Götterdämmerung

Drei Leben, zwei Geliebte, eine Entscheidung

Teil 5: Die Ruhe vor dem Sturm

(Saito)

Da sah ich sie also, meine Venus und Hotaru. Mein kleines Mädchen, das stark wie ein Held ihre Freundin in den Armen trug. Ich verstand mich selbst nicht mehr. Wo war meine Wut hin? Meine Lust diese kleine Gans Saturn ins Verderben zu stoßen? Es war alles weg. Ich hatte gesehen wie tapfer Saturn Venus vor diesem schmierigen Kerl beschützt hatte. Und es hat mir gefallen. Zum ersten Mal verspürte ich Wohlwollen ihr gegenüber. Und zum ersten Mal begriff ich, daß Minako sie wirklich liebte. Ich hätte das nie gedacht. Ich hatte gedacht, daß es nur wieder eine Einbildung von ihr war und sie wieder zu mir zurückkehren würde. Doch dann hätte sie sich nicht dermaßen die Hände schmutzig gemacht. Ich war bisher der Einzige gewesen, für den Minako in den Tod gehen würde. Daß sie dasselbe für dieses Glühwürmchen tat, sagte alles.

Plötzlich hielt mich nichts mehr zurück. Ich lief Venus nach, obwohl Artemis mich davon abhalten wollte. Ich griff sie am Arm. Sie drehte sich erschrocken zu mir um, anscheinend dachte sie für den Bruchteil einer Sekunde ich wollte sie schlagen, und sah ihr Flehen in den Augen. Ich schüttelte wütend den Kopf. „Mach dich nicht lächerlich mein Herz, ich würde dich nie schlagen! Los, lad mir Hotaru auf, ich werde dir helfen sie ins Krankenhaus zu bringen."

Sie starrte mich an. „Saito..." flüsterte sie und die Tränen liefen ihre Wangen hinunter. „Bitte haß mich nicht..."

„Wie zum Teufel sollte ich dich hassen? Los halt dich an mir fest, ich werde euch hinteleportieren, das geht schneller. Starr mich nicht so an! Es ist jetzt endgültig Schluß mit dem ganzen Blödsinn. Ich werde dir ab jetzt helfen und alles für dich tun was möglich ist okay? Wenn du sie liebst, ist das nun mal so, aber ich liebe dich auch."

Sie nickte schluchzend, drückte ihren Kopf gegen meine Brust, Hotaru immer noch in den Armen haltend. Ich wollte mich konzentrieren um uns wegzuteleportieren, als ich Uranus und Sailormoon auf mich zukommen sah. Sie sahen entschlossen aus, wahrscheinlich dazu entschlossen mich von ihr fernzuhalten.

„Tu mir einen Gefallen und sag denen sie sollen sich um ihren eigenen Kram kümmern..." murmelte ich Venus ins Ohr.

Sie sah auf und hob die Hand damit Sailormoon und die andere begriffen. Dann nickte sie ihnen zu und sah mich mit ihren großen blauen Augen an. Ich nickte ebenfalls und wir schlossen beide die Augen. Ich spürte ein wohliges Gefühl mich durchfahren, als ich mit den beiden Mädchen in Luft aufgelöst wurde, mußte mich aber gleichzeitig stark konzentrieren, um das Krankenhaus zu finden. Einfach war es nicht, weil ich noch nie dort war, aber ich schaffte es trotzdem. Als wir die Augen wieder offen hatten, standen wir bei der eher kleinen Klinik dieser kleinen Stadt. Ich nahm Hotaru auf den Arm.

„So geht's schneller, ich habe mehr Kraft. Los laß uns keine Zeit verlieren!"

Venus folgte mir nur, immer noch stumm vor Erstaunen und vor Angst um Hotaru. Sie verwandelte sich rasch zurück in Minako und folgte mir. Wir durchquerten laufend die kleine Allee und stürmten durch den Eingang des Krankenhauses.

Drinnen starrten alle Leute uns neugierig an, als wir auf eine Krankenschwester zuliefen.

„Das ist ein Notfall!" schrie ich. „Sie ist schwer verletzt und hat eine Wunde in der Magengegend. Sie muß sofort operiert werden!" Ich hatte Glück und war an eine kompetente Schwester geraten, die sofort begriff und einen Arzt und weitere Krankenschwestern alarmierte. Binnen wenigen Minuten war Hotaru auf eine Trage verfrachtet worden und wurde durch die Gänge zu den OP-Räumen geführt. Mein Herzblatt rannte nebenher und hielt ihre Hand, immer wieder irgendwelche Worte murmelnd, während ich einer Krankenschwester Hotarus Namen und Vornamen nannte und mich krampfhaft an die Adresse ihrer Villa zu erinnern versuchte.

Hotaru wurde in einen Raum geführt und die Ärzte hinterher. Von da an war für uns Sperre. Wir wurden von einer jungen Schwester in einen anderen Raum geführt, wo wir uns setzten und warten mußten. Sie ließ uns nach einigen Erklärungen alleine.

Es war totenstill in diesem Raum. Ich hatte den Arm um Minako gelegt und sagte nichts, sie weinte leise und preßte sich an mich. Ich wußte nicht, was ich ihr sagen sollte. Ich hatte soviel was ich sagen mußte, daß ich sie trotzdem liebte und ihre Liebe zu ihrer Freundin akzeptierte und daß ich ihr helfen würde. Aber ich konnte nicht. Nicht weil ich feige war, sondern weil ich mich bei solchen Dingen einfach nicht ausdrücken konnte. Doch dann war es auch sie, die anfing zu reden.

„Saito..." murmelte sie. „Es tut mir so Leid...so schrecklich Leid..."

