Götterdämmerung
Drei Leben, zwei Geliebte, eine Entscheidung
Teil 8: Vereinigte Herzen
(Minako)
Die Abendluft war angenehm frisch, frischer als in den letzten Tagen. Die Spannung schien sich ein wenig gelegt zu haben, doch glaubte ich schlichtweg, daß das nur die Ruhe vor dem Sturm war. Eins stand noch aus... Das wohl schwerste von allen. Die anderen hatten sich alle getroffen und ich wollte eigentlich auch rüber zu Usagi, kein vernünftiger, nicht hochbegabter Mensch wollte dabei sein, wenn Ami Mizuno und Setsuna Meiou, alias Sailormerkur und Sailorpluto etwas besprachen.
Doch irgendwie konnte ich mich nicht überwinden zu gehen. Wahrscheinlich war da eh kein Platz mehr für mich und es war ja auch angedacht, daß Inners und Outers mal ein wenig zusammen waren und das war ja nun wirklich nicht mein Problem... Also genoß ich noch einmal einen ruhigen Abend, solange ich das noch konnte.
Zumindest fehlte es mir nicht an Gesellschaft, da der kleine Quälgeist Jamapi mir über den Weg gelaufen, respektive geflogen war. Er hatte Momoko gesucht und ich hatte ihm geraten lieber nicht zu stören, da ich mir schon vorstellen könnte, daß zumindest Haruka etwas gereizt reagieren würde... an Dallas wollte ich gar nicht erst denken.
Ich war überrascht wie locker man mit dem kleinen schwebenden Fellball reden konnte. Das niedliche Ding wußte eine Menge über das Reich der Dämonen, zumindest den Ableger, der sich selbständig gemacht hatte und seitdem einen Privatkrieg mit dem Reich der Engel geführt hatte. Trotzdem wußte er auch ein paar Dinge über Duncan, zwar nicht viel aber doch ausreichend, um vielleicht noch einmal hilfreich zu sein. Zumindest war Jamapi absolut sicher, daß er nicht locker lassen würde, bis er bekam, was er wollte. Na ja, so etwas hatte ich schon erwartet.
„Hey, Minako!" Ich drehte mich um und sah Momoko, Yosuke und ihre Freundin Scarlett auf mich zukommen. Momoko winkte und erspähte Jamapi schließlich. „Was machst du denn hier?" Der kleine Quälgeist wackelte leicht mit dem Schwanz, was richtig komisch aussah. „Es war langweilig im Krankenhaus und da wollt ich dich suchen gehen, Momokochen. Aber Minako meinte, ich solle lieber warten."
„Komisch", meinte Scarlett und sah sich verstohlen um. „Wir hatten das Gefühl, du würdest uns brauchen, Minako-san. Seltsam..." Jamapis Schwanz richtete sich plötzlich auf und auch Yosuke verengte die Augen konzentriert zu Schlitzen. „Hier ist ein Dämon", stellte er fest. Ich griff sogleich nach meinem Henshinkristall...
(Koitenshi)
Das kam mir nun überhaupt nicht gelegen. Was in aller Welt machen diese anderen Personen hier? Hätten die sich nicht einen besseren Zeitpunkt aussuchen können? Ich hatte Sailorvenus jetzt fast zwei Tage beobachtet und mir ein Bild von ihr gemacht. Ich war jemand, der seine Aufträge immer mit größter Präzision und Vorbereitung anging, sofern die Zeit es erlaubte. Und den Eindruck, den ich mir geschaffen hatte, warf die Frage auf wie die Lady Saturn tatsächlich in dieses Mädchen verliebt sein konnte, denn, daß es so war, das war mir klar geworden. Sie war so naiv. Sicher eine gute Kämpferin aber so ausnahmslos auf die Liebe zu vertrauen... Ich verstand nicht wie jemand dadurch so stark sein konnte.
Liebe... So etwas lächerliches. Das war nur ein Begriff – nein, ein Hindernis. Wo immer ein Wesen des Chaos Liebe empfunden hatte, sei es für jemanden auf der gleichen Seite oder sogar ein Menschenwesen, hatte das immer zu Schwierigkeiten geführt. Ich hatte die Geschichte dieses Planeten gründlich studiert. Viele Niederlagen der Gegner der Sailorsenshi waren durch diesen simplen Grund bedingt. Beryl war blind vor Eifersucht, wenn es um den Prinzen ging, Ail und Anne waren da gar nicht erwähnenswert. Demando hatte seine Liebe zu Serenity den Verstand gekostet. Mistress 9 scheiterte, weil sie nicht fähig war Saturns Geist zu kontrollieren. Neherenia scheiterte an ihren eigenen Gefühlen und Galaxia... Galaxia scheiterte an der Liebe der Prinzessin.
Pah, wir Dämonen waren nicht dazu geschaffen zu lieben. Es hinderte uns, es machte uns schwach. Ich hatte immer gedacht, die Lady Saturn wäre uns da ähnlich. Vielleicht war sie es einmal, als dieses Bündnis zwischen ihr und Duncan ausgearbeitet worden war, aber jetzt nicht mehr. Und ich wußte nicht, ob es gut war sich jetzt noch ihretwegen abzumühen.
Doch wer war ich, die Befehle meines Herrn in Frage zu stellen. Diese Menschenmädchen stellten keine Gefahr für mich da, jetzt war die Chance Sailorvenus zu stellen und zu töten. Mit ein paar kräftigen Flügelschlägen war ich in der Luft und stürzte auf die Gruppe unter mir zu. Doch durch irgendwas schienen sie gewarnt und spritzten auseinander. Ich raste durch den leerem Raum, wo sie vorher noch gestanden hatten, flog weiter und schlug einen Looping, um mich ihnen wieder zuzuwenden. Erst jetzt, aus der Nähe, konnte ich das kleine fliegende Etwas einordnen, das sich vor geraumer Zeit zu Venus gesellt hatte. Ein Quälgeist der Dämonen. Kein Wunder, daß sie von meiner Anwesenheit wußten. Aber wenn das ein Quälgeist war, dann waren diese Mädchen...
„LIEBE IST EINE BLÜTE DER SCHÖNHEIT!"
„LIEBE IST EINE BLÜTE DER WEIßHEIT!"
„VENUS CRYSTAL POWER, MAKE UP!"
„ZAUBERHAFTE VERWANDLUNG! MÄCHTE DER LIEBE!"
Kurz darauf standen Sailorvenus und zwei Liebesengel vor mir. Den einen Engel kannte ich aus dem Krankenhaus aber die andere nicht. So ein Mist, es gab also doch mehr. Ich ließ sie gar nicht dazu kommen irgendwelchen Vorstellungen abzugeben, sondern griff direkt an. Die drei Kriegerinnen konnten ausweichen und ich sah mich gleich Venus gegenüber. Sehr gut. Genau wie ich es wollte. Ich hatte Stunden damit zugebracht sie zu studieren, sie sollte keine Chance haben.
Jedoch bevor ich angreifen konnte, schoben sich die beiden Engel dazwischen. „Sie will nur dich, Venus. Laß uns das machen", rief die Rothaarige meinem eigentlichen Ziel zu und griff mit ihren Schwert an. Darauf war ich jedoch vorbereitet. Nicht umsonst galt ich als eine der Schnellsten der Dämonen. Der Engel schnappte erstaunt nach Luft, als sie kurz darauf hart in eine Wand flog. Nur noch eine, dann...
Erstaunt weiteten sich meine Augen, als ich nur knapp einem Angriff aus dem Nirgendwo entgehen konnte. Der Schwertstich hätte mich direkt in der Brustgegend getroffen, hätte ich nicht schnell einen Schritt zur Seite gemacht, was darin resultierte, daß ich mir eine Verletzung an meinem linken Flügel zuzog. Ich schrie jedoch nicht vor Schmerzen und schaute den Jungen vor mir an, der eben noch so harmlos gewirkt hatte. Nur war er jetzt kein Junge mehr, sondern... Ein Dämon!
„Was?" war das Einzigste, was ich hervorbrachte, als ich zurücktaumelte. Der Dämon hatte sein Schwert auf mich gerichtet, machte jedoch keine Anstalten anzugreifen. „Wieso... Wieso kämpfst du für sie?" Ich war verwirrt – nein, ich war entsetzt. Ich spürte deutliche Liebeswellen und zwar zwischen dem Dämon vor mir und dem pinkhaarigen Engel. Dann, dann fiel mir endlich ein, woher ich das Energiemuster kannte, das er ausstrahlte. „Du bist..." hauchte ich erstaunt. „Ein Rafael."
