Götterdämmerung
Drei Leben, zwei Geliebte, eine Entscheidung
Teil 9-1: Ein heißer Tanz
(Artemis)
Es war schlagartig Nacht geworden, was für Ereignisse wie diese absolut typisch war. Der Mond schien etwas blaß und versteckte sich hinter dunklen Wolken. Leider war es auch saukalt und ich verfluchte mich selbst, daß ich diesen plötzlichen Zeitwechsel nicht vorhergesehen hatte. Unruhig sah ich mich um. Der dichte Wald, der uns umgab, war stockdunkel, was mir ziemliche Bedenken gab. Die Dämonen hatten genug Chancen sich anzuschleichen und ich wurde das dumme Gefühl nicht los, daß ich morgen mal wieder mit gebrochenem Rippen und einem ausgekugelten Arm aufwachen würde.
Luna stand etwas weiter entfernt und redete auf Serenity ein. Sie schien voll und ganz in ihrem Element und die roten Augen leuchteten aufgeregt. Mich ließ das Ganze natürlich kalt. Ich blickte den Sailorkriegerinnen hinterher, die durch den Tempeleingang verschwanden. Jupiter, Mars und Merkur schienen entspannt und ruhig, was ich gut nachvollziehen konnte, immerhin hatten sie dieses Mal Aussicht auf einen gemütlicheren Abend. Jupiter sah zwar verdächtig sehnsüchtig zu unserer Kämpfergruppe hin und auch Mars warf einige nachdenkliche Blicke auf den dichten Nadelwald, als ob sie dort schon die Feinde vermuten würde – aber im Allgemeinen schienen sie alles im Griff zu haben.
„Alles in Ordnung, Artemis?" hörte ich eine belustigte Stimme. Ich sah zerstreut auf und blickte Minako desorientiert an, die vor mich getreten war. Meine blonde Gefährtin war schon zurechtgemacht, trug ein elegantes Kleid und die Haare mit einem goldenen Diskus festgesteckt. Sie sah mal wieder sehr hübsch aus, doch ausnahmsweise mal eher schlicht und elegant statt sexy und aufreizend. Lieber Himmel, ich möchte gar nicht erst daran zurückdenken, was ich mit ihr schon alles hatte mitmachen müssen. Mein Schicksal hatte mich dazu verflucht das konfuse Dasein dieser unfaßbaren Person zu erleiden. Doch ohne sie, sei es Venus, Aishar oder Minako Aino, würde ich wohl zu Staub werden. Sie gehörte einfach in mein Leben wie die Faust aufs Auge. Dieses Sternenbündnis war natürlich wieder die Krönung, doch ich mußte zugeben, eigentlich war es das erste Mal, daß Minako eine vollauf vernünftige Entscheidung getroffen hatte. So vernünftig, daß es mir eigentlich relativ irreal vorkam. Meine kleine Dumpfbacke ging ein ewiges Bündnis ein und das mit einer derartig besonnen und realistischen Person wie Hotaru Tomoe.
Ich lächelte. „Mir geht es gut, immerhin habe ich keinen Eid zu absolvieren. Die Rauferei mit den Dämonen wird sicher ein Klacks werden, vertrau mir."
Minako, obwohl sie jetzt sehr nach Aishar aussah, griff nach meinem Arm und drückte ihn. „Ich weiß zu schätzen, daß du das hier machst", sagte sie leise. „Wahrscheinlich hast du dich in den letzten Wochen viel über mich gewundert. Ich habe mich wohl sehr verändert."
Die äußeren Kriegerinnen gingen an uns vorbei und ich wartete bis sie passiert hatten. „Worüber sollte ich mich bei dir noch wundern, Minako", fragte ich. „Du weißt, daß ich auf ewig für dich da bin, obwohl ich immer noch nicht rausgefunden habe, wieso dem so ist. Paß nur auf, daß du deine Entscheidung nicht bereust."
Sie lächelte müde. „Ich habe lange nachgedacht, Artemis. Es gibt keine Zweifel mehr zu beseitigen, ich zieh es durch. Möglicherweise sieht meine Zukunft wohl ganz anders aus als meine Vergangenheit. Bisher war ich immer turbulent und unentschlossen, noch immer gewesen. Wahrscheinlich wird sich alles auf einen Schlag ändern."
Ich kam nicht umhin zu lachen. „Glaub mir, Mädchen, so schnell wirst du dich nicht von deiner alten Persönlichkeit lösen können! Vielleicht denkst du jetzt, daß du dich von allem trennen kannst aber diesen Fehler darfst du nicht machen. Egal wie deine Zukunft aussehen wird, die Göttin, die Sailorkriegerin und das normale Mädchen sind Teile von dir, die unabkömmlich sind. Was du lernen mußt, ist sie harmonisch zu vereinen. Mag sein, daß sich das scheiße anhört aber so funktioniert es. Das Leben wäre sonst auch zu einfach."
Sie blickte mich nachdenklich an. Luna rief nach ihr und Hotaru, die wie eine ruhige Schicksalsgöttin dastand und wartete, war die Einzige, die noch nicht in den Tempel getreten war.
„Es ist Zeit", sagte ich. „Los, geh und zieh dein Schicksal durch."
Sie lächelte. „Du hast recht. Ach ja, noch was…Weißt du, wo Saito…"
„Minako, wir dürfen keine Zeit mehr verlieren!" unterbrach Luna sie, die dazugekommen war.
Minako nickte ergeben, und nachdem sie mich noch unbedingt umarmen wollte, verschwand sie mit ihrer Zukünftigen im Tempel.
Ich seufzte und Luna sah mich prüfend an. „Und, was fühlst du jetzt?" wollte sie wissen, was natürlich wieder typisch war.
„Wohl werde ich mich erst fühlen, wenn das Ganze hier vorbei ist", brummte ich.
Ich blickte zu der anderen Gruppe hin. Die jüngeren Liebesengel standen in einem Kreis beisammen und warfen manchmal neugierige Blicke zu uns rüber. Jetzt war natürlich noch eine große Frage zu klären. „Wem werden wir uns denn nun anschließen", fragte Luna auch prompt. „Wir sollten uns langsam entscheiden."
„Wenn die werten Halbschatten mal hier wären, könnten wir das diskutieren!" meinte ich etwas ärgerlich.
„Wir sind hier", sagte jemand trocken. Wir wandten uns um. Zuerst sahen wir nur das Aufglühen einer Zigarette, bis wir langsam in der Dunkelheit die Umrisse von Dallas und Saito erkannten. In dem Augenblick traten auch Wedding Peach, Yosuke und die drei anderen Mädchen zu uns. Luna nickte ihnen freundlich zu. Dann wandte sie sich wieder den Halbschatten zu und strich sich die dichten schwarzen Locken aus dem Gesicht.
„Kommt herüber, wir sollten langsam anfangen alles zu besprechen!" befahl sie in einem herrischen Ton. Die beiden traten aus der Dunkelheit. Saito lächelte mit seinem typischen Zahnpastagrinsen in die Runde und betrachtete die weiblichen Kämpferinnen eingehend.
Dallas zog herablassend an seiner Zigarette und sah Luna an.
„Die Streunerin vom Mond, dich habe ich ja schon lange nicht mehr gesehen", sagte er höhnisch. „Du willst tatsächlich gegen Dämonen kämpfen?"
In Lunas Augen sprang ein aggressiver Funken über. „Man wird ja sehen", erwiderte sie sarkastisch. „Mich wundert's, daß gerade ihr eure alten Verbündeten bekämpfen wollt! Das wird euch sicher Spaß machen!"
Dallas sah sie böse lächelnd an. Da ich wenig Lust darauf hatte, daß gerade jetzt alte Feindschaften wieder aufkeimen, beschloß ich sofort aufs Thema zu kommen. Ich wandte mich unseren anderen Kampfgefährten zu. Wedding Peach sah mich erwartungsvoll an.
„Es scheint für jeden klar zu sein", begann ich. „Ihr nehmt euch dann die innere Zone hier vor. Luna und ich gehen mit den beiden Halbschatten in den Wald."
Das Mädchen mit den pinkfarbenen Haaren nickte. „Alles klar. Wir werden alles tun um Minako und Hotaru zu beschützen. Diese Zeremonie soll ohne Störung ablaufen."
„Falls ihr trotzdem irgendwie Hilfe braucht, ihr wißt sicher wie ihr uns erreicht!" fügte Engel Daisy hinzu. Saito sah sie lächelnd an.
„Hey, eigentlich könnten wir die Gruppen auch so einteilen, daß einer von uns mit einer von euch Liebesengel kämpft", schlug er vor, das grünhaarige Mädchen charmant angrinsend. Ich bekam große Lust ihm eine reinzuhauen.
„Wir belassen es jetzt besser so wie es ist", meinte ich trocken. „Laßt uns jetzt nicht zuviel Zeit verlieren."
„Worauf wartet ihr denn noch?" drängte Dallas ungeduldig. „Kommt nach, wenn ihr mit eurem Gesülze fertig seid!" Die männliche Belegschaft der anderen Gruppe starrte dem knallarmigen Schläger halb empört, halb bewundernd hinterher.
„Keine Sorge, ihr werdet ja nicht mit ihm kämpfen müssen", grinste Saito belustigt.
„Gut, gehen wir. Hoffen wir, daß es nicht zu häßlich wird", seufzte Luna.
Nachdem wir uns gegenseitig noch einmal viel Glück gewünscht hatten, trennten wir uns und wir gingen den beiden Halbschatten nach in den Wald hinein. Luna lief etwas unwillig neben mir her, Saito dicht neben ihr. Dallas ging voraus, er schien nicht besonders aufgeregt zu sein.
„Wie machen wir es?" wandte ich mich an den rothaarigen Shiekah. „Welche Seite möchtet ihr? Und wie sollen wir uns aufteilen?"
Er zuckte mit den Schultern. „Mir ist es egal, macht ihr wie ihr es wollt."
„Jeweils Zwei von uns sollten nicht allzuweit voneinander entfernt stehen", meinte Saito. „Vielleicht sollte einer von uns Halbschatten mit einem von euch losgehen, immerhin sind wir um einiges stärker als ihr beiden."
„Hmm, ja", murmelte ich zerknirscht. „Obwohl ich kaum glaube, daß Luna und ich Hilfe gegen diese Horde Dämonen brauchen, wir sind ja wohl keine Anfänger. Die einzige Gefahr ist Duncan."
„Wie ihr meint", sagte Saito etwas arrogant. „Wir verschwinden jetzt auf die andere Seite. Bis später!"
