Kira war todmüde, ihr Vater hatte darauf bestanden, sie zu begleiten, denn einerseits war er unglaublich stolz auf seine Tochter, andererseits wollte er auch absolute Gewissheit haben, daß sie sicher in der Schule ankam. Er ritt auf seinem stämmigen Pferd neben der Kutsche her. Kira starrte aus der schmalen Fensteröffnung der Kutsche. Da endlose Rütteln der zweitägigen Reise hatten sie zermürbt, sie wollte nur noch eines - ankommen, egal wo, nur aus dieser stickigen Kiste heraus.

Endlich hielt das unbequeme Gefährt und Kira konnte einen ersten Blick auf ihre künftige Bleibe erhaschen. Sie erkannte viele kleine Gebäude, die über das Gelände verstreut waren und einige etwas größere mit Pagodendächern.

Es waren schon einige Schüler angekommen, die wüst durcheinanderschnatternd in der Gegend herumliefen. Viel schien man hier nicht von Disziplin zu halten, dachte Kira naserümpfend.

Ihr Vater öffnete ihr persönlich die Kutschentür und sie stieg langsam aus. Er hielt ihr den Arm hin und sie drückte seine Hand. "Ich reite jetzt wieder, meine Tochter. Mache die Ahnen stolz. Kira verneigte sich wortlos. Erst hatte alles so lange gedauert und nun ging es so schnell. Gishin stieg wieder auf sein Pferd und stob in einer Staubwolke davon. Beklommen sah Kira ihm nach. Sie fühlte sich schrecklich allein.

"Kira Nishimura?" Eine Japanerin war an Kiras Seite getreten. Sie trug einen eleganten Kimono, ihre Haare waren traditionell hochgesteckt und ihre durchdringenden Augen musterten nun Kira. In ihrer Hand hielt sie ein Pergament auf dem sie ankommende Schüler abhakte.

"Ja, Sensei!" antwortete Kira höflich und musterte die mutmaßliche Lehrmeisterin eingehend. Ihr Herz klopfte etwas schneller vor Aufregung und nur zu deutlich war sie sich ihrer nicht sonderlich tadellosen Sauberkeit ihrer Reisekleidung bewusst. Sie sehnte sich nach einem heißen Bad und frischen Kleidern. Dann würde sie wirklich bereit sein, sich dem vielen Neuen zu stellen, das auf sie zukommen würde.

Sittsam senkte sie den Blick wieder und war gespannt auf das Kommende.

Die Japanerin nickte. Sie legte viel Wert auf den ersten Eindruck und scheinbar hatte dieses Mädchen wenigstens Manieren, obwohl es scheinbar nicht viel wert auf Sauberkeit legte. Vielleicht kam das auch nur vom langen Reisen. "Willkommen, ich bin Sensei Funakoshi. Ich werde sie in Kalligraphie und Verwandlung unterrichten. Takani Nishimura, melden sie sich dort hinten bei den anderen Erstklässlern. Dort werden sie alles weitere erfahren." Die Lehrerin zeigte auf eine kleinere Gruppe etwas abseits von den anderen. Bevor sie sich dem nächsten Neuankömmling zuwandte, fügte sie noch in spitzem Ton Kira hinzu. "Waschen sie sich, bevor sie das Schulhaus betreten! Die Duschräume befinden sich dort!" Sie zeigte auf ein kleineres Gebäude und ließ Kira dann alleine stehen.

Kira ärgerte sich über die letzte Bemerkung der Lehrerin. "Ja, Sensei!" sagte sie, doch es klang leicht gereizt. Wie würde diese Frau denn aussehen, wen sie in einer Kiste quer durch Japan gereist war. Kira zog ihren Zauberstab und kommandierte eine kleine Tasche zu sich, in der sich frische Kleidung und einige Toilettenartikel befanden. Dann stapfte sie zu den Waschräumen. Hoffentlich waren hier nicht alle Lehrer so dämlich. Diese Bemerkung hätte sich diese Funakoshi auch sparen können.

Sie riss die Tür auf und ihre Augen mussten sich nach dem gleißenden Sonnenlicht auf dem Vorplatz erst an die schattige Dämmerung im Haus gewöhnen.

