Das Spiel beginnt

Als Harry am nächsten morgen aufwachte hatte er diese Frage schon wieder vergessen. Er hatte jetzt andere Sorgen. Der Unterricht würde in einer halben Stunde beginnen und er war noch nicht mal angezogen. Schnell sprang er aus dem Bett, zog sich an und rannte hinunter in die Große Halle. Doch da war überhaupt nichts los. Nur ein paar Schüler saßen vereinzelt an den Haustischen und frühstückten in aller Seelenruhe. ,Was ist denn nun los' dachte Harry und in diesem Moment fiel es ihm ein. Es war Sonntag und sonntags gab es keinen Unterricht. Wie blöd war er eigentlich? Wo er schon mal in der Großen Halle war, konnte er auch gleich was essen. Also setzte er sich an den Gryffindortisch und begann sich Rührei auf den Teller zu schaufeln. Zu seinem eigenen Erstaunen hatte er unglaublichen Hunger. Hatte er gestern Abend nichts gegessen? Wenn er so recht darüber nachdachte, dann hatte er wirklich nicht viel verspeist. Er war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen Zoe zu beobachten.
Im Nachhinein kam er sich reichlich albern vor. So toll war dieses Mädchen ja auch wieder nicht. In diesem Moment kam Zoe in die Halle und schon merkte Harry, wie ihm das Herz in die Hose rutschte. Direkt hinter Zoe kamen Eve und Draco. Zu Harrys Erstaunen trug Eve endlich einmal ihren Hogwartsumhang, doch selbst darin sah sie unverschämt gut aus und hob sich aus der Menge ab. Draco genoss es sichtlich, dass alle Blicke auf ihn und sein Anhängsel gerichtet waren. Stolz schritten sie durch die Große Halle auf den Slytherintisch zu. Eve beachtete Harry gar nicht, doch Draco warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Zum Glück erschien in diesem Moment Hermine, wie aus dem Nichts. "Guten Morgen Harry" sagte sie gespielt fröhlich. "Morgen" grüßte Harry zurück und Hermine ließ sich neben ihm nieder, einen Stapel Stundenpläne in der Hand haltend. "Hier" sagte sie und drückte Harry einen davon in die Hand. Harry betrachtete ihn. "Was, wir haben Pflege Magischer Geschöpfe mit den
Ravenclaws?" fragte Harry. "Wenn's da steht" antwortete Hermine und sprang auf, um den Erstklässlern, die sich grade einen Platz suchten ihre Stundenpläne in die Hand zu drücken. ,Das wird eine Katastrophe' dachte sich Harry ,wenn Zoe in der Nähe ist krieg ich bestimmt keinen Ton raus.' Hermine riss ihn wieder aus seinen Gedanken. "Hey Harry, was hältst du von dieser Eve, oder wie sie auch heißen mag?" fragte sie. "Was soll ich von ihr halten? Sie ist zweifellos hübsch, aber ansonsten..." "Hübsch?" fiel ihm Hermine ins Wort. "Ich finde du und Ron übertreibt es.." "Ich und Ron?" Harry begriff nicht worauf Hermine hinaus wollte. "Na hast du Ron gestern Abend nicht gesehen? Er hätte Draco beinahe Konkurrenz gemacht im Sabbern." Harry musste zugeben, dass er gestern nicht wirklich auf Ron geachtet hatte. "Typisch Jungs, vollkommen hormongesteuert." Das waren Hermines letzte Worte und dann setzte sie ein beleidigtes Gesicht auf und verteilte die letzten Stundenpläne. "Hey
Hermine, wo ist eigentlich Ron?" rief ihr Harry noch hinterher. "Woher soll ich das wissen? Schläft er in deinem Schlafsaal oder in meinem. Außerdem ist er doch dein bester Freund." Sie drehte sich um und Harry wusste, dass er es vermasselt hatte. In diesem Moment kam Ron auch schon in die Große Halle. Er setzte sich neben Harry, warf einen Blick auf die beleidigt dreinblickende Hermine und fragte: "Was ist denn mit der los, die sieht aus, als hätte sie Flubberwürmer zum Frühstück gegessen." "Na ja, das trifft es nicht ganz. Sie ist eifersüchtig" antwortete Harry und wunderte sich selber, dass er es bemerkt hatte. "Eifersüchtig? Auf wen denn?" fragte Ron. "Auf Eve" sagte Harry. "Warum das denn?" kam es von Ron. "Keine Ahnung" gab Harry zu.

