Titel: Harry Potter und der Stein des Drachen

Titel: Harry Potter und der Stein des Drachen

Autor: Luka

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Altersbeschränkung: 12

Inhalt: Kapitel 18: Verhandlungen mit den Todessern bedeuten für Harry, dass er Kampf mit Voldemort unmittelbar bevor steht.

Disclaimer: Die vorliegende Geschichte ist eine FanFiction zu Harry Potter. Dies zu schreiben macht in erster Linie mir Spaß und liegt fern jedes kommerziellen Gedankens. Dies zu lesen soll allen Spaß machen, die eine neue Geschichte von Harry Potter haben wollen. Sie sollen das tun können ohne eine müde Mark auszugeben. Alle Charaktere gehören Joanne K. Rowling, bis auf die, die in der Geschichte noch entwickelt werden müssen und die nicht von JKR sind. ( So z.B. Tug, John und Henri Perpignan )

18. Aufforderung zum Tanz

Am nächsten Morgen fühlte sich Harry wie gerädert. Sirius hatte ihn geweckt, kaum dass es hell geworden war und war schon einmal voraus in die Mensa gegangen. Harry hatte das Gefühl, in dieser Nacht gar nicht geschlafen zu haben, seine Augen brannten und in seinem Kopf machte sich ein dumpfes Pochen breit. Er musste jedoch wach werden, hellwach und frei von jeder Beeinträchtigung, und so suchte er in seiner Tasche nach dem Wach-Trank, den er von Henry mit auf die Reise bekommen hatte.

Mit einem Mal hatte er das seltsame Stück Holz in der Hand, das Hagrid aus der Drachenhöhle geholt hatte. Er hatte es ganz vergessen. Jetzt nahm er es in die Hand und betrachtete es im trüben Licht, das durch das Fenster fiel. Es war reich beschnitzt und zeigte eigenartigerweise verschiedene Darstellungen von Spinnen. Eine flocht gerade ein Netz, eine Andere wob eine gefangene Beute ein, eine dritte spannte zwischen zwei Ästen einen Faden. Die Schnitzereien waren so kunstvoll und genau, dass Harry schauderte und versucht war, das Holz aus der Hand zu legen, aus Angst, die Spinnen könnten lebendig werden und über seine Finger krabbeln. Er war kein Freund von Spinnen, aber er hatte auch nicht die Phobie von Ron, der jedes Mal, wenn er eine Spinne sah, ganz blass und starr wurde.

Harry kleidete sich an, suchte in der Tasche nach der Flasche, fand diese und nahm einen kräftigen Schluck daraus. Wie siedendes Öl floss der Trank durch seine Adern und verbreitete bis in seine Fingerspitzen eine Kraft und Energie, die er dringend für den heutigen Tag brauchte. Auch der Kopfschmerz verschwand, und so machte sich Harry, nachdem er noch das Holz in seine Umhangtasche gesteckt hatte, fast fröhlich auf den Weg in die Mensa.

Sirius und Dumbledore saßen schon am Tisch und frühstückten. Die Mensa war leer, was bei der frühen Stunde nicht wunderte. Lupin war auch schon wach, wollte aber Hermine wecken, denn sie waren der Meinung, dass Hermine über die neuesten Überlegungen informiert werden sollte. Nach ein paar Minuten erschien Remus Lupin in Begleitung einer völlig verschlafen aussehenden Hermine.

„Hallo Harry.", murmelte sie, als sie sich setzte. „Wie fühlst du dich?"

Harry wollte schon in Anbetracht des Trankes ‚Blendend!' sagen, besann sich aber dann doch noch und meinte:

„Es geht. Ich habe schlecht geschlafen, und viel zu wenig, aber ich habe etwas von dem Wach-Trank genommen und jetzt geht es mir besser."

Hermine lächelte schwach.

„Ich habe beschissen geschlafen. Die halbe Nacht mit Viktor geredet. Musste mal sein. Vielleicht ist es keine schlechte Idee, mich ein bisschen zu dopen. Jetzt brauch ich erst einmal einen starken Kaffee."

Hermine, Lupin und Harry bestellten sich ihr Frühstück. Harry dachte daran, dass er den ganzen Tag vielleicht unterwegs sein würde und nahm auch gleich noch eine riesige Portion Rührei. Das würde für eine Weile anhalten.

„Miss Granger", begann Dumbledore, „ich nehme an, sie machen sich große Sorgen um Ron. Vielleicht beruhigt es Sie etwas, wenn ich ihnen kurz berichte, zu welchem Entschluss wir gekommen sind."

Hermine wurde direkt aufmerksam. „Ich bitte sie darum, Professor Dumbledore."

„Gut. Dass Ron von Todessern entführt wurde, wissen sie. Dass wir den Drachenstein haben, wissen sie auch, nochmals meine Bitte, niemandem etwas davon zu erzählen. Wir verfolgen jetzt diese Strategie: Da wir davon ausgehen können, dass Voldemort nichts von unserer Entdeckung weiß, wollen wir ihn etwas überraschen. Unser vornehmlichstes Ziel ist jedoch, Ron zu befreien. Dazu müssen wir ihn finden, und das werden wir mit Hilfe des Drachensteins machen. Wir werden eine sehr effektive Truppe auf die Suche schicken, eine Truppe, die in der Gegend nicht auffallen wird, und die in den letzten Winkel hineinschauen kann. Wir haben vor, uns die Bienen nutzbar zu machen."

Hermines Gesicht hellte sich schlagartig auf.

