Götterdämmerung

Drei Leben, zwei Geliebte, eine Entscheidung

Teil 1: Liebeskummer

(Saito)

Etwas ungeschickt parkte ich den roten Wagen vor Minakos Haus. Ungeschickt deshalb, weil ich todmüde war. Ich nahm die Zigarette aus dem Mund und schnippte sie zum Fenster hinaus bevor ich den Motor ausschaltete. Ich war kaputt.

Es war vielleicht nicht direkt ein Fehler gewesen zusammen mit Dallas die Erde zu durchkämmen aber man mußte schon starke Nerven haben. Dallas schien eher auf der Suche nach guten Kämpfern als nach atemberaubender Natur zu sein. Besonders erfolgreich war er auf seiner Suche nicht gewesen, denn jemanden der besser als er war hatte er logischerweise nicht gefunden.

Dieser Planet war unglaublich vielfältig und ich war immer noch tief beeindruckt von den vielen verschiedenen Kulturen und Landschaften. Jetzt allerdings wollte ich mein kleines Mädchen sehen. Es war acht Uhr morgens, wahrscheinlich würde sie noch schlafen, immerhin war ja heute Sonntag. Dies war der einzige Wochentag, den ich seit meinem Aufenthalt auf der Erde nicht verwechselte.

Ich griff nach meinem Rucksack, ging die Treppen hoch und klingelte an der Haustür. Ich mußte dreimal klingeln bis ich Schritte hörte. Na hoffentlich hatte Minako sich inzwischen nicht jemand anders ausgesucht, dachte ich gut gelaunt.

Die Tür wurde mir allerdings nicht von einer freudig erstaunten Minako, sondern von einer verschlafen, grantigen Makoto geöffnet. Ich starrte sie etwas geniert an, da sie nichts als ein Herrenhemd und ein Spitzenhöschen trug. Sie sah mich allerdings mit einem Blick an als wolle sie mich am liebsten auf der Stelle niederprügeln. Ich schwitzte.

„Guten Morgen, Makoto! Na überrascht", fragte ich so charmant es ging.

„Seit wann bist du wieder hier?" wollte sie mürrisch wissen. „Und was fällt dir bitte ein um acht Uhr morgens hier zu klingeln? Du bist ja noch schlimmer als das Glühwürmchen!"

„Tut mir Leid, ich bin gerade erst angekommen und wollte eigentlich meine Venus aus den Federn holen. Darf ich vielleicht reinkommen?"

Makoto ließ mich hinein und ging in die Küche. Ich folgte ihr. „Ist Minako in ihrem Zimmer?"

Die gutgebaute Brünette blieb plötzlich ruckartig stehen, so daß ich in der Türschwelle mit ihr zusammenknallte. Sie drehte sich mit erschrockenen Augen zu mir um.

„Moment mal!" rief sie, ohne auf meine Frage einzugehen. „Das heißt Dallas ist auch wieder hier?"

Ich zuckte die Achseln. „Ich nehme es mal an", meinte ich, nahm mir ein Zigarette und warf Makoto auch eine zu.

„Verdammt!" murmelte Makoto und zündete sich die Zigarette an.

Ich setzte mich zu ihr an den Tisch und legte ihr den Arm um die Schultern. „Immer mit der Ruhe, Dallas ist schon viel friedlicher geworden", sagte ich tröstend.

„Das würde mich wundern. Mein Problem ist, daß er jetzt stärker ist als ich. Entweder er will mich fertigmachen oder zwingt mich sich ihm zu unterwerfen!"

Ich grinste. „Na und, ich dachte immer du stehst darauf?" Makoto bedachte mich mit einem dermaßen feurigen Blick, daß ich beschloß schnell das Thema zu wechseln.

„Also, ist Minako hier? wiederholte ich und stand wieder auf.

Sie zuckte geistesabwesend die Schultern.

