Götterdämmerung
Drei Leben, zwei Geliebte, eine Entscheidung
Teil 4: Entscheidungen
(Minako)
Das war alles ein bißchen viel auf einmal. Der Tag hatte so freundlich angefangen. Über Nacht hatte ich mich bei Momoko verkrochen und hatte Zeit etwas auszuspannen aber auch über alles nachzugrübeln. Ich wußte immer noch nicht, was ich wegen Hotarus Antrag machen sollte, doch ich konnte nicht leugnen gerührt zu sein. Auf jeden Fall hatte ich vorgehabt so wohl mit ihr als auch mit Saito vernünftig zu reden und mich langsam zu entscheiden, was ich tun wollte.
Aber jetzt, jetzt stellte ich fest, daß ich überhaupt keine Zeit mehr hatte und irgendwie befürchtete ich, daß, selbst wenn ich den Antrag meines Glühwürmchens annahm, nicht einmal mehr Zeit blieb die Zeremonie ungestört durchzuführen. Das hieß wir saßen in einer üblen Zwickmühle und dieser egoistische Saito hatte mal wieder alles kaputtgemacht. Das Dumme war, ich wollte ihn dafür wirklich hassen und die kalte Schulter zeigen aber ich konnte nicht, denn so verrückt das auch klang, ich liebte ihn immer noch. Und plötzlich, plötzlich war wieder alles so verwirrend.
Hotaru war langsam nach vorne durch die Reihen zum Altar gegangen und ich war ihr in einigem Abstand gefolgt. Da war etwas Seltsames in ihrer Bewegung. Normalerweise war sie stets ruhig und selbstsicher in solchen Situationen, eine Eigenschaft, die wir als technisch gesehene Anführer unserer Gruppen beide gemeinsam hatten, auch wenn das einige oft zu vergessen schienen. Aber heute, heute meinte ich etwas ängstliches, ja beinah panisches in ihrem Gang, in ihrer ganzen Körperhaltung zu entdecken. Und das ließ mich schaudern. Ich kannte sie so nicht, von uns beiden war sie stets die Ruhigere gewesen, ob nun als Rhea, Saturn oder Hotaru – bei ihr machte das eh wenig Unterschiede. Dieses Verhalten trieb meine Sorge nur noch höher.
Mittlerweile war sie vor dem Altar stehengeblieben und ich stoppte ein paar Meter von ihr entfernt. Für eine Weile stand sie einfach nur da und blickte ins Leere. Ich wagte nicht etwas zu sagen oder zu tun, da ich jetzt einen kühlen Kopf bewahren wollte und mußte. Nach einigen, beinah endlosen Augenblicken begann sie abwesend mit den Fingern ihrer rechten Hand die Züge einer kleiner Heiligenstatue nachzuziehen, die vor ihr auf dem Altar stand. Das ging für einige Momente so weiter...
„Bin ich ungerecht?" Ich blinzelte überrascht und ein wenig erschrocken. Die Stille hatte sich wie eine erstickende Decke über den Saal gelegt und seit wir die Kathedrale betreten hatten, war kein Wort mehr gefallen. Um so mehr erschrak es mich, als Hotarus leicht zittrige Stimme diese Stille durchbrach. Sie wartete nicht auf eine Antwort, wahrscheinlich hatte sie auch keine erwartet. „Ich denke nur manchmal... Bin ich es, die die Schuld trägt. Schließlich schiebe ich mich zwischen eine bestehende Beziehung." Ich wollte protestieren, doch sie ließ mich nicht. „Ich kann Saito verstehen, weißt du, und ich wünschte ich hätte den Mut und die Stärke dir zu sagen, du sollst gehen und dich aus meinen Sachen heraushalten..." Sie senkte den Kopf und seufzte tief, ich machte unwillkürlich einen Schritt auf sie zu, so daß ich nun auf Armlänge von ihr entfernt war. „Aber ich kann es nicht."
Endlich blickte Hotaru sich zu mir um aber die Intensität ihrer Bewegung und der Schmerz in ihren Augen ließen mich fast zurücktaumeln, doch irgendwie blieb ich, wo ich war, festgefroren und nicht sicher, wie ich reagieren sollte. „Ich habe Angst, verstehst du?" Es war mehr ein Hauchen, denn ein Flüstern aber ich verstand sehr gut und man konnte deutlich ihre geäußerten Gefühle in ihrer Stimme widerhallen hören. Ohne Vorwarnung überwand sie den leeren Raum zwischen uns und vergrub ihren Kopf in meinem Hemd, als leise Tränen begannen den feinen Stoff zu durchzunässen.
Ich war so verstört von dieser untypisch heftigen Reaktion, daß ich, alle Vorsätze von Sachlichkeit wegwerfend, einfach nur das Einzigste tat, was mir einfiel. Meine Arme um sie schlingend, zog ich sie weiter an mich heran und ließ ihre Tränen einfach fließen. Beruhigend strich ich durch ihr schulterlanges, schwarzes Haar und machte immer wieder besänftigende Geräusche. In meinem Kopf herrschte ein ziemliches Chaos und ich wußte einfach nicht, was ich tun sollte. Doch eines wußte ich. So konnte ich sie nicht sehen und so wollte ich sie auch nicht sehen...
„Weißt du", brachte sie schließlich zwischen einigen Schluchzern hervor und bemühte sich ihre Stimme zu kontrollieren, „alle glauben, ich täte das alles nur wegen mir." So ein Schwachsinn, es war ja nicht so, daß sie mich kontrollierte und außerdem versuche einmal Sailorvenus zu zwingen dich zu lieben, da beißt du dir die Zähne aus. „Die Wahrheit ist, es stimmt." Huh? Was? „Aber das... ist nur ein Teil und dafür schäme ich mich. Ich habe Angst, Minako. Was da auf mich zukommt... Ich glaube nicht, daß ich das durchstehe. Aber... Das, was ich tue, kommt mir wie ein Verrat vor, ein Verrat an uns... an dich. Ich will dich nie zu irgend etwas zwingen. Mir ist doch bewußt wie sehr hin- und hergerissen du bist. Und deshalb will ich nichts weiter als eine faire Chance für uns, eine normale Chance, nicht diese... ganze Scheiße."
Das schockierte mich jetzt doch. Kraftausdrücke von Hotaru? Mein Glühwürmchen wählte ihre Worte sonst immer weise und bedacht und benutzte nie irgendwelche Kraftausdrücke. Jetzt sah sie auf, mied aber meinen Blick wie sie schon den ganzen Weg hierher direkten Blickkontakt vermieden hatte. Trotzdem sah ich es genau, ich fühlte es, so wie ich es gefühlt hatte, daß sie heute Morgen in Gefahr gewesen war... So fühlte ich jetzt all das, die Ungewißheit, die Scham, die ansteigende Angst. Und ich konnte all das verstehen. Hotaru mochte ein starkes, ruhiges und gewissenhaftes Mädchen sein und eine loyale und verantwortungsbewußte Kriegerin aber selbst der stärkste Geist brach irgendwann einmal unter zu enormen Druck zusammen.
Und dieses Leid, das direkt aus ihrer Seele zu kommen schien, bohrte sich tief in meine eigene und erfüllte mich mit genauso viel Ungewißheit, Scham und Angst. Ungewißheit über das, was kommen würde, Scham darüber, daß ich nicht viel mehr für sie da sein konnte in dieser Situation, und Angst, weil ich befürchtete sie für immer verlieren zu können. Also tat ich das Einzigste, was mir in den Sinn kam. Ich küßte sie und öffnete mich... vollkommen.
Hotaru... Mein Glühwürmchen. Was du gesagt hast, kann ich nur sehr gut verstehen. Aber ich glaube kein Wort davon. Du bist gewiß nicht ungerecht. Ich in deiner Situation, ich wüßte nicht, ob ich das bis hierhin überhaupt durchgehalten hätte. Du warst immer stark und ich weiß, daß du auch jetzt stark genug sein kannst. Du hast dich alleine gegen Mistress 9 wehren können, du hast dich damals für uns aufgeopfert, damit wir leben konnten, das hier schaffst du auch noch. Mach dir da um mich mal keine Sorgen, voranging bist du jetzt wichtig.
Ja, ich liebe Saito trotz allem, was er getan und gesagt hat, denn ich weiß, daß er nur versucht, um mich zu kämpfen. Natürlich bin ich nicht mehr seine Venus und ich werde es auch nie wieder sein, eigentlich bin ich mir auch gar nicht so sicher, ob ich diese wirklich noch einmal sein möchte. Trotz allem war er meine erste wirkliche Liebe, sowohl als Venus, als auch in diesem Leben. Er mag manchmal arrogant und selbstgefällig sein, doch... Irgendwo tief da drin ist er ein guter Kerl.
