Übersetzt von Steffi Silberstreif
Harry rannte blindlings, bis ihn ein Stechen in der Seite stoppte. Dennoch ging er weiter, stolpernd, bis der Schmerz abklang. Er zwang seinen Verstand leer zu werden. Er wollte nicht denken. Er wollte nicht über Glynnis' Worte nachdenken. Er wusste, er hatte sie mit dem verletzt, was er gesagt hatte, wusste, dass sie möglicherweise verrückt wurde vor Sorge, aber das machte ihm nichts aus. Nicht jetzt. Jetzt wollte er nur die Leere. Die Leere meinte, er musste sich nicht mit seiner Vergangenheit beschäftigen. Oder seiner Zukunft. Alles, worum er sich kümmerte war die Gegenwart. Er würde sich darauf konzentrieren ,einen Fuß vor den anderen zu setzen. Dann, wenn er zu müde war, sich zu bewegen, würde er nachdenken.
Ein dumpfes Pochen in seiner Schulter erinnerte ihn daran, dass er den Arm aus der schlinge genommen hatte, als er losgelaufen war, und er blieb einen Moment lang stehen, um den schmerzenden Arm wieder zurückzulegen. Erst da nahm er sich Zeit, seine Umgebung anzusehen.
Harry war auf einer kleinen Straße mit Geschäften und Büros. Erschrocken bemerkte er, dass einige Geschäfte schon schlossen. Ihm war nicht klar, wie spät es war, aber ein Läuten in der ferne zeigte ihm, dass er schon einige Stunden lang unterwegs war. Ihn wurde jetzt auch bewusst, dass er ziemlich erschöpft war. er setzte sich schwer auf die Stufen eines leerstehenden Ladens und lehnte sich in den Türrahmen zurück. Von dort konnte er sehen, was geschah, ohne allzu viel Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er sah Menschen zu, die ihrem Leben nachgingen, und ihn nicht bemerkten. Er fragte sich, wie es wäre, normal zu sein. Nicht zu wissen, dass dunkle Zauberer in den Schatten herumschlichen. Die lähmenden Qualen des Crucitus-Fluches nicht zu kennen. Nie verwaist zu sein. Oder verwitwet. Dieser Gedanke kam ihm ungebeten. Er schon ihn beiseite. Niemals seine Familie durch einen einzigen Fluch zerstört zu haben. Du bist da nicht der einzige. Harry drehte den Kopf zu Seite, als ob er seinen eigenen Gedanken ausweichen wollte. Du bist nicht der einzige, der leidet. "Nein! das werde ich jetzt nicht denken!" rief er sich selbst zu. Deine Mutter. Dein Vater. Cedric. "Nein, nein," stöhnte er, seine Hände verschlossen seine Ohren. Die Diggorys. Neville. Sirius. Glynnis. Heiße Tränen brannten auf Harrys Gesicht, als er sie nicht mehr aufhalten konnte. "Sirius hat mich angelogen. Glynnis hat mich angelogen," sagte er sich. Niemand hat gelogen. Sie haben es die nicht gesagt, weil sie sicher sein wollten, dass du stark genug seiest. "Das nicht wahr! Sie wollten nicht, dass ich es weiß!" schrie er sein Unterbewusstsein an. Nein, Harry. Du hast unrecht. Sirius und Glynnis lieben dich. Sie wollen, dass du glücklich bist. "Sirius hat meine Eltern geliebt. Glynnis hat ihren Sohn geliebt. Sie beide benutzen mich, um das zu ersetzen, was sie verloren haben!" Harry würde seine Innere Stimme ihn nicht überzeugen lassen, auch wenn er den verdacht hatte, dass sie recht hatte. Warum lässt du dich nicht glücklich machen, Harry?
