Mit einem sanftem Klicken
war das Schloss der Tür eingerastet. "Mensch, bin ich müde...",
gähnte Solo sich streckend hervor. Sky lief nur zustimmend nickend
an ihm vorbei und kickte seine Schuhe in die Ecke. Beide waren reif für's
Bett und begannen sich für die Nachtruhe umzuziehen.
"Nnhnn....."
Solo drehte sich überrascht
zum Geräusch um, und musste bei dem Anblick den es bot anfangen zu
lachen. Sky hatte wohl versucht, alle übrig gebliebenen T-shirts auf
einmal auszuziehen und sein Kopf und sein halber Oberkörper war jetzt
in einem großen Chaos verknoteter Hemden verfangen.
"Brauchst du meine Hilfe?",
stieß Solo unter gedrückten Glucksern hervor. Langsam näherte
er sich dem hilfebedürftigen Jungen. "Nnhhnnm...!!"
Sky zog und zerrte verzweifelt
an dem Stoff, doch es half nichts. Schließlich machte er eine Handbewegung,
die Solo signalisierte, dass er in Ordnung sei und nichts brauche.
"Das glaubst du doch selber
nicht!", nekte dieser ihn und ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen
um den anderen Jungen an der baren Seite zu kitzeln.
"Uhhnn!!!!" Sky erschrak
und purzelte rücklings auf Solo. "H-Hey!! Nicht so stürmisch!",
lachte der braunhaarige Junge und versuchte Sky's Halt zu stabilisieren.
Damit schlang er seine Arme um dessen nackten Bauch, zog ihn an sich und
gluckste amüsiert.
Obwohl Solo Sky's Gesicht
in diesem Moment nicht sehen konnte, konnte er sich schon denken, dass
es total errötet war. Ihm selbst jedoch machte so hautnaher Körperkontakt
nichts aus, denn seit seiner Geburt war er daran gewöhnt gewesen,
Andere zu berühren, mit ihnen zu schmusen, auch wenn es keinen besonderen
Anlass dafür gab. Seine Eltern hatten ihn so erzogen, und davon hatte
er keinen Schaden genommen,... nur sehr viel Liebe erfahren.
"Uhhn...Solo...", kam ein
gepresste Stimme unter dem Wäsche-klumpen hervor. "Ist schon okay,
ich helfe dir....", flüsterte Solo beruhigend. Langsam ließ
der kürzere Junge seine Hand zu dem "Notfallort" gleiten, wobei er
aus Versehen Sky's Bauchdecke streifte. Ein leises Schaudern rüttelte
durch dessen Körper und Solo grinste verlegen.
Nacheinander, Schritt für
Schritt, befreite er seinen Freund aus seinem Dilemma und ließ die
Hemden sachte auf Sky's Bett fallen. Er bemühte sich, so vorsichtig
wie möglich zu sein, und ihm nicht weh zu tun, was eigentlich gar
nicht möglich war.
"So,...ich glaube das wär's
dann", sprach Solo als er endlich wieder Sky's Kopf sehen konnte. Sky drehte
sich um, um seine Klamotten aufzuheben und murmelte ein leises "Danke."
Solo wand sich grinsend ab
und ignorierte die Tatsache, dass Sky's Wangen sich verdächtig rosa
färbten. Er griff nach seinem Nachtanzug und trottete müde herüber
ins Badezimmer.
Als er fertig war und wieder
herauskam, bemerkte er, dass Sky noch immer dabei war seine Hemden zusammenzulegen
und im Schrank zu verstauen. Bewundernd betrachtete er wie die feinen Muskeln
auf Sky's gebräunten, starken Schultern und Rücken arbeiteten
und sich dabei sachte spannten und entspannten.
Nach einer Weile wurde er
von dem dunkelhaarigen Jungen bemerkt. Sky schaute ihn verwundert an, und
grinste dann verschmitzt. "Süßer Schlafanzug!"
Solo zupfte verlegen an seinem
blau-weiß gestreiften Mickey Maus-Pyjama und näherte sich seinen
eigenen Sachen. Er durchsuchte seine Schuluniform nach Kaugummi-Papier
und zog dann überrascht einen zerknüllten Zettel hervor.
//Ach...!! Das hätte
ich fast vergessen...//
Neugierig entfaltete er das
Stück Papier. Darin stand:
"Hi Solo!
Dein Hosenschlitz ist auf!
^_^
Peace,
Laila.