Ohne weitere Vorwarnung teleportierten die beiden sich vor unseren Augen weg. Zurück blieben ich und Luna in der Dunkelheit. Luna sah mich an. „Ich hoffe, daß wir ihnen vertrauen können", meinte sie mit ernstem und nachdenklichem Gesicht.
Ich schwieg dazu. Sie waren Halbschatten, Shiekah, unsere ehemaligen Todfeinde. Wie sollte man da schon von Vertrauen reden.
(Endymion)
Stumm sah ich zu wie die Senshi sich gruppierten. Jede von ihnen stellte sich auf ihre respektive Position und in das Zentrum ihres Planetensymbols plazierten sie jeweils eine einzelne kleine Kerze in ihrer Farbe, ohne sie jedoch anzuzünden. Draußen wurde es langsam dunkel, obwohl es erst später Nachmittag war und keine einzige Wolke am Himmel stand. Es war, als ob die Erde selbst eine angemessene Atmosphäre für die Heiligkeit des hier stattfindenden Ereignisses schaffen würde und das ganz ohne mein Einwirken.
Ich sah hinüber zum Altar und zu Serenity. Meiner Usako. Stolz, ernst und gelassen wie eine echte Prinzessin, gut sie war sicherlich innerlich ziemlich nervös aber wer mochte es ihr verdenken. Jedoch verbarg sie es gut. In der letzten Zeit hatte ich mich ziemlich ausgeklammert gefühlt, immer, wenn es um Senshibelange ging. Am Schlimmsten war die Zeit für mich gewesen, als sie zur Göttin wurde. Einerseits wußte ich, wie wichtig es war, doch andererseits hatte ich Angst gehabt meine Usako für immer zu verlieren. Letztendlich hatte sie all das nur reifer gemacht.
Und trotzdem erschien ich mir irgendwie nutzlos. Auch jetzt, denn die ganze Angelegenheit ging mich doch eher weniger an. Sicher Minako und Hotaru waren meine Freunde aber... Wo paßte ich eigentlich in dieses Bild? Das war eine Sache der Senshi unter sich und gleichzeitig war es aber auch meine Angelegenheit. Ich fühlte mich seltsam verpflichtet und wußte nicht warum. Ob es mit meiner steigenden Kontrolle über die Erde, das Hineinreifen in die Rolle eines Königs oder einfach nur die Loyalität und Freundschaft zu Usagis Teamkameraden zusammenhing, wichtig war eigentlich nur, daß ich mich trotz meines eher geringen Beitrag zu dem Ganzen hier nicht mehr ganz so unnütz vorkam. Und ich denke, daß hatte ich zu einem großen Teil auch Venus und Saturn zu verdanken.
Mein Blick schweifte über die Gänge, durch die die beiden Senshi gleich hineinkommen würden, so wie es trotz aller Hektik die Tradition doch verlangte. Die beiden Mädchen hatten mich mit ihrer aufopferungsvollen Liebe wieder an Serenity und mich erinnert. In vielerlei Hinsicht waren uns die beiden Senshi sehr ähnlich und es erinnerte mich daran, daß zu einer harmonischen Beziehung immer Zwei gehörten und niemand, sei sein Betrag noch so klein, je wertlos war in einer Beziehung.
Ein wenig sehnte ich mich auch danach heute dort zu sein, wo die beiden Mädchen sein würden. Wir waren schon lange alt genug und wenn es nach Usako gegangen wäre, hätten wir schon mit Sechszehn heiraten können... Aber so war das halt mal, wenn man wußte, daß man ein zukünftiges Herrscherpaar sein würde und der richtige Zeitpunkt alles entscheiden könnte. Ein paar Jahre würden wir uns noch gedulden müssen aber soweit zur Eile drängte uns auch nichts. Trotzdem... Es erfüllte einem schon mit ein bißchen Verlangen, wenn man hier so stand und nur beteiligt war.
Langsam erhob ich mich und ging zum Altar hinüber, wo ich meinen Platz etwas hinter Serenity einnahm. Vielleicht war ich nur so etwas wie eine moralische Unterstützung für sie aber das störte mich jetzt eigentlich nicht. Es waren ihre Senshi. Früher einmal, da hatte ich mir gewünscht, daß wir hier vielleicht alle einmal zusammenstehen würden. Meine Generäle, ich, Serenity und ihre Senshi. Der Traum eines jungen, verliebten und vor alle Dingen naiven Prinzen. Kunzite und die anderen waren tot, die Senshi keine kleinen Mädchen mehr, sondern zum Teil mit dem Bewußtsein einer Göttin. Wir trieben keine Kleinkinderkriegsspielchen mehr, die Welt war rauher geworden und so waren es die Senshi. Ich hoffte inständig diese Bindung zwischen Venus und Saturn würde die Sailorsenshi wieder ein wenig auf den alten Pfad zurückführen und sie dazu bringen ihre schmerzhafte Vergangenheit – oder sollte ich Vergangenheiten sagen – hinter sich zu lassen und endlich wieder als die zu Leben, als die sie geboren wurden.
Serenity ergriff meine Hand und ich bemerkte, daß sie zitterte. Beruhigend drückte ich diese fest und sah hinauf zum Mosaikfenster der Kathedrale. Es war absurd. Jetzt mochte man nicht nur glauben, es wäre schlagartig Nacht geworden. Es WAR schlagartig Nacht geworden. Der Vollmond schien stark und beruhigend und im Gegensatz zu diesen Nächten, in denen man meinen mochte hinter jeder Ecke lauerte ein Schatten, ein Dämon oder was auch immer, der dir deine Seele rauben würde, war diese hier so klar und sanft, daß sie eine beinahe ergreifende Reinheit darstellte. Abhalten würde das die Dämonen sicher nicht, wenn Duncan erstmal herfand, aber einen Vorteil verschaffte es ihnen ebensowenig.
Dann traten Venus und Saturn, in formellen Prinzessinnenkleidern, während die restlichen Inners und Outers sich für ihre Fukus entschieden hatten, hinaus auf die Gänge. Ihre Sternenpatinnen begaben sich zu ihnen und die eigentliche Zeremonie begann. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Entweder es klappte oder wir hatten alle eine Menge Ärger am Hals.
(Neptun)
Das sanfte Leuchten meiner aquamarinfarbenen Kerze gab mir irgendwie ein Gefühl von innerer Ruhe. Die dunkelblaue Kerze von Uranus stand direkt daneben. Irgendwie kam ich mir vor wie bei einer Gedenkmesse und nicht einer Vermählung. Es fiel mir schwer meine melancholische Stimmung zu vertreiben, denn all dies erinnerte mich erbarmungslos an die Vergangenheit. Sehnsucht an die ganz alten Zeiten, an die ich mich fast überhaupt nicht mehr erinnern konnte, ergriff mich. Uranus und ich hatten schon einmal so eine Zeremonie mitgemacht, doch da hatten wir die Hauptpersonen gespielt.
Natürlich war es damals völlig anders. Es war eine winzige Kapelle auf Miranda gewesen und wir beide waren die einzig anwesenden Sailorkriegerinnen. Außer uns waren da nur die Sternenpaten gewesen. Typhia, eine Meerelfe, und meine liebste Freundin und Helferin. Von der Seite von Uranus war da ein kleiner alter Mann, ein Magier, den man den Weisen des Windes nannte. Seinen Namen kann ich mich nicht mehr erinnern aber Uranus weiß ihn sicher noch. Es hatte sich in Einsamkeit und ohne Zuschauer abgespielt, weil es während eines gefährlichen Kampfes stattfand. Trotzdem war es für mich der schönste Moment aller Zeiten gewesen. Was ich damals fühlte, werde ich nie wieder verspüren. Es waren die Kerzen, die mich so sehr daran erinnerten.
Jetzt, Tausende von Jahren später, nahmen wir wieder an einem Sternenbündnis teil, und das zwischen einer inneren und einer äußeren Kriegerin. Ich fragte mich inständig, ob Hotaru momentan genauso fühlte wie ich damals oder es ihrem ruhigen Gemüt weniger antat. Was Venus jetzt dachte hätte mich auch interessiert. Diese quirlige Minako, bekannt für ihre Polygamie und ihren Sinn für Humor. Ob sie es wohl gar nicht bereute Saito verlassen zu haben? Hatten beide keine Angst vor dieser kurzfristigen Entscheidung? Bei mir und Uranus waren die Umstände etwas anders und es war vor allem über Jahre geplant gewesen. Gerade die Tatsache, daß dies alles fast von einem Tag auf den anderen beschlossen wurde, gab mir kein gutes Gefühl.
Jedoch kam ich nicht umhin mich für das Glühwürmchen zu freuen. Trotzdem lastete die Angst vor Duncan auf den Schultern von jedermann hier, was die Stimmung etwas angespannt werden ließ. Ich machte mir aber eigentlich keine überragenden Sorgen. Wedding Peach und ihre Truppe habe ich jetzt erst vor kurzem kennengelernt und konnte kaum viel über sie sagen. Aber der Umstand, daß die beiden Halbschatten Dallas und Saito uns tatsächlich halfen, beruhigte mich sehr. Es war nicht unbedingt, daß ich beide übermäßig mochte. Sie waren nun mal ehemalige Feinde und was für welche.
Ich hatte sie während des Kampfes gegen die Shiekah oft genug gesehen und die Leichtigkeit, mit der die beiden ihre Gegner – also uns – nieder prügelten war bewundernswert, sie besaßen die Macht der Götter. Eine gute Verteidigung für uns würden sie also auf alle Fälle sein. Ich fragte mich nur, ob Duncan von ihnen wußte. Wahrscheinlich würde er sie wiedererkennen, denn Rei hatte mir gestern noch erzählt, daß die drei Halbschatten die Dämonen damals stetig angriffen und vor allem Meistro pflegte sie gerne zu unterwerfen. Sollte Duncan zu dieser Epoche existiert haben, würde er wohl nicht bestens auf sie zu sprechen sein.
Aber in diesem Augenblick war das alles für mich eher unwichtig. Ich sah Uranus an, die ganz still dastand und mit unbeweglichem Blick auf die dunkelblaue Kerze vor ihr starrte. Was um sie herum passierte schien ihr plötzlich egal zu sein. Selbst auf mein diskretes Rufen reagierte sie nicht und es kam selten vor, daß sie auf mich keine Reaktion zeigte. Ich griff impulsiv nach ihrer Hand und stellte mich auf die Zehenspitzen, um den kleinen, weichen Mund zu erreichen und zu küssen. Wir küßten uns selten in der Öffentlichkeit, höchstens wenn wir angetrunken oder von der Gesellschaft gelangweilt waren.
