Reise in die Vergangenheit 6 Autor: Artemis (Artemis1000@gmx.net)
Disclaimer: Buffy: The Vampire Slayer gehört Joss Whedon und Mutant Enemy.
Zeitlinie: 5. Staffel, 2. Story in der Caitlin-Serie
Altersfreigabe: PG
Kapitel: 6/7
Paare: X/ATE, B/SP
Inhalt: Xander wird in die Vergangenheit geschleudert und landet in Irland bei Caitlin, Colin und seinen Childes, während Spike auf die Entfernung seines Chips bei der Union wartet.
Kommentar: Um die FanFic zu verstehen, sollte man „Caitlin" gelesen haben, muß aber nicht. Hier ne kurze Zusammenfassung vom Alternativuniversum: Buffy ist seit „Caitlin" mit Spike zusammen. Angel ist wie in der Serie nach Los Angeles gegangen, hat sich aber nicht von Buffy getrennt, sondern von seiner Frau Caitlin. Spike hat den Chip, wohnt seitdem bei Buffy. Buffy und Riley waren nie zusammen. Die Initiative wurde vernichtet von Scooby Gang und Union (Buffy hat es persönlich genommen, daß die im Gehirn ihres Freundes rumgepfuscht haben). Willow gehört noch zur Gang, ist aber zwischen ihrer Loyalität zu ihrer Meisterin und ihren Vampirfamilie und der Scooby Gang hin- und hergerissen. Tara ist bei Cat und Co. eingezogen.

Reise in die Vergangenheit
Von Artemis (Artemis1000@gmx.net)

Kapitel 6

Im großen Wohnzimmer saßen die McKees mit den Summers-Frauen, der Scooby Gang und einigen örtlichen Vampiren, unterhielten sich aufgeregt.

„Gut, Leute, jetzt hört mir bitte mal alle zu! Wir machen das folgendermaßen: Weil ich mit Willow, Pete und Danny zum Hauptquartier bin, müssen sich Tara, Marguerite und Lisa solange selber versorgen. Tara bleibt in der Woche im Studentenwohnheim, da ist sie gut versorgt. Buffys Mutter und Schwester nehmen freundlicherweise unsere Hunde."

Marguerite knuddelte noch einmal ihren kleinen Schoßhund Buddy, die deutsche Schäferhündin und ihren Berner Sennehund, „Sie werden gut auf meine kleinen Schätzchen aufpassen, ja, Misses Summers?", bat sie.

„Aber natürlich werde ich das, Marguerite. Dawn freut sich schon darauf, einen Pflegehund zu haben. Sie wollte immer einen kleinen Hund, aber wir haben keine Zeit, uns dauerhaft um ihn zu kümmern."

„Ich habe Ihnen einen Brief in die Kiste mit den Sachen von meinen Hündchen gelegt. Da steht drin, was sie gerne machen."

„Lee, Mark und Helen - meine lieben Assistenten, denen ich dafür immer dankbar sein werde - haben sich angeboten, Misses Summers und Dawn nach Sonnenuntergang beim Ausführen der Hunde zu begleiten. Alleine ist es zu gefährlich. Außerdem nehmen die drei sie tagsüber. Regelt untereinander, wie Ihr das macht."

„Oh, danke, das ist sehr aufmerksam!"

„Wir haben gedacht, daß wir eine Uhrzeit vereinbaren, wenn wir Morgens kommen sollen, dann gehen wir mit den Hunden gemeinsam Gassi, wir nehmen sie mit zu unserem Haus, Sie oder Dawn kommen Abends, wir gehen zusammen wieder mit ihnen, dann nehmen Sie die Tiere mit und wir kommen am späten Abend noch einmal, damit sie nicht allein gehen müssen."

„Das ist super, vielen Dank!"

„Hallo? Hat irgendwer noch Lust, MIR zuzuhören? Großzügig! Mister Giles kümmert sich um Maggies vier Hamster. Dafür bin ich auch sehr dankbar. Weil die Wellensittiche frei fliegen müssen und sich die Katzen nicht in Pension geben lassen wollen, bleiben sie hier. Wenn Tara einmal am Tag kommt, um nach Maggie zu sehen, wird sie ihr auch helfen, die Tierkäfige zu säubern. Die Putzfrau kommt trotz unserer Abwesenheit Montag, Mittwoch und Freitag, das genügt, wenn Ihr nur zu dritt seid. Die Gärtnerei kommt natürlich auch."

„Was ist, wenn Tara am Wochenende hier ist? Ich werde mich ganz bestimmt nicht um sie kümmern!"

„Wenn Du - wie alle anderen - zur Familienkonferenz gekommen wärst, Lisa, würdest Du wissen, daß ich für die zwei Tage vorgekocht hab. Außerdem kann sie bei den Summers mitessen. Essen ist reichlich im Vorratsraum - sowohl menschliches, wie auch vampirisches. Es ist ja nur für eine Woche, also regt Euch nicht auf. In einer Stunde geht unser Privatflugzeug von hier und nächsten Dienstag sind wir am Mittag wieder da. Lisa?"

„Ja, Cat?"

„Ich brauche jemanden, der sich um meine PR-Agentur kümmert, während ich weg bin. Ich weiß, daß Du keine Berichte und Presseerklärungen schreiben kannst, aber geh bitte wenigstens ans Telefon und sag, daß niemand der qualifizierten Kräfte da ist."

„Was? Ich bin auch eine qualifizierte Kraft, Caitlin! Ich kann Dein Geschäft SEHR GUT während Deiner Abwesenheit weiterführen! Wer hilft Dir denn immer im Büro?"

„Ich?", fragte Danny.

„Halt den Mund, kleiner, tolpatschiger Bruder, ich spreche jetzt! Ich habe nicht Medizin studiert, aber ich habe Dir früher immer geholfen. Weißt Du noch? Bevor Danny kam und Du Angelus wiedersahst, da habe ich Dir in Deiner Arztpraxis geholfen und war Deine Arzthelferin! Und von PR verstehe ich VIEL mehr als der Idiot!"

Still und leise lachte sich Caitlin kaputt. Lisa war eine arbeitsscheue Zicke, aber wenn es sein mußte, fand sie immer einen Weg, das schwarze Schaf ihrer Familie zum Arbeiten zu kriegen. „Gut, Du kannst es versuchen. Aber wenn es Dir zuviel wird, kannst Du jederzeit aufhören, das weißt Du ja."

„Caitlin, ich sag das wirklich ungern, aber Du mußt Dich beeilen. Du weißt, was Michael sagte. Er stellt uns das Flugzeug als Freundschaftsdienst zur Verfügung, aber wir dürfen uns nicht verspäten, weil er es selber braucht. Eh wir uns verabschiedet haben, die Prätorianergarde am Hotel abgeholt haben, zum Flughafen sind..."

„Du hast Recht, Danny. Wir brauchen allein eine halbe Stunde für die Fahrt zum Flughafen, da können wir nicht noch mehr Zeit vertrödeln. Gut, Leute, möchte noch irgendwer was fragen oder sagen?"

„Kann ich trotzdem herkommen zum Training?"

„Natürlich, Mark."

„Wer hat eigentlich das Kommando über die Sunnydaler Vampire?"

„Das hast Du, Lee, so, wie das letzte Mal."

„Keine Fragen mehr?" Caitlin wartete einen Moment, dann stand sie von ihrer Couch auf, „gut, Leute, dann übergebt jetzt mal die Tiere und macht Euch auf den Weg zum Minibus."

„So, Ihr seid alle bereit?", fragte Caitlin ihre Mitfahrer. Von allen Seiten wurde zugestimmt. „Gut, dann laßt uns jetzt mal zum Hotel fahren!" Auf Knopfdruck öffnete sich das Garagentor und sie fuhren heraus.

„Warum müssen wir eigentlich 12 Prätorianer von hier mitnehmen?", maulte Xander.

„Du hast mich das heute schon mindestens ein Dutzend Mal gefragt, Xander, und ich kann Dir wieder nur sagen, daß ich nichts dran ändern kann! Du kennst Deine Situation und Du kennst die Vorschriften, also hör auf, Dich zu beschweren, es nützt sowieso nichts."

„Aber im Hauptquartier gibt es doch genug Prätorianer!"

„Verdammt noch mal! Jetzt ist Schluß! Ich will kein Wort mehr darüber hören oder ich schmeiß Dich eigenhändig aus dem Auto, Xander!", schrie die Jägerin.

„Buffy, warum bist Du denn so nervös?"

„Ich hab nur ein bißchen Angst. Ich meine, da sind TAUSENDE Vampire und die wollen mich doch alle umbringen, weil ich die Jägerin bin..."

„Die Union ist der Jägerin gegenüber nicht feindlich gesinnt, Buffy, Du brauchst keine Angst zu haben. Ist es nicht doch ein bißchen Lampenfieber?"

„Natürlich bin ich aufgeregt. Ich meine, ich bin die erste aktive Jägerin seit Jahrhunderten, die das Hauptquartier zu sehen bekommt."

„Mir geht es genauso. Obwohl es für Lehrlinge ja normal ist, aber das erste Mal kann ich da hin. Ich hab Angst, daß ich Caitlin und mich selbst bloßstelle. Unter normalen Umständen sollte ich ja noch gar nicht da hin, nur, um Dich im Auge zu behalten. Das hat doch bestimmt einen Sinn, daß Lehrlinge es erst nach drei Jahren dürfen. Und dann auch nur für ein paar Tage."

„Mach Dir darum keinen Kopf, Willow. Du hast die Erlaubnis, das Hauptquartier zu besuchen und das bedeutet, daß man Dich für reif genug und geeignet hält. Die prüfen jede einzelne Akte und man hätte es mir nie erlaubt, Dich mitzunehmen, wenn Du nicht dahin paßt."

„Wirklich? Aber ich kann doch noch gar nicht so gut Latein."

„Du kannst genug Latein, um Dir Essen und Trinken zu kaufen, nach dem Weg zu fragen und Dich auszuweisen, das genügt. Was soll schon schiefgehen in EINER WOCHE?"

„Alles?"

„Hör auf zu jammern und vertrau der Weisheit der Union, Willow Rosenberg! In ein paar Monaten, wenn Michael umgezogen ist, fahren wir noch einmal nach San Francisco, Du wirst dort ein bißchen üben und dann gehen wir für ein paar Monate ins Hauptquartier und Du wirst Dir gar keine Sorgen mehr deswegen machen."

„Monate? Wieso willst Du Willow für Monate ins Hauptquartier bringen? Und wie soll sie die Zeit mit dem College vereinbaren?"