Übrigens:
Kannst du mir helfen, ein
Date für Ronny
mit Sky zu errangieren?
Bitte! Sky redet
nicht mit mir und es ist
sehr wichtig!
Wir sehen uns dann! Ja ne!"
Solo's Gesicht lief langsam
rot an. //Was?!? Mein Hosen-...*sweatdrop*// Verlegen rieb er sich den
Nacken.
//Achja...und was steht da
noch drauf-...!?!//
Plötzlich wurde der
Zettel aus seiner Hand gerissen.
"Yo! Was haben wir denn
da!?" Solo griff verzweifelt nach dem Papier.
"Gib' das her!!!"
Sky grinste fies und stapfte
wild mit dem Brief wedelnd davon. "Tähää!!"
Solo folgte ihm fluchend
und wunderte sich, über Sky, dessen Laune sich anscheinend ständig
änderte. Mal war er still, mal freundlich, dann genervt und wieder
total kindisch. //Irgendwie witzig....//
"Oi, Solo!! Seltsam dass
ICH das nicht gemerkt habe!" Sky schaute vom Zettel hoch. Dann grinste
er wieder verschmitzt. "Aber, naja...wer kann schon ahnen, dass dieses
Mädchen bei dir nur auf eine Stelle schaut...."
"Idiot!!!" Solo wurde langsam
wütend und versuchte wieder den Zettel an sich zu reißen. Sein
Gesicht wurde rot und Sky amüsierte sich köstlich über seinen
jungen hitzköpfigen Freund.
Schließlich gelang
es diesem sich das Papier wieder unter den Nagel zu reißen. Mit einem
Satz war der Zettel in mehrere Einzelteile zerrupft und wurde prompt von
Solo in den nächsten Mülleimer geschmissen.
"Hey! Ich wollte den Rest
noch lesen!! Was stand noch drauf?!" Sky machte ein neugieriges Gesicht.
Solo lächelte nur und
schlüpfte gähnend in sein Bett. "Mir kannst du's doch sagen,
Kleiner!" Das letzte Wort überhörte er einfach stirnrunzelnd
und schüttelte den Kopf.
Sky, der mittlerweile auch
in seinem Bett war und das Licht ausgeknippst hatte drehte sich zu Solo
und stocherte weiter herum. Irgendwie musste er einfach wissen was dieses
nervige Mädchen, dass auch noch die Freundin eines noch nervigeren
Mädchens war, von seinem neuen Freund wollte. Doch Solo ignorierte
ihn einfach und schüttelte lahm seinen Kopf.
"Ok, eins weiß ich
jetzt ! Sie will was von dir! Ich habe nichts dagegen, dass du sie magst,
aber eins wollte ich nochmal sagen: Ich glaube Jayce hat schon seit längerem
seine Augen auf sie gehaftet,...und Jayce,...naja...", er lachte leise,"er
hat sowieso keine Chance bei ihr...aber..sie...ähm...ich glaube in
Amerika heißt das Wort 'horny', ,ja dennUHHNNPFFF-...!!!!"
Plötzlich hatte er ein
Kissen im Gesicht.
"Klappe!!", schnaubte Solo
genervt. "Ich will jetzt schlafen, also..*gähn*..bitte sei jetzt ruhig!"
Leise grummelnd, zog Sky
sich das schwere Kissen vom Gesicht und murmelte ein kurzes "Na gut. Oyasumi..."
"Oyasumi nasai..."
Solo zog sich die weiche
Decke bis unter das Kinn und gähnte nochmals erleichtert. Er würde
Sky ganz sicher nicht den Rest des Briefchens erzählen. Zumal, da
er wusste, dass sein dunkelhaariger Freund nichts von dieser Ronny wollte.
Seltsam war das schon. Sie war schleißlich eines der schönsten
Mädchen der Schule, hatte er von Jayce gehört. Er persönlich
fand sie sehr hübsch. Zwar etwas hyperaufgedreht wenn es um Sky ging,
aber nichts desto trotz hübsch. Er war sich sicher, dass sie
eine tolle Freundin abgeben
könnte.
Außerdem, hatte er
keine Lust sich mit Sky zu verstreiten. Dieser konnte Ronny, wie gesagt,
nicht besonders gut ertragen und würde es bestimmt nicht schätzen,
wenn Solo sich in sein Privatleben einmischen würde. Was auch sicher
war, ist dass sein Ruf dann nicht besonders glänzen würde, weil
Sky von vielen sehr respektiert wurde und eigentlich niemand ihm was abschlagen
konnte. Ein Feind von Sky zu sein war, wie er es an ein paar Beispielen
gelernt hatte, nicht immer gemütlich. Und wozu auch das Ganze?