Am Nachmittag waren sie bei Hagrid eingeladen. Hermine schaute immer noch miesepetrig drein und Hagrid fragte: "Hey Hermine, was ist denn los?" "Sie ist eifersüchtig" antwortete Ron mit überlegenden Gesichtsausdruck. Hermine sah ihn giftig an. "Red keinen Müll, Ron" sagte sie. "Eifersüchtig, auf wen denn?" fragte Hagrid Harry. Der sagte etwas kleinlaut: "Eve Malus" und schon tobte Hermine. "WAS? Das ist doch nicht dein Ernst. Warum sollte ich auf die eifersüchtig sein? Ich bitte dich..." Hagrid lachte und schnitt Hermine damit das Wort ab. "Ach Hermine, auf die brauchst du nun wirklich nicht eifersüchtig sein. Du bist doch ein tolles Mädchen. Ich wette es gibt viele, die so denken" sagte er und lächelte Hermine an. Ron und Harry warf er scharfe Blicke zu und Harry sagte sofort: "Ja Hermine, Hagrid hat Recht. Eve ist doch total langweilig gegen dich." Ron nickte eifrig und schließlich lächelte Hermine etwas. "Meint ihr das ehrlich?" fragte sie schüchtern. "Klar" sagte Ron "du
bist toll." Hermine schien fürs Erste zufrieden und Harry und Ron atmeten erleichtert auf. "Was machen wir eigentlich dieses Jahr in Pflege magischer Geschöpfe?" fragte Harry. "Wir beschäftigen uns dieses Jahr mit magischen Haustieren" antwortete Hagrid und nun war Harry auch klar, warum er ihm das Buch zum Geburtstag geschenkt hatte.

Der erste Schultag begann unspektakulär. Die erste Stunde war Zauberkunst. Professor Flittwick zeigte ihnen einen Verschwinde-Zauber, mit dem man ganze Wände verschwinden lassen konnte. Als nächstes hatten sie Verwandlungen. Professor McGonagall fragte sie zunächst den Stoff des letzten Schuljahres ab. Dann gab es Mittagessen. "Was haben wir heute Nachmittag?" fragte Harry. Ron kramte seinen Stundenplan vor und sah nach. "Verteidigung gegen die Dunklen Künste und oh nein, Wahrsagen." Ron ließ die Schultern hängen. "Warum tun die uns das schon am ersten Tag an?" fragte er. "Sieh es positiv Ron, dann hast du es wenigstens hinter dir" meinte Hermine. "Haha, sehr witzig Hermine" sagte Harry und stumm aßen sie weiter.

