"I'm taking a ride with my best friend,
	I hope he never lets me down again,
	I know where he's taking me,
	Taking me where I wanna be,
	I'm taking a ride with my best friend.

	We're flying high,
	Watching the world pass us by,
	Never want to come down,
	Never want to put my feet back on the ground.

	See the starlight shining bright,
	Everything's alright tonight ..."

				 - Farmer Boys, 'Never Let Me Down Again'



	Wieder war Ken für einen Moment orentierungslos, blickte sich um, während die 
unregelmäßigen Atemzüge in seiner Lunge brannten. Den kalten Schweiß, der seine Stirn und 
seine Wangen bedeckte, konnte er bei jeder Bewegung fühlen. An seinem rechten Arm raschelte 
etwas, etwas ledriges, was sich merkwürdig lebendig anfühlte.

	Ken riß die Decke weg und rollte sich gleichzeitig zur anderen Seite weg - und knallte
mit dem Kopf voll gegen die Wand. Benommen sank er auf das Bett zurück, kurz bevor ihm ein 
Kissen ins Gesicht geschleudert wurde und von etwas weiter Links jemand in sein eigenes 
Kissen nuschelte.

	"Ken du Spinner, leg dich hin un' schlaf weiter, 's is' mitten inner Nacht..."

	Jetzt fiel es ihm wieder ein. Er war bei Davis, in Davis' Zimmer, um genau zu sein. 
Und er hatte anscheinend nur einen bösen Traum gehabt, wie er feststellte. Vorsichtig 
befühlte er dennoch seinen Brustkorb. Ja, es mußte ein Traum gewesen sein.

	Langsam nahm er das Kissen von seinem Gesicht und tastete seinen Kopf ab. Eine Beule 
hatte sich bereits gebildet, aber Blut floß keines. Erleichtert stütze er sich auf den 
Unterarmen ab, um einen Blick in das Zimmer zu werfen.

	"Aaaaaauuuuuuuaaaaa!" kam ein protestierendes Kreischen von unten. Erschrocken nahm 
Ken seinen Arm hoch und sah Leafmon, wie es schmollend auf das Blatt auf seinem Kopf schaute. 
Anscheinend hatte Ken sich aus Versehen auf besagtes Blatt gestützt.

	"Oh, tut mir leid." murmelte Ken mit einem Blick zu Davis. Er wollte ihn nicht noch 
einmal wecken. Davis konnte extrem ungemütlich werden, wenn er nicht ausgeschlafen war. 
Leafmon grummelte immer noch vor sich hin, Ken schnappte nur ein paar Wörter wie "als 
Stingmon" und "auf den Kopf setzen" auf. Er streckte sich und blickte zu Davis' Radiowecker.

	"Zehn Uhr." murmelte Ken. Normalerweise war er um diese Uhrzeit schon längst 
aufgestanden, wenn er am Vorabend nicht gerade ein Fußballspiel oder Ähnliches hatte. 
Vorsichtig nahm er Leafmon in beide Hände und stand leise auf, um den schnarchenden Davis, 
der DemiVeemon halb als Kopfkissen mißbrauchte, nicht zu wecken. Ebenso leise öffnete und 
schloß er die Tür hinter sich.

	"Ich hab' Hunger!" maulte Leafmon, als es von Kens Händen hüpfte und Richtung Küche 
davonsprang. Leafmon war morgens teilweise noch schlimmer als Davis, mußte Ken feststellen. 
Schulterzuckend machte er sich Richtung Bad auf, während aus der Küche das Rascheln von 
Papier und Tüten zu hören war. Anscheinend bediente Leafmon sich schon.

	Mit einer hochgezogenen Braue sah er in den Spiegel im Bad. Seine Haare, die 
normalerweise kraftlos an seinem Kopf klebten, widersagten im Moment jeglichen physikalischen 
Gesetzen. Sie standen in sämtliche Richtungen ab und für einen Augenblick sah Ken sich selbst 
als Kaiser im Spiegel. Aber diesen Gedanken schüttelte er schnell ab.

	Die Shorts und das T-Shirt, in denen er geschlafen hatte, waren immer noch feucht von 
seinem Schweiß, und so zog er sie kurzerhand aus und warf sie in den Wäschekorb. Wie er 
merkte, hatte Davis die Angewohnheit, den Wäschekorb jedesmal präzise zu verfehlen, immer 
noch nicht abgelegt.

	Manchmal fragte sich Ken, was seine Eltern zu Davis' Unordnung sagen würden. Zum 
Glück waren sowohl seine Eltern als auch Davis' für zwei Wochen verreist. Daß es Weihnachten 
war, schien sie wenig zu interessieren. Bei Kens Eltern war die Reise geschäftlicher Natur, 
und nicht zu vermeiden, das wußte Ken. Er mochte Weihnachten sowieso nicht, und irgendwie war 
er froh, mehr oder weniger allein zu sein.

	Über die Reise von Davis' Eltern wußte er herzlich wenig. Davis schien überglücklich, 
daß er zwei Wochen alleine war. So glücklich, daß er Ken eine halbe Stunde am Telefon davon 
erzählt hatte, was er alles tun wird, und daß es ja so schön ist, alleine zu sein.