„Stimmt!", sagte sie. „Wir haben gelesen, dass man mit dem Drachenstein Tieren befehlen kann. Gute Idee!"

„Sodann", fuhr Dumbledore fort, „werden wir zunächst abwarten. Voldemort wird uns mitteilen, durch wen auch immer, wie er sich den nächsten Schritt vorstellt. Er wird Harry im Austausch gegen Ron fordern. Wir gehen davon aus, dass Voldemort Ron in seinem Versteck belässt. Das ist unsere Chance. Während Harry, mit Hilfe einiger der hier Anwesenden Voldemort beschäftigt, wird einer in das Versteck reisen und Ron herausholen. Sobald das geschehen ist, erhält Harry ein Signal und könnte dann angreifen."

„Hoffentlich klappt das.", sagte Hermine, aber sie klang schon sehr erleichtert.

„Das hoffen wir auch.", sagte Dumbledore. „Wenn sie dabei eine Rolle spielen wollen, Miss Granger, dann sagen sie es uns. Ich denke, wir können jede Hand gebrauchen. Harry braucht mindestens drei Leute, die ihm Rückendeckung geben. Für einen allein ist die Befreiung Rons aber mit hohen Risiken verbunden. Ich würde für den Teil des Plans gerne Sirius vorsehen, er ist umsichtig und gerissen. Immerhin hat er es geschafft, aus Askaban fort zu kommen. Würde etwas dagegen sprechen, wenn sie ihn begleiten?"

Hermine überlegte kurz, dann sagte sie:

„Nichts. Ich würde gerne mit Sirius gehen. Ich bin nicht unbedingt scharf darauf, Voldemort gegenüber zu stehen."

„Ich auch nicht!", maulte Harry, grinste aber, als er Hermines erschrockenes Gesicht sah.

„So.", fuhr Dumbledore fort, „Bleiben also Remus und ich, um Harry Rückendeckung zu geben. Wir werden wohl Brancusi hinzuziehen. Er ist ein erfahrener Zauberer, der uns sehr gut unterstützen kann. Aber als Nächstes werden wir gleich aufbrechen, um die Bienen aufzusuchen. Mit ein wenig Glück haben wir heute Abend ein Ergebnis."

„Wie weit können Bienen eigentlich fliegen?", fragte Harry.

„Ich weiß nicht.", antwortete Dumbledore. „Aber darüber habe ich auch schon nachgedacht. Ich denke, sie werden sich hier im Tal aufhalten und nicht über die Berge ziehen. Wir werden wohl mehrere Bienenvölker nehmen müssen. Die können wir dann auf die Nachbartäler verteilen. Wird schon gut gehen."

Beim Aufstehen fühlte Harry das Holzstück in seiner Tasche. Er holte es heraus.

„Professor Dumbledore", sagte er und hielt ihm das Holz hin, „ich habe noch einmal eine andere Frage. Hagrid hat das hier in der Drachenhöhle gefunden, während ich gekämpft habe. Wissen sie, was das ist?"

Dumbledore nahm es in die Hand und sah es sich an. Er drehte es und betrachtete die kunstvollen Schnitzereien.

„Es scheint ein Arachno-Xilograf zu sein. Ein sehr schönes altes Stück."

„Was ist das, ein Arachno-Xi..., wie heißt das?"

„Ein Arachno-Xilograf! Das heißt nichts anderes als Spinnen-Schnitzerei. Ich glaube, es ist sehr alt, denn in den letzten Jahrzehnten ist meines Wissens nichts derartiges mehr hergestellt worden. Das Wissen um diese Kunst ist anscheinend ausgestorben."

„Was kann man damit machen?", wollte Harry wissen.

„Nun, man kann damit das machen, was Spinnen tun. Zum Beispiel, wenn du über eine Schlucht willst und es ist keine Brücke da, dann spannst du dir einen Faden hinüber und läufst damit auf die andere Seite."

„Auf einem dünnen Faden? Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin doch kein Hochseilartist!"

„Das brauchst du auch nicht zu sein. Es ist magisch, so bequem, wie eine vierspurige Autobahnbrücke der Muggel und es zerreißt nicht, egal wie schwer du bist. Ach, man kann vieles damit machen, du siehst hier die verschiedenen Spinnen-Darstellungen?"

Er zeigte auf eine der Schnitzereien. Es war die Spinne, die ein Netz wob.

„Die hier zum Beispiel, wenn du deinen Finger darauf legst und ‚Arachna' sagst, kommt aus der Spitze ein Netz geschossen. Eine sehr praktische Einrichtung, wenn du etwas fangen willst. Den Faden kannst du auch dafür benutzen, wenn du etwas unzerreißbar festbinden möchtest. Wichtig ist nur, dass du das richtige Symbol benutzt, und das Wort, welches das Symbol aktiviert ist ‚Arachna'."

„Das kann man also auch im Zweikampf benutzen?", überlegte Harry. „Das ist, glaube ich, gar nicht so schlecht."

„Es kann dir sicher sehr nützlich sein. Ich würde es auf jeden Fall zu dem Treffen mit Voldemort mitnehmen."

Dumbledore gab Harry den Arachno-Xilografen zurück. Harry steckte ihn wieder in seine Umhangtasche.

„Wir werden die Besen benutzen, um zu dem Bauernhof zu kommen. In einer viertel Stunde treffen wir uns im Hof mit dem Schüler. Er wird uns den Weg zeigen.", sagte Dumbledore.

