The Final Step to the Master 19 Pokémon Matthias Engel Normal Matthias Engel 2 2001-11-03T17:31:00Z 2001-11-03T17:31:00Z 13 9136 52078 Action/Abenteuer/Romantik 433 104 63955 9.2812 21

The Final Step to the Master

Episode 19

Morgengrauen, an einem gut versteckten Ort nahe der Safari-Zone (Pikachu)

Behutsam lugte ich über den Rand der Hügelkette, hinunter auf das im Schatten des Zwielichts versinkende Gebäude. Es war früher Morgen, noch weit vor Sonnenaufgang. Den gestrigen Tag, hatten wir zur Hälfte mit ausruhen verbraucht. Erstens brauchte Duplicas Verletzung Schonung und zweitens mußten wir alle unsere Kräfte regenerieren. So gegen späten Nachmittag waren wir dann aufgebrochen - ohne Erika, die uns eine genauere Erklärung verweigerte -, so weit wie möglich fliegend und dann über den Fußweg, größtenteils Rockos Onix nutzend.

Die ganze Anlage unter uns wimmelte nur so vor Wachen. Rockets und Wissenschaftler huschten zwischen den Gebäuden hin und her. Unsere Aufmerksamkeit war jedoch auf das große Hauptgebäude gerichtet, das höchstwahrscheinlich unser Ziel war.

Mein Blick schweifte über die Gruppe und nahm kurz den Ausdruck jedes Gesichtes auf. Sabrina war stoisch ruhig – wie immer. Rocko schaute bestimmt und etwas grimmig drein, er schien immer noch erzürnt zu sein, was mit Duplica geschehen war, ich konnte es ihm nicht verübeln. Duplica hockte an seiner Seite, die trotz einer Bandage um ihre Wunde, stur darauf bestanden hatte mitzukommen. Ash brauchte ich gar nicht anzusehen, um zu wissen, daß er voll konzentriert war. Richie hingegen starrte hart auf die Gebäude unter uns. Es war, als ob er durch die Mauern blickte und irgend etwas Bestimmtes suchte. Sparky, dessen schwarzes Fell mit silbernen Streifen nahezu perfekt mit den Schatten der Dunkelheit verschmolz, hockte an seiner Seite, die Ohren gespitzt und der längliche Schwanz mit den beiden Halbmonsicheln als Spitze stand hoch in die Luft.

„Etwas ist hier nicht richtig..." meinte Sparky schließlich und Richie nickte dazu. „Der dämonische Einfluß kommt deutlich von hier. Irgendwas ist hier. Aber ich kann nicht sagen was." Mew hatte die Augen geschlossen und ergänzte verwirrt. „Es ist irgendwie vertraut..." Ash zog die Kapuze seiner Robe über den Kopf und sagte bestimmt: „Gehen wir."

„Warte, sollten wir nicht erst versuchen herauszufinden, was da unten ist", warf Sunny ein und fing sich sowohl von Ash, als auch von Moty einen bösen Blick ein. „Ich meinte ja nur..." Richie folgte Ashs Beispiel und verhüllte sich nun nahezu vollständig. Ohne meine gestärkten Sinne würde ich ihn kaum erkennen. „Ash hat recht. Die Zeit läuft uns davon, soviel kann ich sagen. Das Risiko müssen wir in Kauf nehmen."

Überstimmt von beiden Meistern wagte niemand zu widersprechen. Ash bedeutete Richie stumm voranzugehen. Die schwarze Aura hüllte ihn ein und nun konnte wirklich nur noch meine Lichtmagie ihn erkennen. Eine Nebelwand aus Schatten umgab uns alle und dann waren wir vor allen unerwünschten Blicken geschützt.

Mit einem Satz sprang Richie aus der Deckung, Sparky an seiner Seite. Ash folgte mit Mew, Moty und mir unmittelbar dahinter. Dann kamen Rocko, Duplica und Sabrina und zu guter Letzt Shadow, der die Tarnung hinter uns schloß.

(Giovanni)

Bis hierhin war ihre Widerstandskraft beeindruckend. Doch nun bröckelte ihr Wille langsam. Ich hatte sie nun durch jede fast schon erdenkliche körperliche Tortur gejagt. Mrs. Waterflower machte ihrem Namen momentan kaum noch Ehre. Ihr Körper war übersät von Brandwunden, Giftinjizierungen, Frostbeulen und allem erdenklichen. Ihre Haare waren nur noch ein wildes Durcheinander, schon längst zurechtgestutzt. Die Augen hatten nahezu jeden Glanz verloren und waren müde und erschöpft. Die Haut sah bleich und kränklich aus. Das Einzige, was von ihrer Kleidung übriggeblieben war, waren schwarze Fetzen aus verbranntem Stoff.

