Kapitel 01 - Es begann mit einem Lächeln


Sie blickte in den Spiegel, während sie die Schleife ihrer Schuluniform band.
Wer bist du?
"Ich bin Rei Ayanami."
Was tust du?
"Ich lebe."
Warum lebst du?
"Ich... ich weiß es nicht."


***


Berg Fugotoyama

In der fernen Stadt erloschen mit einem Schlag alle Lichter.

Shinji Ikari schloß die Augen und atmete tief durch. Es hatte begonnen...

Er saß auf dem metallenen Laufsteg an der Oberseite des provisorisch aufgebauten Käfigs,
der jetzt noch EVA-01 in Position hielt. Rechts vom ihm befand sich der riesige Kopf seines
purpur-grünen EVANGELIONs.

Sein EVANGELION... Nein, das war irgendwie falsch, er fürchtete Einheit-01, sie verfolgte
ihn teilweise bis in seine Träume hinein. Und dennoch mußte er in sie einsteigen und mit
ihr kämpfen...

Sein Blick wanderte zur Seite.

Durch einen Abgrund von ihm getrennt saß Rei Ayanami, Pilotin von Einheit-00, auf einem
ähnlichen Laufsteg, der zu einem ähnlichen Käfig gehörte, in dem sich der blau-weiße andere
EVANGELION befand.
Sie sah ihn nicht an, blickte geradeaus, die Arme um die angezogenen Beine geschlungen, es
fiel ihm schwer, den Blick von ihr zu lösen. Sie wirkte so verloren und dennoch so ent-
schlossen.

"Wir könnten sterben..." murmelte Shinji. Er hatte Ayanamis Mut nicht und wahrscheinlich
wußte sie das auch. Er hatte leise gesprochen, und doch mußte sie ihn gehört haben, denn
sie ging auf seine Worte ein.

"Warum sagst du soetwas?"

"Ist es dir völlig egal, was geschehen könnte?"

"Es ist meine Aufgabe, EVA-00 zu steuern."

"Ja, aber weshalb tust du es?"

Sie blickte kurz zur Seite, sah ihn einen Moment lang an, ehe ihr Blick wieder in die Ferne
schweifte. Zu seiner Überraschung lag in ihrem Blick nicht die Verachtung, mit der er ins-
geheim gerechnet hatte, sondern Traurigkeit, und er fragte sich, ob sie sich vielleicht ge-
nauso einsam fühlte wie er selbst.
"Wegen meiner Verbindung."

Shinji war überrascht.
"Verbindung? Zu meinem Vater?"

"Nein, zu allen Menschen.

"Zu allen... Du besitzt innere Stärke, Ayanami, du bist viel stärker als ich es je sein
werde."

"Ich habe nichts anderes."

Ihr monotoner Tonfall jagte ihm einen Schauder über den Rücken.
"Nichts anderes?" wiederholte er. In seiner Kehle bildete sich ein dicker trockener Kloß.

Sie stand auf.
"Es ist soweit."

"Ja."
Er erhob sich aus seinem Schneidersitz.

Beide gingen gefaßten Schrittes auf den Stegen zu den Entry-Plugs.

Rei verharrte an der Zugangsluke.
"Du wirst nicht sterben... Ich werde dich beschützen."

Shinji schluckte trocken. Ihrem Tonfall entnahm er, daß sie es absolut ernst meinte.
"Ayanami..."

"Leb wohl..."

Ihre Worte bewirkten, daß sich eine eisige Klammer um sein Herz legte...


***


Mitternacht:

"Shinji, Rei?"

"Ja, Misato?" - "Ja, Captain Katsuragi?"

"Es ist jetzt gleich zwölf Uhr. Die Operation beginnt. Shinji, wir geben dir die gesamte
Energie von Japan."

"Bereit."
Seine Stimme verriet die Unsicherheit und die Angst nicht, die ihn erfüllten.