Der Dämon nickte, lockerte aber den Griff um sein Schwert nicht und ich wußte, er könnte mich in kleine Stücke schneiden, wenn er wollte. Aber er tat es nicht und da war seine Schwäche. Eine Schwäche, die wir alle gemeinsam hatten, wenn sie einmal von uns Besitz ergriffen hatte. Sein Mitgefühl, seine Liebe. Mit einer schnellen Bewegung schleuderte ich eine Sphäre aus schwarzer Energie auf ihn und preschte an ihm vorbei, schleuderte den anderen Engel zur Seite und schoß direkt auf Venus zu, die anscheinend genauso überrascht von meiner Reaktion war. Wir brauchen keine Liebe. Liebe macht uns schwach. Ich werde jetzt meinen Auftrag erfüllen. Energie sammelte sich in meinen Fingerspitzen...
(Peach)
Venus war für den Moment wie paralysiert von der schieren Schnelligkeit des Dämons, wobei es ihr noch nicht mal an Kraft mangelte wie Salvia schmerzhaft erfahren mußte. Und diese kurze Verunsicherung würde ihr sicherer Tod sein, das bezweifelte ich keine der vielen Millisekunden, die wie Minuten vergingen.
Kurz bevor sie Venus erreichte jedoch, zischte eine Energieklinge aus weißem Licht durch die Luft, begleitet von einem Eishagel und einer regenbogenfarbenen Lichtwelle. Der Dämon konnte den Angriffen gerade noch ausweichen aber die Energieklinge streifte ihren verletzten Flügel und schickte sie wild rotierend in die Wand links von ihr. Ich sah überrascht auf und erblickte Kiiro, Lily und Daisy. Lily und Daisy gesellten sich sogleich zu mir, während Kiiro sich neben Viento postierte. Venus wieder aus ihrer Erstarrung gelöst, stand etwas weiter vorne und schaute mit einem mitleidigen Blick zu dem Dämon hinüber.
„Sie trägt so viel Haß in sich..." Die Dämonin war schneller wieder auf den Beinen als wir dachten und funkelte Venus mordlustig an. „Was weißt du schon, naives Mädchen. Liebe macht uns schwach. Sie hat immer zu unserem Untergang geführt. Versucht mich zu bekehren, soviel ihr wollt, es wird euch nicht gelingen." Ihre Worte waren wie ein Stich in meinem Herzen. Ich fühlte mich an den letzten Kampf mit Satania und der schwerlastende Bürde erinnert, die drohte Yosuke und mich auseinanderzureißen.
„Das ist falsch", entgegnete Viento und ich nickte stumm. „Auch wir Dämonen können Liebe empfinden und trotzdem stark sein. Doch dieser Weg ist immer ein schwieriger Weg, vielleicht sogar der schwerste Weg..." Weiter kam er nicht. Die Dämonin schien zwar nicht mehr in der Lage richtig zu fliegen doch war sie auch am Boden sehr schnell. Lily und Daisy schafften ihre Angriffe gerade mal zur Hälfte vorzubereiten, da wurden sie schon zur Seite geschleudert. Der „dunkle Engel" hatte einen Ausdruck von Frustration auf dem Gesicht, der mich etwas erkennen ließ und mich daran erinnert, daß es immer noch einen anderen Weg als den Kampf gab.
Die Dämonin hatte mittlerweile Venus gestellt, die sich geradeso den wütenden Angriffen erwehren konnte, Viento und Kiiro eilten ihr zu Hilfe, während Salvia, die sich wieder aufgerappelt hatte, und ich Lily und Daisy aufhalfen. Da war eine einzige stumme Verständigung zwischen uns. Die Dämonin war zu stark, um mit konventionellen Methoden besiegt zu werden und sie war im Moment unkontrolliert, zu allem entschlossen.
Wortlos bildeten wir einen kleinen Kreis, während unsere Feindin uns gar nicht weiter beobachtete, zu sehr getrieben von ihrem Haß und der Konzentration auf Venus. Der Ring an meinem Finger leuchtete auf und begann hell zu strahlen. „Alt wie die Welt", begann ich und meine Freundinnen folgten kurz darauf. „Blau wie die Treu." Lilys Ohrringe begannen im Einklang mit meinem Ring zu strahlen. „Geborgt wie das Leben." Daisys Anhänger leuchtet ebenfalls auf. „Wie der Tag so neu", ergänzte Salvia und ihr Diadem vollendete den Vorgang. Die Zauberhaften Vier kreierten eine einzige weiße Kugel, eine Welle der Liebe, wie sie in keiner Form anders auf der Welt existierte.
Die Dämonin sah sich zu uns um und starrte fasziniert auf die Energieansammlung. Venus, Kiiro und Viento lösten sich von ihr und Daisy, Lily, Salvia und ich schickten die Welle auf unsere Gegnerin. Diese schrie gepeinigt auf, als die positive Energie sie umfaßte und ihren inneren Kampf mit dem Haß in ihr begann. Ich erwartete, daß es schnell gehen würde, doch da sollte ich mich täuschen. Sie stemmte sich mit aller Kraft gegen die Energie der Zauberhaften Vier, die sie regelrecht zu verschlingen drohte. Bis auf Satania hatte ich noch nie einen solchen Widerstand gespürt.
„Nein! Ich werde mich nicht beugen! Ich bin Koitenshi, der schwarze Engel der Winddämonen! Ich werde mich nicht eurem infantilen Glauben an die Liebe beugen! Mein Auftrag ist es Venus zu töten und das werde ich tun!" Ich spürte wie sie mit ihrer eigenen Macht dagegen preßte und es uns sehr schwerfiel die Liebeswelle weiter aufrechtzuerhalten. „Haltet durch!" preßte ich hervor. Dankbar registrierte ich, daß Venus ihre eigene Energie zu unserer ergänzte, die sich hervorragend einfügte. Es war aber immer noch nicht genug.
Koitenshi kämpfte verbissen und mir war klar, wenn wir das noch länger aufrecht hielten, würde es entweder sie zerreißen oder uns... Vielleicht auch uns alle zusammen. Ich ging ein großes Risiko ein, als ich die letzten meiner Liebeswellen dafür benutzte meinen Kristall hervorzurufen. Damit schwächte ich auch die Kraft der Zauberhaften Vier und der Dämonin gelang es mit ihrer eigenen negativen Energie durchzubrechen. Doch ich war bereit.
„ZAUBER DES KRISTALLS!" Ich fischte den Kristall aus der Luft und mußte mich sehr anstrengen nicht nachzugeben, da die massiven dämonischen Wellen äußerst stark waren. Trotzdem zwang ich mich irgendwie fortzufahren. „ER NIMMT UND ER GIBT! AUCH DIR WIRD ER ZEIGEN, DU WIRST GELIEBT!"
Mit einem letzten weißen Blitz reflektierte der Kristall ihre eigene Energie umgewandelt zu Koitenshi zurück und hüllte sie vollkommen ein. Erneut schrie sie auf, wehrte sich aber nicht mehr, jedenfalls nicht mehr wirklich. Nach einer ganzen Weile, als ich schon fürchtete vor Erschöpfung zusammenzubrechen, sackte Koitenshi zu Boden und fiel schwer aufatmend auf ein Knie. „Das... kann nicht sein. Ich... kann nicht... verloren haben... WAS HABT IHR GETAN?" Sie schrie die letzte Frage und ich stolperte etwas unsicher zurück. Das war nicht ganz die Reaktion, die ich erwartet hatte. Bevor auch nur einer von uns reagieren konnte, hatte sie ihre Flügel gespreizt und sich trotz ihrer Verletzung hoch in die Luft geschwungen. Bald war sie außer Sichtweite.
Als ich neben meinen Freunden zu Boden sackte, blieb nur die Frage: War sie jetzt geheilt oder nicht?
(Duncan)
Das Licht der bläulichen Flammen hüllte den kalten Raum ein und verlieh ihm die Atmosphäre einer Höhle. Ich lag, immer noch sehr schwach, auf einem schwarzen Sessel und ließ mir ein kristallenes Glas mit Saké in die Hand drücken. Düster beobachtete ich das Spiel des blauen Feuers und antwortete niemandem, der mich ansprach. Meine Untertanen begriffen, daß ich für diesen Tag und höchstwahrscheinlich auch noch für den Darauffolgenden nicht ansprechbar war. Ich wollte niemanden mehr hören. Leere Versprechungen und Darbietungen bedeuteten mir nichts mehr. Alles in mir fixierte sich nur noch auf diese eine Lady, auf meine Versprochene. Sie war mir nicht nur versprochen, sie verkörperte auch noch alles, was meine Macht vollkommen machen würde.