Doch, ich weiß nicht und das verwirrt mich, ob ich für ihn dasselbe tun würde. Uns beide verbindet so viel mehr in diesem Leben, Hotaru. Wir... Ich kann es nicht beschreiben, es ist zu kompliziert, jedoch liebe ich dich genauso wie ich Saito liebe, natürlich auf eine andere Art und Weise, für unterschiedliche Dinge aber im Endeffekt ist es dasselbe.
Tatsache ist aber, du brauchst mich. Und so sehr du es auch leugnen willst, es hat nichts mit Stärke zu tun all deine Probleme alleine lösen zu wollen. Es wird nicht leicht werden, doch, was auch passiert, was auch immer dich erwartet, ich möchte, daß du weißt, daß du nicht alleine bist. Vielleicht habe ich mich noch nicht entschieden, vielleicht werde ich es auch nicht so schnell aber du wirst diesen Weg nicht alleine gehen müssen und ich werde ihn dich auch nicht allein gehen lassen. Denn, wenn ich dich verlieren würde, dann würde ich auch nicht mit Saito glücklich werden können... Und deshalb werde ich nicht von deiner Seite rücken, was auch immer geschieht.
Während unsere aneinandergepreßten Körper lange Schatten im Licht einiger erleuchteten Kerzen über den Boden warfen und langsam ihr uraltes Spiel fortsetzten, spürte ich wie sich Hotaru entspannte, ihre Seele, ihr ganzes Ich wieder Frieden und Ruhe fand, zumindest genug, daß es meine Sorge für den Moment linderte und auch ich mich entspannte. Eigentlich sollte ich mich jetzt so fühlen, als ob ich Saito betrog – nicht, daß es das es das erste Mal mit Hotaru war – aber ich tat es nicht. Sie brauchte mich jetzt mehr als Saito und egal wie meine Entscheidung letztendlich ausfiel, ich würde nichts bereuen.
(Artemis)
Es schien ganz so, als ob ich ihn verloren hätte. Ärgerlich lehnte ich mich gegen die Mauer neben einer Telefonkabine. Ich war kurz davor aufzugeben und mich zu den anderen in die Tenoh-Kaio Villa zu begeben. Doch was, wenn dieser Idiot nun doch schnurstracks zu Minako gerannt war, was ich an seiner Stelle wohl auch tun würde. Das einzige Vernünftige war nun, daß die beiden Mädchen irgendwo untertauchten und ich wettete Saito würde alles dransetzen, um gerade das zu verhindern. Irgendwie mußte ich versuchen ihn jetzt eine Weile von Minako fernzuhalten, obwohl ich bezweifelte, daß das ohne Prügelei über die Bühne gehen würde. Saito war kräftiger als er aussah und ein sehr gefährlicher Gegner. Ich hatte keine Lust mir schon wieder für Minako die Knochen zu brechen und hoffte daher auf ein friedliches Gespräch. Zusätzlich hoffte ich ihn alleine anzutreffen, was mir das sicher erleichtern würde.
Während ich mißmutig darüber brütete, was nun zu tun sei, und mich fragte, womit ich diesen Trubel verdient hatte, glaubte ich plötzlich Saitos Stimme von weitem zu hören. Mein Gehör war so scharf wie das einer Katze – Ich war ja auch jahrelang eine Katze gewesen, besser gesagt ein Kater – und ich ging lautlos die Mauer entlang bis ich um die Ecke sehen konnte.
Tatsächlich stand dort der weißhaarige Halbschatten, doch leider nicht alleine wie ich feststellte. Neben ihm stand sein muskulöser Kollege Dallas – auf gerade dessen Abwesenheit ich stark gehofft hatte – und vor ihm merkwürdigerweise Makoto. Eigentlich hätte ich Letztere bei den anderen vermutet, was aber offensichtlich nicht der Fall war. Die langbeinige Brünette hörte gerade geduldig Saito zu, der auf sie einredete.
„...wirklich wissen, was das für ein Dämon sein soll", sagte er gerade. „Wenn ihr Kriegerinnen zu schwach seid, werde ich ihn eben bekämpfen! Ich bin ein Halbschatten verdammt noch mal! Außer Cortez stand noch nie jemand über uns!"
„Vergiß es, du wirst ihn gar nicht erst finden", erwiderte Makoto. „Oder traust du dir zu den Repräsentanten der anderen Seite aufzuspüren? Das muß so was ähnliches wie der Chefdämon der Finsternis sein!"
„Jetzt rede keinen Blödsinn", meinte Dallas kopfschüttelnd. „Es gibt Dämonen, aber doch keinen Repräsentanten oder Chefdämonen oder was auch immer. Dämonen sind eine Horde mißratener Kreaturen, die ewig Rache an ihrem Schicksal nehmen wollen, in dem sie von Menschen Besitz ergreifen, kein Volk mit König!"
„Da fällt mir ein, Rei müßte eigentlich sehr viel mehr darüber wissen", sagte Makoto nachdenklich. „Auf alle Fälle haben Haruka und Michiru mir eine ganz andere Geschichte erzählt." Sie sah auf und den beiden Männern vor ihr scharf ins Gesicht. „Wie dem auch sei, ich möchte, daß ihr Hotaru in Ruhe laßt. Sie ist hier das Opfer im Spiel!"
„Ach, hör auf, Ich hatte nie vor dieser schmächtigen Braut etwas zu tun", winkte Saito ärgerlich ab. „Helfen werde ich ihr allerdings bestimmt nicht. Davon abgesehen ist das Mädel ja die sagenumwobene Kriegerin des Todes, also auch nicht gerade wehrlos. Mich interessiert hier nur Venus, und daß sie auf dem besten Weg ist eine Frau zu heiraten!"
Dallas lachte. „Interessante Beziehungskisten, in die du reingerätst!" meinte er, sichtlich amüsiert über die ganze Geschichte.
„Du sagst es", brummte Saito und kramte aus seiner Sportjacke Zigaretten hervor. Dallas und er begannen sich in einer fremden Sprache zu unterhalten, wobei ich die schon längst vergessene Sprache der Shiekah wiedererkannte. Ich verstand allerdings immer noch kein Wort davon. Makoto anscheinend auch nicht, denn sie griff ungeduldig nach ihrer Trainingstasche, die sie abgesetzt hatte und unterbrach die beiden.
„Ich werde jetzt gehen und zusehen, daß ich die anderen finde", sagte sie. „Die wissen wahrscheinlich schon weit mehr als wir."
„Tja, in solchen Situationen tut es einem Leid keine Göttin mehr zu sein, was Kleine?" versetzte Dallas hämisch.
Makoto lächelte wütend. „Der Schmerz ist auszuhalten", entgegnete sie und wandte sich zum Gehen.
„Warte!" hielt Saito sie zurück. „Ist Venus bei den anderen? Ich möchte sie endlich sehen!" Makoto zuckte die Schultern und wollte antworten, doch ich hielt mein Eintreten in die Szene jetzt für angebracht, obwohl ich in der Anwesenheit von Dallas nicht besonders optimistisch war.
„Ich würde an deiner Stelle noch warten", sagte ich laut und trat zu ihnen hervor. Alle drei wandten sich mir erstaunt zu.
„Wo kommst du denn plötzlich her, Artemis", fragte Makoto verwundert. „Zufall ist das ja wohl kaum?"
„Nicht direkt, nein", gab ich zu. „Hör mal, Saito, ich würde mal ganz gerne mit dir unter vier Augen sprechen."
Saito sah mich nicht sonderlich entgegenkommend an. „Wozu? Um mich überreden zu lassen von Venus fernzubleiben? Vergiß es, Freundchen!"
„Eher um einige Dinge zu klären, die dich interessieren könnten", fuhr ich ruhig fort. „Was glaubst du eigentlich? Denkst du mich begeistert die Geschichte?"
Saito schüttelte den Kopf und seufzte genervt. „Okay, von mir aus, aber nachher gehe ich zu Venus." Er wandte sich Makoto und Dallas zu. Makoto nickte. „Gut, ich werde dann mal zu den anderen gehen!" sagte sie.
„Gute Idee!" meinte ich. „Die suchten schon nach dir. Sie sind in der Tenoh-Kaio Villa."
Sie wandte sich Dallas zu. „Kommst du mit oder ist dir das zu blöd?" wollte sie wissen.
