Reise in die Vergangenheit 2 Autor: Artemis (Artemis1000@gmx.net)
Disclaimer: Buffy: The Vampire Slayer gehört Joss Whedon und Mutant Enemy.
Zeitlinie: 5. Staffel, 2. Story in der Caitlin-Serie
Altersfreigabe: PG
Kapitel: 2//
Paare: X/ATE, B/SP
Inhalt: Xander wird in die Vergangenheit geschleudert und landet in Irland bei Caitlin, Colin und seinen Childes, während Spike auf die Entfernung seines Chips bei der Union wartet.
Kommentar: Um die FanFic zu verstehen, sollte man „Caitlin" gelesen haben, muß aber nicht. Hier ne kurze Zusammenfassung vom Alternativuniversum: Buffy ist seit „Caitlin" mit Spike zusammen. Angel ist wie in der Serie nach Los Angeles gegangen, hat sich aber nicht von Buffy getrennt, sondern von seiner Frau Caitlin. Spike hat den Chip, wohnt seitdem bei Buffy. Buffy und Riley waren nie zusammen. Die Initiative wurde vernichtet von Scooby Gang und Union (Buffy hat es persönlich genommen, daß die im Gehirn ihres Freundes rumgepfuscht haben). Willow gehört noch zur Gang, ist aber zwischen ihrer Loyalität zu ihrer Meisterin und ihren Vampirfamilie und der Scooby Gang hin- und hergerissen. Tara ist bei Cat und Co. eingezogen.

Reise in die Vergangenheit
Von Artemis (Artemis1000@gmx.net)

Kapitel 2

Für Caitlin begann der Tag - wie immer - um fünf Uhr. Es war eine unchristliche Zeit, besonders für einen Vampir und noch mehr, wenn dieser Vampir erst kurz nach drei ins Bett gekommen war. Aber sie wollte sich auch nicht sagen lassen, daß sie Willow und Tara schlecht versorgte und ging Morgens gerne raus, also hatte sie es sich angewöhnt.

Nachdem ihre Childes und Danny geweckt waren und einem Abstecher in eins der zwei Badezimmer auf der zweiten Etage, setzte sie sich vor ihren Schminktisch. „Immerhin hab ich einen magischen Spiegel, in dem ich mich sehen kann. Uh, bin ich müde! Du bist Caitlin, die Frühaufsteherin, also geh gefälligst früh ins Bett! Verdammte Idiotin bin ich!", schimpfte sie, während sie sich ihre Haare zu einem ungalanten Zopf flocht. „Was würde ich jetzt nicht alles für eine Kammerzofe geben!"

Als die kupfernen Locken ihr nicht mehr ins Gesicht fielen, zog sie sich ihr Kampf-Outfit - schwarzer Pulli, schwarze Lederhose, schwarze Lederstiefel, schwarzer Ledermantel, schwarze Lederhandschuhe - an. Als auch Schwert, Dolche, Degen, Tai Chi und Kung Fu Säbel, Colts, Pflöcke verstaut waren, ging sie ins hochherrschaftliche Foyer des Hauses, um auf Danny und Pete zu warten, die sie heute zum Frühsport begleiten wollten.

Willows Wecker hatte um halb sieben geklingelt. Obwohl sie wußte, daß sie - zumindest heute Vormittag - nicht zum College gehen würde, stand sie auf. Sie wollte sich keine Blöße vor Michael und Alessandro geben. Egal, wie entspannt ihr Verhältnis inzwischen war, Michael war ein sehr alter Meistervampir, vor dem sie sich keine Menschliche Schwäche erlauben durfte und würde.

Als Willow mit Tara das Eßzimmer in schwarzem Top und Lederhose - sie hatte sich schnell an den Stil ihrer neuen Freunde angepaßt - betrat, waren Caitlin, Marguerite, Pete, Danny, Michael und Alessandro schon da und Nachrichten flimmerten im TV. Sie wußte, daß Cat bis vor wenigen Minuten trainiert hatte und jetzt saß sie am gedeckten Frühstückstisch in einer weißen Seidenbluse und einem royalblauen Samtkostüm, die Haare toupiert und hochgesteckt, perfekt geschminkt. Von den anderthalb Stunden härtester Kampf sah man ihr nichts an, stellte ihr Lehrling bewundernd fest. „Hi!"

„Guten Morgen, Ihr Zwei. Na, habt Ihr gut geschlafen? War ja nicht viel... Ihr hättet auch noch nicht kommen müssen..."

„Das ist schon in Ordnung."

„Wo ist Lisa?"

„Sie holt ihren Schönheitsschlaf nach und will erst heute Abend auftauchen", flötete Marguerite.

„Als ob man für ihre Schönheit noch was machen könnte", murmelte der jüngste McKee.

„Hast Du was gesagt, Danny?"

„Er hat gesagt, „als ob man für ihre Schönheit noch was machen könnte". Ich stimme ihm zu, bei diesem Flittchen ist es hoffnungslos", erklärte Pete spitz.

„WIE BITTE?!"

„Sie ist ein Flittchen, das kannst nicht mal Du abstreiten, Caitlin! Ich verstehe nicht, wie Du sie überhaupt umwandeln konntest! Ich habe Dir schon vor 90 Jahren gesagt, daß sie ein hoffnungsloser Fall ist. Und jetzt haben WIR sie am Hals!"

Caitlin stimmte ihm insgeheim zu, selbst sie mochte Lisa nicht. Aber sie hatte sie umgewandelt, also trug sie auch die Verantwortung. Normalerweise hätte sie ihre Söhne mit einer Verwarnung davonkommen lassen, in Michaels Gegenwart war das unmöglich. Mit übermenschlicher Geschwindigkeit packte sie ihr Childe am Genick und warf es auf den Boden. „Noch einmal: Was wolltest Du mir sagen?", fragte sie gefährlich freundlich.

Pete wich dem alles durchdringenden Blick seines Sires aus und senkte seine Augen unterwürfig. „Bitte verzeihe mein ungebührliches Verhalten, Sire."

Caitlin war der Wink nicht entgangen. Er entschuldigte sich für sein Verhalten gegenüber ihr, aber er nahm nicht seine Beleidigung zurück. „Kenne Deinen Platz, Junge!", warnte sie.

„Ich bin Dein Lieblings-Childe", erinnerte er sie frech.

„Nicht mehr lange, wenn Du so weitermachst." Mit einem letzten einschüchternden Blick setzte sich Caitlin wieder auf ihren Platz und beobachtete kopfschüttelnd, wie Pete eine Show daraus machte, sich den Hals zu reiben.

Willow grinste. Es war jeden Tag so. Die Hexe konnte sich gar nicht mehr vorstellen, ohne ihre „Geschwister" zu leben, auch, wenn die sich immer stritten. Daß sie Vampire waren, hatte sie nur die ersten Wochen beunruhigt - inzwischen nahm sie gar nicht mehr bewußt wahr, wenn einer von ihnen ins Gameface wechselte oder so „leckere" Sachen wie Blut-Cola schlürfte.

„Geht Ihr jetzt gleich schlafen oder was macht Ihr heute?", fragte Tara.

Marguerite antwortete als erste. „Ich werde schlafen gehen. Pete und Danny haben gesagt, daß sie nicht mit mir spielen wollen und wenn ich mit Caitlin tagsüber spielen will, dann ist sie böse mit mir."

„Ich muß das Cabrio aus der Werkstatt holen, einkaufen, für das neue Handy gehen, Petes Präzisionsgewehr abholen und ich will mir in der Stadt noch was kaufen, das dauert. Cat, Du brauchst mich beim Mittagessen nicht einzurechnen."

„Okay, Danny. Ich hole um neun einen Geschäftspartner am Flughafen ab, er wird zwei bis drei Tage bleiben. Nein, beschwert Euch nicht, er hat mich auch erst vor einer halben Stunde angerufen und gesagt, daß er auf dem Weg ist! „Sie können jederzeit vorbeikommen", hat er wörtlich genommen. Wegen dem Kulturmonat ist das Sunnydale Inn so gut wie ausgebucht, sie wollen bis acht wissen, ob noch jemand seine Reservierung zurückzieht, wenn nicht, müssen wir ihn hier aufnehmen."

„Bist Du sicher, daß er nicht mißtrauisch wird?"

