Teil: 1
by Phoenix
Juni 2000
"..." = Dialoge
//...// = Gedanken
*...* = extra betont
Langsam und geschmeidig fuhr die Limusine die Palmenallee entlang. Die
Sonne schien heiß und blendend und die Insaßen des langen Autos
genossen jede Sekunde wenn eine Zwergpalme die brennenden Strahlen vor
ihrem Fenster kurz abhielt. Das Auto bog in eine große Einfahrt ein,
die zu einem riesigen Grundstück führte.
Genauer gesagt war das Gründstück und die gigantlische Anlage
darauf, das Internationale Elite Internat Peacecraft. Ein riesiges weißes
Mauerwerk umrangte das geflügelte schloßartige Internat und
in der Mitte war ein elegantes großes Gitterwerk eingefasst. In einem
geschlängelten Silber-schwarz formten sich zartgegossene Blätter,
Blumen und andere symmetrische Stücke. Das Herz des Gittertors war
ein silberner Engel mit großen aufwendig gefiederten Flügeln
der eine goldene Pergamentrolle in der Hand hielt. Es war das Symbol des
Friedens, den die Federation und Sank Kingdom nach dem fast endlosen Krieg
unterschrieben und auf welches sie sich von da an ewigen Frieden geschworen
haben.
An den Mauern und am Gitter, die das Peacecraft Internat umrangten, waren überall kleine bunte Fähnchen und Blumenschmuck angebracht als wäre für ein großes Fest geschmückt worden. Als das weiße lange Auto an das Tor fuhr, hielt es an einem Kästchen neben einer großen Eiche an der Einfart des Gittertors an. Das vordere Seitenfenster der Limusine glitt automatisch auf und der Polizist der im Kasten saß, lehnte sich aus seinem kleinen Fenster und tauschte ein paar Worte, mit dem Mann der neben dem Fahrer des Wagens saß, aus. Nachdem der Polizist einem Wächter am Tor kurz zunickte, salutierte dieser und drückte auf einen Knopf an einer Anlage, die das große kunstvoll geschöpfte Gittertor langsam offen gleiten ließ. Kurz darauf fuhr die Limusine hindurch, und das Tor schloß sich wieder auf Knopfdruck.
"Wir sind da !", sprach ein Mann im Wagen zu dem anderen Mitreisenden.
" Bist du schon aufgeregt, mein Sohn?" Der Angesprochen fuhr erschrocken
auf und drehte sich zu dem Sprecher. Seine violetten großen Augen
waren noch ein bisschen irritiert und als die Worte des Mannes langsam
in sein Gehirn einsickerten, nickte er nur schwach und stieß ein
kurzes "Ja." hervor. Der ältere Mann lächelte warmherzig und
strich dem Jungen ein paar Kastanien-braune Haare aus der Stirn.
"Es wird dir hier gefallen. Da bin ich mir ganz sicher. In ein paar
Tagen hast du sicher schon viele Freunde gefunden."
"Darauf kannst du wetten!!", grinste der Junge. Sein Vater hatte genau wie er schöne violette Augen und helle Kastanien-farbene Haare. Der ältere Mann hatte früher als junger Bursche noch lange Haare gehabt, die in einem geflochtenen Zopf gebunden waren, doch jetzt als Erwachsener hatte er sie sich abschneiden lassen um dezenter auszusehen.
Auf einmal verschwand sein Lächeln. Er drehte sein Gesicht wieder
zum Fenster und schaute traurig auf das riesige Gebäude, welchem sie
sich stetig näherten.
"Wenn Mama doch nur hier sein könnte..." flüsterte er leise
vor sich hin, doch sein Vater hatte die Worte hören können. Sein
Blick verdunkelte sich auch, und er suchte nach milden tröstenden
Worten, - die Mutter des Jungen war vor ungefähr einem Jahr verstorben,
und natürlich war der Junge noch nicht darüber hinweggekommen.
-doch er scheiterte und atmete erleichtert auf, als der Wagen hielt. Diener
und Pagen begrüßten die Angekommenen herzlich und luden das
Ge-
päck, das anscheinend dem Jungen gehörte auf ihre Schiebegestelle
für Koffer. Als der Junge aus der Limusine stieg streckte er sich
müde und strarrte das riesige "Schloß" an. Er konnte nicht fassen
wie riesig es war und wie weit sich die Flügel des Gebäudes erstreckten.
Er hatte noch nie so ein enormes Internat gesehen.