"Vampire, meine Damen und Herren" sagte Fleur und schrieb in großen Lettern das Wort an die Tafel. Harry, Ron und Hermine, die sich in der letzten Reihe niedergelassen hatten horchten auf. "Also, ich weiß, dass ihr das Thema schon ein mal angeschnitten habt. Was wisst ihr noch?" fragte Fleur in die Runde. Hermines Hand schoss blitzschnell in die Höhe, doch auch ein paar andere meldeten sich zaghaft. "Pavati" "Vampire sind nachtaktiv" sagte Pavati mit zaghafter Stimme. "Das stimmt." Fleur war nicht sonderlich begeistert von der Antwort und fuhr nun selber fort. "Vampire zählen wie die Werwölfe zu den gefährlichsten, den Muggeln bekannten magischen Wesen. Sie sind seelenlose, untote Menschen, die sich von Menschenblut ernähren. Sie leben in Grüften und meiden das Sonnenlicht, da das ihren endgültigen Tot bedeutet. Sie können nur durch fachkundige Hexen oder Zauberer, durch einen Pflock, der ihnen ins Herz gerammt wird vernichtet werden. Abwehrmittel für Vampire sind Knoblauch
und Kruzifixe. Ein Vampier ist zunächst nicht von einem normalen Menschen zu unterscheiden. Jedoch gibt es einige Merkmale, an denen man einen Vampir erkennen kann. Sie sind blass, haben kein Spiegelbild und kleiden sich vorwiegend schwarz." Während Fleur redete schrieben die Schüler jedes einzelne Wort mit. "Kann mir einer von ihnen sagen, wie man zu einem Vampir wird?" Hermines Hand schoss erneut in die Höhe und dieses Mal kam sie auch dran. "Zu einem Vampir wird man, wenn man das Blut eines Vampirs trinkt oder wenn ein Vampir seinem Opfer nicht das gesamte Blut aussaugt und es am Leben lässt." "Sehr gut, Miss Granger. 10 Punkte für Gryffindor." Fleur schien wirklich zufrieden. Harry dachte nach. Ihm waren die Worte des Geistes wieder eingefallen, den Clair beschworen hatte. Wollte er sie vielleicht vor einem Vampir warnen. Möglich war alles. Eins war klar Harry musste mit Clair reden. Es klingelte und Harry wurde aus seinen Gedanken gerissen. "Komm schon Harry, wir müssen
hoch in den Nordturm" hetzte Ron und zehn Minuten später stiegen sie schon die Treppe zu Professor Trelawny's Klassenzimmer empor. Sie sah immer noch aus, wie eine riesige Fledermaus, doch irgendwie geschwächter und abgemagerter. "Meine Lieben, dieses Jahr beschäftigen wir uns mit Geisterbeschwörung" sagte sie in ihrem üblichen, theatralischen Tonfall und spätestens jetzt wusste Harry, dass das Schuljahr wirklich angefangen hatte, denn Ron ließ einen lauten Seufzer und Pavati und Lawender ein vergnügtes Quieken hören. Zu Harrys Erstaunen sagte ihm Professor Trelawny mal nicht seinen eigenen Tod voraus. Und so konnte Harry den Klassenraum ohne einen besorgten und mitfühlenden Blick von seiner Lehrerin verlassen.

Am Abend lag Harry lange wach. Irgendetwas hatte er vergessen. Er dachte angestrengt nach, doch es wollte ihm einfach nicht einfallen. Plötzlich fielen ihm Fleurs Worte wieder ein und all das, was sie über Vampire gesagt hatte. Er holte die Kette hervor, die er zum Geburtstag bekommen hatte, nahm sie ihn die Hand und sagte: "Bring mich zu Clair." Der Stein glühte rot auf und im nächsten Moment war Harry nicht mehr in seinem Bett, sondern an einem weißen Sandstrand. Er grinste und murmelte : "Avalon" . Zwei Sekunden später stand Clair vor ihm. In einen seidigen Morgenmantel gehüllt starrte sie ihn finster an. "Ich wollte grade ins Bett gehen. Was ist denn so wichtig, dass du mich um meinen Schönheitsschlaf bringen musst?" sagte sie jetzt mit einem Grinsen im Gesicht. Harry setzte sich in den warmen, weichen Sand und starrte auf das rauschende Meer, dass ein wenig vom Mond und von den Sternen angestrahlt wurde. Clair tat es ihm gleich. "Erinnerst du dich an den Abend, an dem