Er zuckte die Schultern. „Schön, wieso nicht?" meinte er schließlich, griff zu seinem Motorradhelm, den er auf der Mauer abgesetzt hatte und stieg auf eine sündteure Yamaha, die aber schon sehr ramponiert aussah. Ich wollte gar nicht wissen worüber Dallas mit der schon gefahren war. Makoto setzte sich hinter ihn und schlang die Arme um den breiten Rücken. Sie blinzelte mir aufmunternd zu. Ich lächelte der netten Brünette noch mal zu bevor sie abdüsten, unendlich erleichtert, daß es bis jetzt so glatt abgelaufen war, wahrscheinlich dank Makotos Anwesenheit.
(Hotaru)
Es gab Zeiten im Leben eines Menschen, die man sehr schätzen und für immer in Erinnerung behalten würde. Diese Erinnerungen wollte man am liebsten für immer tief im Herzen einschließen und für immer dort bewahren. Sie kamen sehr selten diese Momente, zumindest in meinem Leben, wahrscheinlich in unser aller Leben. Jetzt war so einer dieser Augenblicke gewesen und wenn es das Letzte war, was ich mitnahm, bevor was auch immer geschah, dann gab es nichts, worüber ich mich beklagen könnte.
Leise erhob ich mich und streifte meine Sachen über, wobei ich meine Augen nie von der schlafenden Form vor mir nahm. Selten... nein, eigentlich noch nie hatte ich mich so gut gefühlt, so ausgeglichen und friedlich. Ihre Worte, ihre Offenbarungen hatten einen Teil von mir berührt, von dem ich nicht einmal wußte, daß er existierte. Der Frieden und die innerliche Ruhe, nach der ich die ganzen Wochen vergeblich gesucht hatte, waren wieder da. Und neue Zuversicht war ebenfalls zurückgekehrt. Ich wußte, was ich zu tun hatte und ich wußte, ich würde nicht allein sein... bis zum bitteren Ende.
Für eine Weile beobachtete ich noch meine Geliebte im Schlaf. Ihre Atmung war ruhig und gleichmäßig aber ihr Schlaf würde nicht lange sein, leider... Was wir getan hatten, es war irgendwie anders als zuvor. Mehr intensiv, mehr... verbunden. Unsere Seelen hatten sich gestreift und es war wieder so wie früher gewesen. Vielleicht, vielleicht gab es doch noch Hoffnung.
Es war Zeit. Ich spürte, daß die Zeit nach mir rief, die Zeit mich meinem Schicksal zu stellen. Vorsichtig beugte ich mich herunter und plazierte einen sanften Kuß auf die Stirn meines Engels. Du hast mir heute Mut gemacht. Ich werde dich nicht enttäuschen. Damit drehte ich mich um und ging langsam hinüber zur Hintertür, die zum größtenteils ungenutzten Friedhof hinter der Kathedrale führte. Einen tiefen Atemzug nehmend trat ich hinaus. Es war fast so still hier draußen wie es lange Zeit da drinnen gewesen war. Die Atmosphäre war erfüllt vom Hauch des Todes. Ich spürte den Wind des Schicksals. Es war soweit. Jetzt gab es kein Zurück mehr, es hatte nie ein Zurück gegeben.
„Ich habe auf Euch gewartet." Ich erschrak nicht, als eine tiefe, dunkle Stimme hinter mir Antwort gab und ich drehte mich auch nicht um. „Seid gegrüßt, Lady Saturn. Ich, Lord Duncan, bin erfreut Euch endlich gefunden zu haben." Es fiel mir schwer ein verächtliches Schnauben zu unterdrücken. „Nun, es hat ja auch lange genug gedauert."
Stille kehrte ein, die für einige Momente anhielt. „Also?" Die Stimme klang ungeduldig aber das beeindruckte mich nicht im Geringsten. „Also was?" entgegnete ich und fühlte das Aufwallen von Genervtheit von der anderen Person. „Ihr kennt Euer Schicksal. Ihr werdet jetzt mit mir kommen." Ich nahm einen tiefen Atemzug und hielt mir Minakos Bild geistig vor Augen. Das gab mir schließlich genug Kraft. „Nein", antwortete ich ruhig, klar und ohne jegliches Zögern oder Zittern in der Stimme.
„Nein?" echote der Dämon und es schien er konnte sich nicht entscheiden, ob er verwirrt, wütend oder sonst etwas sein sollte. Ich drehte mich schließlich zu ihm um, wobei ich mich gleichzeitig verwandelte. Duncan war durchaus gutaussehend, das mußte ich zugeben. Langes schwarzbraunes Haar, das ihm bis etwas über den Rücken fiel und dort in einem festen Zopf gebunden war. Eine etwas dunklere Hautfarbe, nicht Braun oder Schwarz, nur etwas dunkler. Die Augen waren ein tiefes Karmesinrot. Er trug eine dunkelblaue Uniform mit rostgrauen Beschlägen. Ein dunkelgraublauer Umhang hing locker um seine Schulter. Eine gleichfarbige Hose und schwere schwarze Stiefel rundete das Bild ab. Alles in allem entsprach er genau dem, was sein Name in unserer Sprache bedeutete. Ein dunkler Krieger.
„Nein", wiederholte ich und erwiderte seinen Blick mit ruhigen, unnachgiebigen Augen, die ihn ohne Schwierigkeiten zu durchschauen vermochten. Ich sah das Verlangen in ihm, aber es war nur ein Verlangen nach meinem Körper und meiner Macht. Er war bestrebt den Pakt unter allen Umständen umzusetzen, genauso pflichterfüllt wie ich es war. Nur... Er war auch ungemein blind, wenn er wirklich darauf vertraute.
Duncan lachte schallend. „Zugegeben von allen Reaktionen hatte ich diese am wenigsten erwartet." Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Ihr wißt, daß ich alles tun werde, um meinen Auftrag zu erfüllen?" Ich zeigte keine Furcht vor seiner Drohung, sondern hielt meine Sense locker umfaßt. „Ihr könnt mir genauso wenig schaden wie ich euch." Das schien ihn nicht im Geringsten von seinem Bestreben abzubringen. „Ja, aber ich kann dafür sorgen, daß ihr mit mir kommt." Einen Arm ausstreckend feuerte er ohne Vorwarnung ein Energieseil auf mich ab, ich hielt die Silence Glaive schon bereit, brauchte sie aber nicht einzusetzen.
„VENUS WINK-CHAIN SWORD!" Eine goldene schwertspitzenähnliche Energieladung zerschnitt das Seil noch bevor es mich eigentlich erreichte und ließ Duncan alarmiert einen Schritt rückwärts gehen. Überrascht drehte er sich um in die Richtung, aus welcher der Angriff kam. Auf dem Türsims über dem Eingang stand Sailorvenus in einer selbstsicheren Pose. Sie sagte nichts, sondern starrte nur mit harten, unnachgiebigen Augen auf Duncan hernieder. Das ging eine ganze Weile so, ohne daß sich jemand bewegte. Es schien so, als ob jeder den anderen abschätzen wollte. Normalerweise hätte ich die Situation genutzt aber mein Schicksal erlaubte es nicht, ich konnte ihm nicht schaden.
„Was willst du, Sailorkriegerin? Das ist nicht deine Angelegenheit. Um ehrlich zu sein, solltest du froh sein, denn euer Kampf wird bald zuende sein." Venus sagte immer noch nichts, sondern musterte Duncan nur aufmerksam, das machte den Dämon ein wenig unruhig. „Glaubst du das wirklich?" Duncan hob fragend eine Augenbraue. „Glaubst du wirklich, daß eine – meiner Meinung nach perverse – Bindung einen ewigen Krieg beenden kann und statt dessen einen ewigen Frieden schafft? Glaubst du das?" Sie wartete keine Antwort ab, sondern sprang über ihn hinweg und landete neben mir. „Ich glaube das nicht. Wenn ich eins gelernt habe in all den Leben, dann das Eine. So etwas wie einen ewigen Frieden gibt es nicht." Sie tauschte einen kurzen Blick mit mir aus und ich nickte nur. „Es tut mir Leid, daß du dir die ganze Mühe umsonst gemacht hast, Dämon. Aber solange ich lebe, wirst du mein Glühwürmchen nicht anrühren." Diese Worte waren mit einer solchen Ehrlichkeit und Überzeugung gesprochen, daß sie erneut mein Herz berührten.
