Titel: Harry Potter und der Stein
des Drachen
Autor:
Luka
Feedback:
lukath@muenster.de
Altersbeschränkung: 12
Inhalt: Kapitel 10: Nach einer
wunderschönen Reise treffen Harry und Hermine alte Freunde wieder
Disclaimer: Die vorliegende Geschichte
ist eine FanFiction zu Harry Potter. Dies zu schreiben macht in erster Linie
mir Spaß und liegt fern jedes kommerziellen Gedankens. Dies zu lesen soll allen
Spaß machen, die eine neue Geschichte von Harry Potter haben wollen. Sie sollen
das tun können ohne eine müde Mark auszugeben. Alle Charaktere gehören Joanne
K. Rowling, bis auf die, die in der Geschichte noch entwickelt werden müssen
und die nicht von JKR sind. ( So z.B. Tug, John und Henri Perpignan )
Die Nacht war unruhig. Immer wieder wachte Harry auf, wenn er oder Hermine sich umdrehen wollte. So war es kein Wunder, dass sie Beide recht früh erwachten und keinen Schlaf mehr finden konnten. Es war schon hell geworden, und als Harry Hermine fragte, wie spät es sei, sagte sie, dass es halb sieben ist. Dennoch blieben sie liegen und unterhielten sich leise. Harry genoss die Nähe von Hermine. Zwar hatte er sich fest vorgenommen, nicht wieder in seine wirre Gefühlswelt zu verfallen, aber so ganz konnte er sich nicht dagegen wehren. Hermine kam ihm auch nicht besonders entgegen. Auch sie schien Gefallen an der Nähe zu finden.
Gegen halb acht kam der alte Druide herein. Er hatte ein Tablett mit Brot und dampfend heißem Kaffe dabei. Nach dieser nicht sehr erholsamen Nacht tat der Kaffee sehr gut. Langsam kehrten die Lebensgeister zurück. Auch für Hedwig und Krummbein hatte er etwas mitgebracht. Die beiden Tiere hatten sichtlich Hunger und beäugten sich misstrauisch, dass nur ja keiner dem anderen etwas wegnehmen konnte.
Dann war es wieder so weit. Hermine und Harry packten ihre Sachen zusammen. Wie gewöhnlich sperrte sich Krummbein gegen den Käfig und zu den alten Schrammen an Hermines Arm kamen noch ein paar neue, leuchtend rote dazu.
„Willst du dieses Vieh nicht endlich mal abschaffen?", fragte Harry mit eine Spur von Ironie in der Stimme.
„Was bist du fies!", sagte Hermine ärgerlich. „Krummbein ist ein ganz lieber Kater. Und wenn man dich ständig in einen Käfug sperren würde, würdest du dich auch wehren!"
„Schau dir Hedwig an!", sagte Harry gelassen und deutete auf ihren Käfig. Hedwig saß in aller Ruhe auf der Stange. Ohne dass Harry etwas getan hätte, war sie hineingeklettert und sah die Beiden nun mit ihren großen, gelb leuchtenden Augen an.
„Statt dich über mich lustig zu machen, hilf mir lieber!", raunzte Hermine und blitzte Harry böse an.
„Um Gottes Willen, nein, das Vieh packe ich nicht an. Ich bin doch nicht lebensmüde.", sagte Harry und streckte abwehrend beide Hände von sich.
„Blödmann! Dir wird ich noch mal helfen!", maulte Hermine, eher zu sich, als zu Harry.
Nach einigen Anstrengungen war Krumbein verstaut und auf taschenverträgliche Größe geschrumpft. Harry nahm den Käfig von Hedwig in die Hand. Der Druide holte aus seinem Schrank ein Buch, nahm es in die Hand, schlug es auf und suchte nach einer bestimmten Seite. Wieder konnte Harry ein Bild erkennen, das dem von Mr. Ollivander ähnelte. Er kannte das Ritual, das folgte.
„Viel Glück auf eurer Reise", sagte der Druide. „Hoffentlich findet ihr einen Drachen, den ihr erlegen könnt. Denkt daran, Dragomil in Hainburg anzusprechen. Er wird euch zum Silberschmied bringen. Krischtian kannte ihn ganz gut, und ich glaube, er wird euch weiterhelfen."
Er reichte den beiden die Hand zum Abschied, und dann ging die Reise weiter. Inzwischen hasste Harry jegliche Art von Portschlüssel. Er konnte das Ziehen im Bauch nicht mehr ertragen und er freute sich darauf, seinen Besen zu nehmen und zu fliegen. Das war wenigstens noch richtiges Reisen! Sie wirbelten durch die Luft und nach einiger Zeit fielen sie unsanft zur Erde zurück.
„Was nun?", fragte Hermine, als sie sich wieder aufgerappelt hatte.
Harry schaute sich um. Sie waren auf einer Kiesbank am Ufer eines breiten Flusses gelandet. Rings umher stand niedriges Buschwerk, dahinter konnte man die Pappeln eines lockeren Auewaldes erkennen. Die Kiesbank zog sich einige hundert Meter an der Innenkurve einer Flußbiegung entlang und weiter flußabwärts, am Ende des Streifens, schien ein Trampelpfad die Böschung hinauf zu führen. Das gegenüber liegende Ufer stieg steil an. Der vielleicht 50 Meter hohe Hang war mit Fichten bewachsen. In der Ferne, flussabwärts, sah man eine Hügelkette, auf die der Fluß direkt zu lief. Es musste die Donau sein.
„Lass uns da lang gehen.", sagte er und zeigte auf den Pfad. „Wo ein Weg ist, da kommen auch Menschen her. Vielleicht kommen wir an eine Straße und können per Anhalter weiterkommen."
„Aber wir werden über die Grenze müssen, und wir haben keine Ausweise mit. Meinst du nicht, wir sollten versuchen erst einmal zu fuß weiter zu kommen?"
„Ich glaub nicht, dass sie kontrollieren.", meinte Harry. „Die Grenzen sind doch jetzt auf!"
„Ich weiß nicht,", sagte Hermine. „Ich hab ein bisschen Schiss, bei fremden Leuten mit zu fahren. Man weiß nie, an wen man gerät."
„Du vergisst, dass wir zaubern können, Hermine. Was soll uns passieren?"