Das Scharfschützengewehr lag auf dem Stativ, EVA-01 kniete hinter dem Gewehr, den Finger am
Abzug. Vor Einheit-01 stand EVA-00, beide Hände an den Griffen des provisorischen Schildes,
welcher eigentlich die Unterseite eines Space Shuttles war.

Im Entry-Plug verfolgte Shinji die Anzeigen, welche den Energieanstieg anzeigten. Immer
mehr Energie wurde in das Gewehr geleitet.
Er klappte das Zielvisier nach unten.

Sein Herz schien viel schneller zu klopften als normal, als er den Engel in der Vergröße-
rung sehen konnte.

Man hatte ihm den Codenamen Ramiel gegeben, seine Form war die einer Doppelpyramide in
schwarz und weiß. Er hatte einen Bohrer ausgefahren, mit dem er langsam zur Geofront vor-drang, Panzerschicht um Panzerschicht durchbrechend.

Ramiel hatte ihn fast getötet...

Noch einmal kam die Erinnerung auf, sah er durch die Augen von Einheit-01 den grellen Ener-
giestrahl auf sich zurasen, glaubte er den Aufprall zu spüren, vermeinte er in der sich
aufheizenden LCL-Flüssigkeit lebendig gekocht zu werden. Dann war da nichts mehr, nur Dun-
kelheit.

Sein Herz war stehengeblieben...

Mittels Elektroschocks hatten sie ihn wiederbelebt, er war im Lazarett zu sich gekommen,
hatte die Decke angestarrt, die er allmählich zu hassen begonnen hatte.

Sie hatten von ihm verlangt, daß er wieder in EVA-01 stieg und noch einmal gegen Ramiel ins
Feld zog.

Er wollte nicht.

Noch immer glaubte er Reis Blick spüren zu können, als sie ihm ganz ruhig gesagt hatte, daß
er dann gehen sollte. Sie hatte ihn für einen Feigling gehalten...

Er war ein Feigling...
Und dennoch wollte er in ihren Augen keiner sein, ohne daß ihm der Grund dafür klar war.

Noch am Tage seiner Ankunft in Tokio-03 vor wenigen Wochen war er sich sicher gewesen, daß
es ihm egal war, ob er lebte oder starb, und doch fürchtete er sich plötzlich vor dem Tod.

Er fürchtete sich vor Einheit-01, wollte den EVANGELION nie wieder steuern, und doch saß er
nun wieder im Pilotensitz.

Und das alles, damit sie ihn nicht länger für einen Feigling hielt...

Vier Tage zuvor war er fünfzehn Jahre alt geworden, es hatte keine Feier gegeben, keine
Gratulationen seiner Mitschüler, da diese nichts davon wußten. Nur Misato hatte ihm am Mor-
gen gratuliert. Und Rei, die anscheinend extra am Schultor auf ihn gewartet hatte...

Und schon allein deswegen war er hier...

Er aktivierte das Interkom, stellte eine Verbindung zu Einheit-00 her, um es ihr zu sagen,
um diese vielleicht letzte Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen zu lassen..
"Ayanami?"

"Ja, Ikari?"

Was er ihr eigentlich hatte sagen wollen, war vergessen, sein Mut verloren, stattdessen
fragte er nur:
"Bist du bereit?"

"Ja."

Die Zeitanzeige sprang auf Mitternacht. Das Gewehr hatte genug Energie.

Er zielte.

Die Zielvorrichtung half ihm, die Haltung von EVA-01 zu korrigieren, der Engel war nun ge-
nau im Fadenkreuz.
"Feuer", flüsterte Shinji und drückte ab. Ein heller Energiestrahl schoß aus der Gewehrmün-
dung auf den Engel zu.

Im gleichen Moment reagierte Ramiel, vielleicht hatte er seine Feinde schon vorher ent-
deckt, sich aber absichtlich ignorant verhalten, solange sie keine Gefahr für ihn darstell-
ten, vielleicht verfügte er aber auch über entsprechende Reflexe. Sein eigener Energie-
strahl jagte auf die Schützenstellung zu.