„Das ist normal, Buffy. Wenn Lehrlinge eine gewisse Zeit der Union angehören, müssen sie mit ihren Meistern dorthin. Dort können sie mit Gleichaltrigen zusammen lernen und praktizieren, können Kollegen kennenlernen und Freundschaften knüpfen. Das ist wichtig, weil sie sonst nur eine Bezugsperson haben - ihren Meister."

„Aber Willow hat uns! Sie braucht das nicht!"

„Lehrlinge müssen über ihre Arbeit schweigen gegenüber Zivilisten. Wenn ein Lehrling mit seinen Freunden zusammen ist, muß er aufpassen, nicht zuviel zu sagen. Dort können sie unbefangen sein, brauchen nicht jeden Satz zuerst zu überprüfen."

„Buffy, ich würde das wirklich gerne machen. Außerdem gibt es im Hauptquartier riesengroße Bibliotheken, wo ich Bücher lesen kann, die es eigentlich gar nicht mehr gibt und ich kann viel von anderen lernen. Du brauchst Dir keine Sorgen zu machen."

„Das stimmt. Ich bin nur Prätorianer, aber dort ist es ein ganz anderes Leben. Du brauchst Dich nicht zu verstellen, verstecken, mußt Dich nicht an Konventionen halten..."

„Solange es Dich glücklich macht..." Insgeheim beneidete Buffy ihre Freunde und das, was sie bei der Union gefunden hatten. Für Jägerinnen gab es keinen einzigen Platz auf der Welt, wo sie ganz sie selbst sein konnte, sich nicht verstellen brauchte und keine Angst davor haben mußte, daß jemand die Wahrheit rausfand...

Das Flugzeug, daß auf sie wartete, war eine ziemlich kleine Maschine mit normalen Sitzreihen, nicht wie die anderen Flugzeuge, die sie umgebaut hatten. Aber ganz hatte man auf Komfort nicht verzichtet, denn an jedem Sitz gab es Strom- und Internatanschluß für den Laptop, einen kleinen Fernsehschirm, sowie Kopfhörer für Ton und Radio. Außerdem standen am Anfang und Ende des Passagierbereichs Automaten mit kostenlosen Getränken, Snacks und Sandwiches.

Caitlin stöhnte verzweifelt, als sie sah, wie ihre zivilen Begleiter das Gepäck mit zu ihren Sitzen nahmen. „Freunde, kann mir mal bitte einer vorlesen, was da steht?"

„Bagage in der Hecklade verstauen", antwortete ein Prätorianer.

„Genau! Buffy, Spike, warum habt Ihr Euer Gepäck nicht nach hinten gebracht?"

„Das lohnt sich doch nicht für ne halbe Stunde."

„Vielleicht lohnt es sich wirklich nicht. Aber das ist ein Flugzeug der Union. Eine der Tugenden der Union ist Disziplin. Also werdet Ihr jetzt - wie alle anderen es bereits getan haben - Euer Gepäck hinten in den Kästen verstauen. Ich werde mitgehen, damit Ihr es auch ordentlich macht."

„Verdammte römische Tugenden", maulte Spike, gehorchte aber.

„Packt Eure Koffer da rein! Ihr seid jetzt beleidigt, aber in ein paar Tagen werdet Ihr mir dankbar sein. Wenn Ihr das in einer Basis macht - erst Recht im Hauptquartier - gibt es direkt eine Strafe. Und ich kann mir nicht vorstellen, daß Ihr Lust habt, den Marmorplatz vor dem Zentralgebäude mit einer Zahnbürste zu schrubben, oder?"

„Das ist doch Schikane!"

„Und ob das Schikane ist! Warum, bitteschön, denkt Ihr denn, daß man sagt, die Union ist die härteste Armee der Welt? Und warum bekommen die Bewerber - Eurer Meinung nach - nur Brot und Wasser? Warum respektieren selbst die grauenhaftesten und machtvollsten Dämonen und Vampire die Unions-Mitglieder? Hm?"

„Aber..."

„Buffy, muß ich Dich daran erinnern, daß Du mitkommen WOLLTEST? Wir alle haben Dir gesagt, daß das keine gute Idee ist und haben Dir erklärt, wie streng es ist. Du kannst immer noch gehen."

„Du hast ja Recht... Dürfen wir jetzt zurück zu unseren Plätzen?"

„Tut das. Und schnallt Euch an, wenn es gefordert wird."

„Darf ich mich hier setzen?", fragte Willow, als sie zurück kam vom Unterbringen des Gepäck.

„Selbstverständlich."

„Ich will mir was zu trinken holen, möchtest Du auch was?

„Kannst Du mir bitte eine Cola mitbringen?"

„Klar."

Xander holte einen Laptop aus seinem Rucksack und fing an, etwas zu schreiben.

„Bitte. Bist Du immer noch mit Deinen Berichten dran? Ich meine, Du hast seit Donnerstag nichts anderes mehr gemacht, als zu schreiben..."

„Nein, die Berichte habe ich hinter mir. Den, für den ich zwei Wochen Zeit hatte, habe ich schon seit Freitag Mittag fertig und den ganz langen habe ich heute abgeschickt. Ich bin jetzt einmal gewöhnt, intensiv zu arbeiten, da wollte ich es auch hinter mich bringen. Gerade schreibe ich eine e-Mail an Angel. Ich hatte zweimal angerufen, aber er war auf Dämonenjagd."

„Um Dich zu entschuldigen?" Willow hatte nicht geglaubt, daß Xander sich dazu wirklich durchringen würde.

„Auch. Caitlin weiß nicht, wo Maura ist, aber sie hat Gerüchte gehört, daß eine Enkelin von ihr in Los Angeles ihr Unwesen treibt. Vielleicht kann Angel sie fragen."

„Äh... Xander, Du bist Dir sicher, daß Angel e-Mails liest?"

„Komm, Willow, Du nimmst ihm die „alter Vampir kann keinen Computer bedienen-Nummer" doch nicht ab! Die tun alle so, weil sie zu faul sind, was selber zu machen."

Fast fünfeinhalb Stunden später stiegen erschöpft und genervt Cat, Willow, Pete, Danny, Spike und Buffy die Gangway zur Unions-Privatmaschine ins Hauptquartier hoch. Nach einer zweistündigen Irrfahrt vom kleinen Privatflughafen vor Los Angeles bis zum internationalen, dem Einchecken, Gepäck aufgeben und Co, dem Flug und dem endlos langen Warten aufs Gepäck, war ihre Geduld am Ende.

„Das ist aber nett, daß die unser Gepäck unten annehmen", meinte Willow, während sie das Flugzeug bewunderte. Es war riesig, eines der größten, daß sie je gesehen hatte. Es war ganz weiß gestrichen, bis auf das Wappen der Union am Bug - einem Raben und Schwert.

„Das ist eigentlich nichts besonderes. Wenn sie es in den Frachtraum laden, müssen wir so lange auf es warten, deshalb machen die das. McKee, Caitlin, Hüterin. Autorisationsstufe eins."

„Willkommen an Bord, Ma'am", grüßte eine Prätorianerin im Gameface auf Latein. „Ihre Gruppe hat Suite 17."

„Rosenberg, Willow, Lehrling. Autorisationsstufe zwei." Sie gab der Frau ihren Paß, ihr Flugticket und eine Bescheinigung. Während eine auf der Passagierliste nachsah, überprüfte eine zweite den Paß und die dritte sah den Brief durch.

Die dritte Stewardeß - die in Wirklichkeit Prätorianerin war - überprüfte die Ergebnisse und verglich sie mit Caitlins Unterlagen, nickte dann ihrer Kollegin zu.

„Willkommen an Bord, Ma'am."

Als nächstes mußte sich Xander identifizieren, „Harris, Alexander Lavelle, Prätorianergardist. Autorisationsstufe sieben.

„Willkommen an Bord, Sir."

Als nächstes war Buffy dran. "Summers, Buffy Anne, Gast. Meine Autorisationsstufe ist X... kann das sein? Ich hab's vergessen. Ach ja, ich kann kommen, weil Misses McKee, Miss Rosenberg und Mister Harris für mich bürgen."

„Einen Moment bitte." Die Prätorianerinnen verglich ein paar Zahlen auf den Briefen, gaben sie dann ihren Besitzern zurück. „Willkommen an Bord, Miss Summers."

Spike wechselte ins Vampirgesicht und knurrte, „Spike, Gast, Autorisationsstufe X. Sondergenehmigung durch Einladung von Präfekt Michael McKee."

Nachdem die Prätorianerin ihren Freund begrüßt hatte, zog Buffy ihn hinter sich her. Sie hatte sich schon gelangweilt, weil es so langsam voranging, und jetzt wollte sie endlich das Flugzeug erkunden. „Weiß einer von Euch, welche Plätze wir haben? Auf meinem Ticket steht nichts drauf."

„Es gibt hier keine festen Plätze. Jeder bekommt einen Raum oder eine Suite, wohin man sich zurückziehen kann. An der Rezeption erfahren wir, welche unsere ist. Michael wollte eine schöne reservieren für uns."

„Wo ist die Rezeption?"

„Oben."

„Hä?"

„Das Flugzeug hat drei Etagen. Unten im Frachtraum sind die Küche, Personalzimmer und Ingenieure, hier ist die Freizeitebene und oben sind die Zimmer. Laßt uns hier den Aufzug nehmen. Es gibt eine große Bibliothek und Videothek, ein Fitneßstudio, Büros, Magieräume, ein Restaurant, alles, was man sich nur wünschen kann."

„Wieviel Passagiere fliegen durchschnittlich mit?"

„Platz ist für 200 und die Flüge sind immer ausgebucht."

„Wow! Wieviel Flüge gibt es denn?"

„Sechs in der Woche. Jeweils einen von Europa, Asien, Afrika, Australien, Süd- und Nordamerika."

„Ich finde das ziemlich viel. Wenn man bedenkt, daß „nur" 10000 Leute da leben..."

„Es sind mehr Gäste oder Kurzzeitbewohner als wie dauerhafte. Gebt mir jetzt bitte mal alle Eure Tickets!"

Xander ging zu dem Gardekommandanten. „Al, hier sind so viele Wachen... warum geht Ihr nicht zu Eurer Suite?"

„Danke."

„Guten Tag, Präfekt Michael McKee hat auf den Namen Caitlin McKee für uns eine Suite reserviert."

„Guten Morgen." Die Rezeptionistin fütterte ihrem Computer die Ticketnummern, tippte eine Weile auf der Tastatur herum und erklärte dann lächelnd, „Sie und Ihre Gruppe haben Suite 009! Ihre Tickets und Schlüssel, bitte. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt."

„Vielen Dank, Miss! So, Leute, wir müssen zu Suite neun! Das ist diesen Gang runter!"

„Was denkst Du, Willow, ob die Suite schön ist?"