„Keine Ahnung." murmelte sie. Als sie merkte, daß ich ungeduldig wurde fügte sie hinzu: „Es sieht so aus, als ob sie weg ist, normalerweise hätte sie die Tür sonst vor mir geöffnet. Vielleicht ist sie ja schon wieder mit dem Glühwürmchen unterwegs", erklärte sie mit sarkastischem Unterton.

„Wer ist das denn?" fragte ich erstaunt. Makoto klärte mich auf. Dieses Glühwürmchen sei ein ruhiges, schwarzhaariges Mädchen namens Hotaru Tomoe. Sie sei in Wirklichkeit nur die Reinkarnation der Botschafterin des Todes, mit anderen Worten Sailor Saturn.  Mir ging auf, daß das diese Saturn gewesen sein mußte, die sich damals für Venus und Jupiter geopfert hatte. Merkwürdig, eigentlich dachte ich die sei nun tot.

„Sailorsaturn besitzt die Macht der Wiedergeburt", erklärte Makoto als ich fragte. „Es ist nicht das erste Mal, daß sie als Hotaru Tomoe wiedergeboren wurde. Jedenfalls scheinen Minako und sie recht gute Freundinnen geworden zu sein, obwohl ich nicht recht begreife, was die beiden verbindet."

„Soso. Na was soll's, dann werde ich eben warten", meinte ich gähnend. „Minako hat sicher nichts dagegen, wenn ich mich in ihr Bett lege, ich sollte mal ein wenig Schlaf nachholen."

„Ich auch. Wenn du was brauchst, mein Zimmer ist oben rechts."

Makoto hüpfte wieder die Treppen hoch. Sie hatte wirklich hübsche lange Beine. Ich schüttelte seufzend den Kopf und betrat Minakos Zimmer. Na hoffentlich würde Minako bald kommen. Ich wollte gern ihr Lächeln sehen, das dem der Göttin Venus immer noch sehr glich.

Venus...Ich merkte oft, daß ich mich nach der wahren Göttin sehnte. Doch Minako ist viel unbeholfener und unsicherer, was sie eigentlich fast interessanter machte, außerdem blendete ihr Aussehen einen nicht so.

Ich legte mich aufs Bett und wartete. Es dauerte nicht lange bis ich einschlief.

(Minako)

„Und du glaubst gerade Usagi versteht dich?" wollte meine pinkhaarige Freundin mit den beiden Schleifen im Haar wissen. Gemeinsam schlenderten wir durch die Straßen der kleinen Stadt in Richtung der Wohnung von Usagi und Mamoru. Ich war früh aus dem Haus gewesen, um mein Vorhaben auch schnell nachzukommen. Ich wußte, ich mußte früh kommen, denn wenn Mamoru-san unsere Prinzessin erst mal wach bekommen hatte, würde ich sie so schnell wahrscheinlich nicht auftreiben können. In letzter Zeit mutierte sie gelegentlich zu einem echten Arbeitstier – glaube es wer will.

„Ich denke schon, Momo-chan. Sie war ja mal in einer ähnlichen Situation, obwohl Seiya da glaube ich etwas anders zu bewerten ist." Ich war froh, daß ich Momoko auf meinem Weg getroffen hatte, sie war eigentlich die Einzige, die über mich und Hotaru Bescheid wußte und über das Dilemma, in dem ich steckte. Unweigerlich mußte ich seufzen. „Es ist unfair. Ich hab keine Ahnung, was ich tun soll."

„Du mußt einfach versuchen ehrlich zu dir zu sein. Ich glaube nicht, daß sie dir da viel mehr sagen kann", meinte Momoko mit einem breiten Lächeln, das einem normalerweise gleich aufheiterte... Es funktionierte nur teilweise.

„Du hast ja Recht, Momo-chan, aber wenn ich mich schnell entscheide, mache ich vielleicht einen Fehler und wenn ich warte und überlege, ende ich damit jemanden zu verletzten... Das ist echt bescheuert." Genervt schüttelte ich den Kopf und hatte gerade vor das Thema zu wechseln. „Und wie läuft es mit dir und Ven... Yosuke?" Sie kam nie zu einer Antwort, statt dessen blieb sie kurz stehen und stieß mich dann so heftig in die Seite, daß ich zu Boden stürzte. Ich wollte protestieren aber kurz darauf flog etwas knapp über uns hinweg, was ich nicht so recht identifizieren konnte.