Wenn Ronny mit Sky ausgehen
wollte, solle sie ihn doch selber fragen. Er hatte wenigstens keine Lust
Liebesengel mit Laila zusammen zu spielen, von der Jayce ja anscheinend
auch was wollte. Nein, er würde sich nirgends einmischen. Schließlich
hatte er sich gerade gute Freunde gefunden. Freunde, sowas hatte er in
seinem Leben noch nicht viel gehabt, und er würde alles tun um diese
Freundschaft aufrecht zu erhalten.
//Tss...ein bisschen übertrieben...//,
dachte er sich müde.
Naja, er müsste auch
bald sein eigenes Privatleben in die Hand nehmen. Sein Leben hatte sich
nach dem Tod seiner Mutter sehr geändert, und jetzt wo sein Vater
nicht mehr so oft für ihn da sein konnte, würde ihm menschlicher
Kontakt, auch Hautkontakt, an den er sehr gewöhnt war, bald fehlen.
Das tat es jetzt schon.
//Vielleicht wäre es
nicht schlecht, eine Freundin zu haben.//
Er hatte zwar noch nie so
eine Beziehung gehabt, aber er konnte sich vorstellen, dass es sicher sehr
schön war, mit einer bestimmten Person zusammen zu sein. Eine Bindung
mit ihr zu haben, die tiefer war als Freundschaft und anders war als die
Liebe in einer Familie.
Eine Person, mit der man
über wirklich alles reden konnte, mit der man träumen konnte.
Mit der man Zärtlichkeiten austauschen konnte, und für die man
einfach unvorstellbar große Liebe empfand. So groß, dass man
sogar sein eigenes Leben für sie geben könnte.
Mit diesem letzten Gedanken
schlief Solo schließlich ein.
*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*
Nicht in der Lage zu schlafen,
drehte und wand sich Sky in seinem Bett. Irgendwie war er immer noch munter.
Als die Langeweile langsam unerträglich wurde, schaute er rüber
zu Solo's Bett und wollte wieder ein Gespräch anfangen.
Keine Chance!
Der andere Junge war schon
lange im Land der Träume.
Enttäuscht legte er
seine Arme um sich und lächelte bitter in die dunkle Nacht. Seine
Gedanken wanderten plötzich zurück zu der Situation heute, als
er versucht hatte, sich seiner Hemden zu entledigen und hoffnungslos in
ihnen verstrickt worden war.
Er konnte immer noch das
Gefühl spüren, als sich Solo's schlanke starke Arme um ihn legten,
und ihn rücklings an seinen warmen Körper zogen. Dieses Gefühl...
Er wusste, dass es falsch
war so ein Gefühl nur für eine zarte Berührung eines Jungen
zu empfinden, aber wann war das letzt Mal, dass ihn jemand in die Arme
genommen hatte? Er versuchte sich daran zu erinnern, aber er scheiterte
kläglich.
Wie lange war er schon in
diesem verdammten Internat? Wann hatte ihn seine Mutter einfach verzweifelt
hier reingesteckt, weil sie so beschäftigt war, und es nicht auch
noch auf die Reihe bringen konnte, für ihn zu sorgen? Wann hatte sein
Vater ihn und seine Mutter verlassen? Wann? Und warum? Er wusste es es
nicht. Dieser Bastard...
Aber eins wusste er. Wenn
er groß wurde, würde er seinen Vater aufspüren und ihn
zur Rede stellen. Er würde ihn fragen, warum er sie verlassen hatte.
Warum er sie ihm Stich gelassen hatte. Und er würde ihn dafür
bezahlen lassen! Dafür, dass seine schöne Mutter, die einst so
voller Freude und Hoffnung gesteckt hatte, wie es alle erzählten,
zu einer traurigen und gestressten Frau wurde, die sich nicht mal um ihren
einzigen Sohn kümmern konnte.
Dafür, dass er hier
fast sein ganzes Leben verbringen musste. Alleine, mit niemanden, der ihm
die Liebe zweier Eltern ersetzten konnte. Alleine, mit niemandem der ihn
verstehen konnte, mit dem er reden konnte. Der ihn liebte. Und den er liebte.