„Bestimmt wird ihm etwas komisch vorkommen, aber das ist ein großer Deal und ich das SI ist das einzige Vier-Sterne-Hotel in der Stadt. Wenn das klappt, wird meine Schönheitsfarm in Deutschland das Hotel in Spanien übernehmen und eine Niederlassung machen. Pete?"

„Ich hab meinen Hausarbeitstag. Hoffentlich bin ich bis Mittag fertig. Es ist nicht so furchteinflößend, wenn ich noch Waschen und Putzen muß, bevor ich Leute umbringe... Warum muß unsere Putzfrau auch Urlaub machen?! Warum fragst Du, Kleine?"

„Ich hab erst eine Vorlesung um elf. Vielleicht kann ich Dir helfen?"

„Danke, aber das brauchst Du nicht. Meine Woche, also mach ich's auch. Was willst Du mit der freien Zeit anfangen? Michael, Willow und Alessandro werden bestimmt in ihre Hexenküche verschwinden", grinste er.

„Ich weiß nicht."

„Ich verschiebe die Hausarbeit und wir unternehmen was?" Das Grinsen des Vampirs wurde noch breiter, als Tara eifrig nickte. „Okay, aber beschwer Dich nicht, wenn Blut und Eingeweide zu unserem Freizeitprogramm gehören..."

„Dann zieh ich mir eben alte Sachen an", erwiderte Tara cool.

„Scheiße! Wer ist der Verräter?"

Die blonde Hexe kicherte freudig. Ein paar Monate lang hatten ihre Mitbewohner sie damit aufgezogen, aber jetzt hatte sie das Spiel durchschaut.

Mit der Scooby Gang und nur ein paar Vampiren - Caitlin mußte sich um den Geschäftspartner kümmern, Lisa schmollte noch, weil Danny sie nicht mit zum Einkaufen genommen hatte und Helen hatte keine Zeit - traf sich Willow am Montag Abend wieder im Magieladen, um weiter an Xanders Briefen zu lesen.

Sonntag, 18. April 93

Ich habe heute den ganzen Tag überlegt - weil ich am Sonntag nicht Arbeiten brauche, habe ich mehr als genug Zeit zum Nachdenken gehabt. Es wird Zeit, daß ich anfange, die Entscheidungen über mein Leben selber zu treffen!

Obwohl ich unfreiwillig in dieser Zeit gelandet bin, bin ich inzwischen sehr dankbar für diesen Unfall. Ich lerne endlich, Verantwortungen zu übernehmen und mein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Man könnte sagen, daß ich schon jetzt - nach einem Monat - erwachsener geworden bin. Ihr werdet mich gar nicht mehr erkennen, wenn ich zurückkomme!

Ich treffe mich in ein paar Minuten mit Colin und werde ihm sagen, daß ich mich der Prätorianergarde anschließen möchte. Ich habe schon heute Nachmittag Wulf gefragt, wie ich beitreten kann - nur er und Athena gehören zur Prätorianergarde, Caitlin weiß als Lehrling auch nicht viel darüber, aber Colin kann als Hüter schon wieder was sagen, verstehe das, wer will.

Als erstes muß ich einen Aufnahmeantrag stellen, dabei ist die Empfehlung von einem Unions-Mitglied sehr von Vorteil. Wenn ich eine weiße Weste habe und keine Warnungen oder Beschwerden gegen mich vorliegen, werde ich vom zuständigen, regionalen Hauptquartier vorgeladen. Dort werde ich zunächst ein Bewerbungsgespräch mit dem Kommandanten haben und danach einen mehrwöchigen Sport-, Logik-, Belastungs-, Psycho- und Intelligenz-Test bestehen müssen. Danach wird entschieden, ob ich für würdig erachtet werde.

Die Prätorianergarde ist eine der besten Eliteeinheiten der Welt, da ist es verständlich, daß sie nicht jedermann aufnehmen. Wulf warnte mich, daß die Tests sehr doppeldeutig sind. Bei einem Fitneß-Test zum Beispiel könnte ich eine unlösbare Aufgabe bekommen und die wahre Prüfung ist, wie ich mit dieser Situation fertig werde, damit ein Psycho- und Belastungstest.

Diese Tests werden, je nach Bewerbermenge, zwischen alle vier Wochen und drei Monate durchgeführt, ich hoffe, daß ich Glück habe und es für die Bewerber Irland bald einer stattfindet, oder wir zumindest mit den Engländern zusammengelegt werden. Ihr wißt ja, Geduld ist nicht eine meiner größten Stärken...

Ich muß jetzt gehen, es macht einen schlechten Eindruck, wenn ich zu meinem Beratungsgespräch gleich zu spät komme. Ich hoffe, daß Colin mir etwas Genaueres sagen kann, das werde ich Euch dann Morgen mit dem Ausgang des Gesprächs schreiben.

Montag, 19. April 93

Ja, ich habe die erste Hürde überwunden! Colin hat mir schon eine Empfehlung gegeben, weil meine Leistungen bisher „beeindruckend" waren und er meint, daß es in einem Monat einen Test geben wird. Ich muß dafür in den Norden reisen, nach Galway. Damit ist der Monat Zeit genau richtig!

Aber der Reihe nach: Er hat mich zuerst über die Pflichten, Rechte, ihre Philosophie und die Verantwortung der Prätorianergarden aufgeklärt. Colins Childes wissen gar nicht, was sie für ein Glück haben! Ich habe ihm manche Fragen zehnmal gestellt und er hat sie zehnmal genauso ruhig und ausführlich beantwortet, wie das erste Mal.

Wenn ich aufgenommen werde, kann ich mich entscheiden, ob ich aktives Mitglied sein will - dann lebe ich in der Kaserne meiner Zenturie, einer Hundertschaft unter dem Kommando eines Centurio, und gehöre zu einer festen Gruppe von zwölf, einer Garde aus elf Soldaten und einem Kommandant. Die Unions-Prätorianer agieren immer in 12-Mann-Teams, die restlichen vier in der Zenturie sind der Centurio und meist drei Verwaltungsleute.

Wenn ich inaktives Mitglied bin, dann bin ich zwar in den Akten verzeichnet, werde aber nur im äußersten Notfall eingezogen und kann mit meinem Leben machen, was ich will, solange ich nicht etwas gegen die Union unternehme oder mich unehrenhaft verhalte. Um als inaktiv eingestuft zu werden, muß man aber mindestens fünf Jahre dazugehören. Dann bekommt man, sobald man wieder mitmachen will, seinen alten Rang zurück.

Ich werde mich wahrscheinlich auf Abruf stellen lassen, so machen es auch Athena und Wulf. Dabei wird mein Rang ebenfalls eingefroren, aber ich werde nicht nur im Notfall rekrutiert, sondern auch, wenn man in meiner Region jemanden braucht. Ich lebe, wo ich will, tue und lasse, was ich will - solange ich nicht gegen die Grundsätze und o. g. verstoße - gebe jedoch meinen aktuellen Aufenthaltsort immer weiter. Sonst könnte man mich ja nicht auf Anhieb finden. In diesem Fall gehöre ich auch zu einer Garde und einer Zenturie, ich lebe nur nicht mit ihnen.

Das einzige, worüber mir Colin keine Einzelheiten sagen konnte oder wollte - ich bin mir nicht sicher dabei - ist die Aufnahmeprüfung. Alles, was ich an Informationen habe, ist: Sie dauert drei Wochen, während der Zeit wohnen die Bewerber bei der Zenturie - unter schlimmsten Lebensbedingungen - dürfen keinen Kontakt nach außen haben und werden mit Absicht extremen Belastungen ausgesetzt. Es soll dort nach dem Motto gehen: Wieviel Leid ist es Dir wert?

Colin war äußerst überrascht, als ich ihm sagte, daß ich sie durchziehen werde, egal, wie hart diese Prüfung ist. Aber mal ehrlich: Was kann ich da erleben, was wir auf dem Höllenschlund noch nicht mitgemacht haben? Lehrerinnen, die Insekten sind? Ein alter Hut. Mumien, die mich als Energiezapfsäule nutzen wollten? Auch nichts neues. Verrückte, unschlagbare Meistervampire, die von Buffy versohlt wurden, können schon ne Selbsthilfegruppe aufmachen.