Harry ging auf sein Zimmer um den Besen zu holen. Eine viertel Stunde später traf er im Hof auf Dumbledore und den Schüler, der sich als Mariusch vorstellte. Sie verließen Durmstrang durch das Torhaus und flogen los. Dumbledore hatte sich noch einmal versichert, dass Harry den Drachenstein dabei hatte, nicht nur, weil sie ihn für die Bienen brauchten, sondern auch aus Sorge vor einer überraschenden Begegnung mit Voldemort. Es stand zu erwarten, dass der dunkle Lord jetzt auf eine Gelegenheit wartete, anzugreifen.

Der Flug verlief jedoch ruhig und nach wenigen Minuten kamen sie auf einer Wiese vor dem Bauernhof an. Es war ein altes, windschiefes Haus mit morschem Holzbalkon und abbröckelndem Putz. Fensterläden hingen schief in den Angeln und das Dach der Scheune hatte viele kaputte Ziegel, die offensichtlich nur durch das Moos, das weitflächig darauf wuchs, zusammen gehalten wurde. Der Hof lag auf halber Höhe an einem Hang und war umgeben von Wiesen, auf denen krüppelige alte Obstbäume standen. Der Großvater saß auf einer Bank vor der Tür. Als er sah, wie sie angeflogen kamen und auf der Wiese unweit des Hauses landeten, erhob er sich mit Hilfe seines Krückstocks und humpelte ihnen entgegen. Sein Gesicht war gespickt mit weißen Bartstoppeln, die seine braungebrannten Falten wie ein abgeerntetes Feld bedeckten. Er war schon sehr alt und gebeugt, aber seine Augen blitzten lebhaft unter buschigen weißen Augenbrauen hervor. Zur Begrüßung hob er seinen speckigen alten Hut und streckte Dumbledore und Harry wortlos seine Hand entgegen.

„Na, mein Junge", sagte er und klopfte Mariusch auf die Schulter, „hast hohen Besuch mitgebracht?"

„Das sind Professor Dumbledore und Harry Potter. Sie kommen aus England!", stellte Mariusch seine Begleiter vor.

„England? Waren gute Soldaten, damals, Vierundvierzig, im großen Krieg, als sie die Normandie genommen haben. War bei den Deutschen, zwangseingezogen. Kann mich noch gut erinnern, wie die Schiffe in der Morgendämmerung aufgetaucht sind und uns die Hölle auf Erden gebracht haben. Bin zum Glück schnell gefangen genommen worden...."

„Es waren harte Zeiten, damals.", sagte Dumbledore. „Gott sei Dank, sind sie vorbei."

Dabei sah er den Großvater freundlich an.

„Wegen der Bienen seid ihr da?", fragte der Großvater. „Mein Enkel sagte gestern, dass ihr sie für etwas besonderes braucht?"

„Sie wissen, wer wir sind und was für einen Beruf wir ausüben?"

„Selbstverständlich.", antwortete der Großvater. „Ich kenne ja meinen Mariusch, war ja der, der ihn auf die Schule hat gehen lassen. Mein Sohn glaubt ja nicht mehr an solche Dinge, wenn's nach dem gegangen wäre, dann tät Mariusch jetzt auf dem Hof helfen. Aber er wird sich noch wundern, was für eine Hilfe mein Mariusch sein wird."

„Das ist schön.", sagte Dumbledore. „Dann kann ich ja offen mit ihnen reden. Wollen wir uns setzen?"

Dumbledore zeigte auf die Bank, die nun von der Sonne beschienen wurde. Der Großvater nickte und setzte sich. Dumbledore setzte sich neben ihn und fuhr fort.

„Wir haben ein Problem mit einem dunklen Magier, der einen unserer Schüler entführt hat. Wir wollen die Bienen dazu bringen, auszufliegen und uns bei der Suche zu helfen."

„Wie wollt ihr ihnen das beibringen?"

„Mein junger Freund hier", Dumbledore zeigte auf Harry, „hat die Möglichkeit, mit den Bienen zu sprechen. Wir wissen selbst noch nicht, ob das wirklich funktioniert, aber wir dürfen keine Chance ungenutzt lassen."

„Da bin ich mal gespannt", sagte der Großvater und schaute Harry ungläubig an. „Wenn du mit den Bienen sprechen kannst, dann kannst du sie ja auch gleich fragen, warum mir Jahr für Jahr immer wieder ganze Bienenvölker abhauen."

„Ich werde daran denken.", sagte Harry und grinste.

„Jaah," brummte der Großvater und erhob sich mühsam. „Dann lasst uns mal in das Bienenhaus schauen."

Sie gingen um das Haus und zu einer Holzhütte, die an der Südseite mehrere Klappen mit schmalen Schlitzen besaß. Der Großvater öffnete eine Tür an der Seite der Hütte und bedeutete seinen Besuchern, ihm zu folgen. Drinnen war es stickig und düster, aber es roch eigenartig süßlich. Auf der Seite, an der die Klappen angebracht waren, standen eine Reihe von Holzkästen, an der rückwärtigen Wand hingen eine seltsame Deckelpfeife, grobe Lederhandschuhe und eine Haube mit feinmaschigem Netz, die man sich über den Kopf ziehen konnte.

„Wenn ihr keine Angst vor den Bienen habt, könnt ihr getrost die Kästen ohne Schutzkleidung öffnen. Die Bienen merken, wenn man Angst hat, und sie lassen sich anstecken. Also, wie ist's?"

