteten auf seine Erschöpfung.
Als er mit seinen letzten Kraftreserven seine drei Teamkollegen entdeckte, stockte ihm der Atem. Der Kampf der Vampire war voller Anmut, wie ein Tanz. Der rationale Teil seines Geistes sagte ihm, daß es aufgrund ihrer Erfahrung nur natürlich war, aber der andere Part war gebannt von diesen Figuren. Er war so gebannt von dem Bild, daß er den Kampf vergaß.
Drusilla hatte den jungen Menschen für keine Sekunde aus den Augen gelassen, als sie eine Feindin hinter ihm entdeckte, die ihre Pistole hob. Reflexiv setzten ihre fragilen Beine zu einem Sprint an.
Xander wunderte sich, als Dru, ins Vampirgesicht wechselnd, auf ihn zugerannt kam. Vielleicht war sie sauer, weil er sie angestarrt hatte, spekulierte er, als sie ihn schon auf den Boden warf.
Sie packte den Hals der menschlichen Frau, erklärte, "Miss Edith mag keine bösen Menschen", und senkte ihre Fangzähne in das warme Fleisch.
Als Xander seine Benommenheit abgeschüttelt hatte, ließ Drusilla den Körper seiner Beinahe-Mörderin gerade fallen. "Danke", war alles, was er herausbrachte und stand auf.
"Komm", zog ihn Dru hinter ein Auto. Sie nahm ihm Rucksack und Jacke ab, setzte ihn auf den Boden. "Alexander", Dru sah ihn ernst an, "die Frau hat auf Deine linke Schulter geschossen. Du bist verletzt."
"Wie schlimm ist es?"
"Ich weiß nicht. Was ist schlimm bei einem Menschen?"
"Danach, wie es weh tut... Drusilla, kannst Du mir sagen, wieviel Blut ich verliere?"
"Nur ein bißchen. Ich rieche es kaum."
"Gut, danke. Wie groß ist die Wunde?" Sie zeigte einen Kreis, halb so groß wie ein 10 Pfennig-Stück. "Ich kann meinen Arm nicht bewegen, holst Du bitte aus meinem Rucksack den Erste Hilfe-Kasten?"
Die Vampirin nickte und holte ein weißen Kästchen heraus. "Ist das es, Alexander?"
"Ja, das ist es, Drusilla. Ähm... hast Du überhaupt schon mal einen Verband angelegt? Ich meine, ganz früher, bevor Du zu einer Vampirin wurdest." Sie schüttelte den Kopf. Xander nahm ihre Hand in seiner, "wenn ich Dir ganz genau erkläre, was Du machen mußt, wirst Du mir dann einen anlegen? Bitte. Ich weiß, daß Du es kannst."
Dru legte nachdenklich ihren Kopf zur Seite. "Miss Edith mag Dich. Sie wird böse auf mich sein, wenn ich Dir nicht helfen kann. Sie wird sagen, daß ich es nur nicht genug versucht habe." Sie wechselte zurück in ihre menschliche Maske und öffnete den Verbandskasten, "wie stille ich die Blutung?"
"Das ist dafür, daß Du mich erschreckt hast!", pfählte Willow den letzten Vampir in der Garage. "Noch jemanden gefunden, Oz?"
"Nein, wir haben alle. Wo sind Sam und Lee?"
"Hoffentlich Staubhaufen! Weißt Du, was ich richtig gemein finde? Daß sich Cordelia gedrückt hat! Wir müssen hier kämpfen und sie sitzt jetzt gemütlich in Sunnydale."
"Es ist CORDELIA, Willow."
"Wenn ich es mir überlege... sie würde uns mehr behindern als nützen."
"Genau, laß uns die suchen."
"Okay."
"Du magst Helen, nicht?"
"Ich kenne sie ja erst seit heute Morgen. Aber sie ist in Ordnung. Ja, ich denke, ich mag sie..."
Als letzte kamen Drusilla und Xander zum Treffpunkt, eng umschlungen.
"Xander!", kreischte Willow.
Als Xander sich mit Drus Arm um seine Taille gegen den Gitterzaun lehnte, sah sie erst, daß sein T-Shirt zerfetzt war und seine linke Schulter in einer dicken Bandage eingepackt war. "Wenn es noch etwas schriller geht, dann platzt mein Kopf!"
"Es tut mir so leid, Xander", rannte sie zu ihm und umarmte ihn, "ich hab Dich mit Drusilla gesehen und da hab ich gedacht... Was ist passiert, wieso hast Du einen Verband?"
"Eine Menschenfrau von Melody hat mich angeschossen. Dru hat mir das Leben gerettet und mich verarztet. Wenn sie mich nicht zur Seite gestoßen hätte, hätte die Kugel mein Herz statt meine Schulter getroffen. Sie hat ihr eigenes Leben... äh... Unleben für mich riskiert." Unbewußt zog er die Vampirin noch etwas näher an sich heran.
Willow gefiel diese Vertrautheit zwischen Xander und Drusilla überhaupt nicht. Abgesehen davon, daß sie ein seelenloser Vampir und er der Vampir-Hasser der Scooby Gang war, würde Spike ihn umbringen, wenn er erfuhr, daß "Welpen" sich an seine Freundin rangemacht hatte. "Das war sehr nett von Drusilla. Ich fahre Dich jetzt besser in ein Krankenhaus!"
"Nein! Ich meine, Drusilla fährt mich ins Krankenhaus. Caitlin hat schon Lee das Auto holen geschickt, damit ich nicht so weit laufen muß. Dru kennt sich hier aus, sie hat mal in San Francisco gewohnt."
"Ich kenne mich hier genug aus!"
Drusillas Gesicht wechselte in ihre Vampirfratze. "ICH werde Xander zum Doktor bringen!", grollte sie.
"Hey, jetzt wartet mal, Caitlin ist auch ein Arzt..."
"...die keinen Operationssaal zur Verfügung hat! Da kommt Lee ja schon, Dru, Xander, Ihr fahrt ins Krankenhaus. Kommt im Anschluß bitte gleich ins Hotel, wenn irgendwas ist, Ihr habt meine Nummer."
Fassungslos starrte Willow ihrem besten Freund und ihrer Todfeinden nach. "CAT! Was hast Du Dir dabei gedacht?! Sie wird ihn aussaugen!"
"Drusilla ist unsere unstabilste Kämpferin. Ihre Abwesenheit wird uns am wenigsten schaden, außerdem vertraue ich ihr dabei. Sie hat unserem Welpen das Leben gerettet und, glaub mir, ich kenne sie, wenn sie sich so anstrengen mußte, um ihn zu retten, dann wird sie ihn nicht einfach töten."
"Nein, sie wird ihn töten und dann umwandeln!"
"Willow, ich bin hier der Boß und ich entscheide! Wenn Du damit ein Problem hast, kannst Du gerne verschwinden!" Caitlins Geduldsfaden war sehr lang, aber in manchen Lebenslagen riß selbst dieser.
"War nicht so gemeint. Es ist nur, Xander ist mein längster Freund und ich habe Angst um ihn."
"Drusilla wird ihn Dir lebendig und in einem Stück zurückgeben, vertrau mir. Im Moment müssen wir uns darauf konzentrieren, Deine beste Freundin aus Melodys Klauen zu holen, möglichst atmend!"
Bleiernes Schweigen herrschte in dem Kombi, während Drusilla die Straßen von San Francisco entlang raste und Xander versuchte, sich die Schmerzen nicht anmerken zu lassen. Jede Erschütterung konnte er in seiner Schulter spüren. "Ah", stöhnte er.
"Wie fühlst Du Dich, Alexander?"
"Ich werde es überleben. Aber diese eine Kugel tut mehr weh, als ich gedacht hatte."
"Hast Du Angst vor mir?"
Xander erstarrte. "Ähm..."
"Du hast Angst."
Er nickte nur leicht. Drusilla hatte die Fähigkeit, in die Herzen von Menschen und Vampiren zu sehen, hatte ihm Caitlin bewundernd erzählt. "Ich blute..."
"Ich werde Dich nicht essen, Alexander."
"Und umwandeln?"
"Ich will nicht von Caitlin gepfählt werden."
"Gute Mieze", tätschelte Xander den Kopf der Vampirin. Auf ihren fragenden Blick erklärte er, "war nur ein Spaß. Ich bin der Sarkastiker der Gang, verstehst Du?"
"Was ist eine Mieze?"
"Es ist ein Kosename für eine Katze. Und ich hab eine zu große Klappe! Äh... noch mal danke, daß Du meinen Kopf gerettet hast. Ich weiß nicht, ob es Dir was bedeutet, aber wenn Buffy Dich das nächste Mal töten will, werde ich versuchen, es ihr auszureden..."
"Das ist sehr aufmerksam, Alexander. Vertraust Du mir jetzt?"
"Ja, ich vertraue Dir, Dru. Aber wenn Du Dich nicht bald ans Tempolimit hältst, dann werde ich schon vor lauter Angst ins Gras beißen!" Die Vampirin machte eine Vollbremsung in den Straßengraben, durch die Xander nach vorne geschleudert wurde. Er verzog vor Schmerzen das Gesicht und kreischte vor Schreck. "DRUSILLA! BIST DU NICHT MEHR GANZ DICHT!", brüllte er dann.