„Was tut dir Leid? Das hier? Laß das, du weißt, daß ich dich verstehe. Ich kenne dich besser als jeder andere und kann mir vorstellen, was in dir vorgeht. Meine arme Minako..."

Sie starrte mich verwundert an. „Du hast mich ja einmal Minako genannt!" sagte sie lächelnd.

„Es scheint so. Tut mir Leid, ich war die ganze Zeit über blöd. Du bist nicht mehr meine Venus, du bist Minako und Aishar."

„Nein...nein Saito, das stimmt nicht. Ich werde immer deine Venus sein, auch wenn ich nicht mehr die Göttin bin. Ich werde aber auch immer Aishar sein, auch wenn ich nicht mehr die Prinzessin bin. Aber... ich... ich möchte Hotaru retten, weil ich sie liebe, genauso wie dich..."

„Nein", unterbrach ich sie. „Du liebst sie mehr als mich. Das ist nicht vorwurfsvoll gemeint, es ist einfach so weil ihr beide in diese Zeit gehört und ich nicht. Ich gehöre zu Venus, der Göttin, und sie zu mir. Minako aber gehört mir nicht."

Sie umarmte mich plötzlich und küßte mich. Das hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet, nicht jetzt.  „Tut mir Leid", sagte sie dann etwas verschmitzt. „Aber es ist der Hit, wenn mein Macho feinfühlig wird!"

Ich lächelte ebenfalls. „Ich möchte, daß du glücklich bist, Minako. Los, rette deine Freundin und gehe das Bündnis mit ihr ein. Ihr würdet für einander töten, das ist Grund genug es zu tun!"

„Was? Ich meine...Du bittest mich wirklich drum das Bündnis einzugehen?!"

Ich lachte. „Nein ich hab kein Fieber. Ich werde mich zwar später noch in den Hintern beißen, denn wenn du erst verheiratet bist kann ich dich nicht mehr vernaschen, aber du solltest es tun. Du liebst sie."

Sie fing wieder an zu weinen. „Meinst du das wirklich ernst, Saito?" wollte sie unsicher wissen.

„Sonst würde ich es nicht sagen, mein Mädchen." Ich umarmte sie. „Gib mir trotzdem noch mal einen Kuß!"

Sie kam den nach und so leidenschaftlich haben wir uns schon lange nicht mehr geküßt. Selbst, wenn sie mit Hotaru das Sternenbündnis eingehen wird und sie sie mehr liebte; Sie würde mich vermissen, das war klar. Wir hatten eine tolle Zeit gehabt, und einige Dinge konnte Hotaru ihr beim besten Willen nicht geben.

Die Krankenschwester von vorhin unterbrach uns. Sie räusperte sich. Wir sahen auf.

„Und", fragte ich ungeduldig.

„Es ist...sehr erstaunlich..." murmelte sie. „Wir haben noch nie so eine Regenerationsfähigkeit gesehen. Eure Freundin wird auf alle Fälle überleben. Aber momentan könnt ihr nicht zu ihr. Ich muß euch bitten zu gehen und morgen wieder zu kommen, dann könnt ihr sicher mit ihr sprechen."

„Können wir wirklich nicht noch heute zu ihr?" flehte Minako.

„Es tut mir Leid, nein", erwiderte die Schwester bestimmt.

Ich nickte und zog Minako hinaus. Draußen vor dem Krankenhaus standen wir uns gegenüber. Sie sah total abgekämpft aus. „Geh nach Hause, Minako", sagte ich zu ihr. „Ich werde dich hinbringen. Du mußt etwas schlafen."

Sie nickte schwach.  „Ich danke dir Saito. Ich werde dich trotzdem weiterlieben."

„Das will ich hoffen", seufzte ich und brachte Minako zu ihrer Wohnung.

(Makoto)

Vieles ging mir durch den Kopf, als ich vor der Kaffeemaschine in meiner Wohnung stand und nervös an meiner Zigarette zog. Was für ein Tag! Zuerst hetzte ich durch die ganze Stadt um Saito zu finden. Dann durfte ich hören wie er Hotaru in die Klemme gesetzt hat. Schließlich zog ich mir die Wut aller Senshi auf mich, nur weil ich Dallas mitbrachte, und schlußendlich bekam ich von Usagi eine Ohrfeige.

Ich muß zugeben, ich war sauer. Ich mochte es nicht, wenn Usagi sich aufführte als sei sie Commander „ich weiß nicht wer". Daß sie mir eine Ohrfeige gegeben hat, fand ich nicht schlimm, da liegt überhaupt nicht mein Problem. Jede durfte mal ihre Wut auslassen, außerdem hatte ich kräftige Wangenknochen. Das, was sie gesagt hatte, brachte mich zur Weißglut. Sie wollte nicht, daß einer ihrer Senshi stirbt? War das jetzt das Neueste? Waren wir ihr Eigentum, ihre Diener oder so ähnlich? Niemand butterte mich unter, nicht mich. Nicht nachdem ich über unsere wahre Herkunft Bescheid wußte, seit die Shiekah wiedergekehrt waren. Ich liebte Usagi aber das war bei weitem kein Grund mich von ihr in eine Rolle zu zwingen lassen, die mir nicht paßte. Ich konnte mir vorstellen, daß Rei genauso wie ich dachte, auf alle Fälle hoffte ich es. Sonst würde ich irgendwann doch alleine dastehen.

Ich seufzte. Ich hatte gesehen wie Saturn Venus gerettet hatte und meine Bewunderung ist ihr ab jetzt sicher. Mir hat sie nun auf alle Fälle bewiesen, daß sie für Venus alles tun würde.

Außerdem war ich unglaublich erleichtert, als Saito Venus nachgerannt ist und ihr geholfen hat Hotaru ins Krankenhaus zu bringen. Vielleicht haben die beiden sich ja endlich ausgesprochen. Ich hoffte es...