Aber um wieder zum Thema Prätorianergarde zurückzukehren: Colin hat mir noch die Nacht dieses Empfehlungsschreiben gegeben und dem Centurio - der zufälligerweise ein alter Freund von ihm ist - meine ähm... außergewöhnliche Situation geschildert. Ich mußte nur noch einen Formbrief schreiben, in dem ich um meine Aufnahme bat - was ich auch noch die Nacht erledigt habe - und Colin hat sofort einen Boten damit entsandt. Er versprach mir hoch- und heilig, daß die Briefe noch heute bei der Zenturie ankommen werden.

Im besten Falle wird der Bote Übermorgen schon mit einer Antwort zurückgeschickt. Weil Colins Wort sehr viel gilt, er soll zu den zehn einflußreichsten Persönlichkeiten der ganzen Union gehören, wird man ihm zu 99 Prozent Glauben schenken, daß ich aus der Zukunft stamme und darum gar nicht erst Informationen über mich vom Hauptquartier anfragen.

Natürlich weiß ich nicht, ob sich die Prätorianergarde überhaupt Zeitreisende als Soldaten wünscht, aber zumindest kann man mir dann nicht mehr vorwerfen, daß ich es nicht versucht habe.

Im übrigen hat Athena heute wieder mit mir gesprochen! Sage und schreibe ein ganzes Wort: Sie hat „nein" gesagt, als ich sie fragte, ob sie mir verziehen hat. Immerhin ein Anfang, ich bin ja bescheiden geworden hier...

Donnerstag, 22. April 93

Heute habe ich die Antwort von dem Centurio bekommen! Unser Bote ist im Laufe des Nachmittags zurückgekehrt damit. Und das Beste ist: Er ist an meiner Mitarbeit interessiert!

Ich soll in zwei bis drei Wochen zu einem Vorstellungsgespräch da sein. Wenn es nicht als völlige Katastrophe verläuft - was recht schwierig ist, da sie fast jeden Bewerber zum Test zulassen, weil sie wissen, daß man bei dem Gespräch aufgeregt ist und sich eine Meinung über längere Zeit bilden wollen - kann ich sofort für den Test dableiben.

Der nächste Test wird nämlich bereits am 17. Mai starten. Colin hat mir spontan erlaubt, die Tage zwischen den beiden Terminen in Galway zu bleiben. Er sagt, daß es zu anstrengend ist, wenn ich hin- und herreisen muß und er will, daß ich bei dem Test unter allen Umständen einen guten Eindruck mache - immerhin geht es hier auch um seine Reputation.

Voraussichtlich werde ich am siebten aufbrechen - weil Colin und Caitlin möchten, daß ich Belle noch zu Gesicht bekomme - und erst Anfang Juli zurückkehren, nachdem ich meine Grundausbildung abgeschlossen habe. Die weitere Bildung wird mir mein Gardekommandant vermitteln - glücklicherweise wäre das Wulf - und ich muß nur für Fortbildungen gelegentlich zu meiner Zenturie - wie alle inaktiven Prätorianer.

Natürlich geht es nicht so einfach, daß Colin so ein großes Herz hat und mir frei gibt für die Zeit, während er mich bezahlt: Er wird mir regelmäßig durch Boten meine Arbeit zusenden und ich darf - wo ich einmal in Galway bin - Verhandlungen mit dortigen Gesprächspartnern führen. Leider stand die Verwaltung von mittelalterlichen Herzogtümern nicht auf meinem Stundenplan, ich kenne mich damit herzlich wenig aus, deshalb will er mir eine Begleitung zur Seite stellen: Athena!

Apropos Athena, sie spricht jetzt auch wieder mit mir normal. Es hat ein paar Tage gedauert, aber letztendlich hat sie mir verziehen. Sie hat sich sogar freiwillig angeboten, um mich „tolpatschigen Sterblichen" zu begleiten und davon abzuhalten, in Fettnäpfchen zu treten. Sie hat, wie der Zufall es will, ein paar Wochen bei der Zenturie nachzuholen, also trifft sich das sehr gut.

Was ist sonst noch geschehen? Ach ja, die Stimmung im Hause McKee ist kälter als unter dem Gefrierpunkt. Es ist der 22. April, immer noch keine Nachricht von Belle, geschweige denn, daß sie sich die Ehre gegeben hat, Ihr werdet Euch lebhaft vorstellen können, was ihr Sire für eine schlechte Laune hat... Sie provoziert einfach immer Auseinandersetzungen! Ich verstehe beim besten Willen nicht, weshalb sie immer noch Colins Lieblings-Childe ist.

Sonntag, 25. April 93

Die Stimmung ist heute auf dem Tiefpunkt. Colin ist die ganze Zeit über nur noch gereizt, er fährt jedermann ohne Grund an, der ihm über den Weg läuft, verliert sofort die Geduld und ist einfach unausstehlich. Seine Childes stehen auch alle vor der Explosion, es ist kaum auszuhalten.

Ich bin schon heute früh alleine ausgeritten und nur zu meinem Unterricht hierher zurück gekommen, danach bin ich bis gerade wieder weg gewesen, wenn die Zeit für einen Ausflug nicht genügt, dann verkrieche ich mich auf meinem Zimmer und lese in einem Buch, das ist die einzige Möglichkeit, nicht in die Schußlinie zu kommen...

Sogar Athena ist nur noch ein Nervenwrack, weil Colin sie 24 Stunden am Tag herunterputzt und gestern hat er sie sogar geschlagen. Ich weiß wirklich nicht mehr, wie ich es hier ertragen soll. Hoffentlich kommt der siebte bald, damit wir verschwinden können.

Freitag, 30. April 93

Ihr werdet nicht für möglich halten, was heute geschehen ist: Belle ist angekommen!

Wir waren gerade beim Abendessen/Frühstück und - wie schon die ganze letzte Woche - hang Streit in der Luft. Vorsichtig kam Colins Butler herein, auch ein Vampir und der einzige, der sich von den Bediensteten noch Morddrohungen in seine Nähe wagte. „Sir?"

„Was willst Du hier?!", knurrte Colin im Gameface.

„Euer Hoheit, ich bedaure zutiefst die Störung. Madam Belle ist eingetroffen und wünscht, Euch sofort zu sprechen."

„Belle ist hier?", wiederholte Colin ungläubig.

Eine Frau preßte sich an dem Butler vorbei durch die Tür. Sie trug ein ausladendes, weiß-gelb-blaues Samtkleid, dessen Korsett mit Perlen und Rüschen verziert war, kostbare Geschmeide, beides unsagbar teuer und die neueste Mode für junge adlige Damen auf dem Festland, wie ich gehört hatte. Belles honigblonde Haare und eisblaue Augen - glaube ich - kamen darauf sehr gut zur Geltung. Hätte ich nicht gewußt, daß sie ein Vampir war, hätte ich sie auf 18 bis 20 Jahre geschätzt.

„Wollt Ihr alle da stehenbleiben wie die Salzsäulen, oder kommt mich mal jemand begrüßen?", fragte sie vergnügt.

Ich traute meinen Augen kaum, als Colin als erster aufstand und sie innig umarmte. Nachdem sie auch ihre Geschwister begrüßt hatte, kam sie näher auf den Tisch zu, begutachtete Caitlin und mich ausführlich und stemmte die Hände in die Hüften. „Soso, niemand plant also, mich meinen neuen Familienmitgliedern vorzustellen!"

„Verzeih mir bitte, Belle. Dies ist meine Gemahlin und mein Lehrling, Ihre Hoheit Herzogin Caitlin."

Athena flüsterte mir fast unhörbar zu, „daß er sie so förmlich vorstellt, bedeutet, er ist SEHR sauer. Und er hat damit Belle seiner Gemahlin vorgezogen, damit gießt er Öl ins Feuer."

„Caitlin, darf ich vorstellen, mein erstes und Lieblings-Childe Belle."

Die beiden Frauen gingen gemächlich aufeinander zu - die Eifersucht zwischen den beiden entging nicht einmal mir - und knicksten. „Es ist mir eine Freude, Euch kennenzulernen, Lehrling Caitlin."

„Die Freude ist ganz meinerseits, Belle."

Die Vampirin ignorierte Caitlin absichtlich und drehte sich zu mir. „Und der junge Mann dort? Ich wußte gar nicht, daß ich einen kleinen Bruder bekommen habe, Sire!"

„Nein, meine Teuerste, dies ist Graf Alexander Harris. Er lebt derzeit bei uns und unterstützt mich in der Verwaltung."