„Solche Schönheit", sagte ich und lachte hämisch, „verwelkt wie eine Blume im Wind..." Unter anderen Umständen hätte ich sie sogar attraktiv gefunden, als sie zu uns gebracht wurde. Aber das war nun mal nicht ihr Zweck, außerdem war sie viel zu stur und das Band zu dem Lichtmeister viel zu stark, um sich die Mühe zu machen es zu zerreißen. Doch dieses Band war gleichzeitig auch ihre größte Schwäche.

„SIE KÖNNTE SICH OHNE PROBLEME SELBST REINIGEN, WENN SIE IHRE MACHT ANNIMMT", zischte SEINE Stimme hinter mir. Ich drehte mich nicht um, sondern betrachtete das zerbrechliche Wrack vor mir noch eine Weile. „Ich denke, sie ist soweit. Du kannst anfangen", erklärte ich schließlich. „Sind sie schon auf dem Weg?"

ES war eine Zeitlang ruhig und schien die Umgebung abzutasten. „Ich spüre nichts, aber wenn die Nachrichten über das Erwachen des Schattenmeisters stimmen, muß das nichts heißen." Ah ja! Unsere kleinen Haustierchen hatten scheinbar eine Menge Schaden angerichtet und wenn die unerwartete Verlagerung der Kräfteverhältnisse nicht gewesen wäre... Léon hatte auch noch von einem anderen Meister berichtet, höchstwahrscheinlich Pflanzen, da das junge Mädchen ausgesehen hatte wie Erika.

„Innerhalb der Basis können sie sich nicht mehr tarnen, wenn sie hier sind nageln wir sie fest", entgegnete ich unbesorgt. „DAS WILL ICH HOFFEN."

Alles wird wieder gut... oder?

(Erzähler)

Fünf menschliche Silhouetten bewegen sich mit stetiger Geschwindigkeit in einem mehr oder weniger direkten Kurs auf die Gebäude vor ihnen zu  Unsichtbar für das Auge aller, nur als dunkle Schatten für den Zuschauer sichtbar...

Eine Wendung nach links, dann wieder rechts, vorsichtig jeder größeren Wacheinheit trotz der Tarnung aus dem Weg gehend, immer darauf bedacht ganz leise zu sein. Jetzt geht es über den Starkstromzaun, nicht ein Laut drang an das Ohr der nahestehenden Wächter. Eine knappe Geste von dem führenden, dunkelgekleideten Jungen. Ein kurzes Nicken der übrigen Personen. Dann ging es, einen großzügigen Bogen um eine weitere Patrouille schlagend, in Richtung Hauptgebäude. Der Führende wartet und läßt erst alle durch den Eingang schlüpfen, bevor er folgt. Die Schatten hinter ihm verschwinden kaum wahrnehmbar. Und ich halte jetzt lieber meine Klappe...

Geheimes Versteck TR (Moty)

Ohne Schwierigkeiten hatten wir das Hauptgebäude betreten. Rasch huschten wir aus dem Gang in einen leeren Raum, nachdem wir uns davon überzeugt hatten, daß uns keine Überwachungskamera beobachtete. Vieles wirkte für mich jetzt schon, als ob es in aller Eile aufgebaut und nichts wirklich dauerhaft war.

„Soviel ist klar, das ist nicht Team Rockets HQ", stellte Pikachu für mich fest, was mir nun auch selbst klar gewesen wäre. „Ok. Soweit, so gut. Weiter nach Plan?" wollte Rocko wissen. Richie nickte und sah sich kurz im Raum nach etwas Verwendbarem um. Wir waren wohl in eine Art Aufenthaltsraum geraten, der gerade nicht benutzt wurde, was um diese Zeit wohl nicht ungewöhnlich war. Die Frage war nur: Wie lange?

Es schien, als ob nichts in dem Raum hilfreich sein konnte. „Auf jeden Fall können wir hier nicht lange bleiben. Ich schlage vor wir schauen uns ein wenig um und sehen ob wir eine Karte dieser Anlage auftreiben können. So wie es geplant war."