Es war lächerlich, daß ich auf Widerstand gestoßen war. Die Zurückweisung von Lady Saturn ist eine Demütigung und, daß sie mir Sailorvenus vorzieht ist vollkommen wahnsinnig, im wahrsten Sinne des Wortes. Was stellte sie sich denn vor? Glaubte sie nicht mehr an den Frieden zwischen den Dämonen und den Reinen? Woran wollte sie dann überhaupt noch glauben, wenn sie diese Vermählung ablehnte? Ich hatte mit vielem gerechnet, auch mit Schwierigkeiten und Zögern. Aber damit nicht. Mit dieser naiven und verantwortungslosen Liebe zu einer anderen Frau hatte ich wahrhaft nicht gerechnet. Dieser Umstand paßte nicht zu der Saturn, wie ich sie kannte. Er ließ die ganze Situation sogar grotesk erscheinen.
Ich stellte das Sakéglas ab und lehnte mich zurück, die Augen geschlossen.
----Rückblick----
Es war die leerste, einsamste und kälteste Gegend im ganzen Sonnensystem, vielleicht sogar in der ganzen Galaxis. Diesen Weg den ich zurücklegte führte nur durch ewige Stille. Gesteinwüsten und Dunkelheit, sonst war da nichts, rein gar nichts. Kein Leben, keine sonstige Existenz. Manchmal bestand die Gefahr, daß ich durchdrehen könnte, doch das Ziel meiner Strapazen hielt mich jedesmal am Leben. Inmitten dieser Hölle von Stille und Dunkelheit würde ich sie finden. Lady Saturn, die Frau, die dazu verdammt war in der ewigen Einsamkeit zu herrschen.
Die Zeit spielte hier keine Rolle. Ich konnte nicht sagen, ob ich Stunden, Jahre oder Jahrhunderte lang durch die leere Gesteinwüste gelaufen war. Nur, um diese eine Frau zu finden, die Hüterin einer verbotenen Welt. Sie war keine Dämonin und keine Göttin. Sie war die Wächterin der Verbotenen Welt, in die wir Dämonen verbannt wurden. Eigentlich eine Feindin, aber von mir wurde sie verehrt wie eine Göttin. Sie würde die Richtige sein, mit der ich den Frieden einlösen würde.
Nach dieser undefinierbaren Zeitperiode erreichte ich irgendwann mein Ziel. Die Gegend hatte sich nicht verändert. In der Mitte eines kleinen Steinkraters stand ein Tor. Es war groß, mächtig und stark verziert. Ein Tor das nirgendwo hinzuführen schien. Ich wußte, daß dies das Tor der Verbotenen Welt war. Von weitem erkannte ich eine zierliche Gestalt davor, und ich war mir vollends sicher mein Ziel erreicht zu haben.
Mit neuer Kraft ging ich darauf zu, bis das Tor groß und mächtig vor mir stand und die Frau nur noch einige Meter von mir entfernt war. Ich blieb stehen und starrte sie wie hypnotisiert an. Lady Saturn drehte mir den Rücken zu. Das lange, pechschwarze Haare fiel lose die Schultern herab. Sie war in weiße Gewänder gehüllt und glitzernde Ohrringe mit der Form des Planeten Saturns zierten die Ohrläppchen. Ich wünschte mir sie würde sich umdrehen und ich könnte in das weiße, zarte Gesicht und die schönen, glasigen Augen starren. Doch trotz des verlockenden Anblickes und diesen Vorstellungen, erstarrte etwas in mir und ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.
Es war die Silence Glaive, die sie locker auf den Schultern mit beiden Händen festhielt als wäre die tödliche und lange Sense eine einfache Flinte und nicht das Relikt der Zerstörung. Plötzlich hob sie die grausame Waffe schief über ihrem Kopf in die Höhe, mir immer noch den Rücken zudrehend und das Haupt gesenkt. Panik und unmenschliche Angst packten mich und der kalte Schweiß rannte mir den Rücken runter. Sie würde mich töten, bevor sie sich überhaupt zu mir umgedreht hatte, geschweige denn mein Anliegen angehört hatte. Ich mußte handeln, ansonsten würde es in einigen Sekunden zu spät sein.
„Warten Sie, Lady Saturn!" schrie ich, doch es war mir, als ob die Stille meine Worte verschlucken würde. „Hören Sie mein Anliegen, ich flehe Sie an, Wächterin der Verbotenen Welt!"
Saturn verharrte in ihrer Bewegung. Eine ganze Weile, in der ich wieder nicht feststellen konnte wie lange, stand sie da, immer noch die Silence Glaive schief in die Höhe haltend.
Ich war immer noch wie erstarrt, mich nicht trauend auch nur einen Finger zu bewegen, als sie nach einer Ewigkeit die Sense plötzlich wieder senkte. Langsam, wie in Zeitlupe drehte sie sich um und ich starrte in die violettsten und glasigsten Augen, die ich je gesehen hatte. Unter diesen Augen wagte ich immer noch nicht mich zu bewegen, geschweige denn zu reden.
„Ich bekomme nie Besuch", sprach die Wächterin plötzlich. Ihre Stimme war rauh und bezaubernd zugleich. „Du bist ein Dämon, sogar mehr als das. Du bist ein zukünftiger König der Dämonen. Ich bewache die Welt, in der ihr gefangen gehalten werdet. Niemand verläßt diesen Ort lebend, denn es ist niemanden gestattet ihn überhaupt zu betreten."
Ihre Stimme war ruhig wie die Gegend um uns herum und ich wagte, trotz des drohenden Inhalts ihrer Worte, endlich zu sprechen. „Ich bin hier um Frieden zu schließen", rief ich mit zitternder Stimme. „Es soll ein Bund geben zwischen Dämonen und Reinen, der den Krieg auf ewig beenden soll!" Ich ging in die Knie vor der schwarzhaarigen Lady. „Meine Name ist Lord Duncan und wie Sie sagten bin ich ein zukünftiger König. Ich bin hier, um um die Hand der Todeskriegerin anzuhalten und mit ihr den Frieden zwischen den beiden Seiten herzustellen."
Ihr Blick schweifte an mir rauf und runter, und es kam mir vor wie eine eiskalte Berührung.
„Es ist nicht der richtige Zeitpunkt", sagte sie plötzlich. „Ein Krieg bricht gerade in diesem Sonnensystem aus, ein Krieg, der es für lange Zeit stillegen wird. Kehren Sie in ihre Welt zurück, Lord Duncan, bevor ich Sie werde töten müssen. Wenn der Todesgott verbannt sein wird, wird auch dieses Sonnensystem wieder zum Leben erweckt werden. Suchen Sie mich dann ein zweites Mal auf."
Ich verstand den Sinn ihrer Worte nicht. Immer noch auf den Knien, hielt ich das Haupt gesenkt, ohne die geringste Ahnung, was ich ihr darauf antworten sollte. Doch eine Antwort schien nicht mehr nötig. Lady Saturn trat ein paar Meter von mir weg und machte eine leichte Bewegung mit ihrer Sense. Von einer Sekunde auf die andere wurde um mich alles Schwarz.
---Ende Rückblick---
(Hotaru)
Noch eine Nacht.
Es war Mittwoch. Ich spürte die Aufregung, Ungeduld und Erwartung gleichzeitig in mir. Sicher, es war ein Risiko, da ich noch nicht wieder bei vollen Kräften war, doch ich vertraute Setsunas Urteil. Wenn sie meinte der Tag wäre perfekt, dann war dem auch so. Niemand konnte sie wohl besser interpretieren als ich, auch wenn sie selbst mir oft nicht ganz schlüssig war.
Lächelnd wandte ich meinen Kopf zu der schlafenden Form Lunas neben mir. Ich war froh, daß sie mir die letzten Tage Gesellschaft geleistet hatte. Im Moment beneidete ich sie für ihre Fähigkeit so einfach schlafen zu können. Ich war viel zu unruhig dafür. Sicher, es hatte geholfen mit ihr zu sprechen und meine Zweifel und Ängste waren etwas abgeklungen. Jedoch blieb ein wenig Ungewißheit. Einerseits war ich unbeschreiblich glücklich über Minakos Entscheidung, denn ich wußte... fühlte, daß sie es ehrlich meinte. Andererseits war mir bewußt, daß Duncan nicht aufgeben würde, solange er nicht bekommen hatte, was er wollte. Der Dämonenlord war zu verbissen in die ganze Sache und irgendwie schien mir, es ging ihm gar nicht mehr so sehr um mich, sondern mehr um den Erfolg an sich. Ich spürte, wie seine Kraft wuchs und er würde morgen fit sein... und zu allem bereit, ob nun Feiertag oder nicht. Wenn es doch nur einen Weg geben würde, wie man ihn ablenken konnte oder einfach nur in die Irre zu führen.