Es war mir sehr wichtig, daß Saito mit uns Senshi in guter Verbindung bleibt. Den Grund dafür konnten viele nur ahnen, Minako war die Einzige, die ihn kannte. Wenn Saito weiterhin zu uns gehörte, dann würde es Dallas vielleicht einmal auch...

Ich schlug mir der Faust auf den Tisch. Verdammt, wieso hoffte ich auch nur darauf? Dallas war arrogant, er war prügelwütig und er scherte sich nicht im Geringsten um die anderen. Wieso sollten sie ihn mögen? Weil er gut aussah? So ein Quatsch. Die anderen akzeptierten jeden, der sich Mühe gab. Aber er gab sich keine Mühe.

Ich hatte ihn immer bekämpft. Damals, vor Tausenden von Jahren, hatten ich und Lyzäos ihn und seine Gang als Hauptfeinde gehabt. Er war mein Gegner und Lyzäos hatte ihn immer gehaßt. Und doch war ich verrückt nach ihm. Und er war es auch nach mir.

Ich wußte, es war gefährlich. Dallas war gefährlich. Ich hatte Angst vor mir selbst, daß ich mich von ihm zu Dingen verleiten ließ, die den anderen schaden könnten. Ich verstand Minako und ihre Liebesproblematik vollkommen. Meine war nämlich mindestens genauso blöd.

Plötzlich hörte ich die Wohnungstür aufgehen. Ich brauchte mich gar nicht umzudrehen, ich wußte es war Minako. Ich wartete geduldig bis sie eintrat, doch innerlich kriegte ich mich vor Neugier fast nicht mehr ein.

„Hi, Mako-chan!" begrüßte sie mich.

Ich wandte mich ihr zu und musterte sie. Sie sah müde und abgekämpft, aber irgendwie erleichtert aus. „Hi, du Heldin. Wie geht es deinem Glühwürmchen?"

Sie lächelte, und begann zu erzählen. Sie erzählte mir nicht nur vom Krankenhaus, denn sie begann plötzlich alles zu erzählen. Von Rhea, von Hotaru, von ihrer Liebe zu ihr. Von Saito und seinem Verständnis und dabei machte mein Herz einen Freudenhüpfer. Ich hörte ihr fasziniert zu und unterbrach sie kein einziges Mal. Als sie endete, sah sie mich erwartend an, gerade so, als ob sie nun meine Meinung hören wollte. Ich wollte ihr etwas sagen, doch ich wußte nicht was. Eigentlich konnte ich ihr nur sagen, daß ich sie verstehe.

„Was denkst du nun von mir". fragte sie mich als ich schwieg. Ich nahm einen Zug von meiner Zigarette.

„Was soll ich von dir denken, Mina? Ich muß dir sagen, daß ich verblüfft bin und, daß ich dich nicht gerne an Hotaru verliere. Aber ich laß jeden seinen Weg gehen. Usagi behauptet ja ich würde mich so dreist einmischen aber ich misch mich nicht ein, sie ist die Einzige, die das mit ihrem Gequatsche tut."

Ich sagte es mit ruhiger Stimme, doch ein paar Sekunden später ärgerte ich mich das jetzt auf den Tisch gebracht zu haben. Minako sah mich gleich verwundert an. Sie begriff sofort, daß etwas passiert war.

„Was ist los Mako?" wollte sie wissen.

Ich mußte lachen, obwohl mir nicht dazu zumute war und ich erzählte ihr von Usagis Ohrfeige, sowie, daß sie sich traute Dallas anzublaffen. „Dallas hat den Mund gehalten aber ich hätte fast lieber gehabt er würde etwas sagen!" schloß ich grinsend, um zu verstecken, daß es mich verletzt hatte. Minako starrte mich an. Ich begriff sogleich, daß ich ihr nichts vormachen konnte. Sie kannte mich sehr gut nach all den Jahren und den letzten Monaten in denen wir zusammengelebt hatten. Ich sah die Angst in ihren Augen. Diese Angst hatte sie jedesmal, wenn ich so redete, was Dallas und unsere Gruppe anbelangte und ich mich dabei negativ über Usagi ausließ. Sie wußte alles über meine Gefühle und fürchtete das Gleiche wie ich. Seit die Geschichte mit den Shiekah war, fürchtete sie ich könnte wieder die Seite wechseln.

Ich wollte sie nicht zusätzlich noch damit belasten. Also erzählte ich ihr meinerseits, was in den letzten Tagen passiert war von dem sie nichts wußte. Ich erzählte ihr die Dinge aus meiner Sicht und nicht aus der Sicht von Usagi oder Haruka. Sie schien sich wider meiner Befürchtungen darüber zu freuen, daß ich eher Saito als sie unterstützt hatte.

Nach einer Weile in der wir eine kleine Gesprächspause eingelegt hatten sah sie mich plötzlich mit ernstem Blick an. „Makoto, ich möchte dich um etwas bitten", sagte sie.

„Schieß los, Schatz, ich tu alles für dich."

„Ich möchte, daß du meine Sternenpatin wirst."

 Ich legte meine Zigarette nieder und starrte sie an. Mit allem hätte ich gerechnet aber nicht damit. „Ich? Das wundert mich aber jetzt. Wieso ausgerechnet ich?"

„Möchtest du nicht", fragte sie.

„Sicher möchte ich aber es wundert mich, daß du nicht die edle Usagi fragst. Sie ist ja so begeistert von eurer Vermählung und prügelt jeden nieder, der auch nur etwas dagegen sagt!"

