Jun & Matt

Jun & Matt

by Schillok

„Dieser blöde Davis", fluchte Jun und schmiß ihr Schulzeug in die Wohnung. „Das hat er doch mit Absicht gemacht!" Gestern hatte Davis vergessen einzukaufen - und deswegen musste sie ihren Pyjamaabend ausfallen lassen. Dabei hatte sie sich schon die ganz Woche darauf gefreut. Und ihre Freundinnen auch.

Aber was das schlimmste war: nach dem Reinfall gestern wurde sie heute vom Kinoabend ihrer Clique ausgeschlossen. Das hieß, dass sie am heutigen Abend nichts zu tun hatte. Und noch dazu waren ihre Eltern bei einem Klassentreffen - dieser Abend musste einfach ausgenutzt werden!

Aber wie? Im Fernsehen kam nichts interessantes, allein ins Kino wollte sie auf keinen Fall und für Arbeiten zu Hause war der Abend viel zu schade. In diesem Moment fiel ihr Blick auf einen kleinen Zeitungsschnipsel, den sie sich eingerahmt in ihr Zimmer gestellt hatte. Darauf war ein Bild von Matt und seiner Musikgruppe. Sie könnte doch Matt anrufen...

Nervös nahm sie den Hörer ab und wählte seine Nummer. Das Telefon klingelte. Es klingelte noch mal. Dann hörte Jun ein Knacken - jemand hatte abgenommen.

„Hallo? Hier bei Ischida", meldete sich eine Stimme, die Jun inzwischen kannte. Es war T.K.

„Hier ist Jun. Kann ich bitte mit Matt sprechen?", erwiderte sie freundlich. T.K. meinte, dass er erst in einem Moment am Telefon sein würde.

„Warum geht er denn nicht ran?", überlegte Jun. „Wenn er nicht mit mir sprechen will, dann soll er es doch sagen." „Hier ist er.", sagte T.K. in diesem Moment und Jun konnte Matt's Stimme hören.

„Oh, hi Jun. Ich war gerade beschäftigt.", sagte Matt am Telefon.

„Ist nicht so schlimm. Ich will dann mal gleich zur Sache kommen.", antwortete Jun und nahm ihren Mut zusammen. Diesmal würde sie nicht kneifen, diesmal würde sie ihn fragen. Diesmal würde sie mit ihm ausgehen - wenn er wollte.

„Ja, worum geht es?", erwiderte Matt. Seine Stimme klang weder begeistert, noch klang sie interessiert. Sie klang abweisend, so als wäre ihm dieser Anruf lästig. Trotzdem wollte Jun es versuchen und ihn fragen. Vielleicht hatte sie sich ja geirrt.

„Weißt du, ich fände es echt toll... nein, ich würde mich freuen,... was ich wollte ist... und da wollte ich dich fragen... ob wir - das heißt, du und... ähh ich nicht heute - also erst heute abend, ob wir da nicht...", konnte Jun nur noch stammeln, da sie langsam der Mut verließ. Warum konnte Matt nicht freundlich mit ihr sprechen? Oder war er immer so?

„...sagen will, oder besser: wollte ist... wir beide... heute... könnten wir nicht.", redete sie weiter. Dabei hatte sie längst vergessen, was sie eigentlich sagen wollte. Am liebsten würde sie sofort auflegen und die ganze Idee einfach vergessen.

„Komm' endlich zur Sache!", unterbrach Matt ungeduldig und brachte damit Jun's Gedanken für einen Moment in die Realität zurück. Ja, sie würde ihn fragen!

„Wollen wir heute essen gehen. Nur wir beide. In ein Restaurant. Heute abend... ich meine, wenn du willst...", sagte sie und hoffte das Beste. Sie hatte alles gegeben. Jetzt lag es allein an Matt.

„ Weiß du was, ich lade dich sogar ein!", sagte Matt freundlich. Damit hatte Jun nun wirklich nicht gerechnet! Aber es war toll! Matt lud sie ein.