Die Frage kam tief aus seiner Seele, und sie erschrak ihn. Er dachte eine Weile darüber nach. "Ich habe das Gefühl, dass ich meine Eltern verrate. Ich habe das Gefühl, dass ich sie ersetze. Und das ich nicht richtig. Oder?" Harry war sich nicht sicher. Er wolle seiner Mutter und seinem Vater treu bleiben. Immerhin waren sie gestorben, damit er leben konnte. Aber er erinnerte sich nicht an sie. Er kannte sie nie richtig. Alles, was er kannte, war das elend bei den Dursleys, und auch auf Hogwarts fühlte er sich oft wie ein Außenseiter. Und bei Sirius und Glynnis hast du das Gefühl, dazuzugehören. "Meine Eltern..." Deine Eltern wollten, dass du glücklich bist. Sie haben nicht ihr Leben gegeben, damit deines jämmerlich wird. Sie hatten erwartet, dass Sirius dich aufzieht. Sie wussten nicht, dass du bei Vernon und Petunia landen würdest. "Aber..." Hör auf, Entschuldigungen zu suchen, Harry. Du willst bei ihnen sein. Du willst Teil ihrer Familie sein. Und sie wollen das auch. Warum kämpfst du so dagegen an? Harry blinzelte. "Ich weiß es wirklich nicht," sagte er laut.
Harry, was willst du? Eine Vision kam ihm, ungebeten. Ein Haus, von Blumen umgeben. Gelächter. Sirius, der neben ihm saß, als er das erste mal aufwachte, nachdem sie das Messer entfernt hatten. Glynnis, die ihn wegen Mädchen ärgerte, während sie Tee kochten. Liebe. Er wischte sich über die Augen. "Ich will nach Hause gehen." sagte er laut. Harry war sich nicht sicher, aber er hatte das Gefühl, dass sein Unterbewusstsein erleichtert aufatmete. Er stand von den Stufen des Geschäftes auf und ging zur letzten Kreuzung zurück, um zu seiner Familie zurückzukehren. "Meine Familie," sagte er zu sich selbst. Er klang schön. Harry erreichte die Hauptstraße und sah sich um. Der Verkehr floss schnell, und hohe Gebäude überragten kleinere Labensmittelgeschäfte.
Mit Erschrecken merkte Harry, dass er keinen Zauberstab hatte, kein Geld, und keine Ahnung, wo er war.
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"Hast du eine Ahnung, wo er ist?" fragte Sirius mental. Er und Glynnis gingen durch eine belebte Straße und suchten Harry. Er war als Hund getarnt, und benutzte seine feinen Hundesinne, um seinen vermissten Patensohn aufzuspüren.
Glynnis schüttelte ihren Kopf. "Ich habe keine Ahnung," sagte sie laut, sie hatte schon vor einer Weile aufgehört, mental mit ihm zu sprechen. Es war schwerer als sie gedacht hatte, eine telepatische Verbindung aufrecht zu erhalten, und sie braucht all ihre Kraft, um mit Sirius mental zu kommunizieren. Sirius hörte etwas Schmerz in ihrer Stimme klingen.
"Sind die Kopfschmerzen etwas besser?" fragte er.
"Ein wenig," gab sie schwach zu. "Es ist aber trotzdem noch schwer genug, mit dir Schritt zu halten."
"Ich denke, das ist nur, weil du es nicht gewohnt bist. Wie alles wird es durch Übung einfacher." versicherte Sirius ihr.
"Hmm. Denke ich auch. Erinnere mich daran, Dr. Attlewart deswegen zu fragen, wenn er wiederkommt, OK? Er wollte morgen wieder nach Harry sehen." Glynnis' Stimme stockte, als sie seinen Namen aussprach, und die Tränen, die sie zurückhalten wollte, drohten zu fließen. Auf einmal bog sie ab, in eine kleine Gasse, und setzte sich auf die harten Steine, ihr Gesicht in den Händen vergraben. Sirius legte eine Pfote auf ihren Schoß.
"Glynnie. Es ist in Ordnung. Wir werden ihn finden. Ich habe seine Spur noch. Er kann nicht weit sein."