Sie schenkte mir doch noch ein kleines Lächeln, verfiel aber sofort wieder in ihren Trancezustand. Ich gab auf und sah nach, was die anderen so trieben. Sie hatten sich schon alle aufgestellt, obwohl Mars und Serenity noch lächelnd miteinander flüsterten. Auch Jupiter und Pluto, die beiden Sternpatinnen, waren in einem tiefen Gespräch. Schließlich aber bat jemand um Ruhe, ich glaube es war Endymion, und jeder stand in seiner Position. Ich hielt die Luft an. Es ging los.
(Koitenshi)
Einatmen... Ausatmen... Einatmen... Ausatmen... Den Geist fließen lassen, nicht fordern, nicht zwingen, passiv, ruhig... Schlag links, Parade rechts, Ausweichen, Aufwärtshaken... So ging das eine ganze Weile, bestimmt an eine Stunde, wenn nicht sogar länger. Bei dieser Art von konzentriertem Training verlor man jedes Zeitgefühl. Aber es beruhigte mich und es beruhigte meinen Geist. Außerdem diente das Verfeinern meiner körperlichen Fertigkeiten auch noch einem nützlichen Aspekt meines neuen Lebens. Ich konnte bei Schwierigkeiten schließlich schlecht auf meine dämonischen Kräfte bauen.
Entspannt und innerlich gefestigt schnappte ich mir ein Handtuch und ließ mich auf die Couch der kleinen Apartmentwohnung fallen, von der ich immer noch keine Ahnung hatte wie ich die Miete für diesen Monat bezahlen sollte. Ich war nie ein Dämon, der viel auf Kraft legte. Meine Stärken lagen eher in der Beherrschung von Magie und Schnelligkeit. Doch auf Ersteres konnte ich nicht mehr zählen, zumindest nicht, wenn ich mich in dieser Welt behaupten wollte, und das hatte ich vor.
Abwesend spielte ich mit dem großen, knuddeligen und süßen Stoffhasen, an dem ich irgendwie Gefallen gefunden hatte. Er war als Willkommensgeschenk in der Wohnung inbegriffen. Man mußte schon sagen, die Menschen hatten teilweise einen seltsamen Geschmack aber einiges war doch ganz lustig. Ich lächelte leicht und wollte mich gerade zurücklehnen und für ein paar Minuten die Augen schließen, da fiel mein Blick auf das zusammengefaltete Stück Papier. Die Karte des Tempels, der den beiden Senshi zur Trauung dienen sollte. Es war eine vertraute Geste innerhalb der letzten Stunden gewesen, als ich das Stofftier beiseite tat und die Karte auffaltete, sie für einen langen Moment anstarrte und dann vorsichtig zusammengefaltet wieder hinlegte.
Danach stand ich auf und ging hinaus auf den kleinen Balkon. Es war dunkel geworden. Sehr dunkel und definitiv zu dunkel für diese Jahreszeit. Natürlich war mir dieses Phänomen bekannt. Ich kannte sie alle, die Bräuche der Kinder der Ordnung, vielleicht sogar besser als Duncan, denn ich hatte die meisten selbst ausspioniert. „Dumme Kinder", murmelte ich. Sie wußten gar nicht, auf was sie sich einließen. Duncan würde nicht aufgeben, bis er hatte, was er haben wollte. So war er nun mal, stur und immer auf sein Ziel fixiert.
In letzter Zeit hatte mich das ein wenig beängstigt. Duncan war ein Dämon mit Prinzipien. Er würde nahezu alles tun, um sein Ziel zu erreichen, aber er würde nie soweit gehen sich selbst dafür aufzugeben. Es gab eine Form unter uns Dämonen, die wir eigentlich alle mehr fürchteten und haßten, denn sie zu verehren. Wer sich zu sehr in etwas verbiß, den Blick für die Realität und seine Umgebung verlor, der wurde unweigerlich zu einer Entität wie es Metallia war. Einmal auf diesen Pfad gab es nur wenige, die zurückkonnten, und einmal ein höheres Wesen, war die Konsequenz die völlige Selbstaufgabe zur Zerstörung allen Lebens. Ein idiotisches, sinnloses Streben, das nur von den Wenigsten in Betracht gezogen wurde. Wir Dämonen blieben lieber, was wir waren.
Ich hatte versucht Duncan einige Male darauf aufmerksam zu machen, nachdem er mich nach der Pleite an der Kathedrale gerufen hatte. Doch es nütze nichts. Die Lady Saturn war über Tausende, Millionen von Jahren sein Lebensinhalt gewesen, eine Besessenheit förmlich. Eine Besessenheit, die ihm zu Verhängnis werden könnte, ihm oder dem Universum, vielleicht auch beidem.
Schließlich hatte ich es aufgegeben und war stumm seinen Befehlen gefolgt, wobei ich mir stets nicht sicher war, ob er und damit ich das Richtige tat. Doch mein Stolz ließ nicht zu, daß ich mich abwendete. Da war jedoch etwas bei den beiden Mädchen, daß mich für einen Moment zweifeln ließ, ob sie es nicht doch schaffen würden. Beide verfolgten mit einer solchen Leidenschaft und Hingabe ihre Sache, ihre Liebe, daß ich nicht wußte, ob Duncan dieses Band jemals zerbrechen könnte.
Sicher, wenn sie es durchziehen könnten, hätten beide die Kraft und die Möglichkeit Duncan im Hauch eines Wimpernschlages wegzupusten, sozusagen. Aber dazu mußten sie die Zeremonie erstmal durchziehen. Ich zweifelte nicht an den Fähigkeiten der Liebesengel, war mir aber nicht sicher, ob sie einen zu allem entschlossenen Dämonenlord wirklich stoppen konnte. Die Halbschatten waren sicherlich stark aber auch ein undefinierter Faktor. Ich hatte Duncan nie von ihrer wahren Identität erzählt. Entweder waren sie ein Risiko – für die Senshi – oder eine zusätzliche Stärke. Alles war davon abhängig wie ihre Meinung zu Lord Duncan jetzt stand.
Mit einem kurzen Aufflackern meiner Magie, die trotz allem nicht verloren war, ließ ich meine Flügel erscheinen. Auf dieses Entwicklung war ich am meisten stolz und sie war sicherlich eine große Hilfe sich in der Welt der Menschen zurechtzufinden, das Vortäuschen einer menschennatürlichen Hautfarbe war das kleinere Übel gewesen. Es hatte mich jedoch ein hohes Maß an Konzentration und Selbstkontrolle gekostet diese Tarnung zu erschaffen.
Einen weiteren, langen Blick in die ungefähre Richtung des Zentrums der unnatürlichen Dunkelheit werfend, spreizte ich meine Flügel, beide wieder in hervorragendem Zustand, und katapultierte mich mit enormer Geschwindigkeit hinauf in den Himmel. Unter mir waren nur wenige Menschen unterwegs und diese unterhielten sich aufgeregt über die überraschende Lichtveränderung. Ich kümmerte mich nicht weiter darum und steuerte im schnellsten Tempo, das meine Flügel hergaben, auf mein Ziel zu.
(Uranus)
Das Gefühl war einfach zu merkwürdig. Nie im Leben hätte ich je damit gerechnet, daß irgendeine Kriegerin aus unserer Gruppe ebenfalls ein Sternenbündnis eingehen würde. Besonders nicht damit, daß sogar zwei unserer Senshis untereinander, vom Minako-Hotarupaar ganz zu schweigen. Verdammt, ich konnte es eigentlich immer noch nicht recht fassen! Die letzten Ereignisse und der ganze Wirbel um das Glühwürmchen und Sailorvenus waren für mich nur verrückt und ziemlich unecht. Ich hätte es für eine merkwürdige Phase gehalten, die wie eine Seifenblase zerplatzen würde, ähnlich wie die Ereignisse, die mir während den Jahren bevor ich Michiru kannte passiert waren. Wenn ich allerdings jetzt hier so stand und mir die ganzen Vorbereitungen ansah, bekam ich das beklemmende Gefühl, daß es leider doch die Wirklichkeit war.
Hotaru und Minako wurden eben gerade von ihrer Sternenpaten durch die beiden Gänge hin zum Mittelgang geführt, wo sie sich treffen würden. Der Rest von uns stellte sich auf, um deren Vermählung zu beginnen. Usagi thronte als Serenity mit einem fast schon erschmetternd gütigen Lächeln oben auf dem kleinen Treppchen, während draußen ein eifersüchtiger Dämonenlord wütete, der Saturn als Braut entführen wollte. Zudem wurden wir noch von zwei Halbschatten und einem Haufen Liebesengel verteidigt.
Während ich so darüber nachdachte mußte, fand ich die Situation echt zum Schreien. Es war so ähnlich wie einer der komplett sinnfreien Träume, die man während heißen, womöglich leicht betrunkenen Sommernächten hatte.
Ich versuchte wieder ernsthaft nachzudenken. Du bist untolerant bis zum Gehtnichtmehr! hätte mir Michiru jetzt an den Kopf geworfen. Freu dich doch für das Glühwürmchen, Haruka! Du hast doch selbst immer gesagt, sie bräuchte jemanden, der ihr die genußvollen Seiten des Lebens zeigt!
Ja, das hatte ich tatsächlich gesagt. Aber Minako Aino hatte ich damit bei weitem nicht im Sinne gehabt. Ich wußte ja selbst, daß ich mich stur verhielt. Aber wie könnte ich es auch über mich bringen mich mit dem Gedanken anzufreunden, daß eine von uns ein Sternenbündnis mit einer der Inners eingeht! Da könnte ich mich ja genausogut mit Makoto vermählen.
Ich seufzte. Wahrscheinlich war ich doch wieder übermüdet. Irgendwie freute es mich doch, daß Hotaru jetzt vielleicht endlich ebenfalls lernt das Leben zu genießen und die Tage hinter verschlossener Tür endlich vorbei waren. Sie mußte aus ihrem kleinen Zimmer mit der schwarzen Tapete raus!