Ich wußte, daß mein Ton zu sarkastisch war, aber ich konnte es nicht lassen. Eigentlich war ich nur verblüfft über diese Bitte. Ich hätte nämlich tatsächlich zu hundert Prozent damit gerechnet, daß sie Usagi bitten würde. Minako schien es mir Gott sei Dank auch nicht weiter übelzunehmen.

„Weil ich möchte, daß du es bist. Mako, du würdest ohne mit der Wimper zu zucken für uns töten oder für uns sterben. Die letzten Monate mit dir in dieser Wohnung waren das Größte und selbst wenn man bei dir Fehler macht, du siehst darüber hinweg. Und sei Usagi nicht böse, sie liebt dich das weißt du."

Ich seufzte. „Jaja, schon gut, du hast mich schon wieder weich."

Sie grinste verschmitzt. „ Wenn man länger mit dir zusammenlebt, lernt man es schneller. Also, wirst du mein Sternenpate sein, Makoto „Jupiter" Kino?"

Ich lächelte und umarmte sie. „Es wird mir eine Ehre sein!" entgegnete ich um ihr zu zeigen wie sehr ich mich freute.

(Duncan)

Es war kaum zu ertragen, diese Schmerzen. Da war keine Wunde nichts aber die Schmerzen waren trotzdem da und zerrten an meinen Energiereserven. Ich wußte, ich würde es überleben aber das war nur ein minimaler Trost. Die ganze Aktion war so unglaublich schiefgelaufen, daß es mit Worten überhaupt nicht zu beschreiben war. Nie hätte ich erwartet, daß Saturn sich so sehr sträuben würde und sogar soweit gehen würde zu versuchen sich selbst zu opfern. Es war ein Versuch, denn ich lebte ja noch. Jedoch hatte ich dieses Mädchen unterschätzt. Sie verstand ihre Arbeit und wußte im richtigen Moment genau, was sie tun mußte. Von vornherein füreinander bestimmt, teilten wir eine Art Band, das uns physisch und auch psychisch im hohen Masse bereits jetzt aneinander band, und genau das hatte sie genutzt.

Die Augen geschlossen ließ ich mich in der grünlichbraunen Flüssigkeit treiben. Der Heilungsprozeß war ein schwieriger und im Gegensatz zu Saturn oder anderen hohen Dämonen waren meine Selbstheilungskräfte so gut wie wertlos. Außerdem hatte der Kampf mit dieser Sailorsenshi mich geschwächt. Ich haßte, es inaktiv zu sein, gerade jetzt. Zwar würde Saturn auch nicht ganz so schnell wieder auf die Beine kommen aber wenn meine Vermutung stimmte...

Meine Augen flogen auf und blitzten bedrohlich. „Koitenshi!" Eine in sich zusammenschrumpfende Säule aus schwarzer Energie erschien vor meinem Heilungstank und gab schließlich eine komplett in Schatten gehüllte Gestalt frei. Das Einzige, was man erkennen konnte, war, daß die Gestalt weiblich und ein Paar von breiten Fledermausflügeln wie ein Gewand um ihren Körper gewickelt hatte. „Ihr habt mich gerufen, Meister", fragte sie mit tiefer Stimme und verbeugte sich kurz. „In der Tat. Ich habe einen Auftrag für dich. Da ich hier im Moment nicht weg kann, wirst du dich um meine Belange kümmern."

Koitenshi nickte, doch ich spürte ihre Verwirrung. „Wie ihr wünscht aber... Verzeiht mir die Frage. Es scheint momentan unmöglich zu sein an die Lady Saturn heranzukommen, ohne die Sailorsenshi dabei auszuschalten, was wir doch nicht wollten. Außerdem..." Sie verstummte, doch ich wußte, was sie sagen wollte. Natürlich war ich nicht dumm, mir war durchaus bewußt wie gefährlich diese Venus dem ganzen Ablauf werden konnte. Ich hatte die andere Seite solange studiert, daß ich wahrscheinlich Geheimnisse kannte, die selbst den Sailorsenshi und ihresgleichen unbekannt waren. Und, daß mir diese Senshi, die mir Zugesagte wegnehmen wollte, das würde ich ganz sicher nicht dulden. Wir – ich und Saturn – waren dazu bestimmt den Frieden zwischen unseren Seiten zu bringen, nicht ihn durch ein Sternenbündnis weiter anzufachen, was nämlich die Konsequenz sein würde auf das Entstehen einer neuen zentralen Kraft von Ordnung und Licht.

„Mach dir darüber keine Sorgen. Wenn dir die Senshi unerbittlichen Widerstand entgegensetzen, lasse ich dir freie Hand. Aber versuche Opfer zu vermeiden. Für deinen Auftrag jedoch solltest du keine Probleme mit ihnen bekommen. Geh und suche meine Anvertraute und wenn es dir möglich ist, bring sie zu mir. Aber deine Hauptaufgabe wird eine andere sein. Lady Saturn ist auf Dauer hilflos ohne ein gegenteiliges Bündnis. Und dies zu verhindern wird ganz einfach sein. Finde Sailorvenus..." Ein böses Lächeln zierte meine Lippen, als ich all den Frust, den Zorn und den Funken von Eifersucht in diese letzten Worte legte. „Und töte sie."

(Artemis)

Luna lehnte an der Küchentheke und rührte emsig in ihrer Kaffeetasse, während sie mir zusah. Ich arbeitete gerade an meinem Computer und versuchte mich zu konzentrieren, was mir bei ihrem stechenden Blick allerdings schwerfiel. Kaum zu glauben... Sie wußte die 15 Methoden schon auswendig wie sie mich an den Galgen kriegte. Zum Beispiel mit diesem unschlagbaren Blick dazustehen und mich anzustieren, während ich versuchte einen Ort für das neue Kommunikationscenter zu finden. Allerdings hatte ich weder etwas aufgefressen noch sonst etwas verbrochen, was ihr mißfallen hätte können. Oder vielleicht doch? Die Frau nahm mir manchmal Sachen übel, wo ich mir bei weitem nicht hätte denken können, daß es sie verletzen könnte. Minako war als Zimmergenossin weniger schwierig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt war ich allerdings ein Kater gewesen und sie ein vierzehnjähriges, unmoralisches Girlie. Diese Beschreibung trifft nicht gerade auf Luna zu. Ich seufzte. Ewig konnte ich ihre Haltung nicht ignorieren.