Dru machte einen Schmollmund, wimmerte, "ich wollte doch nur nett sein."
"Genial, Xander!" Er drehte sich zu ihr, legte den gesunden Arm um sie, "es tut mir so leid, Dru, ich wollte Dich nicht anschreien. Kannst Du mir bitte verzeihen?"
Die Vampirin sah ihn mit zwei von blutigen Tränen roten Augen an. "Ja, Alexander", antwortete sie immer noch wimmernd. Sie wußte ganz genau, wie sie Menschen manipulieren konnte.
Xander gab ihr einen Kuß auf die Wange. "Fährst Du mich jetzt bitte ins Krankenhaus?"
"Gerne, Xander. Im Hotel werde ich Dich Miss Edith vorstellen. Möchtest Du mit Miss Edith Tee trinken?"
"Sage Miss Edith, daß es mir eine Freude wäre!" Er hatte keine Lust, sich mit einer Psychopathin zu streiten, welche die einzige Person war, die ihm helfen konnte.
Willow befürchtete, daß sie vor Sorge um Xander umkommen würde. Aber das Gegenteil geschah. Als der Kampf begonnen hatte, war sie schon dankbar, daß er gut aufgehoben war. Zumindest so gut aufgehoben, wie ein Mensch bei einem psychisch kranken Vampir sein konnte.
"Hey, schlaf nicht ein, Rotkäppchen!", trat Helen Willow auf den Fuß.
"Aua! Au! Ah! Du bist unfair, Hel!" Sie drückte ihr einen Pflock in die Hand und kämpfte weiter. Willow schnappte sich den erst besten feindlichen Vampir und pulverisierte ihn. "Das ist Balsam für mein Ego!", freute sie sich. Danach mußten noch zwei Menschen dran glauben.
Caitlin verlor sich ganz in dem Kampf, verbannte alle Geschehnisse um sie herum aus ihrem Kopf. Dieser Kampf war so, wie sie ihn sich wünschte. Grausam und Mann gegen Mann. "Diese kleine Hure weiß gar nicht, was sie mir für eine Freude macht", murmelte sie. Inzwischen hatten sie keine Zeit mehr, jeden getöteten Feind auszusaugen, ließen sie einfach liegen. Sie wirbelte ihren Pflock in einen weiteren Vampir und zog ihn gerade noch rechtzeitig heraus, bevor der Untote zu Staub wurde. "Das ist unfair! Du hast meinen Lieblingspflock verstaubt!", beschimpfte sie die Asche.
"Hör auf, um ein Holzstück zu Trauern und kämpf!", befahl ihr Angel mit einem Grinsen.
"Aye, aye, Sir!" Sie schlenderte zu ihm hin und schlug ihm eiskalt die Beine weg.
"Cat!"
"Gebe mir NIEMALS wieder einen Befehl!" Sie warf einen letzten amüsierten Blick auf den Mann am Boden, dann wandte sie sich wieder dem Kampf zu, als wäre nichts geschehen.
"Diese Frau ist unglaublich!", lachte Helen.
"Oh ja! Und ich würde keine Stunde mit ihr zusammensein können!", stöhnte Willow. "Meiner!" Sie drückte Helen zur Seite und pfählte einen Vampir.
"Hey, das war meiner!"
"Nein, Du hattest den letzten. Abwechselnd, erinnerst Du Dich?"
"Ich bin vielleicht tot, aber ich hab kein Alzheimer!"
"Sind Sie eine Verwandte von Mister Harris, Miss...?", sprach Xanders Arzt Drusilla an.
"Ich bin seine Frau, Misses Drusilla Harris. Darf ich fragen, wie es meinem Mann geht, Doktor?"
"Er hat nicht viel Blut verloren, aber ich möchte ihn über Nacht hier behalten. Zur Beobachtung. Er hat neben der Schußwunde in der linken Schulter auch diverse Prellungen. Darf ich fragen, wie er dazu gekommen ist?"
"Hat er es Ihnen nicht gesagt?", fragte sie gespielt verwundert.
"Nein, Mister Harris möchte nicht darüber sprechen."
"Sie müssen ihn verstehen, Sir, mein Xander ist sehr Stolz und er hat sich bei einer Schlägerei verletzt. Er hat verloren, verstehen Sie? Das hat sein Selbstbewußtsein beschädigt. Tun Sie mir bitte den Gefallen und sprechen Sie ihn nicht drauf an?"
"Es ist eine Schußwunde, das muß ich der Polizei melden."
"Das habe ich schon. Die Polizei will Morgen vorbeikommen und mit Ihnen sprechen."
"Exzellent, Ma'am. Möchten Sie jetzt zu Ihrem Mann?"
"Liebend gerne! Ich mache mir solche Sorgen um ihn!"
Inzwischen kämpfte Caitlin mit einem Schwert in einer Hand und einer Fackel in der anderen. Je näher sie an das Kontrollzentrum kamen, desto selbstmörderischer wurden ihre Gegner. Die Vampirin konnte ihre Verzweifelung spüren. Es spornte sie nur weiter an. Sie metzelte alles nieder, was ihr in den Weg kam. Es gab für sie nichts schöneres als ein richtiges Blutbad. Das erinnerte sie so an die guten alten Zeiten mit Angelus.
Wenige Minuten später hatten sie Melodys Soldaten vernichtend geschlagen und waren im Kontrollzentrum angekommen. Und alle machten lange Gesichter. Es war gerade mal fünf Meter breit und sechs Meter lang, in vier Reihen waren Computerterminals, Telefone und Faxgeräte aneinandergereiht, auf einem großen Monitor flimmerten Nachrichten.
"Das ist... nicht, was ich erwartet habe!", meinte Willow.
"Doch, ich hab mit so was gerechnet. Moderne Vampire organisieren sich über das Internet und benutzen lasergesteuerte Präzisionsgewehre", erklärte Caitlin ihr. "Willow, hack Dich ins Netzwerk und finde eine strategische Karte, Kaufverträge oder so was, was den Aufenthaltsort von Spike und Buffy enthält. Ich will die ganze Festplatte kopieren, weiß aber nicht, ob ein Virus installiert ist, deshalb mußt Du gleichzeitig anfangen. Der Rest durchsucht alles!"
"Du bist ein Hacker?", fragte Willow überrascht, während sie ihre Arbeit machte.
"Kann ganz nützlich sein."
"Wo hast Du das gelernt?"
"Ich hab mal für die Regierung gearbeitet..."
"Du warst beim Geheimdienst?!"
"Na ja, nichts großes, aber ich hab ein paar Dinge dort gelernt. Informatik, Umgang mit Sprengstoffen, Hacken, Operationen wie diese hier zu kommandieren..."
"Cool! Wie bist Du an den Job rangekommen?"
"Mein damaliger Freund war Abteilungsleiter beim CIA", erläuterte sie wie selbstverständlich.
"Und warum habt Ihr Euch getrennt?"
"Das haben wir nicht. Er wurde bei einer Auslandsmission enttarnt und exekutiert."
"Oh, das tut mir leid, ich wollte nicht..."
"Ich erinnere mich gern an ihn."
"War er der dritte?"
"Mm-hm. Er wußte, daß ich ein Vampir war, und es störte ihn nicht. Wie hätte ich es vertuschen können? Ich brauch Blut, meine Verletzungen heilen unnatürlich schnell, ich kann mich nicht lange in der Sonne aufhalten, habe keinen Herzschlag... Jedenfalls hatten wir ein paar gute Jahre. Wie weit bist Du, ich hab ein schlechtes Gefühl dabei?"
"Irgendwie werde ich immer blockiert, ich komm einfach nicht rein!"
"Laß mich mal ran." Caitlin nahm sich die Tastatur und tippte ein paar kryptische Befehle ein, wartete, tippte. Nacheinander erschienen Hinweise auf dem Bildschirm.
Access allowed
Data base is loading
"Voilà!"
"Wie hast Du das gemacht?"
"Erfahrung." Cat zuckte lächelnd mit den Schultern und ging zu ihrem Computer zurück.
Keine halbe Stunde waren sie fertig in der ehemaligen Spedition. Cat holte aus ihrem Rucksack Heroin und wies Helen an, die Beutel in der Lagerhalle zu verstecken. Dann deponierte sie überall in und um das Hauptgebäude Sprengstoff.
"Was wollen Sie damit machen?", fragte Oz.
"Das Haus in die Luft jagen. Ich will es wie die Rache einer verfeindeten Gang aussehen lassen."
"Aber dafür ist das doch viel zu wenig."
"An den richtigen Stellen plaziert, erreicht man auch mit wenig Mitteln ein passables Ergebnis." Sie sah auf ihre Uhr, "nur noch drei Minuten bis zur Explosion, wir sollten uns besser beeilen!"
In der Ferne war gerade die Explosion zu hören, als die Gruppe ihr Tempo verlangsamte. "Kann ich Dich mal was fragen, Cat?"
"Klar. Geht schon mal vor, wir kommen gleich nach!", befahl sie ihren Leuten.
"Danke. Und jetzt erzähl mir jede Einzelheit über Deinen CIA-Freund!"