Ash zog sich daraufhin die Kapuze wieder tief ins Gesicht und wandte sich ab zum Gehen. „Gut. Ich... Wir", korrigierte er sich mit einem Blick auf Mew, Pikachu und mich, „suchen nach Misty." Sabrina stutzte. „Bist du sicher? Die Anlage ist groß und selbst ich kann hier kaum etwas spüren. Wäre es nicht besser, du kommst zuerst mit uns und..." Ash hob eine Hand und Sabrina brach ab. „Ich finde sie auch so."

Ohne weitere Worte abzuwarten, öffnete er die Tür, warf dann noch einen kurzen Blick zurück, nachdem er sich auf dem Gang umgesehen hatte, und schlüpfte dann nach draußen. Mew, Pikachu und ich direkt hinter ihm.

(Rocko)

Richie stoppte und der ganze Trupp hielt inne. Zwei Rockets gingen vorbei, gelangweilt über irgendwelchen Tratsch diskutierend. So schlichen wir bereits geschlagene zehn Minuten herum und hatten immer noch keinen Anhaltspunkt gefunden. Der Plan war simpel. Geeignete Ziele finden, die genügenden Staub aufwirbelten, wenn wir dort etwas anrichteten, und somit für genug Verwirrung zu sorgen, um Ash Zeit für Misty zu geben.

Wir schlichen weiter durch die Gänge. Nach erneuten fünf Minuten war es mir letztendlich zu dumm und ich bedeutete meinen Freunden anzuhalten. „So kommen wir nicht weiter. Wir haben kaum ein klares Bild der Innenstruktur und wenn wir weiter ziellos durch die Gänge irren, helfen wir Ash kein bißchen." Duplica schnitt eine Grimasse. „Soviel zu deiner genialen, simplen Idee. Wir hätten doch ein Pokémon vorausschicken sollen." Leider mußte ich zugeben, daß sie mit dem Ersten recht hatte, andererseits hatten wir wenig Zeit und für einen strategischen Militaristen hielt ich mich nicht gerade. Was den anderen Punkt anging...

„Zu riskant", sprach Richie meinen Gedanken zuende. Er versank eine kurze Zeit in Gedanken und meinte dann. „Es muß irgendwo ein Computerzentrum geben aber das ist zu kompliziert. Ein Rechner mit Zugriff wäre schon gut..." Sabrina fing Richies Blick auf und nickte stumm. Ein einsamer Wissenschaftler eilte über den Gang vor uns. Das Geräusch eines sich öffnenden Pokéballs ließ ihn innehalten. Er blickte sich um und starrte direkt auf Sabrinas Kokowei. „Hypnose", befahl dessen Trainerin leise. Der arme Mann gefror an Ort und Stelle und seine Augen bekamen einen trüben Ausdruck. Sabrina machte eine knappe Geste und der Mann lief los. Ohne weitere Worte beorderte Sabrina ihr Pokémon zurück und folgte dem willenlosen Mann. Richie schmunzelte befriedigt. „Kommt."

Ich schauderte ein wenig, als ich den beiden mit Duplica zusammen folgte. Gelegentlich war dieses Mädchen einfach extrem unheimlich.

(Mew)

Wir kamen näher. Immer näher. Entgegen Ash hielt ich mich nicht an Misty, allein schon, weil ich ihre Aura weniger gut finden konnte als er, sondern an die dunkle Präsenz, die um das Gebiet zu fließen schien. Das Zentrum war jedoch deutlich auszumachen. Immer noch war ich nicht in der Lage diese dämonische Aura einzuordnen. Es brachte mich fast um den Verstand zu wissen, daß die Antwort irgendwo in meinem Gedächtnis war und doch momentan unerreichbar. Und ich hatte das Gefühl, daß dieses Detail viel zu wichtig war, um außer Acht gelassen zu werden.

Eine Biegung links, ein schneller Sprung in eine Ecke von Ash und Pikachu, der nicht mehr aussah als ein Fleck. Ich bedeckte Moty mit Unsichtbarkeit und tarnte mich gleichzeitig selber. Die Wachen liefen einfach an uns vorbei. Weiter ging's.

Vielleicht ging dieses Gefühl der Vertrautheit von einer Erfahrung eines früheren Mews aus. Wir waren stets mit den Gefühlen und Erinnerungen unserer vorherigen Generationen gesegnet. Auch wenn wir uns an vieles nicht richtig erinnern konnten, waren die Erlebnisse doch da. Tief in meinem Unterbewußtsein begraben. Seit Ash erwähnte hatte, daß etwas versuchte Misty zu korrumpieren und die in ihr schlummernden Kräfte gegen uns zu wenden, hatte ich fieberhaft in meinem Bewußtsein gegraben aber bis jetzt noch nichts gefunden. Bis auf eines, etwas Uraltes, doch das war schlichtweg absurd. Diese Mißgeburt war beseitigt und versiegelt. Ich schüttelte leise den Kopf. „Nein, unmöglich."