Luna hatte mir über die Sache mit dem Gral erzählt. Ich war sicher, mit meiner Hilfe würden Uranus, Neptun und Pluto auch so in der Lage sein ihn zu rekonstruieren – Bruchstücke seiner Macht schienen immer noch mit meinem Geist verbunden. Der Gral war in gewisser Weise meine Verantwortung aber ich war nicht in der Lage gewesen die volle Macht an die Prinzessin zu übertragen. Allein deswegen verstand ich, warum sie jetzt tun wollte, was sie vorhatte, wahrscheinlich sogar besser als sie es im Moment selbst tat.
Ich schloß die Augen und dachte nach. Da war etwas, was ich bei der ganzen Sache übersah. Etwas, das uns helfen konnte. Aber was? Ich konnte es fast greifen aber noch entglitt mir die Idee immer wieder.
„Es ist schon eine Ironie, nicht wahr?" Ich stockte in meinen Gedanken und öffnete die Augen, drehte mich aber nicht um. Die Stimme war tief aber eindeutig feminin und sie hatte einen leichten dämonischen Unterton aber auch gleichzeitig... menschlich? Ich erinnerte mich augenblicklich an den Kampf mit der Dämonin Koitenshi, von dem Minako mir erzählt hatte. „Gestern noch wäre es mir unmöglich gewesen auch nur in die Nähe dieses Raumes zu kommen. Jetzt, wo ich kein Verlangen mehr empfinde dich meinem Her... ehemaligen Herrn zu übergeben, scheint es kein Problem mehr zu sein hier hineinzukommen. Eine wirkliche Schande. Oh nein, warte. Das wäre nun ja auch etwas, was ich darüber gar nicht mehr empfinden dürfte."
Ich setzte mich langsam auf und drehte meinen Kopf in die Richtung der Stimme, wobei ich ziemlich sicher war Luna mit der Bewegung geweckt zu haben aber die schwarze Katze sagte nichts. Kritisch musterte ich den unerwarteten, wenn auch nicht unerwünschten – zumindest noch nicht – Gast. Die düstere Gestalt hatte etwas mysteriöses an sich – so wie bei mir. Koitenshi – da hatte ich mittlerweile keine Zweifel mehr – hatte es sich auf einem Stuhl so gut wie möglich bequem gemacht. Ihre Flügel hingen leicht über die Stuhllehne, wobei der verletzte Linke etwas eingesackt erschien. Ihr Gesicht zeigte Spuren von Müdigkeit und Ergebenheit, als hätte sie tagelang gegen etwas gekämpft und verloren. Dem war wohl auch so...
„Hm", meinte ich und studierte sie weiter, wobei ich mit einer Hand leicht den Henshinkristall unter meiner Bettdecke berührte. Ich wußte sie sah es aber ich sah eigentlich keine Veranlassung ihn einzusetzen – ich bezweifelte eh viel ausrichten zu können. „Das ist immer eine Frage der Betrachtungsweise und, wie es ein berühmter Schauspieler in einem berühmten Film auf dieser Welt einmal formulierte, des persönlichen Standpunktes."
Die Dämonin – Exdämonin? Ich war mir nicht sicher – schien für eine Weile darüber nachzudenken, dann seufzte sie tief. „Vielleicht habt Ihr sogar Recht. Aber... Ich weiß gar nicht mehr, ob ich diesen persönlichen Standpunkt überhaupt habe. Sagt mir, Lady Saturn, was bin ich?" Mir fiel keine Antwort auf diese Frage ein und so schwieg ich, jedoch ließ sie mir auch nicht einmal eine Chance etwas zu sagen. „Ich bin weder ein Dämon, denn mir fehlt das Verlangen wie einer zu handeln. Doch bin ich auch nicht wie ihr. Ich fühle mich nicht an diese Welt gebunden und weiß nicht, was ich hier tun soll... Und doch ist eure Welt nun die einzige Welt, auf der ich nicht abgestoßen werde... Noch nicht." Sie machte eine Pause und ihre Augen fixierten mich mit Traurigkeit und Einsamkeit, ich fühlte mich, als würde ich in einen Spiegel schauen und mein früheres Ich sehen. „Also sagt mir, Lady Saturn. Was bin ich... jetzt?"
Ich dachte darüber nach. Ich dachte lange darüber nach – sehr lange. Sie tat mir Leid. Ich hatte nicht erwartet, daß sie ausgerechnet zu mir kam und nicht zu ihrem Peiniger. Andererseits erschien es auch verständlich... in einer ziemlich paradoxen Weise. Minako hatte gesagt, es wäre nicht sicher, ob sie geheilt war. Nun sie war definitiv von ihren dämonischen Eigenschaften befreit, die sie zu einer Agentin des Chaos machten, aber, daß sie geheilt war, das konnte ich wirklich nicht behaupten. Die weiße Magie der Liebesengel schien einen sehr interessanten, wenn auch für die Betroffene sicherlich sehr schmerzhaften und irritierenden Effekt hervorgerufen zu haben.
„Du bist du." Wow, toller Start, Hotaru, dachte ich sarkastisch. „Ich meine, du bist jetzt einzigartig, ein Individuum." Koitenshi sah mich skeptisch an, erwiderte aber nichts. Gut, das war schon besser. „Sag mir eines. Warst du je etwas wert als Dämonin? Ich meine, warst du wirklich etwas wert?" Sie schwieg, wie erwartet, und schien darüber nachzudenken. „Das glaube ich nämlich nicht. Bis hierhin warst du immer nur eine Spielfigur, eine sehr starke Spielfigur vielleicht, aber auch... eine ersetzbare Figur." Sie schwieg immer noch. Für einen Moment schien es, als ob sie etwas erwidern wollte, aber dem war nicht so. „Nun bist du frei. Du hast die Möglichkeit dich selbst zu bestimmen und du kannst ein eigenes Leben führen, ohne stets Angst haben zu müssen dieses zu verlieren."
Ihr Schweigen schien mir die ganze Zeit wie eine Bestätigung meiner Worte, doch jetzt hob sie abrupt den Kopf und starrte mich an. „Kann ich das? Dann sag mir wie. Ich bin immer noch ein Dämon, zumindest vom Aussehen her und auch im Inneren. Ich werde immer mehr Dämon denn menschlich sein. Sage mir, wie soll ich in dieser Welt in eurer Gesellschaft leben? So wie ich jetzt bin, bin ich ein Außenseiter, noch schlimmer, man wird mich fürchten. Früher, da hätte mich das nicht gestört, ich hätte es sogar willkommen geheißen aber jetzt... jetzt nicht mehr."
„Aussehen ist nur eine Betrachtungsweise. Maskieren wir uns nicht alle in gewisser Weise? Die einen deutlicher, die anderen subtiler? Sieh uns an? Glaubst du wir wollen unser wahres Ich für immer verstecken? Bald wird auf diesem Planeten unser Königreich neu entstehen. Das kann auch dein Königreich sein." Warum half ich ihr eigentlich? Warum wollte ich unbedingt, daß sie sich besser fühlte. Sympathie? Mitleid? Vielleicht. Aber war da nicht noch mehr. Ich wußte es nicht, ich tat es einfach.
„Ich bin mir gar nicht mehr so sicher, wo mein Reich nun liegt", murmelte Koitenshi und es war fast nicht zu hören. In dem Moment faßte ich einen Entschluß. Im Nachhinein konnte ich nicht beantworten, was mich getrieben hatte. Wortlos griff ich nach der zusammengefalteten Karte, die neben meinem Bett lag. Minako hatte sie vorbeigebracht, als die anderen den Ort der Zeremonie festgelegt hatten. Ich reichte sie Koitenshi. Luna unterdrückte einen Aufschrei, was letztendlich in einem hohen Quieken resultierte.
„Dort werden wir morgen sein." Mein Gegenüber starrte verblüfft und entsetzt zugleich auf das zusammengefaltete Papier zwischen ihren Händen. Es sah aus, als empfände sie es als eine Art verfluchter – oder in ihrem Fall gesegneter – Gegenstand. „Da... Das... Warum gebt Ihr mir das? Ich könnte..."
„Aber du wirst nicht", unterbrach ich sie mit einer Überzeugung, die mich selbst überraschte. Da war einfach etwas – nicht der Faktor, daß sie keinen echten dämonischen Geist mehr besaß –, das mich glauben, nein, wissen ließ, daß sie uns nicht verraten würde. „Wie könnt Ihr Euch so sicher sein?"
