Remus & Hermine, Kapitel 3



Remus

Was hatte ich nur getan?! Was hatte meine Selbstkontrolle schwinden lassen?! Was hatte meine Gefühle über meinen Verstand gewinnen lassen?! Die Antwort war einfach: Hermine. Ich hatte genau das getan, was ich seit einiger Zeit zu vermeiden suchte.

Ziellos rannte ich nun durch den Wald. Der Schnee fiel recht stark. Ich versuchte, wieder einen klaren Kopf zu erlangen. Allerdings erinnerte ich mich immer wieder an ihre zarten Lippen auf den meinen, ihre Hände in meinen Haaren, sie in meinen Armen....

Es war falsch.... Sie war einige Jahre jünger als ich. Ich war ein Werwolf. Sie war so gut wie mit Ron zusammen.... Drei Gründe sie nicht lieben zu dürfen, gegen einen sehr schlagkräftigen dafür: Ich liebte sie. Und sie? Liebte Hermine mich? Sie hatte mich geküsst. Soviel stand fest. Was hatte sie also dazu bewegt, mich nicht wegzustoßen? Meine Überlegungen brachten mich nicht sehr viel weiter und so kehrte ich wieder um und ging nach Hause. Auf dem Heimweg nahm ich noch ein paar Zweige mit, um eine Ausrede zu haben, warum ich bereits so früh aus dem Haus gegangen war.

Als ich wieder an dem Ort war, den ich zuvor fluchtartig verlassen hatte, saßen alle anderen beim Frühstück am Tisch. Auch sie... Ich blickte sie nicht an, sagte nur "Morgen" und verschwand so schnell wie nur möglich in meinem Zimmer. Ich atmete tief ein und wieder aus. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich vollkommen durchnässt war und fürchterlich fror. Ich sprach einen kurzen Trockenspruch, was aber auch nichts daran änderte, dass ich immer noch fror. Ich brauchte einen Tee - dringend! Ich hätte mir einen zaubern können, ja, aber das war doch nicht das gleiche... Ich musste also wieder in die Küche. Früher oder später musste ich Hermine sowieso wieder gegenüber treten, warum also nicht jetzt sofort.

Zögernd ging ich die Treppe hinunter und betrat die Küche. Harry und Sirius waren schon mit dem Abwasch beschäftigt.

"Moony, wo warst du vorhin?"

"Ich war nur etwas spazieren." Wo war nur Hermine?

Sirius stellte mir eine heiße Tasse auf den Tisch. "Möchtest du auch etwas essen?"

"Nein, danke." Essen? Das war wohl das letzte, woran ich im Moment denken konnte. Ich nippte an meiner Tasse und achtete eigentlich nicht auf das Gespräch zwischen Harry und Sirius, bis ich die Worte "Hermine", "Ron" und "endlich" vernahm. Was würde endlich sein? Da die beiden betreffenden Personen nicht anwesend waren, nahm ich an, dass Ron Hermine gerade sagte, wie sehr er sie mochte. Ich schluckte. Natürlich war mir eine derartige Entwicklung der Dinge schon zuvor in den Sinn gekommen, doch wenn ich an ihren Kuss unter dem Mistelzweig und an mögliche Wiederholungen dessen dachte, wurde mir unwohl. In meinem Kopf drehte sich alles. Als Ron und Hermine über das ganze Gesicht strahlend die Küche wieder betraten, wurde mein Unwohlsein nur noch verstärkt. Ich wagte nicht, von meiner Tasse aufzublicken.

"So, jetzt wo wir alle anwesend sind, können wir ja endlich die Geschenke öffnen." Sirius schien überglücklich. Kein Wunder, schließlich hatte er in den letzten Jahren nicht besonders viel schöne Weihnachtstage erlebt. Ihm und den anderen zuliebe, zwang ich mich zu lächeln. Schließlich war Weihnachten!

Wir setzten uns alle auf den Teppich herum um den Baum. Die Geschenke wurden verteilt und das Auspacken eben jener begann sofort. Ich hielt mich noch zurück, weil ich die anderen gern dabei beobachtete, wie sie sich über die Geschenke freuten. Sirius freute sich wie ein Kind über die Muggeleisenbahn, die ihm Ron und Harry mitgebracht hatten. Harry bekam von Hermine und Ron einen neuen Besen, einen "Fairy3000", zum Quidditschspielen, was er in seiner Freizeit immer noch gern tat. Ich sah nicht, was in der kleinen Schachtel war, die Ron Hermine gegeben hatte. Vielleicht ein Ring? Warum quälte ich mich selbst mit diesen Gedanken? Ich war froh, dass ihnen auch meine Geschenke gefielen. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und ich wusste, dass es ihre war. Im nächsten Moment spürte ihren Atem an meinem Ohr.