„Ich find es einfach besser, wenn wir zu Fuß über die Grenze gehen.", sagte Hermine und es klang, als würde sie kein Widerwort dulden. Harry fügte sich. Zwar hatte er keine Lust, die ganze Zeit zu Fuß zu gehen, aber er hatte den Eindruck, dass Hermine sich wirklich nicht in ein Auto setzen wollte, sondern notfalls auch allein den Weg gehen würde. Er wollte sie nicht sich selbst überlassen.
Sie setzten sich in Bewegung. Der Weg war schwierig auf dem unebenen und steinigen Boden. Immer wieder mussten sie Schlammlöchern ausweichen oder rutschten auf glitschigen Steinen aus. Sie erreichten den Pfad und kletterten die Böschung hinauf. Dahinter lag flaches Land, sie konnten flussaufwärts eine Stadt erkennen. Die Stadt war in die Ebene hineingebaut und wurde von beiden Seiten von einem Fluß umzogen. Das musste Passau sein. Wie viele Kilometer waren es noch bis zur Grenze? Harry meinte , sich erinnern zu können, dass die Grenze an ihren Donau-Ufer entlang führte, auf der Nordseite Deutschland, auf der Südseite Österreich. Sie zog sie sich bestimmt über 20 Kilometer direkt an der Donau entlang, bis zu einem Kloster, dass jenseits der grenze lag. Dann verlief sie quer über den Fluß und verschwand im Norden. Jedenfalls war es eine weite Strecke, wenn man zu Fuß ging. Sie würden einige Stunden unterwegs sein.
„Meinst du nicht, Hermine, wir könnten die Besen rausholen?", fragte er.
Sie sah ihn entsetzt an. „Bist du wahnsinnig? Wenn uns einer sieht?!"
Sei gingen ein paar Minuten schweigend auf dem Feldweg, der neben dem Fluß auf einem niedrigen Deich angelegt war. Sie folgten ihm flußabwärts.
„Vielleicht schaffen wir es ja, auf einem Besen zu zweit?...Ich hab doch den Tarnumhang..."
Wieder vergingen einige Minuten, in denen jeder angestrengt nachzudenken schien.
„Wie weit ist es denn bis zur Grenze?", fragte Hermine und sah Harry von der Seite an.
„Mindestens noch 7 Stunden, wenn wir stramm durchgehen." Vielleicht war es ein wenig übertrieben, aber Harry sah es auch als eine Art Waffe an, die er geschickt einzusetzen versuchte. Noch einmal dachte Hermine ein paar Schritte lang nach.
„Vielleicht sollten wir es versuchen...", meinte sie. Sofort blieb Harry stehen. Er kramte in seiner Umhangtasche nach dem Koffer, zog vorsichtig den spielzeugkleinen Besen hinter den Riemen hervor, öffnete ihn und fand nach etwas Wühlerei mit den Fingerspitzen den Tarnumhang. Er reichte die beiden Sachen Hermine und sagte:
„Dann mach sie mal wieder groß." Dabei grinste er zufrieden über das ganze Gesicht. Während Hermine den Zauber ausführte, schloss er den Koffer und verstaute ihn wieder in der Tasche. Da der große Käfig von Hedwig sie nur beim Fliegen stören würde musste auch er wieder in die Tasche. Harry entschuldigte sich bei Hedwig, denn sie musste drinnen bleiben. Harry hatte vor, so schnell zu fliegen, wie es mit zwei Personen auf einem Feuerblitz überhaupt möglich war. Da konnte Hedwig nicht mithalten. Also sprach Hermine den Zauber und Käfig und Hedwig verschwanden, wenn auch sehr viel sorgfältiger als das letzte mal, in Harrys Umhangtasche.
Einen Augenblick später saßen sie auf dem Besen. Harry rief nach hinten, sie solle sich gut an ihm festhalten. Dann warf er den Umhang über sie und befahl den Besen in die Luft. Am Anfang eierte der Flug noch ein wenig, Harry musste sich erst daran gewöhnen, dass noch jemand hinter ihm saß und der Besen wesentlich schwerfälliger reagierte. Aber schon bald zog er großzügige Bahnen über das Wasser, testete dies und jenes, zog dann den Besen in einer engen Kurve nach Osten und folgte dem Fluß mit wachsender Begeisterung.
Immer schneller flogen sie dahin, ließen Häuser und Autos hinter sich, unterflogen eine Brücke und sahen Sekunden später das Kloster an sich vorbei ziehen. Harry war wieder in seinem Element und Hermine erwies sich als gute Sozia. Sie legte sich in die Kurven und hielt sich an Harry fest, so dass sie eine Einheit bildeten. Harry jauchzte vor Freude und Hermine ließ sich anstecken. Angler, die am Ufer des Flusses saßen wunderten sich über den komischen Vogel, der nicht zu sehen war, aber irgendwo im Vorbeiflug seltsame Laute von sich gab.
Sie flogen durch eine äußerst liebliche Landschaft. Hermine war entzückt. Immer wieder stieß sie Harry an und zeigte auf einen Felsen, eine Burg oder einfach auf die Landschaft, die vor ihnen lag. Enge, kleine Schluchten ergossen links und rechts klare Wässer in den Fluß. Schlepphähne tuckerten gleichmäßig und gemütlich uber das Wasser. Sie zogen mit atemberaubender Schnelligkeit vorüber, flogen zwischen den Weinhängen her, und nach etwa 3 Stunden sahen sie vor sich, wie die Donau sich in eine Ebene ergoss, und als sie um den letzten Hügel gebogen waren, breitete sich eine riesige Stadt vor ihnen aus. Wien.
Harry zog den Besen höher. Er flog in etwa hundert Metern höhe über die Häuserzeilen, immer darauf bedacht, niemandem in die Quere zu kommen, nicht den startenden und landenden Flugzeugen vom Flughafen Wien noch dem Stephansdom oder dem Riesenrad, die hoch über die Häuser hinausragten. Dann war Wien auch schon vorbei, sie überflogen eine große Raffinerie und folgten dem breit gewordenen Strom in Richtung auf einen einsamen Hügel mitten in der Ebene. Dort war ihr Ziel. Auf dem Hügel stand die Burgruine, die über dem Hafenstädtchen Hainburg trohnte.
Harry zog den Besen herunter, so dass sie knapp über der Wasseroberfläche dahin glitten, und verlangsamte die Geschwindigkeit. Der Auewald glitt rechts an ihnen vorbei, bald hörte er auf und ging in eine Wiese über, die bis ans Wasser reichte. Harry bremste den Besen weiter ab und landete am Ufer.