„Heimat ist nicht immer, wo oder als was man geboren wurde. Schau mich an? Glaubst du ich hatte es leichter? Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie es ist in meiner Haut zu stecken. Bis zum Ende des Silberjahrtausends hatte ich nie eine Chance meinem Schicksal zu entkommen. Du im Gegensatz hast diese Chance immer gehabt und nun bietet sich dir eine einzigartige Möglichkeit. Du solltest jetzt wählen. Aber du solltest weise wählen."
Koitenshi spielte für eine Weile mit der Karte, gab sie aber nicht zurück. Schließlich erhob sie sich, streckte ihre Flügel ein wenig in dem engen Zimmer. „Dein Vertrauen ehrt mich, Lady Saturn. Auch wenn ich es als sehr leichtsinnig empfinde. Ich muß zugeben, ich habe mich immer gefragt wie ihr Lady Venus lieben könntet oder auch umgekehrt. Vielleicht beginne ich langsam zu verstehen..." Ich lächelte leicht aber Koitenshis Augen verengten sich. „Das heißt aber nicht, daß ich mir nicht gut überlegen werde, was ich mit dieser Information tue." Ihr Blick war herausfordernd, doch ich spürte deutlich den inneren Konflikt, der hinter diesen harten Augen tobte. „Du mußt natürlich tun, was du für richtig hältst." Bevor ich blinzeln konnte, war sie verschwunden...
Für eine ganze Weile schaute ich in die Leere, wo noch vor einigen Sekunden Koitenshi gestanden hatte. Ihre Geschwindigkeit war beeindruckend, schneller als alles, was ich bisher gesehen hatte. Ich bezweifelte, daß Haruka mit ihr Schritt halten könnte.
„Glaubst du, sie wird uns verraten?" Überrascht drehte ich mich um und sah Minako im Türrahmen lehnend. Ich hatte vollkommen vergessen, daß sie ja da war... Vorsichtig versuchte ich ihr Gesicht zu lesen, eine Spur von Besorgnis oder Mißfallen daran zu finden, an dem, was ich getan hatte. Aber sie erschien nur nachdenklich. „Nein", erwiderte ich langsam. „Das glaube ich nicht. Aber genauso wenig weiß ich, ob sie uns helfen wird."
Minako nickte und wandte sich zum Gehen aber nicht bevor sie mir ein Lächeln geschenkt hatte. „Ich geh lieber. Es soll ja Unglück bringen die Braut in der Nacht vor der Hochzeit zu sehen. Und noch mehr Unglück können wir wahrlich nicht gebrauchen."
„Glaubst du, das trifft auf uns überhaupt noch zu?" Sie stoppte kurz. „Nein, wahrscheinlich nicht." Und dann war sie verschwunden. Für einen Moment war ich enttäuscht. Jedoch brauchte ich nur an Morgen zu denken und das heiterte mich schon wieder auf. „Gute Nacht, Luna. Morgen wird ein langer Tag", wandte ich mich an die Katze, die die ganze Zeit mucksmäuschenstill gewesen war. Für einen Moment sah ich so etwas wie Sorge über ihr Gesicht huschen, doch dann lächelte sie milde. „Schlaf gut, Hotaru-chan."
Seltsam, warum hatte ich das Gefühl, daß ich vergessen hatte über etwas weiter nachzudenken?
(Hotaru)
Es tat ausgesprochen gut wieder auf den Beinen zu sein. Und der extra Tag Ruhe, der zwar nicht nötig gewesen wäre, hatte seinen Zweck erfüllt. Ich fühlte mich als könnte ich es mit einer ganzen Armee aufnehmen... Aber was vor uns lag, kam dem wohl schon sehr nahe. Wenn das alles vorbei war, würden wir wohl alle einen langen, erholsamen Urlaub brauchen. Jedem konnte man deutlich die Erschöpfung ansehen. Und zu wissen, daß das alles zu einem Teil meinetwegen war, schmeichelte mir und ich fühlte mich ein wenig schuldig dafür, auch wenn es keinen echten Grund gab.
„Okay... Kann mir jetzt vielleicht endlich mal jemand erklären, was wir so kurz vor der Zeremonie noch hier, über EINHUNDERT Kilometer entfernt vom eigentlichen Tempel, in einem anderen Schrein tun?" Makoto blickte auffordernd in die Runde, bestehend aus sämtlichen Sailorsenshi – außer Usagi und Mamoru, die gerade in einem anderen Raum waren und warteten bis alle eingetroffen waren... was nun der Fall war.
Wir blickten uns an. „Hat dir denn niemand Bescheid gesagt", wollte Ami verwirrt wissen und sah Minako an, die neben mir stand und meine Hand hielt. „Schau mich nicht an, ich war wahrlich mit anderen Dingen beschäftigt. Ich dachte du hättest, Rei." Die schwarzhaarige Priesterin schüttelte den Kopf und die ganze Runde seufzte.
„Mich interessiert eher weniger das Wer, denn das Was", hakte Makoto ungeduldig nach. Bevor sich jemand von uns erbarmen konnte, kamen Usagi und Mamoru – oder besser Serenity und Endymion – Seite und Seite in den weitgewölbten Saal des Tempels. Sofort verstummten alle Anwesenden. In den letzten Wochen hatte die Prinzessin deutlich ihre Autorität herausgestellt, auch wenn es ihr nicht gefallen mochte. Und daher war niemand so recht sicher wie sie reagieren sollten. Das würde sich mit der Zeit geben. Aber sie alle würden sich wohl oder übel an diese Seite unserer Freundin UND Anführerin gewöhnen... oder um genau zu sein wieder gewöhnen müssen.
„Es ist schön, daß ihr alle gekommen seid. Sicher seid ihr oder zumindest einige von euch etwas verwirrt über diese kurzfristige Einberufung aber es ist unabdingbar, daß wir tun, was getan werden muß..." Makoto räusperte sich. „Ja, Jupiter?" Die hochgewachsene Brünette schenkte Serenity einen skeptischen Blick. „Vielleicht könntest d... könntet Ihr mich mal aufklären, was wir hier überhaupt tun. Irgendwie tapp ich hier nämlich im Dunkeln." Serenity lächelte sanft. „Du mußt mich nicht siezen... Aber hat dich denn niemand aufgeklärt?" Sie sah in die Runde und alle wichen ihrem Blick aus – außer mir aber mich traf ja eh keine Schuld. Seufzend wandte sie sich wieder Makoto zu. „Das ist mal wieder typisch." Das versteckte Grinsen entging mir nicht und auch Makoto war es nicht entgangen.
Einen guten Lacher später begann unsere Prinzessin zu erzählen: „Für die Durchführung der Zeremonie ist es notwendig das wir den Heiligen Gral wieder neu erschaffen." Mit einer erhobenen Hand wehrte sie Makotos Frage ab. „Es würde zu lange dauern etwas Vergleichbares zu finden und so bleibt uns nur diese Möglichkeit. Zu diesem Zweck jedoch brauche ich euch alle, damit wir einerseits nicht zuviel Kraft verschwenden und andererseits auch noch einen Zweck erfüllen, der eigentlich schon längst hätte erfüllt werden sollen. Wenn wir dies geschafft haben..." Sie sah mich durchdringend an und ich nickte auf die unausgesprochene Frage. „... wird Lord Duncan ganz sicher die Energiekonzentration wahrnehmen und sie hoffentlich mit dem eigentlichen Ziel dieses Tages verwechseln. Er wird ohne Umschweife ausrücken und wenn Saturns Mutmaßungen über seinen Zustand auch nur entfernt zutreffen, wird Duncan nicht die Energiereserven für mehr als einen Teleport haben, während wir uns einfach von der aufkommenden Energie tragen lassen." Niemand sagte etwas, die Erklärungen sprachen für sich und der Plan war simpel.
Serenity schloß für einen Moment die Augen und verwandelte sich in Eternal Sailormoon. Das war das Zeichen für uns ebenfalls unsere Senshiformen anzunehmen und auch dies lief ganz ohne irgendwelche Worte ab. Erst dann fuhr Moon fort mit ihren Erklärung. „Was wir tun werden, erfordert einige Opfer von euch. Ihr müßt euch über eure eigenen persönlichen... Differenzen untereinander hinwegsetzen und euch vollkommen den anderen – und damit meine ich alle hier – öffnen. Wenn ihr auch nur einen Moment zögert oder unsicher seid, wird das Ergebnis vielleicht nicht zufriedenstellend sein."
Es gab einiges Gemurmel wie erwartet und Moon wartete geduldig bis wieder Ruhe eingekehrt war, bevor sie sich an Uranus, Neptun, Pluto und mich wandte. „Ihr werdet den Anfang machen und mit euren Talismanen den Fokus setzen. Wenn die Energie sich dann beginnt zu vermischen müßt ihr alle – ohne Ausnahme – eure Gedanken und Gefühle miteinander vereinigen. Denkt daran, was ihr getan habt, als wir in Neherenias Thronsaal waren."