Belle hob überrascht eine perfekt gezogene Augenbraue. „Ein Freund der Familie?"

„Ich werde Dich in die Einzelheiten seiner... Situation später einweihen. Graf Harris, ich möchte Ihnen Belle vorstellen, mein Lieblings-Childe."

Ich trat vor die Vampirin und hauchte einen Handkuß auf ihre Fingerknöchel. „Madam."

„Herzlich willkommen in unserer Familie, Graf", lächelte sie wohlwollend und knickste.

Als ich mich wieder gesetzt hatte, wisperte ich Athena zu, „war das so richtig?"

„Euer Handkuß ist noch hölzern, aber Eure Manieren sind es inzwischen nicht mehr."

Athena und Caitlin sind die einzigen zwei Personen, die ich kenne, die eine Beleidigung als Kompliment formulieren können. „Ich weiß Eure Anteilnahme sehr zu schätzen!"

Für Belle bin ich nur Luft! Ich hatte gehofft, daß ich mich mit ihr Freundschaft schließen, da ich nur Athena als Vertrauensperson habe und ihr Temperament ist unberechenbar. Wulf ist mir zwar von den Männern am sympathischsten, aber er hat eine Unnahbarkeits-Phase, seit Belle hier ist. Kann ich auch verstehen. Belle ist einfach unausstehlich! So etwas von arrogant...

Ich verstehe beim besten Willen nicht, warum sie immer noch Colins Lieblings-Childe ist. Natürlich, ich weiß, daß sie sein erstes Childe ist, aber man kann sie getrost vergessen. Besonders gegen Caitlin intrigiert sie, ich vermute, daß sie ist eifersüchtig ist, weil Caitlin Colins Gemahlin wurde und nicht sie. Seifenoper nach Vampir-Stil...

Es steht jetzt fest, daß Athena und ich mit je einem Kammerdiener und einem Pagen am Abend des siebten nach Galway aufbrechen. Dummerweise werden wir durch die Vampir-Begleitung aufgehalten sein. Wir könnten zwar theoretisch am Tag fahren, aber es ist gefährlich. Wir müssen nur einen Unfall haben oder die Räder bleiben im Schlamm stecken - das passiert nach Regen andauernd - und wir sind gezwungen, die Kutsche zu verlassen. Die Verantwortung kann ich einfach nicht übernehmen!

Ich kann für den Monat April am Ende nur eine positive Bilanz ziehen. Um es positiv zu sehen, habe ich sogar schon die erste Krise hier gut überstanden.

Freitag, 7. Mai 93

In vier Stunden geht es los! Ich freue mich schon sehr auf unsere Reise, Athena ist noch aufgeregter. Sie hat ein paar Freunde in Galway, die sie seit über 20 Jahren nicht mehr gesehen hat, könnt Ihr Euch das vorstellen?!

Ich bin die letzten Tage und im Besonderen heute sehr im Zeitdruck - ich bin sicher, daß Ihr dafür Verständnis haben werdet - deshalb muß ich meinen Brief heute leider kurz halten.

Colin hatte die grandiose Idee, daß ich, als Mitglied der Verwaltung und Reisender, die Reise auch selber organisieren könnte. Also hab ich die letzten anderthalb Wochen eine Route ausgearbeitet, auf der größere Orte liegen, wo die Vampire jagen können, Boten zu Gasthöfen geschickt, um Unterkunft und Beköstigung dort sicherzustellen, Pagen, Kammerdiener/-zofen, Wachleute, vampirische Kutscher - sie müssen ja nachts was sehen können - Pferdepfleger, Boten, Handwerker, Kutschen und Pferde - die gewöhnt sein müssen, nachts zu reiten - ausgesucht, die mitkommen, die Fuhrmänner auf die Route vorbereitet, nebenbei noch zusätzliche Stunden Kampfunterricht genommen...

Über mangelnde Arbeit kann ich mich ganz sicher nicht beklagen. Aber langsam habe ich den Dreh bekommen. Und wenn ich bedenke, daß dies alles nur für einen Trip ist, den man in Eurer Zeit in ein paar Stunden hinter sich bringen könnte, kommen mir doch meine Zweifel an den Vorzügen der „guten alten Zeit".

Aber ich habe langsam den Dreh raus. Ich habe mit den Bediensteten Gälisch gesprochen, ich blamiere mich auch nicht mehr so oft und die Arbeit macht riesigen Spaß! Es ist ein bißchen viel auf einmal, aber ich liebe es trotzdem. Die Verwaltungsarbeit ist längst nicht so trocken wie erwartet und die Planung macht großen Spaß - obwohl sie, wie gesagt, sehr mühselig ist. Aber hier weiß ich am Ende des Tages, was ich erreicht habe. Das ist ein wundervolles Gefühl, ich liebe es einfach!

Heute habe ich mich sogar freiwillig gemeldet, bei der Planung unseres Samhain-Festes mitzumachen, weil mir Ostara und Beltane so gut gefallen hatten - obwohl ich da noch nicht verstand, was sie richtig bedeuteten. Es soll hier ganz groß gefeiert werden, mit vielen anderen Hütern, ihren Lehrlingen und Vampiren als Gästen.

Ich verspreche Euch, Euch auch von unterwegs und der Zenturie zu schreiben - nur die drei Wochen während der Aufnahmeprüfung wird es mir nicht möglich sein, da es verboten ist, Kontakt nach außen zu unterhalten. Und ich möchte auch nicht wegen solch einer Lappalie aus der Prätorianergarde geworfen werden.

Nun dann, wünscht mir eine Gute Reise und drückt mir die Daumen, daß mein Debüt als mittelalterlicher Reiseveranstalter nicht in die Hose geht.

Xander

Samstag, 8. Mai 93

So weit so gut... Wir haben unsere erste Nachtetappe hinter uns gebracht - ohne Zwischenfälle - und meine Kalkulationen bezüglich unserer Geschwindigkeit stimmen bisher auch. Aber wie gesagt, es ist erst eine einzige Etappe...

Die Vampire schlafen, Athena hat sich auch in ihr Zimmer verkrochen und ich langweile mich zu Tode. Es ist gerade erst Vormittag! Seit beinahe zwei Monaten habe ich keinen Vormittag mehr erlebt, an dem ich nicht entweder geschlafen oder gearbeitet habe. Wenn Ihr jetzt denken werdet, daß ich mich doch freuen sollte, nein, es ist nicht sehr lustig. Ihr dürft nicht vergessen, daß es hier weder Zeitungen, noch Fernsehen noch Radio gibt.

Ich werde heute Nachmittag mit den anderen menschlichen Mitgliedern unserer Reisegesellschaft das Dorf erkundigen gehen, aber solange muß ich die Zeit totschlagen. Vielleicht werde ich mich noch über die Bilanz setzen, nein, das ist eine Arbeit, die man gut in der Kutsche machen kann. Beim Licht einer Öllampe in einer ratternden und wackelnden Kutsche zu lesen, ist nicht so unterhaltsam, aber bei den Berechnungen muß ich vor allem im Kopf kalkulieren. Bedeutet, ich werde lesen, nachdem ich diesen Brief fertiggestellt habe. Ich werde noch zu einem richtigen Bücherwurm!

Unser Gasthof ist annehmbar, keine Konkurrenz für unser Herrenhaus, aber ich kann mich nicht beklagen. In meinem Zimmer gibt ein Bett, oder das, was man hier als Bett bezeichnet, einen Schemel, einen kleinen Tisch, eine Möglichkeit, die Kleidung aufzubewahren - ich sträube mich dagegen, es Kleiderschrank zu nennen, denn das wäre eine Beleidigung für jeden Kleiderschrank - eine Öllampe, einen Kamin, zwei kleine Fenster und einen knarrenden Holzboden.

Das Allerbeste an Kutschreisen ist, daß der Reisegefährte nicht davonlaufen kann. Sehr vorteilhaft, da Athena und ich uns eine Kutsche teilen. Natürlich ist es von Zeit zu Zeit langweilig, in der Nacht kann ich nicht zum Fenster heraussehen oder lesen, deshalb bleiben nur Arbeiten, Unterhalten und Schlafen übrig. Dies verteilt sich bei mir 20/40/60.

Okay, jetzt fange ich schon an, vor Langeweile lauter Unsinn zu schreiben, ich höre lieber auf.