Momoko sah nach oben und ich folgte ihrem Blick zu einer ziemlich häßlichen Kreatur mit langen tentakelähnlichen Armen. Das Wesen war Dunkelviolett gefärbt und trug über all schwarze Punkte und Streifen am Körper. Die blutroten Augen waren zu Schlitzen verengt. „Was willst du?" forderte meine Freundin und ich fummelte in meiner Tasche nach meinem Henshinstab. In solchen Gelegenheiten wünschte ich mir Venus' Macht beinahe sehnsüchtig herbei, obwohl bisher eigentlich noch keine Notwendigkeit dazu bestanden hatte.

„Ich suche jemanden. Und ihr habt große Ähnlichkeit mit Saturns Energie." Ich horchte auf und verzog meine Mundwinkel zu einer schmalen Linie. „Ihr werdet sie nicht bekommen, was auch immer ihr vorhabt." Schon gar nicht, wenn ich mich immer noch entscheiden mußte, ergänzte ich im Stillen. Dann sah ich meine Freundin an und diese nickte. „Dann los."

„LIEBE IST EINE BLÜTE DER SCHÖNHEIT!" Eine Zeitlang bewunderte ich die Transformation, die unserer doch so ähnlich war, dann hob ich meinen eigenen Kristall und rief zum ersten Mal seit dem Verlust meiner Macht als Göttin wieder meinen Schutzstern an. „VENUS CRYSTAL POWER, MAKE UP!" Das vertraute Gefühl von Energie und Macht schwappte meinen Körper hinunter und bald stand ich als Sailorvenus neben meiner Freundin, die nun in einem weißen Hochzeitskleid gekleidet war. Das Wesen schien für den Moment ziemlich verwirrt.

„An einem schönen Tag wie heute, an dem ein verwirrtes Herz verzweifelt nach der Lösung ihrer Probleme sucht, wagst du es uns ohne Grund anzugreifen." Herrje, konnte sie nicht wenigsten meine Probleme da raus lassen? Sie war ja schlimmer als Moon in den alten Zeiten. „Ich bin Wedding Peach, der Engel der Liebe, und ich bin nun ernsthaft ein wenig verstimmt!"

„Und ich bin Sailorvenus, Kriegerin der Liebe und der Schönheit! Und im Namen der Venus werde ich dich bestrafen", ergänzte ich, nicht weil ich Lust drauf hatte, sondern weil ich aufgrund des mysteriösen Vorhabens dieses Youmas ziemlich sauer war und außerdem brachte das Erinnerungen zurück.

„Seid bloß vorsichtig, ich spüre ein ganz abnormale Energie, die vage an die eines Dämons erinnerte", warnte eine Stimme, die unverwechselbar zu Peachs Ex-Quälgeist Yamapi gehörte. „Dämonenenergie?" wiederholte ich argwöhnisch. „Ich dachte ihr hättet diesen Streit beigelegt? Und außerdem, was sollte ein Dämon von Saturn..." In diesem Moment mußte ich einem Tentakel ausweichen und verließ mich augenblicklich voll auf meine Reflexe. Anscheinend hatte der Dämon oder was auch immer es war keine Lust uns noch länger zuzuhören.

„Ihr werdet das nicht mehr erfahren, Sailorsenshi! Mein Meister hat mich schon vorgewarnt, daß ihr hier sein würdet, da die Planeten immer noch ein starkes Licht abgeben. Aber ich gebe euch eine Chance. Sagt mir, wo die Kriegerin des Saturn sich befindet, wenn ihr es wißt, dann werde ich euch unter Umständen verschonen." Ich rümpfte die Nase und schenkte dem Wesen einen abfälligen Blick. „Das hättest du wohl gerne... VENUS LOVE-ME CHAIN!"