„Wirklich?", fragte sie ungläubig. Sie konnte es immer noch nicht glauben. Aber es war wirklich passiert. Matt hatte sie für heute Abend zum Essen eingeladen!

Matt hatte schon seit fünf Minuten aufgelegt, aber Jun hielt noch immer den Hörer in ihrer Hand. Sie war nicht in der Lage sich zu rühren. Sie saß einfach nur da und dachte nach.

„Warum hat er mich eingeladen?", überlegte Jun. Einerseits freute sie sich, ein Traum hatte sich erfüllt - sie hatte ein Rendezvous mit Matt. Aber irgendwie traute sie dem ganzen nicht. Matt hatte sich schon immer abweisend verhalten, wenn sie in seiner Nähe war. Auch wenn er sich sehr viel Mühe gab, diese Abweisung nicht zu zeigen.

„Vielleicht hat er einfach nur Angst vor Mädchen", hoffte Jun, obwohl sie sich das kaum vorstellen konnte. „Oder er musste mich erst kennenlernen."

Genau so musste es sein! Und wie könnte man sich besser kennenlernen, als beim Essen in einem Restaurant? Jun schöpfte neue Hoffnung.

„Was soll ich nur anziehen?", überlegte sie, nachdem alle Arbeiten im Haus erledigt waren. „Auf gar keinen Fall darf ich mich zu gut anziehen", entschied sie. „Aber es muss trotzdem toll aussehen. Schließlich will ich Matt ja gefallen."

Völlig aufgeregt kam sie am vereinbarten Treffpunkt im Park an - allerdings viel zu früh, eigentlich hätte sie noch 45 Minuten Zeit. Sie konnte es einfach nicht abwarten und war wahnsinnig aufgeregt.

Aber dieses Gefühl legte sich, nachdem sie 20 Minuten gewartet hatte. Inzwischen hatte sie sich schon oft genug überlegt, wie sie Matt begrüßen sollte. Ob sie es dann auch auf diese Weise machen würde, war ihr völlig unklar.

Weitere 20 Minuten später, also 5 Minuten bevor sie sich wirklich treffen wollten, kam die Unruhe zurück. Minute für Minute wurde es schlimmer. „Was, wenn er doch nicht kommt?", zweifelte Jun und Angst machte sich breit.

„Nein!", heulte Jun innerlich und schaute auf die Uhr. „Die Zeit ist vorbei. Ich habe es ja geahnt, er kommt wirklich nicht." Jun war am Rande der Verzweiflung. Sie hatte sich schon so sehr auf diesen Abend gefreut und jetzt tauchte Matt nicht auf!

Trotzdem wartete sie weiter. Sie würde sogar die ganze Nacht warten, solange bis Matt endlich auftauchen würde.

Zu ihrem Glück brauchte sie nicht so lange zu warten: schon zwei Minuten später tauchte Matt auf. Jun beobachte ihn nur aus den Augenwinkeln, den so ganz traute sie der Sache immer noch nicht. Zu viele Zufälle schienen eine Rolle zu spielen: nicht nur, dass sich Matt plötzlich mit ihr verabreden wollte. Ganz besonders beunruhigte sie, dass Davis nicht nach Hause gekommen war und bestimmt nach einer Möglichkeit suchte, sich für die Sache mit dem Haargel zu rächen. Obwohl er schon etwas spät war, schien sich Matt kein bißchen zu beeilen. Jun erkannte deutlich, wie er zögerte, obwohl er sie schon längst gesehen hatte.

„Hat er Angst, sich mit mir zu treffen", überlegte Jun „oder steckt noch mehr dahinter? Hey, jetzt bleibt er sogar stehen! Er will doch nicht etwa wieder gehen?"

Jun hatte richtig beobachtet: Matt hatte sich soeben umgedreht und wollte wieder verschwinden. „Juhu, MATT! Hier bin ich! Hier drüben, hinter dir.", schrie Jun.