Ash stoppte. Eine Sicherheitssperre. Das hieß wir kamen in wichtiges Gebiet. „Nicht mehr weit", stellte Ash fest. Dem stimmte ich wortlos zu. Der dunkle Einfluß war beinahe greifbar. Wenn ich nur wüßte...

Mit einem Satz sprang Ash über die Laserschranke, die für ein normales menschliches Auge kaum sichtbar gewesen wäre.

Und wenn ES doch diese Aura ausstrahlte? Von dem, was mir mein Gefühl sagte, bestanden da gewisse Ähnlichkeiten. Aber alle Dämonen hatten ähnliche Signaturen, das hieß nichts. Nur, wenn doch... Nein! Ich wollte gar nicht dran denken.

Erneut hielt Ash inne. Irritiert sah ich mich um. Der Gang vor uns war gespickt von einem dichten Netzwerk von Lichtschranken, neben uns hing ein Gerät für Sicherheitskarten. „Das kann interessant werden", murmelte Ash und wir machten uns leise an die Arbeit.

(Duplica)

Die Tür des kleinen, momentan unbenutzten Büros fiel leise hinter uns ins Schloß. Beinahe gleichzeitig sackte der hypnotisierte Mann zusammen und fiel in einen unruhigen Schlaf, Rocko und Richie zogen ihn in eine Ecke. Ich fing noch ein kurzes Glimmern von Sabrinas Augen auf, dann war es verschwunden. „Ich habe ihm einen schönen, komfortablen Alptraum verpaßt. Wenn er aufwacht, wird er denken, Kokoweis Hypnose war auch nur Teil dieses Alptraums."

Geschickt war sie ja, das mußte man zugeben. Misty war eher der Kämpfertyp von uns Mädchen, während ich lieber versuchte mit dem Kopf zu kämpfen und Sabrina mit ihren psychischen Fähigkeiten. Anstatt eine sich anbietende Traumfresserattacke anzuwenden, begnügte sie sich mit einem Alptraum, der die Erinnerung des Opfers ziemlich durcheinanderbrachte.

Rocko huschte zu dem kleinem Schreibtisch hinüber und warf den Computer an. Schon nach einigen Sekunden fluchte er und lehnte sich seufzend zurück. „Wir hätten ihn nach den Sicherheitscodes fragen sollen." Sabrina schüttelte den Kopf. „Nein, wenn ich ihn noch länger in diesem Zustand belassen hätte, hätte das sein Gehirn in arge Mitleidenschaft gezogen."

Shadow warf dem zusammengekrümmten Mann einen kalten Blick zu. „Und was wäre das Problem damit?" Ich schauderte etwas. Dieses Pokémon war in vielerlei Hinsicht etwas radikal. „Wir hatten uns darauf geeinigt keine größere Aufmerksamkeit zu erregen. Was passiert, wenn jemand den Typen findet, und er ist tot oder am Rande dessen?" widersprach Richie erstaunlich gefestigt. Letztens war er noch fast in die Luft gegangen, als Ash keinerlei Skrupel zeigte einen Rocket umzubringen. Shadow senkte beschämt den Kopf. „Ihr habt recht, Master Richie. Das wäre nicht gut."

Rocko räusperte sich. „Und was machen wir nun? Ich glaube kaum, daß jemand vernünftig hacken kann, oder? Misty würde das sicher knacken können aber..." Bisher war ich relativ ruhig geblieben, eigentlich schon unnatürlich ruhig für mein sonst heiter, fröhliches Selbst. Doch die Ereignisse von vorgestern Nacht hatten mich ganz schön durchgerüttelt. Ich war Erika unglaublich dankbar für ihre Hilfe, der Schmerz war fast verklungen und nur der Blutverlust machte mir noch ein wenig zu schaffen. Das war eigentlich der Grund, warum ich bisher meine Klappe gehalten hatte. Die Kraft würde ich noch brauchen.

Wie jetzt zum Beispiel. „Laß mich mal." Anscheinend waren alle etwas überrascht, daß ich mich so plötzlich zu Wort meldete. Rocko sah mich prüfend an, machte dann aber schulterzuckend Platz. Ich brauchte eine Minute, dann war ich im Hauptsystem.