Lord Duncan wiederum schien nur leicht beeindruckt. Nach einer langen Redepause und des anscheinend zur Gewohnheit gewordenen Starrwettbewerbs, entgegnete er verächtlich: „Ach, ist das so?" Er zog ein Schwert mit vollkommen schwarzer Klinge. „Ich muß zugeben, ich habe nicht erwartet Konkurrenz zu finden und schon gar nicht von einer Sailorkriegerin. Offensichtlich hast du keine Ahnung, auf was du dich da einläßt, Mädchen." Venus fixierte Duncan und verzog ihre Lippen zu einer schmalen Linie. „Oh, ich weiß ganz genau, auf was ich mich einlasse. Und weißt du was? Es geht mir langsam tierisch auf die Nerven, daß jeder mir sagt, ich wüßte nicht, was ich tue."
Ein eigenes Schwert mit orangem Griff und goldener Klinge erschien zwischen ihren Händen. „Wenn du sie willst, dann mußt du erst an mir vorbei. Und ich werde dich ganz bestimmt nicht lassen." Im Gegensatz zu ihrem eigenen grimmigen Gesichtsausdruck, schien er immer noch lässig. „Wie du wünschst."
Beide schossen gleichzeitig aufeinander zu und ihre Klingen trafen sich in der Mitte. Schwerter gekreuzt versuchte ein jeder für einen Moment den anderen wegzudrängen, schätzte die Stärke seines Gegners ab. Duncan mochte zwar kräftiger sein aber Venus hielt ihre Position zäh und verbissen. Schließlich brachen sie beide auseinander und Venus hob ihre freie Hand. „CRESCENT BEAM!" Ebenfalls mit der freien Hand wehrte Duncan den Energiestrahl ab und schleuderte einen eigenen Angriff aus negativer Energie auf sie. Venus brachte ihr Schwert in die Linie des Angriffs und reflektierte diesen.
Der Kampf hatte begonnen und ich wünschte nur, mir würde irgendwas einfallen diese ganze Situation irgendwie zu entschärfen. Für einen Moment zögerte ich aber Minakos Worte hallten immer noch in meinem Kopf wieder. Die Augen nicht von den kämpfenden Kontrahenten lassend, aktivierte ich meinen Kommunikator und sandte ein Sammelnotsignal.
(Makoto)
Dallas fuhr mit seiner Yamaha an den Straßenrand und ich sprang ab. Ich wandte mich ihm zu. „Na, was ist, kommst du mit rein?"
Er starrte die Villa an. „Arm sind die ja nicht gerade!" stellte er fest statt zu antworten. „Was betreiben die denn so?"
„Michiru spielt Orchester, betätigt sich auch nebenbei als Künstlerin. Angeblich ist sie gut", sagte ich. „Haruka fährt bei solchen Motocrossrennen mit und scheffelt dabei 'ne Menge Kohle."
„Motocrossrennen? So einfach läßt sich hier Geld verdienen?"
„Tja, ist eben nicht jeder hier ein Halbschatten auf der Erde", erwiderte ich ironisch. „Kommst du oder nicht?"
Er stieg ab und folgte mir ins Haus. Michiru öffnete uns die Tür. Sie sah mich schon etwas grantig an, doch als sie Dallas erblickte, wirkte sie noch weniger begeistert. „Hallo", sagte sie gedehnt. „Wo warst du denn, man hat nach dir gefahndet?"
„Tut mir Leid, mein Kommunikator war aus. Jaja, ich weiß, sollte nicht vorkommen. Sind sie noch alle da?"
„Ja. Sie sind auf der Terrasse."
Mir ging ihr Ton auf die Nerven. Ich war vielleicht zu spät und die Anwesenheit von Dallas etwas überrumpelnd, aber die müssen ihre miese Laune auch nicht immer an mir auslassen. Dallas und ich gingen an ihr vorbei auf die Terrasse. Da saß tatsächlich die ganze Bande, und das Stimmengewirr ließ nach als wir raustraten. Alle starrten Dallas an.
„Entschuldigt die Verspätung, Leute!" rief ich bewußt fröhlich. „Saito hat mir seine Aktion erzählt."
„Wie schön", sagte Haruka mit Grabesstimme. Ich ließ mich nicht davon beirren, sondern plumpste neben Rei auf die Bank, während Dallas sich gegen die Mauer lehnte. Rei bedachte mich mit einem Blick, der mir klarmachen sollte, was sie davon hielt, daß ich mich mit den Halbschatten rumtrieb, doch ich übersah ihn.
„Irgendwas, was wir noch nicht wissen", fragte ich.
„Du weißt ja anscheinend schon Bescheid!" antwortete Haruka säuerlich. „Saito hat Hotaru in große Gefahr gebracht und ist jetzt Schuld daran, daß sie in der Klemme sitzt!"
Irgendwie machte es mich wütend. Ich sah in die Runde und bemerkte die zustimmenden Blicke. Anscheinend sah hier jeder in Saito den bösen Kerl der Schuld an Hotarus Unglück war. Das war doch absolut lächerlich. „Sein Vorgehen war nicht gerade richtig, nein", murmelte ich nun ebenfalls schlechtgelaunt.
„Nicht richtig?" rief Usagi. „Ohne ihn wäre vielleicht noch was zu retten!"
Was waren denn das für Töne? Bisher hatte Usagi Saito gemocht, sie war sehr oft mit Minako und ihm zusammen rausgegangen. Saito konnte genau so verrückt sein wie sie, und die beiden haben sich oft prächtig amüsiert. Ich sah sie wütend an. Selten war ich Usagi böse, doch den Kommentar konnte sie sich an den Hut stecken.
„Jetzt komm mal runter!" erwiderte ich genervt. „Die Aktion war Scheiße aber ich versteh ihn verdammt noch mal! Ich weiß auch, daß Minako und Hotaru in der Klemme sitzen, aber letztendlich ist es immer noch Minako, die ihn bescheißt, nicht umgekehrt! Auch wenn sie nichts dafür kann!"
„Da hast du Recht, es ist aber kein Grund sich so zu verhalten", ging Setsuna um einiges freundlicher als die anderen dazwischen. Die gute Setsuna. Ich hatte nicht übermäßig viel mit ihr zu tun aber sie war immer fair und nett zu mir, obwohl ich weder ihre Manieren noch ihren Stand besaß. Es stimmte mich etwas besser.
„Das bestreite ich nicht", sagte ich. „Ich finde nur, daß er auch das Recht hat verteidigt zu werden. Starr mich nicht so an Haruka! Was glaubst was du sagen würdest wenn jemand auf die gleiche Tour bei Michiru käme?"
„Schon gut, reg dich ab", winkte sie ab. „Wir sind jetzt auch nicht hier um zu diskutieren wer recht hat, wir müssen nur diesen Dämonen loswerden. Außerdem würde ich gerne wissen, wo Hotaru und Minako jetzt sind!"
Dallas wandte sich plötzlich unerwartet an Rei. „Sag mal, Medium, als du eine Göttin warst, warst du doch diejenige die Verbindung zwischen Dämonen und Menschen herstellte. Du müßtest doch weit mehr über den Herrscher dieses Volkes wissen? Meistro hatte sich immer darüber aufgeregt, daß er diese Macht nicht besaß."
Rei sah ihn überrumpelt an. Die anderen blickten nun alle zu ihr. Sie schien eine gutdurchdachte Antwort zu überlegen, doch das war nicht mehr nötig, weil plötzlich der Teufel los war. Überall aus allen möglichen Hand- und Hosentaschen begannen plötzlich die Kommunikatoren zu schrillen. Jeder kramte verwirrt danach, während Dallas etwas merkwürdig aus der Wäsche guckte, er wußte ja nichts von unseren Piepsern. Ich wunderte mich da meiner nicht schrillte. Ärgerlich suchte ich ihn in meiner Sporttasche und als ich ihn endlich fand – die anderen waren schon längst dabei die Nachricht zu lesen – durfte ich feststellen, daß er kaputt war. Na toll, dann durfte ich mir bei Luna ja schon wieder einen neuen beantragen, sicher schon zum dritten Mal. Ami hatte das noch nie nötig, sie hat noch denselben als vor vier Jahren.
Ich sah Rei über die Schulter und las mit. Die Nachricht war von Saturn! Alle sprangen gerade auf und verwandelten sich, ich tat es ihnen gewohnheitsmäßig nach, obwohl ich immer noch nicht wußte, was los war, da Rei ihren schon abgeschaltet hatte.
„Laßt uns keine Zeit verlieren!" rief Uranus.
„Moment, was geht ab? Meiner ist kaputt!" wollte ich wissen.