Die Augen drohten ihm aus dem Gesicht zu springen und der Vater, dem
sein Erstaunen nicht unbemerkt geblieben war, lachte und tickte das Kinn
des Jungen an, um es zu schließen.
"Duo!!! Duo Maxwell, du alter Gauner!!!" Lachend wurde der Vater von
einem blonden Mann mit großen blauen Augen begrüßt und
fest umarmt. Er führte
Vater und Sohn weiter in sein Büro hinein und bat sie sich zu
setzen. "Quatre! Schön dich wieder zu sehen!" lachte der Mann und
deutete gleich auf seinen Sohn neben ihm auf dem großen weichen Sofa.
Dieser fuhr erschrocken auf, als er beim Betrachten einer kunstwoll geschöpften
Kamel-Statue unterbrochen wurde. Der nette blonde Mann musterte den Jungen
interessiert von oben bis unten, und fing an zu grinsen als er bemerkte
wie dieser beschämt auf den Boden sah. Plötzlich weiteten sich
seine Augen und er schaute überrascht zum Vater welcher amüsiert
lachte und dem blonden Mann zunickte.
"Das ist..? Ist das etwa...!!?"
"Ja," nickte der Vater wieder, "Das ist mein Sohn: Solo"
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"Wir sind da.", sprach die Sekretärin als sie vor einer Tür stehenblieb. " A28 Jungen-Sektion." Die kleine Frau mit den rotgefärbten Haaren und der großen Nase fingerte in ihrer Hosentasche herum und grinste triumphierend als sie einen Schlüssel herauszog und diesen hochhielt. "Heh...!", lächelte Solo etwas nervös und folgte der Frau nachdem sie die Tür sorgsam aufgeschlossen hatte. "Kommen sie Herr Maxwell!", winkte sie ihm zu und führte ihn ins Zimmer. "Ach...nennen sie mich bitte Solo...", sagte der Junge,dem diese Anrede etwas unangenehm und kühl vorkam. "Solo...", nekte die Rothaarige ihn und fing an wie ein Schulmädchen zu kichern. Irritiert strich der Junge sich ein paar hellbraune Haarsträhnen aus dem Gesicht. //Eh.....hätt' ich doch bloß meinen Mund gehalten..//, dachte er das Gesicht leicht verziehend als die Frau einfach nicht aufhören wollte zu kichern.
Als sie keine Luft mehr bekam drehte sich die merkwürdige Angestellte um und zeigte ihm das Zimmer. "Du wirst das Zimmer mit jemandem teilen."
"Hm? I-Ich dachte, das man hier Einzelzimmer haben kann!", fragte Solo
etwas überrascht.
"Kann man auch, aber dein Vater hat sich dafür entschieden, dass
du mit jemandem zusammen wohnst. Damit du schnell Freunde findest und nicht
einsam bist."
"Oh...",seufzte er als er die Ungestörtheit bildlich durch seine
Hände gleiten sah. Es war ein sehr großes Zimmer mit Balkon,
Bad und einem etwas kleineren
Lern-Raum angeschlossen. In diesem Zimmer waren riesige Regale mit
Büchern, Sofas, zwei großen Schreibtischen mit bequemen Sesseln
und PCs. Solo staunte nicht schlecht. Mit sowas hatte er nicht gerechnet.
Das Schlafzimmer war ebenfalls sehr schön eingerichtet. Zwei große
weiche Betten mit hübschen Kopfkissen, zwei Nachttische mit Lampen,
zwei große Schränke für die Kleidung und einem kleinem
Tisch der von mehreren Mahagoni-Stühlen umringt war. //Gar nicht mal
so schlecht...//, dache er, als er auf den Balkon heraustrat und die frische
Luft der Bäume einatmete. Er trat wieder ins Zimmer und lächelte
die Sekretärin zufrieden an.
"Gefällt es dir?", fragte sie stolz.
"Ob es mir gefällt? Natürlich!! Es ist einfach super!!" rief
er aus. Die Rothaarige nickte verstehend und blickte plötzlich auf
den Boden. Er folgte ihrem Blick und sah lauter Zeitschriften, T-shirts
und Schuhe auf dem Fußboden liegen. Er hatte die Gegenstände
die ganze Zeit durch die Aufregung nicht bemerkt und schaute der Frau fragend
in die Augen. "Hah," sie schüttelte ihren Kopf nachdenklich,dass ihr
ein paar rote Strähnen am Lippenstift hängenblieben. Solo verzog
noch einmal angeekelt
das Gesicht. "das gehört deinem Zimmerkameraden....Sky."