Es fielen keine weiteren Worte mehr. Ich hatte mich zuvor mit meinen drei Teamkollegen abgesprochen und genau festgelegt wie wir das machen würden. Während sie erst einmal passiv blieben, begann ich mit dem schwierigen Prozeß eine Art Anker herzustellen. Der Gral existierte noch irgendwo dort draußen in einer oder mehreren Subdimensionen, zumindest in unzählige kleine Partikel zerteilt. Dieser Anker würde eine Art Magnet darstellen, der wiederum von den drei Talismanen verstärkt wurde.
Wie auf Kommando ließen Uranus und Neptun das Space Sword und den Deep Aqua Mirror erscheinen. Diese begannen im Einklang mit Plutos Garnet Orb zu strahlen und verstärkten somit die vielen kleinen Linien, die wie ein kristallines Gehäuse angeordnet waren. Eigentlich wäre es mit dem richtigen Energieaufwand sicherlich auch möglich so den Gral zu formen aber... das war nicht der Zweck der Angelegenheit.
Gemeinsam stoppten wir die Energiezuführung und ich ließ das für das menschliche Auge unsichtbare Energiegebilde hoch in die Luft, direkt vor unsere Prinzessin schweben. Ich war überrascht, denn es mußte keine Aufforderung erteilt werden, sondern jede einzelne Senshi begann nun ihre Kräfte hinzuzufügen und ihre Seele mit der Kraftkonzentration zu vermischen.
„Konzentriert eure Kraft auf Sailormoon..." hauchte ich dennoch und die Bemühung wurden noch einmal etwas intensiver. Nur sanft tippten der Prinz und die Prinzessin die Konzentration mit ihrer eigenen Macht an, dann explodierte der Punkt, wo alle Linien zusammenliefen, in hellem Licht und augenblicklich spürte ich die Veränderung. Eine enorme neue Kraft begann durch mich hindurchzufließen. Es war vollbracht. Die Seelen der Sailorsenshi waren jetzt eins und die letzte Stufe war erreicht – zumindest für die meisten hier.
(Mars)
Irgendwie fühlte ich mich, als wäre alles eine erste Erfahrung. Ich hätte nicht erwartet, daß wir das hier je wieder vollführen würden. Oder anders gesagt, daß diese Prozedur überhaupt noch möglich wäre. Es schien mir eine Ewigkeit vergangen zu sein seit dem letzten Mal. Wie merkwürdig mir das hier jetzt vorkam…nicht unangenehm, einfach nur fremd. Und das war der beste Beweis dafür, daß sich in den letzten Jahren viel, viel verändert hatte.
Ich hatte das Gefühl fast vergessen. Wie es sich anfühlte, wenn man sich nicht mehr als eine einzelne Person, sondern als Teil vom Ganzen fühlte. Ich umklammerte Jupiters und Merkurs Hände noch fester und ließ meine ganze brennende Energie frei, während die meiner Gefährtinnen von allen Seiten in mich hineinströmten. Das war es was ich am meisten genoß. Ich spürte nicht nur die Kraft von Jupiter und Merkur, sondern auch die von Venus, Uranus, Saturn, Neptun, Pluto und von Usagi und Mamoru. Es war wie ein Spiel, denn die Energien von allen unterschieden sich und ich konnte genau erkennen welche zu welcher Kriegerin gehörte. Merkurs ruhiger, kühler Energiestrom die wilde Kraft Jupiters, die sanfte und angenehme Energiewelle von Venus und das reine Klingen des Silberkristalls…Inzwischen verstand ich es auch die der äußeren Kriegerinnen einzuteilen. Das Zusammenschließen dieser vielen und so unglaublich unterschiedlichen Energien und der Kern der daraus entstanden, war wie ein neues, unglaubliches Gefühl.
Gerade dieser Umstand beunruhigte mich. Irgendwie gab es mir zu bedenken, was in letzter Zeit passiert war. Zum ersten Mal wurde mir klar, daß unsere ganze Gruppe sich seit den Shiekah in zwei Lager geteilt hatte. Das eine Lager bestand vor allem aus denjenigen, die sich um die Zukunft der Erde und das vorausgesagte Kristalltokyo sorgten. Das andere bestand aus denen, die sich in ihre eigene Welt und ihren eigenen Interessen vergruben. Die plötzlich eine eigene Macht aufbauen wollten, weil sie ihren wahren Ursprung durch die Shiekah erkannt hatten. Mit anderen Worten, Jupiter, Merkur, Mars, Venus und ich…
Bei Venus hatte sich durch den Umstand, daß sie Sailorsaturn liebte viel verändert. Doch ich wußte, wäre sie bei Saito geblieben, hätte es genau dieselben Folgen gehabt. Es gelang ihr wieder in die Zukunft zu blicken. Doch wir anderen drei hatten es bis jetzt nicht mehr geschafft zu vergessen.
Mir lief ein Schauer über den Rücken. Was war eigentlich mit mir passiert? Ich hatte mir diese Frage noch nie gestellt und es machte mir Angst. Was hatte sich in meinem Inneren verändert seit ich Meistro getroffen hatte, seit ich Cortez wiedergesehen habe? Die Meuren hatten unseren Wunsch wieder so zu sein wie früher nicht erfüllt, denn wir waren nicht mehr dieselben. Ich weder mehr Mars noch Rei.
Ich öffnete leicht die Augen und blinzelte zu Jupiter rüber. Ich versuchte an ihrem Gesicht ihre Gefühle zu erkennen. Jupiter hielt die Augen geschlossen und ich konnte nicht die geringsten Emotionen feststellen. Vielleicht dachte sie gerade über dasselbe nach, vielleicht auch nicht.
Auch die Rivalität zwischen Inners und Outers war mit den Göttinnen größer geworden. Es war natürlich keine Feindschaft, schließlich waren wir alle trotzdem vom selben Team, aber es bestand auch keine rechte Freundschaft. Unsere Ansichten waren zu verschieden. Die inneren und die äußeren Kriegerinnen waren wie Tag und Nacht. Ich erinnerte mich daran, daß Makoto das mal gesagt hatte. „Wobei wir allerdings der Tag sind!" hatte sie grinsend hinzugefügt. Ein leichtes Lächeln umspielte meine Lippen. Gerade deshalb war das Gefühl ihnen in diesem Augenblick so verbunden zu sein so merkwürdig. Es war wie ein Bund, der uns alle zu einem einzigen Energiezentrum zusammenschloß.
Es wirkte beruhigend, und ich genoß noch einige Augenblicke das Gefühl einem Ganzen anzugehören.
(Neptun)
Ich konnte mich noch an das letzte Mal erinnern, als ich den Gral gesehen habe. Wenn man ihn nur anschaut, erzitterte man schon vor Ehrfurcht, denn dieses Relikt strahlte eine Reinheit aus, die einen blendet. Es war jedesmal ein unbeschreibliches Gefühl, wenn er mit der Kraft von zehn Sailorkriegerinnen erschaffen wird und man selbst dazu beiträgt. Für Uranus und mich bedeutet der Gral aber noch sehr viel mehr. Im Geheimen stellte er für mich so etwas wie das Symbol unserer Bindung dar. Durch den Gral hatten wir uns in diesem Leben wiedergefunden und gemeinsam endlose Qualen durchstehen müssen, um ihn zu finden. Niemals hätte ich damals angenommen, daß er sich alleine durch unsere Seelen zum Vorschein bringen läßt. Aber das alleine ist das große Geheimnis vom Gral. Er besteht aus den zehn unterschiedlichen Mächten von unserer Gruppe.
Ich hielt die Augen fest geschlossen und stand kerzengerade da, während ich die Energien durch mich fließen ließ, bevor sie sich in der Mitte sammelten. Mit den anderen Kriegerinnen so verbunden zu sein war schon ein besonderes Gefühl. Neben der sehr vertrauten Aura von Uranus, Pluto und Saturn erschienen sie mir fremd aber sehr angenehm. Es war fast so, als ob ich die anderen fünf auf diese Weise besser kennenlernen würde, dabei hatte ich mit den inneren Kriegerinnen, bis vielleicht auf Usagi, weniger zu tun. Und das obwohl wir uns schon lange kannten. Manchmal tat es mir Leid, daß nicht dieselbe Bindung zu ihnen bestand wie zu meinen drei Gefährtinnen, doch ich sagte mir oft, daß die Unterschiede zu groß waren. Alles in allem hatten wir einen völlig verschiedenen Ursprung.