Ein Geräusch in einer Ecke machte sie auf eine zusammengekauerte Gestalt aufmerksam. Auch das noch! dachte Kira und beschloß, das Wesen zu ignorieren. Sie stellte die Tasche ab und kramte heraus, was sie benötigte. Dann schaute sie doch wieder zu der zusammengekauerten Gestalt hinüber, während sie aus ihrem Obergewand schlüpfte und mit raschen Bewegungen ihre Haare aufzwirbelte.

"Was ist los mit dir?" fragte sie quer durch den Raum.

"Was?" Das kleine Mädchen sah Kira erschrocken an. Schnell wischte sie sich die Tränen weg. "Nichts... alles in Ordnung..." meinte sie schnell und stand auf um sich das Gesicht mit kaltem Wasser zu waschen.

"Hm!" kam es nur von Kira, die nun die Schlaufen ihres Untergewandes löste und rasch unter einen Wasserstrahl schlüpfte. Er war herrlich, sich vorstellen, wie diese ganze Reise von ihr abgewaschen wurde. Doch sie vergaß nicht, daß sie noch etwas zu tun hatte. Bedauernd wickelte sie sich in eines der großen weichen Handtücher und fragte sich im stillen, ob es an dieser Schule eigentlich kein Personal gab. Ihre schwarzen Augen ruhten auf dem kleinen Mädchen. "Was schaust du so?" fragte Kira ungehalten.

Das Mädchen blickte schnell auf den Boden. "Nichts... es tut mir leid... ich wollte dich nicht ärgern..." Schnell ging sie an Kira vorbei und eilte nach draußen.

Kira grinste höhnisch, trocknete sich ab und schlüpfte in saubere Kleider. Dann bürstete sie sich die Haare, band sie zu ordentlichen Zöpfen und verstaute ihre Sachen wieder in der Tasche. Das Badetuch legte sie in einen Korb in der Ecke.. Dann lief sie rasch über den Hof zu den anderen Erstklässlern.

Sie musterte die anderen Schüler, ein paar kannte sie flüchtig durch ihren Vater. Die anderen würdigte sie kaum eines Blickes.

Die Gruppe von Schülern war sauber getrennt. Die Mädchen standen auf der einen Seite, ihre Blicke meist auf den Boden gerichtet und nur leise miteinander sprechend. Die Jungen unterhielten sich, lachten und machten Späße. Zum Teil auch über die Mädchen, die ihrer Ansicht nach, nie eine gute Frau abgeben würden. Ein vollschlanker Junge hat sich besonders hervor. Er gehörte einer angesehen Familie an und das teilte er auch jedem mit. Als er Kira erblickte, grinste er und lehnte sich weiter zu den anderen hinüber. "Seht euch mal diese Bohnenstange an. Sie ist größer als manche Jungen... das ist eine Ausgeburt... Frauen haben sich unterzuordnen, sie sollen ihren Männern nicht über den Kopf wachsen! Mit der hat man bestimmt nur Ärger!"

Kira dachte nicht daran, den Blick zu senken. Sie fasste den Jungen genau ins Auge und fixierte ihn stechend. Nichts weiter, sie starrte ihn einfach nur an, dann lächelte sie messerdünn und legte den Kopf leicht schräg. Hideo Zugaya, aus der Familie Zugaya. Altes Blut, durch Inzucht hochgebracht und nun litten viele Mitglieder der Familie unter Erbkrankheiten und Gehirnerweichung. Die Familie des Jungen war im Niedergang begriffen und er konnte froh sein, wenn er später mal überhaupt eine Familie fand, die ihm eine ihrer Töchter zur Frau gab.

Hideo starrte eine Weile zurück, fast etwas schockiert von dieser Dreistigkeit. Dann nahm er sein Kinn noch etwas höher und meinte scharf. "Mädchen!" Mehr sagt er nicht. doch mit diesem einem Wort drängte er sie mit Gewalt zurück in ihre Rolle, die sie in dieser Gesellschaft spielen sollte. Hideo drehte sich wieder zu seinen Freunden. Für ihn war die Sache gegessen. "Ihre Eltern haben ihr keine Manieren beigebracht... und seht euch dieses Lächeln an... sie hat etwas von einer Verrückten."