„Wow, was für ein Flug!" , krähte er begeistert. Seine Finger waren steif und klamm, so fest hatte er sich an den Besen klammern müssen. Hermine atmete tief durch, dann sagte sie:
„Puh, ich dachte schon, wir kommen nicht mehr heil runter. Wie du unter den Brücken durchgeflitzt bist..."
„War doch klasse! Das hat mir richtig Spass gemacht. Fast das ganze letzte Jahr bin ich nicht geflogen! Das musste mal wieder sein!"
Harry schüttelte seine Hande und langsam kam wieder etwas Gefühl hinein. Hermine sah sich um. Sie deutete auf das Städtchen und fragte:
„Ist das Hainburg? Was meinst du?"
Harry sah auf. Er nickte.
„Ich glaub schon. Da ist der Berg, mitten in der Ebene, und zwischen Berg und Fluß liegt die Stadt. Ich glaub schon, dass wir hier richtig sind. Zumindest nach dem, was auf der Karte stand."
„Wollen wir hingehen und Dragomil suchen?"
„Ja, ich bekomme auch langsam Hunger.", antwortete Harry. Er kramte in seiner Tasche und holte Koffer und Käfig heraus. Zuerst öffnete er den Käfig. Hedwig kletterte heraus und hüpfte auf seine Hand. Sie sah putzig aus, wie eine kleine Spielzeugeule, nur dass sie sich bewegen konnte. Sie beäugte Harry mit einer Mischung aus Erleichterung und Eingeschnapptheit.
„Magst du sie wieder groß machen?", fragte er Hermine.
„Wieso soll ich das eigentlich immer machen?", fragte Hermine zurück und zog einen Flunsch. „Du hast doch im Wald gelernt, wie man etwas klein und groß macht."
„Wie?", fragte Harry und schaute ganz verdutzt. „Damit geht das auch?"
„Damit geht das!", sagte Hermine und sah ihn streng an.
„Ich dachte immer, man kann nur tote Gegenstände vergrößern. Ich wusste nicht, dass es auch mit Tieren geht. Oder vielleicht auch mit Menschen..."
Harry war verblüfft.
„Nein!", sagte Hermine. Sie zog ihre Stirn in Falten, als versuche sie Harry etwas zu erklären, was er par tout nicht verstehen wollte. „Arthur hat mir den Spruch beigebracht und mir erzählt, dass Henry und du es am ersten Tag im Wald geübt hattet. Ich habe mich schon die ganze Zeit gewundert, warum ich das immer machen sollte. Versuchs doch mal..."
Harry hob seinen Zauberstab und murmelte den Spruch. Hedwig begann zu wachsen, wurde immer größer und hatte schließlich die Größe eines Hippogreifs. Harry musste sie irgendwann auf den Boden setzen, als sie zu schwer und die Krallen für seine Hand zu roß wurden.
„Hoppla! Das war wohl ein bisschen viel...", sagte Harry.
Hermine grinste von einem Ohr zum anderen.
„Grins nicht so!", rief Harry ärgerlich. „Was soll das! Ich wette, du hast nur darauf gewartet, dass ich's falsch mache."
„Nein Harry, bestimmt nicht. Soll ich's noch mal versuchen?", sagte sie und sah ihn mit einem unschuldigen Augenaufschlag an.
Harry verschränkte die Arme vor der Brust und drehte ihr den Rücken zu. Er hatte es immer schon gehasst, sich vor anderen zu blamieren, und dass Hermine ihn auslachte und es jetzt auch noch besser machen wollte, passte ihm gar nicht. ‚Diese Ziege', dachte er bei sich. Hermine zauberte Hedwig inzwischen auf ihre normale Größe.
„Komm Harry, sein mir nicht böse. Es sah einfach zu lustig aus. Vor allem dein Gesicht dabei."
Harry sagte nichts. Er schrumpfte seinen Besen und den Käfig, steckte beides in die Tasche und stapfte los, auf die Stadt zu.
„Komm Hedwig!", sagte er.
Hermine lief hinter ihm her.
„Harry, tut mir leid...", rief sie ihm hinterher. Harry verlangsamte seine Schritte. Eigentlich ärgerte er sich weniger über Hermine als über seinen eigenen Fehler. Er hatte sich lächerlich gemacht, zumindest dachte er es. Hermine holte ihn ein. Sie legte ihre Hand auf seinen Arm.
„Sei mir nicht böse..." , sagte sie versöhnlich.
Harry zuckte mit der Schulter. „Nee...", sagte er, wand sich aber innerlich dabei. So ganz mochte er noch nicht nachgeben, auch wenn er ein einsehen hatte. So marschierten sie schweigend am Ufer entlang.
„Der lug hat mir richtig Spass gemacht, Harry.", sagte Hermine. „Du fliegst toll. Wenn du Lust hast, machen wir das noch mal, ja?"
Damit hatte sie ihn. Das war das Lob, das er jetzt brauchte.
„Meinst du?", fragte er und sah sie von der Seite an. Dann grinste er und Hermine grinste zurück. Sie hielten sich am Ufer und folgten einem schmalen Pfad. Als sie zur Stadt kamen, waren sie wieder bester Laune. Der Pfad mündete in einer kleinen Straße, die am Fluß entlag führte. Einige Schiffen waren an Pollern fest gemacht. Auf der anderen Seite der Straße rehten sich kleine Häuser auf, alle mit festen Mauern gegen Hochwasser geschützt. Etwa in der Mitte der Straße lag eine kleine Kneipe, unscheinbar und etwas schmuddelig. Sie schien die einzige Kneipe in der Straße zu sein. Es roch schon vor der Tür nach Essen, das mit viel Knoblauch gewürzt zu sein schien.
„Magst du mitkommen, Hedwig oder lieber hier draußen noch ein bischen herumfliegen?" Harry musste rufen, denn Hedwig kreiste ein paar Meter über ihnen. Sie stieß einen spitzen Schrei aus und machte keinerlei Anstalten, herunter zu kommen.
„Gut Hedwig. Wir gehen da jetzt rein, ja?"
Die Beiden öffneten die Tür und traten ein. Der Schankraum war leer und hinter der Theke stand ein kleiner, dicker Mann, dessen ehemals weiße Schürze über und über mit Flecken übersäht war. Er hatte eine Halbglatze, die mit lockigen, schwarzen Haaren umsäumt war und die Augen in seinem glattrasierten Gesicht schauten fröhlich auf die beiden Besucher. Hermine und Harry grüßten höflich.