„Saturn und Venus stehen dem Dämonen gegenüber!" erklärte Sailor Moon aufgebracht.
Na Malzeit! Das konnte ich mir auch denken, wohin es geht wollte ich wissen?
„Wir werden uns zur Kathedrale teleportieren!" rief Luna.
Kathedrale? Etwa die Kathedrale? Dallas packte mich am Arm und sah mich fragend an. „Keine Ahnung", murmelte ich. „Laß uns ihnen folgen."
(Moon)
„Wartet mal." Verwirrt blieb ich stehen. Wir hatten gerade begonnen uns aufzustellen, da hatte Dallas sich überraschenderweise zu Wort gemeldet. Man konnte ihm wie immer nicht ansehen, ob ihm etwas paßte oder nicht. An seiner lässig, kühlen Art biß ich mir meistens die Zähne aus, ihn zu interpretieren.
„Was ist denn noch?" drängte Uranus ungeduldig und überhaupt nicht erfreut über die Unterbrechung. Dallas zeigte sich nicht sonderlich beeindruckt von Uranus Temperament. „Warum versucht ihr eigentlich so verzweifelt dieses Abkommen zu verhindern?" Makoto, die schon drauf und dran war sich auch zu verwandeln, zögerte und sah ihn fragend an. „Ich meine, überlegt doch mal. Wenn alles so läuft wie geplant, braucht ihr euch dann über nichts mehr Sorgen zu machen, das wollt ihr doch immer."
„Aber es geht eben nicht alles so wie geplant, das wissen wir bereits", meinte Luna mehr oder weniger ruhig und beantworte die auf jeden Fall folgende Frage gleich mit. „Sin und Anshar waren bei mir und haben mir erzählt, daß das alles in einem riesigen Desaster enden wird." Dallas warf Makoto einen Blick zu. „Alte Feinde, aber jetzt nicht mehr, denke ich", erklärte sie knapp, offensichtlich ungehalten darüber, daß sie doch noch nicht alles wußte. „Und ihr traut denen?" wollte Dallas wissen.
Stille kehrte für einen Moment ein, bis Mars vorsichtig meinte. „Ich sehe keinen Grund, warum sie lügen sollten." Der Halbschatten ließ nicht locker. „Und gibt es einen Grund, warum sie die Wahrheit sagen sollten?" Darauf hatten keiner etwas zu sagen. Mich begann Dallas Unterbrechung langsam wirklich zu nerven, denn wir verloren wertvolle Zeit und daß er jetzt auch noch Zweifel säte, das paßte mir ganz gewiß nicht.
„Da ist etwas Wahres dran... Woher wissen wir denn, daß das alles nur ein großangelegter Trick..." begann Makoto aber sie kam nie dazu den Satz zu beenden. Ich wollte sie schon vorhin zurechtweisen aber hatte es dann doch gelassen. Jetzt riß bei mir der Geduldsfaden. Mit eins, zwei schnellen Schritten war ich bei ihr und verpaßte ihr eine schallende Ohrfeige, Dallas dabei völlig ignorierend, der selber etwas überrumpelt schien.
Makoto sah ungläubig auf aber machte instinktiv zwei Schritte nach hinten, als sie mir in die Augen blickte, in die Augen von Serenity – zwar immer noch in Senshiform aber das konnte ich fließend. Vielleicht nicht der Mondgöttin aber so viele Unterschiede bestanden nicht zwischen der Göttin und der Mondprinzessin. „Schämst du dich nicht?" sprach ich mit bissigem Unterton, der sämtliche Gegenargumente im Keim erstickte. „Du willst also wirklich Hotaru einem skrupellosen Dämon überlassen und dann einfach drauf hoffen, daß alles gut wird? Ich hatte gedacht, du wüßtest es besser. So etwas wie Frieden wird es nie zwischen unseren Seiten geben. Und selbst wenn, denkst du überhaupt nicht daran, welchen Preis Hotaru dafür zahlen muß, willst du dich einfach zurücklehnen und tun, als ob es dich nichts angeht? Sie hat wahrlich schon genug durchgemacht, woran wir alle nicht unbeteiligt waren. Ob nun Inner oder Outer, sie ist immer noch meine Senshi und ich werde keine meiner Senshi an den Feind verlieren. Und DAS ist endgültig." Makoto duckte sich tatsächlich etwas und neigte den Kopf. „Natürlich", sagte sie kleinlaut.
Damit drehte ich mich um und nahm meinen Platz wieder ein. „Wenn du mit willst, Dallas, dann tu das, aber ansonsten hält dich keiner hier. Doch misch dich nie wieder in unsere Angelegenheiten ein." Ich griff nach Mars' Hand und Jupiter trat neben mich, den Kreis schließend, Dallas erstaunlich still neben ihr.
„SAILORTELEPORT!"
(Artemis)
Anfangs bin ich mir schon blöd vorgekommen, da ich einerseits sauer auf Saito war wegen dem, was er Hotaru angetan hatte, ihn aber andererseits verstand und das Gefühl hatte, daß ich nicht anders gehandelt hätte. Was bitte sollte ich ihm nun sagen? Laß Minako in Ruhe?! Mann, es war seine Freundin! Akzeptier ihre Liebe? Hilf uns Hotaru zu retten? Das war alles völliger Blödsinn. Ich konnte Hotaru zwar besser leiden aber ich mußte feststellen, daß ich Saito mehr recht gab. Und ich hatte nicht die geringste Ahnung wie ich ihn dazu bringen soll sich von Minako fernzuhalten, wenn ich nicht mal dieser Meinung war.
Doch merkwürdigerweise begann er das Gespräch anzufangen und war plötzlich viel freundlicher als er normalerweise war. Ich sah ihn verwirrt an, doch ohne, daß er es merkte. Er sah plötzlich müde aus. Müde und ohne Energie.
„Ich weiß, was du mir jetzt sagen willst, also laß es bitte sein", sagte er. „Aber es tut mir nicht Leid. Denkt von mir, was ihr wollt, aber mich interessiert nur Venus! Ich werde nicht dabei zusehen dass mir irgend jemand sie einfach so wegnimmt. Oh nein, das gibt Krieg! Sie gehört mir!"
Ich sah ihn aufmerksam an. „Wieso nennst du sie eigentlich nie Minako", fragte ich, obwohl es eigentlich unwichtig war.
Er sah mich erstaunt an. Anscheinend war ihm das nie aufgefallen. „Keine Ahnung, ist das so wichtig? Für mich ist sie Venus, die ich geliebt habe und immer lieben werde."
„Eben", stellte ich fest. „Venus und Minako sind ein großer Unterschied, Alter. Ich habe Venus auch geliebt, Minako ist für mich aber nur wie eine kleine Schwester."
Er sagte nichts darauf, sondern blickte mich nur mißtrauisch an. Ich ließ mich nicht davon beirren, sondern fuhr fort. „Venus hast du auch immer ganz anders angeschaut. Sie war eine Göttin, das Größte für dich, du hast sie verehrt. Minako siehst du eher als dein kleines Mädchen. Du liebst sie auch, das bezweifle ich nicht. Aber gib's doch zu: Du sehnst dich manchmal wie verrückt nach der Liebesgöttin!"
Es dauerte eine Weile bis er antwortete. „Du kannst Recht haben..." murmelte er. „Aber ich werde sie trotzdem niemandem überlassen. Ich liebe Minako genauso. Was soll mein Mädchen mit dieser Saturn, einer Todeskriegerin und kleines schwaches Mädchen gleichzeitig? Sie braucht jemanden, der sie beschützt! Außerdem könnte sie nie treu bleiben, ich auch nicht. Aber das ist unsere Natur, wir verstehen uns. Diese Hotaru wird sie nur verletzen. Zu diesem Sternenbündnis sage ich lieber gar nichts!"
„Ich bin auch nicht begeistert aber ich möchte, daß Hotaru gerettet wird", meinte ich.
„Ich will die Kleine ja auch nicht ins Verderben rennen lassen!" erwiderte Saito ärgerlich. „Hey, sie ist hübsch und wohl auch nett. Wenn sie meine Venus nicht für ewig unter ihre Fittiche setzen würde, käme ich sicher gut mit ihr aus. Aber so nicht!"
Plötzlich schrillte mein Kommunikator auf. Ich kramte ihn hervor und las die Nachricht, die Luna mir geschickt hatte. Es war eine ziemlich lange Nachricht. Ich pfiff durch die Zähne. „Was ist los?" wollte Saito wissen. Ich reichte ihm den Kommunikator damit er auch lesen konnte.