Ich schaltete den Bildschirm aus und drehte mich auf dem Drehsessel ihr zu. „Okay", fragte ich ungeduldig, „was ist los? Habe ich wieder eine unangebrachte Bemerkung kommen lassen? Mich wie ein Rüpel verhalten? Die Miete nicht bezahlt?"

Sie stellte die Tasse nieder und schüttelte ungläubig den Kopf, daß die schwarzen dichten Locken hin und hergeschüttelt wurden. „Ich faß es nicht!" ereiferte sie sich. „Wie kannst du so ruhig dasitzen und den blöden Bildschirm fixieren nach so einem Tag? Ist Minako nicht der zweite Sinn in deinem Leben? Bist du nicht ihr inoffizieller Vormund oder war das mal?"

„Was redest du denn da", fragte ich genervt über den mir unverständlichen Ausbruch. „Was soll ich denn tun? Es ist nicht meine Art mich in Sachen einzumischen und ich habe dir schon mal gesagt, daß Minako langsam lernen soll selber mit ihrer Liebesproblematik über den Berg zu kommen. Ohne, daß ich dafür den Kopf hinhalten muß."

„Davon rede ich doch überhaupt nicht!" sagte Luna nun schon wesentlich milder. „Ich rede von dem ganzen Schlamassel hier. Hast du schon vergessen, was Anshar und Sin gesagt haben? Dieses Sternenbündnis ist sogar unbedingt erforderlich, ich frage mich, ob ihr das eigentlich schon alle begriffen habt! Sollte Saturn von Duncan, untergebuttert werden, gibt es keinen neuen Zyklus mehr in der Zukunft."

„Ich habe sehr wohl begriffen, Luna", entgegnete ich geduldig. „Ich frage mich nur, was du von mir erwartest. Es sieht ja ganz so aus, als ob Minako das Sternenbündnis annehmen wird, auf alle Fälle habe ich keine Zweifel mehr nach diesem Kampf."

Sie setzte sich neben mich und ergriff meine Hand. „Artemis, dieser Lord Duncan wird sich rächen! Verstehst du denn nicht, Minako ist in Gefahr! Du mußt sie beschützen! Sie ist doch neben Saturn nun das Hauptziel von Duncan, allerdings eher um getötet zu werden. Kannst du nicht mit zwei der anderen Senshi sie überwachen gehen, Jupiter und Mars zum Beispiel? Die beiden sind die schlagkräftigsten! Wir müssen langsam etwas unternehmen. Zu anderen Zeiten, als es ebenfalls brenzlig war, waren wir das beste Team. Jetzt scheint alles auseinanderzubrechen." Sie machte eine kleine Pause. Ich sah sie verwundert an.

„Auseinanderzubrechen? Was meinst du damit?" hakte ich nach.

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß auch nicht. Ami lebt in letzter Zeit so zurückgezogen, in ihren eigenen Recherchen vertieft, Rei hat sich seit der Verwandlung zur Göttin so verändert. Makoto hängt neuerdings mit Dallas herum, den ich für einen fragwürdigen Freund halte, und Minako...Sie wird noch an ihrem Schicksal zersplittern, dabei ist sie doch die Anführerin..."

Luna war mal wieder überdreht und ich spürte ihre Nervosität, also umarmte ich sie und gab ihr einen Kuß. „Du siehst das alles zu negativ. Die Liebe macht Minako stark und wenn dieser Feind erst überstanden ist, ist sie noch stärker als je zuvor. Ich kenne sie doch. Was die anderen drei anbelangt, sie werden erwachsen. Sie sind nicht mehr die kleinen Mädchen, die du wie eine Mutter kontrollieren kannst, Luna. Sie sind jetzt Neunzehn, keine Vierzehn."

Luna lächelte schwach. „Du hast Recht, wahrscheinlich sehne ich mich nach der Zeit, in der wir sie noch so sicher unter unseren Fittichen hatten." Dann setzte sie sich auf und sah mich ernst an. „Aber das ändert jetzt nichts daran, daß Minako in Gefahr ist. Ich bestehe darauf, daß sie geschützt wird!"

Ihr Ton duldete keinen Widerspruch. Ich begriff, daß sie Recht hatte. Minako hatte sich tatsächlich zur Zielscheibe von Duncan gemacht, und alleine würde sie ihn kein zweites Mal überleben. „Du hast mein Wort."

(Momoko)

Die Abendluft war frisch und angenehm. Es hing ein Hauch von Liebe in der Luft, der mit jedem Augenblick, der verstrich, stärker wurde. Die Vorfälle an der Kathedrale hatten Minako und Hotaru noch enger zusammengeschweißt und wenn ich richtig vermutete, die Entscheidung, die ich schon vermutet hatte, endgültig gemacht. Doch das würde ich ja bald wissen.

Die Türklingel schrillte und ich stieß mich vom Geländer ab, auf das ich mich aufgestützt hatte und hinausgeschaut hatte. Yosuke war nicht da und die anderen waren auch nach hause gegangen, wobei ich Salvia und Daisy zusammen mit Jamapi noch zu einer kleinen Sonderaufgabe abgestellt oder besser um eine solche gebeten hatte. Minako hatte vor einer halben Stunde angerufen und gesagt, sie würde mit mir und Usagi reden wollen, allein und ungestört.