Ohne Vorwarnung wickelte sich eine goldene Herzkette um das Wesen und fesselte es temporär, doch ich merkte, es würde nicht lange halten. „Peach! Was auch immer du machen kannst, mach es schnell!" Meine Freundin nickte und hob ihren Blumenstrauß. „ZAUBERSTRAUß, REINIGE IHN MIT DEN WELLEN DER LIEBE!" Starke Wellen aus Liebesenergie trafen auf den Dämon. Für einen Moment schien er verblüfft, zeigte aber ansonsten keine Reaktion, bis auf ein höhnisches Grinsen.

„Was soll denn das werden?" Es befreite sich mit solcher Wucht, daß ich zurückgeschleudert wurde und kurz darauf einem Strahl aus negativer Energie ausweichen mußte. Ich hörte Peach aufschreien und sah, daß der Dämon sie mit zwei seiner Tentakel gepackt hatte und sie zu würgen begann. „Peach!" Ich rappelte mich auf und erhob meinen Arm zu einem erneuten Angriff als...

„ZAUBERPENDEL, SENDE DEN STURM DER WAHRHEIT" Das Wesen wurde unsanft zurückgeschleudert, als der Hagel aus Energiepartikeln seine Tentakel durchschnitt. Es kam aber nie dazu sich wieder zu fangen. „ZAUBERSTIFT, SENDE DEN REGENBOGEN DER LIEBE!" Ein Seil ähnlich meiner Kette aus regenbogenfarbener Energie band den Dämon an Ort und Stelle.

Ich sah auf und am anderen Ende des Energielaßos standen drei Mädchen. Eine mit braunroten Haaren, die das Lasso hielt, eine mit kurzen grünen Haaren und ein älteres Mädchen mit wallenden roten Haaren. „Lily heißt die Lilie, ihre Blüte ist ein Symbol für Reinheit und Unschuld! Ich lasse die Liebe erblühen!" stellte sich die Erste vor, wobei sie grimmig um die Kontrolle ihrer Attacke kämpfte, als der Dämon versuchte freizukommen. „Daisy heißt das Gänseblümchen, ihre Blüte ist ein Symbol für Aufrichtigkeit und Wahrheit! Ich werde das Böse bekämpfen", beendete das zweite Mädchen ihre Vorstellung gerade in dem Moment, wo sich unser Gegner befreien konnte.

Die Rothaarige huschte vor. „Die Blüte der Salvia ist ein Symbol für das Feuer der Leidenschaft! Ihr in der Finsternis vegetierenden Dämonen, ich werde eure unreinen Seelen auslöschen!" Ein Schwert bildete sich zwischen ihren Händen und Salvia holte damit aus. „ZAUBERSCHWERT, ERGLÜHE IM FEUER DER LEIDENSCHAFT!" Irgendwie schaffte der Dämon es den Streich abzublocken und während die beiden beschäftigt waren, gesellten sich Lily und Daisy zu uns.

„Alles in Ordnung bei euch", fragte Lily besorgt. Peach nickte nur und ich schaute grimmig zu dem kämpfenden Pärchen hinüber. „Das hat wehgetan, jetzt bin ich wütend." Auch Peach schien nicht erfreut. „Na dann... ZAUBERHAFTE VERWANDLUNG, MÄCHTE DER LIEBE! Ich bin Wedding Peach, der Engel der Liebe!"

„Ich muß sagen, du siehst deiner Mutter wirklich sehr ähnlich", kommentierte ich, als Peach ihre Verwandlung abgeschlossen hatte. „Unterhaltet euch später über Familienähnlichkeit. Salvia braucht uns", drängte Daisy und war schon vorgeprescht. „Sie ist wie Mako", meinte ich schnippisch, folgte ihr aber.