„Ich kann es mir gar nicht vorstellen, daß Xander jetzt eine verantwortungsvolle Position hat", meinte Willow.

„Ich habe das Gefühl, als wäre er erwachsen geworden."

„Das stimmt, Buffy. Er klingt wirklich sehr erwachsen. Ich frage mich, ob er überhaupt noch unser Freund Xander ist, wenn wir ihn zurückbekommen."

„Natürlich wird er das sein! Xander wird immer unser Freund bleiben!"

„Nein, ich glaube, Tara meint, daß er vom Charakter noch Ähnlichkeit mit Xander haben wird und nicht „Graf Alexander Harris" ist innerlich. Er hat sich schon in zwei Monaten so stark verändert, wie wird er nach zwei Jahren sein?"

„Hat Caitlin Dir mal von Xander erzählt?"

„Sie macht das nicht so gerne. Wegen der Zeitlinie..."

„Na ja, wir werden ihn ja bald wiedersehen und dann wissen wir die Antwort!"

„Hoffentlich..."

„Ganz sicher!"

Dienstag, 11. Mai 93

Morgen werden wir das regionale Hauptquartier erreichen! Athena und ich werden die Bediensteten und Kutschen in diesem Dorf nördlich der Stadt Galway lassen - in dem wir jetzt gerade sind - und nur mit den Pferden weiterreiten. Ich weiß, ich weiß, es ist gefährlich, aber wir können unter keinen Umständen die Zivilisten mit zum Hauptquartier nehmen!

Athena ist eine ausgebildete Prätorianergardistin und Zweite Gardekommandantin, ich will Prätorianer werden, da wäre es peinlich, wenn wir uns noch nicht einmal selber verteidigen könnten und zuviel Angst hätten, auszureiten! Außerdem freut sich Athena darauf, überfallen zu werden, weil sie an unseren Angreifern ohne Gewissensbisse knabbern kann - nicht, daß sie sonst welche hätte...

Ich finde es etwas schade, daß ich Raven nicht mitnehmen kann. Er weiß zwar über die Union Bescheid - das tun so gut wie alle Vampire und Dämonen - und er weiß auch, daß wir dazu gehören, aber er selber ist kein Mitglied, also kein Besuch für Raven. Er wird aufpassen, daß sich unsere Angestellten nicht in Schwierigkeiten bringen.

Nun ja, heute Nacht wird meine Bewährungsprobe in Sachen Reiten sein! Ich weiß noch nicht einmal, wo dieses Hauptquartier liegt - niemand will mir etwas verraten, sagen alle, ich würde es früh genug merken, wenn ich dort angekommen bin - und hoffe nur, daß es gut zu erreichen ist. Wenn wir mit den Pferden über Felsen oder ähnliches müssen, kann ich für nichts garantieren! Uns werden nur zwei Packpferde begleiten, je eines mit meinen und Athenas persönlichen Sachen, was wir unterwegs brauchen, muß in die Satteltaschen.

Ich habe, um ehrlich zu sein, ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Ich meine, ich reite gerade einmal für zwei Monate und jetzt muß ich auf diese Weise womöglich eine ganze Nacht verbringen. Es ist eine Sache, wenn ich von einem halben Dutzend Vampiren begleitet werde, die Fackeln mit sich haben und die Gegend kennen, oder nur mit einer Vampirin, die sich selbst nicht in der Region auskennt - hoffentlich! - den Weg weiß und findet, daß ich genug Licht mit dem Vollmond hätte und es mein Problem ist, wenn das nicht reicht.

So, ich muß jetzt ins Bett gehen, sonst schlafe ich noch auf meinem Pferd ein!

Mittwoch, 12. Mai 93

Wir sind beide lebend, beziehungsweise untot, angekommen und ich bin die Nacht nur einmal vom Pferd gefallen. Erleichterung!

Die Einrichtungen der Zenturie sind haargenau so, wie man sich das regionale Hauptquartier einer Zenturie der Prätorianergarde der Union vorstellt: Sehr militaristisch, sehr spartanisch und sehr kasernenartig!

Nach der Ankunft hat man uns ein Mannschaftsquartier zugewiesen, jede Garde hat einen Saal, in dem Männlein und Weiblein zusammen leben müssen - weil man hier meint, daß Komfort irrelevant ist und die Soldaten, wenn sie ihre Arbeit vernünftig machen, so müde sind nach dem Dienst, daß sie gar nicht mitbekommen, mit wem sie ihr Zimmer teilen. Weil Athena zu einer Abruf-Garde gehört - ich kann mir den Namen nicht merken, ist irgendwas lateinisches - und ich noch keine habe, sind wir in einem Gästesaal untergebracht.

Die Säle sind keine Wunderwerke von Eleganz und Gemütlichkeit, aber man kann es in ihnen aushalten. Sie sind alle gleich, deshalb beschreibe ich einmal unseren: An einer Seite stehen in zwei Reihen 12 Feldbetten mit je einem Bettlaken, Kopfkissen und Deckbett, daneben stehen ein Kleiderschrank und eine Kommode mit Öllampe, dazu gibt es eine Sitzecke mit Couchs Tisch, Sekretär und einen Kamin in jedem Saal. Das Gebäude hat kein einziges Fenster, die Vampir-Kameraden sollen ja nicht Feuer fangen, dadurch ist es immer düster.

Ich teile mir meinen Saal mit Athena, zwei männlichen Vampiren aus ihrer Garde und fünf anderen Bewerbern, die auch auf den Test warten. Davon ist nur einer Vampir, drei sind Dämonen und zwei Menschen, die Unions-Vampiren gehören. Ja, Ihr habt richtig gelesen, sie GEHÖREN denen. Die gute alte Zeit...

Vom Rest habe ich noch nicht viel gesehen, heute habe ich den ganzen Tag verschlafen, so müde war ich. Langsam gewöhne ich mich an den vampirischen Tagesrhythmus. Gleich gibt es Abendessen - oder Frühstück, wie man's nimmt. Nächste Nacht soll ich übrigens von dem Centurio empfangen werden, wenn nichts dazwischen kommt. Athena will mich im Speiseraum erwarten, sie hat sich heute mit wem auch immer getroffen.

Ich muß jetzt aufhören, sonst krieg ich nichts mehr von den neuen Kartoffeln und dem leckeren Salat ab, tschüß!

Donnerstag, 14. Mai 93

Ich bin gerade vom Gespräch mit dem Centurio zurückgekommen! Es war elf Uhr diesen Abend, als ich in sein Büro gerufen wurde. Die erste Überraschung war, daß das Büro des Centurio genauso spartanisch eingerichtet war wie die ganze Kaserne.

Ich sah mich neugierig in dem kleinen Raum um. Er war mit Akten vollgepackt. „Und ich dachte, als Centurio hat man für so was Angestellte", murmelte ich enttäuscht.

„Nein, leider habe ich keine Sekretärin, die mir den Kaffee bringt und meine Büroarbeit macht. Ihr seid Graf Alexander Harris?"

Ich drehte mich um zu dem Mann. Die zweite Überraschung: Er ist ein Dämon! Ich hatte zwar gewußt, daß es auch Dämonen in der Union gibt, aber ich hatte noch nie einen gesehen. Ich tat mein Bestes, um mir nichts anmerken zu lassen. „Ja, Sir, ich bin Alexander Harris."

„Centurio Karz. Nehmt bitte Platz, Graf."

Sollte ich ihn darauf hinweisen, daß ich eigentlich kein Graf bin oder nicht? Ich entschied mich dagegen, es machte bestimmt keinen guten Eindruck. „Danke, Sir."

„Nun, Mister Harris, ich habe mir Euren Lebenslauf angesehen. Beeindruckend und äußerst turbulent, Euer Leben."

„Ja, das ist es. Eine Zeitreise zu machen gehörte nicht zu meiner Lebensplanung..."

„Das kann ich mir gut vorstellen! Es ist imponierend, wie schnell und mühelos Ihr Euch in unserer Zeit eingelebt habt. Wir stellen hohe Anforderungen an unsere Soldaten, in besonderem Maße erwarten wir Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Auffassungskraft. Erstes und zweites habt Ihr dadurch bewiesen, daß Ihr Euch in unsere Gesellschaft innerhalb zwei Monate eingelebt habt, bereit wart, eine verantwortungsvolle Position übernehmen konntet und heute hier seid, drittes beweißt, daß wir dieses Gespräch auf Gälisch führen."