Er würde ihn für
all die Schmerzen, die er ihm und seiner Mutter zugefügt hatte, bestrafen.
Gnadenlos. Was anderes hatte dieser Bastard nicht verdient.
Diesen Entschluß hatte
er schon gefasst als er gerade mal 5 Jahre alt war. Das Jahr, als er in
dieses Internat gesteckt worden war. Ein Jahr, indem man eigentlich noch
zu Hause ist, sich über nichts Gedanken macht, mit einem sonnigen
Lächeln in den Tag hineinlebt und nur spielt.
Sein ganzes Leben lang wurde
er nur enttäuscht. Verzweifelt hatte er damals versucht, seiner Mutter
klar zu machen, dass er nicht in diese Schule wollte. Dass es ihm nichts
ausmachte, wenn sie nicht so viel Zeit mit ihm verbringen konnte. Dass
sie es auch ohne Papa schaffen konnten. Zusammen. Egal was kommen sollte,
er würde sie anstatt seiner beschützen.
Doch seine Bitten und sein
Flehen fiel auf taube Ohren. Anscheinend, hatte seine Mutter ihn nicht
mehr so lieb gehabt nachdem sein Vater sie verlassen hatte. Sie konnte
sich nur eine glückliche Zukunft mit ihrem Geliebten vorstellen. Und
jetzt
wo er nicht mehr da war,
hatte für sie nichts mehr von Bedeutung. Nicht mal mehr ihr eigenes
Kind, dass in diesem Alter nichts wichtigeres brauchte als Liebe und Geborgenheit.
Dafür würde Sky
sie immer hassen.
Wie einen abgenutzten Schuh,
hatte sie ihn in das Internat abgeschoben. Sie kam ihn kaum besuchen. Nur
zweimal im Jahr, und zu Weihnachten durfte er nach Hause. //Hah! Nach Hause....!//
Das große Anwesen, indem sie sich immer im Winter aufhielt war nicht
sein zu Hause. Er hatte kein Zuhause. Dieses verdammte Internat war es
auch nicht. Und er hatte keine Familie. Er hatte nichts. Das einzige war
Jayce. Der blonde Junge, war sein einziger richtiger Freund.
Er wusste noch ganz genau,
als Jayce zum erstenmal in das Internat kam. Der Junge war schon immer
etwas tolpatschig und frech. Doch zu Anfang war er, genau wie er selbst
damals, noch sehr schüchtern, still und weinte oft nachts. Beide brauchten
jemanden, an den sie sich halten konnten. Und so wurden sie Freunde. Natürlich
gab es zwischen ihnen nie so etwas wie Zärtlichkeiten. Zumal, beide
Jungs waren und Sky von sowas nicht viel wusste. Jedoch wuchs zwischen
ihnen etwas. Keine Liebe, aber eine Art Seelenbindung, die beiden half,
und die für sie sehr wichtig ist.
Auch wenn es nicht immer
so aussieht, hängen sie sehr aneinander und würden alles für
den anderen tun, damit er glücklich ist.
Doch jetzt hatte Sky einen
neuen Freund gefunden. Solo Maxwell. Es war noch keine richtige Freundschaft,
doch er konnte diesen Jungen sehr gut leiden, und er konnte sich gut vorstellen,
dass er gut zuhören konnte. Nicht wie Jayce, der sich in letzter Zeit
nur für Mädchen interessierte.
Dieser Zwischenfall heute
hatte Sky etwas nervös gemacht, aber das war auch schon alles. Es
hatte ihn nur daran erinnert, wie sehr er sich nach Geborgenheit und Liebe
sehnte, und er wünschte sich, wieder von jemanden berührt zu
werden. Das Gefühl, als Solo's Hand über seinen Bauch fuhr, hatte
ihn fast verrückt gemacht. Wenn er sich nicht zusammen gerissen hätte,
wäre er dem anderen Jungen um den Hals gefallen und schluchzend für
mehr gefleht. //Wie krank....er ist ein Junge!//
Doch wenn er jetzt darüber
nachdachte, hätte es ihm in diesem Moment wahrscheinlich überhaupt
nichts ausgemacht.
Kopfschüttelnd drehte
er sich im Bett auf die andere Seite. An sowas absurdes wollte er gar nicht
erst denken. Er wusste, dass er müde war, also brauchte er sich für
solche Gedanken nicht zu rechtfertigen.
Schließlich schlief
er ein.
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Ende von Teil 4
Phoenix