"14 Jahre zu erzählen könnte etwas lang werden. Wo soll ich anfangen?"
"Wie habt Ihr Euch kennengelernt?" Willow war gespannt, zu hören, wie sich Caitlin in einen menschlichen Mann verliebt hatte. Vielleicht würde sie so Buffy und Angel besser verstehen. Auch wenn sie ahnte, daß Angel und Caitlin, wieder, ein Paar waren.
Mai 1981, ein Strand vor San Francisco
Die letzten Sonnenstrahlen, schon ungefährlich für einen Vampir, tauchten den Horizont in ein rotes Licht. Das Bild, daß sich bot, war unwirklich und wunderschön. Caitlin spazierte in einem weißen Sommerkleid den leeren Strand entlang, sah dabei aufs Meer hinaus.
Sie war vor zwei Wochen mit Danny und seiner Freundin nach San Francisco gezogen. Sie verband mit New York zu viele Erinnerungen an Angel, der sie vor vier Monaten verlassen hatte. Cat wollte nach Europa zurück, aber dann hatte sie hier eine Sicherheitsfirma angeboten bekommen. Da sie eine Veränderung suchte und Danny kaum Deutsch sprach, sie wollte nicht Angelus alte Kumpels in Irland treffen, darum nach Deutschland, wo Freunde lebten, kaufte sie die Firma. Sie war heruntergewirtschaftet, zugegeben, aber das Wohn- und Geschäftshaus war schon renoviert, in ein paar Tagen kam die Ausrüstung und zu dritt würden sie die ersten Aufträge erledigen können.
Sie war so ihn ihren Gedanken versunken, daß sie ihre Umgebung ganz vergaß. Als sie das nächste Mal aufblickte, erhellte der Vollmond die Küste. Dank ihrer Vampir-Sinne fiel ihr das Sehen leicht. Sie sah sich um, in der Hoffnung auf ein frisches Abendbrot. Sie war allein. Hatte sich da nicht etwas auf dem Wasser bewegt? Sie schaute genauer hin. Und sah einen Surfer.
Sie mußte nicht lange warten, bis er an Land kam. Mit ein paar Schritten war sie bei ihm. "Hi!"
"Hi!"
Er sah wirklich süß aus, mußte sie zugeben. Blond, blauäugig, braungebrannt, sportlich, Mensch, genau ihr Typ. Sie warf ihm ein umwerfendes Lächeln zu, "so spät noch am Surfen?"
"Man sollte den Tag nutzen."
Und auch noch diese Stimme. "Gutes Argument!"
"Hast Du Lust auf einen Drink?"
Lieferung frei Haus! Das hörte sich immer besser an. "Ich geh schnell nach Hause und zieh mir was anderes an, wir treffen uns in einer halben Stunde?"
"Okay. Am Pier ist so ne Disco, ich weiß den Namen nicht mehr..."
"Ich bin da!" Sie winkte ihm kurz nach und ging die fünf Minuten zu ihrem Haus.
"Ja und?"
"Was und?", ließ Cat sie zappeln.
"Bist Du in die Disco? Hast Du ihn gegessen?"
"Ich bin hin, aber er hat mich versetzt. Der Türsteher hat mir einen Zettel von ihm gegeben, daß er weg mußte und seine Telefonnummer. Ich hab ihn ins Meer geworfen."
"Und das ist alles? Du hast ihn nie wiedergesehen?"
Caitlin lachte leise. "Doch, und ob ich ihn wiedergesehen habe!"
Sommer 1982, San Francisco, vor dem Gebäude von McKee Security Inc.
Die Geschäfte liefen gut. Sehr gut. Sie waren inzwischen zwölf Bodyguards und mußten trotzdem noch Aufträge ablehnen. Caitlin, beste Kämpferin des Teams und überzeugter Single, ging scheinbar zur Mülltonne. Sie hatte seit Tagen das Gefühl, daß sie beobachtet wurden. Und tatsächlich, sie konnte ihren Stalker riechen. Ein Mensch, männlich, starker Adrenalinausstoß, Schweiß, er fürchtete vermutlich seine Entdeckung. Sie ließ sich nichts anmerken, schlich dann auf Zehenspitzen aus der Hofeinfahrt.
Ein Griff und sie zog den Mann an der Gurgel in den Hinterhof. Mit einer Hand hob sie ihn hoch und schlug ihn dann zusammen. Er rappelte sich auf, zog seine Waffe, die Cat ihm aus der Hand trat. Sie zückte ihre eigene. "Mit dem Gesicht zur Wand, Hände über den Kopf, Beine auseinander!", rief sie.
"Das werden sie bereuen, Miss."
"Nicht so sehr, wie Sie!" Cat ersetzte die Waffe in ihren Händen durch Handschellen, fesselte ihn. Dann schlug sie seinen Kopf gegen die Wand. "Ihr Name und der Ihres Auftraggebers! Sofort, oder ich mache Hackfleisch aus Ihnen!" Zum Beweis hielt sie sein Kinn in einer Hand, so, daß sie sein Genick mit einem Griff brechen konnte, mit der anderen durchsuchte sie ihn. "Danny, wir haben Besuch!"
"Tun Sie das nicht, ich warne Sie, McKee! Sie werden es bereuen!" Er wehrte sich, konnte sich sogar umdrehen, als Caitlin abgelenkt war. Ein Tritt in die Weichteile und er krümmte sich vor Schmerzen.
"Erstens: SIE sind nicht in der Position, MIR zu drohen! Zweitens: Ich hasse Drohungen!" Ein Tritt aufs Schienbein. "Drittens: Ich hasse Bluffs!" Sein Kopf machte Bekanntschaft mit dem Betonboden.
"Verdammt, Miss McKee! Ich werde Ihnen nichts sagen, egal, was Sie mit mir machen!"
"Das brauchen Sie auch gar nicht. Ich habe gerade Ihren CIA-Ausweis gefunden! Joshua Foster! Freut mich Sie kennenzulernen, Mister Foster! Kommen wir zur nächsten Frage: Wofür sind Sie hier?"
"Hi, Cat! Was gibt's? Uh, ich sehe, Du hast Dir schon einen Appetitanreger geholt! Darf ich ihn jetzt übernehmen?"
"Aber denk dran: Er ist ein VIP-Gast! Wir haben nicht alle Tage die CIA zu Gast!"
Sie gingen ins Büro, mit dem gefesselten und halb bewußtlosen CIA-Agent, brachten ihn in den Verhörraum. "Ich übernehme das hier", bot Caitlin großzügig an.
"Okay, ich bestell uns schon mal Pizza."
"Danke, Danny!" Sie umkreiste den, auf einem Stuhl sitzenden, Mann neugierig. "Kennen wir uns nicht? Ich habe das Gefühl, als hätte ich Sie schon einmal gesehen."
"Letztes Jahr am Strand, ich hab sie versetzt", lachte der Mann humorlos.
"Natürlich! Sie sind der Sunnyboy! Meinen Sie nicht auch, daß Sie mir eine Erklärung schulden?"
"Ich hatte einen Einsatz." Zwischendurch spuckte er Blut auf den Boden. "Hat Ihnen der Türsteher nicht meine Nachricht gegeben?"
"Hat er."
"Und?"
"Ich hab sie ins Meer geworfen. Ich bin nicht auf Männer angewiesen, die mich gleich beim ersten Date wie ein Stück Dreck behandeln!"
"Offensichtlich nicht. Sorry, ich war zwei Monate jeden Abend am Strand, weil ich gehofft hatte, daß sie wiederkommen."
Caitlin konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. "Und ich war zwei Monate NICHT am Strand, weil Sie sonst einen Notarzt gebraucht hätten!"
Foster lächelte, obwohl es ihm Schmerzen bereitete. Er war noch nie so von einer Frau fasziniert gewesen wie von McKee. Sie hatte eine gefährliche, aber auch mysteriöse Ausstrahlung. Er spürte, daß sie etwas dunkles umgab und er wollte unbedingt herausfinden, was. Selbst, wenn er dafür noch eine Portion Prügel einstecken mußte.
Die Vampirin besann sich auf das Verhör. "Also, Mister Foster, was haben Sie hier gesucht?" Sie schien gar nicht in Erwägung zu ziehen, daß er es ihr verschweigen würde.
"Wenn ich Ihnen das sage, muß ich Sie töten..."
"Ich glaube, daß ich gerade erst bewiesen habe, wie gut ich auf mich selbst aufpassen kann. Oder wollen Sie etwa kastriert werden?", fragte sie unschuldig.
"Das würden Sie wirklich machen?"
"JA!"
"Okay, ich sag's Ihnen! Unter einer Bedingung!"
"Welche?", stöhnte Cat.
"Sie gehen heute Abend mit mir aus!"
"Akzeptiert, und jetzt fangen Sie an, bevor ich Sie doch noch erschieße!"
Foster warf ihr ein Lächeln zu, bevor er begann. "Ihr neuester Klient hat unzählige Verbrechen begangen. Von Waffenhandel über Mord bis Erpressung von Politikern. Wir haben aber nicht genug Beweise, um ihn festzunehmen. Mein Team und ich haben den Befehl bekommen, diese Beweise zu finden. Als wir erfuhren, daß er von Ihren beschützt wird, habe ich sie beschattet. Ich hoffte, daß sie uns zu seinem Versteck führen, wo wir dann Wanzen installieren könnten. Das war alles!"