Das größte Problem blieb natürlich Duncan. Ich konnte mir immer noch beim besten Willen nicht erklären, was der Dämonenlord hier in dieser Zeit zu suchen hatte. Eine Drohung, die er vor Jahrtausenden hingeworfen hat, ist jetzt, ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt, wahrgeworden. Das Dumme war, daß keiner von uns wußte wie stark er schlußendlich war. Sailorvenus und Saturn hatten sich wacker gegen ihn gehalten, was eigentlich beruhigend war. Außerdem waren ja da Dallas und Saito mit der Macht, die den Göttinnen gleichgestellt war. Aber ging es hier überhaupt um Kraft? Dämonen waren eigentlich Wesen, die im Unterbewußtsein der Menschen hockten, unsichtbare Kreaturen der Dunkelheit. Wie sollte man sie bekämpfen?
Plötzlich reckte sich Michiru zu mir auf und drückte mir einen Kuß auf die Lippen. Ich bemerkte, daß sie schon länger um meine Aufmerksamkeit kämpfte und lächelte sie an. Dabei übersah ich auch nicht das Leuchten in ihren Augen. Wahrscheinlich dachte sie an unsere eigene Zeremonie, die vor einer Ewigkeit einsam in einer Kapelle auf Miranda stattgefunden hatte. Ich seufzte. Man sollte nicht allzusehr an die Vergangenheit denken. Das Bündnis zwischen mir und Neptun war für immer. Sollte das auch zwischen Saturn und Venus so sein? Ich blickte stumm in die Ferne.
(Mars)
Ich verfolgte stumm das Geschehen um mich herum. Dabei nahm ich vor allem Minako ins Visier, die sehr still neben Hotaru stand, was bei ihr irgendwie unnatürlich wirkte. Ich lächelte hämisch. War sie etwa aufgeregt oder störte sie die Aussicht auf eine ewige Bindung? Ich glaubte mich erinnern zu können, daß sie immer behauptete nie heiraten zu wollen.
Innerlich wußte ich zwar, daß sie nichts bereute, auf alle Fälle sah es für den Moment so aus. Es freute mich, daß Minako es endlich geschafft hatte eine ordentliche Entscheidung zu treffen. Allerdings hoffte ich stark für sie, daß ihr der Entschluß nie schwerfallen würde, ansonsten würde ich ihr den Hintern versohlen.
Ich sah zu Serenity rüber, die nicht weit von mir entfernt stand. Sie lächelte vor sich hin und ihr Gesicht glühte vor Freude. Wahrscheinlich machte es sie glücklich uns hier alle vereint zu sehen und solche Veranstaltungen hatten ihr überhaupt noch immer Spaß gemacht. Vielleicht hatten die anderen recht und sie würde wirklich langsam eine Prinzessin werden aber ich wußte, daß ich in ihr nie was anderes als meine Usagi sehen würde, die ich über alles liebte. Selbst, wenn ich sie oft von oben herab behandelte und obwohl da mal eine schmerzhafte Geschichte mit Mamoru war, ich mochte Usagi und ihre anfangs unsicheren Versuche eine echte Prinzessin zu sein hatten mich zugegebenermaßen sehr amüsiert. Aber ich wußte, daß es ihr jetzt ernst war und ich würde sie unterstützen.
Serenity bemerkte meinen Blick und lächelte. Sie schien doch sehr aufgeregt zu sein, das sah ich. Ich blinzelte ihr zu und begann mich in diesem kleinen gemütlichen Raum sehr wohl zu fühlen. Der kleine Tempel hier glich sehr dem ehemaligen Hikawatempel, dessen Trümmer immer noch im toten Tokyo lagen. Die ganze Atmosphäre erinnerte mich an die alten Zeiten, in denen Usagi, Minako, Makoto und Ami mich beim Meditieren störten und alles dransetzten, um mich zu nerven, damit ich endlich vom Feuer wegkam. Der Kreis mit den Kerzen, den ich vor mir liegen hatte, war sehr schön, die Farben bildeten ein hübsches Muster.
Etwas abseits neben Serenity stand Endymion. Zugegeben, seine Uniform löste in mir etwas Unbehagen aus, weil sie mich allzusehr an das Silberjahrtausend erinnerte und da waren die Erinnerungen nicht immer die schönsten. Ich fragte mich, was nun wohl in seinem Kopf vorging. Im Gegensatz zu früher war Mamoru viel zurückgetreten und mischte sich kaum mehr ein, wobei ich nicht behaupten konnte, daß ich das als gut empfand. Aber ich begriff, daß sich die Zeiten änderten. Er würde in Zukunft noch genug zu melden haben, sollte er tatsächlich einmal die Position einnehmen, die ihm bestimmt war.
Es gelang mir trotz allen Bemühungen nicht ruhig zu bleiben. Der Dämonenlord würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen um das hier zu verhindern. Die anderen Senshi verhielten sich mir irgendwie zu sorglos. Nur Venus und Saturn selbst sahen sehr angespannt aus, selbst, wenn man ihnen die Freude über dieses Ereignis ansehen konnte. Ich spürte trotzdem sehr nervöse Wellen von ihnen ausgehen und die waren berechtigt.
Duncan war schließlich kein gewöhnlicher Youma, den wir mal aus einer Laune heraus niederprügeln durften. Wäre er wenigstens kein Dämon…Ich hatte genug Erfahrung mit Dämonen, um es zu wissen, mehr als jeder anderer in diesem Raum. Meistro hatte mich das Fürchten vor den Dämonen kennenlernen lassen. Es gab verschiedene Sorten Dämonen. Da waren z. B. die Elementdämonen wie Feuerdämonen und Wasserdämonen. Erstere waren die Dämonen, über die Mars herrschte, die Göttin der Feuergeister. Mir lief ein Schauer über den Rücken, als ich zurückdachte. Als Göttin begab ich mich in schaurige Tiefen der Dämonenseelen, was ein Höllentrip sein könnte. Nur als Gott oder Göttin konnte man so etwas überwinden.
Die Dämonen, mit denen wir es allerdings jetzt zu tun hatten, Duncan und sein Volk waren die Urdämonen, die Menschenhasser und Seelenfresser. Sie werden in den Schatten geboren und können mit diesen verschmelzen. Sie waren mächtig. Ich war mir sicher, daß außer mir wahrscheinlich nur Saturn wirklich über sie Bescheid wußte.
Ein wenig Hoffnung gab mir die Verteidigung natürlich auch. Die Liebesengel benutzten weiße Magie, was sehr wirksam gegen die schwarze Magie der Dämonen war. Ich legte große Hoffnung in die Fähigkeiten von Wedding Peach und den anderen. Was die Halbschatten anbelangte…Wäre Meistro ihnen zugehörig gewesen, hätten wir uns beruhigt aufs Ohr legen können. Er wußte alles über Dämonen…Weil Meistro selbst ein Dämon – gewesen – war.
Niemand außer mir wußte das, höchstens Cortez hatte Bescheid gewußt. Wahrscheinlich nicht mal Saito und Dallas.
Worüber ich mir momentan den Kopf zerbrach, war, worin die Beziehung zwischen Meistro und Duncan bestand. Kannten sie sich? Waren sie am Ende vielleicht noch miteinander verwandt gewesen. Sollte das so sein, dann taten sich ganz neue Aspekte auf und vor allem mir würde es einen großen Schreck einjagen. Wie gut kannten Dallas und Saito Duncan? War Minako tatsächlich der einzige Beweggrund, daß Saito hier mitmachte? Ich hatte mich schon von Anfang an gewundert, daß er nicht mehr um Minako gekämpft hatte, denn der Kerl war normalerweise arrogant wie eine Narzisse.
Mir drehte der Kopf und ich kniff seufzend die Augen zusammen. Als ich sie wieder öffnete, sah ich wie Serenity mich besorgt anblickte.
(Merkur)
Jede stand nun an ihrem Platz, gegenüber der brennenden Kerze mit der personifizierenden Farbe. Ich fühlte mich sehr wohl, vereint mit meinen Freundinnen und Leidensgenossinnen in diesem Raum. Es erfüllte mich mit Freude Minako so glücklich zu sehen. Selbst, wenn man ihr die Furcht vor Duncan ansah, sie sah so erlöst aus wie seit langem nicht mehr. Ich kannte Minako immer als unruhiges Mädchen, ewig auf der Suche und nicht zu bremsen. Jetzt sah sie sehr befriedigt und innerlich ruhig aus. Ich hatte mich nie viel in ihre Liebesbeziehungen mit Männern einmischen wollen. Die Letzte mit Saito war sehr turbulent und aufregend gewesen, soviel hatte ich mitbekommen. Mit Hotaru war es anders, es war nicht nur Liebe, sondern auch Freundschaft, Verständnis und Sicherheit. Vieles, was man von Saito nicht erwarten konnte.
Solche persönlichen Zeremonien gaben mir immer ein Gefühl von Sicherheit. Obwohl es hier nicht um mich ging, sah man doch wie sehr wir füreinander da waren. Dieses Gefühl war für mich alles andere als selbstverständlich. Bis zu meinem vierzehnten Lebensjahr, bevor die fröhliche Usagi in mein Leben wirbelte, war ich ein Kind der Einsamkeit. Mein Vater war weg, meine Mutter überarbeitet. Ich konnte mich kaum mit anderen Kindern anfreunden, weil ihnen teilweise mein Wesen unverständlich war und ich sogar manchmal nichts mit ihrer Primitivität zu tun haben wollte. Ich wollte nur wissen und lernen, und verdrängte mein Begehren nach Freundschaft. Bis Usagi kam.
Usagi war das Gegenteil von mir, aufgedreht, faul und ein Sonnenschein. Daß ich mich hinter Büchern verschanzte war ihr schnurzegal, sie riß mich ohne lange zu fragen mit. Bald kam die kluge und geheimnisvolle Rei, die mir mein Talent immer wieder versicherte. Makoto, gut und böse zugleich, verwandelte sich von der Schlägerin in meine große Schwester. Als Minako kam war ich anfangs von ihrem Lebensstil irritiert, ich kam mir neben ihren Ambitionen unendlich fad vor. Aber selbst sie liebte mich auf Anhieb so wie ich war.
Die Aufgabe als Sailorkriegerin ließ mich vollends aufblühen. Ich konnte mein Wissen, mein Talent und überhaupt meine ganze Seele in diese Aufgabe stecken. Ich sah mich im Raum um. Jede von uns hatte ein Talent, was für unsere ganze Gruppe unabkömmlich war. Ich hatte von Anfang an gewußt, daß ich nicht zur Kämpferin geboren war, sondern meine Mission im Strategischen und in der Verteidigung bestand. Der kühle Kopf, so nannten sie mich.
Dies war tatsächlich das erste Mal, daß es um eine so persönliche Sache ging. Wir mußten zwei unserer Kriegerinnen beschützen, eine Aufgabe, die jede sich besonders zu Herzen nahm.