„Keine Angst.", sagte Harry und die Anderen stimmten ihm zu.

„Wollt ihr, dass ich hinausgehe?", fragte der alte Bauer.

„Ich glaube, es würde uns entgegenkommen, wenn wir die Prozedur allein vollziehen könnten.", sagte Dumbledore vorsichtig.

„Ist kein Problem. Jeder Beruf hat seine Geheimnisse, warum auch nicht ihr! Aber ich Zeig euch noch wie man die Kästen öffnet und die Waben herausholt. Wollt ihr die Königin sehen?"

Harry nickte. Der Großvater schob einen Riegel beim ersten Kasten zurück und öffnete langsam den Deckel. Einige Bienen schwirrten heraus, verhielten sich aber friedlich. Der Großvater fasste vorsichtig einen der Rahmen an, in dem die Bienen ihre Wabe gebaut hatten. Wieder schwirrten einige Bienen auf, aber keiner wurde gestochen.

„Können wir die Bienenkästen vorrübergehend jenseits des Tals aufstellen?", fragte Dumbledore.

„Ungern.", sagte der Großvater. „Ich habe Sorge, dass sie geklaut werden."

„Wenn es nur darum geht, dann kann ich ihnen versichern, dass wir sie mit einem Schutzzauber versehen, der jeden Dieb in die Flucht jagt."

„Warum wollen Sie das denn machen?"

„Wir sind nicht sicher, ob wir unseren vermissten Schüler hier in dem Tal finden können. Wir wollen einen so großen Bereich absuchen, wie nur möglich."

„Was meinst du, Mariusch?", wandte sich der Großvater an seinen Enkel.

„Ich bin mir sicher, dass Professor Dumbledore dafür sorgen wird, dass ihnen nichts passiert.", antwortete Mariusch. „Wenn du es möchtest, und Professor Dumbledore nichts dagegen hat, verteile ich sie. Ich muss nur wissen, in welche Gegenden ich sie stellen soll."

„Das würde mir sogar sehr entgegenkommen.", meinte Dumbledore. „Ich bin mir sicher, dass wir einige Beobachter haben, und je weniger wir auffallen, desto sicherer kommen wir zu einem Ergebnis. Ich habe nichts dagegen."

„Gut.", sagte der Großvater mit einem Seufzer. „Dann gebe ich es in deine Hände, Mariusch. Du wirst es schon richtig machen."

Der alte Mann suchte noch die Königin, indem er mehrere Waben hintereinander herauszog und wieder hineinschob, bis er eine besonders große Biene mit dickem Hinterleib gefunden hatte. Sie war mit einem weißen Punkt am Rücken markiert, um sie schneller zu finden. Dann überließ er Dumbledore und Harry das Feld.

Dumbledore nickte Harry zu, worauf dieser seinen Zauberstab herausholte und in seiner Tasche nach dem Drachenstein tastete. Als er ihn in der Hand fühlte und merkte, wie die Kraft des Steins wieder Besitz von ihm ergriff, richtete er den Zauberstab auf die Königin und murmelte „Mediatis". Sofort hatte er das Gefühl, sein Kopf würde geöffnet. Er hörte es nicht, aber es war doch in seinem Kopf. Ein seltsames tiefes, melodiöses Brummen schlich sich in sein Bewusstsein, und auf einmal begann die Königin mit einem seltsam kreiselnden Tanz. Dazu variierte das Brummen in unterschiedlichen Tonlagen. Harry starrte fasziniert auf den Tanz der Königin. Plötzlich verstand er. Sie sprach in ihrer Sprache mit ihm.

„Was willst du?"

Harry brauchte einen Moment, bis er seine Verblüffung überwunden hatte, dann überlegte er, ob er jetzt sprechen sollte oder was zu tun wäre.

„Denke!", las er aus ihrem Tanz.

„Bist du die Königin?", dachte er und es fiel ihm schwer, diesen Gedanken nicht auszusprechen.

„Wer sonst?"

„Ich mache das zum ersten mal, also, verzeih, wenn ich dich störe."

„Du störst nicht! Was willst du?"

„Äh...ich...ich möchte dich um einen Gefallen bitten."

„Sprich!"

„Ich möchte dich bitten, jemanden für mich zu suchen. Dass du deine Bienen ausschickst und...äh..."

„Ich habe verstanden. Den suchen, an den du gerade denkst?"

„Ja! Genau! Er ist entführt worden!"

„Ich denke darüber nach!"

Harry war vollkommen fasziniert, dass es wirklich funktionierte. Er war erstaunt über die Klarheit der Worte, die sich aus dem Tanz der Königin formten.

„Wann willst du mir antworten?"

„Komm gleich wieder!"

Harry verstand es als Aufforderung, die Verbindung zu beenden. Also ließ er den Stein los und augenblicklich verstummte das Brummen und die Kraft floss aus seinem Körper. Wieder blieb ein winzigkleiner Rest in ihm zurück.

„Du scheinst Erfolg gehabt zu haben", hörte er Dumbledores Stimme neben sich. Harry blickte auf und nahm Dumbledores Gesicht im Halbdunkel der Hütte wahr. Es brauchte einen Moment, bis ihn die Wirklichkeit wieder hatte.

„Ja..., sie hat gesagt, dass sie darüber nachdenkt. Ich soll gleich wiederkommen."

„Das ist ein gutes Zeichen.", meinte Dumbledore und legte seine Hand auf Harrys Schulter. Sie warteten ein paar Minuten, dann wiederholte Harry die Prozedur. Als die Verbindung zur Königin wieder aufgebaut war, fragte er:

„Hast du dich entschieden?"