Venus und Saturn in heiliger Kathedrale, Angriff vom Dämonen! Sieh zu, daß du herkommst, könnte ziemlich häßlich werden. Du weißt ja wie es geht.
P.S: Moon hat Jupiter eine runtergehauen. Habe fast befürchtet Jupiter würde auf sie losgehen! Momentan ist die Hölle los!
Saito mußte lachen, als er das Ende las. „Usagi hat Makoto eine runtergehaut?! Das soll doch wohl ein Scherz sein!"
„Wie auch immer", sagte ich ungeduldig, denn bei meinen Mädels wunderte mich gar nichts mehr. „Hör mir zu, Saito! Ich wieß, die Situation ist Scheiße für dich aber möchtest du Minako nun retten oder nicht? Du bist stark, keiner von uns hat eure Macht, du könntest sehr nützlich sein. Tu es für Minako."
Er zögerte, jedoch nicht allzulange. „Also schön. Ich fühl mich zwar äußerst unwohl bei all den mißtrauischen Weiber, die mir jetzt wahrscheinlich an die Gurgel springen möchten, aber ich bin trotzdem dabei. Auch weil ich den Dämonen gerne sehen würde. Aber verlang keiner von mir nachher bei einer Zeremonie den Trauzeugen zu spielen!"
„Alles klar." Merkwürdig wie gut ich plötzlich mit meinem Rivalen klarkam. Und ich hatte noch eine Prügelei befürchtet. Plötzlich fiel mir ein, daß ich nun genau das Gegenteil von dem getan hatte, was ich hätte tun müssen. Statt ihn fernzuhalten, nahm ich Saito nun zu Minako mit.
Ich verstand mich selbst nicht mehr.
„Welche verfluchte Kathedrale", fragte Saito. „Wo ist die?"
„Eine Wegerklärung wäre schwierig. Aber du kannst dich doch teleportieren, kannst du auch Personen mitteleportieren?"
„Kein Problem."
„Gut. Ich werde die Energie der anderen suchen und du bringst uns hin. Könnte kompliziert werden aber das geht schon."
Saito nickte und stellte sich gerade hin. Dabei schloß er die Augen. Ich tat es ihm nach und legte die Hand auf seine Schulter. Händchenhalten wäre mir bei Saito dann doch etwas zu vertraut. Nach ein paar Sekunden hatte ich die Energie gefunden und leitete sie an Saito weiter. Dann teleportierte er uns weg.
(Momoko)
„Das ist wirklich eine feine Zwickmühle, in die sie sich da reinmanövriert hat." Ich hörte nur halb zu, was Hinagiku sagte, sondern starrte gedankenverloren zum Fenster raus. Etwas lag in der Luft, schon den ganzen Morgen über, ich fühlte es deutlich, konnte es aber nicht klar plazieren. „Ich habe mit Kazuya gesprochen aber es scheint seltsamerweise, daß momentan sämtliche Wege ins Engelsreich abgeschnitten sind. Wir können Königin Aphrodite also nicht mal informieren."
Yuris Worte registrierte ich nur am Rande. Minako und ich hatten ein längeres Gespräch gestern Abend gehabt und dieses war immer noch sehr präsent. Als sie angekommen war, wirkte sie aufgelöst und ich hatte eine geschlagene Stunde gebraucht, um sie überhaupt zum Reden zu bringen. Als sie heute Morgen wieder verschwunden war, schien sie wesentlich gefaßter, selbstsicherer, als ob sie genau wußte, was sie tun mußte.
„Wißt ihr. Ich glaube sie wird es tun." Meine drei Freundinnen wurden still und schauten mich auffordernd an. „Das Bündnis, meine ich." Scarlett musterte mich mißtrauisch. „Was macht dich da so sicher? Es ist ja nicht so, als könnte man so etwas über Nacht entscheiden." Ich nickte. „Das weiß ich. Ich glaube auch nicht, daß sich Minako schon darüber im Klaren ist. Doch ich habe da dieses Gefühl, daß sie tief in sich drin diese Entscheidung schon längst getroffen hat und jetzt nur noch einen Weg sucht Saito nicht zu verletzen. Es könnte natürlich sein, daß ich mich irre aber..."
In just diesem Augenblick begann mein Kommunikator, den Minako mir gegeben hatte, wie wild zu piepen. Ich schaute hinunter und überflog die Nachricht. Es schien ein Standardsammelruf zu sein und das bedeutete wohl, daß etwas überhaupt nicht in Ordnung war. „Was tun wir jetzt", fragte Yuri, während Hinagiku und Scarlett schon halb standen. „Hat Pluto nicht gesagt, wir sollen uns nicht einmischen und wenn, dann nur falls nötig?"
„Nennst du das etwa nicht nötig?" entgegnete Scarlett. Hinagiku sah wesentlich nachdenklicher drein als normal, ansonsten war sie mit die Erste, die sich ins Getümmel geschmissen hätte. „Und was können wir tun, wenn sowieso alle da sind? Wir sind nichts weiter als Hilfskräfte. Unsere Macht ist sogar genau genommen geringer als die von Venus. Was haben wir denn beizutragen?" Das ließ alle für einen Moment Schweigen und wir warfen uns lange Blicke zu.
„Das mag ja sein. Aber was ist, wenn wir etwas hätten tun können und es nicht getan haben, weil wir hier geblieben sind." Yosuke kam gerade in diesem Moment von seinem Telefongespräch in dem Raum zurück. Ich nickte langsam. „Er hat Recht. Wir sollten zumindest versuchen zu helfen, auch wenn es nicht viel ist." Meinen Spiegel hervorholend, fügte ich noch an: „Hoffen wir, daß es da noch etwas zu helfen gibt."
(Saturn)
Schlag, Parade, Streich, Parade, Kreuzen... So ging es eine ganze Weile. Ich war erstaunt, denn Venus gab nicht einen Zentimeter Boden gegen Duncan her, der ganz offensichtlich ein sehr talentierter Schwertkämpfer war, im Gegensatz zu Venus, die ich so gut wie nie mit einem Schwert hatte trainieren, geschweige denn kämpfen sehen. Ich wußte nicht, woher sie diese Zähigkeit und vor allen Dingen die Fähigkeit hernahm. Auch wenn Fähigkeiten bei uns oft fließend kamen, wenn sie gebraucht wurden, glich das bei Weitem nicht den Erfahrungsvorteil aus.
Jedoch... Da war schon ein Unterschied, wo Duncan noch nicht mal ins Schwitzen geraten war, sah man bei Venus deutlich die Anstrengung. Ich wußte nicht, wie lange sie das ohne Pause noch durchhielt und so gerne ich wollte, ich konnte und durfte nicht für sie einspringen. Wenn es nur irgend etwas gab, was ich tun konnte. Aber mir wollte nichts einfallen. Ich war sicher es gab etwas, es nagte förmlich an meinem Bewußtsein, ich konnte es aber nicht greifen.
In diesem Moment ließ Venus' Konzentration für einen Moment nach und der Dämonenlord nutzte das gnadenlos aus. Innerhalb einer Sekunde hatte er sie entwaffnete und sein Schwert in eine Gnadenstoßhaltung gebracht. Ich merkte gar nicht richtig wie ich mich nach vorne bewegte, alles lief in Zeitlupe ab. Schreien, das wollte ich, aber da kam kein Laut heraus.
„Dead Scream!" rang ein tiefes Wispern durch die Luft und eine violette Energiekugel schoß in den Raum zwischen Venus und ihrem Widersacher. Duncan sprang instinktiv zurück und entging so einem Volltreffer. Einer nach dem anderen begannen sämtliche Senshi den Friedhof zu füllen, in einer etwas seltsamen Reihenfolge, denn Moon war ganz vorne mit dabei, während Jupiter etwas zurückhing und Dallas sie förmlich mitziehen mußte. Auch Luna war da, von Artemis fehlte noch jede Spur aber der war ja Saito suchen und ich hoffte inständig er würde ihn aus der Sache heraushalten... aber das war wohl nicht zu erwarten.
„Ich kann diesen Unsinn nicht länger tolerieren!" donnerte Moons Stimme förmlich über den Ort und ich erkannte ein Intensität und Autorität darin wie ich sie nicht einmal von Prinzessin Serenity kannte, sie war viel mehr die Stimme einer Königin. Das bestätigte eigentlich nur meine Vermutung, es war bald soweit.