"Und was macht Sie so sicher, daß ich es meinem Klienten nicht erzähle?"
"Ich bin mir nicht sicher. Aber haben Sie mir eine andere Wahl gelassen?"
"Punkt für Sie! Was soll ich jetzt, Ihrer Meinung nach, tun?"
"Uns helfen?"
"Ich bin meinem Klienten gegenüber verantwortlich."
"Wieviel bedeutet Ihnen Gerechtigkeit, Miss McKee?"
"Gewonnen! Wir helfen Ihnen. Aber nach unseren Regeln: Wir erhalten alle Informationen, über die Sie verfügen und werden über jeden Fortschritt informiert, ich werde für Sie nicht das Leben meiner Leute riskieren. Des weiteren bezahlen Sie uns nach unserem Satz. UND ich will das von Ihrem Boss schriftlich bekommen!"
"Angenommen. Aber das mit meinem Boss ist nicht notwendig. Ich leite diese Ermittlung und kann Ihnen die Zusagen verbindlich geben."
"Dann arbeiten wir jetzt zusammen! Ach übrigens, Danny hat mir eben ein Zeichen durch die Tür gegeben, daß Ihre Identität überprüft wurde. Ich schlage vor, Sie gehen jetzt in ein Krankenhaus."
"Und der ist tatsächlich mit Dir ausgegangen?"
Caitlin nickte grinsend. "Er riskierte mindestens einmal pro Woche sein Leben, um in einem wahnwitzigen Manöver irgendeinen Schwerverbrecher zu finden. Da machte ihm ein bißchen mehr Gefahr nichts aus."
"Hast Du ihm gesagt, daß Du ein Vampir bist, bevor oder danach Du CIA-Agent wurdest?"
"Bevor. Nach... es müssen fünf Monate gewesen sein, als er durch Zufall merkte, daß ich keinen Herzschlag habe. Da mußte ich es ihm sagen."
"Wie hat er reagiert?"
"Zuerst hat er gelacht, dann war er sprachlos und danach neugierig. Aber er hatte nie Angst, daß ich ihn essen würde. Das habe ich ihm immer hoch angerechnet."
"Ich hätte einen Herzinfarkt bekommen!"
"Ach, er war ein Mystery-Fan. Da hat es ihm nicht so viel ausgemacht."
"Da hattest Du echt Glück, es sind nicht viele so cool."
Cats Handy klingelte. "Tschuldigung. Guten Abend, Caitlin", meldete sie sich auf dem privaten Handy. "Wie geht es Xander? ... Gut, oh das freut mich! Willow, Xander geht es gut, Drusilla ist bei ihm im Krankenhaus ... Ach ja, wieso? ... Okay, verstehe ich. Welche Diagnose hat der Arzt genau gestellt? ... Er ist in den besten Händen, ich kenne das Krankenhaus ... Nein, Dru, mach Dir keine Sorgen um ihn, er ist in den besten Händen. Nein, komm besser zum Hotel zurück, wir müssen was besprechen ... Okay, wir sehen uns dann."
"Was ist mit Xander?"
"Drusilla, er wurde in der Notaufnahme operiert und reißt schon wieder Witze, aber er soll über Nacht im Krankenhaus bleiben. Nur zur Beobachtung. Es geht ihm gut, Willow, er ist der Klinik, für die ich seit letztens arbeite. Dort sind die besten Ärzte von der ganzen Westküste versammelt."
"Kannst Du hierbleiben? Dann muß er nicht alleine nach Hause."
"Wir werden die Nacht noch nicht zurückfahren. Es ist jetzt schon Mitternacht, wir müssen erst zum Hotel, da muß ich Euch behandeln, das Flugzeug kann Nachts nicht starten, also müßten wir mit dem Auto zurück, das schaffen wir nicht bis Sonnenaufgang."
"Und wegen der Schule?"
"Ihr ruft Eure Eltern an und sagt ihnen, daß ihr bei Freunden schlaft. Ich habe eine Freundin in der Klinik, die Euch in die Akten einträgt und rufe Euren Schuldirektor an. Den verpaßten Lehrstoff bringe ich Euch bei. Sag mal, hast Du Dir nicht so schlimm den Magen verdorben?", griente Caitlin.
"Es ist schrecklich! Ich krümme mich vor Schmerzen!"
Teil 4
Mit Caitlin, Danny und Oz holte Willow am nächsten Morgen Xander in der Klinik ab. Dank ihren guten Kontakten zum Chefarzt wurde er schon um sieben Uhr entlassen, rechtzeitig vor Sonnenaufgang. "Hi Xander!"
"Hi Willow!"
"Wie fühlst Du Dich?"
"Als wäre ein Bagger über mich gefahren. Und damit meine ich nicht so einen kleinen Bagger, sondern einen richtig großen..."
"Verstehe. Kannst Du laufen oder soll ich die Schwester einen Rollstuhl bringen lassen?"
"Ich kann schon raus?"
"Ja. Caitlin kennt den Boß. Du mußt nur die Entlassungspapiere unterschreiben. Ach ja, ich hab Dir was zum Anziehen mitgebracht. Vampir-Stil macht Dir hoffentlich nichts aus." Sie öffnete eine Tasche und holte Kleidung raus, half ihn beim Umziehen.
"Alles ist besser als das Krankenhauszeug! Wie geht es den anderen?"
Willow wunderte sich darüber, daß er so ernst war. "Mehr oder weniger gut. Ich hab mir ne Rippe angeknackst, Oz hat einen Pflock in die Schulter bekommen, Dannys Arm und eine Rippe sind gebrochen, jeder von uns hat massenhaft Prellungen, Verstauchungen, et cetera, den Vampiren geht es auch nicht viel besser... Aber wenigstens haben wir es alle überlebt!"
"Wie geht es... Drusilla?"
"Hä?"
"Sie hat mir das Leben gerettet..."
"Soweit ich weiß, hat sie eine Gewehrsalve abbekommen, aber in zwei bis drei Tagen ist sie wieder ganz die alte."
"Ich hätte Euch helfen müssen!"
"Nein, Xander, Du hättest uns nicht helfen können, Du bist verletzt."
"Die anderen wurden auch angeschossen!"
"Ja, aber Vampiren macht das nicht soviel aus wie Menschen!"
"Weißt Du, was aus meinen Klamotten geworden ist?"
"Die Schwester sagte, daß sie nur noch blutige Fetzen waren und im Müll gelandet sind."
Er zog sich seine Jacke an und ließ sich vom Bett gleiten, "kein Problem. Können wir gehen?"
"Ja, klar!"
Der Chefarzt verabschiedete sich gerade von der Gruppe auf dem Flur, als Willow und Xander aus dem Zimmer kamen. "Hi!"
"Hi!"
"Hallo."
"Guten Morgen."
"Wo kann ich die Entlassungspapiere unterschreiben?"
"Hier sind sie", hielt Cat ihm einen Bogen vor die Nase.
"Danke." Xander unterschrieb und gab ihr den Zettel zurück.
"Ebenfalls danke. Wir müssen das nur abgeben, dann sind wir fertig. Wie geht es Dir, Xander?"
"Den Umständen entsprechend..."
"Wenn Du auch damit einverstanden bist, werden wir kommende Nacht zurückfliegen."
"Jepp! Wieder in dem coolen Jet?"
"Zu 99 Prozent."
"Dürfen wir Fotos darin machen? Cordelia wird ausflippen, wenn sie sieht, was sie verpaßt hat!"
"Sicher. Habt Ihr Lust, Euch heute die Stadt anzusehen?"
"Warum nicht?" Oz sah hoffnungsvoll zu seinen Freunden. Beide nickten.
"Du kommst mit zu Michael, nicht, Danny?"
"Natürlich. Wir setzen Euch irgendwo in der Innenstadt ab, von da kommt Ihr überall hin."
"Wer ist Michael?"
"Jemand", erwiderte Danny gereizt. Xander wollte gerade zu einem Protest ansetzen, als ihn Danny mit einem warnenden Blick zum Schweigen brachte. "Welpe, merk Dir eins: Vampirangelegenheiten sind Vampirangelegenheiten und gehen Euch Menschen einen Scheißdreck an!"
Die drei Teenager sahen ihn mit offenen Mündern an, dann Caitlin. Auch ihr Gesicht war zu einer eiskalten Maske geworden. "Hört auf Danny!"
Mit ihrem Mercedes fuhren Caitlin und Danny durch das dämmrige San Francisco in einen Slum. Sie hatte sich unter einer Decke auf dem Rücksitz verkrochen, er fuhr. Durch verdreckte Straßen, vorbei an Drogensüchtigen und Betrunkenen, bis er vor einem fensterlosen Lagerhaus, daß, nach dem Verfall zu urteilen, seit Jahrzehnten nicht mehr bewohnt sein konnte, eine Vollbremsung hinlegte und den Motor abschaltete. "Wir sind da, Cat! Noch kein Sonnenstrahl zu sehen, Du kannst aussteigen!" Aus dem Handschuhfach holte er eine Bombe mit blinkendem Zünder, verband sie mit dem Lenkrad.