„Ja, ich werde dir helfen.", tanzte sie.

„Könntest du vielleicht die anderen Bienenstämme informieren?"

„Wozu? Wir sind genug."

„Wir wollen sie in die anderen Täler bringen, damit dort auch gesucht werden kann."

„Ich rede mit ihnen!"

„Danke! Das ist wirklich sehr freundlich von dir. ... Da fällt mir noch ein, der alte Bauer, der hat auch noch eine Frage."

„Sprich!"

„Weißt du, warum jedes Jahr Schwärme wegfliegen?"

„Wir finden nicht genug Nahrung. Unsere Völker hungern. Zu wenig Blüten. Menschen machen alles kaputt."

„Ich werde es ihm sagen. Danke."

„Warte eine Zeit. Ich schicke Arbeiterinnen zu den anderen Stämmen."

„Kann ich heute Abend wiederkommen?"

„Ja!"

Danach schwieg die Königin. Harry ließ wieder den Stein los und erzählte Dumbledore von dem Gespräch.

„Na wunderbar, Harry.", sagte Dumbledore. „Dann wollen wir mal hoffen, dass sie ihn finden. Lass uns hinaus gehen."

Mariusch und sein Großvater hatten sich wieder auf die Bank vor dem Haus gesetzt. Als Dumbledore und Harry um die Ecke bogen, stand Mariusch auf und fragte, ob sie es geschafft hätten. Dumbledore bejahte und Harry erzählte kurz von seinem Gespräch mit der Bienenkönigin. Als der Großvater nachfragte, warum nun die Bienenvölker das Weite suchten, gab Harry ihm auch dazu die Antwort.

„Ja, ja, ich hab's ja schon immer gesagt.", knurrte der alte Mann. „Die Zeiten ändern sich und zwar zum Schlechten. Ich hab meinem Sohn immer gesagt, er soll aufhören mit den Maschinen, die machen alles kaputt, aber heutzutage zählt ja nur das liebe Geld, auch wenn es fast nichts für die Arbeit gibt."

„Opa, von irgend was müssen wir doch leben!", schaltete sich sein Enkel ein.

„Na, was meinst du, warum ich so erpicht darauf war, dass du in die Schule gehst? Du sollst einmal eine Arbeit haben, die dir Spaß macht und die der Familie das nötige Geld einbringt. Du siehst doch, dass dein Vater immer kurz vor dem Ende herumkrebst."

„Ich weiß. Und drum mache ich auch die Ausbildung fertig. Wirst schon sehen Opa, bald geht es uns besser."

Dann wandte er sich an Dumbledore.

„Wo sollen denn die Kästen hin?", fragte er.

„Ich denke, wenn wir in den benachbarten Tälern je einen Kasten aufstellen, dann sollte es ausreichen. Wenn ich richtig gezählt habe, stehen dort zehn Bienenvölker. Damit bekommen wir den ganzen näheren Umkreis abgedeckt."

„Dann werde ich mich mal an die Arbeit machen. Wann sollen die Völker denn wieder zurückgeholt werden?"

„Heute Abend. Dann kommen wir wieder hier vorbei und befragen die Königin. Wie können wir sicherstellen, dass wir an die richtige geraten?"

„Ich werde den Kasten mit einem Kreidekreuz markieren. Dann finden sie die Königin schon wieder."

Dumbledore dankte und Mariusch machte sich an die Arbeit. Er holte die Kästen, nachdem er sie verschlossen hatte, aus ihren Halterungen und hängte jeweils zwei an dicken Kordeln über seinen Besen. Dumbledore zeigte ihm noch den Zauber, den er anwenden musste, um die Bienenvölker diebstahlssicher zu machen. Dann flog Mariusch los und setzte die Kästen an sonnigen Plätzen in ihren Bestimmungstälern ab.

Dumbledore und Harry flogen zur Schule zurück. Jetzt konnten sie nur abwarten. Harry suchte Hermine auf und erzählte ihr von dem Gespräch mit der Bienenkönigin, und auch Hermine zeigte sich erstaunt, dass es funktioniert hatte. Dann saßen sie lange in ihrem Zimmer und schwiegen. Die Stunden des Vormittags verliefen quälend langsam. Sie konnten sich zu nichts aufraffen und ein kläglicher Vorschlag von Harry, es mit Snape explodiert zu versuchen, ging jäh unter, weil Ron fehlte. Es kam einfach keine Stimmung auf. Es fehlten die frechen Bemerkungen, die Ron immer gemacht hatte, es fehlten seine Stimme, sein Lachen und seine diebische Freude, wenn er Snape wieder einmal vor den Anderen zum Platzen gebracht hatte.

Sie versuchten, über alte Zeiten zu reden, aber auch hier war Ron eine wichtige Person und so drehten sich die Gesprächsfetzen immer wieder um ihn. Irgendwann stand Harry auf. Er musste sich bewegen, denn er versprach sich davon, dass die Zeit schneller verging. Außerdem hatte ihn eine Unruhe erfasst, die ihn auf dem Stuhl herumzappeln ließ. Hermine verstand das nur zu gut. Sie hatte bis spät in die Nacht mit Viktor gesprochen, um sich ihre Sorge von der Seele zu reden. Es hatte gut getan, aber als sie dann ihr Zimmer aufgesucht hatte, um sich schlafen zu legen, hatte sie die gleiche Unruhe gepackt. Immer wieder waren ihre Gedanken um Ron, den bevorstehenden Kampf mit Voldemort und um Rons Befreiung gekreist, und es nützte auch nichts, dass ihr Intellekt ihr sagte, dass es keinen Sinn mache, sich jetzt den Kopf zu zerbrechen, wenn sie noch nicht wusste, wann und wie das von statten gehen konnte.