Jetzt entschied sich vieles: entweder er würde einfach davonrennen - was Jun auf keinen Fall wollte, denn dann währe dieser Abend gelaufen. Oder er würde sich noch mal umdrehen und zu ihr kommen.

Matt kam tatsächlich auf sie zu! Zwar langsam, und mit einem Ausdruck von Unbehagen in seinem Gesicht, aber er kam!

„Da bist du ja! Ich hatte schon Angst, du würdest nicht mehr kommen.", jubelte Jun, stürmte auf Matt zu und umarmte ihn heftig. Matt fühlte sich eindeutig nicht wohl bei der Sache, dass spürte sie sofort. Ein kurzer Blick an Matt vorbei verriet ihr einen möglichen Grund: weit entfernt standen drei Personen, versteckt hinter ein paar Büschen. Aber trotzdem konnte Jun einen von ihnen erkennen: Davis!

„Jun, was meinst du mit 'nicht mehr'?", fragte Matt „Ich bin doch nur 3 Minuten zu spät gekommen." „Der hatte ja keine Ahnung. Aber es war sehr nett, dass er trotzdem noch gekommen ist", dachte Jun insgeheim.

„Weißt du, wie lange drei Minuten sind, wenn man auf jemanden wartet?", flüsterte Jun und fühlte sich erleichtert. Wenigstens sie wollte diesen Abend ihre Gefühle offen und ehrlich zeigen. Vielleicht würde dann auch Matt mutiger werden.

Oder aber er spielte ein falsches Spiel mit ihr - das würde sie schon herausfinden. Bis dahin wollte sie den Abend einfach nur genießen.

Das im Restaurant kein Tisch frei war, kam Jun wie gerufen, denn dadurch wurde ihr Abend mit Matt um eine halbe Stunde verlängert. Diesem schien diese unerwartete Änderung allerdings gar nicht zu passen - den Vorschlag in einen nahen Vergnügungspark zu gehen lehnte er strickt ab.

„Er scheint den Abend schon sehr genau geplant zu haben", dachte Jun. „Viel zu genau. Dann will ich deinen Plan noch mal durcheinanderbringen." Heimlich schaltete sie Davis's Handy an und schrieb eine Voice-SMS (eine SMS, die von der Telefongesellschaft vorgelesen wurde) an die Telefonnummer von Kari und Tai.

Dabei hatte sie sich was gedacht: Tai sollte vorbeikommen, und an Matt's Reaktion könnte sie sicher ablesen, wie ernst Matt es mit ihrem Rendezvous meinte. Außerdem wollte sie überprüfen, ob die Gerüchte über die beiden vielleicht doch stimmten...

Ab und zu schlug Jun vor, einige der Karussells auszuprobieren. Auch wenn Matt und sie schon viel zu alt dafür waren, könnte Matt wenigstens etwas freundlicher ablehnen.

Endlich hatte sie die Voice-Mail fertig eingetippt und schickte sie ab. „Die Wohnung von Kari und Tai liegt nur hundert Meter von hier entfernt, Tai wird sicher in einer Minute hier sein", dachte Jun zufrieden und kuschelte sich in Matt's Arm.

Auf einmal tauchte ein dunkler Schatten vor ihrem Gesicht auf. Bevor sie reagieren konnte spürte sie eine heftigen Schlag ins Gesicht, der sie sicher zu Boden gehauen hätte, wenn sie sich nicht so fest in Matt's Arm gelehnt hätte.

Völlig benommen torkelte sie zur nächsten Parkbank. „Autsch, wo kam nur dieser Ast her?", heulte sie halb vor Schrecken und halb vor Angst. Zu ihrer Freude lehnte sich Matt besorgt über sie und fragte: „Tut es sehr weh?"