Neptun, die neben mir stand, wandte sich einmal kurz zu mir um und lächelte. Ich lächelte etwas schüchtern zurück. Die Outers waren mir nicht so vertraut wie die anderen aber ein fester Bund bestand. Auch, wenn ich mich oft fragte, ob Michiru mich immer noch als Rivalin ansah, so wie bei unserem Wettschwimmen vor ein paar Jahren, ich hatte sie inzwischen sehr ins Herz geschlossen. Haruka maulte immer noch manchmal über meine Art zu kämpfen, aber es artete in letzter Zeit eher liebevoll aus als gehässig. Ohne mich wäre sie im Kampf gegen Nehelenia verloren gewesen, seitdem hatte sie einen heiligen Respekt vor mir.
Duncan machte mir keine Angst. Eigentlich machte mir überhaupt nichts mehr Angst, seit wir gemeinsam gegen Cortez antraten, wobei die Unterstützung des anderen das Allerwichtigste war. Es galt nur zusammenzuhalten.
(Duncan)
„Verflucht!"
Wütend beförderte ich einen größeren Stein, der in meinem Weg lag, mit einem Fußtritt aus dem Weg. Ich mußte wohl irgend etwas getroffen haben, denn es knackte bedenklich. Sie hatten mich an der Nase herumgeführt und ich war voll drauf reingefallen. Hätte ich vorher mich mehr darauf besonnen mögliche Standorte auszukundschaften hätte ich vorher gemerkt, daß es zwei Tempel gab, die effektiv waren aber von denen nur einer richtig in Frage kam. Das wußte ich nun. Es war mir möglich gewesen der Energiesignatur der Senshi zu folgen soweit es möglich war. Eine schnelle Eingrenzung des Gebietes hatte uns schnell zu ihrem wahrscheinlichen Standort gebracht. Ideal für beide Seiten in gewissem Sinne. Sicherlich ein Vorteil für uns Dämonen aber auch weitläufig und nicht so eng wie hier, wo man leicht einen Direktangriff hätte führen können. Ich wußte nicht wie viele sie zur Unterstützung hatten, war mir aber sicher, daß zumindest die Liebesengel und die beiden, deren Identität mir immer noch etwas unklar war, darunter waren.
Es war mittlerweile Nacht geworden – am Nachmittag –, eine unwiderrufliches Zeichen, daß sie schon begannen und das meine Zeit langsam aber sicher knapp wurde. Ich hatte meine Untergebenen vorausgeschickt, da diese sich über Subdimensionen wesentlich schneller fortbewegen konnten. Ich war mit dem hohen Energieverlust immer noch an diesen Ort gebunden, doch zum Glück hatte sich meine Kraft langsam wieder regeneriert. Das fahle Mondlicht gab nicht nur den Senshi Kraft, sondern auch ich sog einen Teil meiner Kraft daraus. Ich spürte, wie ich bereit wurde, immer mehr, bis es schließlich soweit war.
Viel zulange hatte ich hier ausharren müssen, gequält mit den beängstigenden Gedanken meine Versprochene für immer zu verlieren. Soviel hatte ich riskieren müssen, soviel war geopfert worden – inklusive Koitenshi – und ich war nicht bereit es alles umsonst sein zu lassen. Der Zorn an dem Frevel, den die Senshi augenscheinlich an der Abmachung der höheren Mächte begingen, dieser wurde weiter angefacht durch die Verluste, die ich erleiden mußte. Ich war ein stolzer Krieger und Niederlagen akzeptierte ich definitiv nicht. Es gab Dinge, die waren sogar für mich ein Tabu, jedoch nicht viele. Heute Nacht würde Rhea mein sein, sowie Sailorvenus und jede, bzw. jeder, der oder die sich mir in den Weg stellten, tot. Es gab keine Rücksicht mehr. Das Handeln und die Anmaßung des Silbervolkes gaben mir jedes Recht zu handeln, wie ich es für notwendig hielt.
Endlich sprang meine matt dunkelfeurige Aura ins Leben und ich schloß die Augen. Mit jahrtausend alter Übung verwandelte ich meinen Körper in einen feurigen Kometen sozusagen – zumindest wirkte es so auf Außenstehende – und schoß in sekundenschnelle auf meinen Zielort zu. Bereits von weitem erkannte ich Lichtblitze und Reflexionen, die deutlich von Energieangriffen stammten. Sie kamen sowohl aus dem nahen Waldgebiet, das den Tempel bis zum Talrand einschloß, als auch direkt von vor dem Tempel.
Mit einem Aufschrei, der die Erde wackeln ließ, konzentrierte ich meine Kraft noch etwas mehr und schoß direkt auf den Tempel zu, in dem Versuch eines Frontalangriffs. Das Ganze würde hier und jetzt enden. Wie ich schon sagte, keine Kompromisse mehr.
Im Nachhinein erwies sich das als ziemlich dumme Idee, denn der himmlische Schild – es gab keine Möglichkeit wie man ihn anders bezeichnen konnte – hatte eine solche Rückstoßwirkung, daß ich wild taumelnd und durch die Luft wirbelnd bis an die Grenzen des Tals geschleudert wurde. Mit einem lauten Krachen und einem noch lauteren Knacken von Gebüsch, Geäst und bestimmt auch einigen meiner Körperteile und Knochen raste ich ins Unterholz.
Schmerzverzerrt verzog ich das Gesicht. Das war eine echte blöde Idee gewesen, anscheinend war mein Verstand im Moment auf Urlaub. Es war doch klar, daß sie an so etwas gedacht hatten und jetzt trug ich erneut die Konsequenzen. Zum Glück war es auszuhalten und meine Kräfte waren soweit regeneriert, daß ich nicht lange zu selbigem brauchte.
Als ich mich wieder aufrichtete – unter deutlich hörbaren Protesten meines Körpers – erkannte ich eine Präsenz in meiner Nähe. Darüber war ich nicht überrascht, denn meine kleine Bruchlandung hatte wohl genug Aufsehen erregt. Nein, es war das Muster der Aura, das mir unheimlich vertraut vorkam. Etwas sehr altes und sehr mächtiges, etwas, daß nur die Ältesten unter uns noch kannten. Die Signatur eines... – ich drehte mich um.
„Gut gelandet?"
Eines Halbschattens.
(Serenity)
Und nun stand ich hier. In einer Position, in der ich nie geglaubt hatte stehen zu würden. Als Leiterin einer Zeremonie, die zwei meiner Senshi für immer aneinander binden würde. Während ich den beiden besagten, tapferen Kriegerinnen zusah wie sie sich langsam, jetzt Hand in Hand, ihre Sternenpaten jeweils auf einer Seite, dem Altar nährten, fragte ich mich insgeheim, wie es wohl soweit gekommen war.
Ich erinnerte mich noch ganz deutlich daran. Erst vor ein paar Jahren war es gewesen, da war eine kleine, schwarze Katze des Nachts zu mir gekommen und hatte angefangen zu sprechen. Nie hätte ich gedacht, daß dieses Ereignis mein Leben so auf den Kopf stellen würde. Aber ich bereute nichts davon. Weder die schönen, noch die traurigen und schmerzvollen Momente. Das alles hatte mich geformt und reifen lassen. Tief in mir da spürte ich immer noch die vierzehnjährige Usagi Tsukino schreien und aufbegehren rausgelassen zu werden und das war gut so. Doch ich konnte mich jetzt kontrollieren. Ich wußte, was Verantwortung war, und ich wußte, was der Begriff Freundschaft wirklich bedeutete. Freundschaft war eine Gabe, die einen sehr beschenken aber auch sehr viel von einem selbst fordern konnte. Und jemanden ein Freund zu sein, hieß eben manchmal auch unangenehme Dinge zu tun, die den anderen nicht paßten, das hatte ich gerade in den letzten Wochen am eigenen Leib erfahren.
Venus und Saturn hatten den inneren Zirkel erreicht und ihre Paten schlossen den Halbkreis, den die übrigen Senshi gezogen hatten. Ohne ein vereinbartes Zeichen flammten alle acht Kerzen simultan auf, allein durch die Kraft eines Gedankens, mehr war in dieser heiligen Atmosphäre nicht nötig. Eine schimmernde, blaßsemitransparente Kuppel begann sich um den Altarbereich zu schließen und symbolisierte, daß die Zeremonie offiziell begonnen hatte. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sollte es jemand schaffen diese Kuppel, den letzten inneren Schutz zu durchbrechen, während sich die Zeremonie auf einem bestimmten Level befand, dann würde es keine Vermählung mehr geben. Jetzt nicht und nie wieder. Die Prüfung der Bindung würde dann schlichtweg als gescheitert angesehen...
Ich atmete tief ein. Es war Zeit. Wir hatten nicht soviel davon, daß wir sie hier nun mit meiner sinnlosen Nervosität vertrödelten. „Liebe..." begann ich, wurde aber jäh unterbrochen, als just in diesem Moment der Tempel unter einem heftigen Einschlag erbebte, der aber bei der Wucht, die anscheinend dahintersteckte, eher gedämpft wirkte. Es schien, daß Peachs Vorsorge gerade ihren Härtetest überstanden hatte.
Der Einschlag hatte einige etwas zusammenzucken lassen, während sich andere wiederum besorgt umsahen oder einfach nur grimmig dreinschauten. Ich räusperte mich und setzte erneut an mit einer Anrede, die Prinzessin Kakyuu einst benutzt hatte. „Treue Freunde... Ich danke euch, daß ihr alle heute hergekommen seid. Dies ist sicherlich nicht selbstverständlich, symbolisiert aber die ungebrochene Einheit, die wir trotz allem noch darstellen. Niemanden brauche ich wohl noch etwas über die Umstände und das Zustandekommen dieses Sternenbündnisses zu erzählen, also spare ich mir mal den restlichen, formellen Kram. Ich hoffe ihr könnt es mir nachempfinden..."
Merkur lächelte leicht, in ihrer typisch zurückhaltenden Art. Bei Ami hatte ich das Gefühl, daß sie sich immer mehr wieder zurückziehen würde in ihre eigene, kleine Welt aus Büchern und anderen Studien. Wer sie kennt, der weiß, daß das zwar einerseits ihr Traum und ihr Leben an sich ist aber ebenfalls daß sie ohne den menschlichen Kontakt diesen Druck nie aushalten könnte. Ich glaubte zu wissen, was in ihr vorging. Die Erfahrung mit ihrem anderen, ihrem Urich sozusagen hatte sie mindestens genauso sehr durchgerüttelt wie den Rest von uns. Nur, daß es bei ihr eher so war, daß sie Angst vor diesem Teil ihrer Persönlichkeit hatte, Angst vielleicht selber einmal in diese kalte Emotionslosigkeit abzusacken. Sie war aber auf dem richtigen Weg und ich hatte längst beschlossen, sie wieder etwas mehr mit einzubeziehen – ob sie nun wollte oder nicht.