„Sicher. Die Räume mit den niedrigsten Nummern sind immer am Besten. Oh, das ist so aufregend! Ich war erst zweimal in einem so großen Unions-Flugzeug, das war, als ich Cat und ich nach Sibirien zu der Vampir-Tagung geflogen sind. Aber da war ich so aufgeregt wegen der Tagung, daß ich gar nicht auf das Flugzeug geachtet habe und..."

„Kleine, es ist ja gut. Mach ne Pause, bevor Du mir noch erstickst", grinste Danny.

„Okay. Wie ist es eigentlich mit Dir, Danny? Du hast nie erzählt, wie oft Du und Pete schon im Hauptquartier waren."

„Pete hat früher einige Male da gelebt, ich erst zweimal. Wenn Cat ins Hauptquartier mußte, als ich klein war, hat sich Angel immer um mich gekümmert."

Die Suite stellte sich als wunderschön und sündhaft luxuriös heraus. Neben dem Wohnraum gab es ein Dreibett-Zimmer für Caitlin, Willow und Buffy, sowie einen Vierbett-Raum für Spike, Pete, Danny und Xander. Nachdem sie für ein leichtes Abendessen ins Restaurant gegangen waren, entschieden sie sich einstimmig, erst mal eine Runde zu schlafen. Weil sie schon seit Dienstag Morgen auf waren, befürchteten sie, sonst die Ankunft im Hauptquartier zu verschlafen.

Als Xander das Bad gegen 20 Uhr verließ, hätten ihn seine Freunde aus der Suite geworfen, wären sie nicht noch am Schlafen gewesen. Seine Haare - die er sich weigerte, abzuschneiden - hatte er mit einem Lederband im Nacken festgebunden, sein Körper war von einer navyblauen Uniform-Toga verhüllt, dazu trug er schwarze Schuhe. Als er das erste Mal die Prätorianer-Toga trug, war sie noch kürzer und rot - genau wie die Uniform der Legionäre. Aber wie die Sandalen, hatte sie sich der Mode der Neuzeit fügen müssen. Auch der Gürtel - bei ihm silbern mit einem goldenen Stern - war neu.

Xander wußte, daß jede Kleinigkeit eine Bedeutung hatte. Weil Uniformen Pflicht waren, hatte man in der Union andere Wege gefunden, seine Meinung zu zeigen. Daß er Schuhe statt Sandalen trug - beides wurde in der Kleiderkammer ausgegeben, hieß, daß er fortschrittlich war. Sein Claddagh-Ring sagte, daß er zu einer irischen Vampirfamilie gehörte, das Haarband, zu den mittelalterlichen. Zu guter Letzt standen die Sterne am Gürtel dafür, daß er ein alter Hase im Hauptquartier war, Gold auf Silber war die Flagge der superstrengen Konservativen, ein Stern war das Rangabzeichen eines Gardisten und die Kette mit Pentagramm besagte, daß er den Hütern nahe stand, aber kein Magier war.

„Du hast Dich schon umgezogen?"

„Ja, ich dachte, es könnte nicht schaden, wenn ich jetzt schon Uniform trage."

„Ganz meine Meinung", sagte Caitlin und deutete auf ihre tiefgrüne Toga. Sie trug den roten Gürtel der gemäßigten Fraktion mit zwei schwarzen Sternen. Bei den Magiern war es das höchste Zeichen - das eines erfahrenen Hüters. Auch Caitlin trug Schuhe, Claddagh-Ring und ein verdrehtes Pentagramm, was bedeutete, daß sie keiner der großen Religionen angehörte und zu schwarzmagischen Aktionen eingeladen werden konnte. Die Union war stolz auf ihre Religionsfreiheit und zwang deshalb niemand, etwas zu tun, was ihm sein Glauben verbat.

„Weißt Du schon, was Du tun wirst?"

„Ich werde runter gehen und meditieren, eine Aura-Reinigung machen, und dann suche ich mir ein Büro, um meine Aufzeichnungen durchzusehen. Ich nehme den Laptop mit, dann ist es kein Problem. Bis elf sollte ich spätestens fertig sein, wenn Willow dann noch schläft, wecke ich sie."

„Du solltest dann auch Buffy und Xander wecken. Nachher ist zu viel Betrieb bei der Implantation und wenn das Gepäck vor ihnen auf dem Zimmer sein soll, müssen sie mindestens fünf Stunden vor dem Einchecken ihre Zimmerwünsche angeben."

„Stimmt. Mal sehen, ob Willow sich alleine anziehen kann. Sie hat zwar die letzten drei Jahre alles über die Uniformen gelernt, aber ich weiß ja, wie es ist. Vorher kann man es im Schlaf aufsagen und wenn es soweit ist, ist man so nervös, daß man sich an nichts erinnern kann... Was hast Du vor?"

„Ich werde ein paar Freunde besuchen, mir einen Reiseführer und Stadtplan kaufen und auswendig lernen. Es gibt viel für mich zu tun im Hauptquartier - man wird mit mir meinen Bericht durchgehen wollen, ich muß über meine berufliche Zukunft sprechen, will dort die Weiterbildungen für Latein, Französisch, Psychologie und American Kenpo besuchen, viele Freunde wiedersehen, da kann ich es mir nicht leisten, mich andauernd zu verlaufen."

„Da hast Du ja einiges vor! Wirst Du länger dort bleiben?"

Seufzend setzte sich Xander in einen Sessel und flüsterte, „um offen zu sein, ich ziehe ernsthaft in Erwägung, mich dauerhaft ins Hauptquartier versetzen zu lassen."

„Aber warum das denn, Xander?"

„Ich bitte Dich, Caitlin, Du bist nicht dumm und Du bist auch keine schlechte Beobachterin! Du siehst es doch jeden Tag... Ich liebe meine Freunde immer noch, aber es ist nicht mehr das gleiche. Bevor ich in der Vergangenheit zu Euch stieß, war ich der Verlierer in unserer Gruppe. Ich wurde mitgezogen und das genügte mir. Weil ich es nicht anders kannte. Aber bei Euch habe ich gelernt, was ich selbst erreichen kann, ohne, daß jemand auf mich aufpassen muß. Ich habe dort viele Dinge gelernt, ich habe neues Selbstbewußtsein bekommen, bin erwachsen geworden, habe Erfahrungen gemacht und ja, ich gebe zu, mein Charakter hat sich vollständig verändert, ICH habe mich verändert."

„Es tut mir leid, Xander. Wenn ich gewußt hätte, was wir Dir für Probleme damit gemacht haben, daß wir Dich in unsere Familie aufnahmen..."

„Nein, Caitlin. Ich bin Euch sehr dankbar dafür. Das Problem ist, daß meine Freunde einfach ignorieren, wer und was ich geworden bin. Für sie waren es nur ein paar Wochen und sie verstehen nicht, daß ich mich in diesen Wochen so verändern konnte. Anstatt sich für mich zu freuen, finden sie mich lästig und undankbar. Ich habe es versucht, Caitlin, ich habe wirklich versucht, wieder dieser Junge zu sein. Aber es geht nicht!"

„Ich kenne das Gefühl. Noch heute ist es so, daß die Menschen, die meine Freunde sind, mit aller Macht verleugnen, daß ich ein Vampir bin. Aber das ist nun mal der Haken. Menschen sind anders als wir, Alexander. Sie denken nur in Bahnen, in Schwarz und Weiß. Es gibt kein Grau, alles ist gut oder böse, richtig oder falsch. Aber Du darfst es ihnen nicht übel nehmen. Obwohl Dein Körper der eines Menschen ist, hast Du Erfahrungen, die nur Vampire und Unsterbliche haben. Du hast in zwei Zeitaltern gelebt, drei Jahrhunderte und zwei Jahrtausende gesehen. Die Menschen verstehen uns nicht, weil sie zu begrenzt denken, zu sehr in ihrer kleinen, selbst konstruierten Welt gefangen sind. Aber alles, was Du dagegen tun kannst, ist Dich von ihnen fernhalten. Und dann verlierst Du selbst."

„Und was, wenn ich nicht mehr in ihrer Welt leben kann deshalb? Wenn mich diese Erfahrungen zu sehr geprägt haben, um es noch bei ihnen aushalten zu können? Wenn ich einfach nicht mehr so leben will, weil ich nicht einsehe, daß ich mir selbst etwas vorlügen soll?"

„Das ist der Grund, weshalb die meisten Vampire Menschen aus dem Weg gehen. Abgesehen davon, daß sie Futter sind, gibt es einfach nichts, was sie interessant genug finden, um ihre Zeit zu opfern. Aber ich habe festgestellt, daß es durchaus Zeit wert ist. Du kannst durch Menschen eine ganz neue Sichtweise bekommen. Sehe sie meinetwegen als Kinder an. Denn das sind sie."

„Ich habe leider noch nicht die Weisheit von einem Jahrhunderte von Jahren langen Leben. Wirst Du mir böse sein, wenn ich ins Hauptquartier ziehe? Oder sonst irgendwohin, wo ich unter Vampiren und diesen Unsterblichen leben kann?"

Ich werde traurig sein, Xander, weil ich Deine Anwesenheit genossen habe. Du bist der einzige, der mich aus dieser Zeit kennt und in meiner Nähe ist. Aber ich kann es sehr gut verstehen. Und ich bin sicher, daß es auch Deine Freunde verstehen werden. Irgendwann, zumindest. Aber aus Erfahrung kann ich sagen, daß es nichts bringt, wegzulaufen. Du mußt tun, was Du wirklich willst."

„Aber ich kann nicht zurück in die Vergangenheit!"

„Du wirst gehen. Soviel steht fest. Du hast uns nach Deiner Rückkehr nur nicht gesagt, wann Du genau zurückkehrst, damit die Zeitlinie nicht beeinflußt wird. Deshalb kann ich Dir auch nicht sagen, daß man es Dir erlauben wird."

„Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, daß ich ein einflußreicher Vampir werden werde!"

„Wieso nicht? Ich habe es von Anfang an gewußt. Ich bin mir sicher, daß sich alles so entwickeln wird, wie das Schicksal es bestimmt hat. Du wirst in Deine Zeit zurückkehren und Du wirst glücklich darüber sein. Aber versuche, Dein Leben solange wie möglich, so erträglich wie möglich zu gestalten."

„Ich würde nur allzugern wissen, wann es passieren wird! Ob ich im Hauptquartier mal fragen soll, ob sie es machen? Ich hab zwar nicht viel Hoffnung, aber versuchen kann ich es doch, oder?"

„Ich glaube, daß das eine hervorragende Idee ist. Und jetzt geh Dir Deinen Stadtplan kaufen, sonst verläufst Du Dich doch noch!"

„Das werde ich machen. Danke, Cat."

„Es war mir ein Vergnügen. Und denk dran, Latein zu sprechen!", rief sie dem Teenager lächelnd nach.