"Das ist mein Glückstag!"
Beide stiegen sie mit gezückten Pistolen aus dem Wagen, gingen zum Kofferraum, legten die sündhaft teuren Kaschmir-Mäntel hinein. Darunter trugen sie Lederkleidung, Kampfkleidung, und ein beachtliches Waffenarsenal. Dann klappten sie den Kofferraum zu, verschlossen den Wagen aber nicht. Mit einem Lächeln auf den Lippen schritten sie zu dem Lagerhaus.
"Wir sollten uns diese Wegfahrsperre patentieren lassen!"
"Faszinierend, wie vielseitig verwendbar Plastiksprengstoff ist..."
"Mm-hm..."
Sie gingen zum Eingang, klopften. Dann preßten sie sich mit Pistolen im Anschlag gegen die Wand. Man konnte ja nie wissen...
"Wer ist da?", fragte eine männliche Stimme.
"Caitlin und Danny McKee, wir werden von Michael erwartet."
Nach ein paar Sekunden öffnete sich die Tür maschinell, sie gingen langsam hinein. Der Raum, in den sie kamen, war vollkommen dunkel. Plötzlich wurde das Licht angeschaltet. Sie waren in einem leeren, weißen Gang, in dem nur zwei Videokameras, ein Lautsprecher, Mikrofon und eine Neonleuchte hangen. Es gab keine zweite Tür, kein Fenster, nichts.
"Wie lauten unsere Befehle?" Keine Antwort, aber die Wand am Ende des Ganges fuhr nach oben, enthüllte eine weitere weiße Wand. Die Vampirin und der Mensch gingen darauf zu.
Als sie die erste Wand passiert hatten, fuhr sie wieder nach unten und ein Teil der zweiten Wand fuhr zur Seite, gab den Weg in eine kleine Liftkabine frei. Sie gingen hinein und die Tür/Mauer schloß sich. Der Aufzug war edel, Mahagoniwände, Kristalleuchter, Perserteppich, aber keine Knöpfe.
"Wow, die haben einiges getan, seid ich das letzte Mal hier war!", staunte Danny.
"Image ist alles!", lächelte Caitlin.
"Wo fahren wir hin?"
"Ich denke, zu Michael."
Nach einer ziemlich langen Fahrt hielt der Fahrstuhl wieder und die Türen öffneten sich. Danny verschlug schon der erste Blick, den er erhaschen konnte, die Sprache. Sie hatten SEHR viel seit seinem letzten Besuch geändert. Von einem langen Flur, im gleichen Design wie der Aufzug, gingen rechts und links Türen ab, er konnte nur erahnen, was sich hinter ihnen befand. "WOW!"
Ein Mann mit dem Aussehen von Ende 30, in vornehmem Anzug, führte sie durch den Flur. "Guten Morgen, Caitlin, Danny! Na, wie findet Ihr unser neues Innendesign?"
"Es ist atemberaubend! Richtig Ehrfurcht einflößend!"
"Das werte ich mal als Kompliment. Hier ist schon mein Büro." Michael ließ sie in das "Büro", die gleiche Innenarchitektur, ein riesiger Raum. "Nehmt bitte Platz."
"Danke." Cat und Danny setzten sich in eine Couchecke.
"Darf ich Euch etwas zu Trinken anbieten?"
"Wenn ich mich recht erinnere, hattest Du immer einen köstlichen irischen Whiskey..."
"Pur wie immer?"
"Klar", lächelte Caitlin.
"Und Du, Danny?"
"Bitte einen Cognac. Aber einen kleinen, ich muß noch Auto fahren."
"Wie Du wünschst." Er teilte Whiskey und Cognac aus, genehmigte sich ein Glas Rum. "Wenn Ihr möchtet, könnt Ihr nach unserem Gespräch gerne noch die Trainingseinrichtungen nutzen. Wir haben nicht nur die Inneneinrichtung modernisiert..."
"Das Angebot nehmen wir gerne an."
"Nun?"
"Hm? Ah, Du möchtest wissen, wie es gelaufen ist. Hervorragend! Mit der Hilfe einiger örtlicher Vampire und des Teams der Jägerin konnten wir den gesamten Festplatteninhalt Dir überspielen und das Gebäude unnutzbar machen. Alle Feinde wurden eliminiert."
"Das sind großartige Nachrichten, Caitlin! Du weißt, daß unsere Chancen auf Erfolg bei der Vernichtung von Melody erheblich steigen würden, wenn uns die Jägerin zur Verfügung stände. Wie kommst Du bei ihrer Beifreiung voran?"
"Wir wissen, wo sie festgehalten wird. Aber meine Kämpfer müssen sich vor der Stürmung mindestens 72 Stunden regenerieren."
"Ja, ich habe Deinen Bericht über die physischen Schäden gelesen. Wir haben nicht genug Zeit, um auf die vollständige Genesung der Menschen zu warten."
"Ähm... sie werden auch vor ihrer vollständigen Genesung kämpfen. Sie sind die FREUNDE der Jägerin", erinnerte Danny.
"Ich möchte Montag um diese Zeit von Dir wissen, ob sie innerhalb der nächsten 24 Stunden stürmen können. Wenn nicht, schicke ich Dir ein Sonderkommando."
"Danke, Sir."
Jemand klopfte an. "Kommen Sie herein!"
Ein Mädchen kam mit einem Aktenordner hinein. "Sir, die Computerabteilung läßt Ihnen das bringen."
"Danke, Sie dürfen gehen."
"Ja, Sir."
Michael überflog schnell die Papiere. "Ein grober Bericht über die Computerdaten! Du hast uns viele wertvolle Informationen beschafft! Möchtest Du ihn lesen?"
"Gern, danke."
Kurz vor Sonnenuntergang kamen Willow, Xander und Oz fröhlich ins Hotel zurück. Sie hatten den ganzen Tag San Francisco erkundet und schon beschlossen, in den nächsten Ferien wieder herzukommen. "Kommt Ihr noch mit zu mir?", fragte Willow hoffnungsvoll. Sie hatte wirklich keine Lust, alleine mit Drusilla zu sein. Die zwei anderen Teenager nickten.
"Jemand Zuhause?" Sie klopfte vorsichtshalber an.
"Willow! Komm rein, aber paß auf die Sonne auf!"
"Dürfen Oz und Xander..."
"Claro!"
"Hi Hel!", sie umarmte ihre neue Freundin kurz.
"Hi Willow! Wie ist die Stadt? Erzähl schon! Wollt Ihr ne Blut-Cola?"
"Äh... lieber nicht."
"Also?"
"San Francisco ist cool! Ich LIEBE diese Stadt!"
"Super! Geht Ihr heute Abend in die Disko?"
"Wir haben extra gesorgt, daß wir vor Sonnenuntergang zurück sind. Falls uns Vampire als Abendessen aussuchen..."
"Bitte! Lee und Mark kommen auch mit, wir könnten doch zusammen gehen."
"Was ist mit Sam und Carl? Ich will denen nicht unbedingt begegnen."
"Wollen in die Gothic-Bar. Wir haben so an ne ganz normale Disko gedacht, wo Menschen Freitags Abends tanzen, was trinken und so weiter, Ihr versteht?"
"Hört sich doch gut an!"
"Ja, komm mit, Willow!"
"Okay!"
"Was ist mit Dru? Sie kommt doch auch, oder?"
"Wollte eigentlich ein paar Gothics vernaschen, aber wenn sie hört, daß Du hingehst... Die ist verknallt in Dich, Xander!"
Xander sah sich hilfesuchend um, "äh..."
"Hat sich Cat schon gemeldet?"
"Nö. Jetzt will ich aber in jeder Einzelheit wissen, was Ihr heute gemacht habt!"
Samstag hatten die drei Teenager Giles eine Menge zu erklären. Trotzdem bereuten sie ihren Ausflug nach San Francisco nicht. Während die Vampire den Angriff planten, stellte die Scooby Gang Nachforschungen über ihre Generäle an. Sonntag Abend trafen sich in der Schulbibliothek Giles, Willow, Xander, Oz, Angel, Caitlin, Danny, Drusilla, Mark, Helen, Carl, Sam und Lee zu einer großen Einsatzbesprechung. Sie wußten, daß sie spätestens Dienstag Morgen handeln mußten.
"Also, um das noch ein letztes Mal klarzumachen: Wir haben KEINE Woche Zeit! Ich muß Morgen früh der Union versichern, daß wir innerhalb 24 Stunden die Sache beenden, sonst sind wir raus aus dem Rennen! Und ich kann Euch nur sagen, wo die Sondereinsatzkommandos der Union hintreten, da wächst die nächsten Jahrzehnte kein Gras mehr!"
"Ich wußte nicht, daß die Union auch Soldaten hat."
"Eine Art Prätorianergarde, die uns Magier befreit, wenn wir von Feinden gefangengenommen wurden, damit wir unsere Geheimnisse verraten. In diesem Fall ist die ganze Union bedroht. Das bedeutet, die Geiseln sind nur zweitrangig und werden eliminiert, um die Aktion nicht zu gefährden!"