	Zwei Minuten später fragte er, ob Ken nicht bei ihm schlafen wollte. Er wäre sonst so 
alleine.

	Ken, selbst mit Leafmon alleine, ließ sich von selbigem überreden, seinen Schlafsack 
und ein paar Klamotten zu packen und sich in den Zug zu setzen, um seinen Freund zu besuchen. 
Anfangs hatte Ken geplant, ein, vielleicht zwei Tage zu bleiben. Und nun war er bereits eine 
Woche hier.

	Mit Davis' Ordnung und seinen Essgewohnheiten stimmte er immer noch nicht überein, 
aber daran hatte er sich auch gewöhnt. Es war erstaunlich, daß sich ein Mensch von Essen, 
welches eigentlich keine Nährstoffe enthielt, ernähren konnte. Außerdem hatte Ken noch nie 
einen Menschen gesehen, der es schaffte, 5 Pakete Ramen in einen Topf zu kriegen und selbige 
dann auch noch innerhalb von 10 Minuten zu essen.

	(Anm. d. Autorin: Das mit den 5 Paketen Ramen in 10 Minuten essen habe ich mal 
geschafft, als ich aus dem Krankenhaus kam... ich hatte noch nie im Leben so einen Hunger. 
*g* Blödes zuckerfreies Krankenhaus-Essen!)

	Gähnend stieg Ken unter die Dusche. Langsam gewöhnte er sich daran, bis mittags zu 
schlafen. Seine Versuche, Davis vor 11 Uhr zu wecken, waren sowieso jedes Mal fehlgeschlagen, 
und jeden Morgen 3 Stunden vor dem Fernsehr zu hocken und zu warten, bis Davis endlich 
aufwachte, war ihm auch zu doof. Also paßte er sich einfach an.

	Schmunzelnd wusch er sich die Haare. Er wollte nicht wissen, wie die Küche aussah. 
Leafmon hatte womöglich in Ermangelung von Armen und Beinen sämtliche Pakete und Tüten in 
eine Ecke geschoben, damit es überhaupt an den Inhalt kam. Viel schlimmer als die Küche 
ohnehin schon aussah konnte sie jedoch nicht aussehen, dank Davis. Da hatte er gute Vorarbeit 
geleistet.

	Eine Weile später setzte sich Ken, der sich mittlerweile angezogen hatte, zu Leafmon 
an den Tisch. Das kleine Digimon hatte es irgendwie geschafft, mehrere Reisbällchen aus ihrer 
Tüte zu bekommen und auf dem Tisch zu plazieren und war nun fröhlich am Kauen. Ken strich 
sich durch seine nassen Haare und griff selbst nach einem der Reisbällchen.

	"Weischt du," begann Leafmon mit vollem Mund, "Wir schollten heute mal irgendwasch 
machen. Esch hat geschneit."

	"Oh?" erwiederte Ken, als er einen Blick in Richtung Fenster warf. Vor dem Fenster 
tanzten dicke, weiße Schneeflocken vorbei und Eisblumen hatten sich nahe des Fensterrahmens 
gebildet. Es mußte verdammt kalt draußen sein.

	"An was hattest du denn gedacht?" fragte Ken schließlich, nachdem er seinen Reisball 
aufgegessen hatte.

	"Hmm." Leafmon legte den Kopf schief, "Was macht man denn normalerweise mit Schnee?"

	Das war wirklich eine gute Frage für Ken, den Stubenhocker. "Äh. Schneebälle werfen? 
Schneemänner bauen?" sagte er schulterzuckend.

	"Schneemänner? Warum keine Schneefrauen?" wollte Leafmon wissen, als es auf Kens 
Schoß hüpfte, knapp am Tisch vorbei.

	"Das ist nur so ein Ausdruck. Schneemänner sind nicht wirklich männlich." sagte Ken, 
bevor die Küchentür aufgerissen wurde, ein hektisch guckender Davis den Beiden einen panischen 
Blick zuwarf und schneller als Ken auch nur irgendwas sagen konnte wieder im Bad verschwunden 
war.

	Der blauhaarige Junge antwortete Leafmon, bevor es seine Frage stellen konnte. "Er hat
gestern etwa ein halbes Kilo Salz an so ein merkwürdiges Fertiggericht getan, was ihm zu 
lasch war. Und danach mehrere Liter Wasser getrunken." Als er zu Ende gesprochen hatte, 
ertappte er sich beim Grinsen.

	"Ah." murmelte Leafmon, als es auf die Badezimmertür starrte. Menschen hatten 
teilweise wirklich merkwürdige Angewohnheiten.

	Mit einem kaum verständlichen "'nmorgen." trottete ein paar Sekunden später auch 
DemiVeemon in die Küche, kletterte auf einen Stuhl und dann auf den Tisch, plumpste auf 
seinen Allerwertesten und fing an, geistesabwesend auf einem Reisbällchen rumzukauen. 
Anscheinend kamen die Digimon wirklich nach ihren "Vorbildern" ... 