Wenn Caitlin zweieinhalb Stunden später in die Suite zurückkehrte, herrschte noch Stille. Niemand außer ihr und Xander schien bisher aufgestanden zu sein. Sie verstand, daß sie alle wenig Schlaf bekommen hatten und erschöpft waren - wozu die Aufregung um ihre Reise auch einiges dazugetan hatte - aber es half nichts. Sie mußten aufstehen.

Weil es ohnehin nichts brachte, wenn alle gleichzeitig ins Bad wollten und ihre Hilfe bei den Togas brauchten, ging sie zuerst ins Damen-Zimmer. „Willow, Buffy, hallo? Ihr müßt jetzt aufstehen." Das half nichts, also rüttelte sie ihren Lehrling und die Jägerin wach. „Willow! Buffy! ", befahl sie scharf.

Der Kommando-Ton verfehlte seine Wirkung nicht und die rothaarige Hexe schlug sofort die Augen auf. „Caitlin, was ist passiert?"

„Hä?", fragte Buffy mürrisch.

„Gute Nacht, meine Damen, der Dornröschenschlaf ist vorbei! Wir haben elf Uhr am Abend Pazifikzeit, der Mond scheint, raus aus den Federn!"

„Aber Cat, ich bin noch müde..."

„Willst Du wirklich, daß ich mit dem nassen Waschlappen komme?", drohte die Vampirin.

„Okay, okay, ich bin ja schon am Aufstehen! Hey, Du bist ja angezogen! Wie lange bist Du schon wach?"

„Seit vier Stunden."

„Uups! Ich glaube, ich habe verschlafen."

„Das könnte man so sagen, Buffy", grinste Willow. „Cat, sind die anderen schon auf?"

„Xander ist im Wohnzimmer am Lesen. Die anderen Jungs schlafen noch. Ich hab Euch zuerst geweckt, damit Ihr nicht das Gedränge im Badezimmer habt. Da hängen Morgenmäntel, die bestellten Togas sind im Schrank."

„Danke. Kannst Du mir helfen, die anzuziehen? Ich hab mir meine eben mal angeguckt und ich hab gar keine Ahnung, wo hinten und vorne, oben und unten ist", gab Buffy zerknirscht zu.

„Kein Problem. Jetzt geht erst mal ins Bad, damit ich die Jungs aus dem Bett schmeißen kann."

Wenn die 20jährigen Frauen aus dem Bad kamen, weckte Caitlin ihre Söhne und ihren Enkel. Dann half sie Willow in ihre dunkelgrüne Toga. Die junge Hexe trug einen Punkt auf ihrem Gürtel, was sie als jungen Lehrling auswies. Damit man sie vom Personal leichter unterscheiden konnte, mußten die Gäste - so auch Buffy und Spike - weiße Togas mit blanken weißen Gürteln tragen. Natürlich beschwerte sich Spike bitterlich, daß unschuldiges Weiß keine Farbe für einen bösen, blutrünstigen Vampir wie ihn war.

Es war keine Überraschung, daß Danny und Pete das Badezimmer in den dunkelblauen Togas der Prätorianer verließen. Obwohl Buffy und Giles erst im Vorfeld zu der Reise gesagt bekommen hatten, daß die Brüder Prätorianer waren, hatten sie es die ganze Zeit über geahnt. Eine wirkliche Überraschung war etwas anderes.

„Oh mein Gott!", keuchte Buffy, als sie die Gürtel sah. Auf Dannys lila Gürtel waren zwei gelbe Sterne der Rebellen, auf Petes orangen Gemäßigten-Gürtel sogar drei weiße. „Pete, Du bist ein CENTURIO?" Sie hatte zwar nicht gelernt, die Togas anzuziehen, aber die Rangabzeichen hatte sie fleißig gepaukt.

„Ja. Ein Centurio auf Abruf."

„Aber wie ist das möglich?"

„Ich mache sozusagen die Urlaubsvertretung und wenn man ein großes Team aus mehreren Garden braucht, kommandiere ich es. Dann gibt's keine Rivalität unter den Garden."

„Und Danny ein Gardekommandant?"

„Natürlich! Komm schon, Jägerin, ich bin Prätorianer, seit ich 16 Jahre alt bin. Denkst Du, ich bin immer noch Gardist?"

„Na ja..."

„Ich glaub, ich muß mich erst mal setzen!"

„Moment! Willow, hattest Du uns nicht damals gesagt, daß die Prätorianer nicht zu einer von diesen Vereinigungen gehören? Pete, Dan und Xander haben alle deren Gürtel!", stutzte Spike.

„Die Prätorianer wurden für das 21. Jahrhundert reformiert. Es war Zeit, die Regeln an die Realität anzupassen. Noch vor 500 Jahren waren die Prätorianer eine Schutztruppe mit zweifelhaftem Ruf und einem katastrophalen Modesinn, aber jetzt sind sie mehr. Deshalb können sie sich auch wieder Verbindungen anschließen."

„Jetzt seht Ihr wieder aus wie verdammte Papageie!"

„Hey, das war NICHT NETT! Zur Strafe dürft Ihr jetzt alle ganz brav zur Implantation gehen!"

„Was für ne Implantation?"

„Der Chip wird im Flugzeug implantiert. Ohne ihn könnt ihr es gar nicht verlassen."

„Ich laß mir nicht noch einen Chip einpflanzen!"

„Du Dummkopf, Großcousin, der kommt in Deinen Arm, nicht in Deinen Kopf!"

„Trotzdem!"

„Jetzt sei kein Mädchen!"

„Hey, ich bin auch ein Mädchen und ich bin nicht feige!", beschwerte sich Buffy.

Buffy funkelte den Arzt wütend an und drückte schützend ihre Arme an sich, „was denken Sie, was Sie da machen, Doktor?!"

„Ich implantiere Ihnen den Chip, Miss Summers. Es wird nur ein kleiner Pieks sein, aber Sie müssen den Arm ruhig halten."

„Das ist kein „KLEINER PIEKS"! Das ist eine Riesennadel, die Sie da haben! Damit reißen Sie doch meinen ganzen Arm auf!"

„Jetzt übertreiben Sie mal nicht, Miss Summers. Die Nadel ist nicht dicker als die dickste handelsübliche. Und der Chip ist doch nur vier Millimeter lang."

„Nein, ich will das nicht! Das ist ein Riesending!"

„Miss Summers, entweder Sie lassen mich das machen oder ich rufe die Prätorianer und lasse Sie an die Liege fesseln!"

Die Jägerin schmollte. Ob sie es mit einer Prätorianergarde aufnehmen konnte? Vermutlich nicht. Und dann durfte sie nicht im Hauptquartier bleiben. Widerwillig legte sie ihren Arm zurück auf die Lehne. „Na gut, aber seien Sie vorsichtig."

„So, das ist also Ihr erster Besuch im Hauptquartier... Haben Sie schon einmal eine andere Basis von uns besucht?"

„Nein, das erste Mal."

„Das ist interessant! Darf ich fragen, wie es dazu kommt?"

„Mein Freund hat einen Chip eingesetzt bekommen, von dem er immer Elektroschocks bekommt, wenn er Menschen was tut. Den bekommt er rausgenommen im Hauptquartier und ich begleite ihn."

„Dann wünsche ich Ihnen einen angenehmen Aufenthalt, Miss Summers. Möchten Sie ein Pflaster?"

„Hm? Sie sind schon fertig? Ich hab ja gar nicht gemerkt, daß Sie mich gestochen haben! Nein, danke, ich brauche kein Pflaster. Ich bin die Jägerin, bei mir heilt das schnell."

„Auf Wiedersehen."

„Bye!" Erleichtert flüchtete Buffy aus dem Behandlungsraum. Im Wartezimmer saßen schon Spike und Willow. „Hey, ich hab es geschafft!"

„Das ist wunderbar! Laß mal sehen!"

„Wie lange noch?"

Caitlin seufzte. „Willow, Du hast mich das mindestens schon zehn Mal in der letzten Viertelstunde gefragt. Da ist eine Uhr, wir werden gegen 15 Uhr Ortszeit ankommen. Und jetzt laß mich bitte einen Moment in Ruhe, ich muß nach Südafrika anrufen."

„Wieso denn?"

„Ich besitze dort unter anderem ein großes Mietshaus und einer meiner Mieter hat mir auf den Anrufbeantworter gesprochen, daß es Probleme mit dem Heißwasserbereiter gibt. Ich werde ihn jetzt zurückrufen und bitten, mir genau zu erklären, was geschehen ist, dann telefoniere ich mit meinem Stamm-Installateur", erklärte sie geduldig. „Ich gab schon seinem Großvater die Aufträge und deshalb reicht es, wenn ich ihm den Auftrag per Fax vorab bestätige und er mir die Rechnung vorab faxt."

„Ach so. Ich geh mal... in unsere Suite und lese ein Buch."

Bevor ihr Lehrling das Büro verlassen konnte, meinte die Vampirin, „vielleicht kannst Du mir doch helfen..."

„Wirklich? Was kann ich tun?"

„Rufe Dir mein elektronisches Adreßbuch in unsrem Netzwerk auf. Dort wirst Du die Telefonnummern finden. Hier ist der Name des Mieters, dies ist der Firmenname vom Installateur. Da unten sprechen sie ein etwas anderes Englisch - viele Leute sagen, es ist gewöhnungsbedürftig - aber als Lehrling dürfte es Dir nicht schwer fallen, das zu verstehen."

Willow zuckte lächelnd mit den Schultern, „ich spreche Latein, Französisch, Gälisch und Deutsch an Fremdsprachen, da sollte es doch gelacht sein, wenn ich mit meiner eigenen Muttersprache Probleme bekomme!"

„Genau! Danach hörst Du bitte meine Anrufbeantworter ab und checkst die e-Mails. Ich werde die aktuellen Kontostände abrufen, mal sehen, ob der Kunde aus Asien schon bezahlt hat. Das heißt, zuerst muß ich nachsehen, ob Danny ihm überhaupt die Rechnung geschrieben hat!"

Für eine Weile tippten beide Frauen schweigend auf ihren Tastaturen herum. Nachdem Willow in Südafrika angerufen hatte und gleichzeitig die neuen e-Mails abrief - dank Freisprechanlage - fragte sie plötzlich, „was hast Du eigentlich vor?"

„Worüber sprichst Du?"

„Na ja, wir sind jetzt schon eine ganze Weile hier in Sunnydale. Am Anfang war es bestimmt spannend, eine neue Stadt, neue Vampire, neuen Lehrling, Angel war noch da, aber jetzt..."