Doch Kira trieb es noch weiter und lachte leise. "Unverkennbar, ein Zugaya. Zu erkennen an äußerster Hässlichkeit und überschäumender Ignoranz" Gelassen reihte sie sich nun in die Gruppe der Mädchen ein und schenkte Hideo keine weitere Beachtung. Sie zupfte einen winzigen Fussel von ihrem dunkelblauen Seidenkimono und tat, als wäre das, was sie eben gesagt und getan hatte, das natürlichste der Welt. Die Mädchen um sie herum starrten sie fassungslos an.

Hideo erstarrte für einen Moment und trat dann mit großen Schritten, was bei seiner Figur sehr beachtlich war, zu Kira. Er sah ihr direkt in die Augen. "Beleidige NIE mein Haus! Du dummes Frauenzimmer!" Er musste sich zügeln, um ihr nicht eine Ohrfeige zu verpassen. Wären sie jetzt alleine gewesen... So durfte niemand von seinem Haus reden und schon gar nicht dieses Mädchen! Er trat einen Schritt zurück und betrachtete Kira abschätzend. "Tz! Du bist es nicht wert, dass ich wegen dir Ärger bekomme! Schließlich will ich meinem Haus Ehre bringen, was du ja anscheinend nicht vorhast... was würde dein Vater sagen, wenn er sehen könnte, wie du ihn so offensichtlich und mit vollster Absicht beschämst?" Er schüttelte mitleidig den Kopf und verschränkte die Arme.

Demonstrativ blickte Kira von ihrer Höhe auf ihn hinab und taxierte ihn erneut. "Nun, daß Manieren in der Familie Zugaya nunmehr auch nichts gelten ist mir neu, mein Vater sprach in diesem Punkte eigentlich immer sehr positiv, doch für meine Zeit gelten dann offensichtlich andere Maßstäbe, wie gut, daß ich mich darauf einstellen kann, obwohl ich nicht glaube, daß sich die Familie Nishimura oft mit einem sterbenden Geschlecht auseinandersetzen wird, das Problem löst sich ja von allein!" Sie wußte genau, wie sehr sie den Jungen reizte, doch sie wollte einfach nur, daß er die Mädchen in Ruhe ließ. Mit einem unwilligen Ruck ihres Kopfes schleuderte sie einen ihrer Zöpfe über die Schulter zurück. Aus dem Augenwinkel warf sie einen Blick zum Eingang der Schule, ob sich schon ein Sensei blicken ließ.

Hideo ballte seine Hände zu Fäusten. Diese Mädchen machte ihn wirklich fertig. Soviel Unverschämtheit hatte er noch nie erlebt. Sie schaffte es tatsächlich, dass er sprachlos war. Mit einem gezischten. "Geh mir ja aus den Augen! Sonst vergesse ich mich noch komplett!" Schritt er zu den anderen Jungen zurück.

"Tut mir leid, ich muß hier bleiben!" lächelte sie, noch immer voller Freundlichkeit und schaute nun wirklich nach vorne zur Tür, die sich gerade öffnete. Ein verhutzelter kleiner Mann trat hinaus. Alles an ihm schien verschrumpelt zu sein, selbst sein Kimono war unglaublich zerknittert. Er zog ein nicht minder zerknautschtes Pergament aus dem Ärmel, starrte darauf, ließ es wieder verschwinden und starrte die Schüler mit unglaublich blauen Augen an. Dann begann er zu reden, irgendwie klang selbst seine Stimme zerknittert. "Ihr seid hier, um in die kleinen und großen Geheimnisse der Magie eingeweiht zu werden. Wenn ihr Euch Mühe gebt, könnt ihr viel lernen und euren Familien Ehre machen, wenn nicht, dann trollt ihr Euch lieber gleich, anstatt meine und eure Zeit zu verschwenden." Stille trat für einen Moment ein, bis der verhutzelte Mann fortfuhr: "Ich bin Shihan Nakayama und heiße euch willkommen! Nun schert euch aus der Sonne und kommt ins Haus!" Seine Miene war etwas freundlicher geworden, als die beiden Schülerreihen brav an ihm vorüberzockelten. Er stand in der Mitte und musterte jeden kurz, aber eindringlich mit seinen für einen Japaner so bizarr anmutenden Augen. Die Schüler betraten einen langgestreckten Raum, in dem drei Tische standen. Einer für die Jungen, einer für die Mädchen und einer für die Lehrer. Die neuen Schüler saßen der Tür am nächsten und rückten mit jedem Jahrgang dichter zum Lehrertisch auf. Die älteren Schüler saßen schon an den Tischen und sprangen beim, Anblick des Shihan hastig auf.