„ZAUBERKERZE, ENTZÜNDE DAS LICHT DER WAHRHEIT!" Der Dämon wurde von Salvia weggerissen und prallte gegen einen Laternenpfahl. „ZAUBERSCHLEIER, ERSTRAHLE IM GLANZ DER STERNE!" Den Ringen aus Sternen hielt das Wesen für einen Moment immobil in seiner Position und ich verlor keine Zeit. „VENUS LOVE AND BEAUTY SHOCK!" Das goldene Herz hatte eine einschlagende Wirkung und unser Gegner lag benommen auf dem Boden.

Doch noch gab er nicht auf und griff noch einmal mit schwarzer Energie an, die im Verhältnis aber ziemlich schwach war. Peach trat vor und ein Kristallstab erschien aus ihrem Ring, der die negative Strahlung einfach aufsaugte. „ZAUBER DES KRISTALLS! Er nimmt und er gibt, auch dir wird er zeigen du wirst geliebt!" Ein blendweißes Licht schoß aus der Kristallkugel, hüllte den Dämon ein, bis er schließlich in viele kleine Teile aus Lichtstaub zerfaserte.

„Nun", meinte ich schließlich, nachdem wir uns alle zurückverwandelt und etwas durchgeschnauft hatten, „das war definitiv etwas anderes." Dann wandte ich mich an Momoko und die anderen Mädchen. „Danke für eure Hilfe, Freunde." Momoko winkte ab. „Ach, das ist doch nicht der Rede wert. Was tut man nicht alles für seine Cousine." Die anderen Drei nickten zustimmend. „Trotzdem nochmals danke. Ich muß jetzt los..." Mein Plan hatte sich schlagartig geändert. Die Sorge um Hotaru war dann doch größer, als das Bestreben mit Usagi zu reden. Das konnte ich auch noch danach erledigen.

Halb im Gehen drehte ich mich noch einmal um, griff in meine Tasche und kramte eine kleine Armbanduhr heraus. Diese warf ich dann Momoko zu. „Hier. Ich hab nur die eine, nur für den Fall, daß da noch mehr kommen... was ich fast befürchte." Mit diesen Worten verschwand ich in Richtung von Hotarus Zuhause.

(Pluto)

Mit ruhiger Miene beobachtete ich die Szene unter mir. Ok, ein wenig Argwohn war dabei. Sicher, ich hätte eingreifen können aber das war nicht nötig, wie ich bereits vorher wußte. Trotzdem genauso wie Uranus und Neptun gefiel es mir nun mal nicht, wenn sich Außenstehende... oder in diesem Falle besser Personen, die nichts damit zu tun hatten, sich in unsere Angelegenheiten einmischten.

„Ihr solltet euch da lieber raushalten", meinte ich und alle vier Mädchen und der kleine Quälgeist fuhren zu mir herum. Peach musterte mich eine Weile. „Sailorpluto, nehme ich an?" Ich reagierte nicht aber das schien ihr als Antwort zu reichen. „Das ist nicht euer Kampf. Soviel solltet ihr wissen."

„Hey, was geht dich das an", fragte Daisy bissig, ich kannte die Namen der Vier nicht, also blieb ich dabei. Das beeindruckte mich nicht. Wenn du mit Haruka klarkommst, kannst du mit jedem umgehen... „Dieses Mal habt ihr euch nur verteidigt aber das ist eine Sache die Venus und Saturn alleine lösen müssen." Lily sah auf. „Du weißt also etwas darüber?"

Schweigend erwiderte ich ihren Blick, blieb aber einer Antwort schuldig. Ich wußte ganz genau, was der Dämon hier gewollt hatte, das hieß aber noch nicht, daß ich es sagen durfte. Selbst wenn mir das gewaltig gegen den Strich ging. Oh, verdammt! Ich war schon zu lange hier. Du wirst weich, Setsuna.