Mars blinzelte mir zu, ein Zeichen des alten Neckens und des tiefen Verständnisses. Rei war mir – wie ich Mamoru gegenüber bereits erwähnt hatte – fremd geworden. Die Verwandlung in Mars hatte sie bis in die Grundfesten ihrer Seele erschüttert und manchmal glaubte ich, sie vollkommen an die Göttin verloren zu haben. Doch dann blitzte immer mal wieder etwas der alten Beziehung, die wir pflegten, auf und ich wußte, wenn ich nur gut genug darauf achtete, würde ich Rei Hino nie wirklich verlieren. Reis Verhältnis zu mir war mir immer das Wichtigste gewesen, so sehr ich mich auch sträubte es zuzugeben, um so mehr schmerzte es sehen zu müssen, wie sie die Ereignisse verändert hatten.
Jupiter grinste. Ich war froh, daß ich Mako hatte. Sicher ihre Gewalt- und Kampfbereitschaft hatte sich zusehends gesteigert seit der Sache mit den Shiekah und vor allen Dingen Dallas. Doch sie war es, die immer ein offenes Ohr für mich hatte und die mich immer wieder aufgebaut und verstanden hatte, als ich mir um etwas Sorgen gemacht habe, auch wenn ich mich noch so mies benommen habe. Wir hatten einmal scherzhaft gesagt, Makoto sei wie unsere große Schwester und das stimmte. Eigentlich war sie sogar noch viel mehr als das und dafür schätzte ich sie. Makoto Kino hatte einen starken Willen und was immer sie wegen Dallas zu tun gedachte, sie würde sich durchsetzen, so oder so... Und ich würde an ihrer Seite stehen.
Uranus Grinsen war etwas versteckt und in der typisch neckenden Art, während Michiru nur milde lächelte. Die beiden Outers und die einzigen anderen existierenden Sternenpartner unter uns, sie waren mir immer noch ein Rätsel. Mein Wunsch, daß wir uns besser kennenlernen würden und somit solche Sachen wie gegen Galaxia in der Zukunft vermeiden könnten, hatte sich bis heute nicht erfüllt. Hoffentlich würde, wenn das alles vorbei war, Zeit dazu sein. Zeit, um aufzufrischen, was zwischen Inners und Outers verlorengegangen war, oder sagen wir vielleicht besser, was seit einer langen Zeit fehlte. Im Moment waren Haruka Tenno und Michiru Kaioh zwei sehr begabte Menschen, die ich stolz meine Freunde und Kampfgefährten nennen durfte. Jetzt mußte dieser erste Begriff nur noch mit Inhalt gefüllt werden.
Sailorpluto begegnete mir mit diesem Blick, von dem man nie wirklich wußte, was er zu bedeuten hatte, obwohl ich langsam dahinkam zumindest einige ihre Wesenszüge besser zu verstehen. In den letzten Wochen hatte ich einen ungeheuren Respekt vor der Arbeit der stillen und geheimnisvollen Wächterin der Zeit bekommen. Die ganze Sache hatte mir neue Blickwinkel aufgetan und wie es sich anfühlte soviel Verantwortung auf seinen Schultern zu tragen, wobei ein Fehler fatal wäre. Ich mochte mir nicht anmaßen jetzt eine Expertin in Sachen Setsuna Meioh zu sein, jedoch konnte ich sie jetzt viel besser verstehen, wo sie für viele ein komplettes Rätsel blieb. Chibiusa hatte mir einmal erzählt, wir hätten ein sehr enges Verhältnis in der Zukunft und ich begann zu sehen warum.
Schließlich wandte ich meinen Blick wieder den beiden Senshi im Zentrum zu. Mutige Krieger, noch viel tapferere Mädchen, die soviel hatten durchmachen müssen. Selbst ein kleiner Scherz wie dieser hatte ihre Anspannung nicht lösen können. „Kommen wir also zur Sache", fuhr ich fort um sie nicht noch länger zu quälen. „Als Erbprinzessin des Mondreiches, Führerin dieses Kreises und zukünftige Königin dieser Welt und des neuen Silberreiches ist es meine Pflicht euch darauf hinzuweisen, daß ein Sternenbündnis eine Bindung auf alle Ewigkeit ist und einmal vollzogen, es kein Zurück mehr gibt. Selbst den Tod nicht. Seid ihr euch der Bedeutung und der daraus resultierenden Verantwortung bewußt."
Venus und Saturn hatten mich viel über Verantwortung gelehrt. Ich hatte es persönlich genommen, weil ich zulange geschwiegen hatte. Es war meine Pflicht und mein Wunsch für die zu sorgen, die ich liebte. Denn du kannst nur erwarten, etwas zurückzubekommen, wenn du selber etwas dafür tust. Vieles an der doch sehr tragischen Beziehung zwischen Minako und Hotaru, Venus und Saturn, Aishar und Rhea... Vieles daraus hatte mich an mich selbst – mich und Mamo-chan – erinnert. Ich hatte nie vorgehabt irgend jemanden zu einer Entscheidung zu zwingen, ich hatte lediglich versucht ihr Glück zu fördern. Und dieses Glück, das hatte ich förmlich gespürt, konnten sie nur erreichen, wenn sie zusammen war. Das junge – und doch so alte – Paar hatte mir viele Dinge unbewußt klargemacht. Die schlechte Stimmung im Team, die persönlichen Probleme von Einzelnen, gerade den Inner Senshi... Man konnte sagen, diese Zwei hatten unser Leben urplötzlich erneut so durcheinandergewirbelt, daß einem jetzt noch schwindelig war.
Und weil dem so war, weil sie so sehr aneinanderfestgehalten hatten, überraschte es mich nicht, daß ihre Antwort und Bestätigung wie aus einem Munde kam. Ich hatte jetzt bereits keine Zweifel mehr, daß sie die Anforderungen erfüllen würden. Der einzige Zweifel, der mich noch plagte, stellte ich beunruhig fest, während die Wände unter erneuten Einschlägen erzitterten, war, daß wir vielleicht nicht mehr genug Zeit hatten.
„So sei es denn." Mit einer Handbewegung signalisierte ich Pluto und Jupiter vorzutreten. „Die Wahl eurer Sternpaten, die nun euren Schwur abnehmen sollen, ist auf die Senshi Pluto und Jupiter gefallen. So wie es Sitte ist, wird diejenige, welcher der Antrag gestellt wurde und die den Ring trägt, zuerst ihren Schwur ablegen." Mit einem Nicken überließ ich Venus das Wort... aber nicht bevor die Kathedrale erneut unter den Auswirkungen des Kampfes erzitterte.
(Dallas)
Ein niederträchtiges Lächeln umspielte meine Lippen, als ich dort inmitten von Gestrüpp und Bäumen zusah wie der Dämonenlord sich stöhnend vom Boden aufraffte. Geduldig hatte ich auf den Augenblick gewartet, wo ich diesen Narren wiedersehen würde. Von dem Moment an als Makoto mir von dieser lächerlich konfusen Geschichte mit dem Sternenbündnis und einem Dämonenkönig erzählt hatte, ahnte ich, daß es sich um Duncan handeln mußte. Der Duncan, der schon vor Millionen Jahren existiert hatte. Meine Erinnerungen an alte Kriege waren noch vollkommen klar, und genau dies veranlaßte mich dazu bei dieser ganzen abstrusen Sache überhaupt mitzumachen.
Von Saito hatte ich mich vor wenigen Minuten getrennt und ihn auf die beiden Mondmenschen abgeschoben, da ich nicht einsah, wieso ich mit ihm gemeinsam Duncan aufsuchen sollte. Er wäre mir dabei nur im Weg gewesen. Diese verfluchte Blindheit, mit der er geschlagen war, half ihm nicht gerade objektiv zu bleiben, denn es schien so, als ob der Idiot immer noch nicht begriffen hatte, worum es hier eigentlich ging. Ihn beschäftigte nur das Problem seine verfluchte Venus zu beschützen und ich konnte kaum fassen, daß er nicht begriff mit was das hier alles zusammenhing. Aber wahrscheinlich wußte er auch wirklich von nichts. Trotzdem, Duncan mußte er doch noch kennen…
Langsam wie in Zeitlupe und mit gezwungener Eleganz wandte sich der schwarzgekleidete Dämon mir zu. Aus ungläubig aufgerissenen Augen starrte er mich an, von oben bis unten, anscheinend vollkommen aus der Bahn gebracht von dem, was er dort sah. Ja, Freundchen, damit hättest du wohl nicht gerechnet, daß du je einen der Halbschatten wiedersehen würdest, wäre dir wahrscheinlich nie in den Sinn gekommen. Ich lächelte ihn hämisch an, amüsiert von dieser erbärmlichen Ungläubigkeit, mit der er mich fixierte.
„Dallas", zischte er plötzlich, als ob ihn Erinnerungen schlagartig eingeholt hätten. „Der Halbschatten Dallas."
„Das hat lange gedauert", lachte ich spöttisch. „Kaum zu glauben wie einfach es war von dir die ganzen letzten Wochen nicht erkannt zu werden. Ich hatte anfangs befürchtet du würdest unsere Energien identifizieren können, aber das war ja anscheinend nicht der Fall."
Duncan sah mich durchdringend an, seine schwarzen Augen stachen gerade zu. „Das ist ja kaum möglich", sagte er langsam. „ Du kannst nicht mehr existieren. Du gehörst nicht in diese Zeit, es gibt keine Shiekah mehr."
„Was du nicht sagst", entgegnete ich kalt. „Vor einer Weile existierten aber noch jede Menge Shiekah. Davon abgesehen gehörst du genauso wenig in diese Zeit wie wir. Dein Wahnsinn hat dich ja auch hierher verschlagen!"
„Wen außer dir gibt es denn noch?" wollte Duncan wissen. „Bist du der einzige Halbschatten?" Ich sah die Furcht auf seinem Gesicht und verkniff mir ein Lachen.