„Guten Tag, die Herrschaften.", sagte der Wirt mit erstaunlich hoher Stimme. Als er den Mund öffnete, sah man einen einsamen Zahn leuchten. Er lächelte freundlich. „Was kann ich für euch tun?"
„Wir suchen Dragomil, den Wirt.", sagte Harry.
„Der bin ich."
„Llyr hat uns den Tip gegeben, dass wir hier für ein paar Stunden unterkommen können.", meinte Hermine.
„Llyr! Mein Gott, wie lange hab ich schon nichts mehr von ihm gehört. Spinnt er immer noch so rum mit seiner Zauberei?" Der Wirt strahlte über das ganze Gesicht, das nun einem Vollmond glich.
„Nööö, wieso spinnt?"
„Na, er hat immer solche Zauberstückchen vorgeführt, wo keiner wusste wie er es gemacht hat. Was schon toll. Wie geht es ihm?"
Gerade wollte Harry von der Druidenburg erzählen, als eine innere Stimme ihn deutlich an ein Versprechen erinnerte, das er vor wenigen Tagen gegeben hatte.
„Och, der...der ist jetzt, äh, Vereinsvorsitzender geworden.", stotterte er. Hermine grinste ihn von der Seite her an.
„Setzt euch erst mal. Was kann ich euch bringen? Einen Wein? Habt ihr Hunger? Mögt ihr Donauwaller? Hab ich ganz frisch bekommen, heut früh. Mit Knoblauch und in Butersauce!"
Die vielen Fragen auf einmal konnte Harry nicht verdauen.
„Ja.", antwortete er.
„Äh....Ja, dann bring ich mal..." Der Wirt eilte durch eine Tür hinter seiner Theke. „Roosmarie!", rief er im Laufen. „Geh, mach uns doch schnell 3 mal den Donauwaller, mit mit Salzkartofeln, nein, vier mal, und dann kommst und setzt dich her zu uns. Wir haben Besuch, Freunde vom Llyr!"
Als er wiederkam hatte er einen Krug und 4 kleine Gläser in der Hand. Er stellte die vier Gläser auf einen Tisch und schenkte aus dem Krug Weißwein ein.
„Mögts ihr den als G'schpritzten?"
„Äh, was?", fragte Harry.
„Na, verdünnt, mit Sodawasser!"
„Ja,..., vielleicht ist das besser, Wir sind keinen Wein gewohnt."
„Kommt, jetzt setzts euch endlich!", rief der Wirt und machte eine einladende Armbewegung. Harry und Hermine waren etwas verwirrt über diesen Wirt, der wie ein Gummiball vor ihnen hin und her hüpfte. Als sie sich gesetzt hatten, stemmte der Dragomil sein doppeltes Kinn in seine kleinen Fäuste, schaute sie auffordernd an und sagte auffordernd:
„No, was ist nun mit unserem Llyr? Erzählt!"
Natürlich war Vorsicht angebracht. Sie durften nicht auf die Idee kommen, von den Druiden zu erzählen, denn das konnte fatale Folgen für sie haben. Dennoch berichteten sie, soweit sie es verantworten konnten, zum Beispiel, dass Llyr in einer Burg wohnte, viele Freunde habe und ihnen geholfen habe, die Reise zu unternehmen. Der Wirt hörte gebannt zu, schien jedes Wort aufzusaugen, wie ein trockener Schwamm und Hermine und Harry sahen sich bald gezwungen Dinge zu erfinden, um diese unersättliche Neugier zu befriedigen.
Die Wirtin kam herein. Sie war genau so klein und dick, war aber sauber gekleidet und trug ein wahrhaft riesiges Tablett, auf dem ein genau so riesiger geschmorter und köstlich duftender Fisch lag. In seinem breiten Maul steckte eine Zitrone. Um ihn herum waren fein säuberlich Salzkartöffelchen drapiert, die in zerlassener Butter mit jeder Menge Knoblauchzehen schwammen. Darüber war Petersilie gestreut und der leib des Fisches war bepflastert mit hauchdünnen Zitronenscheiben.
Sie stellte das Tablett auf den Tisch und eilte gleich noch einmal in die Küche um mit Tellern, Besteck und tischtuchgroßen Stoffservietten zurück zu kommen. Der Wirt machte sich daran, den Fisch kunstgerecht zu zerteilen und lud jedem die feinsten Stücke auf den Teller, schöpfte mit einem tiefen Löffel von der Butter darüber und verteilte Kartoffeln, bis sie sagten, dass sie das niemals schaffen würden. Der Fisch war ein Gedicht. Sowohl Hermine als auch Harry hatten noch niemals so etwas leckeres gegessen. Die Wirtin fragte immer wieder „Schmeckts?" und glänzte rot vor Freude und Stolz, wenn eine vollbackige Bestätigung oder auch nur ein kauendes Nicken die Antwort war. Sie schafften den Fisch beileibe nicht, ihre Bäuche waren prall gefüllt, als noch über die Hälfte auf dem Tablett lag, und nachdem man sich zuletzt strickt geweigert hatte, noch einmal zu nehmen, konnten sie sich nur noch zurücklehnen und der Verdauung hingeben. Bei all dem Essen merkten sie den Wein gar nicht. Es war ein Donauwein, aus der Wachau, dem Teil der Donau, den sie so rasch hinter sich gelassen hatten, bevor sie nach Wien gekommen waren.
„Den bringt mir immer ein Schiffer mit, der hier Station macht. Was besseres gibt's nicht an der Donau.", sagte der Wirt, als er noch einmal nachschenkte. „Er mag halt die Küche von Roosmarie so gern. Gell, Roosi?"
„Jaa!", sagte sie stolz und fragte noch einmal: „Hats euch geschmeckt?"
„Es war köstlich, wirklich, aber jerzt könne wir nicht mehr..."
„Ja, ist schon recht. Ihr habt mir a richtige Freud gmacht mit eurem Appetit."
Sie stand auf und räumte den Tisch ab. Der Wirt holte sich hinter seiner Theke eine Pfeife, stopfte sie sorgfältig und rauchte sie genüsslich an.
„Ein Freund von der Altmühl hat gesagt, sie würden hier einen Silberschmied kennen?", begann Harry.
„Ja, den Anton, freilich!", sagte der Wirt und stieß kleine Rauchwölkchen aus. Er lehnte sich zurück und verschränkte die kurzen Ärmchen vor seinem Bauch.