Ich war überrascht, denn anstatt Minako stand erst einmal Usagi im Türrahmen. Ich kannte sie nicht so gut wie meine Cousine – ich blieb lieber bei der Bezeichnung – aber was den Umgang mit anderen anging, stellte das für mich eh kein Problem da. Und so lächelte ich charmant und bat sie hinein.

„Minako ist noch nicht da aber sie müßte gleich kommen." Das blonde Mädchen mit dem markanten Odangostil nickte schwach. Bei genauerer Betrachtung konnte man sehen wie Sorge und Abgekämpftheit ihre zarten Gesichtszüge verunzierten. Nachdem, was Minako mir erzählt hatte, war sie eigentlich wesentlich offener und fröhlicher, mehr wie wir beide. Dieser tiefernste Ausdruck erschien mir irgendwie fehl am Platz.

„Hey, ist alles in Ordnung", fragte ich offen heraus, während ich meinen Gast in den Wohnraum des Apartments führte, das Yosuke und ich uns teilten. Usagi ließ sich seufzend in das kleine Sofa fallen und legte für einen Moment den Kopf zurück. Ich setzte mich ihr gegenüber auf einen Stuhl und wartete geduldig. „Nein... Eigentlich nicht. So vieles ist nicht in Ordnung." Ich wußte nicht warum, wie oder woher ich es wußte, es war einfach da, das Verständnis. „Es muß schwer sein", meinte ich und Usagi sah mich verwundert an. „All diese Verantwortung zu tragen, auch wenn man sie gar nicht möchte." Ihre Verwunderung wurde zu Verblüffung. Kurz setzte sie zu einem Kommentar an, entschied sich dann aber anders und nickte einfach nur, immer noch ernst.

Es herrschte eine Weile komfortable Stille, bevor mein Gegenüber aufsah, ein wenig entspannter als zuvor. „Wie sieht es mit dir aus, Momoko? Wie habt ihr es geschafft nicht von der Bombe damals getroffen zu werden?" Ich biß mir etwas auf die Lippen, denn eigentlich wollte ich mich nicht gerne daran erinnern, ich hatte viele Freunde verloren und auch... Aber was machte es schon, schließlich steckten wir da alle im selben Boot. „Meine Freunde, die Jungs und ich waren außerhalb an einem See campen. Wir haben alles beobachten können... Unsere Familien waren alle noch in Tokyo..." Usagi lächelte verständnisvoll. „Ich weiß, was du meinst."

In diesem Moment klingelte es wieder und alle weiteren Gesprächsthemen wurden erst einmal nach hinten geschoben, als ich aufstand und die Tür öffnete. Minako stob regelrecht an mir vorbei und ich schloß perplex die Tür wieder hinter ihr. Den Wohnraum wieder betretend, fand ich Minako schon neben Usagi auf der Couch wieder, abgehetzt und leicht außer Atem. „Woo, ich sage euch, die sind schlimmer als die Kletten." Usagi blinzelte verwirrt. „Wer denn?" hakte ich nach. „Jupiter und Mars scheinen es sich in den Kopf gesetzt zu haben mich rund um die Uhr zu beschatten oder so etwas. Ha! Haben die gedacht, ich würde sie nicht bemerken?" Usagi legte Minako eine beruhigende Hand auf die Schulter. „Nun mal ganz ruhig. Das ist nur zu deinem Besten, Duncan ist jetzt sicher auch hinter dir her, denn der einzige Weg seine Chancen auf Dauer zu wahren, wäre momentan dich zu töten." Ich schluckte und Minako sah ihre Freundin entgeistert an, nickte schließlich aber schwach.

„Das bringt mich dazu, warum ich eigentlich hier bin." Meine Cousine lehnte sich zurück und starrte für eine Weile die Decke an. Usagi und ich warfen uns ein paar lange Blicke zu. „Ich möchte, daß du dich schon mal auf eine Zeremonie einstellst, Usagi." Wir waren beide nicht im Geringsten überrascht. „Bist du sicher", fragte Usagi sanft und ich hielt es für angemessen mich zurückzuhalten. Minako sagte nichts, sondern stand auf und ging hinaus auf den Balkon und Usagi folgte ihr, während ich an der Tür stehenblieb.

Sie starrte eine Weile hinaus auf die Stadt, die in den Schein der untergehenden Sonne getaucht wurde. „Ich weiß nicht, ob ich sicher bin. Ich liebe sie beide, verstehst du? Es ist nur... Nein, sag nichts, ich bin es Leid, daß alle denken, ich mache das bloß, um Hotaru zu retten, das stimmt nicht. Uns verbindet soviel mehr in diesem Leben und ich bin nun mal nicht mehr Venus. Es ist nicht so, daß ich keine Gefühle für Saito hätte aber ich glaube auch ohne den ganzen Druck hätte ich mich für Hotaru entschieden. Minako Aino wird Saito nie so lieben können wie die Göttin Venus ihn geliebt hat." Sie drehte sich schließlich zu uns um. „Ich werde noch mit Hotaru sprechen, wenn sie aufwacht. Zwar weiß ich, daß die anderen meine Entscheidung schon ahnen aber..."

„Ich werde nichts sagen", unterbrach Usagi sie, ihre Worte erahnend. „Solange du es nicht willst, sind meine Lippen versiegelt. Außer... Ich muß ein paar Worte mit Setsuna deswegen wechseln aber ihr kann man ja eh nichts vorspielen." Minako nickte dankbar. „Gut, dann werde ich jetzt noch Hotaru besuchen... Schaut nicht so! Mich entdeckt schon keiner." Ihr Blick fiel auf mich und sie schien sich an etwas zu erinnern. „Oh, beinah hätte ich es vergessen. Momoko, kannst du mir einen Gefallen tun?" Na endlich, ich war mir schon ausgelassen vorgekommen. „Sicher, alles."