Harry wanderte ziellos durch die Gänge von Burg Durmstrang, blieb an manchen Fenstern stehen und starrte gedankenlos in das Tal hinunter. Ein Besuch bei Sirius brachte ihm nur kurzen Trost. Auch Sirius war ratlos und sagte, dass sie im Moment nur abwarten konnten. Harry zog sich auf sein Zimmer zurück und nahm sich das Buch Quidditch im Wandel der Zeiten. Er blätterte lustlos darin herum und das war für ihn das Zeichen, dass es ihn wirklich sehr bedrückte. Sonst konnte das Buch ihn leicht ablenken, es war einfach zu schön, die herrlichen Spielzüge der Mannschaften zu sehen und den Text dazu zu lesen. Aber er konnte sich einfach nicht konzentrieren und die Bilder verschwammen vor seinen Augen.

‚Vielleicht sollte ich Henry anrufen', dachte er. ‚Vielleicht kann er ja in England Nachforschungen anstellen, ob sie Ron dorthin gebracht haben.'

Er suchte in der Tasche nach der kleinen Figur, drückte ihr auf den Bauch und sagte „Henry Perpignan." Die Figur begann, grün zu glimmen, und, als sie eine Verbindung hergestellt hatte, leuchtete sie auf.

„Harry?", hörte er Henry fragen.

„Hallo Henry", sagte Harry. Er klang reichlich niedergeschlagen.

„Harry, was ist los?"

„Ach Henry..., sie haben Ron entführt.", seufzte er.

„Sie haben Ron entführt?"

„Ja, wir vermuten, dass sie mich damit aus Durmstrang herauslocken wollen."

„Und was nun..., erzähl doch mal, lass dir nicht jeden Wurm aus der Nase ziehen!"

Harry schilderte den Vorfall in kurzen Worten, erzählte von den Bienen und fragte, wie Henry es einschätzte, wo sie Ron hingebracht hatten.

„Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, es ist für Voldemort ziemlich aufwendig, mit einem Gefangenen nach England zu reisen. Aber wenn du willst´, schaue ich mich mal um. Vielleicht sollten wir uns mal das Haus in Little Hangleton ansehen. Was habt ihr jetzt vor?"

„Wir versuchen halt, Ron zu finden und dann wollen wir uns Voldemort stellen. Während ich mit ihm kämpfe, wollen Sirius und Hermine Ron befreien, vorausgesetzt wir finden ihn rechtzeitig."

„Du willst dich tatsächlich Voldemort stellen? Bist du dir im Klaren darüber, dass das deinen Tod bedeuten kann?", fragte Henry eindringlich.

„Wieso? Mit dem Drachenstein wird mir nicht viel passieren. Das wird eine schöne Überraschung für Voldemort..."

„Moment! Sagtest du gerade Drachenstein?"

„Hab ich dir das noch nicht erzählt?", fragte Harry aufgeregt.

„Nein! Hast du einen Drachenstein? Hast du den Drachen noch einmal herausgefordert?"

„Nein! Es ist viel besser gelaufen..." Harry erzählte von seiner Begegnung mit dem Gespenst und der Suche nach der Höhle. Henry hörte aufmerksam zu, und dann war ein Seufzer der Erleichterung zu hören.

„Ich habe mich schon gewundert", sagte Henry, „wie du mit den Bienen Kontakt aufgenommen hast. Wenn das allein auf deinen Magid-Fähigkeiten beruht hätte, dann wäre ich vor Ehrfurcht auf die Knie gesunken. Mensch Harry, das freut mich! Das wird ein Spaß für Voldemort!"

„Ja, ist halt nur noch die Sache mit Ron. Ich hoffe so sehr, dass wir ihn vorher finden."

„Ich drück dir die Daumen. Und jetzt werde ich gleich unsere Brüder und Schwestern informieren. In vier Stunden wissen wir definitiv, ob Ron in England ist oder nicht. Ich ruf dich nachher an!"

„Danke, Henry. Bis nachher!"

Als er die Figur wieder in seine Tasche steckte, klopfte es. Sirius stand vor der Tür.

„Es ist Mittag. Willst du mitkommen, in die Mensa und etwas essen?", fragte Sirius.

Harry überlegte. Hunger hatte er keinen, von Appetit ganz zu schweigen. Aber er entschloss sich, dennoch mit zu gehen, allein, damit wieder ein Stückchen Zeit verging. Sie liefen also hinunter in die Mensa und trafen dort Dumbledore, Hermine und Lupin. Seit der Entführung von Ron war ihre Truppe wieder dicht zusammengewachsen. Hermine hatte sich nicht zu Viktor an den Tisch gesetzt, anders herum hatten sie das Gefühl, man beobachtete sie verstohlen. Immer wieder fiel Harry auf, dass ein Durmstrang Schüler zu ihnen herüberschaute und dann an dem Tisch getuschelt wurde.