„Ich brauch ein Messer oder einen Speer..."
„Gehst auf Vampierjagt?"
„Nee, auf Drachenjagt..."
Der Wirt brach in schallendes Gelächter aus. „Du bist mir ja einer, bist nicht auf den Mund gefallen! Brav, Bub. Du gfallst mir. Freilich kenn ich den Anton. Wenn ihr wollt, bring ich euch hin, zu ihm. Aber ein bissel Geld müsst ihr schon haben. Umsonst macht er nix!"
Harry wusste nicht, ob er mitlachen sollte, aber das Lachen des Wirtes steckte einfach an.
„Das kriegen wir schon hin. Ich habe etwas gespart.", sagte er und lächelte.
„Gut. Dann schlag ich vor, wir machen einen kleinen Verdauungsspaziergang." Der Wirt stand auf. Harry und Hermine folgten ihm aus der Kneipe. Hedwig saß auf einem Poller und nagte an etwas. Sie hatte sich wohl eine Maus gefangen und verspeiste sie gerade genüsslich.
„Was ist das für ein Vogel?", fragte der Wirt und deutete auf die Eule. „So was habe ich hier noch nie gesehen!"
„Das ist meine Eule, Hedwig heisst sie.", erklärte Harry. „Hedwig, komm, wir gehen spazieren!", rief er in ihre Richtung.
„Bist du auch so ein verrückter Zauberkünstler?", fragte der Wirt. „Llyr hatte auch immer so einen Vogel, mit dem er sprechen konnte. Hab bis heute nicht kapiert, wie man so ein Vieh dressieren kann."
„Ach, wissen sie, Llyr ist Vereinsvorstand vom Eulenzucht- und Dressur Verein. Da haben alle eine Eule.", sagte Harry und setzte eine Unschuldsmiene auf.
„Und du?", fragte der Wirt Hermine. „Hast du auch so eine Eule?"
Hermine grinste.
„Nein. Ich habe eine Zwergkatze." Sie kramte in ihrer Tasche und holte den Käfig mit Krummbein heraus. Dragomil fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er das sah.
„Ist nicht möööchlich!", murmelte er. Verwundert kratzte er sich am Kopf.
Hedwig erkannte ihre Freunde, erhob sich und segelte in einem eleganten Bogen zu Harry. Sie ließ sich auf seiner Schulter nieder. Vergnügt knabberte sie an Harrys Ohr, bis dieser sagte:
„Nicht so heftig, Hedwig. Vertragen wir uns wieder?"
Als Antwort kamm ein leises Fiepen. Kopfschüttelnd wandte sich der Wirt zum Gehen. Hermine und Harry folgen ihm durch das Gewirr von kleinen Gässchen immer weiter den Hang hinauf. Schließlich hatten sie das Städtchen durchquert und traten durch ein Tor in der Stadtmauer auf einen geschotterten Feldweg, der um den Berg herumführte. In einiger Entfernung machten sie ein kleines Gehöft aus. Eine Mauer umspannte das Haus, das aus Bruchsteinen, die anscheinend aus der Ruine stammten, gemauert war. Dragomil steuerte darauf zu und nach wenigen Minuten gingen sie durch ein Tor in den Hof.
Der Hof war überspannt mit Weinranken, von denen dicke, dunkelblaue Trauben herunter hingen. Unter den Weinreben standen rohe Holzbänke und Tische im Schatten. Leere Weinfässer standen herum und man hatte den Eindruck, bei einem Winzer gelandet zu sein. Der kleine Spaziergang hatte gut getan. Das Völlegefühl des reichhaltigen Essens war verschwunden, aber durch die Gewürze und den vielen Knoblauch machte sich Durst bemerkbar.
„Anton! Ich bins, der Dragomil! Wo steckst?", rief der Wirt und ließ sich auf eine Bank fallen. Der Weg hatte ihn etwas mitgenommen und der Schweiß lief ihm über die Stirn. Er holte ein großes rotes Taschentuch heraus und wischte sich die Stirn ab. Eine Zeit lang geschah gar nichts, erst als Dragomil noch einmal rief, öffnete sich eine Tür, die offenbar zum Weinkeller führte und ein hagerer älterer Mann mit blauer Schürze kam heraus.
„Drago!", sagte der Mann. „Dass du deinen fetten Hintern auch mal zu mir bewegst! Es muss ein Wunder geschehen sein."
Dabei grinste er über sein ganzes, faltentreiches Gesicht und in seinem Mund wurden große Zahnlücken sichtbar.
„Du hast dich auch lang nicht mehr blicken lassen, bei mir, dabei hast du es ja viel einfacher als ich, du musst nur den Berg herab, und ich muß hinaufsteigen!"
„Ja, und wenn ich voll bin, kann ich zuschaun, wie ich wieder hoch komm. Du brauchst nur der Schwerkraft zu folgen! Wen hast denn da mitgebracht?", fragte Anton und deutete auf Harry und Hermine. Hedwig hatte sich auf den Rand eines Weinfasses gesetzt und schaute Anton mit ihren großen gelben Augen an.
„Mei, wer ist das denn? Ein schöner Vogel! Gehört der Euch?"
„Ja.", sagte Harry. „Mein Name ist Harry Potter und das ist Hermine Granger. Wir sind auf der Durchreise und haben bei Dragomil Pause gemacht."
„Potter...Harry Potter...", sagte Anton und kratzte sich nachdenklich am Kinn. „Kann das sein, dass ich den Namen schon mal gehört habe? Wartets, gleich hab ichs. ... Vor sechs Wochen... da warn Leut bei mir, da hab ich den Namen schon mal gehört. Das müssen Iren gewesen sein, so rothaarig wie die waren. Wie hießen die denn noch mal...?"
„Weasley!", rief Harry und sprang auf.
„Ja, genau. War eine ganz schön große Familie. Natürlich! Jetzt weiß ich auch woher ich Ihren Namen kenne. Sie sind doch nicht der Harry Potter!?"
„Doch...", sagte Harry. „Aber dann kennen Sie sich ja aus, mit der Zauberer..."
„Na klar. Ich gehör dazu."
Dragomil blickte verwundert von Einem zum Anderen.
„Kennt ihr euch etwa schon?", fragte er.
„Nein, äh, wir sind nur zufällig im selben Verein..."