„Ich habe viel Geld in das Haus gesteckt und möchte noch ein paar Jahre bleiben, wenn Du das meinst. Notgedrungen. In Südamerika ist mir die politische Situation noch zu unruhig, seit sich Angel das letzte Mal von mir getrennt hat und Xander sein Versteck verlassen kann, gibt es nichts, was mich mit Irland verbindet, damit bleibt nur Bayern übrig. Das hat alles Spaß gemacht, aber ich möchte noch einmal gerne eine Arztpraxis haben."

„Zum Arztberuf kommst Du am Ende immer wieder zurück?"

„Ich kann nichts dagegen machen. Meine weiblichen Vorfahren waren seit 11 Generationen Heilerinnen. Und es macht mir einfach am meisten Spaß."

„Es gibt da noch eine Möglichkeit: Das CIA wußte doch, daß Du ein Vampir bist, oder? Also könntest Du dorthin zurück."

„Dafür ist es noch zu früh. Und seit der Initiative zweifle ich an ihren noblen Motiven."

„Es war nicht das CIA, daß die Initiative gefördert hat, Cat."

„Aber sie haben auch nichts gegen die Initiative unternommen! Ich könnte zurück zu ihnen, natürlich, aber sie würden mich zwingen, meine eigene Art zu bekämpfen. Durch meinen Freund habe ich bei seiner Elite-Einheit gegen Terrorismus und das organisierte Verbrechen gearbeitet, das kann ich, aber diese Sachen nicht."

„Das ist natürlich möglich. Du brauchst ja auch nicht zurück. Ich denke nur, daß es langweilig für Dich im Moment ist. Du brauchst Leben, viele Leute um Dich, Streß, aber das kannst Du in Sunnydale nur in begrenztem Maße haben."

„Das ist richtig, Willow. Aber im Moment muß es reichen. Ich kann eben nicht alles haben. Und Danny wird sich sehr bald umwandeln lassen, er ist es leid, ein Mensch zu sein und zu warten, dann habe ich einen jungen Vampir, den ich erziehen muß. Jetzt geh wieder an Deine Arbeit." Sie wußte, daß Willow Recht hatte, aber es würde ohnehin keinen Sinn machen, wenn sie darüber nachdachte. Sie hatte einen jugendlichen Lehrling und einen neugeborenen Vampir zu versorgen, da konnte sie sich über Langeweile nicht beschweren. Aber es wäre schön, noch eine Aufgabe zu haben...

Im Cockpit unterhielten sich drei der fünf Piloten und zwei der vier Techniker - es waren so viele, damit auch, wenn das Cockpit geentert wurde, noch jemand da war - als eine kleine Uhr klingelte. „Es ist Zeit. Aber diesmal sag ich durch, daß dies kein Alarm ist. Ich bin es wirklich leid, daß alle Prätorianer das Cockpit stürmen, jedesmal, wenn ich was durchgebe!"

„Tu das. Ich hab auch die Nase voll davon. Manchmal könnte man wirklich denken, unsere Kameraden sind verrückt geworden!"

„Achtung! Achtung! Hier spricht der Flugkapitän. Dies ist eine Durchsage, kein Alarm. Wir werden in voraussichtlich 50 Minuten auf dem Flughafen des Hauptquartiers landen. Dies ist 15 Uhr Ortszeit. Wir haben eine Außentemperatur von 304 Grad Kelvin, Sonnenschein, keine Bewölkung, es weht eine leichte Brise. Die Sonne ist magisch unschädlich gemacht worden im Hauptquartier, es herrscht also keine Gefahr für Vampire.

Bitte packen Sie Ihr Reisegepäck und stellen Sie es auf dem Gang vor ihre Zimmertür. Unser Personal wird Ihr Habseligkeiten umgehend in Ihre Zimmer oder Wohnungen bringen. Sollten Sie noch keine Uniform tragen und noch keinen Chip implantiert haben, machen Sie es JETZT! Anderweitig können Sie das Flugzeug nicht verlassen. Ende der Durchsage."

Als die Durchsage aus den Lautsprechern kam, saßen die McKees und ihre Gäste im Restaurant. „Habt Ihr schon gepackt?"

„Ich hab es noch nicht gemacht. Bis wann müssen wir damit fertig sein?"

„Je früher Du es gemacht hast, Buffy, desto früher kann es jemand abholen und in Dein Zimmer bringen."

„Aber ich weiß doch noch gar nicht, wo mein Zimmer ist, Danny!"

„Aber das Personal weiß es."

„Na gut..."

„Ich kann es gar nicht abwarten, daß Hauptquartier zu sehen! Wie ist es?"

„Einfach umwerfend schön! Du wirst es lieben, Willow."

„Cat, können wir irgendwann auch mal so hinfliegen?"

„Bald wirst Du sowieso dorthin ziehen. Wenn Du Dich wohlfühlst, können wir es gelegentlich besuchen. Ich habe im Übrigen noch einmal mit Michael gesprochen. Er fände es schön, wenn Du ihn über Ostern für einige Wochen in San Francisco besuchen würdest, bis dann ist er umgezogen."

„Oh gerne! Du weißt ja, ich liebe diese Stadt! Und ich freue mich schon, sein neues Haus zu sehen! Wie stellst Du es Dir vor? Wie auch immer, wir werden es sowieso bald sehen. Können wir Tara mitnehmen? Bitte?"

„Wir meinen, daß Du alleine hinfährst. Ohne mich."

„Aber..."

„Auf diese Weise kannst Du mehr lernen. Du bist bis dann 21 Jahre und es wird Dir bestimmt gefallen. Außerdem muß ich mich um Danny kümmern. Im Hauptquartier werde ich viel unterwegs sein, Du solltest Dich darauf vorbereiten, alleine in einer fremden Umgebung zu sein."

„Wenn es sein muß, dann fahr ich eben alleine." Sie würde es nie zugeben, aber sie hatte ein bißchen Angst davor, mit so vielen Vampiren ganz alleine zu sein.

Die Spannung war geradezu greifbar, wenn Stewardessen nach einer sehr sanften Landung zwei Türen des Flugzeugs öffnete und die Schlangen der Passagiere sich langsam zu den zwei Passagier-Gangways bewegten.

Als Caitlin durch die Heck-Luke ging, stand sie vor einer Glasröhre, an die das Flugzeug angedockt hatte. Nachdem sie ihren Chip für Sekundenbruchteile in die Nähe des Lesegeräts gehalten hatte, fuhr die Glastür sofort zur Seite und sie konnte durchgehen. Von nun an war sie im Computer registriert und man würde sie auf Schritt und Tritt verfolgen können.

Spike folgte als letzter in die lichtdurchflutete Röhre. Er hatte Angst, aber wenn Cat und Pete geschützt waren, sollte es bei ihm doch auch gutgehen... Tatsächlich. Er zerfiel nicht zu Asche und rannte schnell zu seiner Freundin. „Buffy, es funktioniert! Ich stehe im Sonnenlicht!"

Glücklich umarmte die Jägerin ihren Freund und gab ihm einen Kuß. Auch sie hatte Angst gehabt, aber offenbar war doch Verlaß auf die Union!

„Hey, Ihr zwei Turteltauben, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit! Wir wollen das Hauptquartier sehen!", rief Willow ihnen vom Ausgang nach. Als sie sah, daß ihre Freunde so bald nicht kommen würden, öffnete sie die nächste Glastür mit ihrem Chip und zog sich eine Nummer für die Grenzkontrolle. Weil um die Schleuse ein hoher Sichtschutz war, konnte sie nur die Geräusche hören, Stimmengewirr, Schritte und den Motorenlärm der Flieger.

Buffy war ziemlich ratlos, als sie vor einer Art Paßkontrolle - sie war sich nicht sicher, weil sie das Schild nicht lesen konnte - stand. Als Caitlin, Xander und Willow sie und Spike zu sich winkten, war sie erleichtert.

„Willkommen im Hauptquartier, Ladies and Gentlemen. Darf ich bitte Ihre Unterlagen haben?"

„Bitte", Caitlin reichte ihr fünf Häufchen mit Unterlagen. Jedes bestand aus einem Reisepaß und Flugticket, dazu kamen bei Caitlin und Xander Unions-Reisepässe, bei Willow die Bescheinigung - mit dem „Visum" für Buffy und Spike - und bei besagtem Pärchen ebenfalls Papiere mit den Einreiseerlaubnissen.

Sie fütterte die Registriernummern der Bescheinigungen in den Computer, der dann Reisepässe für Willow, Buffy und Spike druckte. Inzwischen stempelte sie Caitlins und Xanders Pässe ab, dann die anderen. Sie waren elektronisch erfaßt wurden, als sie ihre Chips für die Gangway benutzten, aber die Union bevorzugte doppelte Sicherheit. Falls der Computer gehackt werden sollte, würden sie sich mit den Pässen ausweisen können. „Ihre Unterlagen, bitteschön. Tragen Sie Ihren Unions-Paß bitte immer bei sich, er ist genauso wichtig wie der Chip. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt."

„Vielen Dank und einen schönen Tag noch." Sie gingen an ihrem Terminal vorbei zu einer weiteren Tür, an der schon Pete und Danny warteten.

Wenn Willow durch den Türrahmen trat, fand sie sich in einer anderen Welt wieder. Sie waren auf dem Obergeschoß einer bombastisch großen Glashalle, von der an drei Seiten Röhren zu Flugzeugen abgingen. Von der Promenade auf der zweiten Etage hatte sie einen atemberaubenden Ausblick auf den Flughafen und die Skyline des Hauptquartiers. Zu ihrer linken war die Glaswand, zu ihrer rechten waren Bistros, Restaurants und andere kleine Geschäfte. Sie wußte, daß der Flughafen gleichzeitig ein Einkaufscenter und einen Großteil der Freizeiteinrichtungen beherbergte, hatte Bilder gesehen, aber das übertraf all ihre Erwartungen.

Caitlin wechselte einen amüsierten Blick mit ihren Söhnen. Es war immer das gleiche mit den Neulingen! „Wenn Ihr möchtet, verabreden wir uns für ein Restaurant und Ihr könnt Euch in aller Ruhe umsehen. Denkt dran, daß Ihr Eure Dollar bei der Wechselstube in As tauscht, zum Informationsbüro geht, um Eure Zimmer zu erfahren und Buffy einen Stadtplan kauft. Beide sind in dem großen Laden mit dem gelben Licht da unten."

„Darf ich auch bleiben?"

„Natürlich, Willow. Spike, ich werde Dich zur Voruntersuchung bringen, wenn Du nichts dagegen hast."

„Der Wechselkurs ist ja einfach!", freute sich Buffy. „Ein Zehntel As sind zehn Cent, zwei Zehntel 20 Cent, ein As sind ein Dollar..."

„Ja, das ist praktisch. Wir müssen nur noch lernen, die ganzen Silbermünzen auseinanderzuhalten."