„Wir wollen uns ja auch gar nicht in eure Kämpfe einmischen aber Minako ist meine Freundin und immerhin meine Cousine... in einer gewissen Art und Weise", argumentierte Momoko. Kami-sama sie war so sehr wie Usagi. Na, was soll's. „Vielleicht habt ihr Recht." Alle vier Mädchen schauten verblüfft drein. Ich schaffte es also doch noch auf meine alten Tage jemanden zu überraschen. „Haltet euch etwas im Hintergrund. Ein bißchen unerwartete Rückendeckung wäre ganz gut." Mit diesen Worten war ich verschwunden und ließ vier verdutzte Liebesengel zurück. Es gab Wichtigeres zu tun wie zum Beispiel mich um den Scherbenhaufen kümmern, den Venus begann um sich aufzurichten. Ich hatte damals im Silberjahrtausend schon gewußt, daß das Probleme geben würde... Manchmal haßte ich diesen Job, ehrlich.

(Minako)

Aufgeregt stieß ich das niedrige Tor zu Haruka und Michirus Villa auf. Ich wußte nicht was mich erwartete, beziehungsweise ob mich überhaupt etwas erwarten würde. Doch etwas wußte ich ganz bestimmt, Hotaru würde erklären können. Merkwürdigerweise hatte mich das Auftauchen dieses Dämons wenig überrascht. Schon seit Wochen ahnte ich, daß Hotaru Angst hatte, auch wenn man es ihrem ruhigen und kalt wirkendem Gesicht nicht sofort entnehmen konnte.

Ich lehnte mich kurz an die Gartenmauer, um zu verschnaufen und mich zu sammeln. Verwirrung und undefinierbare Bilder, die mir im Kopf herumjagten, ließen mich schwindelig werden. Ich spürte, daß bald etwas passieren mußte, etwas Entscheidendes, etwas zwischen Hotaru und mir. Ich kniff die Augen zusammen. Warum mußte gerade ich dermaßen in so ein Dilemma geraten? Eine dunkle Vorahnung sagte mir, daß diese Geschichte nicht gut ausgehen würde. Hotaru...Ich hatte Angst um sie...Ich hatte wirklich Angst, Angst sie für immer verlieren zu müssen. Denn wenn ich sie jetzt verlieren würde, gäbe es kein Zurück mehr...

Plötzlich wie aus dem Nichts, legten sich zwei braungebrannte, starke Arme von hinten um mich. Ich zuckte zusammen und fuhr herum. Ich blickte geradewegs in die violetten Augen von Saito.

Saito nahm mein Kinn zwischen seine Hände und lächelte mich mit seinem hübschen Gesicht verschmitzt an. Plötzlich brach in mir etwas zusammen. Obwohl ich nicht die geringste Ahnung hatte wieso er plötzlich vor mir stand und ich ihn eigentlich noch am anderen Ende der Welt vermutet hätte, war ich nur noch froh wieder in seinen kräftigen und Sicherheit gebenden Armen zu liegen. Ich vergaß für einen Augenblick den Dämon und alle meine Sorgen, vergaß sogar für einen kurzen Augenblick Hotaru.

„Schön dich wiederzusehen Venus!" sagte Saito und küßte mich.

Er konnte sich nie angewöhnen mich Minako zu nennen. Der Kuß ließ mich plötzlich wieder wach werden, jagte mir alle Sorgen wieder ins Gewissen zurück. Ich trennte mich von ihm und sah ihn mit großen Augen an. Er lachte.

„Starr mich nicht so an!" rief er. „Freu dich daß ich wieder hier bin!"

„Woher wußtest du, wo ich bin?" stammelte ich unromantisch.

„Du vergißt wohl ständig, daß ich ein Halbschatten bin. Es ist kein Problem dich mit deiner Aura aufzuspüren."

Natürlich, ich vergaß tatsächlich manchmal wie mächtig Saito war. Er besaß ungefähr die Macht die wir Göttinnen besessen hatten. Bevor ich noch irgend etwas sagen konnte küßte er mich schon wieder stürmisch. Ich beschloß wenigstens noch diesen Kuß kurz zu genießen bevor ich mich ans Unangenehme machte. Ein merkwürdiges Räuspern brachte mich dann aber davon ab.