„Ach soooo. Dann bist du auch so ein spinnerter Zauberkünstler?", fragte er Anton. „Oder züchtest du etwa auch Eulen oder Mini-Katzen? Warum hast du mir denn nie was gesagt?"
„Du hast mich nie danach gefragt. Warum sollte ich dir etwas davon erzählen, wenn du der Meinung bist, dass wir alle Spinner sind?"
„Ach geh, das ist doch nur so eine Redewendung von mir. Dieser Llyr, erinnerst dich, der eine Zeit lang jeden Sommer bei mir Station gemacht hat, der war doch auch ein ganz feiner Kerl, trotzdem hab ich immer Spinner für ihn gesagt. Aber die beiden, das sind ganz nette Leute. Die wollen von dir etwas aus Silber haben. Stell dir vor, die wollen Drachen jagen...."
Wieder lachte er lauthals los.
Antons Gesicht war bei dem letzten Satz ernst geworden. Prüfend sah er Harry und Hermine an.
„So so, Drachen wollt ihr also jagen. Seids unterwegs nach Ungarn?", fragte er.
„Nein, wir müssen nach Rumänien.", antwortete Hermine.
„Nach Rumänien also... Da habt ihr euch ein besonders gefährliches Biest ausgesucht. Gibt's einen besonderen Grund, dass ihr einen rumänischen Drachen braucht?"
„Moment mal!", meldete sich Dragomil. „Du willst doch nicht etwa sagen, dass du das ernst nimmst? Es gibt doch gar keine Drachen!"
„Das ist eine verflixt ernste Sache, mein lieber Drago. Magst mir einen Gefallen tun? Ich geb dir einen Schoppen Wein und du setzt dich zu meiner Frau ins Haus. Wir müssen etwas sehr Wichtiges besprechen." antwortete Anton.
„Immer, wenn es spannend wird, schickst du mich zu deiner Frau! Das war die letzten Male auch schon so. Was ist das für eine Heimlichtuerei, vor einem alten Freund, wie mir. Kein Wunder, dass ich schon lange nicht mehr da heroben war!"
Die Aussicht auf einen guten Tropfen besiegte aber seine Neugierde und er fügte sich, jedoch nicht ohne laut maulend ins Haus zu gehen. Anton verschwand kurz im Keller und kam mit einem Krug Wein wieder. Er trug ihn ins Haus und setzte sich, als er wieder im Hof war zu Harry und Hermine.
„Also,", sagte er mit gesenkter Stimme. „was hat es mit dem Drachen auf sich? Ihr könnt ruhig reden. Ich bin Zauberer, wie ihr, und ich bin ein guter Bekannter von Krischtian aus Essing, Gott habe ihn selig."
„Essing? Ist das der Ort an der Altmühl, wo wir Pause bei dem Alten Dr..., äh, Zauberer gemacht haben?", fragte Hermine und schaute Harry an.
„Ja, ich glaube schon.", antwortete er. Und zu Anton gewandt sagte er: „Der alte Zauberer hat uns den Tip gegeben, zu Ihnen zu gehen. Ich brauch ein silbernes Messer oder einen silbernen Speer, denn ich muß einen Drachen töten und so viel ich weiss, geht das nur mit einer silbernen Waffe."
„Da hast recht. Die musst in seinen Nabel stoßen. Ich hab eine Reihe von Silberwaffen, ich glaub sogar, dass ich noch einen Speer habe. Die meisten Waffen brauchen die Ungarn und die Rumänen, weil sie sich gegen Vampiere wehren müssen. Oder Silberkugeln gegen Wehrwölfe."
„Wehrwölfe?", fragte Harry entsetzt. Er mußte an Remus Lupin denken. „Das sind doch ganz normale Menschen. Die kann man doch nicht erschießen, nur weil sie Wehrwölfe sind..."
„Woher willst das wissen? Ich kenn Wehrwölfe nur daher, dass sie Menschen angreifen. Sie sind gefährlich!"
„Wir kennen einen Wehrwolf.", sagte Hermine, die auch ziemlich aufgebracht war. „Er ist ein äußerst netter Mensch und es gibt Zaubertränke, die die Wirkung des Vollmondes erheblich eindämmen!"
„Wie es auch sei. Ich glaub, über Wehrwölfe brauchen wir nicht zu reden." Anton schnitt die Diskussion ab. „Ihr braucht einen Speer. Also wollen wir mal schauen. Kommt ihr mit?"
Beide nickten und folgten Anton.
„Könntest du dir vorstellen, auf Professor Lupin zu schießen?", fragte Hermine.
„Niemals!", sagte Harry. Aber dann grinste er plötzlich. „Du könntest ja einen Verein gründen zum Schutze von freilaufenden Wehrwölfen. ‚SchuFreWeh', oder so ähnlich."
„Blödmann!", war Hermines knappe Antwort. Sie hasste die spöttischen Anspielungen auf ihr missglücktes und ungeliebtes Projekt B.Elfe.R, mit dem Sie eine Art Gewerkschaft für Hauselfen gründen wollte. Schon damals hatte sie sich eine Menge Spott eingefangen.
Anton ging um das Haus zu einem Schuppen, dessen Tür schwer mit Eisen beschlagen und mit einem dicken Vorhängeschloss versehen war. Anton kramte aus seiner Hosentasche einen riesigen Schlüsselbund heraus und schloß auf. Die Tür schwang mit lautem Knarren auf und sie betraten einen düsteren, verstaubten Raum mit rußgeschwärzten Wänden.
„Hier haben wir früher geräuchert.", erklärte Anton. „Aber seit ein paar Jahren finden wir nicht mehr das richtige Holz in der Umgebung. Sind zu viele Wälder verschwunden, seit sie die Donau begradigt haben."
Harry schaute sich um. Durch ein verstaubtes Sprossenfenster fiel spärliches Licht auf einen Tisch, der an einer Wand stand. Allerlei Geräte únd Werkzeuge hingen an der Wand über dem Tisch und in einem kleinen Regal daneben standen mehrere Flaschen mit Säuren und anderen Essenzen, die ein Silberschmied braucht. An der Wand neben der Tür war ebenfalls ein Regal angebracht. In diesem lagen, fein säuberlich in Regalböden gestapelt, verschiedenste Gegenstände, die man durchweg als magische Instrumente und Waffen ansehen konnte. In einem weiteren Regal lagen Kännchen und Tabletts, Orden und Pokale, die wohl für das Muggelvolk von Hainburg bestimmt waren. Zwischen den Regalen, etwas versteckt, stand ein Ständer, dessen einziger Inhalt ein etwa eineinhalb Meter langer Holzstecken mit einer blinkenden, scharfen, silbernen Spitze war.