Auf einen Wink sanken die Schüler wieder auf ihre Kissen und die Erstklässler verteilten sich auf die Tische. Auf jedem Platz lag eine kleine Pergamentrolle, die den Kursplan enthielt. "Die Erstklässler tragen sich in die herumgehenden Kurslisten ein!" beschied Nakayama noch, bevor er zum Lehrertisch stapfte und dort seinen Platz einnahm.

Kira ließ sich am Mädchentisch nieder und musterte ihre Mitschülerinnen, die ihr zum Teil immer noch seltsame Blicke zuwarfen. Achselzuckend schmökerte sie sich durch die kleine Pergamentrolle.

Ein Mädchen mit langem schmalem Gesicht, war die einzige, die bewundernd ansah. Sie lehnte sich leicht zu ihr hinüber und flüsterte fast unhörbar. "Ich fand es mutig von dir, Hideo so vor den Kopf zu stoßen... die anderen fanden es eher unsittlich... aber das ist mir egal. Ich fand es wirklich bewundernswert!" Sie nickte ihr anerkennend zu und lächelte schüchtern, während sie Kira ihre Hand hinstreckte. "Ich bin übrigens Akiko Miyagi..."

Zögernd ergriff Kira die Hand und stellte sich ebenfalls vor. "Ich mag es nur nicht, wenn Leute mit sterbendem Ruhm angeben. Außerdem verstieß er ja zuerst gegen die guten Sitten, es ist Zeit, daß er die Meinung gesagt bekam!" nun grinste sie.

Akiko lachte leise. "Du hast recht, bevor du gekommen bist, hat er uns ziemlich niedergemacht..." Man sah ihr an, dass sie scheinbar auch die eine oder andere unschöne Bemerkung über sich ergehen lassen müssen. "Weißt du schon, welche Kurse du wählen wirst? Ich bin noch etwas unentschlossen..." Sie studierte den Kursplan eingehend.

"Nun, ich werde der Familientradition folgen!" bemerkte Kira. Die Nishimuras waren als Schwarzmagier bekannt. Sie strich über die Schriftzeichen. "Die Kurse in den dunklen Künsten harmonieren zeitlich gut!" sagte sie, "Obwohl mich ehrlich gesagt aber auch Schriftkunde sehr reizt, aber das fällt mit "Fluchforschung" zusammen und das will ich nicht versäumen!"

Akiko überlegte kurz, dann meinte sie grinsend. "Du hast recht. Die dunklen Künste sind wirklich sehr reizvoll! Und wenn du möchtest, geh ich in Schriftkunde und kann dir hinterher meine Aufzeichnungen darüber geben... und du lehrst mich den Stoff in Fluchforschung!"

"Das ist ein guter Vorschlag!" nickte Kira angetan von Akiko. "Ich will hier soviel an Wissen wie möglich herausschlagen!" abfällig musterte sie die anderen Mädchen.

Akiko lächelte glücklich. Sie konnte Kira einen Gefallen tun! "Wenn das jemand schafft, dann bist es du... du hast einen starken Willen und ich bin mir sicher, du erreichst alles, was du dir wünscht!" meinte sie mit strahlenden Augen.

Innerlich stutzte Kira. Dieses Mädchen war noch auf etwas anderes aus! Sie beschloß, auf der Hut zu bleiben und ihr nicht zuviel Einblick in ihre Gedankenwelt zu geben.