Harry bestellte sich einen Salatteller, in dem er lustlos herumstocherte. Alle schwiegen und machten einen gespannten und sorgenvollen Eindruck. Dann kam eine Eule durch ein geöffnetes Fenster herein geflogen, kreiste kurz über dem Tisch der Hogwartianer, ließ einen Brief in Harrys Schoß fallen und glitt dann durch das Fenster wieder hinaus. Alle saßen wie elektrisiert und starrten auf Harry. Im Saal erhob sich ein Gemurmel, und als Harry den Brief geöffnet und gelesen hatte und daraufhin alle Farbe im Gesicht verlor, war es schlagartig still in der Mensa.

„Was ist, Harry?", fragte Sirius gespannt. Er ließ sich von Harry den Brief herüberreichen, rollte ihn auseinander und las.

„Ich erwarte dich um Mitternacht. Folge meinem Mal!"

Harry zitterte an ganze Körper. Er starrte Sirius an, alle starrten Harry an.

„Es geht los...", flüsterte er. Sirius reichte den Brief weiter, und alle am Tisch lasen ihn.

„Was sollen wir tun?", fragte Harry und blickte unsicher in die Runde.

„Er lässt uns keine Zeit!", bemerkte Dumbledore. „Wenn wir doch nur wüssten, wo Ron ist."

„Ich kann da nicht hingehen!", sagte Harry. „Wir müssen doch zuerst Ron finden. Wenn Voldemort erfährt, dass ich den Stein habe", er senkte die Stimme zu einem heiseren Flüstern, „dann bringt er Ron um, aus Rache!"

„Ich fürchte, er würde Ron auch umbringen, wenn du nicht erscheinst.", sagte Dumbledore und zum ersten Mal sah Harry, wie sich eine tiefe Furche durch seine Stirn zog.

Allen war der Appetit vergangen. Dumbledore schlug vor, dass sie sich in sein Appartement zurückziehen sollten, allein schon, um offen und ohne Zuhörer zu sprechen. Das Essen auf dem Tisch stehen lassend, standen sie auf und zogen sich zurück. Achtzig neugierige Augenpaare folgten ihnen.

In der kleinen Gruppe, die sich jetzt in Dumbledores Appartement besprach, herrschte Aufregung und Ratlosigkeit zugleich. Immer wieder drehte sich das Gespräch um die Befreiung Rons, bis Dumbledore auf einmal sagte:

„Leute, es hat keinen Zweck, sinnlos über etwas zu diskutieren, das wir nicht kennen. Ich schlage vor, egal, was passiert, wir sollten Voldemorts Aufruf folgen und uns mit ihm heute Nacht treffen. Bis heute Abend wissen wir vielleicht mehr. Wenn wir die Bienen befragt haben, dann haben wir einen Anhaltspunkt. Sollte Ron bis dahin nicht gefunden sein, müssen wir uns überlegen, ob wir nicht versuchen sollten, Voldemort in unsere Gewalt zu bringen. Das hört sich zwar jetzt reichlich überheblich an, aber ich denke, wir haben durchaus eine Chance dazu. Ich möchte außerdem in Frage stellen, ob er Ron wirklich töten wird, wenn sein Plan scheitert."

Das letztere sagte er ohne viel Überzeugung und es hatte den Anschein, dass er es nur sagte, um die Gemüter etwas zu beruhigen.

„Ich weiß, die Zeit bis zum Abend ist noch lang. Ich würde vorschlagen, dass jeder versucht, Ruhe zu finden. Am Besten wäre, wenn ihr alle schlafen würdet. Natürlich kann ich mir vorstellen, dass ihr das nicht schafft, aber ich kenne Mittel und Wege, die euch dabei unterstützen werden. Wenn ihr wollt, versetze ich euch in einen magischen Schlaf, der bis heute am späten Nachmittag anhalten wird. Dann sind wir auch ausgeruht und können uns mit frischer Kraft Voldemort entgegenstellen."

Allgemeine Zustimmung war zu hören. Dumbledore stellte sein Appartement zur Verfügung, verteilte Kissen und Decken und machte sich daran, nacheinander jeden in den Schlaf zu versetzen. Harry fragte noch, wie es sich mit dem Wach-Trank verhielte, woraufhin Dumbledore meinte, das sei kein Problem. Nach ein paar Minuten schliefen sie tief und fest, einzig Dumbledore hatte sich in einen Sessel gesetzt und wachte über sie.

Um fünf Uhr weckte er Harry und Sirius. Sirius sollte bei den Schlafenden bleiben, während er und Harry Mariusch aufsuchten und mit ihm gemeinsam zum Hof seines Großvaters flogen. Mariusch sammelte die Bienenkörbe wieder ein und brachte sie in das Bienenhaus. Die Bienen hatten sich aufgrund der Kühle des nahenden Abends bereits vollständig in ihren Kästen eingefunden, und so bestand keine Gefahr, dass sie eine vergessen konnten.

Harry wartete noch ein paar Minuten, bevor er in das Bienenhaus ging und den markierten Kasten öffnete. Er hob vorsichtig einen Rahmen nach dem Anderen heraus, bis er die Königin entdeckte. Dann griff er nach seinem Zauberstab, tastete in seiner Umhangtasche nach dem Drachenstein, und als er ihn fest in der Hand hatte und die Kraft durch seinen Körper strömte, deutete er auf die Königin und sagte: „Mediatis"

Wieder vernahm er das tiefe Brummen und sah, wie die Königin zu tanzen begann. Langsam formten sich die Worte in seinem Bewusstsein.

„Du bist wieder da!", stellte die Königin fest.

„Ja! Habt ihr ihn gefunden?" Harry war so aufgeregt, dass er seine Gedanken laut aussprechen musste.