"Aber wieso lassen wir nicht die Profis die Arbeit machen?"
"Cordelia! Das hat Caitlin gerade erklärt! Weil die "Profis" Buffy erschießen werden!"
"Wer es jetzt immer noch nicht verstanden hat, da ist die Tür!", maulte Helen.
"Wir machen jetzt weiter! Also chronologisch: Die Zenturien eins und zwei postieren sich auf dem Hauptfriedhof..."
"Was ist ne Zenturie?"
Zur Antwort würgte der Vampir Lee Cordelia.
"...Hauptfriedhof, warten auf ihr Signal. Eins kommandiert Samantha, zwei Mark. Scooby Gang, Danny, Helen, Lee, Dru und ich werden mit zehn Frischlingen das Lager angreifen, in dem Spike und Buffy festgehalten werden. Das wird nicht allzu schwer sein, da schon viele Kämpfer zum Friedhof sein werden, um Melody und die anderen Anführer zu beschützen. Wir kämpfen uns den Weg frei, holen sie raus und jagen das Ding hoch.
Jetzt kommt alles aufs Timing an. Wenn Melody die Nachricht erreicht, daß ihre Geiseln weg sind, wird sie unseren Plan kennen und den Kampf starten. Mit Spike und Buffy müssen wir so schnell es nur irgendwie geht zum Friedhof, um dort die Zenturien zu verstärken. Sie sind nur Kanonenfutter, die Melody beschäftigt halten, bis wir da sind.
Ab dann wird es wieder einfach. Wir pulverisieren und schlachten sie ab, gehen nach Hause, das war's! Hat irgend jemand INTELLIGENTE Fragen?"
"Wäre es nicht besser, wenn wir ein paar Leute auf dem Friedhof lassen?"
"Normalerweise schon, aber wir dürfen auf keinen Fall scheitern. Das wäre unser aller Tod. Deshalb gehen wir lieber auf Nummer sicher, Mister Giles."
"Was geschieht mit Melodys anderen Soldaten? Ich meine die, die nicht hier in Sunnydale stationiert sind. Wird sich die Union um die kümmern?"
"Ja, anhand unserer Daten können sie den ganzen Sumpf ausheben."
"Super! Ich möchte mit denen nämlich nichts mehr zu tun haben!"
"Denkst Du ich, Willow?"
"Nein, Hel. Aber Du hast Spaß am Kämpfen."
"Stimmt!"
"Dru, gehst Du heute mit mir ins Bronze?", flüsterte Xander der Vampirin zu.
"Ich freue mich darauf. Holst Du mich ab?"
"Klar!"
"Können wir BITTE noch mal aufs Thema zurückkommen?! Es gibt im Moment wichtigere Dinge als das Bronze! Also reißt Euch mal zusammen! Sam und Mark teilen sich die örtlichen Vampire auf, wie sie wollen. Der Rest untersteht direkt meinem Kommando. Die Anwesenden werden sich Morgen um 16 Uhr hier einfinden und aufteilen. Wegtreten."
"Kommst Du noch mit zu mir? Wir wollen später in Willys Bar."
"Klar! Oz?"
"Nee, danke. Ich hab gleich Probe mit der Band!"
"Schade", kicherte Willow und verschwand mit der Vampirin Helen in der Dunkelheit.
"Ciao!", verschwand auch Xander mit Drusilla.
Giles sah von seinen Büchern auf und beobachtete, wie auch Samantha und Carl zu ihrer Gruft, dann Angel und Danny, der Rest einzeln, verschwand. Nach Sekunden war er alleine mit Caitlin McKee, die noch ein Gespräch am Handy führte. "Teenager!", seufzte er.
"...Nein! Nein, Professor! Das ist keine Marketing-Strategie! Überlassen Sie mir die Presseerklärungen! Ich weiß, daß die Journalisten ein Statement verlangen, das ist normal, aber Sie dürfen jetzt nicht die Nerven verlieren. Kompromiß: Ich schicke Ihnen in ein paar Minuten eine grobe Presseerklärung, die können Sie spätestens in 15 Minuten verlesen. Einverstanden? ... Gut, ja, ich setze mich gleich dran. ... Nein, Professor, ich kann wirklich nicht zu Ihnen kommen! ... Guten Abend, Professor Schmidt!" Sie klappte das Handy mit einem Stöhnen zu und packte den Laptop aus.
"Ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn ich kurz eine e-Mail schreibe. Mein Kunde in Deutschland hat einen Star eingeliefert bekommen und jetzt braucht er schnell eine Erklärung für die Boulevardpresse. Es dauert auch nur fünf Minuten, Mister Giles!"
"Lassen Sie sich ruhig Zeit, Doktor."
"Danke!" Sie tippte mit geschulten Fingern ein paar Sätze in den Laptop, schickte dann die e-Mail ab.
"So, ich hoffe, daß er jetzt zufrieden ist!"
"Sie haben auch Kunden in Europa, Doktor McKee?"
"Ja, ziemlich viele sogar."
"Was genau ist Ihr Beruf?"
"Och, ich mache mehrere Sachen", wich sie der Frage, wie immer, aus. "Ich habe sowohl selbständig als auch in Kliniken als Allgemeinärztin praktiziert, hab ne Ausbildung beim CIA gemacht, war mal Killer, arbeite auch als Hacker und PR-Berater, hatte schon ne Sicherheitsfirma und mehrere Kampfsportschulen, unterrichte... Was man halt so macht, wenn man über vier Jahrhunderte alt ist."
"Interessant. In den Wächter-Tagebüchern konnte ich nur wenige Informationen über Vampire finden, die einer geregelten Arbeit nachgehen..."
"Sie können genausogut direkte Fragen stellen, anstatt um den heißen Brei herumzureden, Giles! Ja, es ist ungewöhnlich, daß Vampire menschlichen Arbeiten nachgehen. Aber vertrauen Sie mir, es gibt mehr als Sie denken! Ich kenne mindestens ein Dutzend. Lesen Sie mal die Tagebücher über einen Vampir namens Colin. Er hat vom 9. bis zum 18. Jahrhundert gelebt, war ein irischer Adliger und so eine Art Ritter, bevor er umgewandelt wurde. Sein Sire war ein großer und mächtiger Meister."
"Ich werde nachsehen, ob noch welche existieren." Die Wahrheit war, er hatte bereits anhand von Willows Informationen recherchiert, aber er wußte zu wenig über Colin, um ihn in den uralten, oftmals verschlüsselten, Aufzeichnungen zu finden.
"Machen Sie das. Und wenn Sie einen Übersetzer brauchen, Angelus und ich stehen Ihnen gerne zur Verfügung."
"Danke, das ist sehr großzügig. Haben Sie noch etwas Zeit?"
"Wenn ich welche hätte?"
"Ich habe seit Monaten einen Text herumliegen, der in einem Gälisch verfaßt ist, daß Angel nicht versteht. Würden Sie ihn sich bitte einmal ansehen? Er ist vermutlich aus dem 11. Jahrhundert."
"11. Jahrhundert, huh? Da hat es noch nicht mal meine Sippe gebeben, aber ich wird's versuchen. Wo ist das gute Stück?" Sie setzte sich an den Bibliothekstisch und wartete darauf, daß Giles zurückkehrte.
Es dauerte eine Viertelstunde, bis er das Buch wiedergefunden hatte. Mit einem entschuldigenden Lächeln legte er den verstaubten Wälzer vor Caitlin auf den Tisch. "Bitte."
"Das ganze Buch?"
"Am meisten interessiert mich diese Seite", er klappte eine auf, "Angel vermutet, daß es ein Bericht über den Höllenschlund sei."
"Wie gesagt, ich kann Ihnen nicht garantieren, daß ich das lesen kann."
"Trotzdem danke." Giles verschwand wieder irgendwo in der Bibliothek, um die Wächter-Tagebücher nach Colin zu durchsuchen.
Caitlin genoß die Stille, in der sie arbeiten konnte. Auf den ersten Blick machten die verschnörkelten Zeichen nicht mehr Sinn als ein Bild aus Farbklecksen. Sie wußte, daß früher solche Texte oft verschlüsselt waren, drehte das Buch in alle Richtungen, um einen Satz zu finden. Erfolglos. Danach versuchte sie sich die Zeichen anders vorzustellen, welche wegzulassen.
"Mist! Okay, überlegen wir mal. Irgendwie kommt mir das bekannt vor, als hätte ich es schon einmal gesehen. Aber wo und wann?"
1599, Irland, Gutshof von Colin und Caitlin
Caitlin stand in ihrem Ankleidezimmer und suchte mit ihrer besten Kammerzofe ein Ballkleid aus, ließ sich dabei von einem Dienstmädchen mit Wein bedienen. "Danke, Mary. Hol mir meine grüne Robe her, Bridget", befahl sie.
"Ja, Mylady." Die Dienerin holte ein prunkvolles Ballkleid heraus. Es war dunkelgrün, mit Perlen, Rüschen und kostbarer Spitze besetzt, ganz aus Samt.