(Dallas)

Zusammen mit Saito trat ich aus der Kneipe in die Nacht hinaus. Ich verstand den Kerl einfach nicht. Vor ein paar Minuten noch hatte ich ihm vorgeschlagen dieses gottverdammte Kaff zu verlassen und uns etwas besseres auf diesem Planeten zu suchen. Aber anscheinend hatte er den Sinn auf Macht und Abenteuer verloren. Was wollte er eigentlich? An seiner Stelle würde ich zusehen, daß ich hier wegkomme, nachdem seine angeblich so ewige Liebe ihm den Laufpaß gegeben hatte. Aber nein, es war mal wieder typisch. Er dachte wohl immer noch Venus beschützen zu müssen. Letztendlich würde er bei dieser Zeremonie noch den Sternpaten spielen. Ich lächelte verächtlich. Auch wenn Saito normalerweise ziemlich clever war, wenn ihn etwas mit Blindheit schlägt, dann kann man ihn vergessen. Er war ein Weichei aber ich begann ihn immer mehr zu mögen, im Gegensatz zu anderen Zeiten.

Ich hatte nicht vor ein friedliches Leben hier zu führen. Davon abgesehen, daß es mich zu Tode langweilen würde, wollte ich ein paar gleichwertige oder wenigstens interessante Gegner auf dieser Welt finden. Macht zu bekommen dürfte mir nicht mehr schwerfallen und gerade deshalb hatte ich nicht vor mich hier zu verschanzen. Ich hatte trotz allem viel von Cortez gelernt. Manchmal tat es mir fast Leid, daß Meistro tot war. Wenn jemand es verstand etwas aufzubauen, war er es. Nur mußte man dann natürlich zusehen ihn im richtigen Augenblick loszuwerden.

Was diesen Lord Duncan anbelangte...Saito hatte einen Narren an dem gefressen und es schien, als ob er unbedingt gegen ihn antreten wollte. Mich interessierte der Kerl eher weniger. Wenn ich etwas haßte, waren es diese verfluchten Dämonen, es waren immer die Lieblingsgegner von Meistro gewesen. Dämonen sind hinterlistig, arbeiten mit schwarzer Magie und ehe man sich versieht sitzt man in einer anderen Dimension fest. Nein danke. Außerdem hatte ich die Lust mich in die Sache einzumischen langsam verloren. Die Senshi interessierte ja anscheinend nur diese Sailorsaturn zu retten. Da darf man wohl nicht wagen Zweifel anzubringen, wie es die überdrehte Sailormoon ja schon klargestellt hat.

Saito wandte sich mir noch mal zu, bevor er die Wagentür öffnete. „Ich habe uns eine Wohnung gefunden, wie versprochen", eröffnete er. „Kommst du gleich mit?"

Ich schüttelte den Kopf. „Ich werde nachkommen."

„Okay, hier ist die Adresse. Ich leg mich gleich schlafen, der Kerl eben hat mich mit seinem Gequatsche in Grund und Boden gestampft."

Ich grinste. Wir waren von einem stinkreich aussehenden Typ angesprochen worden, der uns unsere Kraft wohl gleich angesehen hatte und uns überreden wollte für ihn irgendwo ans Ende der Welt zu fahren um etwas zu suchen. Als wir ablehnten hetzte er seine Bodyguards auf uns. Der Kampf dauerte ungefähr zehn Sekunden und war stinklangweilig. Gab es denn keine echten Krieger hier?

Ich nickte dem einzigen Shiekah, der außer mir noch existierte selbst noch mal zu, stieg auf mein Motorrad und fuhr die Straße entlang. Ich hielt mich mal ausnahmsweise an die vorgeschriebene Geschwindigkeit damit ich nicht wieder einen dieser lästigen Geier von Polizisten am Hals hatte. Nach einer Weile hielt ich bei einem Park am See an, stieg ab und lehnte mich über das Geländer, und blickte auf das im Mondlicht glitzernde Wasser hinaus. Während ich eine Zigarette rauchte, starrte ich in die Nacht hinaus und bei dem sternenklaren Himmel packte mich plötzlich die Sehnsucht von hier wegzukommen und hinaus ins Universum zu reisen.

Plötzlich schlug mir jemand mit voller Wucht in den Rücken. Mir blieb ein Moment fast die Spucke weg und ich fragte mich ernsthaft, wer es fertigbrachte, daß ich den Schmerz spüren konnte. Ich drehte mich um und sah in das hübsche, verschmitzt grinsende Gesicht von Makoto. „Hi!" grüßte sie gutgelaunt.

„Hi", murmelte ich. „Was suchst du denn noch hier?"

Sie zuckte die Schultern. „Langsam frage ich mich das auch. Artemis hatte mich vorhin mitten im Karatetraining angerufen, ich sollte zusehen, daß ich mit Rei Minako überwache. Minako hat es dann irgendwie geschafft uns loszuwerden, was ich ihr allerdings nicht übelnehme. So was nervt doch nur. Außerdem hasse ich es Bodyguard zu spielen."