"Oh Sirius! Er ist so alleine und ich weiß, dass er müde sein muss und er hat ein Geld und keinen Zauberstab. Und es tut ihm weh, innen. Ich weiß das. Oh, warum habe ich überhaupt etwas gesagt? Und warum habe ich darauf bestanden zu warten, bevor wir ihm nachgegangen sind? Ich hätte dich ihm gleich hinterherschicken sollen!" Glynnis' Sorge bekam Oberhand, und sie brach schluchzend zusammen. Starke Arme zogen sie heran, und sie fühlte sich an Sirius' warme Brust gedrückt. Sie lehnte sich an ihn und ließ ihre Trauer über die Vergangenheit und ihr Sorge über Harrys Verschwinden in einem Wortschwall aus sich heraus.
"Es ist alles meine Schuld," murmelte sie gebrochen, "Ich hätte es ihm niemals sagen sollen. Dir sagen sollen. Ich hätte es in der Vergangenheit lassen sollen, wo es hingehört."
"Sag das nicht!" warnte er freundlich. "Du hattest das Recht, es ihm zu erzählen. Es mit zu erzählen. Und wir haben das Recht, es zu wissen. Das ist wichtig. Es ist wichtig für das, was du bist und das, was wir sind und das, was wir werden. Harry hatte es nur nicht erwartet, das ist alles. Und ich denke, er hat sich auch noch nicht völlig von den Ereignissen beim Trimagischen Turnier erholt. Es war jetzt einfach zu viel für ihn."
"Dann hätte ich warten sollen," klagte sie.
"Er musste es früher oder später erfahren. Und wer weiß, später wäre es vielleicht noch schlimmer gewesen. Nein, Glynnie, du hast das richtig gemacht. Harry wird das schon schaffen. Du hast ihm Zeit gegeben, darüber nachzudenken. Wir haben alle zugestimmt, dass das eine weise Entscheidung war. Ich denke, ese ist sehr wahrscheinlich, dass er schon auf dem Weg nach Hause ist."
Glynnis schniefte. "Denkst du?"
Sirius nickte gegen ihren Kopf. "Ja."
Glynnis wischte sich ihr Gesicht am Ärmel ab und sah zu ihm hoch, dann sah sie schnell weg. "Oh Gott, ich muss jetzt aussehen..." Sie begann hektisch in ihren Taschen nach einem Taschentuch zu suchen.
"Hier." Sirius reichte ihr eins.
"Danke," murmelte sie. Dann sah sie ihn wieder an, ihre Augen vor Schreck geweitet. "Sirius! Du bist du selbst! Hat dich jemand gesehen? Oh, nein! Ich hätte niemals..."
Er stoppte sie mit einem Finger auf ihren Lippen. "Ah-ah. Ich habe keins mehr," deutete er lächelnd auf das nasse Taschentuch. "Niemand hat mich gesehen. Selbst eben warst du klug genug, und von der Straße wegzuführen. Nein, alle diese Leute gehen ihren eigenen Dingen nach, das ist, wie ich denke, nach Hause zu gehen. Und dahin werden wie auch eilen, sobald wir Harry gefunden haben. Und jetzt, wenn du dich bereit fühlst, kannst du ihn ja rufen." Glynnis sah ihn verwirrt an. Er lächelte und berührte ihre Schläfe leicht.
"Oh ja," lachte sie zitternd. "Das. Ich denke, ich bin so weit, es zu versuchen. Lass mich nur einen Moment lang durchatmen." Sie seufzte und lehnte ihren Kopf an den Mann neben sich. Es ist so lange her, dass sie jemanden hatte, der für sie da war. Es war ein wunderbares Gefühl. Und selbst jetzt, wo sie schrecklich besorgt um Harry war, wollte ein Teil von ihr diesen Moment ausdehnen.
Sirius legte seine Arme um Glynnis und fühlte sie seufzen. "Ich wünschte, ich wüsste, was ich in meiner elenden, selbstsüchtigen Jugend getan habe, um sie zu verdienen," dachte er. Dann lachte er.
Glynnis sah ihn unter ihren Wimpern an. "Was ist so lustig," fragte sie misstrauisch.
