ᴇᴍɪʟʏ ʜᴜɴᴛᴇʀ

2.Juni 1991

Mein Blick schweifte über die Ländereien unseres Anwesens. Die grünen Wiesen mit den alten Bäumen, auf denen ich stundelang herumgeklettert bin, bis meine Eltern mich mit ihren Zauberstäben herunterholen mussten.

In meinen Augenwinkeln nahm ich eine Bewegung wahr und drehte meinen Kopf in Richtung des Waldes, der an unserem Anwesen grenzte und in dem wir jedes Jahr einen Christbaum holten. Eine riesige Schleiereule flog elegant über die dichten Baumkronen und steuerte geradewegs auf mein Fenster zu. Endlich. Mit einem fetten Grinsen öffnete ich das Fenster, damit sie auf dessen Bank landen konnte.

Mit einem leisen Schrei lies sie sich dort nieder und betrachtete mich aus ihren schwarzen Knopfaugen. Vorsichtig band ich den Brief von ihrem Baum und sagte: ,Warte einen Moment, ich bin gleich wieder da" Schnell lief ich zum anderen Ende des Raumes, zog die oberste Schublade meiner Kommode heraus und holte ein paar Nüsse hervor.

Ich legte sie ihr hin und streichelte sie, während ich den Brief in die Hand nahm und fast anfing zu schreien. Nicht, dass ich es nicht wusste, aber dieses besondere Ereignis hatte man nur einmal im Leben. Hastig öffnete ich den Brief ohne ihn zu beschädigen, denn niemals würde ich ihn wegschmeißen. Lächelnd las ich die Zeilen.

Sehr geehrte Ms. Hunter,

wir freuen uns ihnen mitteilen zu können, dass Sie an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei aufgenommen sind. Beigelegt finden Sie eine Liste aller benötigten Bücher und Ausrüstungsgegenstände.

Das Schuljahr beginnt am 1. September. Wir erwarten ihre Eule spätestens am 2. Juni.

Mit freundlichen Grüßen

Minerva McGonagall /Stellvertretende Schulleiterin

Seit Jahren wartet ich darauf diesen Brief endlich in meinen Händen zu halten, doch nun als es endlich Realität war, fühlte es sich so unwirklich an, wie ein schöner Traum. Jahrelang war Hogwarts ein Mythos für mich, ein Ort von dem man viel hörte, und jetzt durfte ich durch diese Gänge laufen, an seinem Unterricht teilnehmen und auf dem Platz sitzen, auf dem hunderte Generationen von Hexen und Zauberern bereits saßen und aßen.

,Emily!", schallte es nach oben. Sofort verflog meine gute Stimmung und tauschte in eine genervte. Die Malfoys wollten heute kommen, um mir zum Geburtstag zu gratulieren. Schnell legte ich den Brief auf meinen Nachtisch, dann streichelte ich die Eule ein letztes Mal und sah ihr zu, wie sie davonflog. ,Bin gleich unten", schrie ich in Richtung Wohnzimmer, dann ging ich schnell ins Bad, um mich ein wenig frisch zu machen, sonst würde Mutter ausrasten.

Schnell spritzte ich mit Wasser mein Gesicht ab und putzte meine Zähne. Meinen Schlafanzug tauschte ich in eine dunkelblaue Jeans und ein schlichtes , weißes T-Shirt, dann band ich mir die Haare zu einem einfachem Pferdeschwanz. Zufrieden mit dem Ergebnis, nahm ich mir sogar noch meine Ohrringe mit den Eulenmotiven, dann verlies ich mein Zimmer, um nach unten zu gehen. Mutter würde zwar wieder an meinem Outfit meckern, dass es zu schlicht war, aber das war mein Geburtstag und mein Zuhause, da zog ich kein Ballkleid an.

Ein paar Türen weiter kam in dem Moment mein jüngerer Bruder aus seinem Zimmer und grinste mich mit einem süffisanten Gesichtsausdruck an. ,Freust du dich schon auf die Malfoys?", fragte er ironisch. ,Total", gab ich zurück. ,Davon träume ich schon seit meiner Geburt."

Es war immer so wenn die Malfoys vorbeischauten, vor uns waren sie nicht sicher. , Ich bin schon gespannt, womit Lucius diesmal ankommt, um sich bei Dad einzuschleimen."

,Sag mir dann Bescheid, damit ich rechtzeitig den Raum verlassen kann, ohne auf den Teppich zu kotzen", meinte ich trocken und setzte mich auf die rechte Seite des Treppengeländers. Mein Bruder tat es mir zu meiner linken gleich und wir rutschten die 50 Meter in die Tiefe, mit dem Ziel als erstes unten anzukommen.

Wenn Mutter das sehen würde, würde sie einen Herzanfall bekommen. Sie hatte ja keine Ahnung, dass wir das seit Jahren machten, wenn sie außer Haus war. Ziemlich oft, wenn man bedenkt, dass sie fast nie Zuhause waren und meistens waren sie sowieso in ihrem Arbeitszimmer. Generell hatte sie keine Ahnung was Jacob und ich jeden Tag machten. Wahrscheinlich hatte sie immer noch nicht unser Gemälde von Lucius Malfoy mit Schweinchennase gesehen, dass wir vor 2 Jahren an eine Wand im Westflügel gemalt hatten.

Mein Bruder war als erstes unten und ging schon ins Wohnzimmer, während ich kurz davor stehen blieb und versuchte nicht ganz so auszusehen, als ob ich am liebsten wieder gehen würde. Aus dem Zimmer drang Knistern an mein Ohr, dann hörte ich drei Plopps, bis ich Lucius nervtötende Stimme vernahm, wie er rief: ,Wo ist denn das Geburtstagskind? So ein liebenswertes Mädchen!" Man möchte brechen! Ich hasste die Malfoys! Um fair zu sein, Narzissa war ok, sie war immer nett zu mir, auch wenn mein Vater nicht in der Nähe war. Was Draco anging, nun gut, 11 Jahre bei einem Rassist zu leben hinterließ seine Spuren. Lucius war der schlimmste. Ich glaubte, er konnte es nicht ertragen, übertrumpft zu werden, schon gar nicht von einem, der kein Reinblut war.

Ich schnitt noch schnell ein paar Grimassen und verdrehte die Augen, bevor ich die Klinge herunterdrückte und ins Wohnzimmer ging.