"Sky?"
"Ja. Er ist sehr unordentlich und beachtet selten die Regeln der Schule. Manchmal iin richtiger Rebelle..." Verwundert rieb sich Solo den Nacken. "Aber...", fuhr sie fort, "er ist auch ein echter Kavalier!"
Lachend klopfte sie dem Jungen auf die Schulter und sagte: "Ihr beide
werdet sicher gute Freunde!!" Schließlich erklärte sie ihm ein
paar Regeln für das Zimmer und
ließ ihn daraufhin kurz alleine. "Ich sag' dem Träger bescheid,
dass er jetzt deine Koffer hochbringen soll. Bleib' bitte solange hier.
Du kannst dich schon mal alleine umsehen." Damit verließ sie das
Zimmer und Solo fühlte sich auf einmal irgendwie einsam und verlassen.
Er wollte nochmal auf den Balkon hinaus, als die Tür plötzlich aufgerissen wurde und ein Junge in Schuluniform hereinstürmte. "Sky? Bist du hier?", rief der Junge sich umsehend. Solo trat auf den blonden Jungen zu, aber dieser starrte ihn nur überrascht an.
"Uh...wer..Wer bist DU??" stotterte er etwas irritiert. "
Ich heiße Solo.", antwortete der Angesprochene schüchtern.
"Ach! Bist du der Neue?!!"
"Ja, ich ziehe in dieses Zimmer ein."
"Oh! Cool, aber ich muss jetzt weiter. Weißt du zufällig wo Sky sich rumtreibt?"
"Eh...nein, tut mir leid."
"Kein Problem! Ciao!", verabschiedete sich der blonde Junge mit einem Grinsen. An der Tür blieb er stehen und drehte sich nochmal um.
"Ach übrigens,...ich heiße Jayce!"
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Der Träger hatte bereits Solo's Gepäck hinauf ins Zimmer gebracht,
und dieser war mittlerweile mit seinem Vater und Mr. Quatre Winner auf
einer Besichtungstour durch den Schul-Campus. Solo war total aufgeregt
und konnte sich gar nicht satt sehen. Das Internat bot den Schülern
viele Freizeit- und Lern-Möglichkeiten. Es gab Schwimmbäder,
Tennis-, Basketball- und Fußballplätze, kleine Wintergärten
in denen Interessierte Blumen und andere Pflanzen aufziehen konnten, Kunst-
und Handwerksstätten, große Aufenthaltsräume und vieles
mehr. Mr. Maxwell konnte ein Grinsen kaum hinter seiner Hand verbergen,
als Solo errötete als einige Schulmädchen an ihm vorbeigingen
und sofort anfingen zu kichern und zu tratschen. Man konnte Wörter
vernehmen wie: "Uhh!!!" , "Ist der neu?" und "Wie süüüß!".
Er rieb sich verlegen den Nacken und versuchte so wenig wie möglich
aufzufallen.
In der Cafeteria tranken sie dann einen Kaffee und Mr. Winner erzählte ihnen mehr über die Aktivitäten und jährlichen Schulausflüge. Doch Solo hörte nicht zu. Er war damit beschäftigt, die Jungen und Mädchen in der Kantine zu beobachten und schaute immer wieder schüchtern zurück auf seinen Schoß, wenn er bemerkte wie ein paar Schüler ihn ansahen oder zu anderen auf ihn deuteten. Der Schweiß lief ihm den Rücken runter. Am Anfang hatte er laut protestiert. Er hatte überhaupt keine Absicht in einem Internat zu leben. Weit, weit entfernt von seinem Vater. Und jetzt da seine Mutter nicht mehr lebte....
Wieso musste das Schicksal so grausam sein?
Solo konnte und wollte sich nicht damit abfinden. Und wenn schon!?
Es war doch egal wenn sein Vater viel verreisen musste um seiner zeitbeanspruchenden
Arbeit nachzukommen! Er könnte ihn doch mitnehmen! Aber nein! Sein
Vater fand es viel zu gefährlich! Und es würde seiner schulischen
Laufbahn nicht gut tun! Hah! Wer's glaubt. Wiederum wollte er seinem Vater
nicht auf die Nerven fallen. Er war ein hart-arbeitender Mann und seine
Sorgen wurden durch den Tod seiner Frau
noch viel schwerer. Solo hatte seinen Vater bis auf heute schon lange
nicht mehr lächeln sehen. Vielleicht war es diesmal ja nur gespielt,
um den Abschied etwas einfacher zu machen.