„Da ist er ja!", sagte Anton und nahm den Speer aus dem Ständer. Er wog ihn in der Hand, zögerte kurz und reichte ihn dann Harry.
„Hier. Es ist eine ganz besondere Arbeit. Der Schaft ist aus Eibenholz, besonders biegsam. Der bricht nicht ab, wenn man zustößt. Den kannst nehmen, für den Drachen. Schau her, die Öse am Stiel. Da mußt einen Lederriemen durchziehen, denn je nachdem, wie groß der Drache ist, mußt ihn ganz hineinschieben. Dann kriegtst ihn mit dem Lederriemen wieder heraus."
Harry betrachtete den Speer und wunderte sich über das geringe Gewicht. Auf dem Holz waren sonderbare Zeichen eingeritzt.
„Ist das ein magischer Speer?", fragte er. Er war sich nicht sicher, ob ein normaler Speer mit silberner Spitze ausreichen würde.
„Freilich ist das ein magischer Speer. Sonst könntest ihn auch kaum benutzen, um einen Drachen um die Ecke zu bringen."
„Was soll er denn kosten?", fragte Harry.
„Tja, eigentlich ist er unverkäuflich. Aber ich könnt ihn dir vermieten. Was bist bereit, zu geben?"
„Was sie haben wollen. Ich werde ihn auf jeden Fall zurückbringen, wenn sie das wünschen..."
„Gut.", meinte Anton entschlossen. „Gibst mir das Gewicht in Silbersickeln. Dann kann ich notfalls einen neuen machen, wennst ihn verlierst. Es wäre schade drum, aber es scheint, du brauchst ihn wirklich. Einverstanden?"
„Ich kann ihnen auch Galleonen geben!", sagte Harry. Er kramte nach seiner Geldbörse.
„Nein, nein, Silber ist mir schon lieber. Gold hat nicht die magischen Eigenschaften, wie Silber."
„Ach, verstehe.", sagte Harry.
Anton bat ihn um den Speer. Er legte ihn auf eine Waage. Dann forderte er Harry auf, die andere Schale mit Silberstücken zu füllen, bis die Zunge der Waage das Gleichgewicht anzeigte. Harry legte ein Silberstück nach dem Anderen hinein. Eigentlich hätte die Wage schon ausgeglichen sein müssen. Er wunderte sich und fragte den Silberschmied, ob das mit rechten Dingen zu ging.
„Schon...", grinste dieser. „Es ist halt eine magische Waffe. Die Formel macht das Gewicht. Aber lass mal gut sein. Das sollte reichen. Schließlich will ich dich ja nicht arm machen."
Er strich die Silberlinge ein und ließ sie in seiner Hosentasche verschwinden. Harry nahm den Speer. Er wog ihn prüfend in seiner Hand. Es war eine gute Waffe. Sie war perfekt ausbalangsiert und lag gut in der Hand.
„So und jetzt könnt ihr mir mal verraten, warum ihr einen Drachen jagen wollt.", sagte Anton.
„Wir brauchen den Drachenstein.", sagte Hermine. „Voldemort hat sich einen neuen Zauberstab besorgt, der einen Drachensteinkern hat. Den Zauberstab von Salazar Slytherin."
„Ach so ist das. Und jetzt wollt ihr einen neuen Zauberstab bauen?"
„Nein. Aber der Drachenstein soll mir helfen. Er soll mich schützen.", erklärte Harry.
Anton nickte. „Gut. Ich wünsche dir viel Glück. Das wirst du brauchen."
Draußen hupte jemand. Anton ging zur Tür.
„Hammers?", fragte er.
„Was?"
„Haben wir es?" sagte Anton in bemühtem Hochdeutsch.
„Ja.", sagte Harry und die beiden folgten Anton nach draußen. Wieder hupte es.
„Herrgottsakra, wer hupt denn da andauernd?", sagte Anton während er die Tür wieder verschloß.
„Ich schau mal. Wollt ihr noch etwas trinken?", fragte er die Beiden. Dankbar namen sie an. Anton ging zum Tor und schaute hinaus. Hermine und Harry nahmen wieder an einem der Tische platz. Hier war es schön kühl. Für Ende September war es noch sehr warm in der Gegen. Anton kam wieder zurück.
„Die Iren sind wieder da.", sagte er. „Sie wollen vor der Heimreise noch etwas Wein mitnehmen. Jetzt hole ich euch erst mal was."
Harry war wie elektrisiert. Die Iren? Die Weasleys! Er sprang auf und lief zum Tor. Draußen stand ein alter, klapperiger Kleinbus und in dem Kleinbus saßen die Rotschöpfe, die er so gut kannte.
„Hallo!", rief er und lief zum Wagen. Das Herz hüpfte in seiner Brust. Hermine kam auch durch das Tor und stieß einen Freudenschrei aus.
„Ron!"
In die Leute im Wagen kam Bewegung. Die Türen wurden aufgestoßen und Mrs. Weasley, Ginny, Ron, Fred und George stiegen aus. Stürmisch begrüßten sie Harry und Hermine.
„Harry, welche Freude, dich zu sehen!", rief Mrs. Weasley und drückte Harry an ihre Brust, dass ihm der Atem weg blieb. „Hallo Hermine!"
„Mensch Harry, was machst du denn hier? Hallo Hermine, du auch?", rief Ron mit einer Mischung aus Erstaunen und Freude. „Mensch Hermine, du siehst toll aus! Was hast du mit deinen Haaren gemacht?"
Trotz seiner ansonsten blassen Haut war er fast braun geworden. Sommersprossen übersähten sein Gesicht und die blauen Augen blitzten vor Freude. Fred und George grinsten über das ganze Gesicht. „Hallo ihr zwei! Na, macht ihr Urlaub in der Gegend?"
Etwas schwirrte wild durch die Luft. Es war so schnell, dass man es kaum mit den Augen fassen konnte, und zwitscherte lauthals, als wolle es alle anderen übertönen. Es war Pigwidgeon, Rons sperlinggroße Eule, die einen wilden Tanz in der Luft aufführte.
„Hallo Pig!", rief Harry übermütig und Pigwidgeon ließ sich für einen kurzen Moment auf seiner ausgestreckten Hand nieder, nur um gleich wieder in die Luft zu flattern und noch wilder als vorher zu toben.