wir den Geist beschworen haben, Clair?" fragte Harry und sah Clair an. Sie nickte. "Natrürlich tue ich das, aber das ist doch nicht der Grund, warum du mich hierher geholt hast?" fragte sie. "Fleur hat uns heute etwas über Vampiere beigebracht. Meinst du der Geist wollte uns vor so einem warnen?" Clair zuckte mit den Schultern. "Ich hab keine Ahnung, es kann alles mögliche sein. Siehst du, darum mag ich keine Geister, sie sind immer so unpräzise." Beide lachten ein wenig. "Was gibt es Neues in Hogwarts?" fragte Clair nach einer Weile. "Oh, wir haben gleich zwei neue Schülerinnen bekommen. Zoe und Eve Malus" erzählte Harry und lächelte bei dem Gedanken an Zoe. "Sagtest du Eve Malus?" fragte Clair. "Ja" antwortete Harry ahnungslos. "Meinen wir die gleiche Eve Malus? Groß, blond, sexy und mit Augen, die einen erfrieren lassen?" fragte Clair. "Ja das ist sie" sagte Harry mit verwirrtem Gesichtsausdruck. "Wieso? Kennst du sie?" "Und ob ich sie kenne. Sie war ein Jahr lang in
Beauxbatons und sie war die hinterlistigste Schlange, die ich je gesehen habe." Clairs Mine verdunkelte sich. "Du sagst, es gibt noch eine?" fragte sie schließlich. "Ja, Zoe, aber sie ist überhaupt nicht wie Eve. Sie ist hübsch und freundlich und intelligent..." schwärmte Harry. "Ist sie in Gryffindor?" fragte Clair. "Nein, in Ravenclaw" antwortete Harry etwas betrübt. "Du magst sie, oder?" grinste Clair. Harry errötete "Ähm" Clair lachte ihn an. "Oh Harry, du brauchst dich doch nicht schämen. Ich wette sie ist wirklich nett, wenn du sie magst." Harry lächelte etwas verkrampft. "Ach du meine Güte. Wir sollten zurück Harry. Auf Avalon vergeht die Zeit anders als in Hogwarts oder Beauxbatons" sagte Clair plötzlich. "Machs gut Harry" sagte sie und verschwand. "Machs besser" rief Harry ihr hinterher und aus irgendeinem Grund lag er einen Augenblick später wieder in seinem Bett im Schlafsaal. Die Sonne ging grade auf und Harry hatte das Gefühl, er würde den Tag nicht überstehen,
so müde wie er war.

Zwei Wochen später, in der letzten Septemberwoche war Harry grade unterwegs zum Quidditschfeld, denn ein neuer Kapitän sollte gewählt werden, als er eine Stimme aus einem Klassenzimmer in der Nähe hörte. Zoes Stimme. Sie klang verängstigt und Harry ging näher heran. So leise wie möglich um nicht aufzufallen. "Ich habe keine Angst mehr vor dir" hörte er Zoe sagen. "Oh, das solltest du aber Schwesterherz." Das war Eves Stimme. "Wir sind hier in Hogwarts. Dumbledore würde es sofort bemerken" Zoe versuchte mutig zu klingen. "Dumbledore ist ein Narr. Er hat nicht die geringste Ahnung von meinen Kräften." "Er ist viel mächtiger als du!" Ein kaltes hohes Lachen war zu hören. Es stammte eindeutig von Eve. "Ich könnte Dumbledore mit meinem kleinen Finger zerquetschen und diese ganze verdammte Schule gleich mit. "Du lügst!" Zoe konnte ihre Angst nicht mehr verbergen. Wieder das Lachen. "Oh Zoe, du glaubst mir also nicht? Nun, dann werde ich dir eben eine Kostprobe meiner Macht geben."
Zoe fing an zu schluchzen. "Nein Eve, bitte nicht den Cruciatusfluch, ich tue auch alles was du verlangst." Harry wollte in den Raum stürmen, doch irgendetwas hielt ihn zurück. "Oh nein Zoe, es ist zu spät, ich kann den Fluch nicht mehr zurücknehmen, aber sei beruhigt, dieses mal wirst nicht nur du leiden." Harry wollte so schnell wie möglich zu Dumbledore. Er drehte sich um und hätte fast vor Schreck geschrieen. Eve stand direkt vor ihm. Die gleiche Eve, die sich in diesem Moment mit ihrer Schwester in diesem Klassenzimmer stritt? Ja! Sie lächelte Harry eisig an und zückte ihren Zauberstab. Bevor Harry auch nur reagieren konnte hatte sie schon "Amnesia" geschrieen und Harry fiel in ein tiefes Loch des Vergessens.