„Wow..." Richie war sprachlos, Bei Sabrina konnte ich nicht viel erkennen aber ich meinte zu sehen, daß sie leicht beeindruckt war. Rocko hingegen machte einfach nur ein verblüfftes Gesicht. „Es scheint", begann er, „ich müßte noch eine Menge über dich lernen." Ich lächelte verschmitzt. „Da ist noch vieles, was du nicht weißt."

Dann wurde ich schlagartig wieder ernst und ließ Ditto aus seinem Pokéball. Ich haßte es, es da drin zu lassen aber Ditto war in dieser Form nun mal nicht das schnellste Pokémon. „Bereit für eine kleine Hackereinheit?" Ditto deute ein Nicken an. Seine Form schimmerte kurz Weiß auf, verschwamm dann und setzte sich wieder in die perfekte Kopie eines Porygons zusammen. „Cool", gab Sparky seinen Kommentar ab.

Ditto/Porygon schwebte auf Höhe des Bildschirms, dann sah es aus, als ob es zusammenschrumpfte und im nächsten Moment war es verschwunden. Schnell gab ich ein paar Befehle ein und errichtete eine Verbindung zu meinem Pokémon. Dann gingen wir an die Arbeit.

(Ditto/Porygon) {Anm. des Autors: Das erste Mal Ditto in der ganzen Fic. Ein Tusch bitte! *TUSCH!* Au... Doch nicht so laut... *Hörschaden...*}

Mit atemberaubender Geschwindigkeit, zu der kaum ein existierender Rechner je fähig sein dürfte, suchte ich mir meinen Weg durch das Geflecht aus Daten. Ohne Probleme sprang ich schnell vom Monitor in den Hauptrechner und bewegte mich unbedrängt – Sicherheitssysteme links und rechts, wobei das ja eigentlich relativ war, eliminierend – voran. Bald war ich am Netzwerk und klinkte mich ein.

Duplica und ich hatten das schon ein paar Mal zuvor getan. Sozusagen als Training. Erst kürzlich hatten wir uns direkt in die Pokémonligadatenbank des Indigo Plateaus gehackt, ohne, daß sie unsere Anwesenheit überhaupt bemerkt hatten. Wir hatten natürlich nichts angerührt. Es war nur ein Test gewesen und das Ergebnis hatten wir dann an einige Offizielle geschickt.

Ditto, kannst du mich empfangen? klang ein digitales Äquivalent der Stimme meiner Trainerin und lebenslangen Gefährtin zu mir durch. Es war eigentlich nur ein simpler Datencode aber meine digitalen Systeme übersetzten es in ein exaktes Stimmenecho für mich.  Klar und deutlich, gab ich zur Antwort. Gut, hast du die Karte? Ich sandte einen Impuls durch die Datenleitungen, was eine Karte der gesamten Anlage auf Duplicas Monitor erscheinen lassen sollte.

Gut... Kannst du mir Zugang zu den Sicherheitssystemen verschaffen? Wenn ich in dieser Form hätte lachen können, hätte ich es wohl getan. Soll das ein Scherz sein? Instinktiv erahnend, was sie vorhatte, hatte ich mich bereits ins Sicherheitssysteme eingeklinkt und brach gerade die letzte Hürde. Schon erledigt.

Eine Weile herrschte Funkstille. In Ordnung. Schau, ob du noch etwas Interessantes in den Archiven findest. Ich spiele dir Daten der Ziele zu, die wir momentan als Priorität ansehen. Kurz darauf empfing ich einen kleinen Datenstrom und war bereits auf dem Weg.

Ehrlich gesagt war ich unheimlich erleichtert mich endlich wieder frei bewegen zu können. Langsam verstand ich, warum Pikachu und einige der anderen Pokémon diese Dinger so haßten. Natürlich verstand ich auch, warum Duplica das in letzter Zeit öfters tun mußte. Ich war ihr nicht böse. Wir beide hatten uns schon immer gut verstanden. Ich mochte meine Trainerin... beste Freundin wirklich sehr. Im Gegensatz zu anderen war sie ganz anders – nun, das war wohl, was alle Pokémon meistens über ihre Trainer sagten, wenn sie ein besonderes Verhältnis verband.

Im Falle Duplicas war es ihre Vielfalt, ihre fröhliche und lebensfrohe Art, die mich angesteckt hatte. Sie konnte im einen Moment eine freizügige, gelegentlich etwas unangenehme Zeitgenossin sein und im nächsten Moment die sentimentale, besorgte Freundin, die sich um ihre Freunde, ihre Pokémon und mich Sorgen machte. Duplica war sehr facettenreich, doch sie arbeitete auch hart, wenn sie sich etwas zum Ziel gesetzt hatte. Für mich war sie jetzt schon der weltbeste Dittomeister, der existierte. Ohne sie hätte ich meine anfänglichen Schwierigkeiten nie überwinden und so gut werden können.