„Danke, Sir." Ich frage mich die ganze Zeit, was um Himmels Willen Colin in die Empfehlung geschrieben hat.

„Was ich mich Frage ist: Warum wollt Ihr Euch uns anschließen?"

„Ich verstehe nicht ganz, Sir."

„Ihr könntet in der freien Wirtschaft eine angesehene Position erringen, die Euch von aller Verantwortung nach Eurer Rückkehr in Eure Zeit befreit, und doch möchtet Ihr uns beitreten. Wenn Ihr einmal ein Prätorianer seid, könnt Ihr nicht mehr austreten. Es gibt keine Ausnahme, auch nicht wegen einer Zeitreise."

„Das ist einer der Gründe, WARUM ich mich der Prätorianergarde anschließen möchte. Sicher werdet Ihr wissen, daß ich in meiner Zeit keinen Beruf erlernt habe. Ich sehe meine Jahre im 16. Jahrhundert als eine einmalige Chance an, nicht als eine Zeit, die ich irgendwie absitzen muß. Ich WILL nach meiner Rückkehr weiter der Union dienen. Außerdem will ich mir hier ein neues Leben aufbauen. Um ehrlich zu sein, ich vertraue nicht darauf, daß ich noch einmal zurückkomme. Jede kleine Erkältung kann mich hier umbringen, die man im 21. Jahrhundert in ein paar Tagen geheilt hat. Oder ich gerate in einen Streit, werde gegessen... Vielleicht entscheidet man auch, daß ich nicht zurückgeschickt werden kann."

„Ich verstehe. Wäret Ihr bereit, Euch in einen anderen Teil der Welt versetzen zu lassen, um der Prätorianergarde beitreten zu können? Beispielsweise in die Neue Welt?"

„Klar! Ich meine, es gibt hier nichts, was mich zurückhält, oder? Keine Frau, keine Kinder, keine Eltern, nicht einmal langjährige Freunde. Versteht mich nicht falsch, ich bin der Familie McKee sehr dankbar, aber ich weiß, daß sie mich nicht BRAUCHEN."

„Würdet Ihr Euch umwandeln lassen?"

„Zum Vampir? Erst dann, wenn ich sicher bin, daß ich nicht in meine Zeit zurückkehren kann. Ich habe kein Verlangen, von meinen Freunden gepfählt zu werden. Außerdem ist mir der Schritt im Moment noch zu radikal."

„Wie ist Euer Verhältnis zu Vampiren im Allgemeinen?"

„Gut, inzwischen."

„Erläutert das."

„Ich hatte früher eine Abneigung gegen Vampire, aber das lag wohl daran, daß ich mit der Jägerin befreundet bin und Vampire ausschließlich von der negativen Seite gesehen habe. Als meine beste Freundin der Lehrling einer Vampirin wurde und bei ihrer Familie einzog, hatte ich viel mehr mit ihnen zu tun. Seitdem bin ich entspannter im Umgang mit ihnen. Seit ich hier bin, habe ich gar keine Probleme mehr mit Vampiren, außer, ich stehe auf der Speisekarte."

„Dämonen?"

„Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich sie lieben oder hassen soll. Ich habe meine Zeitreise einem Dämon zu verdanken..."

„Was ist Eure bevorzugte Tageszeit?"

„Hä?"

„Beantwortet meine Frage!"

Ich vermutete, daß es hier um irgendeinen Psycho-Test ging. Vermute ich immer noch, aber ich bin mir nicht sicher. Vielleicht hat Athena eine gute Jagd gehabt und verrät es mir, muß sie fragen, wenn sie zurück ist. „Das ist schwer. Morgen fällt weg, ich bin ein Morgenmuffel, tagsüber mußte ich immer zur Schule... Abend! Die Nacht auch, aber nicht so sehr wie der Abend."

„Sonne oder Mond?"

„Mond."

„Warum?"

„Ich werde nie mit meiner Angebeteten in die Sonne gehen können, ohne sie zu einem Häufchen Asche zu verarbeiten."

„Stadt oder Land?"

„Großstadt. Ich habe gerne Leben um mich."

„Sagen wir... Ihr müßtet Euch sofort zwischen dem 16. und dem 21. Jahrhundert entscheiden. Welches würdet Ihr wählen?"

Das war hart, ich hatte immer vermieden, mir diese Frage zu stellen. Ich entschied mich für Angriff. „Diese Wahl kann ich nicht sofort treffen, Sir. Es ist unverantwortlich, wichtige Entscheidungen, die verheerende Auswirkungen haben können, impulsiv, ohne präzise Informationen und ausführliche Betrachtung der Fakten zu treffen."

„Eure Garde enthebt Euch des Kommandos, weil Ihr in letzter Sekunde den Rückzugsbefehl erhalten habt und nicht eine Stadt angreifen sollt, in der zuvor fälschlicherweise Feinde vermutet worden sind. Was tut Ihr?"

„Ich töte meine Garde!" Mir gefiel gar nicht, was ich sagen mußte, aber wenn ich mich richtig an meine „Erinnerungen" als Soldat erinnerte, dann war das richtig und so ähnlich hatte mir auch Athena mal etwas erzählt.

„Und wenn Ihr den Befehl erhaltet, Euch zurückzuziehen, obwohl Ihr genau WIßT, daß die Stadt von unseren Feinden kontrolliert wird, widersetzt Ihr Euch dem Befehl und führt Eure Zenturie in den Kampf, zieht Ihr Euch zurück oder wie entscheidet Ihr?"

„Ich werde meine Prätorianer über die Situation informieren und jeden einzelnen für sich selbst die Entscheidung treffen lassen. Wenn sich genug dafür entscheiden, daß wir eine realistische Chance haben, kämpfe ich mit ihnen."

Karz Gesicht war immer noch so ausdruckslos wie am Anfang. „Habt Ihr Fragen, Graf Harris?"

„Ja, woraus besteht dieser Aufnahmetest? Und woher weiß ich, ob ich bestanden habe?"

„Das ist eine gute Frage! Ihr könnt nicht durchfallen, Ihr könnt nur mehr oder weniger geeignet für unsere Anforderungen sein. Die Prüfung beginnt mit einem Fitneßtest und der ersten Unterrichtsstunde...", fing er mit einer langwierigen Erklärung an. Ich kann mich nicht mehr an den genauen Wortlaut und auch nicht mehr an alle Details erinnern, doch er gab mir ein Programmheft.

Centurio Karz erzählte mir noch über die Philosophie der Prätorianergarde, stellte mir weitere Fragen, die für mich gar keinen Sinn ergeben, dann kam er zu dem Beförderungssystem und wie ich meine Arbeit im 21. Jahrhundert wieder aufnehmen kann, alles sehr langwierig.

Aber - falls Ihr Euch darüber gewundert habt - das war nicht nur so ein Spruch, daß ich Prätorianer bleiben will, wenn ich zurück bin. Bisher gefällt mir alles, was ich von der Prätorianergarde gesehen habe, ich glaube, ich kann mich dort wohlfühlen. Außerdem brauche ich eine dauerhafte Arbeitsstelle nach meiner Rückkehr, immerhin muß ich - wenn alles so gut läuft, wie ich hoffe - meine Gemahlin Athena und ihre Childes versorgen. Und ich werde unter absolut gar keinen Umständen in eine FRIEDHOFSGRUFT ziehen!

Natürlich bin ich mir bewußt, daß Vampire nicht besonders teuer im Lebensunterhalt sind, in einer Gruft oder einem leerstehenden Haus wird gewohnt, das Essen gibt es - wortwörtlich - auf der Straße, Kleider oder Schmuck werden gestohlen und die Angestellten des Geschäfts kommen auf den Teller, Geld und Wertsachen erhalten sie von ihren getöteten Opfern, aber das ist nicht unbedingt der Lebensstil, von dem ich träume.

Also brauche ich Geld. Das ist eine seltsame Vorstellung, auf einmal eine Gattin und Stiefkinder zu haben, für die ich sorgen muß... Aber es gefällt mir, solange Athena die Ehefrau ist. Ich hoffe nur, daß sie sich nicht allzusehr verändern wird in dieser Zeit...

Aber um zurück zur Prätorianergarde zu kommen, wir werden die Tage bis zum Test hier verbringen, höchstens einmal Bekannte von Colin oder Athena besuchen. Es sind ja auch nur drei Tage.