"Solo?"
"Hm?
"Trink' deinen Saft aus, Junge! Ich muss bald gehen.", sagte der Vater. Er sah etwas traurig aus.
"Hn." Solo verzog auf einmal wütend das Gesicht und schaute böse auf sein Glas. Als wenn er es nie austrinken wollte, damit sein Vater nicht gehen konnte.
"Na?"
Solo seufzte laut und zwang sich dann den Rest auszutrinken. Kurz darauf brachen sie auf.
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Schließlich war es soweit. Der Moment des Abschieds war gekommen. Vater und Sohn standen sich gegenüber, Mr. Winner hielt sich im Hintergrund und tauschte ein paar Worte mit dem Chauffeur aus.
"Solo, ich glaube nun ist es soweit.", sagte der Vater in einer etwas gedrückten Stimmung. Sein Mund lächelte, aber seine Augen betrogen ihn. Solo schaute böse auf den Boden. Seine Hände waren an seiner Seite zu Fäusten geballt und er war total verkrampft. Noch nie im seinen Leben war er ohne den Vater gewesen. Und jetzt sollte sich das schlagartig ändern. Natürlich würde er ihn in den Ferien und zu Weihnachten sehen. Sein Vater versprach ihm sogar, dass er sich Zeit nehmen würde, um mit ihm 2 Wochen nach Australien zu fahren. Aber das war ihm egal. Hatte sein Vater denn kein Herz? Ihn einfach so zurückzulassen? Und obwohl seine Mutter vor kurzem gestorben war?
"Hey...! So-chan! Komm' schon. Schau nicht so! " Mr. Maxwell versuchte ihn etwas aufzumuntern. Solo blickte langsam hoch. Obwohl er es sich vorgenommen hatte! Obwohl er sich geschworen hatte nicht zu weinen, füllten sich seine Augen langsam mit Tränen. Tränen der aufgestauten Wut, Trauer und Angst. Als die erste Träne drohte zu rollen, wischte der Vater sie mit seinem Daumen weg.
"So-chan...Wir sind das doch alles schon durchgegangen, oder?"
Mehr Tränen fingen an ihm über die Wangen zu laufen. //Solo! Du blöder Idiot! Schau´ nur wie du aussiehst. Was werden sie nur alle von dir denken..? Was wird Vater von dir denken? Mensch, reiss dich zusammen!!//
Beschämt nahm Solo seinen Ärmel und wischte sich sein Gesicht ab. "Papa..." stieß er hervor und umarmte seinen Vater verzweifelt. Mr. Maxwell streichtelte Solo´s Rücken in einer beruhigenden Bewegung. "So-chan... in sechs Monaten komme ich dich besuchen, und dann machen wir Urlaub! Nur du und ich! Du schreibst mir doch jede Woche, oder?"
"Ja.", murmelte Solo während er tief einatmete um den Duft seines
Vaters ein letztes Mal einzunehmen.
"Ich..-Ich suche jemanden. Einen guten Freund von früher. Heero
Yuy. Es...ist sehr wichtig für mich, So-chan.."
"Ja, Papa..." sprach er ganz benommen. Mr. Maxwell ließ seinen Sohn wieder los und strich ihm, wie aus Gewohnheit, wieder ein paar hellbraune Haarsträhnen aus dem Gesicht. Er lächelte seinen Sohn an.
"Mach's gut, Solo!"
"Auf Wiedersehen Papa..."
Zufrieden klopfte er dem Jungen auf die Schulter, und wandte sich dann Mr. Winner zu. Er dankte ihm für alles und vertraute dem großen blonden Mann seinen Sohn an. Noch einmal drehte er sich zu Solo und sprach lächelnd: "Bye, So-chan!" Schließlich stieg er in den Wagen und fuhr davon. Solo winkte ihm noch lange nach. Bye Paps...
Der Wind wehte Kirschblüten umher und blies durch sein Haar. Er hatte das Gefühl, dass das Auto nicht nur seinen Vater davontrug. Nein, es war noch mehr... Ein wichtiger Teil von ihm fehlte und er war sich sicher das sein Vater diesen Teil mit sich genommen hatte.
Plötzlich fühlte er eine warme Hand auf seiner Schulter. "Komm' Solo. Lass' uns reingehen...."
Mit diesen Worten wandten sich Mr. Winner und er zurück zur Eingangstür.
Ende Teil 1