Wir hoben beide den Kopf und ich dachte mein Herz bliebe mir stehen als Hotaru vor uns stand. Sie sah etwas blaß um die Nase aus und trug zwei Einkaufstaschen bei sich. Ihr Gesicht wirkte im Kontrast zu dem schwarzledernen Mantel noch weißer als sonst. Sie sah mit ihren dunklen Augen zuerst mich, dann Saito an und in ihrem Blick lag etwas Merkwürdiges. Das war ungefähr genau die Situation, die ich hätte vermeiden wollen, obwohl ich wußte daß das, wenn Saito erst zurück wäre, schwierig werden konnte. Doch so direkt vor Hotarus Haus, kam mir plötzlich unglaublich geschmacklos vor, auch wenn es nicht gewollt war. Am liebsten wäre ich jetzt zu Hotaru gerannt und hätte sie umarmt, doch Saito würde dann etwas dumm aus der Wäsche kucken. Zwischen all den Gefühlsspaltungen aber durchfuhr mich noch die Erleichterung, daß Hotaru nichts zugestoßen war.

Ich wußte, ich mußte jetzt etwas sagen.

„Ich...Hallo, Hotaru", stotterte ich und kam mir so dumm wie schon lange nicht mehr vor. „Ich wollte dich abholen kommen, doch da ist Saito mir zufällig dazwischengekommen. Äh...Saito, das ist Hotaru!"

Saito nickte Hotaru zu und sah sie flüchtig an, wandte sich mir aber dann direkt wieder zu. Hotaru hatte sich gefangen, ließ sich auf alle Fälle kein Gefühl anmerken und ich wußte nicht, ob ich mich jetzt schuldig fühlen sollte oder nicht. Sie grüßte freundlich zurück und wartete.

„Laß uns was essen gehen, ich bekomme langsam Hunger", unterbrach Saito meine Gedanken.

Ich faßte mich und schüttelte den Kopf. „Tut mir Leid, Saito, aber ich muß etwas Wichtiges mit Hotaru besprechen. Später vielleicht ja?"

Saito nickte. „Schön Venus, dann sehe ich zuerst bei Dallas vorbei, falls der überhaupt hier ist."

Ich wurde hellhörig. „Dallas ist auch wieder hier?" fragte ich. „Na Malzeit, da wird sich Makoto ja freuen!"

„Sie weiß schon Bescheid, ich hatte sie heute morgen in der Früh aus dem Bett geholt. Ich hatte übrigens in deinem Zimmer geschlafen, also wundere dich nicht über die Unordnung, wenn du zurückkehrst."

„Schon klar!" seufzte ich und spürte Hotarus Augen in meinem Rücken.

Saito küsste mich noch mal innig zum Abschied. „Bis dann Venus!" sagte er und verschwand, was mich an die Shiekahgeschichte erinnerte, wo er sich auch jedesmal im Nichts auflöste.

Einen Augenblick herrschte Stille. Ich drehte mich langsam zu Hotaru um. Ich fühlte mich irgendwie scheußlich, obwohl ich nichts dafür konnte und Hotaru wußte, daß er mein Freund war und was mich und Saito verband. Ich starrte in die dunkelvioletten Augen und die Erinnerungen von vorhin durchstoben wieder meinen Kopf. Rhea...Rhea und Aishar...Die Liebesgöttin und die Todeskriegerin...

Plötzlich lächelte Hotaru, leicht. „Er ist wirklich nett scheint es, hübsch ist er auch. Ich kann mir gut vorstellen, daß er alles für seine Venus tun würde."

Ich zuckte zusammen, denn Hotaru hatte die Betonung merkwürdigerweise auf "Venus" gelegt. Ich nickte und senkte den Kopf. Ich wollte unbedingt das Thema wechseln. Mir fiel der Grund ein wieso ich eigentlich hier war.

„Hotaru, wir sind von einem Dämon ange..." begann ich, doch Hotaru ließ mich nicht mal den Satz zu Ende sprechen.

Sie setzte mir ihre zierliche Hand an den Mund und die dunklen Augen leuchteten beschwörend. „Nicht hier..." flüsterte sie. Dann ergriff sie meine Hand und zog mich in die Villa hinein.