Samstag, 16. Mai 93

Nun, das ist das letzte Mal, daß ich Euch für die nächsten drei Wochen schreiben werde. Wie ich schon einmal erwähnte, dürfen die Anwärter während des gesamten Tests keinen Kontakt nach außen unterhalten.

Es geht um Mitternacht los mit einer Begrüßung und kurzen Einführung, danach gibt es einen Snack - ja, ein Essen gegen zwei Uhr in der Nacht, hoch leben die vampirischen Schlafgewohnheiten! - danach fängt es mit den Tests und dem Unterricht und alledem an. Ich habe mich mit Absicht damit nicht beschäftigt, sonst würde ich noch aufgeben, bevor der Test überhaupt angefangen hat!

Der Unterrichtsplan ist straff durchorganisiert und soll für die erste Woche so aussehen: Weckruf ist um 17 Uhr, um 18 Uhr beginnt der Unterricht, dauert bis Mitternacht, dann gibt es eine halbe Stunde für das Mittagessen, die zweite Hauptmahlzeit wird um sechs Uhr - Morgens, wohlgemerkt - eingenommen, wieder eine halbe Stunde Zeit, um elf Uhr am Morgen ist Feierabend. In der zweiten Woche gibt es sieben Stunden Schlaf, in der dritten acht.

Das Essen für uns Anwärter soll recht spärlich sein, zumindest im Vergleich zu den normalen Eßgewohnheiten - die meisten Prätorianer sind wohlhabend. Morgens gibt es eine Suppe mit Brot, zum Mittagessen gibt es eine reichhaltige Suppe mit Gemüse und etwas Fleisch - jetzt Rüben oder Kohlsorten mit Kartoffeln, Salate - dazu Wein, zum Abendessen Gemüsebreie, Brot, Fleisch und Obst. Überhaupt beschweren sie sich, daß es Gemüse und kaum Fleisch gibt und dann versuchen die Köche immer zu erklären, daß die Hüter behaupten, daß Gemüse gesund ist. Das ist jedesmal lustig!

Okay, Ihr werdet - wenn ich nicht vorher aufgebe - in drei Wochen von mir hören. Bis dann!

Xander

„Ich bin ja mal gespannt, ob Xander das durchhält!"

„Das glaube ich schon. Er ist ein Dickschädel und wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht er es mit aller Gewalt durch."

„Der Welpe hält es keine Woche aus!"

„Bitte, Giles, können Sie noch einen Brief lesen?"

„Es ist schon sehr spät, Buffy, wir sollten jetzt wirklich aufhören."

„Aber ich will wissen, wie das mit Xander ausgeht!"

„Wir können uns Morgen wieder treffen. Was haltet Ihr davon, wenn Ihr alle zu mir kommt?", schlug Willow vor. „Da ist es bequemer."

Am nächsten Nachmittag lagen und saßen Scooby Gang und Vampire hinter den Brokat-Vorhängen des 70 Quadratmeter großen Haupt-Wohnzimmers des McKee-Hauses. Es warn nicht ungewöhnlich, daß sich die College-Studenten hier trafen, um zu lernen, denn das Haus strahlte eine schaurig-schöne Atmosphäre aus - wie man es von einem Vampir-Haus nicht anders erwarten konnte - besonders, wenn draußen ungemütlicher Regen und innen ein Kaminfeuer prasselten. Daß Caitlin es als gute Manieren ansah, ihre Gäste zu verwöhnen, war auch immer ein guter Grund, herzukommen.

„Ihr habt es gut", seufzte Buffy und sah sich sehnsüchtig in dem großen Zimmer um. Sie lag auf einer Decke auf dem Boden, vor sich ein Psychologie-Buch.

„Na ja, es wäre schöner, wenn Lisa nicht da wäre", gab Tara zögernd zu. In der vertrauten Umgebung konnte sie ihr Stottern überwinden, dank Übungen, die Caitlin regelmäßig mit ihr machte.

„Ja, sie ist eine Zicke. Aber ohne sie wäre es auch wieder langweilig. Ich meine, ich bin nicht glücklich über ihre „Streiche", trotzdem..."

„Geb es zu, Du kannst sie eigentlich ganz gut leiden", grinste Dawn.

„Ich hatte nie eine richtige Schwester und sie kommt so nahe an eine Schwester, wie es geht. Natürlich ist da noch Marguerite, aber sie redet die ganze Nacht über nur mit ihren Blumen und den Stofftieren..."

„Was erwartest Du, sie ist verrückt!!"

„Und sie ist eine Verwandte von Dir, Spike!"

„Ja, tolle Familie..."

„Sollen wir weiterlesen?" Als alle zugestimmt hatten, öffnete Willow vorsichtig die Schatulle und nahm den nächsten Brief heraus. „Also, es geht los..."

Dienstag, 8. Juni 93

Hallo zurück, Freunde!

Ich hab es tatsächlich geschafft! Ich kann es immer noch nicht glauben, daß ich die drei Wochen wirklich durchgehalten habe! Es ist ein wunderbares Gefühl!

Es tut mir sehr leid, daß ich Euch nicht direkt gestern geschrieben habe - ich hab ein ziemlich schlechtes Gewissen deswegen - aber ich hab einfach nur durchgeschlafen. Athena hat mir zweimal was zu Essen ans Bett gebracht und das war's. Ich war erst heute wieder ansprechbar, obwohl solch unbedeutende Dinge wie Bewegen oder gar Laufen noch weit außerhalb des Bereichs des möglichen liegen...

Ich bin immer noch sehr müde und erschöpft, aber ich will Euch zumindest ein paar Zeilen schreiben. Erst einmal: Ich weiß noch nicht, ob ich bestanden habe, die Ergebnisse können wir uns Morgen beim Centurio abholen. Aber um ehrlich zu sein, es ist mir im Moment VOLLKOMMEN egal! Ich bin nur froh, daß ich durchgehalten habe, das allein ist schon ein kleiner Sieg.

Wir waren am Anfang 48 Prüflinge - Irland und Großbritannien zusammen. Die Abschlußrede von Sonntag auf Montag Nacht haben noch genau 17 erlebt! Und ich war einer von den 17! Erst ganz langsam wird mir bewußt - vor allem erst, seitdem mein Gehirn wieder funktionsfähig ist - was ich geschafft habe.

Glaubt mir, wenn ich sage, daß das die drei schlimmsten Wochen meines Lebens waren! Gegen die Aufnahmeprüfung ist Sunnydale Kindergarten! Die letzten vier Tage habe ich mich nur noch von einer Ecke in die andere geschleppt. Es klingt alles nicht so schlimm, aber in der Realität ist es die Hölle. Jetzt verstehe ich, was der Chefprüfer gemeint hat, als er bei der Begrüßung sagte, daß er uns zu unserer Reise in den Ort der Verdammnis und zurück begrüßt...

Ich habe nur wenig Hoffnung, daß ich die Prüfung bestanden habe, wie gesagt, ich hab mich nur noch hin- und hergeschleppt am Ende. Aber es war eine Erfahrung. Nicht unbedingt eine, die jeder mal machen sollte, aber vielleicht werde ich in 10 Jahren mal sagen, daß mir diese Zeit gut getan hat. Allerdings frage ich mich: Wenn die Aufnahmeprüfung schon so hart war, wie sieht dann erst die Ausbildung aus? Vielleicht will ich gar nicht bestehen!

Am liebsten würde ich noch ne Woche durchschlafen, aber ich muß Morgen mein Resultat abholen. Hey, wenn ich Glück habe, bin ich nur „gerade so" durchgefallen... Wenn Ihr Euch jetzt fragt, ob es das wert war, kann ich nur die Antwort geben, absolut! Ich habe endlich eine richtige Männerfreundschaft geschlossen, er ist ein Vampir, aber was soll's, bin hier bescheiden geworden.

Am allerschlimmsten fand ich den Alarm während des Schlafens. Mindestens zweimal jeden Tag! Wie soll man sich da bitteschön ausruhen?! Und die Psycho-Tests waren schlimm, weil ich nie wußte, ob was gut oder schlecht war. Die Psychologen hier haben die Mimik von Robotern - das verunsichert! Was war das drittschlimmste? Den Platz müssen sich Kraft-Training - es ist einfach gemein, wenn man als einziger Mensch zwischen zehn Vampiren sitzt und denen fällt alles so leicht! - Auswendig-Lernen - da kann ich doch gleich auf die High-School gehen! - und die blöden Uniform-Togas teilen!