Er sagte dies mit einer richtig lieben und ernsten Stimme. In diesem Moment zweifelte Jun nicht eine Sekunde, dass es seine freie Entscheidung war, sich mit ihr zu treffen. Aber die Ernüchterung folgte auf den Fuß. „Ich meine, solltest du nicht lieber nach Hause gehen?", fügte Matt hinzu. Das klang nicht so freundlich wie das vorherige, aber Jun glaubte, eine Spur von Sorge in seiner Stimme zu hören. Er hatte diese merkwürdige Art mit ihr zu reden, seine Stimmung schien ständig zu schwanken. Aber das war Jun egal, ganz im Gegenteil: das faszinierte sie sogar sehr an ihm!

„Sieh es dir doch selbst an!", schluchzte Jun und versuchte sich wieder zu beruhigen. Matt hatte Recht: sie konnte sich auf keinen Fall mit verweinten Gesicht im Restaurant blicken lassen. Ihm zuliebe würde sie sich zusammenreißen.

„Hallo Matt!", rief plötzlich eine bekannte Stimme. Jun erkannte Tai sofort - und blieb trotzdem still. Wie würde Matt reagieren?

„Tai, verdammt was machst du den hier?", fragte Matt nachdem er Tai's Grinsen bemerkt hatte. „Ich habe Gerüchte gehört, du würdest dich hier rumtreiben. Und da bin ich zufälligerweise vorbei gekommen.", erwiderte Tai ohne sein Mine zu verziehen.

Darauf reagierte Matt nicht - und Jun schöpfte neue Hoffnung. Auch wenn es offensichtlich war, dass sie und Matt ein Rendezvous hatten, versuchte Matt nicht dies herunterzuspielen. Er suchte nicht einmal nach einer Rechtfertigung. Ihm schien es nicht peinlich zu sein, dass er mit ihr unterwegs war. Das war ein sehr gutes Zeichen!

„Hey, dich kenne ich doch!", sagte Jun. „Bist du nicht einer von Davis's Freunden?" Das war eine ihrer Spezialitäten: sie spielte die Ahnungslose und stieß verdächtige Dinge an. Wenn sich Matt jetzt in Widersprüche verstrickte, dann würde sie merken das er es nicht ernst meinte.

„So ich bin hier, also was ist nun?", fragte Matt und für Jun hörte es sich ganz danach an, als wolle er Tai loswerden. „Er meint es wirklich ernst!", freute sich Jun insgeheim. „Er schickt ihn weg, damit wir unseren Abend verbringen können. Vielleicht hat er auch keine Ahnung, dass Davis hinter uns her ist?", dachte sie weiter und wartete auf Tai's Reaktion.

„Wie gesagt, es war alles Zufall", sagte Tai nachdem er über diese Antwort gründlich nachgedacht hatte. „Ich merke schon, ihr beiden kommt auch sehr gut ohne mich zurecht. Ich geh' dann mal.", fügte er hinzu und verschwand wieder. Matt reagierte nicht darauf, er versuchte nicht einmal Tai aufzuhalten.

„Wenn das kein gutes Zeichen ist!", überlegte Jun. „Und an den Gerüchten über die beiden scheint auch nichts wahr zu sein." Matt hatte diese Prüfung perfekt bestanden! Dem schönen Abend mit Matt stand nun nach Jun's Meinung nichts mehr im Weg.

Die nächsten zwanzig Minuten schmiegte sie sich besonders eng an Matt an. Nicht nur, weil sie stolz auf ihn war wie er die Sache mit Tai geregelt hatte. Sie hoffte auch, dass Matt etwas lockerer werden würde. Den ganzen Abend war er völlig verkrampft - auch er sollte diesen Abend genießen können. Vielleicht würde er sich ja entspannen, wenn er merkte wie gerne Jun mit ihm zusammen war.

Im Restaurant wurde es noch schlimmer: Matt saß da wie ein Besen, er hatte so etwas wie eine Aura des Unnahbaren um sich herum. „Ist das nur Nervosität?", überlegte Jun, der dieses Verhalten sofort aufgefallen war. „Oder hat er richtig Angst? Aber ich tue ihm doch nichts!"