"Ich," sagte er grinsend. "Ich habe nur daran gedacht, dass ich etwas wirklich erstaunliches gemacht haben muss um dich zu verdienen. Ich wünschte, ich könnte mich daran erinnern, was das war."
Sie lächelte ihn an. "Hast du alten Damen über die Straße geholfen? Vielleicht einige Kätzchen aus einem brennenden Haus gerettet?"
"Er schüttelte seinen Kopf. "Nicht, dass ich mich daran erinnere."
"Wie wär's mit einem hohen Gebäude, das du in einem Satz erklommen hast?"
Jetzt war Sirius verwirrt. "Was?" fragte er.
Glynnis kicherte. "Ach, nichts."
Sirius zog sie näher in eine leidenschaftliche Umarmung. "Manchmal sagst du sie eigenartigsten Dinge."
Ihr Augen weiteten sich." Ich sage eigenartige Dinge? Ich bin nicht diejenige, sie sich so mir-nichst, dir-nichts in einen Hund verwandeln kann."
Sirius hob seine Nase und blickte auf sie hinab. "Das ist, weil du nichts als eine einfach Mugel bist und ich ein großartiger Zauberer."
"Ah. Ich verstehe." sagte sie, stand auf und staubte ihr Kleid ab. "Nun, da ist eine Sache, die du auf jeden fall hast und ich nicht, Rover."
"Und was ist das," fragte Sirius, der ein verspieltes Lächeln auf ihren Lippen sah.
Glynnis rannte los auf die Straße. "Flöhe."
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Harry ging um einige Häuserblocks und suchte nach etwas, das ihm bekannt vorkam. Schließlich setzte er sich müde und hungrig auf eine Bank vor einem großen Gebäude. "Ich werde nie nach Hause kommen," stöhnte er. Er hatte schon versucht, den Fahrenden Ritter herunterzuwinken, aber er merkte, dass er das nicht ohne seinen Zauberstab machen konnte. Er hatte versucht, nach der Richtung zu fragen, aber jeder, den er gefragte hatte, hatte ihm etwas anderes geantwortet, und bald war er verwirrter als vorher. Und zu allem Überfluss fing es jetzt auch noch an zu dämmern. "Denk nach, Harry," sagte er laut.
"Harry!"
Er hörte seinen Namen und drehte sich um. "Glynnis?"
"Harry, wo bist du?"
"Ich bin hier!" rief er. "Wo bist du?"
"Harry! Kannst du mich hören?"
"Natürlich kann ich..." fing Harry an, brach dann ab und fluchte leise einen Fluch, den er bei Dudley im Fernsehen gehört hatte. "Oh!" schlug er sich mit der flachen Hand an die Stirn. "Du bist manchmal so ein Idiot, Potter." Harry holte tief Luft und konzentrierte sich auf die Stimme in seinem Kopf. "Glynnis."
"Harry! Ist alles in Ordnung?" Er konnte die Sorge in ihrer Stimme hören und, und die beruhigte ihn. Wie hatte er an ihrer Aufrichtigkeit zweifeln können?"
"Mir geht es gut. Es ist nur..." Er konnte es nicht zugeben.
"Nur was?"
"Ich hab' mich verlaufen." gab er zu.
"Oh Harry." Harry konnte hören, wie ihr Gelächter ihre Gedanken färbte. "Wir sind auf dem Weg. Sirius nimmt deine Spur auf und dann sind wir sicher bald da. Kannst du mir etwas Auffallendes sagen, wonach wir suchen sollen?"
Harry sah sich um. "Ich bin in einer Geschäftsgegend. Da ist ein großes, graues Gebäude hinter mir." Harry drehte sich um, um den Namen zu lesen. Sie untergehende Sonne ließ die bronzenen Buchstaben leuchten. "Oh nein," stöhnte er.
"Harry?"
Harry wandte sich von den Buchstaben ab. "Ich bin bei Grunnings."
Ich freue mich über jedes Feedback - und Xanthia auch!
Und für alle die, die es noch nicht wissen: (Fast) alle personen in dieser Geschichte gehören JKR