„Genau! Was machen wir jetzt, wo wir Zimmer und Geld haben?"

„Danny, Xander und ich wollen uns bei der Prätorianergarde zum Dienst melden und für ein paar Lehrgänge an der Akademie einschreiben."

„Könnt Ihr mich bitte einschreiben für den Vortrag „Henochische Magie des Atavismus aus der Sichtweise des 21. Jahrhunderts"?"

„Kein Problem. Wir sehen uns!"

„Bye! Und was machen wir jetzt?"

„Was hältst Du von Shoppen?"

„Cool!"

Wenn er sich von Pete und Danny getrennt hatte, die schon zu ihrer Wohnung gehen wollten, ging Xander zum Gebäude der Präfektur der Prätorianischen Garde. Weil ihn die anderen Prätorianer für ihren Präfekt hielten und er mit Michael verwandt war, teilte man dem Vampir - der sich gerade mal wieder im Hauptquartier aufhielt - Xanders Gesuch um ein Treffen mit.

Wenige Minuten später wurde er in das private Empfangszimmer auf Michaels Büroetage geführt. „Xander, hallo. Nehme bitte Platz."

„Guten Abend, Michael. Danke." Er ließ sich unsicher in die weichen Polster der Couch sinken, sein Blick schweifte nervös durch den Raum.

Der ältere Prätorianer lachte leise, „Du hast Dich kein bißchen verändert. Nur ein bißchen gewalttätiger und frecher bist Du als Vampir, aber das gehört wohl dazu..."

„Ich hätte nicht gedacht, daß er mir ähnelt."

„Du ähnelst Dir, Xander. Glaub mir, Du bist immer noch der verängstigte junge Mann, den ich im Büro von Coileáns Gutshof zum ersten Mal traf. Das ist nun mal unser Vorteil. Wir sind als Vampire wie als Menschen. Bis auf einige Kleinigkeiten. Aber laß uns über etwas anderes sprechen. Wie hat Dir die Suite gefallen?"

„Sie war super, danke. Aber das Hauptquartier ist auch nicht schlecht. Wenn ich denke, wie es aussah, als ich es zum ersten Mal sah..."

„Ja, es hat sich viel verändert seit dem 16. Jahrhundert. Bei allen von uns."

„Bei mir nicht. Deshalb bin ich zu Dir gekommen. Ich weiß, daß Du - selbst dann, wenn Du es wolltest - mir nicht helfen kannst, aber ich will es zumindest versucht haben. Wenn ich es nicht tue, werde ich mir immer Vorwürfe machen und werde niemals glücklich werden. Nicht, daß ich so glücklich werden werde..."

„Worum möchtest Du mich bitten, Xander?" Es mußte ernst sein, daß er direkt zu ihm kam. Xander verabscheute es zutiefst, für etwas betteln zu müssen.

„Ich bitte Dich darum, mich zurück in die Vergangenheit zu schicken." So, jetzt war es raus. Er konnte seine Worte nicht mehr zurücknehmen und er wollte es auch nicht. Obwohl er fest damit rechnete, daß Michael ihn tobend und rasend aus dem Büro schmeißen würde.

Für eine Weile dachte der rotblonde Vampir über diese folgenschwere Bitte nach. Er kannte den Jungen Xander, er kannte den Mann, der Xander in der Vergangenheit wurde, jetzt sah er den Mann, der er hier geworden war und er kannte Xanders Freunde. Die Wolke von tiefer Traurigkeit, die Xander umgab, war beinahe fühlbar. Er hatte Mitleid mit ihm.

Was würde passiert sein, wenn Xander niemals zurückgekehrt wäre? Athena war voller Haß auf die Welt, die ihr ihren geliebten Gemahl nahm, würde sie darüber hinwegkommen? Würde sie mit ihren Massakern irgendwann aufhören? Und was mit der Union? Der Vampir Xander herrschte mit großer Weitsicht und Mitgefühl für die menschliche Welt. Er hatte viele Reformen veranlaßt, durch sein Wort hatten die Prätorianer Nationen gerettet, die er selbst nicht rettenswert fand. Sie waren ein unschlagbares Team, welches die Abwendung so mancher Apokalypse verbuchen konnte und waren gefürchtet wie verehrt von der untoten Welt.

Was würde wirklich schlechter sein, wenn der Vampir Xander niemals entstanden wäre? Und was schlechter...? „Diese Entscheidung kann ich nicht alleine treffen. Dein älteres ich und meine Wenigkeit müssen dem zustimmen und ich muß Hüter finden, die mir helfen, das Ritual durchzuführen. Nach Möglichkeit sollten wir auch eine Mehrheit unter den Hütern dafür finden."

Xander konnte nur noch mit offenem Mund seinen Wahl-Onkel anstarren. Hatte er tatsächlich richtig gehört? „Michael? Du..."

„Ja, ich habe gesagt, was Du gehört hast. Aber ich muß zugeben, ich bin verletzt. Vertraust Du mir so wenig, daß Du denkst, ich würde nicht zu Dir halten?"

„Ich dachte nur, Du könntest es nicht machen..."

„Die Zeitlinie ist schon irreparabel verändert, dreimal. Wenn wir das dritte Mal nun machen, wird es nur Veränderungen in der Zukunft haben, da die Zeit verändert wurde, verändert wird und verändert werden wird. Ich brauche ein paar Tage, um Rücksprache mit meinen Leuten zu halten, es wäre mir sehr angenehm, wenn Du solange darüber schweigen könntest. Caitlin darfst Du einweihen, ob sie es ihrem Lehrling sagt, ist ihre Entscheidung."

„Ich bin Dir unendlich dankbar, Michael! Du wirst niemals eine Ahnung haben, wie dankbar ich Dir bin!"

„Ich werde Dich das nächste Mal daran erinnern, wenn Du mir vorwirfst, absolut keine Ahnung zu haben, wie man die Prätorianische Garde anführt, Neffe!"

„Es tut mir so leid!"

„Keine Ursache. Und jetzt geh zu Deinen Freunden, bevor sie noch mißtrauisch werden."

Xander überraschte seinen Onkel damit, daß er ihn kurz, aber herzlich, umarmte. „Bis bald."

„Ja, bis bald."

„Wir sind hier!"

„Hi!"

„Hi, wie gefällt es Euch?"

„Es ist einfach traumhaft! Ich freue mich schon jetzt darauf, daß ich in ein paar Monaten wiederkommen kann! Die fünf Tage sind viel zu wenig, um sich alles anzusehen! Ihr habt mir wirklich kein bißchen zuviel versprochen."

„Wie war es in der Klinik, Liebling? Geht es Dir gut? Haben die Ärzte Dir auch nicht weh getan? Ich hab mir so viele Sorgen um Dich gemacht."

„Es ist okay, Buffy. Die Ärzte haben mich von allen Seiten geröntgt, in den Computertomographen gesteckt, mir Blut abgenommen, mich abgeklopft, gewogen, mir in den Mund geguckt, zum Psychologen geschickt, wieder tomographiert, sind Simulationen mit mir durchgegangen, haben mir Spritzen gegeben, Tabletten gefüttert, und, und, und. Ich bin fast verrückt geworden, aber es geht mir gut!"

„Mein armer Spike! Es tut mir ja so leid, was Du alles durchmachen mußt! Aber nach der Operation wird wieder alles okay sein. Sogar Giles sagt, daß Du nirgendwo besser aufgehoben sein kannst, als in den Händen der Unions-Ärzte. Hast Du den Professor gefragt, ob ich Morgen mitkommen kann?"

„Das geht in Ordnung. Er sagte mir, daß Du die Operation sogar von einem Nebenraum aus beobachten darfst."

„Das werde ich machen. Dann bin ich ganz in Deiner Nähe."

„Du mußt Dir keine Sorgen um Spike machen, Buffy, ich kenne den Arzt, der ihn behandeln wird seit Jahrhunderten und er ist der beste Neurochirurg, den es gibt. Er ist sogar innerhalb der Neurochirurgie auf das Gehirn spezialisiert."

„Ich weiß, Caitlin, aber ich hab trotzdem Angst um Spike. Es kann so viel schiefgehen..."

„Es wird aber nichts schiefgehen. Morgen gehst Du mit zu dem Professor und dann wird er Dir alles ganz genau erklären."

„Warst Du die ganze Zeit bei Spike, Cat?"

„Nein, Willow, ich wurde rausgeschickt, als sie mit den Untersuchungen anfingen. Aber das ist kein Problem, weil der Professor perfekt englisch spricht. Und Spike hat inzwischen ja auch etwas Latein gelernt..."

„Xander, Du bist so ruhig, was hast Du gemacht?"

„Nichts aufregendes. Ich habe mich umgesehen, nachdem ich mich an der Akademie eingeschrieben und die Formalitäten erledigt hatte, habe mich mit ein paar Freunden in einer Bar getroffen... Ich bin nur ein wenig müde", log er.

„Dann ist es ja gut. Hast Du schon Pläne für die nächsten Tage?"

„Ja, die habe ich, Willow." Als er das enttäuschte Gesicht seiner Sandkastenfreundin sah, erklärte er, „ich werde an fünf Lehrgängen teilnehmen. Freitag und Samstag habe ich außerdem Termine bei der Prätorianergarde - ich werde meine Berichte durchgehen müssen - und meine Freizeit der restlichen Tage werde ich wohl auch bei den Prätorianern verbringen. Es gibt sehr viele administratorische Dinge zu erledigen, ich habe Termine bei einigen Vorgesetzten..."

„Das geht natürlich vor. Als ich mit Buffy an einem Magieladen vorbeikam, habe ich ein Plakat für einen siebentägigen Kursus gesehen. Genau dieser und ein paar Stunden in der Zentralbibliothek der Hüter fehlen mir noch, damit ich eine Abhandlung über Begegnungen mit Wesen aus parallel existierenden Dimensionen schreiben kann, die mir sehr wichtig ist. Caitlin, Du weißt doch, daß ich schon so lange damit dran bin..."

„Sprichst Du etwa vom Kurs 3733?"

„Ja, genau! Wenn du von ihm gehört hast, weißt Du bestimmt, was für ein Ereignis er ist und wann er stattfindet. Das ist nämlich mein Problem."

„Spikes behandelnder Professor erzählte mir davon. Seine Tochter hätte gerne teilgenommen, aber sie konnte den Qualifikationstest nicht bestehen. Er sagte, daß es noch Plätze gibt, weil kaum jemand den Anforderungen gewachsen ist."

„Ich möchte gerne den Qualifikationstest machen, aber dazu brauche ich Deine Erlaubnis. Und er dauert von Sonntag bis Samstag..."