Etwas anderes als Nervosität oder Angst konnte sie sich nicht vorstellen. Deswegen rückte sie wieder näher an Matt heran, und legte vorsichtig ihren Arm um seine Hüfte.

„Ist es nicht toll, dass wir hier sind?", fragte Jun schüchtern und hoffte, dass sich Matt endlich entspannen würde. Aber das tat er nicht. Er blieb unbeweglich sitzen und zog sogar seine Schultern nach oben. „Ja, echt toll", erwiderte Matt in einem Ton, den Jun einfach nicht einzuordnen vermochte.

„War das nun ernst gemeint?", überlegte sie sich. Trotzdem lehnte sie ihren Kopf gegen seine Schulter - oder zumindest gegen seinen Oberarm, denn die Schulter hatte er ja schon längst weit nach oben gezogen. „Sicher war es ernst gemeint", beruhigte sich Jun. „Wie sollte er es denn sonst gemeint haben?"

Ausgerechnet dann kam der Kellner! Sie hatte sich viel zu sehr mit Matt beschäftigt, deswegen hatte sie noch nicht gewählt. Und jetzt wo sie gedrängt wurde, schaffte sie es erst recht nicht!

Dreimal ging sie die Speisekarte durch - alles klang einfach köstlich. Sie wollte doch, dass es ein perfekter Abend wurde, und dazu gehörte auch das leckerste Essen.

Ein kurzer Blick über die Karte verriet ihr, dass bereits die Augen aller Gäste waren auf sie und Matt gerichtet waren. Und das es Matt peinlich war, dass sie sich nicht entscheiden konnte.

„Dann nehme ich das, was Matt auch will!", sagte sie spontan und wollte Matt damit erlösen. Allerdings fingen in diesem Moment die Gäste des Restaurants zu kichern an - und Matt lief vor Scham knallrot an. „Ich muss so tun, als währe nichts gewesen", überlegte Jun und versuchte so natürlich wie möglich zu bleiben. Diese Haltung wirkte: die anderen Gäste konzentrierten sich wieder auf andere Dinge und auch Matt fühlte sich etwas wohler.

So wohl, dass er sogar seine Schulter unten ließ als Jun ihren Kopf darauf legte.

Und trotzdem blieb er angespannt. Er bewegte sich fast überhaupt nicht, nur ab und zu strich er mit seinen Händen durch Jun's Haare. Das mochte sie sehr.

„Bitte sehr, ihr Essen.", unterbrach sie der Kellner und stellte die Teller auf den Tisch. „Lassen sie es sich schmecken!"

Das Essen schien Matt zu beruhigen, er setzte sich wieder in eine normale Haltung und fing an es sich schmecken zu lassen. „Na endlich", dachte Jun erleichtert. „Endlich ist er lockerer geworden." Zufrieden machte auch sie sich über ihr Essen her.

Mit einem Mal wurde Matt unruhig. Erstand auf und fing an zu Husten. „Matt was ist mit dir?", fragte Jun beunruhigt, aber anstatt zu antworten hustete er weiter. Es schien so, als bekäme er keine Luft mehr! „Er muss sich verschluckt haben!", dachte Jun entsetzt während Matt auf die Knie sank. „Matt!", schrie sie - sein Gesicht färbte sich schon bläulich.

Ohne viel nachzudenken stand auch sie auf, bückte sich und schlug dreimal mit ihrer Handfläche auf Matt's Rücken. Als Matt danach noch mal hustete, spukte er einen kleinen Knochen aus. „Das muss es gewesen sein!", dachte Jun und wickelte ihn vorsichtig in eine Serviette. Dann schaute sie nach Matt.

Dem ging es sofort wieder besser, fast so als währe nichts geschehen. Vorsichtig stützte sie Matt ab, während er sich wieder auf den Stuhl setzte. „Iß nicht so schnell, wir haben es nicht eilig", lächelte sie glücklich und Matt antwortete ihr mit einem dankbaren Kopfnicken.