"Das ist gut. Lege sie mir für den heutigen Abend bereit, mit den passenden Schuhen und meinem besten Geschmeide! Ich möchte nicht zu spät zu dem Ball kommen!" Die Zofe machte eine Verbeugung, als Caitlin den Raum verließ, um in die Bibliothek zu gehen.
An diesem Abend würden Colin und sie einen rauschenden Ball für einen Hüter der Union geben, der ein alter Freund von ihrem Mann war. Dafür verbrachte sie seit drei Monaten, seit sie von dem Besuch wußten, jede freie Minute in der Bibliothek, um über Magie zu lesen. Sie war eine gute Hexe, aber an diesem Abend mußte sie umwerfend sein.
In der Hausbibliothek ging sie zielstrebig an den "normalen" Werken vorbei, zur hinteren Wand, in der Hunderte Magie-Bücher standen. Der Großteil der Dienerschaft wußte, daß ihre Dienstherren Magier waren, aber sie wurden so gut behandelt, daß sie gar kein Interesse daran hatten, sie zu verlieren.
Sie setzte sich mit mehreren Büchern auf ein orientalisches Diwan, schmökerte auf der Suche nach einem Thema für den Abend. Die ersten zwei kannte sie fast auswendig, aber das dritte Buch weckte ihr Interesse. Der Umschlag war leer. Als sie es öffnete, fand sie seltsame Zeichen, die sie erst für uraltes Gälisch hielt, aber sie waren unverständlich. Sie versuchte alle Tricks, die sie kannte, aber die Zeilen ergaben nach wie vor keinen Sinn. Nur die Überschriften alle paar Seiten waren lesbar.
Plötzlich spürte sie kalten Atem in ihrem Nacken und wie sich zwei starke Arme um sie legten. Caitlin drehte sich lächelnd zu ihm um. "Colin, Du bist ja schon zurück!"
Wie immer war er perfekt in einem Samthemd mit Spitzen und Rüschen, weißer Hose und schwarzen Lederschuhen gekleidet, ein Schwert baumelte an seiner Hüfte, die kurzen blonden Haare fielen ihm ins Gesicht, gelbe Augen funkelten sie schelmisch an. "Ja, mein Liebling?", flüsterte er.
Sie lehnte sich verliebt an ihn und erklärte, "Ich habe Dich vermißt."
"Ich habe Dich auch vermißt. Ich habe einen dänischen Großhändler überzeugen können, unsere Waren zu kaufen."
"Das ist großartig!" "
"Hast Du alles für den Ball vorbereiten lassen?"
"Das müßt Ihr schon selbst erraten, mein Herr und Gebieter", neckte sie ihn. Cat gab ihm einen Kuß und zeigte ihm das Buch. "Colin, weißt Du, was das für merkwürdige Zeichen sind? Sind es Runen?"
"Nein, das Buch... diese "Zeichen" sind eine Geheimschrift der Union. Ich habe dieses Buch von Michael, es wurde vor 800 Jahren verfaßt. Der Code ändert sich nur alle 200 Jahre, deshalb kann ich es noch lesen."
"800 Jahre? Unglaublich! Darf ich fragen, was in ihm drinsteht? Es ist nur eine Frage, ich bin nicht wütend auf Dich, wenn Du es mir nicht sagst."
"Ich liebe Dich und ich vertraue Dir, Caitlin, das weißt Du doch! Hier das zum Beispiel ist ein Zauber um in eine Parallelwelt zu reisen...", begann er.
"Oh mein Gott!", stöhnte Caitlin.
Giles ahnte, daß dieser Gesichtsausdruck kein gutes Zeichen sein konnte. "Stimmt etwas nicht, Doktor McKee?"
"Jein. Der Text dieses Buches hier ist verschlüsselt. Ich habe diesen Code schon einmal gesehen."
"Und, was steht drin?"
"Ich habe ihn GESEHEN, nicht GELERNT. Es wäre unsinnig gewesen, einen so alten Code zu erlernen."
"Wann haben Sie ihn schon mal gesehen?", fragte Giles ungeduldig.
"Um 1600 in den Archiven meines Mannes. Der Inhalt dieses verstaubten Wälzers hier ist ganze 1200 Jahre alt!"
"Ich glaube, ich brauche ein Hörgerät, ich habe 1200 verstanden."
"ICH SAGTE 1200!" Besorgt beobachtete Caitlin, wie jegliche Farbe aus seinem Gesicht wich. Bevor er einen Kreislaufkollaps bekam, hatte sie ihn aufgefangen und leitete Erste Hilfe-Maßnahmen ein.
Nach ein paar Minuten wachte Giles zum Glück wieder auf. Cat war direkt bei ihm. "Mister Giles, Sie hatten einen Kreislaufkollaps. Haben Sie Schmerzen?"
"Nein, danke für Ihre Hilfe. Ich hatte nur einen seltsamen Traum. Ich habe geträumt, daß das Buch 1200 Jahre alt ist."
"Ich möchte nicht, daß Sie wieder in Ohnmacht fallen, aber das ist es. Vielleicht bringe ich Sie besser in ein Krankenhaus."
Alle Alarmglocken schrillten bei dem Wächter. "Dafür ist jetzt keine Zeit! Wenn das Buch so alt ist, muß es sehr wortvoll sein. Was steht da drin?"
"Tja, das würde ich Ihnen sagen, wenn ich es wissen würde!"
"Wie viele Personen können den Text entziffern?"
"Theoretisch jedes Unions-Mitglied, daß vor 1200 Jahren ein Hüter war."
"Und wie viele sind das?"
"Keine Ahnung, aber mehr wie ein paar Dutzend werden es auf keinen Fall sein. Zumal DAS Wissen nicht weitergegeben wird. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, den Text zu entschlüsseln: Entweder man findet jemand, der den Code entschlüsseln kann oder man hat Zugriff auf die Legende im Zentralarchiv."
"Kann man den Text mit einem Computer dechiffrieren?"
"Ich denke nicht. Aber soweit ich weiß, wurden so kompliziert nur sehr wichtige Texte verschlüsselt."
"Worüber zum Beispiel?", fragte Giles, schlimmes ahnend.
"Reise in Parallelwelten, Zeitreisen, Beobachtungen von Vergangenheit und Zukunft, Herstellung von unbesiegbaren magischen Waffen, Apokalypsen auslösen..."
"Wollen Sie damit sagen, daß, wenn das Buch in falsche Hände gerät und es derjenige entschlüsseln kann, wir..."
"...ein echtes Problem haben! Ich habe von den Überschriften die mit dem Höllenschlund übersetzt. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, es handelt sich um einen Zauber, mit dem man die Kraft des Höllenschlunds nutzt, um die Vergangenheit zu ändern."
"Das gibt eine Katastrophe!"
"Allerdings!"
Giles schwieg für eine Weile, faßte in der Zeit einen Entschluß, "So sehr ich dieses Buch auch studieren möchte, es ist besser bei Ihrer Union aufgehoben. Ihre Magier haben es erstellt und wir Wächter haben kein Recht, die Menschheit zu gefährden, nur um unser Wissen zu erweitern."
Caitlin war gerührt von seiner Weitsichtigkeit. Hätte er das Buch nicht freiwillig herausgegeben, hätte sie es mit Gewalt nehmen müssen, um die Sicherheit der Menschen nicht aufs Spiel zu setzen. "Vielen Dank", sagte sie ehrlich. "Ich werde dafür Sorge tragen, daß Sie über unsere Fortschritte soweit informiert werden, wie es möglich ist."
"Danke. Kennen Sie jemanden, der das Buch beschützen kann, während Sie Buffy befreien?"
Sie nickte und tippte in ihr privates Telefon eine Kennzahl ein.
Der Empfänger des Anrufs hatte gerade eine Besprechung mit seinem Team, als sein Notfall-Handy klingelte. "Entschuldigung." Er stand vom Konferenztisch auf und nahm das Gespräch an. "Michael, guten Abend!"
"Caitlin..."
"Ich bin in einer Konferenz, ruf mich später zurück."
"Nein! Warte, Michael!"
"Mach es aber kurz, ich hab zu tun."
"Der Wächter der Jägerin hat mir ein Buch übergeben, daß dem Code nach 1200 Jahre alt und von einem Hüter der Union geschrieben sein muß. Du bist der einzige Autorität auf diesem Gebiet in ganz Nordamerika, Michael, Du mußt so bald wie möglich Sunnydale kommen!"
Eine quälend lange Zeit herrschte Stille am anderen Ende der Leitung. "Michael? Sag bitte etwas, wenn Du aufgelegt hast, bring ich Dich um!"
"Hab nur befohlen, mein Flugzeug und das Auto vorzubereiten. Bin in zwei bis drei Stunden da."
"Wir sind in der Bi..."
"Keine Zeit! Bye!"
"Wir haben Code Blau! Rok, ich brauche in 15 Minuten eine Prätorianergarde in meinem Wagen! Sie, Ashley, Martin kommen mit! Ich muß im Auto Jennifer sprechen! Hopp, hopp, wir haben nicht bis Morgen Zeit!"
"Wie lange bleiben wir, Sir?"
"Paar Stunden!"
"Wie ist es gelaufen?", fragte Giles mit seinem patentfähigen besorgter-Wächter-Gesicht.