Ginny strahlte Harry an. Sie traute sich nicht, Harry so stürmisch zu begrüßen, wie die anderen, aber man sah ihr die Freude an. Alle redeten durcheinander und es brauchte eine Weile, bis sie sich wieder so weit beruhigt hatten, dass sie miteinander reden konnten.
„Wie kommt ihr ausgerechnet jetzt hier her?", fragte Harry, immer noch verblüfft, die Weasleys hier zu sehen.
„Wir sind auf dem Rückweg vom schwarzen Meer.", antwortete Molly Weasley. „Du weißt, Harry, wir können uns keinen Flug leisten, und über Land müssen wir wohl mit zehn Tagen rechnen, bis wir wieder zu Hause sind."
„Mom wollte noch etwas von dem leckeren Wein mitnehmen.", sagte Ron. „Wir haben auf der Herfahrt schon hier Rast gemacht. Sie hat uns auf die Burg raufgehetzt, und auf dem Rückweg sind wir hier rein gestolpert. Mom und Pa waren so blau, dass wir hier übernachten mussten."
„Ron! Was fällt dir ein, so über deine Eltern zu reden!", wies ihn Mutter Weasley zurecht. Die Zwillinge feixten und Ginny sah ihren Bruder missbilligend an.
„Lasst uns rein gehen und einen Kaffee trinken.", schlug Mrs. Weasley vor. Alle waren einverstanden und so bildete sich eine fröhliche Runde im Schatten unter den Weinreben.
„Was macht ihr hier?", fragte Ron aufgeregt.
„Das ist eine lange Geschichte.", sagte Harry. Er wurde aufgefordert zu erzählen. Harry musste sich sehr zusammennehmen, nichts von den Druiden und ihrem Orden zu erzählen, und mehrmals empfing er einen schmerzhaften Tritt von Hermine unter dem Tisch. Immer wieder mußte Hermine es übernehmen, zu erzählen, wenn Harry die Worte ausgingen oder er eine Pause machen musste. Als sie den Bericht beendet und nicht nur eine Tasse Kaffee geleert hatten, herrschte zunächst Schweigen.
Dann ging die Fragerei los. Sie wurden von allen Seiten bestürmt, alle wollten es genau wissen und sie mußten fast alles noch einmal von vorne erzählen. Irgendwann sagte Ron:
„Ich möchte am liebsten mitkommen und euch helfen."
Mrs. Weasley sah Ron entsetzt an.
„Junge! Wie kommst du darauf, dass ich dich in ein so gefährliches Abenteuer lassen könnte?!", sagte sie.
„Aber Mom, Harry und Hermine müssen da ja auch durch. Und ich kenne zum Beispiel die Gegend, wo es Drachen gibt. Und ich kann sie zu Charly bringen..."
„Ausgeschlossen. Nein. Das ist mein letztes Wort!" Mrs. Weasley schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
„Komm schon Mom!", sagten Fred und George. „Charly passt schon auf, dass ihnen nichts passiert. Und wenn wir es richtig verstanden haben, muss Harry ohnehin allein gegen den Drachen antreten. Lass Ron doch mitgehen."
„Nein, nein, und nochmals nein. Das ist viel zu gefährlich für euch Kinder. Wenn euch was passiert, ich könnte mir das nie verzeihen."
„Mom, ich gehe jetzt schon sein 4 Jahren nach Hogwarts und du hast noch nie etwas gesagt, wenn ich dir von den Sachen erzählt habe, die wir Drei dort schon erlebt haben. Lass mich doch mitgehen.", meldete sich Ron wieder.
„Das war ja auch alles schon vorbei. Wenn ich das vorher gewusst hätte, ich wäre vor Sorgen gestorben!"
„Aber wir haben es doch alles überlebt. Keinem von uns ist etwas Ernstes passiert!"
„Harry, wie denkst du darüber?", wandte sich Mrs. Weasley an Harry.
Er zuckte mit den Achseln. „Weiß nicht, Mrs.Weasley. Gefährlich ist das bestimmt, aber Ron hat damit gar nichts zu tun. Ich muß den Drachen jagen und vielleicht ist es wirklich besser, wenn wir zu dritt sind..."
„Kinder, Kinder. Ihr macht es mir schwer. Ich muß erst einmal darüber nachdenken. Bilde dir bloß nicht ein, Ron, dass mir das jetzt Spass macht. Die ganze Erholung ist hin. Das kannst du mir ruhig glauben. Ich brauch jetzt erst einmal ein Stück Kuchen."
Sie stand auf und ging erhobenen Hauptes ins Haus. Sofort stürmten die Weasleys wieder auf Harry und Hermine ein und bombardierten sie mit Fragen und diskutierten hin und her. Die Zwillinge wären am liebsten auch mitgefahren. Sie malten sich aus, wie sie die Drachen mit ihren Scherzartikeln fertig machen würden und sie fragten Harry, ob er schon eine Idee hätte, die er den Drachen besiegen wollte. In Harrys Kopf rauschte es. Er war völlig durcheinander. Dann kam Mrs. Weasley wieder. Sie setzte sich an den Tisch. Alle verstummten und starrten gebannt auf Rons Mutter. Theatralisch schaute sie durch das Tor in die Ferne. Dann holte sie tief Luft und sagte:
„Ich habe darüber nachgedacht. Die Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen und ich mache mir größte Sorgen. Ron, du darfst mitfahren."
Stürmischer Jubel toste auf. Hermine fiel Ron um den Hals, Fred und George klopften Harry auf den Rücken, dass er sich krümmte und Ginny klatschte in die Hände und piepste in höchsten Tönen:
„Ich freu mich so! Ich freu mich so!"
Mutter Weasley schaute ganz pikiert. Der Jubel passte ihr überhaupt nicht.
„Ron, ich verlange", rieft sie über den Lärm, „dass du auf dich aufpasst. Und zieh dich immer warm an. In den Karpaten ist es um diese Jahreszeit schon ganz schön kalt. Und Ihr, Harry und Hermine, passt auch auf. Das ist so gefährlich, was ihr da vor habt!"
„Klar, Mrs. Weasley,", sagte Harry beschwichtigend. „Ron passiert schon nichts. Und ich habe ja auch ein wenig Erfahrungen mit Drachen. Wird schon gut gehen."
„Dein Wort in Gottes Ohr!", sagte Mrs. Weasley.