Die Kursliste war bis zu den beiden durchgekommen. Akiko reichte sie zuerst Kira, bevor sie sich selber eintrug. Akiko belegte die selben Kurse wie Kira, mit einer Ausnahme: Schriftkunde.

Mittlerweile war das Essen auf den Tischen erschienen und Kira widmete sich Suppe und Sushi. Sie war gespannt auf den Unterricht. Was würden sie ihnen so alles beibringen? Insgeheim hoffte sie aber nach wie vor, daß man sie an die Akademie holen würde.

"Weißt du," sagte sie leise zu Akiko, "Ich möchte nicht meine gesamte Schulzeit hier verbringen!"

Diese sah sie erstaunt an. "Wo willst du denn hin?"

"Auf die schwarzmagische Akademie! Ich bin bereits vorgemerkt!" Das stimmte zwar nicht, aber sie wollte sehen, wie Akiko darauf reagierte.

Ihre Augen weiteten sich vor Erstaunen. "Das ist ja toll!" meinte sie begeistert. "Die nehmen doch nur etwa 10-15 Schüler auf, oder? Wahnsinn... ich meine... wow, das ist echt klasse!!"

"Ja, da kann man wirklich etwas lernen! Es soll sehr hart sein, aber das macht mir nichts aus!" kam es überheblich von Kira.

"Wenn es jemand schafft, den Anforderungen gerecht zu werden dann du!!" Akiko war Feuer und Flamme von dieser Nachricht. Sie wusste zwar noch nicht, wie viel Kira konnte, doch nachdem sie sogar schon vorgemerkt war, bei der Akademie, da musste sie einfach gut sein!

Kira nickte leicht vor sich hin und angelte sich noch ein Sushi mit Thunfisch, das sie nachdenklich verspeiste. "Was hast du für Ziele?" fragte sie dann.

Akiko zögerte kurz, dann sprach sie voller Überzeugung, aber auch etwas schüchtern. "Ich wollte schon immer an etwas großem Teilhaben... ich weiß, das klingt albern... aber es ist so..."

"An etwas großem?" hakte Kira sofort nach. "Was meinst du damit?"

Akiko lächelte leicht. "Ich weiß es nicht genau... an etwas Großem, was die Welt verändern könnte und wird! Etwas, über das noch viel gesprochen werden wird... ich habe das Gefühl schon seid ich denken kann, dass ich eines Tages Teil von etwas Großem sein werde." Akiko schüttelte den Kopf. "Es ist wirklich albern, tut mir leid, dass ich dich damit belästigt habe..."

"Hmmm, ich denke, es ist ein verständliches Bestreben, obwohl die meisten Menschen nicht nur Teil etwas Großen sein wollen, sondern lieber selbst etwas großes sind!" warf Kira gedankenvoll ein. sie musterte Akiko genau und studierte die Regungen ihres Gesichts.

"Nein!" meinte Akiko ernst. "Das könnte ich nicht... dafür habe ich gar nicht die Möglichkeit selbst etwas großes zu werden... ich will nur ein Teil davon sein." Aus Akikos Gesicht sprach Ehrlichkeit.

"Hmm!" Sie beließ es dabei. "Schau mal, da werden wohl die Schülerhäuser verteilt!" Kira sah zu dem Sensei, der kleine Zettelchen mit Nummern verteilte. Kira zog die Nummer 4. "Was bedeutet das jetzt?" erkundigte sie sich. "Das ist das Haus, indem du mit drei anderen Mädchen wohnen wirst!" kam die Erklärung. "Deine Sachen sind schon dort, Takani!"

Akiko zog nun ebenfalls einen Zettel. einen Moment zögerte sie, bevor sie darauf sah. "Ich bin auch in Nummer 4!!" Sie strahlte übers ganze Gesicht. "Wir werden zusammen wohnen!"

"Das ist gut!" Kira strahlte nun auch. "Hm, ob wir schon gehen können? Ich will mich unbedingt umsehen!" In diesem Augenblick erhoben sich die älteren Schüler und begannen, sich über das Gelände und in die Schülerhäuschen zu verstreuen.