Pluto, Saturn, Uranus und ich waren seit einer Ewigkeit Wächterinnen, die eine sehr große Verantwortung trugen. Genauso wie Sailorpluto und Sailorsaturn Tausende von Jahre auf derselben Stelle im Nichts verharrten, um die Tore zu bewachen, waren auch Uranus und ich eine Ewigkeit getrennt und auf unseren Posten gefangen gehalten. Mars, Merkur, Venus und Jupiter kannten das nicht. Sie waren Göttinnen gewesen, die taten was sie wollten und die Freiheit hatten für ihr Recht zu kämpfen. Bei uns hatte es das nie gegeben.
Wahrscheinlich hatte dies auch jetzt noch einen Einfluß auf uns alle und machte daher die Verschiedenheit aus. Doch in diesem Augenblick fühlte ich mich allen bis ins Tiefste verbunden. Eigentlich hätte ich eher gedacht dieses Gefühl sei mir unangenehm. Aber inmitten diesem Chaos von Energien zu stehen und sich nicht mehr als richtigen Körper, sondern als Seele zu fühlen, war ein Ereignis, was von nichts übertroffen werden konnte.
(Pluto)
Einsamkeit... Nur Saturn verstand glaube ich wirklich, was dieser Begriff bedeutete. Einsam und verlassen hatten wir wachen müssen und doch war es für mich viel schlimmer gewesen und würde es immer sein. Saturn hatte einen Ausweg gefunden aus dem Teufelskreis, der sie gefangenhielt. Und wenn dies alles vorbei war, würde sie hoffentlich auch einen Anker haben, der sie stets wieder zurückholte, sollte sie einmal zu sehr in ihrer eigenen Welt versinken.
Diese Möglichkeit würde ich nie haben. Wir Wächter der Zeit waren nicht zeitlos. Das ganz sicher nicht. Unsterblich in einem gewissen Rahmen, vielleicht. Aber nicht zeitlos. Der Fluß der Zeit verging für mich in eigenen Bahnen, qualvoll und langsam, bestimmt von einer ewigen, einsamen Routine, die einen wahnsinnig machen konnte. Das und all die Pflichten, die Geheimnisse, die ich geschworen hatte zu wahren, drohten mich immer wieder innerlich zu zerreißen. Und so genoß ich jeden Augenblick, den ich hier in dieser Zeit als Setsuna Meiou verbringen durfte, denn ich wußte, das war nur ein Atemzug in der relativen Ewigkeit meiner Aufgabe.
Es hatte begonnen. Ich spürte wie die Kraft des Grals auf die Verbindung unserer Seelen reagierte. Fremd und neu war das für mich nicht. Ich hatte es Tausende Male gesehen und erlebt in verschiedenen Zeitabläufen. Was jetzt geschah, hätte schon vor Jahren passieren sollen. Die Prinzessin verfolgte einen guten Gedanken damit, nur leider fürchtete ich, daß es bereits zu spät war um aufzufangen, was seitdem geschehen war.
Die Energie steigerte sich auf ein Maximum und die Kraft, die wir alle in das geheiligte Gefäß gegeben hatten, strömte vervielfacht wieder zurück. Ich spürte das warme Glühen meiner Brosche, meines eigenen Kristalls und die leichte Veränderung in meiner, so wie in der Aura der anderen. Langsam schlug ich die Augen auf und bemerkte, daß alle anderen Senshi sich verwirrt anschauten. Es war eigentlich keine wirkliche Veränderung an ihren Fukus. Die Bänder waren etwas länger und die Broschen waren nun sternförmig, die Röcke selbst zweigeteilt.
Saturn sah schlagartig auf, als hätte sie ein Blitz getroffen. „Er kommt." Niemand brauchte zu fragen, wen sie meinte. Duncan war auf dem Weg. Ich spürte es einen Moment, nachdem sie es ausgesprochen hatte. Er schien tatsächlich den Köder geschluckt zu haben. Sicher, das würde ihn nicht lange aufhalten aber lange genug, um einiges an Zeit herauszuschlagen. Und sicherlich würde es die Zahl seiner Unterstützung bei weitem verringern.
Wortlos und in einer stillen Übereinstimmung, die so vorher nicht vorhanden gewesen war, reichten wir uns die Hände und ließen die Energie einfach fließen. Hin und zurück. Jedoch schweifte unsere Konzentration ab vom Gral und hin zum Erreichen unseres Zielorts.
In einem jähen Aufblitzen von einer einzigen starken, weißen Lichtwelle, die für Betrachter wie eine Sternschnuppe aussehen mußte, ließen wir den Tempel allein und verlassen zurück.
(Duncan)
Feiertag, pah... Irgendwie war das schon richtig ironisch, daß sich das Schicksal unser aller an einem Tag entschied, der für uns Dämonen einen Feiertag darstellte. Einen Feiertag, der praktisch gesehen genau das Gegenteil von dem symbolisierte, was durch die ganze Aktion hier ursprünglich erreicht werden sollte.
Mir war durchaus bewußt, daß die Sailorsenshi ihre eigene kleine Zeremonie heute durchziehen würden. Ich würde es genauso machen. Das hatte eher weniger etwas mit Blasphemie oder ähnlichem zu tun, denn mit Taktik. Unterschätzen tat ich sie schon lange noch mehr, jedoch waren sie für die Zeremonie gebunden und ich... war vorbereitet. Nicht umsonst war ich ein hoher Lord in der Sippe der Dämonen. Zwar war es von Anfang an zu vermeiden gewesen Gewalt anzuwenden, jedoch blieb mir jetzt keine andere Wahl. Ich hatte genug Gefolgsleute, die für diese Sache sterben würden. Lange genug hatten die Senshi und ihre Helfer sich mir... uns in den Weg gestellt, jetzt würden sie gar nicht wissen, was sie traf.
Es war nur eine Schande, daß ich Koitenshi verloren hatte. Sie war immer meine beste und treuste Untergebene gewesen und hatte mich bisher noch nie enttäuscht. Aber vor ein paar Tagen war sie plötzlich verschwunden und ich war nicht mehr in der Lage ihre negative Energiesignatur zurückzuverfolgen. Entweder besaß sie keines mehr – ich schauderte bei dem Gedanken – oder sie versteckte sich. Vielleicht ja auch beides...
Ich mußte mich abstützen, als ein scharfer Schmerz durch meinen Kopf zuckte. Ein Gefühl von immenser Helligkeit und Reinheit. So stark und erhaben, daß es nur eine Schlußfolgerung zuließ. Sie hatten begonnen. Jetzt war der Augenblick gekommen, indem ich ihren Widerstand niederschlagen und Saturn für mich beanspruchen würde.
„Es ist soweit!" rief ich der Ansammlung von gut drei Dutzend hochklassigen Youmas zu. „Wir werden aufbrechen und wir werden siegen!" Ein einstimmiger Schlachtruf antwortete mir. „Bedenkt das Eine, keine der Senshi, noch der königlichen Familie darf getötet werden, wenn möglich. Unser einziges Ziel ist es, die Zeremonie zu unterbrechen und Lady Saturn hierherzubringen." Ich zog mein Schwert aus der Scheide und hielt es in die Luft. „Für den Frieden!"
„Für den Frieden!" kamen drei Dutzend Echos zurück und damit brachen wir auf. Konzentriert folgte ich der enormen Energieausstrahlung und leitete meine kleine Armee dorthin. Es war immer noch schwer für mich zu teleportieren aber für einen Sprung sollte es reichen. Und ich würde ja auch nur den einen brauchen.
Ich bemerkte, daß etwas nicht ganz stimmte, kurz bevor wir ankamen. Die starke Aura veränderte sich und wurde auch ein wenig schwächer. Kaum berührten meine Füßen den Boden vor dem kleinen Tempel, da schoß ein weißer Lichtblitz wie eine einzige gewaltige Sternschnuppe nur knapp über meinen Kopf hinweg. Verblüfft folgte ich ihrem Lauf mit einer Kopfbewegung. Es war eindeutig, was es war, und jetzt wußte ich auch, womit ich die Energiesignatur verwechselt hatte.
Jedoch... jetzt war es zu spät. Sie hatten mich ausgetrickst.
(Saito)
Dallas und ich betrachteten den relativ kleinen Tempel, der als Schauplatz für die Zeremonie dienen sollte. Wiederholt fragte ich mich was zum Teufel ich hier eigentlich verloren hatte. Warum wollte ich um alles in der Welt diese Zeremonie beschützen, die der Grund dafür war, daß ich Minako verloren hatte? Normalerweise sollte ich mich einen Dreck darum kümmern und zusehen mir einen neuen und brennenderen Lebensinhalt zu suchen. Aber das war es ja gerade. Ich war nicht der Typ, der irgend etwas hinterher heult und wenn es mir noch so wichtig gewesen war. Minako jedoch bedeutet mir sehr viel, nicht als Freundin, sondern einfach als Person. Trotz allem würde wohl jeder halbwegs normale Mensch an meiner Stelle sich von dieser Zeremonie fernhalten. Dallas warf mir den ganzen Tag über auch schon verächtliche Blicke zu, was ich allerdings von ihm gewöhnt war und es daher geflissentlich übersah. Wahrscheinlich nahm er mich nicht mehr für ganz voll, was er aber sowieso noch nie getan hatte.