„Dein Halbbruder ist tot", eröffnete ich trocken. „Meistro wurde vor einem Jahr von Cortez umgebracht." Als ich den Namen meines ehemaligen Kollegen erwähnte, schien der mächtige Dämon sich geradezu zu verspannen und Argwohn machte sich erneut auf seinem Gesicht breit. Es bestand Grund genug, daß er Meistro fürchtete.
Der mächtige Magier, mit dem ich fast mein ganzes Leben verbringen mußte, der eigentlich als Shiekah bekannt war, war ein Dämon. Er hatte denselben Vater wie Duncan, der damalige Führer seiner Rasse, einer oder vielleicht gar die mächtigste unter den Dämonen, und seine Mutter war eine Shiekah. Genauso wie sein Halbbruder war Meistro überaus mächtig aber er war ein Frevler und wurde von seinem Volk verstoßen, teils weil er ein halber Shiekah war, teils weil er in den Augen der Dämonen Todsünden beging. Cortez hatte die große Macht von Meistro zu nutzen gewußt und ihn aufgenommen, um ihn später zu einem der drei Halbschatten zu machen.
Doch damit war nichts vorbei, denn der Haß Meistros auf seinen Halbbruder, der zukünftig einer der führenden Persönlichkeiten unter den Dämonen sein sollte, war ohne Grenze. Mehrere wütende Kämpfe zwischen dem Halbschatten und den Dämonen nahmen damals ihren Anfang und Meistro unterwarf viele dieser widerspenstigen Kreaturen, um Duncan laufend zu demütigen.
„Was ist passiert", fragte Duncan nun mit harter Stimme.
„Du bist hier nicht derjenige, der die Fragen stellt!" rief ich grob. „Wenn du im Nachhinein noch lebst, kannst du es dann tun."
Duncan sah mich auf einmal merkwürdig scharf an. „Moment mal", sagte er. „Jetzt erzähl mir nicht du bist hier, um die Zeremonie zu verteidigen…"
„Das Ganze geht mich nichts an. Der Halbschatten Saito ist auch noch hier, er möchte sie verteidigen, weil er seine Venus beschützen will. Was mich interessiert ist, was du hier mit deiner Macht anstellen willst."
Duncan hatte immer noch diesen merkwürdigen Blick. Der Kerl fing mir an auf den Senkel zu gehen. Wie ich diese Dämonen haßte. „Seine Venus? Natürlich…Die Göttin Venus…" Plötzlich lachte er laut heraus. Ungeduldig blickte ich diesen bornierten Snob an.
„Was zum Teufel ist mit dir los?" forderte ich sauer.
„Die Göttinnen…Die fünf Göttinnen, das sind sie doch richtig?" Er faßte sich an die Stirn. „Diese Sailorkriegerinnen sind die Reinkarnationen der fünf Göttinnen, eure Todfeinde von damals. Sag mir nicht ihr seid jetzt Verbündete von ihnen!"
„Sie sind schwach", entgegnete ich kalt. „Sie sind nicht mehr annähernd so mächtig wie ihre Urpersönlichkeiten. Gemeinsam sind sie mächtig aber Einzeln haben sie wenig Chance. Falls ich dir daher auch einen Rat geben kann, sie angreifen, während sie alle beisammen sind, könnte gefährlich für dich werden. Diese Kriegerinnen haben die merkwürdige Gabe ihre Kräfte zu vereinen."
„Ich bin auf alles vorbereitet, niemand kann mich davon abhalten meine Versprochene zu trauen", erwiderte er ernst. „Mein Erbarmen ist zu Ende. Verlieren ist nicht meine Art. Dies ist schon lange mein Ziel, wahrscheinlich seit Meistro damals starb. Ich werde mich niemals in die Tiefen der Hölle begeben müssen wie er. Den Dämonenlord Duncan kann niemand verbannen. Mein Bündnis mit Lady Saturn wird eine völlig neue Zukunft für beide Seiten eröffnen."
Ich konnte nur den Kopf schütteln. In meinen Augen war das alles nur noch lächerlich. Bündnisse und Versprechen ablegen ist etwas was ich noch nie getan habe und auch nie tun werde. Alle denken sie, daß sie durch Hilfe von außerhalb Macht erlangen und enden schlußendlich doch kläglich. Ich vertraute höchstens auf mich selbst. Wenn du selbst nicht mächtig genug bist, dann kann es auch kein anderer ändern.
„Du redest Unsinn", zischte ich verächtlich. „Für wen hältst du dich? Wir sind alle Kreaturen der Unterwelt! Du landest eines Tages genauso in der Hölle wie Meistro, Cortez und ich. Keiner von uns ist unsterblich, wir sind dazu verdammt früher oder später für unsere Taten zu büßen." Ich hielt kurz inne und lächelte ihn böse an. „Aber bis dahin haben wir ja noch genug Zeit", fügte ich hinzu.
Plötzlich, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick, schien Duncan, dessen Miene normalerweise wenig Emotionen zeigte, die Fassung zu verlieren. Ein paar Sekunden lang schienen seine Augen zu glühen und sein Gesicht sich zu einer teuflisch widerwärtigen Fratze zu verziehen. „Nein…" flüsterte er, kaum hörbar. „Meistro ist ein Teufel, niemals werde ich die Todsünden begehen, die er begangen ist…" Er murmelte noch ein paar unverständliche Wörter, bis er plötzlich wieder ganz normal schien und mich ruhig ansah, das Gesicht bleich und bewegungslos wie immer, die Augen dunkel und unnahbar.
„Ich weiß nicht, was du dir davon versprichst", nahm ich das Gespräch wieder auf. „Aber sei dir klar darüber, daß du erst mal an mir vorbei mußt. Mir geht es nicht um diese Zeremonie, mein Freund, auch wenn mir deine Besessenheit von dieser Lady Saturn ein Rätsel ist. Ich möchte endlich wissen, was Meistro an dir so bedrohlich gefunden hat."
Seine stechenden, dunklen Augen fixierten mich aufs Neuste. Merkwürdigerweise hellte sich sein Blick plötzlich auf und blickte auf etwas hinter mir.
„Sekunde mal, Dallas!" rief jemand. Ich drehte mich verblüfft um und sah Saito nicht weit vor mir stehen. Er sah relativ sauer aus. Langsam machte er ein paar Schritte nach vorne, stürmte dann auf mich zu und schlug mir die Faust mit aller Kraft ins Gesicht. Ich spürte wie einige meiner Knochen ein bedenkliches Geräusch machten und beschloß blitzschnell zu reagieren. Meinerseits holte ich aus und schlug dem Wicht so fest ich gerade in der Lage war in den Magen, so daß er nach hinten geschleudert und von einem Baum abgefangen wurde. Genervt faßte ich mir an die Nase und war beruhigt sie noch schön und gerade vorzufinden. Saito raffte sich energielos wieder auf und sah mich müde, wenn auch wütend an. „Das hast du dir wohl so gedacht, mein Freund!" zischte er. „Mich mal wieder links liegen lassen, um alleine den ganzen Spass zu haben!"
„Komm wieder runter, Kleiner!" erwiderte ich herablassend. „Erinnerst du dich eigentlich überhaupt noch an Duncan? Erinnerst du dich noch an Meistro?"
Der hübsche, weißhaarige Krieger stand kerzengerade da und starrte Duncan und mich aus zornig zusammengekniffenen Augen an. „Soll ich dir mal was sagen", fragte er wütend. „Ich noch weiß genausogut wie du, wer er da ist. (Anm. des korrigierenden Autors: Aus Gründen des Humorfaktors lasse ich das so stehen) Aber mich interessiert weder Meistro, denn das Arschloch ist tot, noch dieser Dämonenlord da vorn. Mir geht es um Minako. Und zwar nur um sie, daher werde ich mir auch einen Spaß draus machen ihn fertigzumachen!" Er schien immer noch mit Blindheit geschlagen zu sein aber er war zornig und aus seinen Augen schlug tatsächlich Haß. Das Ganze begann mir zu gefallen. Keine Frage, ohne Duncans ganzer Theater wär er noch mit seiner Venus zusammen.
Duncan lächelte ein resigniertes Lächeln. „Dieser Haß…" sagte er kopfschüttelnd. „Ihr habt mich jetzt eigentlich schon lange genug aufgehalten. Es wird Zeit, daß ich weiterkomme."
Ich lächelte. „Das könnte schwierig werden."
(Saito)
Es kam recht selten vor, daß ich wirklich wütend wurde. Eigentlich hatte jeder das Bild eines humorvollen, sorglosen und eingebildeten Kerls von mir. Das war ich ja auch, würde ich nie bestreiten. Nebenbei entging mir aber nichts und gerade das war der Fehler, den viele bei mir machten. Sie denken alle, es wäre mir sowieso egal.
Natürlich erinnerte ich mich an Duncan. Ich wußte auch, daß er der Halbbruder von Meistro war, aber warum sollte mich das jetzt noch interessieren? Meistro war wie gesagt in meinen Augen ein ziemlicher Hund, was logischerweise daran lag, daß er mich mal umgebracht hatte, so abstrus das jetzt auch klang. Ein Schuß einer Screampistole in die linke Brust war das letzte, was ich von Kommunikation mit dem hatte. Daher rührte es mich ziemlich wenig, daß er mal einen teuflischen Kampf gegen Duncan führte.
Was mich rührte war Minako, die versuchte um jeden Preis Gerechtigkeit zu erlangen, selbst wenn es ihr häufig nicht gelang. Es war nicht nur die Tatsache, daß wir lange zusammen waren und ich sie jetzt auch noch liebte. Ich empfand auch eine tiefe Freundschaft zu ihr und ich wollte ihr wirklich helfen. Sie versuchte immer das Gute zu tun und auch wenn sie sich oft falsch anlegte, ihre liebenswerten Versuche waren das Wichtigste. Wenn sie das schwarzhaarige Mädchen liebte, war das nur gut so. Ich war ein Halbschatten und ich war von genau demselben Kaliber wie Dallas und Meistro…naja, wenn auch nicht ganz so schlimm, doch nicht viel besser. Jedenfalls hatte sie ein reines und ehrliches Mädchen wie dieses Glühwürmchen – ihr echter Name war mir mal wieder entfallen – verdient und eigentlich konnte ich ein hübsches Mädchen wie dieses auch nicht als Konkurrentin ansehen. Ich mochte alle hübschen Mädchen.