Die Strahlen trafen sich über Tokio-03, lenkten einander ab.

"Daneben..." zischte Shinji und befolgte die Anweisungen, die er über Funk erhielt, um ei-
nen weiteren Schuß vorzubereiten. Er war plötzlich ganz ruhig, es gab nur noch ihn, das Ge-
wehr und den Engel. Einen Moment lang wurde Ramiel in seiner Vorstellung vom Gesicht seines
Vaters ersetzt.

Wieder feuerte der Engel.

EVA-00 brachte den Schild in Position, der Energiestrahl traf auf die Keramikschichten, be-
gann sie langsam zu schmelzen.

Shinji blickte auf den Chronometer, verglich die beiden Countdowns miteinander. Der eine
zeigte an, wielange es noch dauern würde, bis das Gewehr wieder bereit war. Der andere sag-
te ihm, daß der Schild diese Zeit nicht standhalten würde, daß zwei Sekunden fehlen würden.

Der Kanal zu Einheit-00 war noch offen.
"Ayanami, wenn der Schild geschmolzen ist, dann wirf ihn weg und lauf!"
Es war ihm plötzlich egal, daß er dann ungeschützt war, daß er wahrscheinlich den nächsten
Sonnenaufgang nicht mehr erleben würde. Sie war viel mutiger als er, sie mußte leben...

"„Nein."
Der Schild gab nach, zerfiel. EVA-00 richtete sich auf, fing den Energiestrahl mit seinem
eigenen Körper auf.
"Ich werde dich... Ahhhh!"
Die Verbindung brach ab.

"Ayanami!" brüllte Shinji aus Leibeskräften.

"Gewehr bereit!" drang Misatos Stimme aus dem Lautsprecher. Sie war aufgeregt, nervös, aber
nicht so nervös wie der Junge unter dem Visier.

Shinji mußte nicht mehr zielen. Er wußte, wo sich der Engel befand, konnte ihn fast spüren,
drückte ab...

Die folgende Explosion zeigte ihm, daß er getroffen hatte, daß Ramiel vernichtet worden
war, doch das war ihm fast egal, seine Mitstreiterin war wichtiger.

"Ayanami!" brüllte er wieder ihren Namen, auf eine Antwort hoffend.
Es kam kein Funkkontakt zustande, Einheit-00 war reglos neben Einheit-01 zusammengesunken,
die Brustpanzerung völlig zerschmolzen.
"Verdammt..."
Kurzentschlossen packte er das Element der Rückenpanzerung, die den Entry-Plug-Zugang be-
deckte, riß es heraus.

Der Entry-Plug von Einheit-00 schoß hervor, heiße LCL-Flüssigkeit wurde ausgestoßen.

Er ließ EVA-01 den Plug ergreifen und sanft auf dem Boden ablegen, führte dann manuell die
Evakuierung des eigenen Plugs durch.

Wie er an der Rückseite von Einheit-01 herabgeklettert war, daran konnte er sich später nur
verschwommen erinnern, die nächste konkrete Erinnerung waren die Schmerzen, die durch seine
Hände fuhren, als er das heiße Handrad der Zugangsluke benutzte, um diese zu öffnen und
sich die Hitze durch die Handelemente der Plug-Suit fraß. Der Schmerz war egal, Ayanami war
wichtiger.
Sie hatte ihn beschützt. Er konnte sie nicht im Stich lassen.

Mit zusammengebissenen Zähnen zog er die Luke auf, stieg in das Innere von Reis Entry-Plug.

Das blauhaarige Mädchen lag verkrümmt im Pilotensitz, die Augen geschlossen, das Gesicht
schmerzverzerrt.

"Ayanami!"

Im nächsten Moment war er bei ihr.