Für einen Augenblick schien Duncan eine Erklärung verlangen zu wollen, doch ein Blick in Moons entschlossene Augen mußte ihm sagen, daß heute hier keiner zu Argumenten aufgelegt war. Er schnaubte ungeduldig. „Ich habe keine Zeit für diesen Unsinn. Ihr könnt nicht verhindern, was vorbestimmt ist. Bakabaka!" Ehrlich, ich mußte mich sehr beherrschen nicht laut loszuprusten bei dem Namen und ich konnte zumindest den Anflug eines Grinsen bei allen anderen erkennen, wie schlecht die Situation auch aussehen mochte.
Der Dämon von vorhin erschien in einem Aufblitzen neben seinem Meister. „Geh, kümmer dich um die da. Aber keine Toten klar? Wir sind nicht hier, um einen Krieg zu führen. Halt sie mir nur vom Hals." Zuerst hatte ich gedacht, der Dämon wäre Frühstück für die versammelte Mannschaft aber entweder hatte sein Herr ihn aufgepowert oder er war innerhalb von ein paar Stunden über sich selbst hinausgewachsen. Zwar war er immer noch keine echte Gefahr aber er hielt sämtliche Senshi von Duncan und mir entfernt.
Für einen Moment beobachtete der Dämonenlord das Geschehen und wandte sich dann betont lässig wieder mir zu, das Schwert erhoben, was mir wegen der gegebenen Umstände wiederum gar keine Angst bereitete. „Ich bin sicher, wir werden uns sehr gut verstehen, wenn diese kleine... Meinungsverschiedenheit erst einmal beigelegt ist." Er schaffte es nur zwei Schritte in meine Richtung zu machen, bevor Venus' goldene Schwertklinge wieder mit seiner kollidierte und ihn dabei fast durchbohrte.
Mit starren Augen beobachtete ich das Getümmel um mich herum. Ich wußte, ich sollte den anderen helfen, solange Duncan mit Venus beschäftig war, doch auf der anderen Seite wollte ich sie auch hier nicht ganz alleine lassen. Langsam begann sich ein Gedanke, eine Idee in meinen Kopf einzuschleichen. Zugegeben, eine verrückte, eine wahnsinnige, wirklich unglaubliche Idee, jedoch... Ich sah keine andere. Das einzige Problem war, daß ich Minako damit höchstwahrscheinlich verlieren würde. Aber es gab keinen anderen Wahl. Ich sah keine Möglichkeit wie sie noch länger durchhalten würde und mittlerweile schien Duncan so genervt, daß ich bezweifelte, er würde sie leben lassen, wenn sich die Gelegenheit bot.
Stumm und inaktiv wartete ich, meinen Entschluß gefaßt. Ich wartete auf eine Gelegenheit diesen in die Tat umzusetzen. Es gab keine andere Möglichkeit.
(Venus)
Der Schmerz war zu ignorieren, es war nur ein Streifkratzer und die Hand war ja noch dran aber wenn Plutos weltberühmtes Timing nicht gewesen wäre... Die Zähne zusammenbeißend griff ich nach meinem Schwert und stellte fest, daß meine rechte Hand wohl doch schwerer verletzt war. Na toll, es war schon schwer genug mit dieser dem Dämon standzuhalten aber jetzt auch noch mit links...
Duncan hatte einen häßlichen Hilfsyouma auf die anderen Senshi losgelassen, deren Eintreffen ich eigentlich nur wahrgenommen hatte, weil Plutos Attacke mich vor dem sicheren Tod bewahrt hatte. Jetzt wandte sich der dunkle Lord wieder Saturn zu und machte einen Kommentar, für den ich ihn am liebsten sein eigenes Schwert mitten in sein perverses Mundwerk gesteckt hätte. Ich konnte Leute mit überholten Prinzipien und Ansichten nicht ausstehen und schon gar nicht solche Typen wie ihn... Wütend holte ich aus, direkt auf seine ungeschützte Seite zielend, doch Duncan parierte blitzschnell. Fast...
„Was du bist immer noch da? Geh mir endlich aus dem Weg!" Er klang jetzt fassungslos und aufgebracht zugleich. Ich regte mich keinen Zentimeter und versuchte den besten selbstbewußten Ausdruck hinzulegen, den ich konnte. „Nur über meine Leiche", zischte ich und griff an. Jedoch erwies es sich wie erwartete als ungemein schwierig mit der ungeübten Hand das Schwert zu führen und fand mich bald nur noch in der Defensive wieder. Duncan attackierte jetzt brutal und rücksichtslos, mit einer Härte, die er vorher nicht gezeigt hatte. Diese Faktoren alle zusammengenommen und ich wußte, daß ich in ein paar Minuten tot sein würde.
Am Anfang des Kampfes hatte ich nur aus Aishars Erinnerungen geschöpft und war in der Lage gewesen den Dämon in Schach zu halten aber jetzt ließ ich meinem Alterego vollkommen freien Raum und überließ ihr das Kämpfen. Wir waren jetzt nahezu eins, beide getrieben von der Sorge um Saturn. Der Verlauf des Duells begann sich auszugleichen, als die talentiertere Aishar tatsächlich zurückschlagen konnte, trotzdem forderte es meine ganze Konzentration, da ich den psychischen Link aufrechterhalten mußte.
Am Rande meiner Wahrnehmung bekam ich mit wie die Senshi sich mit dem Youma bekämpften. In einer kurzen Verschnaufpause beiderseits blickten wir uns kurz um und erspähten Artemis und Saito, die dem Getümmel ebenfalls beigetreten waren. Saito hatte zuerst versucht zu mir durchzukommen, war dann aber stehengeblieben und wir hatten einen kurzen Augenblick Blickkontakt. Es war nicht viel aber es reichte mir. Er schien verstanden zu haben, worum es mir hier im Moment ging und warum ich das tun mußte, was ich tat.
Dann ging unser Kampf mit Duncan weiter und ich verdrängte alles andere aus meiner Wahrnehmung, nur der Gedanke, die Aufgabe Saturn unter allen Umständen zu schützen blieb und schürte unser inneres Feuer noch mehr an. Doch der Dämonenlord war gut und er hatte einige wichtige Vorteile, ohne diese wir ihn möglicherweise schon gehabt hätten. Aber so... Es war schwer vorauszusagen, ob wir gleichgut oder jemand besser war, wenn die anderen nur endlich diesen nervigen Hüpfer loswerden würden...
Es dauerte noch eine geschlagene Minute, die mir wie eine Stunde vorkam, dann röstete ein finaler Feuerpfeil von Mars das Viech endlich. Für den Bruchteil einer Sekunde ließ ich in meiner Konzentration nach und das war fatal... Ein stechender Schmerz fuhr nun auch durch meine linke Hand und wir ließen das Schwert fallen. Instinktiv fielen wir zurück, um so dem sicherfolgenden Schlag auszuweichen aber er kam nicht, statt dessen sammelte Duncan negativer Energie in seiner freien Hand, als ob er unser Zurückfallen erahnt hätte. „Stirb, Miststück!" Mit diesem Ausruf feuerte er die Energieladung.
Die folgende Sekunden kamen uns vor wie eine halbe Ewigkeit. Sie konnte nicht viel mehr als ein Flecken in der Landschaft gewesen sein, so schnell bewegte sie sich zwischen uns und den Angriff aber wir erkannten beinah jede Bewegung, erfaßten den grimmigen, entschlossenen Gesichtsausdruck und die schockende Reflexion von Selbstaufgabe in ihren Augen. Saturn stieß uns aus dem Weg und Millisekunden, die wie Minuten wirkten, später traf sie der für mich bestimmte Angriff...
Die Verbindung zu Aishar zersplitterte schmerzhaft und ich spürte ihren eigenen Schmerz immer noch in mir, tausendfach meinen eigenen verdoppelnd und reflektierend, als die Wucht des Treffers Saturn nach hinten schleuderte. Sie flog nicht weit, denn irgendwie brachte ich es fertig sie aufzufangen. Doch ich wünschte der Anblick wäre mir erspart geblieben. Ihr Fuku war verbrannt und in Fetzen gerissen. Eine tiefe Wunde klaffte in ihrem Bauchbereich, die jeden Kriegsverletzten erbleichen lassen würde. Ich hatte das Gefühl jemand würde mich erwürgen, aufhängen, aufschneiden und alle möglichen anderen Folterungen und Methoden jemanden umzubringen gleichzeitig auf mich anwenden und das immer und immer wieder.