Wie auch immer, das waren alles Gründe, die mich dazu bewegten mich jetzt hier hinzustellen und mich bis auf die Knochen zu prügeln. Im übrigen fragte ich mich im Nachhinein, wie ich mich getraut hatte Dallas so mir nichts dir nichts mitten ins Gesicht zu schlagen. Nicht schlecht der Impuls. Er schien es mir allerdings schnell wieder verziehen zu haben. Andererseits war er aber auch von Duncan abgelenkt, also sollte ich zusehen mich in Zukunft gut mit ihm zu halten.
Der Feind stand einige Meter von uns entfernt und wurde fast von der Dunkelheit verschluckt. Alles an ihm schien in diesem Moment dunkel. Dallas stand schon in einer relativ bedrohlichen Position da und um seinen rechten Arm leuchtete plötzlich ein rötliches Licht, das sich in seiner Hand sammelte. Das Licht verwandelte sich zu einer Energieklinge, die er wie ein Degen in der Hand hielt.
„Mal sehen wie gut du wirklich im Schwertkampf bist", sagte er sarkastisch zu Duncan und stürmte urplötzlich auf ihn zu. Mit einer weiten Geste holte er aus und rammte die Energieklinge nach dem Dämonenlord. Ich sah nicht, ob er getroffen wurde oder nicht, denn Dallas fällte gleich ein paar Bäume mit seinem Schwertstreich, was viel Staub und Krach verursachte. Noch ungefähr dreimal schlug der Halbschatten mit der Klinge um sich bevor er eine Pause machte. Ich wollte ihn ermahnen nicht gleich den ganzen Wald zu Kleinholz zu machen, denn um uns herum war schon so einiges gefällt.
Ein leichter Schatten, der sich rasch um uns herum fortbewegte, nahm meine Aufmerksamkeit in Anspruch. Ich konzentrierte mich so gut es ging und sah ihn die Bäume entlang schleichen, gefährlich nahe an Dallas heran. Ich begriff sogleich.
„Dallas, spring hoch!" rief ich hastig. Dieser war klug genug meinen Rat sogleich zu befolgen und sprang hoch in die Luft, um einem scharfen Schwertstreich zu entgehen.
Aus dem Schatten heraus wuchs Duncan wieder und nahm seine menschliche Form an. Ich wartete nicht lange und hechtete nach vorn, um einen Energiestrahl nach ihm zu schleudern. Duncan sprang instinktiv in die Luft, um auszuweichen, wobei er allerdings Dallas begegnete, der dort verharrte. Dallas reagierte schnell und schleuderte den Dämonenlord mit einem Energieball, der auch noch die restlichen Bäume um uns herum niederpflügte wieder zu Boden.
Wenn die anderen jetzt nicht gemerkt hatten, daß hier ein Kampf im Gange war, wußte ich auch nicht.
Mit einem wütenden Zischen war Duncan wieder auf den Beinen. Dallas wartete geduldig ab, was er als nächstes vorhatte. Natürlich war Duncan nicht so blöd so weiterzukämpfen und er tat das, wo ich drauf gewettet hätte, daß er es tun würde. Er holte sich Hilfe.
Dies tat er indem er ein merkwürdig bläuliches Licht um sich erschuf, das sich von ihm trennte und sich teilte. Aus den verschiedenen Lichtpunkten wuchsen sehr abstrakte Kreaturen mit riesigen, blauen Flügeln und knallrotem, hüftlangem Haar. Ihre Gesichter waren alles andere als hübsch, ob männlich oder weiblich war nicht zu unterscheiden. Es waren nichts als Hilfsdämonen, Kampfmaschinen, aber relativ starke wie es schien. Das Problem war eigentlich, daß es so viele waren, wahrscheinlich so an die Fünfzehn.
Ich wechselte einen Blick mit Dallas. Der Rothaarige nickte unauffällig. Jetzt war es an mir mich sehr gut zu konzentrieren. Ich hatte das schon lange nicht mehr gemacht aber es war eine meiner größten Stärken.
Dallas stellte sich vor mich und erstellte einen Schutzschild um uns herum. Ich stellte mich kerzengerade hin und breitete die Arme aus. Dabei fühlte ich mich jedesmal wie ein Gott, wenn ich dies tat. Langsam aber sicher spürte ich nach einer Weile die Macht in mir wachsen, die ich brauchte. In meinen beiden Händen wuchsen kleine silbrige Energiebälle, jedoch nicht von zerstörerischer Natur. Die Arme weiter ausgebreitet schoß ich die silbrigen Energiebälle in alle Richtungen ab.
Während die Hilfsdämonen Duncans mit grellem Aufschreien gegen das Schutzschild krachten, beobachtete Duncan mich interessiert. An den Stellen, wo meine Energiebälle aufkamen, entstanden kleine silberfarbene Kreaturen. Sie waren zarter und kleiner als die Hilfsdämonen, und hatten kurzes Haar und violette Augen. Die gleiche Augenfarbe wie ich sie besaß. Ihr Körper war so sehr versilbert, daß man glaubte sie beständen aus Quecksilber. Man konnte auch nicht recht feststellen, ob sie Mann oder Frau waren, aber sie hatten hübsche und zarte Gesichter.
Dallas ließ das Schutzschild verschwinden und auf eine komplizierte Geste meinerseits stürzten sich meine silbernen Senshi auf die blauen Dämonen und ein so wilder und brutaler Kampf zwischen den beiden Gruppen entstand, daß ich fast entsetzt die Augen schließen mußte. Das einzige, äußerlich bedrohliche an meinen Kriegern waren ihre scharfen, langen Fingernägel, die sie jetzt gut zum Einsatz brachten. Ein richtiger Knäuel aus kleinen Monstern, bestehend aus blauen und silbernen Flecken, bildete sich in der Luft. Wütendes Gekreische erfüllten den Wald.
„Sieh zu, daß du Duncan ablenkst, ich versuch was!" zischte Dallas mir zu, der wie aus heiterem Himmel plötzlich neben mir stand. Wow, der Kerl plädierte auf Zusammenarbeit! Das war ja etwas ganz Neues…
Kaum hatte er das gesagt war er auch plötzlich verschwunden. Ich hielt nach unserem Feind Ausschau, der sich gerade in die Lüfte geschwungen hatte. Wollte er etwa fliehen oder von oben angreifen? Krampfhaft überlegte ich wie ich ihn angreifen soll, um ihn möglichst in Schach zu halten. Es wäre nicht schlecht gewesen, wenn Dallas mich eingehender über seinen Plan informiert hätte…
Irgendwie erinnerte mich das an was. In der Epoche vor Tausenden von Jahren, als Dallas und ich noch ziemlich am Anfang unserer Kämpferkarriere standen, bat er mich auch mal um so was. Ich sollte zwei Gegner von uns ablenken, während er den Hauptgegner verprügelte. Natürlich endete das Ganze damit, daß ich kräftig die Fresse poliert bekam, während er sich anderweitig amüsierte. Mal hoffen, daß es diesmal nicht dasselbe Ende nahm.
Lange überlegen half schlußendlich doch nichts. Ich strengte die Muskeln an und schrie wütend auf, so daß Energieblitze um meinen ganzen Körper zuckten. Das Ganze versetzte mich in einen Trancezustand und meine Augen leuchteten grell auf. Für Minako! Ich haßte alle Dämonen, von Meistro bis Duncan, bis zu diesen dämlichen Hilfsdämonen!
Duncan sah mich auf ihn zukommen. „Du machst einen großen Fehler, Shiekah!" rief er ungehalten.
„Das seh ich nicht so!" gab ich zurück und begann unzählige Energiebälle nach ihm zu werfen.
Ein verbissener Kampf begann. Duncan hatte wieder seinen Degen hervorgeholt, der mich allerdings wenig beeindruckte. Mit zwei schnellen Bewegungen war das Schwert nur noch einzelne Splitter. Duncan begann sichtlich nervös zu werden. Plötzlich löste sich sein Bild vor mir auf und unzählige Abbilder von ihm begannen mich geradezu zu umkreisen. Na toll, der typische Dämonentrick! Leider zog er bei mir immer.
Fieberhaft sah ich um mich. Welcher war er? Wie hatte das Meistro nochmal gemacht? Und wo zur Hölle blieb Dallas?
Ich schlug einfach blindlings in diese Duncan-illusionen hinein und – oh wunder – ich traf rein zufällig den Richtigen. Der Dämon stolperte überrumpelt nach hinten. Jetzt war ich meines Punktes sicher. Kampfbereit stürmte ich nach vorn und holte aus. Den Dolch den Duncan blitzschnell hervor holte sah ich leider zu spät.
Ein kräftiger Stoß und ein schneidender Schmerz. Ich sah nur noch wie das Blut in Strömen floß. Während ich zu Boden fiel, sah ich Dallas aus den Augenwinkeln auf Duncan zurennen und ihn mit voller Wucht auf den Kopf hauen. Wie schön, das Ablenkungsmanöver hat also funktioniert! Dallas hätte mir allerdings gleich sagen können, daß ich dabei fast draufgehe.
Schwärze trieb mir in die Augen und die tiefe Wunde brannte wie die Hölle. Undeutlich sah ich meinen Kollegen sich über mich beugen.
„Verdammte Scheiße, Saito, kannst du denn nicht aufpassen", fragte er liebenswürdig wie immer.
Ich wollte ihm irgendwas entgegnen aber mir fiel nichts ein. Gute Frage, warum war ich eigentlich immer der tragische Held der letzten Endes am Boden liegen mußte? Wütend richtete ich mich auf, verharrte dann aber wie gelähmt vom Schmerz. Wie ein Mehlsack kippte ich wieder nach hinten und der Schweiß brach mir aus. Ich mußte einfach überleben!
In dem Augenblick, als ob Dallas ihm nicht gerade eben den Schädel eingeschlagen hätte, schoß Duncan hoch in die Luft. Dallas fuhr herum, bereit auf den nächsten Angriff, wenn auch sichtlich erstaunt, daß der Kerl seinen Angriff überstanden hatte. Aber Duncan wollte offensichtlich gar nicht angreifen. Er stieß einen grellen Schrei aus und urplötzlich veränderte sich sein ganzer Körper. Er begann zu schrumpfen, bis er nur noch eine kleine schwarze Fledermaus zu sein schien. Ehe wir uns versahen war er davon geflattert, unmöglich auszumachen im dunklen Tannenwald.
„Verdammt, Dallas, er flieht!" rief ich außer mir. „Das seh ich auch", brummte der genervt. „Langsam fange ich an genug von diesem Kampf zu haben!" Ich mußte Minako beschützen! Warum machte dieser verfluchte Dallas keine Anstalten dem Dämon zu folgen? Warum…
Mir wurde endgültig Schwarz vor den Augen.