"Der Experte ist in zwei, drei Stunden hier."
"Lebt er hier in Sunnydale?"
"Nein, in San Francisco."
"Aber...?"
"Er fliegt mit seinem Privatjet. Ich würde vorschlagen, daß wir uns etwas zu Essen bestellen und warten. Er wird hierher kommen wollen, um mit Ihnen zu sprechen."
Giles konnte sein Glück nicht fassen. Er würde mit einem Experten der Union sprechen dürfen!
Die Stunden waren bei chinesischem Essen und Erfahrungsaustausch schnell vorbeigeflogen. Cat und Giles hatten vergessen, daß Michael jeden Moment kommen konnte. Erinnert wurden sie daran erst, als sechs Prätorianer mit schwarzen Anzügen, Sonnenbrillen, Funkgeräten und gezückten Pistolen plötzlich in die Bibliothek stürmten. "Keine Bewegung und es geschieht Ihnen nichts!", befahl ein Mann und tastete Giles ab. Er sprach in sein Funkgerät, "gesichert, kommen Sie."
Flankiert von sechs weiteren Frauen und Männern betrat Michael die Bibliothek. Von seinen Beschützern wäre er nicht zu unterscheiden gewesen, hätten sie ihn nicht übereifrig beschützt. Mit einer Handbewegung ließ er seine Eskorte anhalten und ging nur mit einem Jungen auf den Wächter und Caitlin zu, mit einer weiteren sicherten sie ihre Pistolen.
Er reichte Giles die Hand. "Guten Abend, Mister Giles. Entschuldigen Sie bitte den Aufwand. Mein Name ist Michael, ich bin Hüter und Präfekt der Prätorianergarde der Union. Dies ist mein Lehrling Alessandro." Der Teenager deutete ein Nicken an und trat einen Schritt hinter Michael zurück.
Giles verarbeitete hastig die Informationen. Michael war nach Rang und Bodyguards zu urteilen ein hohes Tier und ein Soldat, aber auch ein Hüter. Darauf konnte er sich keinen Reim machen. Erst recht nicht, wie dieser Yuppie ein Experte für alte Texte sein konnte. Er war blaß und seine Hand hatte sich kalt angefühlt, wohl ein Vampir. Das würde vorige Fragen beantworten. Alessandro war höchstens 14.
"Zeigen Sie mir bitte das Buch?", riß Michael Giles aus seinen Gedanken.
"Bitte? Ah, das Buch. Selbstverständlich, Sir."
Dem irischen Prätorianergeneral blieb nicht verborgen, wie unsicher Giles war. "Wenn Sie ein Problem mit mir haben, Wächter, brauchen Sie es nur zu sagen. Dann schicke ich jemand anderes."
Der Engländer sah ihn erschrocken an. "Nein, Sir, ich habe kein Problem."
"Ich glaube", erklärte Cat, "daß Mister Giles verunsichert, weil er nicht weiß, WAS Du bist, Michael..."
"Das läßt sich leicht ändern. Ich bin 897 nach Christus als irischer Herzogssohn geboren und wurde mit meinem Bruder Colin 932 zum Vampir umgewandelt. Ich bin Caitlins Schwager."
Ein 1100 Jahre alter Vampir war das letzte, was Giles erwartet hatte. "Uh..."
"Noch etwas: Was in den Wächter-Tagebüchern über mich steht, ist bis in kleinste Detail war. Ich bin gewalttätig, gewissenlos und eine Ausgeburt der Hölle und jetzt zeigen Sie mir bitte endlich das Buch!"
Er reichte dem Untoten, der sich an den Tisch gesetzt hatte, den alten Wälzer, "bitte."
"Danke."
Während Michael das Buch durchsah, unterhielt sich Caitlin leise mit Giles. "Es tut mir leid, ich hätte Ihnen vielleicht mehr über Michael sagen sollen. Aber glauben Sie mir, wenn man ihn besser kennt, ist er gar nicht mehr so ein Kotzbrocken. Er nimmt den Engländern nur noch die Besetzung von Irland übel. Aber im Vergleich zu Colin ist er Gold."
"Ich mache Ihnen keine Vorwürfe, Doktor McKee."
"Danke. Sie müssen wissen, daß er gewöhnt ist, zu kommandieren..."
Michael atmete zischend ein, gab leise, "tz, tz, tz", von sich. Ein regelrechter Gefühlsausbruch bei ihm. Seine Prätorianergarde sah ihn entgeistert an. "Dimitrij, nehmen Sie Ihre Männer mit und sorgen Sie dafür, daß wir auf keinen Fall gestört werden!"
"Aye, aye, Sir!"
"Darf ich bitte bleiben, Mylord?", flüsterte Alessandro mit gesenktem Kopf. Wie immer stand er einen Schritt hinter Michael. Nur beim Betreten des Raumes war er links neben ihm gegangen.
"Ich habe Ihnen nicht befohlen, zu gehen, also bleiben Sie!", grollte Michael im Vampirgesicht.
Giles machte sich eine gedankliche Notiz, Willow mit allen Mitteln davon abzuhalten, Caitlins Lehrling zu werden.
"Alessandro, setzen Sie sich bitte neben mich", bat Michael nun freundlich.
"Aye, aye, Mylord."
"Caitlin, Mister Giles auch." Es war üblich, daß ein Lehrling als erstes von seinem Hüter aufgefordert wurde. Als ein außergewöhnlich konservativer und drakonischer Hüter hielt er diese alten Sitten ein.
"Hast Du was gefunden, Michael?"
"Mister Giles, ich bin beeindruckt! Ich gehe anhand des ersten Eindrucks davon aus, daß dies ein Original ist. Wir wußten, daß von dieser Aufzeichnung eines Hüters zwei Exemplare existieren. Eines wurde im Besitz einer unserer Männer gefunden, als er wegen Ketzerei angeklagt war und mit ihm vernichtet, wir gingen davon aus, daß dem zweiten ein ähnliches Schicksal wiederfahren sei." Bei der Erwähnung der Inquisition klangen in seiner Stimme Selbstvorwürfe mit.
"Es freut mich, daß ich Ihnen helfen konnte."
"Das haben Sie. Ich werde Sie über meine Fortschritte auf dem Laufenden halten. Es würde mich freuen, wenn wir in Zukunft öfter zusammenarbeiten würden. Entgegen der allgemeinen Meinung ist die Union dem Council of Watchers nicht feindlich gesinnt. Wir schätzen es lediglich nicht, wenn IHRE Jägerinnen UNSERE Magier pfählen."
"Selbstverständlich... Wie kann ich Sie erreichen, Mister...?"
"Nur Michael." Er schrieb etwas auf einen Zettel. "Schicken Sie mir bitte einfach eine e-Mail an diese Adresse."
"Das werde ich machen. Wenn Sie möchten, würde ich Sie gerne Morgen der Jägerin vorstellen."
"Ähm... das wäre weder gesund für Ihre Jägerin noch für mich. Aber wenn Sie einmal Hilfe benötigen sollten, oder nicht genug Zeit für aufwendige Recherchen haben, ich möchte mich gerne bei Ihnen erkenntlich zeigen."
"Wenn Sie nur dafür sorgen, daß das Buch nicht in falsche Hände gerät."
"Darauf gebe ich Ihnen mein Wort! Und Sie können gerne Caitlin fragen, ich gebe normalerweise keine Versprechen", lachte er und stand auf. "Nun..."
"Wenn Sie wieder nach Sunnydale kommen, würden wir uns über Ihren Besuch freuen."
"Darauf werde ich zurückkommen. Obwohl der Höllenschlund, solange er geschlossen bleibt, nicht mein Hauptaufgabengebiet ist, habe ich gelegentlich hier zu tun. Nochmals vielen herzlichen Dank für das Buch. Die Union steht tief in Ihrer Schuld, Mister Giles."
"Ich hab es doch nur gefunden", stapelte der Wächter verlegen tief.
"Sie hätten es genausogut für andere Zwecke mißbrauchen können. Was die Befreiung des Meistervampirs Spike und der Jägerin Buffy Anne Summers, sowie die Zerstörung der regionalen Basis von Melody betrifft, wünscht Ihnen die gesamte Union viel Erfolg. Auf Wiedersehen, Mister Giles!" Michael reichte ihm seine Hand.
Er erwiderte den Händedruck, überrascht von den guten Umgangsformen des Vampirs, "auf Wiedersehen, Michael. Alessandro", lächelte er dem Jungen zu. Dieser nickte wieder nur. "Ich wünsche Ihnen einen guten Flug."
"Vielen Dank!" Hüter und Lehrling gingen nun wieder Seite an Seite, Alessandro zu Michaels Linker, um mit ihm einen eventuellen Angriff abwehren zu können. Als sie fast an der Tür waren, rief der Präfekt ihm nach, "lassen Sie die Finger von der schwarzen Magie, Ripper!", und verschwand in der Dunkelheit.
Mit offenem Mund sah Giles ihm nach. "Woher...?"
"Er informiert sich immer über seine Gesprächspartner, bevor er sie trifft. Wir sollten jetzt beide nach Hause gehen. Morgen wird ein anstrengender Tag."