Sie atmete nicht...

"Ayanami! Nein!" schrie er erneut, berührt die Seite ihres Halses, tastete nach der Schlag-
ader.

Ihr Herz stand still...

Einen Moment starrte er mit geweiteten Augen auf den reglosen Körper vor ihm, dann zwang er
sich, sich an den Erste-Hilfe-Kurs zu erinnern, an dem er vor einem Jahr im Rahmen des
Schulunterrichtes teilgenommen hatte, hatte teilnehmen müssen...

"Atemwege überprüfen... frei... Herzmassage... Wie... wenn ich ihr die Rippen breche... ich
muß sie anfassen... sie stirbt, wenn ich weglaufe... Los... Ayanami, du darfst nicht ster-
ben... verdammt, du darfst nicht einfach sterben... was soll ich allein denn tun?...
Nichts... keine Reaktion... Mund-zu-Mund-Beatmung... ich... es tut mir leid, Ayanami, es
muß sein..."

Er spürte wieder den Drang wegzulaufen, wenn er sich beeilte, war er fort, ehe Misato und
die anderen auftauchten, sicher konnten sie für Ayanami mehr tun als er... Nein... Wenn er
weglief, war sie tot. Und ihr Blut würde an seinen Händen kleben. Sie durfte nicht sterben,
wo sollte er sonst den Mut finden, der ihm selbst fehlte?
Sie hatte ihn beschützt...
Sie war neben Misato wahrscheinlich der einzige Mensch in Tokio-03, dem er nicht völlig
gleichgültig war...
Er durfte nicht weglaufen!

Wieder und wieder preßte er die Hände auf ihre Brust, die Erkenntnis, was er da eigentlich
berührte, tief im hintersten Winkel seines Denkens vergraben. Wieder und wieder preßte er
seine Lippen auf die ihren und blies ihr seinen Atem in die Lungen.

"Ayanami, bleib... bitte... bleib bei mir..." flüsterte er.

Eine Beben ging durch ihren Körper.

Gerade noch rechzeitig zog er den Kopf zurück, als sie den Oberkörper nach vorn warf und
LCL-Flüssigkeit vermischt mit grünlicher Magenflüssigkeit ausspuckte, sich dann kraftlos
zurücksinken ließ.

"Ayanami..." flüsterte Shinji. Tränen stiegen in ihm auf.

Sie sah ihn an, müde und erschöpft.
"Ich war..."

"Ayanami, bitte, sag nie wieder: ´Ich habe nichts anderes.´, bitte, sag nie wieder: ´Lebe
wohl´, wenn wir in den Einsatz gehen... es ist zu traurig..." sprudelten die Worte, die er
vor dem Angriff nicht hatte hervorbringen können, aus ihm heraus.

"Warum..." flüsterte sie, "warum weinst du? Es tut mir leid."

Er schluckte. Er wußte, daß seine Reaktion dieselbe gewesen wäre, wären die Rollen ver-
tauscht gewesen...
´Es muß dir nicht leid tun´, wollte er schreien, ´hätte ich am Morgen schneller gehandelt,
wäre es nie soweit gekommen.´ Doch er sagte es nicht.
"Ayanami, du lebst, deshalb weine ich... vor Freude... ich hatte Angst, dich zu verlie-
ren..."

"Angst? Du hattest Angst um mich? Warum?"
Sie hustete etwas LCL aus.

"Weil... weil ich mir Sorgen gemacht habe... weil ich es nicht zulassen konnte..."

"Ich... ich weiß nicht, wie ich mich in einer solchen Lage verhalten soll..."

"Ich glaube, du solltest lächeln..."
Etwas besseres fiel ihm nicht ein.

Sie blinzelte.

"Komm, ich helfe dir auf, ein Arzt sollte dich so schnell wie möglich untersuchen."
Er hielt ihr die Hand hin.

Sie ergriff die angebotene Hand, ließ sich in die Höhe helfen.