Geschockt und unfähig etwas zu sagen, saß ich da, Hotarus Kopf – sie hatte sich zurückverwandelt – in meinem Schoß. Ich fühlte nicht nach einem Puls, prüfte nicht, ob sie noch atmete, ob ihr Herz noch schlug. Ich saß nur da und strich ihr übers Gesicht. Mein ganzes Ich sträubte sich widerspenstig dagegen die Wahrheit zu ignorieren... die Wahrheit, daß sie... daß sie... daß sie... tot war. Oh, Kami-sama, nein! Nein! Nein! Nein! Nein! Nein! Nein! Nein! NEIN! NEIN! NEIN! NEIN! NEIN!!! NEIN!!! NEIN!!! NEIN!!! NEIN!!!!!!!!!!
„Aino-chan..." Huh? „Ho...taru?" Ihre tiefen violetten Augen ruhten auf meinen und ich sah einen Glimmer von Traurigkeit darin aber ansonsten waren sie ernst, so ernst wie keine Augen in einer Situation wie dieser sein sollte aber irgendwie paßte es zu ihr. „Hör mir zu", sprach sie, offensichtlich sehr damit bemüht, daß ihre Stimme nicht schwankte. „Ich weiß, du willst wahrscheinlich gar nichts von alldem hören aber ich mußte das einfach tun. Du... Du hast soviel für mich getan und du verdienst etwas... etwas besseres als ich dir je bieten könnte. Ich bin nicht wie du dir deine große, wahre Liebe vorstellst und ich werde es nie sein. Du hast mich glücklich gemacht, auch wenn es nur für eine kurze Zeit war. Ich wünschte, ich könnte diesen Platz in deinem Herzen auch für immer einnehmen aber... es geht nicht. Ich kann dich nicht leiden sehen und mit mir würdest du zuviel Leid erfahren..."
Tränen flossen mein Gesicht herunter, während ich ihr zuhörte. Meine Hände zitterten und hin und wieder schüttelte ich heftig den Kopf. Ich konnte nicht, wollte nicht glauben, was hier geschah. Ich wußte sie starb aber ich verstand es nicht, verstand nicht, warum sie das alles tat. „Ich möchte", fuhr sie fort, nun blasser als je zuvor, „daß du mit dem Menschen glücklich wirst, der dir all das bieten kann, was dich auch wirklich glücklich macht." Und plötzlich, plötzlich verstand ich. Plötzlich war alles so klar und deutlich. Saito, sie tat das nur damit ich mit Saito zusammensein konnte. Dummes Glühwürmchen, dumm, dumm, dumm... Warum verstand sie nicht, daß sie mir genauso viel bedeutete... Das sie mir... mehr... bedeutete.
„Aber das bin ich doch", brachte ich zwischen Schluchzern hervor, es war nicht mehr als ein Flüstern. Für einen weiteren zeitlosen Augenblick trafen unsere Augen aufeinander und verharrten dort. Dann röchelte Hotaru noch einmal und ihr Kopf fiel zur Seite, ein seliges Lächeln zierte ihr Gesicht, ein Ausdruck, der nun so überhaupt nicht dahin paßte.
Das Echo ihres Röchelns aus der Richtung des Dämons, den ich vollkommen ignoriert hatte, ließ mich aufsehen mit nichts mehr als Haß und Zorn in meinem Gesicht. Dieser verflog aber und wurde von Unglauben ersetzt, als ich ihn auf den Knien wiederfand, gekrümmt und mit deutlichen Schmerzen im Bauchbereich, dort wo Hotaru... Oh, Kami-sama! Hotarus Worte flogen mir durch den Kopf und ich realisierte jetzt erst, was sie getan hatte aber wenn er noch lebte...
„Sailormoon!" Das war Uranus und sie klang ziemlich ungeduldig. Ich erkannte, daß alle wie geschockt standen, wo sie waren, und sich nicht bewegten. Moon kam augenblicklich aus ihrer Trance und hatte in einer flüssigen Bewegung ihre Ewige Tiara in der Hand. „SILVER..." Duncan sah in diesem Moment auf und bedachte mich mit einem langen bösen und zerknirschten Blick. „Dieses Spiel ist noch nicht zuende." Und damit war er verschwunden. Uranus fluchte.
Langsam erwachten alle aus ihrem paralysierten Zustand und kamen zu uns hinübergerannt aber ich nahm sie nur beiläufig war. Da war doch eben etwas, ein Gedanke, ein wichtiger Gedanke, was war es? Verdammt, ich konnte nicht mehr klar denken. Mein Kopf war zu beschäftigt damit die unterschiedlichen Emotionen von Trauer, Schmerz, Wut, Zorn, Terror und all die anderen auseinanderzuhalten.
„Sie lebt noch!" stellte Merkur verblüfft fest und diese Worte drangen schließlich zu mir durch. Ich sah auf, starrte meine blauhaarige Freundin für einen Moment an und sah dann hinunter auf Hotaru. Jetzt, wo sie es sagte, fiel mir auf, daß da immer noch ein ganz schwacher, unregelmäßiger Atem war. Ich bezweifelte, daß die anderen ihn wahrnahmen, denn es war mehr ein Nachklang ihrer Macht, etwas, das sie halb am Leben hielt. Aber es war da und ich wußte es.
Merkur mußte überrascht zur Seite springen, als Sailormoon... nein, Prinzessin Serenity durch die Reihen stob und neben uns niederging. Sie nahm Hotarus Hand in ihre und erst jetzt bemerkte ich, daß der Silberkristall in ihrer anderen ruhte. Wie lange hatte sie ihn nicht mehr benutzt...? Ich wollte etwas sagen, fühlte mich aber nicht in der Lage dazu. Eine sanfte silberne Aura hüllte Hotaru ein und begann die Wunde förmlich einzurahmen. Da war ein kurzes Aufflackern von Violett und dann, als ob das Violett das Silber abstoßen würde, begann dieses sich auszubreiten.
Halb erwartete ich, daß Serenity erschöpft zusammenbrechen würde, doch das geschah nicht. Statt dessen führte sie weiter, was sie schon die ganze Zeit getan hatte, sie ergriff die Initiative, diesmal in der Form Kommandos zu verteilen. „Merkur, Krankenwagen. Unsere Energielevel sind zu ähnlich, ich konnte zwar ihre eigenen Heilkräfte anregen aber nichts weiter. Jupiter, Mars helft Venus mit Hotaru. Ihr anderen sichert die Umgebung. Ich möchte keine ungewünschten Überraschungen mehr." Keiner wagte auch nur den Ansatz eines Widerspruchs. Die drei Outers schwärmten aus, während Merkur weiterhin Hotaru durchcheckte. Mars und Jupiter, die sehr still wirkte, kamen zu uns hinüber aber ich schob sie zur Seite.
Wortlos hob ich Saturn hoch, vorsichtig darauf achtend, daß sie keinen jähen Bewegungen ausgesetzt wurde. Theoretisch wäre ich selber überrascht gewesen über meine eigene Stärke und Kontrolle. Aber das alles war bedeutungslos für mich. Für die anderen mußte es aussehen, als ob ich in einer Art Trance war und so fühlte ich mich auch. Mein Kopf war leer und doch gleichzeitig mit vielen Gedanken gefüllt – so paradox das auch klang.
Meinen Blick halb geradeaus, halb auf Hotarus fast leblose Form – fast, mußte ich mich immer wieder erinnern – schritt ich schnurstracks auf den Eingang der Kathedrale zu – die ersten Sirenen waren schon in der Ferne zu hören – und verwandelte mich dabei zurück.
Es war in diesem Moment als Peach, Lily, Daisy und Salvia eintrafen, dicht gefolgt von Viento. Für einen kurzen Moment hob ich den Kopf und sah zu Peach hinüber. Alle Fünf waren stehengeblieben, als sie die Situation erfaßt hatten. Ich weiß nicht wie aber da war etwas wie eine stumme Übereinstimmung zwischen uns und sie stellte keinen Fragen, sondern halfen den anderen nur wortlos das Gebiet zu sichern.
Als ich meinen Weg fortsetzte, kam ich an Artemis und Saito vorbei. Für einen Moment glaubte ich, Saito wollte etwas sagen, ließ es dann aber. Ich widmete ihnen – ihnen beiden – keinen Blick, sondern ging weiter starr geradeaus. Ich wußte, daß war grausam und ich war ziemlich sicher, daß Saito sich abgeschoben fühlte. Doch ich konnte nicht aufsehen, jetzt nicht mehr. Es tut mir Leid, Saito... Aber ich denke... ich habe mich entschieden... Eine einzelne, einsame Träne kullerte meine Wange hinunter.