Ich hatte Minako versprochen, daß ich sie beschützen würde, und ich wäre nicht der Halbschatten Saito, wenn ich meine Versprechen nicht einhalten würde. Minako gehörte immer noch zu mir, selbst wenn sie mit jemand anders zusammen war und sein würde. Denn in Minako steckte Venus und Venus war und blieb meine Liebe. Und mal davon ganz abgesehen…wenn schon ein interessanterer Kampf auf diesem Planeten stattfand sollte, konnten Dallas und ich uns das nicht entgehen lassen. Zwar waren es leider diese verfluchten Dämonen aber immerhin mal eine Abwechslung von diesem langweiligen, wenn auch gemütlichen Erdlingsleben.
„Ich schlage mal vor wir kämpfen getrennt", brummte Dallas. „Das heißt, wenn es überhaupt etwas zu kämpfen gibt. Wir beide werden also das Gebiet um den Tempel herum vornehmen, während die anderen Grünschnäbel direkt vor der Tür Wache stehen. Allerdings sehe ich kommen, daß zwei von ihnen, wahrscheinlich die beiden Kerle, auch mit uns kommen müssen, denn allein zu zweit können wir nicht alles überblicken."
Ich nickte geistesabwesend. Dallas sah mich kopfschüttelnd an. „Sag mal, du Idiot, hörst du mir überhaupt zu?"
„Ja sicher, ich habe auf alle Fälle nichts gegen Gesellschaft", beeilte ich mich zu sagen.
Der Rothaarige warf mir einen abschätzigen Blick zu. „Es geht mich ja nichts an aber wieso zur Hölle machst du hier eigentlich mit", fragte er endlich, seine Diskretion über Bord werfend. „Warum willst du Venus eigentlich noch beschützen? An deiner Stelle würde ich sagen sie solle zusehen, daß sie ihre Zeremonie selbst verteidigt."
„Sie ist mir sehr wichtig und sie würde es auch für mich tun, da bin ich sicher", sagte ich selbstbewußt. „Wo wir beim Thema sind, warum machst du denn hier überhaupt mit, das hast du mir auch noch nicht gesagt."
„Das war Jup…Makotos Einfluß", gab er zu. Er hatte ebenfalls Probleme damit die Mädchen bei ihren bürgerlichen Namen zu nennen.
Also doch. Ich grinste, worauf er sich beeilte mich aufzufordern die Gegend zu inspizieren, was wir dann auch taten. Um den Tempel herum war nichts als dichter Wald, bestehend aus Nadelbäumen. Es führte nur ein schmaler Weg zum Tempel, der Rest bestand aus steilen Hängen und dichten Bäumen. Besonders vorteilhaft war das nicht gerade, denn verstecken konnten sich Dämonen vor allem bei Dunkelheit auf diese Weise sehr gut. Ich hoffte inbrünstig, daß die Senshi nicht so blöd waren das Ganze bei Nacht abzuhalten. Möglicherweise war das sogar erforderlich, ich kannte mich bei dieser Zeremonie nicht aus. Auf alle Fälle würde es so um einiges schwieriger sein.
Wir teilten uns unsere Seiten zu und beschlossen den beiden anderen die etwas lichteren Stellen zu überlassen. Wir hatten ja keine Ahnung wie mächtig diese Liebesengel und Halbdämonen waren. Irgendwie merkte ich, daß ich auf einen ausgefüllten Abend aus war, mit saftigem Kämpfen, der mich den eigentlichen Anlaß etwas vergessen ließ.
(Luna)
„Sie werden so schnell erwachsen." Behutsam stellte ich das letzte Paar Kerzen auf. Es war wirklich nicht gerade leicht so viele orange und violette Kerzen zu finden, um genug für die Zeremonie zusammenzubekommen. Zwar war es nicht so, daß es notwendig wäre unbedingt identischfarbige Kerzen zu bekommen aber wenn man schon die Möglichkeit hatte, sollte möglichst alles perfekt sein.
„Du wiederholst dich." Artemis beendete seine Arbeit auf der anderen Seite auch. Dallas, Saito, Momoko und ihre Freunde waren bereits draußen. Ich war froh, daß wir ihre Unterstützung hatten. Wir konnten tun, was wir wollten, aber bei Weitem hatten wir nicht das Potential der zwei Halbschatten, wahrscheinlich noch nicht einmal der Liebesengel. Trotzdem hatte ich vor mein Bestes zu geben, allein schon, weil Usagi soviel dran lag.
„Ist mir schon klar. Aber kommt es dir nicht schon etwas merkwürdig vor. Schließlich ist es dein Schützling, der hier vermählt wird." Wir traten beide in die Mitte und ich konzentrierte mich. Mit einem Finger beschrieb ich ein weiten Kreis und ein unregelmäßiger, weitgespannter achtzackiger Stern – es waren mehr zwei Viertelkreise – bildete sich um den Altarbereich, an dessen Spitzen jeweils die acht Planetenzeichen abgebildet waren. In der Mitte, direkt vor dem Altar, befand sich ein Erdsymbol, von einem Halbmond überlagert.
„Es ist Minakos Entscheidung und ich freue mich für sie", meinte er mit etwas Bewunderung in der Stimme. Ich schmunzelte verlegen. Auf diese Art konnte ich wenigstens etwas beitragen und den Ablauf zumindest etwas einfacher und schneller gestalten. „Es ist nur ein Schande, daß alles unter solch einer Hektik abläuft." Ich nickte, Artemis mußte wohl meine Gedanken gelesen haben.
Ein Gefühl der Wärme durchströmte mich. „Sie kommen." Schweigen gingen wir nach draußen und gesellten uns zu Peach und ihrer Gruppe, die bereits draußen warteten. Am Horizont war ein heller Lichtpunkt zu erkennen, der rasend schnell näherkam. Ich hatte ja schon so einige Teleportationen der Senshi erlebt aber diese hier war schlichtweg beeindruckend. Das Licht war überhaupt nicht blendend, sondern beruhigend.
Die Sphäre schwebte für einen Moment über dem Tempelvorplatz in der Luft, bis sie sich schließlich absenkte und schließlich den Kreis aus Sailorsenshi freigab. Man sah deutlich die winzigen Veränderungen, die leichtveränderten Fukus mit längeren Bändern und die sternenförmigen Broschen. Sailormoon schien keine Veränderungen durchgemacht zu haben, jedoch Endymion ähnelte jetzt mehr seinem zukünftigen Ich. Alles in allem schienen sie reifer, mehr gefestigter als zuvor. Jedoch würde selbst dieser Akt nicht die Wunden heilen können, die sich durch die Shiekahkrise zu tief in ihre Persönlichkeit vergraben hatten.
Der Gral schwebte direkt in ihrer Mitte und driftete langsam in Moons ausgestreckte Hand, sobald die Senshi sich losgelassen hatten. Moon drehte sich zu uns um und der Kreis löste sich etwas auf. „Es ist alles vorbereitet. Habt ihr wenigstens erreicht, was ihr wolltet?" Ich erhielt ein knappes Nicken als Antwort. „Wir wissen natürlich wie lange ihn das aufhält. Mit etwas Glück haben wir genügend Vorsprung herausgeholt, ich möchte aber nicht drauf wetten."
Artemis sah sich beunruhigt um. „Es ist ziemlich unmöglich sämtliche Stellen zu decken. Was machen wir, wenn es dieser Duncan trotzdem schafft irgendwie hierein zukommen, ohne daß einer von uns etwas tun kann." Venus hingegen schien darüber nicht sehr beunruhigt. „Beim ersten Versuch wird er auf jeden Fall sein blaues Wunder erleben." Sie warf Peach einen fragenden Blick zu. „Es ist für alles gesorgt", meinte diese nur.
Bevor jemand weiteres fragen konnte, scheuchte Moon die restlichen Senshi in den Tempel. Ich warf Peach einen Blick zu, diese lächelte nur schweigend und ich zuckte schließlich mit den Schultern. Solange das, was sie nun genau arrangiert hatte, wirkungsvoll war, sollte es mich nicht stören. „Komm schon, Luna. Wir sollten zusehen, daß wir die beiden Jungs finden und uns dann aufteilen", drängte Artemis.