Ihre Blicke trafen einander.

Sie hatte rote Augen, scharlachrote Augen, wunderschöne, perfekte Augen...

Und sie lächelte. Er wußte, sie lächelte für ihn...
In diesem Moment hätte er ihr sein Herz zu Füßen gelegt, wenn sie es auch nur angedeutet
hätte...


***


Sie blickte in den Spiegel, während sie mit den Fingerspitzen über ihr Gesicht fuhr.
Wer bist du?
"Das bin ich, ich bin Rei Ayanami."
Was tust du?
"Ich lebe."
Warum lebst du?
"Um EVA-00 zu steuern."
Wofür lebst du?
"Um die Engel zu bekämpfen."
Ist das alles?
"..."


***


Auf einem nahen Hügel stand eine einsame Gestalt, ein Europäer mit schneeweißem Haar und
eisgrauen Augen, gekleidet in einen langen grauen Mantel, und blickte in die Nacht.
Trotz der Dunkelheit konnte er jede Einzelheit erkennen, direkt vor ihm schwebte eine halb-
durchsichtige Sphäre, welche ihm die Reste des Engels zeigte.

Mit leisem Krächzen landete ein weißer Rabe auf seiner Schulter, der graugekleidete sah auf,
auf eine Handbewegung hin erlosch die Bildkugel.

"Was hast du in Erfahrung gebracht, Tymael?" flüsterte er mit kratziger Stimme.

Der Rabe gab eine Reihe von Krächzlauten von sich.

Er nickte.
"Es stimmt also... Die Kreatur stammte aus dem Tiefen Umbra... Laß uns zum Tempel zurück-
kehren."


***


NERV, Ikaris Büro:

"Captain Katsuragi, Sie wollten mich sprechen?"
Gendo Ikari blickte von seinen Unterlagen auf. Vor seinem Schreibtisch standen Captain
Misato Katsuragi, Taktischer Offizier, und Doktor Ritsuko Akagi, wissenschaftliche Leiterin
des EVANGELION-Projektes.
"Und Doktor Akagi... Was führt Sie beide zu mir?"

"Es geht um das First Children." setzte Misato an.

"Meines Wissens hat Rei keine bleibenden Schäden erlitten."

"Das stimmt, Sir, allerdings wird sie für die nächsten Tage als Pilotin ausfallen, selbst
bei ihrer vorzüglichen Konstitution gehen die Ärzte davon aus, daß sie eine Rekonvalenzzeit
von etwas über zwei Wochen benötigt."

"Und?"

"Ich möchte mein Ersuchen wiederholen, sie bei mir aufnehmen zu dürfen."

"Captain..."

"Ich kenne Ihre Vorbehalte, Kommandant, aber ich habe mir heute Reis Apartment angesehen,
es ist kaum ein Ort, an dem sie sich erholen könnte."

"Sie wird im Lazarett bleiben, bis die Ärzte sie wieder für diensttauglich halten."

"Sir, ich..."

"Ich möchte nicht darüber diskutieren, Captain", sagte Ikari mit Schärfe in der Stimme.

"Kommandant", fiel Ritsuko ein, "ich bin ebenfalls der Ansicht, daß Rei sich schneller und
womöglich auch besser erholen kann, wenn sie andere Menschen um sich hat, die sich um sie
kümmern können, eine Abwechlung könnte Rei auf keinen Fall schaden. Wie der Captain mir un-
längst erzählt hat, ist Ihr Sohn ein ganz passabler Koch - und wir sind uns doch einig,
daß das Kantinenessen, welches auch im Lazarett serviert wird, gewisse Schwächen hat, oder?"

"Doktor Akagi, sind Sie sich sicher, daß Reis Funktionsfähigkeit durch einen Aufenthalt
bei Captain Katsuragi beschleunigt wiederhergestellt wird?"

"Ja, Sir."