Sammy meint, daß ich den Test ganz sicher bestanden habe, ich meine, daß er ihn ganz sicher bestanden hat, ich bin mir nicht so sicher. Natürlich, ich kann nicht abstreiten, daß ich auch ein bißchen Ehrgeiz habe, es den arroganten Vampiren zu zeigen, aber es ist jetzt nicht ein Lebensziel von mir oder so etwas.

Ach ja, Sammy ist mein neuer Freund, er ist witzig, cool und hat mich irgendwie immer aufmuntern können, wenn ich aufgeben wollte. Glück ist, daß er eines von Michaels Childes ist und sein Herzogtum verwaltet. Verrückt, daß wir uns ausgerechnet HIER über den Weg laufen. Bitte nicht persönlich nehmen, Buffy - er hat schon zwei Jägerinnen getötet, bei der Ermordung von drei anderen mitgeholfen, ist also kein Anfänger mehr. Genaugenommen ist er selber ein Meistervampir.

Ich gähne hier schon ganz laut, höre besser auf, sonst werde ich noch Sammy und Athena wecken. Muß ich Euch wirklich sagen, wie blutrünstig Vampire werden, wenn man ihr Nickerchen unterbricht...?

Gute Nacht!

Xander

„Armer Xander!"

„Les schon weiter, Willow, ich will hören, ob er bestanden hat!", drängte Buffy aufgeregt.

Mittwoch, 9. Juni 93

Ihr werdet nicht für möglich halten, was geschehen ist, ich tue es selber noch nicht ganz: Ich habe die Aufnahmeprüfung bestanden!

Aber der Reihe nach: Ich muß ein komisches Bild abgegeben haben, als ich beim Centurio ankam. Immer noch verschlafen, gähnend, meine Toga saß irgendwie gar nicht und ich hatte einen Verband um den Hals - weil sich Sammy einen Freundschafts-Biß erlaubt hat, er hatte Lust auf frisches Blut und war zu müde, um in die Stadt zum Jagen zu fahren, deshalb hab ich ihn an meinem Hals knabbern lassen.

Er hat mir dann unzeremoniell mitgeteilt, daß ich bestanden habe und gefälligst einen weniger zerzausten Eindruck machen soll, wenn Freitag meine Grundausbildung beginnt. Nett, was? Des weiteren habe ich jetzt eine Mappe bekommen, in der Informationen über die Grundausbildung stehen - Athena hat mir auch von ihrer erzählt - damit kann ich etwas anfangen.

Die Grundausbildung dauert vier Wochen, soll aber nicht mehr so hart sein wie die Aufnahmeprüfung. Es soll hauptsächlich Theorie vermittelt werden und bei der Praxis auf den Unterricht während des Tests aufgebaut werden, Kraft-Training, Fitneß und Co. werden in den Hintergrund treten. Außerdem gibt es keine Psycho-Tests mehr und kaum noch Alarme mitten am Tag. Am Ende des Monats werden wir inaktiven wieder einen Test machen müssen, dann werden wir zur weiteren Ausbildung meinem Gardekommandanten überlassen.

Wulf ist ziemlich nachsichtig, ich mache mir darum keine Sorgen, nur um die Prüfung, für die ich in sechs Monaten wieder hierher kommen muß. Schade, da kann ich mir noch nicht mal ein paar Wochen Faulenzen erlauben, nach all der Arbeit hier...

Ach ja, Sammy hat auch die Aufnahmeprüfung bestanden - woran ich niemals Zweifel gehegt habe - und wir dürfen auch in Zukunft zusammen trainieren - es werden beim praktischen Training immer zwei Schüler einem Lehrer zugeteilt. Das hat uns beide gefreut, auch wenn es für mich noch mehr Nachtschichten bedeutet.

Ich hab nie gedacht, daß ich das mal sagen würde, aber ich freue mich schon jetzt darauf, daß ich in einem Monat wieder nach Hause komme - auf unseren Gutshof. Ich vermisse die anderen. Natürlich vermisse ich auch immer noch Euch, versteht das bitte nicht falsch! Ich wäre froh, wenn ich wieder bei Euch sein könnte, aber die McKees sind für mich eine Ersatzfamilie geworden. Wie wichtig sie mir schon nach ein paar Monaten sind, merke ich erst jetzt, wo ich sie nicht in der Nähe habe.

Nun gut, Ihr werdet jetzt sagen, daß ich Athena bei mir habe. Dafür bin ich auch wirklich dankbar. Sie kümmert sich rührend um mich, verarztet mich und bemuttert mich. Ich kann mich wirklich nicht beklagen. Wäre aber schöner, wenn ich Raven, Colin, Caitlin und die anderen bei mir hätte.

Für heute Nacht hat mich Athena noch einmal zu einem Spaziergang durch den Garten eingeladen, das habe ich auch die letzten Wochen vermißt. Sie ist nicht nur einfach schön, ich kann auch gut mit ihr reden, sie nimmt mich ernst. Ich meine, wir kennen uns jetzt seit zwei Monaten und ich habe sie noch nicht einmal richtig geküßt, trotzdem will ich jede freie Minute mit ihr verbringen, das spricht doch für unsere Beziehung, oder?

Sammy erzählt mir gerade irgend etwas darüber, daß die Kinder der Nacht jetzt raus müßten oder so, ich verstehe kein Wort - und diesmal liegt es nicht daran, daß ich kein Gälisch kann - werde trotzdem mitgehen, wohin er mich auch immer schleppen will... Ah, ich glaube, er will, daß ich mit ihm Jagen gehe. Nicht mein Verständnis von Spaß, aber es ist eine große Ehre, wenn ein Vampir einen Menschen bittet, ihn auf die Jagd zu begleiten.

Freitag, 11. Juni 93

Gestern habe ich Geschäftsverhandlungen für Colin in Galway gehabt, war ganz witzig. Besonders, weil ich eine sehr gute Lösung für unsere Firma ausgehandelt habe.

Von Colin habe ich jetzt sogar Glückwunschsschreiben bekommen! Einmal dafür, daß ich aufgenommen wurde - er sagte, die Familienehre ist jetzt wiederhergestellt, dank meiner hervorragenden Leistung - und den zweiten Glückwunsch für die gelungenen Vertragsverhandlungen! Das hat richtig gut getan!

Und dann war heute noch mein erster Tag der Grundausbildung. Ich liebe sie schon jetzt! Wir haben nicht SOO sehr lange Unterricht, ich kann also weiter für unser Gut die Arbeit machen, Sonntags sogar frei, die Ausbilder sind großartig und der Unterricht macht richtig Spaß!

Jeder konnte sich ein Wahlfach aussuchen, da habe ich mich für Vampir-Gesellschaftskunde - das ist so was mit Traditionen, Begriffen, Sitten, Geschichte lernen - entschieden. Macht einen guten Eindruck bei Colin, Wulf und auch noch bei Athena! Mit Athena und Sammy habe ich gute Nachhilfelehrer und zudem können die Teilnehmer von diesem Kurs auch noch zu einem Ball zur vorgezogenen Herbstbegrüßung, der am 10. Juli in Galway stattfinden wird. Für Vampire ist es ja ein Fest der Freude, wenn die Tage wieder länger werden, da sie im Sommer ans Haus gefesselt sind.

Zugegeben, ich habe das Fach hauptsächlich genommen, um Athena zu imponieren und mit ihr zu dem Ball gehen zu können. Ironie des Schicksals, hm? Xander Harris imponiert einer Vampirin und geht mit ihr zu einem Vampir-Ball! Nun, die Zeiten ändern sich...

Der Kurs macht aber auch abgesehen von dem Ball Spaß, nur, daß wir Blut trinken sollen, um Vampire besser verstehen zu können, ist einfach EKLIG! Dann laß ich doch lieber einen Vampir an mir nuckeln! Nun, läßt sich nichts mehr dran ändern, das hat man uns erst bei der ersten Stunde gesagt...

Was gibt es sonst noch zu erzählen? Ich glaube, das war alles. Ach nein, der Spaziergang gestern! Er ist großartig verlaufen, aber nicht überragend. Mit überragend meine ich, daß mir Athena um den Hals gefallen wäre.

Reise in die Vergangenheit 3