„Das ist kein Problem. Ich werde Buffy und Spike am Dienstag zurückbringen müssen, aber Du kannst bleiben. Pete und Danny werden sich um Dich kümmern, ihre Lehrgänge dauern ebenfalls bis Samstag."

„Und das geht?"

„Klar! Wir müssen nur in eine kleinere Wohnung umziehen, das ist alles."

„Mein kleiner Bruder hat heute einen richtig intelligenten Tag, nicht wahr, mein Süßer?", flötete Pete und warf ihm einen Kuß zu.

Caitlin beobachtete mit einem gutmütigen Lächeln, wie ihre zwei Söhne eine spielerische Balgerei anfingen. Sie würde ewig dankbar dafür sein, daß sich ihre Sprößlinge so gut verstanden, hatten sie und Angel doch Sorgen gehabt, daß Danny als Mensch nicht akzeptiert werden würde.

Mit verträumtem Blick sah Buffy die zwei Männer an und flüsterte dann Willow zu, „wären sie nicht ein süßes Pärchen!"

Willow schmachtete gleichermaßen und meinte, „das sage ich ihnen immer, aber sie wollen einfach nicht zuhören!"

Schlagartig hellte sich Buffys Gesicht auf und sie zog ihre beste Freundin zur Toilette. „Du kannst doch einen Liebeszauber machen", wisperte sie verschwörerisch.

„Buffy, das ist eine GENIALE Idee! Oh..."

„Was ist?"

„Wenn Caitlin das rausfindet..."

„Dann mach doch nur einen kleinen Zauber, der vorhandene Anziehung verstärkt oder irgendwas in der Richtung - ich bin ja keine Hexe, ich weiß nicht, was es gibt - und verhexe sie, wenn Caitlin für ein paar Tage nicht da sein wird. Eh sie zurück ist, wird die magische Spur nachgelassen haben und sie kann sie nicht mehr erkennen."

„Genau, ich muß nur abwarten, bis Caitlin mal weg ist. Wenn sie zurückfährt, könnte ich es machen, aber wenn schon, dann will ich sie auch nicht stören."

„Und vielleicht solltest Du warten, bis beide Vampire sind."

„Danny ist ein Mann, Buffy, er kann nicht schwanger werden." Im nächsten Augenblick brachen beide in schallendes Gelächter aus.

Der nächste Tag brachte für Caitlin, Pete, Danny und Willow viel Arbeit, für Spike und Buffy Besuche im Krankenhaus. Die ganze Abteilung Medizin und die Sektion Naturwissenschaftliche Forschung war in einem großen Gebäude untergebracht, daß sich genau zwischen dem Flughafen und der Festungsmauer, die das Top Secret-Arsenal der Prätorianer und Hüter in der Mitte des Hauptquartiers, umgab. Obwohl es 29 Etagen und drei Flügel hatte, gehörte es nicht zu den großen Gebäuden. Nur Flügel drei war offen, im Rest befanden sich Forschungseinrichtungen der Mediziner und Wissenschaftler.

Der ganze „Stadtteil" gehörte den Akademikern. Direkt nebenan waren die Arbeitsplätze der Wissenschaftler verschiedenster Richtungen für Entwicklung, Forschung, Computersimulationen und Erforschung der Magie. Denn neben dem Waffenbauen und Papierkram erledigen praktizierte man in der Union manchmal auch Magie...

Buffy waren die Wolkenkratzer gleichgültig. Sie hatte nur die Operation ihres Freundes und die Risiken im Kopf, von denen ihr der Professor berichtet hatte. Nachdem sie die „Hexenküche" verlassen hatte - den Spitznamen hatte sich das Viertel mit der Erfindung von Waffen erarbeitet - kam sie an der gigantischen Akademie vorbei, in der in dem Moment ihre beste Freundin war. „Hm... Spike sagte, ich soll mich ablenken, ich könnte mich zu einem Kurs anmelden..", überlegte sie laut. Ohne zu ahnen, was sie sich antat, betrat Buffy den Campus. Die nächste Viertelstunde suchte sie vergeblich nach der Anmeldung. Die Schilder waren auf Latein...

„Oh, bin ich BLÖD!", schrie Buffy plötzlich und knallte ihre Stirn gegen die nächste Wand. Dabei fiel ihr der kleine Übersetzungscomputer, an den sie sich gerade erinnert hatte, aus der Handtasche. Wieder gut gelaunt, staubte sie ihn ab und suchte sich die Anmeldung. Vor der sie stand.

In der Einschreibungshalle hatte sie ein neues Problem. Es gab zwar Terminals, an denen man sich Kurse aussuchen und direkt dafür anmelden konnte, aber die verdammten Sprachprobleme... „Ich hätte wirklich Caitlin mitbringen sollen. Jetzt muß ich alles per Hand übersetzen und vielleicht finde ich gar keinen englischsprachigen Kursus!"

„Ich bin's, hi!"

„Hi Willow! Na, hat Dir der Vortrag gefallen?"

„SUPER! Und ich bin angenommen! Ich hab tatsächlich die Qualifikation bestanden. Als ich nach Hause kam und meine e-Mails checkte, hab ich die Aufnahmebestätigung für den Kurs gesehen hab, bin ich beinahe in Ohnmacht gefallen! Das ist so cool!"

„Ich freu mich ja soo für Dich Willow!"

"Danke. Sogar Michael ist einer der Redner! Es ist wirklich der beste Kursus des Jahres. Jetzt erzähl schon, wie war Dein Tag?"

„Och, ich habe Spike ins Krankenhaus gebracht, hab ne Weile mit dem Professor gesprochen und dann bin ich noch zur Akademie."

„Hä? Du hast Dich bei der Akademie eingeschrieben?"

„Nicht so, wie Du denkst. Nur für einen englischsprachigen Latein-Crash-Kurs diese Nacht und Morgen. Ich kann es nicht vertragen, wenn ich so abhängig von anderen Leuten bin."

„Ach so. Wenn Du keine Zeit hast, kannst Du es sagen, ja?"

„Danke, aber der Unterricht beginnt erst um halb 11. Da habe ich noch genug Zeit. Ich will vorher auch noch einmal Spike besuchen gehen. Übrigens wird die Operation Morgen Abend um zehn Uhr anfangen. Sie dauert mindestens vier Stunden, aber gerechnet wird mit sechs."

„Hey, mach Dir nicht so viel Sorgen, es wird gutgehen. Ein Restrisiko kann man nicht vermeiden, aber wenn er sich nicht vor Menschen verteidigen kann, lebt er viel gefährlicher. Ich werde mit Dir im Krankenhaus bleiben."

„Vielen Dank, Willow. Äh... wie geht es Xander?"

„Hab ihn noch nicht gesehen heute. Als ich aufstand, waren die Jungs schon zum Training und bis jetzt ist er nicht zurückgekehrt. Das ist aber nichts besonderes, die anderen sind auch noch weg. Die Kurse dauern oft bis in die Nacht..."

„Da klopft jemand an, ich muß Schluß machen. Wir sehen uns Morgen?"

„Ich bin um halb zehn im Krankenhaus, bye."

Buffy saß am Bett ihres Freundes und hielt seine Hand. „Spike, ich liebe Dich."

Der Vampir schaffte es, schief zu grinsen, aber er wußte selbst, daß es seine Jägerin nicht überzeugen würde. „Ich liebe Dich auch, Buffy."

„Miss Summers, bitte, ich muß Mister Spike jetzt auf die Operation vorbereiten."

„Ich bin sofort weg." Ein letzter Kuß, dann trottete sie zum Fahrstuhl. Sie wußte, was nun vor sich gehen würde, der Professor hatte es ihr erklärt. Zunächst würde Spike in das OP-Hemd wechseln, dann scherte ihm die Schwester die Haare. In dieser Minute lief der minutiöse Zeitplan an, der nach Meinung der Unions-Chirurgen die Hälfte ihres Erfolgs war. Die Ärzte und Schwestern aus Neurologie, Chirurgie, Neurochirurgie, Anästhesie, Pathologie, würden mit Magiern, Biologen und medizinischen Computerexperten - letztere beide hatten mit den Ergebnissen der Ärzte durch Computersimulationen die OP erst möglich gemacht - ein letztes Briefing abhalten. Wenn Spike von der Inneren zur OP-Etage gebracht wurde, würde er die Ärzte ihm Vorbereitungsraum treffen, danach ging es in den OP...

Auf der Operationsetage mußte Buffy durch mehrere Schleusen gehen, ehe sie eine große Wartehalle erreichte. Die blonde Jägerin war überrascht, zu sehen, daß die Angehörigen sich gelassen unterhielten, aßen und arbeiteten. Aber wie sollte es auch anders sein, bei Prätorianern? Obwohl ihr Magen knurrte, entschied sie sich dagegen, sich an der Imbiß-Bude etwas zu kaufen und ging in einen der 20 Warteräume, von denen man die Operationssäle beobachten konnte.

Um fünf Uhr lief Buffy immer noch unruhig die Wartehalle ab. Sie hatte es gegen drei nicht mehr ausgehalten, zuzusehen und seitdem versuchten Willow, Caitlin und Xander vergeblich, sie zu beruhigen. „Buffy, Du solltest Dich hinsetzen. Du erreichst doch nichts, wenn Du das bemitleidenswerte Parkett kaputtmachst."

Xander beobachtete, wie die Jägerin seine Freundin ignorierte. Er hatte versucht, seine Hausaufgaben für einen der Kurse zu machen und zu schlafen, aber bei Buffys Unruhe konnte er das nicht. Jetzt reichte es! Die ganze Haltung des jungen Prätorianers veränderte sich, während er sich vor sie stellte, er wechselte vom besorgten Freund zum Offizier. „Buffy, es reicht! Du wirst Dich jetzt sofort hinsetzen!", befahl er ruhig, aber bestimmt.

„Aber..." Ein Blick genügte und Buffy ließ tatsächlich den Kopf hängen und schlurfte bedrückt zu ihrem Stuhl.

Wenn eine Krankenschwester den Raum betrat, sahen alle Angehörigen sie hoffnungsvoll an. „Miss Buffy Summers!"

„Das bin ich!", sprang Buffy auf. „Wie geht es Spike?"

„Die Operation war erfolgreich. Wenn Sie möchten, können Sie jetzt zu Ihrem Lebensgefährten gehen. Er ist noch in Narkose, aber in den nächsten zwei bis drei Stunden sollte er aufwachen."

„Danke! Ich bin Spike, wartet nicht auf mich!", rief sie ihren Freunden nach. „Ist die Operation gut verlaufen, was ist mit dem Chip?"

„Der Professor konnte den Chip entfernen und wir konnten bisher keine bleibenden Schäden feststellen. Er wird sich jedoch einige Tage schonen müssen. Selbst für einen Vampir ist eine Gehirnoperation sehr belastend."