"Hm... Gut, Captain, Sie können Sie mitnehmen. Ich veranlasse, daß Reis Sachen aus ihrem
Apartment zu Ihnen gebracht werden."

"Danke, Kommandant."

Misato und Ritsuko verließen das Büro und wandten sich dem nächsten Aufzug zu.

"Warum habe ich mich nur von dir dazu breitschlagen lassen", seufzte Ritsuko. "Wir wissen
doch beide, daß das ganz furchtbar ausgehen kann..."

Misato grinste.
"Vorhin warst du noch Feuer und Flamme."

"Ja, und dann ging mir auf, wem die arme Rei anvertraut werden soll."

"Hey..."

"Schon gut. Vielleicht bringt es ja wirklich etwas, Shinji scheint mit ihr auszukommen."

"Sie sind sich ähnlich."

"Dennoch bewegst du dich auf dünnem Eis. Wenn irgendetwas passiert..."

"Dann kostet es mich möglicherweise meinen Kopf, ja. Ritsuko, danke für deine Hilfe."

"Im Anbetracht der alten Zeiten... kein Problem. Vielleicht tauen unsere beiden Igel ja
etwas auf, wenn sie ein wenig Zeit zusammen verbringen."

"Genau mein Plan."

"Es könnte Reis Synchronisationsrate guttun... Die EVAs reagieren auf Emotionen."

"Das hast du schon gesagt."
Misato holte ihr Handy aus der Tasche.

"Was machst du?"

"Shinji anrufen, er muß ein paar Sachen von einem Raum in den anderen bringen, damit wir
Platz für Rei haben."

"Hm... Laß mich dir einen Gefallen tun, ich werde unseren Quartiermeister im Hauptquartier
anweisen, ein paar Möbelstücke in deine Wohnung liefern zu lassen, du hast doch sicher noch
nicht daran gedacht, daß Rei zum Beispiel ein Bett benötigen könnte."

"Oh, nein... Nochmals danke, Ritsuko."

"Ich tue das nur in ihrem Interesse, du würdest es fertigbringen und deine beiden Schütz-
linge ins selbe Bett stecken."

Misato starrte Ritsuko an, wollte zu einer Verteidigung ansetzen, sah dann, daß ihre Mund-
winkel zuckten.
"Sei froh, daß wir schon so lange befreundet sind..."
Dann lachte auch sie.


***


Rei stand vor dem Spiegel des Badezimmers, welches zu ihrem Krankenzimmer gehörte.

"Du solltest lächeln..." flüsterte sie, im Geiste das Bild Shinjis vor Augen, der ihr die
Hand entgegenstreckte.

Sie hatte gelächelt, hatte für ihn gelächelt...

"Warum habe ich gelächelt... Weil er es wollte? Um seinem Wunsch nachzukommen? Ja... und
nein... beides... Er hat wegen mir geweint... ich hatte Sorge, ihn verletzt zu haben... er
hat um mich Angst gehabt... er sorgt sich um mich... Er hat seine Hände verletzt... genau
wie Kom-mandant Ikari... ein Feigling hätte das nicht getan... Er hat sich Sorgen um mich
gemacht, niemand sonst macht sich um mich Sorgen, außer der Kommandant, doch er sieht nicht
mich, sondern sie und seinen Plan... Er hat mein Leben gerettet... mein Leben bedeutet ihm
mehr als mir selbst...?"

Sie berührte ihre Lippen mit den Fingerspitzen.

"Er hat mir seinen Atem eingehaucht... hat er es getan, weil wir Kampfgefährten sind, oder
weil... er mich mag... weil ich ihm etwas bedeute? Er sagte: Geh nicht... Warum?"

Sie trat einen Schritt zurück, stieß mit dem Rücken gegen die Wand, lehnte sich an.
"Bedeute ich ihm etwas? Ich möchte es erfahren... und vielleicht... vielleicht werde ich
wieder für ihn lächeln..."