„Macht es dir etwas aus, wenn ich kurz an die frische Luft gehe", fragte Matt nachdem er eine Weile keinen Bissen mehr gegessen hatte. Sicher war ihm die Sache peinlich und er müsste über das Nachdenken, was eben passiert war .Deswegen schüttelte Jun nur mit dem Kopf und tat so, als sei nichts gewesen. Erleichtert stand Matt auf und verschwand.

Aber es war etwas gewesen! Sie hatte ihren Matt gerettet! Sie glaubte, dass sie ihm am heutigen Abend richtig kennengelernt hatte. Und er war so süß! Genau ihr Typ.

Wer konnte schon von sich behaupten, dass er einem anderen Menschen das Leben gerettet hatte, der einem sehr viel bedeutete? Jun jetzt schon, und es war ein sehr angenehmes Gefühl. Eines der schönsten Gefühle, die sie jemals gehabt hatte. Jun war sich ganz sicher: sie hatte sich in Matt verliebt.

„Mit solchen Gedanken macht das Essen gleich noch mal soviel Spaß", stellte Jun erfreut fest und genoß ihren letzten Bissen. Matt war noch immer nicht zurückgekehrt.

„Wo bleibt er nur?", blickte sich Jun unsicher um. Im Restaurant schien er nicht zu sein. Verunsichert stand sie auf und blickte aus dem Restaurant heraus , aber da war er auch nicht. Jetzt wurde sie wirklich unruhig: nirgendwo war ihr Matt zu sehen. „Vielleicht ist er auf der Toilette!", fiel Jun ein, ging so schnell sie konnte zur Herrentoilette. Sie klopfte und rief seinen Namen, aber niemand antwortete. Völlig verunsichert und ängstlich kehrte sie an den Platz zurück.

„Wo bleibt er nur?", fragte sich Jun und war den Tränen nah. „Nicht das irgend etwas passiert ist! Ich muss es wissen!"

In ihrer Verzweiflung fing sie den Kellner auf seinem Rundgang durch das Restaurant ab. „Wissen sie... wo Matt ist?", fragte sie tapfer. „Du meinst, den Jungen der neben dir saß?", fragte der Kellner mitleidig.

„Genau denn", brachte Jun heraus, doch sie ahnte schon was der Kellner jetzt sagen würde. „Tut mir leid, aber der hat vor ein paar Minuten bezahlt und ist dann gegangen.", antwortet dieser und ging weiter. Jun war inzwischen schon vor die Tür gerannt!

Dort schrie sie so laut ihre Stimme noch konnte: „MATT! MATT! Wo bist du?" Mehr brachte sie nicht heraus, Tränen liefen ihr über die Wangen.

„Er ist einfach abgehauen!", flüsterte sie verzweifelt. „Einfach so." „Ich... ich hätte es wissen sollen", dachte Jun. „Er hat nur so getan... so getan, als ob... ob er...", schluchzte sie und rannte weinend los.

„Nur weg hier!", waren ihre Gedanken und sie rannte einfach geradeaus. Es war eine Flucht, egal wo sie hinrannte: überall war es besser als hier.

„Trotzdem war es eine schöne Zeit!", weinte Jun als sie endlich zu Hause angekommen war. Sie packte den kleinen Knochen aus, den sie als Andenken an den heutigen Abend behalten hatte und stellte ihn schweigend auf ihren Schreibtisch. „Der Abend war so schön", dachte Jun und betrachtete den Knochen durch ihre verweinten Augen. „Bis... bis er... Warum hat er das nur getan? Wieso?"

So sehr sie auch versuchte Matt zu verstehen - sie schaffte es nicht. Sie fand einfach keine Erklärung für sein Handeln. Außer der einen: „Er haßt mich", flüsterte sie weinend. „Er hat mich nie gemocht."