„Das macht nichts. Äh... wir haben nur eine Aufenthaltserlaubnis bis Dienstag, reicht das denn?"

„Das wird reichen, wenn Sie darauf achten, daß sich Mister Spike schont. Der Professor wird Ihnen heute Abend alles genau erklären, wenn er wieder in der Klinik ist." Ihr Pager klingelte und sie lächelte entschuldigend, „es tut mir leid, aber ich muß gehen. Mister Spike ist wieder in seinem Zimmer auf der Inneren."

Buffy atmete erleichtert auf, wenn sie das Zimmer ihres Freundes betrat und ihn in dem Einzelbett schlafen sah. Vampire atmeten nicht und hatten keinen Herzschlag, deshalb brauchte er nicht auf die Intensivstation. Wie alle, war es ein Einzelzimmer, eingerichtet wie im Hotel. Die Jägerin rückte sich einen Sessel ans Bett und hielt Wache.

Erst nach ein paar Minuten fiel Buffy die Blut-Infusion auf, die Spike bekam. Er mußte viel verloren haben und schwach sein... Ob das magisch erstellte Blut der Union jetzt stark genug war? Oder ob sie ihm Blutkonserven geben würden? Sie mußte nicht lange überlegen, bevor sie entschieden hatte, ihrem Freund ihr übernatürliches Jägerinnen-Blut zu füttern.

Für Montag bat Xander darum, daß sich die McKees und seine mitgereisten Freunde trafen. Weil Buffy darauf bestand, daß Spike dabeisein kann, machten sie ein gemeinsames Frühstück in der Dach-Cafeteria des Krankenhauses. Buffy und Spike wunderte nicht, daß Caitlin, Danny, Pete und Willow als Gruppe kamen - sie hangen immer zusammen - aber als Michael und Alessandro dazukamen, wurden sie mißtrauisch.

„Wird das hier ne Versammlung des Who is who der Union?"

„Nein, Miss Summers, aber das würden wir auch zu Ihren Ehren veranstalten", erwiderte Michael sarkastisch.

Buffy war drauf und dran, eine schlagkräftige Antwort loszulassen, als Xander an den Tisch trat.

„Michael, ich habe unsere... ähm... guten Freunde verabschiedet. Sie müssen jetzt zurückfliegen, ein Meeting, aber sie wünschen eine Konferenz-Schaltung von... den McKees nach diesem Gespräch."

„Du hast neue Freunde gefunden? Das ist toll, Xander! Nicht wahr, Willow?"

„Was? Oh, natürlich, das ist toll."

Die Jägerin runzelte verwirrt die Stirn. Alle an diesem Tisch außer Spike und ihr selbst, schienen zu wissen, was ablief... „Was verschweigt Ihr mir?"

„Nehmt es nicht persönlich, daß Ihr nicht Bescheid wißt, aber es liegt in der Natur der Dinge, daß die Unions-Mitglieder unter uns es zuerst erfahren haben und meine Familie ohnehin." Er machte dabei nicht den Eindruck, als würde ihn ihre Meinung interessieren. „Nach reiflicher Überlegung, vielen Gesprächen und der Klärung mit meinem Arbeitgeber möchte ich Euch informieren, daß ich am Freitag ins Jahr 1595 zurückkehre."

„WAS?!"

„Xander, wie kannst Du das nur tun? Wie kannst Du MIR das antun! Willow, sag Xander, daß ihm die Union das niemals erlauben wird!"

„Buffy, Du hast wohl nicht richtig zugehört. Die Union HAT es mir erlaubt und Willow wird an dem Rückführungsritual beteiligt sein."

„Aber Willow!"

„Buffy, ich bin über einige... Gegebenheiten informiert, die Du als Zivilistin noch nicht erfahren darfst und glaub mir, es ist das Beste, was wir tun können. Diese Entscheidung wurde getroffen, wird getroffen und wird getroffen werden", wiederholte sie, was Michael ihr ein paar Minuten vorher gesagt hatte. „Wir können uns nicht über den genauen Zeitpunkt sicher sein, aber wir wissen, daß es so sein soll. Einige haben die Bedingung gestellt, daß wir das Orakel zu Delphi und die Moiren befragen und sie alle stimmen zu."

„Was wird mit Xander geschehen, wenn er in der Vergangenheit zurück ist?"

„Ich werde mit meiner Familie nach Irland zurückkehren, dort, wo ich hingehöre und ich werde Athena ehelichen."

„Aber vielleicht will sie es doch gar nicht mehr!"

„Sie hat mich geheiratet, sie heiratet mich und sie wird mich heiraten", wiederholte Xander ihren Zeiten-Reim mit gerollten Augen.

„Na gut, jetzt fängst Du an, wie Angel oder Giles zu reden, da kann ich nicht gegen ankommen. Aber was wird aus Dir werden? Nachdem Du Athena geheiratet hast. Caitlin wird 1596 mit Colin in die Stadt ziehen, dann bist Du ganz alleine mit vielen Vampiren."

„Das ist nicht korrekt. Zum einen gibt es menschliche Bedienstete und zum anderen werde ich bis dann selber ein Vampir sein."

„Xander, Du bist ja von allen guten Geistern verlassen! Wie kannst Du das nur machen! Wie kannst Du nur wegen irgendeiner dahergelaufenen Vampirin Deine Seele aufgeben und Dein Leben, Deine Freunde, alles!", tobte Buffy.

„Das ist genug, Buffy! Beleidige noch ein einziges Mal meine Schwester und ich habe keine andere Wahl, als Dich zu töten. Und wenn Du noch ein einziges Mal meine Familie oder meine Söhne beleidigst, dann werde ich Deinen Tod sehr schmerzvoll machen. Du weißt ja, meine Liebe, ich habe von Meistern gelernt..."

„Spike!", beschwerte sich Buffy. Aber Ihr Freund war immer noch zu geschockt, um sie hören zu können. „Okay, ich hab mich vielleicht nicht gerade intelligent ausgedrückt, aber wieso sollte ich auch, wenn Du etwas SO dummes machst."

„Es ist richtig so. Ich habe es Dir mit Absicht erst jetzt gesagt, weil ich nicht zulassen kann, daß Du mich umstimmst. Dazu gibt es jetzt keine Chance mehr. Fliege beleidigt nach Hause oder nicht, es ist ganz allein Deine Entscheidung. So oder so, wir werden uns wieder gegenüberstehen in einigen Wochen. Von Vampir zu Jägerin, sozusagen..." Xander konnte sich die subtile Drohung einfach nicht verkneifen.

„Ich versteh es trotzdem nicht!"

„Du brauchst es auch nicht zu verstehen, weil es nicht Deine Entscheidung ist!"

„Entschuldigt mich jetzt bitte, manche Leute haben zu arbeiten...", versetzte Michael süffisant.

„Arbeit ist ein gutes Stichwort, Onkel. Ich werde mit in Dein Büro kommen. Wegen der Konferenzschaltung."

In Sekunden war der Tisch leer. Bis auf Buffy. Sie wußte, daß sie sich nicht fair verhalten hatte. Aber es fiel ihr einfach zu schwer, zu akzeptieren, daß einer ihrer besten, engsten und längsten Freunde freiwillig zum Vampir werden würde. Und sie nichts dagegen tun konnte.

Es wurde Dienstag, der Abflug von Spike und Buffy rückte immer näher und die Jägerin hatte sich immer noch nicht bei Xander entschuldigt. Weil sie nicht gut beim Entschuldigen war, wollte sie es in einem Brief machen. Den sie natürlich sofort schreiben würde, wenn sie wieder Zuhause war. Und für das College nachgelernt hatte, ihrer Mutter im Haushalt geholfen hatte, vielleicht zu ihrem 21. Geburtstag...

Xander konnte nicht verleugnen, daß Buffys Verhalten ihn verletzt hatte. Willow war auch nicht glücklich mit seiner Wahl gewesen, aber sie hatte eingesehen, daß es zum Wohle aller war und ihn unterstützt. Buffy hingegen mußte unbedingt ihren Kopf durchsetzen... Natürlich, er wußte, was ihr durch den Kopf ging, aber wenn sie nicht verstehen konnte, daß er sich verändert hatte, dann konnte er auch nichts machen.

Willow war mit ihrem Kursus voll ausgelastet und sah ihre Familie nur beim Herein- und Herausgehen. Eben weil sie so viel zu tun hatte, fand sie das gar nicht schlimm. Zudem konnte sie über das Lernen vergessen, was aus ihrem besten Freund werden würde.

Pete und Danny hingegen versuchten, soviel Zeit wie möglich mit Xander zu verbringen. Dem menschlichen Xander. Es war ironisch, in gewisser Weise. Bevor Xander in die Vergangenheit geriet, hatten sie ihn ignoriert und die Nase gerümpft, aber seitdem sahen sie in ihm nur noch ihren heißgeliebten Onkel und guten Freund. Und Xander war dankbar dafür, weil er sich einmal nicht rechtfertigen und verteidigen mußte.

Und die wenigen Tage bis zum Freitag vergingen wie im Flug... Freitag würde Xander zurückkehren, von einigen Hütern und Lehrlingen - von denen ihm die meisten schon zurück ins Jahr 2001 geholfen hatten - zurückgeschickt werden.

Xander hatte wieder seine rote Prätorianer-Toga, den goldenen Helm und die Sandalen angezogen, das Schwert, mit dem er in dem selben Raum erschienen war, baumelte an seiner Hüfte. Für ihn fühlte es sich an, als hätte er seine richtige Haut zurückbekommen.

Willow stand mit fünf anderen Magiern im mittleren Kreis um Xander herum und rezitierte Verse in einer geheimnisvollen, längst vergessenen Sprache. In der rechten Hand hielt sie eine Kerze, in der linken ein Gefäß mit Weihrauch. Die magischen Kreise vor und hinter ihnen würden sie davor schützen, aus Versehen in die Vergangenheit mitgenommen zu werden.

Der Mann im inneren Kreis spürte, wie seine Sinne von einem unsichtbaren Gift verschleiert wurden. Die Wirkung verstärkte sich immer schneller, bis er letztendlich das Bewußtsein verlor und sein schlaffer Körper auf den Boden fiel. Wenn er es gewollt hätte, hätte er für einige weitere Sekunden dagegen ankämpfen können, aber er wußte, daß es auf diese Weise richtig war.

Die Rezitierung wurde immer schneller, lauter und energischer, bis die sechs Stimmen einem Donnerhall glichen. Ein letztes Wort und dann war Xanders Körper ganz plötzlich verschwunden. Er löste sich nicht langsam einfach auf, nein, er verschwand einfach.

Und Willow brach weinend zusammen...

Reise in die Vergangenheit 7