Ich sah sie von oben bis unten an. Sie steckte in einem engen aber gemütlichen Jogginganzug und sah sehr müde aus. Die braunen Locken fielen ihr lose um die Schultern. Ich schlang die Arme um ihre Taille und zog sie an mich. Manchmal, was in letzter Zeit immer öfter vorkam, konnte ich mich bei ihr nicht mehr beherrschen. Ich mochte es immer noch sie zu ärgern und irgendwie war das Gefühl von Rivalität und Feindschaft noch da. Aber es war anders. Makoto war anders als Jupiter. Jupiter war meine Hauptgegnerin, sie war mächtiger, gefährlicher und wilder gewesen. Eine Göttin eben. Jupiter hatte ich auch begehrt aber der Wunsch sie zu bekämpfen war stärker. Makoto war verletzlicher und mir gegenüber um einiges schwächer, wenn auch nicht weniger kampfbegierig. Irgendwie hatte ich Lust sie zu unterwerfen und zu beschützen. Und manchmal hatte ich das Gefühl ich hatte mich in sie verliebt. Sie war was Besonderes. Sie war keine blöde Kuh, sie verstand mich und die Regeln unserer Welt, weil sie vom selben Kaliber war. Manchmal erinnerte sie mich zuviel an Lyzäos, doch Lyzäos war seit Tausenden von Jahren tot, also konnte es mir egal sein.  

Sie sah mich plötzlich mit wütend blitzenden Augen an. „Wieso hast du schon wieder mit den anderen Streit angefangen", wollte sie wissen. Ich sah sie verwirrt an.

„Wovon redest du", fragte ich genervt und wollte mich dranmachen den schlanken Nacken zu küssen.

„Laß das." Sie wucherte meine Hand beiseite. Ich seufzte und ließ von ihr ab. „Na schön, wo liegt den jetzt schon wieder dein Problem?"

Sie fuhr sich mit den Finger durch die Locken und sah mich hilflos an. Anscheinend wußte sie nicht recht wie sie anfangen sollte. „Kann es sein, daß du momentan etwas labil bist", fragte ich. „Drehst du jetzt gleich durch, weil ich ungewollt Keile zwischen dich und deine kleine Freundin getrieben habe?"

Sie drehte mir den Rücken zu und lehnte sich über das Geländer. „Nein, das hat mit dir nichts zu tun. Mein Problem ist nur, daß du dir nicht die geringste Mühe bei den anderen gibst."

Ich zuckte die Achseln. „Wieso sollte ich, Makoto? Tut mir sehr Leid, aber diese Sailorclique ist nicht meine Welt. Außerdem stimmt das nicht, daß ich mir überhaupt keine Mühe gegeben habe. Ich habe sie respektiert und ich wollte euch sogar schon helfen bei dieser Rettungsaktion. Sie sind es, die mich nicht akzeptieren."

„Wenn du sie nicht so kalt und von oben herab behandeln würdest..."

„Okay, jetzt hör mir mal zu!" unterbrach ich sie. „Erstens: Wir waren mal Todfeinde. Das scheinen deine Freundinnen nicht so leicht zu überwinden. Zweitens: Dieses Liebe- und Gerechtigkeitsgetue ist nicht so mein Ding. Und deines auch nicht, da kannst du sagen, was du willst."

„Das stimmt nicht..." murmelte sie, doch ich hatte mit meiner Bemerkung ins Schwarze getroffen. Dann sah sie auf und trat ganz nah an mich heran. „Versuch's trotzdem, bitte. Und noch was: Könntest du nicht versuchen die Zeremonie zu verteidigen? Das wäre uns eine große Hilfe."

Ich war nahe dran abzulehnen. Wozu sollte ich diese Hochzeit mit dem ganzen Kitsch verteidigen, die die Ursache von Saitos ganzen Problemen war? Doch die grünen Augen, die mich so bittend anblickten, stimmten mich dann doch anders. Außerdem, wenn es sie wirklich so freute, wieso sollte ich ihr nicht mal einen Gefallen tun?

„Na schön. Könnte eine nette Abwechslung sein", willigte ich schließlich ein. Ich ergriff Makoto und drückte sie das Gesicht mir zugewandt gegen das Geländer und küßte sie stürmisch.

Plötzlich ertönte hinter uns ein Räuspern. Wir hoben verwirrt den Kopf. Vor uns stand Mars, oder Rei wie sie ja hier genannt wurde, mit den langen schwarzen Haaren und den mysteriösen violetten Augen, die meiner Meinung nach immer etwas hochnäsig rüberkam. Makoto sah sie verlegen an, doch ich genierte mich nicht im Geringsten.

„Ich wollte... nicht stören..." murmelte Rei mich anstarrend, dann fing sie sich wieder. „Ich habe Minako wiedergefunden", fuhr sie kühl an Makoto gewandt fort. „Ehrlich gesagt habe ich jetzt genug, wenn sie sich nicht helfen lassen will ist das nicht mein Problem, aber wir sollten sie trotzdem noch mal warnen gehen. Sie ist im Krankenhaus, bei Hotaru." Sie machte eine Pause und sah zuerst mich dann Makoto wieder an. „Kommst du mit? Oder bist du zu beschäftigt?"

„Sie ist zu beschäftigt!" bemerkte ich amüsiert. Makoto warf mir einen rügenden Blick zu.

„Ich komme mit", sagte sie, immer noch verlegen. Ich fragte mich wieso sie so einen Aufstand machte, die anderen waren ja nicht so blöd noch nichts gemerkt zu haben. Rei wollte schon gehen, als Makoto sie noch zurückhielt.

„Warte noch einen Augenblick, Rei", sagte sie. „Ich habe Dallas gebeten die Zeremonie zu verteidigen, er ist einverstanden." Rei sah mich verwirrt an.

„Ach tatsächlich? Du machst dir also für uns die Hände schmutzig, Shiekah", fragte sie mich, doch es klang nicht unfreundlich.

Ich grinste. „Nur unter bestimmten Umständen, ja." Rei ließ ihre feindselige Haltung nun vollends sein und nickte mir zu, bevor sie mit Makoto durch die Dunkelheit davon ging. Sie erinnerte mich wirklich sehr an Meistro.