„Ja!", war die Antwort der Königin.

Harrys Herz machte einen gewaltigen Satz. Mit einem Mal löste sich die Anspannung und er konnte nicht verhindern, dass sich seine Augen mit Tränen der Erleichterung füllten.

„Wo habt ihr ihn gefunden?", fragte er, nachdem er mehrmals kräftig geschluckt hatte.

„Warte, ich zeige es dir!", antwortete die Königin mit tänzelnder Bewegung. Dann begann sie ein kompliziertes Muster auf die Wabe zu tanzen. Harry folgte jeder ihrer Bewegungen und dann sah er die Landschaft aus der Perspektive einer Biene. Sie krabbelte durch den Schlitz des Bienenkastens und erhob sich mit lautem Summen in die Luft. Zuerst ging es auf und ab, Er sah sich durch einen Wald aus gigantischen Blumen schweben, dann stieg die Biene auf. Unter sich konnte Harry den Kasten sehen, wie er immer kleiner wurde. Er stand auf einer Wiese, die von einem kleinen geschlängelten Bach zerteilt wurde. Die Wiese lag in einem engen, gewundenen Tal, in dem keinerlei menschliche Behausung zu sehen war. Auf der Schattenseite des Tals konnte er weiße Kalkfelsen erkennen, die wie versteinerte Figuren aussahen. Die Biene flog das Tal hinab, folgte dem Bach, der nach einem Knick in einen anderen Bach aus einem Nachbartal mündete.

Diesem Tal folgte die Biene aufwärts. Neben dem Bach führte ein geschotterter Weg zwischen den Felsen hindurch. Das Tal weitete sich ein wenig, dafür endete die Wiese und ging in einen dichten Wald über. Die Biene stieg höher, in einer ständigen Auf- und Ab-Bewegung, so dass es Harry fast schwindelig wurde. Dann sah er ein altes Haus mit eingebrochenem Dach, das auf einer zugewucherten Lichtung stand, und auf das die Biene direkt zu steuerte. Unter dem Haus schien ein Keller zu sein.

Die Biene sank hinab, setzte sich in den Kelch einer Blüte, startete dann aufs neue und flog auf ein kleines Fenster zu, das zerbrochen in seinem Rahmen hing und in einen der Kellerräume führte. Es war vergittert und die Biene landete auf einer der Gitterstreben. Harry konnte in der Dunkelheit des Kellers nichts erkennen, aber die Biene flog erneut los, in das dunkle Loch hinein und landete auf der anderen Seite des Fensters auf dem Sims. Nach einigen wenigen Augenblicken hatte Harry sich an die Düsternis des Kellers gewöhnt und er sah Ron. Er lag auf einen schmutzigen Haufen Streu und schien sich nicht bewegen zu können. Aber seine Augen waren offen, und Harry hatte den Eindruck, er starrte die Biene an.

Dann riss das Bild ab und er sah wieder die Königin.

„Jetzt weist du, wo er ist!", tänzelte sie.

„Warte!", dachte Harry, „Welche Biene hat ihn entdeckt? Ich muss wissen, aus welchem Volk sie stammt, denn wir müssen doch das Tal finden, und ... das können wir nur, wenn wir wissen, wo der Kasten gestanden hat."

„Es ist das Volk der roten Königin!", antwortete sie.

Dann hörte sie auf zu tanzen, und alle Versuche von Harry, sie zu einer genaueren Aussage zu bringen fruchteten nichts mehr. Harry ließ den Drachenstein los und taumelte nach draußen.

Dumbledore und Mariusch hatten gespannt vor der Hütte gewartet, und als sie Harry herauskommen sahen, liefen sie sofort zu ihm.

„Und?", fragte Dumbledore, den jetzt auch die Nervosität gepackt hatte.

„Sie haben ihn gefunden!", stieß Harry hervor. Augenblicklich ließ die Spannung nach und Dumbledore atmete tief aus.

„Mariusch", wandte sich Harry an den Enkel, „weißt du, wer die rote Königin ist?"

„Na klar", antwortete Mariusch. „Sie hat einen roten Fleck auf dem Rücken. Großvater markiert alle seine Königinnen mit einer anderen Farbe. Die, mit der du gesprochen hast, ist die Weiße. Die Rote ist drei Kästen weiter."

„Ich habe gehört, dass eine Biene der roten Königin Ron gefunden hat. Weißt du noch, wo du den Kasten hingestellt hattest?"

„Ja, zwei Täler weiter."

„Gut. Der Bach in diesem Tal mündet in einen anderen Bach. Stimmt das?"

„Klar, der mündet in den Mühlbach."

„Wenn du von dort aus den Mühlbach hoch gehst, kennst du da ein altes, verfallenes Haus?"

„Das ist die alte Mühle!", sagte Mariusch.

„Da ist Ron!", stieß Harry hervor. „Er liegt in einem Keller, hat wahrscheinlich eine Ganzkörper-Klammer. Aber er lebt!"

„Gott sei Dank!", sagte Dumbledore erleichtert. „Mariusch, wärst du bereit, Black und Hermine zu zeigen, wie man zur alten Mühle hinkommt? Heute Nacht?"

Mariusch nickte. „Kein Problem!", sagte er. „Bin als Kind oft da gewesen, auch wenn es dunkel war."

„Gut.", sagte Dumbledore. „Dann lasst uns mal aufbrechen und die gute Nachricht überbringen. Siehst du Harry, es wird doch alles gut."