Pro Jahrgag kamen immer etwa 16 neue Schüler an die Schule, in der Regel acht Jungen und acht Mädchen, so dass die Verteilung meist sehr einfach war, wenn die Lernenden ihre Häuschen zugewiesen bekamen.

Mit einem Wink bedeutete Kira Akiko ihr zu folgen, und die Mädchen traten wieder in den Sonnenschein hinaus. Es war Nachmittag und die Sonne war sehr kräftig. Zuerst inspizierten die Mädchen ihre Unterkunft, dann schlenderten sie etwas durch den Garten und beobachteten die anderen Schüler.

"Die Widerspenstige hat jetzt wohl eine Freundin! Erstaunlich, wirklich erstaunlich, wenn man von deinem Charakter ausgeht!" Hideo trat mit verschränkten Armen und hoch erhobenen Hauptes auf den kleinen Kiesweg.

"Du schon wieder! Hast du keine andere Beschäftigung, als den Mädchen nachzustellen?" konterte Kira prompt.

"Tz! Als wenn ich dir nachstellen würde! Dazu bist du zu unwichtig!" Hideo grinste hämisch. "Ich war vor euch da, ihr seid mir über den Weg gelaufen und nicht andersherum!"

Akiko trat einen kleinen Schritt zurück und stand nun leicht hinter Kira.

"Hideo, ich glaube nicht, daß du mich wirklich zum Feind haben willst!" sagte Kira gefährlich leise. Ihre Hand war unauffällig in ihrem Ärmel verschwunden und ihre Finger schlossen sich fest um ihren Zauberstab. Keine Sekunde ließ sie ihn aus den Augen.

"Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich vor dir Angst habe???" Hideo lachte überheblich. "Vor so einem Mädchen wie dir? Pah!"

"Du machst einen Fehler, Hideo, einen großen Fehler! Ich warne dich nur!" wiederholte Kira.

Akiko fühlte sich etwas unbehaglich, doch es beruhigte sie, dass Kira da war. Sie war so stark, so mutig! Akiko bewunderte sie zutiefst. Hideo verzog spöttisch das Gesicht. "Schön, und ich sage nochmal, vor dir habe ich keine Angst! Du bist nur ein dummes Mädchen! Also keine ernsthafte Bedrohung für mich."

"Gut, dann lerne die erste Lektion an dieser Schule! Unterschätze niemals einen potentiellen Gegner, vor allem nicht, wenn du seine Stärken nicht genau kennst!" lächelnd zog Kira ihren Zauberstab, richtete ihn auf Hideo und sprach: "Rictusempra!"

Hideo schüttelte sich vor lachen. Doch aus seinen Augen sprach Wut. Er wollte ebenfalls nach dem Zauberstab greifen, als plötzlich jemand "Finite Incantatem" rief. Sensei Funakoshi kam zu den dreien herüber. Ihr Gesicht sprach Bände. Sie hatte ihre strengen Augen direkt auf Kira gerichtet. Ihre Lippen vor Wut zu einem schmalen Strich gepresst. "Takani Nishimura! Was denken sie sich eigentlich dabei? Sie sind nicht mal einen Tag hier und bereiten schon Ärger! Sie werden sofort mitkommen, um ihre Strafarbeit von mir zu erhalten!" Mit einem Seitenblick musterte sie kurz Hideo. Doch dem ging es schon wieder gut. Dann wandte sie sich an Akiko. "Und sie, Takani Miyagi, ich bin zutiefst enttäuscht von ihnen!" Akiko senkte beschämt den Kopf. Die Tatsache, dass sie eigentlich gar nichts getan hatte behielt sie für sich. Sie wollte dem Sensei nicht widersprechen. Funakoshi sah beide noch einmal durchdringend an, bevor sie sich mit einem "Kommen sie mit!" umdrehte und in Richtung des Schulgebäudes ging.

Kira erwiderte unerschrocken den Blick der Lehrerin, zwinkerte Akiko kurz zu, während Hideo einen äußerst drohenden Blick erntete. Dann trabte Kira hinter Sensei Funakoshi her und legte sich schon mal ein paar Worte zurecht. Dass sie im Recht war, wußte sie und sie würde alles dransetzen, um es zu bekommen.