"Ich danke ihnen Professor. Das Geschenk ist wunderschön." Als ich vor einem Monat in der Londoner Innenstadt war, hatte ich ein Antiquariat der Muggel entdeckt. Dort sah ich eine uralte Ausgabe von Shakespeares Sonetten. Ich hatte sie repariert und vom Staub der Jahrhunderte befreit. Die Ausgabe hatte einen roten Einband und darauf goldene Schrift.

Hermine setzte sich nun neben mich und blätterte in dem Buch. Dann lächelte sie mich an.

"Professor, würden sie mir die Ehre erweisen und dieses für mich lesen. Sie reichte mir das Buch und zeigte auf das Sonett 116.

"Sehr gern", antwortete ich ihr. Ich zitterte ein wenig, räusperte mich und begann zu lesen.

Nichts kann den Bund von treuen Herzen hindern,

Die wahrhaft gleichgestimmt. Lieb' ist nicht Liebe ,

Die Trennung oder Wechsel könnte mindern,

Die nicht unwandelbar im Wandel bliebe.

Ich sah kurz vom Buch auf und fand Hermine direkt vor mir. Sie sah mich an und schien jede Bewegung von mir genauestens zu studieren. Ich besann mich wieder auf die Verse vor mir.

O nein! Sie ist ein ewig festes Ziel.

Das unerschüttert bleibt in Sturm und Wogen,

Ein Stern für jeder irren Barke Kiel, -

Kein Höhenmaß hat seinen Wert erwogen.

Lieb' ist kein Narr der Zeit, ob Rosenmunde

Und Wangen auch verblühn im Lauf der Zeit -

Sie aber wechselt nicht mit Tag und Stunde,

Ihr Ziel ist endlos, wie die Ewigkeit.

Während des dritten Strophe war es um mich herum ganz still geworden. Die anderen lauschten meiner Rezitation. Ich wagte nicht aufzublicken, aus Angst Hermine in Rons Armen zu sehen.

Wenn dies bei mir als Irrtum sich ergibt,

So schrieb ich nie, hat nie ein Mann geliebt.

Ich ließ mir einen Moment Zeit, um mich wieder zu sammeln. Dann sah ich in die Runde - nein, eigentlich sah ich nur auf Hermine. Sie lächelte mich immer noch an. Ich hörte Applaus und bedankte mich. Ich zitterte immer noch und beschloss kurz hinaus zu gehen, um einen klaren Kopf zu bekommen.

Da stand ich nun im Schnee und atmete tief ein und wieder aus. Plötzlich spürte ich wieder eine Hand auf meiner Schulter.

"Remus..." Es war Hermine. Sie hatte zum ersten Mal 'Remus' und nicht Professor gesagt. Ich drehte mich um und erschrak fast ein wenig, als ich sah, wie nah sie mir war.

"Hermine, ich..." Weiter kam ich nicht, denn sie hatte mir ihren Finger auf den Mund gelegt. Im nächsten Augenblick waren an der selben Stelle ihre Lippen. Ich hätte wohl auf Wolke Sieben sein können, wenn da nicht meine Bedenken gewesen wären. So unterbrach ich den Kuss.

"Aber...aber was ist mit Ron?"

Hermine sah mich verwundert an.

"Ron?"

"Ich dachte, ihr wärt...zusammen."

Jetzt lachte sie.

"Nein! Wie könnte ich mit Ron zusammen sein, wenn ich....", Hermine machte eine Pause. "Remus", sie strich zärtlich über mein Gesicht, "ich liebe Dich."

Hatte sie das eben wirklich gesagt? Ich glaubte meinen Ohren nicht. Wahrscheinlich grinste ich im Moment wie ein verliebter Trottel. Aber das war ich ja auch. Sanft zog ich sie zu mir und küsste sie. Hermine legte ihre Arme um meinen Hals. Ich verzierte ihr Gesicht mit kleinen Küssen, bis ich schließlich an ihrem Ohr angelangt war.

"Ich liebe dich", flüsterte ich und umarmte sie fest. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass sie mich tatsächlich liebte. Wie hatte ich diese Prinzessin verdient? Ich spürte einzelne Tränen des Glücks meine Wangen hinunter laufen. Sie küsste sie weg. Dann sah ich sie an. Hermine strahlte über ihr ganzes wunderschönes Gesicht. Was war da noch der Schnee, der unablässig auf uns hernieder taumelte, oder die Kälte, die uns umgab? Alles war egal, so lange meine Prinzessin bei mir war.

Was ich in diesem Moment nicht wusste war, dass Sirius, Harry und Ron zufrieden grinsend am Fenster saßen und uns beobachteten. Wie ich später erfuhr, wollte Sirius niemals Ron und Hermine zusammen führen. Nein, sein Plan war genauso verlaufen, wie er sich das gewünscht hatte....



ENDE