	Eifrig hüpfte Leafmon wieder auf den Tisch und zu DemiVeemon. "Was machen wir heute?" 
fiepste es.

	"Mhm." murrte DemiVeemon und nahm einen weiteren Bissen Reisbällchen.

	"Och. Du bist langweilig." schmollte Leafmon und hüpfte wieder zurück zu Ken, welcher 
aus dem Fenster sah, während er auch auf einem Reisball rumkaute. Leafmon sah für einen 
Augenblick zu ihm hoch, dann kam ihm die zündende Idee.

	"Ken, Ken!" rief es, "Ich weiß, was wir heute machen! Wir gehen einkaufen!"

	Der blauhaarige Junge verschluckte sich an seinem Reisbällchen. Nach einem Moment sah 
er Leafmon entgeistert mit tränenden Augen an, während er den Hustenreiz unterdrückte. "Bitte 
was?!" platzte es aus ihm heraus.

	"Einkaufen!" wiederholte Leafmon, "Das war letztes Mal soooo lustig!"

	Das 'soooo lustige' Einkaufen glich eigentlich mehr einer Katastrophe. Ken hatte sich 
dazu überreden lassen, mit Davis, Kari und Yolei einkaufen zu gehen. Die beiden Mädchen 
hatten nichts besseres zu tun, als zwei Stunden vor einem Schaufenster diverse Designer-
Klamotten zu bewundern, die sie sich eh nie hätten leisten können. Davis stürmte sofort ins 
nächste Comicgeschäft und kam eine weile Später mit einem riesigen Comicstapel zurück und Ken 
versuchte eine halbe Stunde lang einem italienischen Touristen zu erklären, wo die nächste 
Bushaltestelle war.

	Nachdem Yolei und Kari eine weitere halbe Stunde vor dem nächsten Schaufenster, was 
zwei Meter weiter war, verbracht hatten und Davis sich eine saftige Ohrfeige von einer Frau 
eingefangen hatte, als er ein Comic fallen ließ und sich bückte, um es aufzuheben und dabei 
versehentlich mit dem Kopf unter den Rock der Dame geraten war, 'beschloss' die Gruppe, in 
das nächste Schnellrestaurant zu gehen. Wobei beschließen sich auf ein "Ich hab' Hunger." 
von Davis beschränkte.

	Davis, dem natürlich erst NACH dem Verdrücken einer doppelten Portion Sushi auffiel, 
daß er gar kein Geld hatte (und Ken bezahlen durfte), bot selbigem an, ihn als Entschädigung 
nach Hause zu bringen. Das Einkaufszentrum, welches für Ken jetzt ein Synonym für "Horror" 
war, lag nicht weit von Kens Zuhause, und so willigte er ein.

	Hätte er gewußt, daß Davis unterwegs noch bei drei verschiedenen Schnellimbissen 
anhalten würde und sich etwas als "Wegzehrung" mitnehmen würde, hätte er sicherlich eine 
Ausrede parat gehabt. So schob er Davis' Fahrrad den gesamten Weg, während Davis sich mit 
Nudeln, Hühnerfleisch und anderen Sachen vergnügte.

	Ken sah zu Leafmon. "Ich glaube nicht, daß Einkaufen eine so gut--"

	"Ja! Einkaufen!" rief Davis, der in diesem Moment die Badezimmertür öffnete und nur 
in Shorts dastand. "Das ist eine wunderbare Idee, Ken!" Mit einem breiten Grinsen marschierte 
der rothaarige Junge zum Kühlschrank und holte mehrere Pakete herraus.

	"Äh." begann Ken, schüttelte dann aber innerlich den Kopf. Es hatte keinen Zweck, 
Davis etwas auszureden, was er schon beschlossen hatte.

	"Ich habe sowieso die neueste Ausgabe der ganzen Comics noch nicht." sagte Davis, als 
er die Pakete, die er eben aus dem Kühlschrank geholt hatte, aufriß und deren Inhalt in eine 
Pfanne schüttete. "Außerdem ist fast Weihnachten, und da bekommt man immer was umsonst."

	"Ja, aber--" warf Ken ein, wurde jedoch unterbrochen.

	"Außerdem können wir ja in 'ne Arkade-Halle gehen." stellte Davis fest, "Ich habe 
seit Jahren kein Donkey Kong mehr gespielt."

	Ken verzog den Mund. "Muß das sein?" fragte er, "Die Spiele da sind sowieso alle 
schlecht programmiert."

	Mit einem breiten Grinsen drehte Davis sich um. "Sei doch nicht so ein Muffel!" sagte 
er, bevor er sich einen Kochlöffel mit undefinierbarem Zeug in den Mund schob. "Dasch wird 
gansch beschtümmt luschtisch."

	Resignierend seufzte Ken. Es hatte wirklich keinen Zweck, gegen diese Jungen 
anzureden. Wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, war er nicht so schnell vom 
Gegenteil zu überzeugen. Er nahm sich noch einen Reisball und ging zurück in Davis' Zimmer, 
um sich warme Klamotten rauszusuchen.

	Es würde sicher ein langer Tag werden.