Wir sind hier fertig. Hast du alles? Angestrengt hatte ich eine Weile die Datenströme in dieser Sektion analysiert und Informationen aufgenommen. Ja, das sollte... Ich stoppte. Was war das? Ditto? Ohne zu zögern speicherte ich die äußerst haarsträubende Information ab. Ich komme. Das wird dir nicht gefallen aber eines der Labore... Die Pokémon von vorgestern. Sie sind da.

Es herrschte Stille bis ich mich aus dem Netz ausklinkte. Eine kleine Disk schob sich aus einem Schlitz an der Unterseite meines Körpers und Duplica fing sie stumm auf. Nachdem sie diese verstaut hatte und den Computer in seinen Ausgangszustand versetzt hatte, meinte sie nur schlicht: „Dann sollten wir uns beeilen."

(Ash)

Das schien knifflig zu sein. Ich konnte natürlich versuchen mich durch das Wirrwarr von Laserschranken zu winden aber das würde so verdammt lange dauern. Und ich hatte nicht mehr viel Zeit, daß spürte ich deutlich. Mew hingegen schien schon die ganze Zeit etwas ganz anderes zu beunruhigen. Ob sie immer noch über ihr Gefühl von vorhin grübelte?

„Ash?" Trotz meiner inneren Ruhe, wäre ich beinahe unter die Decke gesprungen und war sicherlich geradeso einer Herzattacke entkommen. Das war eindeutig Duplicas Stimme gewesen aber woher...? Verwirrt sah ich mich um. „Du wirst mich nicht sehen. Dieser Kartenschlitz hat eine kleine visuelle Darstellung..." Zwar hatte ich keine vernünftige Vorstellung wovon sie redete aber ich entspannte mich etwas.

„Ditto als ein Porygon und ich sind in das Computernetzwerk eingedrungen. Ich hacke mich gerade durch die Sicherheitssysteme und bereite uns einen leichteren Weg. Gib mir zwei Minuten und ich hab die kleine Sperre da deaktiviert." Ich nickte, hoffend sie würde es sehen und lehnte mich gegen die Wand. Jetzt hatte ich etwas Zeit.

„Nun", wandte ich mich an Mew, „willst du mir nicht erzählen, was dich beschäftigt?" Ertappt sah sie zur Seite und schwieg kurz. „Es ist nur eine Vermutung. Es könnte auch etwas anderes sein. Aber... Vor langer Zeit, noch zu Beginn der Schöpfung jeglichen Lebens gab es ein Wesen, das Angst und Terror auf der noch jungen Welt verbreitet. ES wurde von allen Missigno genannt. Missigno war ein Fehler, eine Mißgeburt, die aus einem Rest jener Energie entstanden ist, die zur Erschaffung der Wächterwesen wie Celebi, Lugia, Ho-oh und mir verwendet wurde. Die Energie vermixte sich mit der verbotenen Dimension, die du wohl als Hölle bezeichnen würdest. ES besaß unglaubliche und zerstörerische Kräfte und drohte aus der Welt ein Abbild der Gegendimension zu machen. Gemeinsam schafften die ersten Inkarnationen der Wächter es die dämonische Kreatur in seine eigene Dimension zu verbannen. So wurde es jedenfalls angenommen."

Ich schwieg und verarbeitete die Flut von Informationen erstmal. Ich hatte einiges über die Entstehungszeit im Legendenbuch gelesen. Ich wußte mehr, als ich momentan erlaubt war jemanden zu erzählen. Deswegen hatte mich Richies Erwählung zum Schattenmeister nur kurzzeitig geschockt. Das jedoch war nirgendwo erwähnt wurden. Wenn ich an den Schaden dachte, war mir auch klar warum.

„Aber du bist nicht sicher." Mew seufzte. „Ich wünschte, ich könnte etwas genaueres sagen, Eigentlich ist der Gedanke allein schon absurd. Es ist praktisch gesehen unmöglich. Trotzdem..." Sie brach ab und ich gab mit einem Nicken zu verstehen, daß es keiner weiteren Worte bedurfte.

„Vola!" erklang Duplicas Stimme wieder. Die Lichtschranken flackerten kurz und gaben dann den Weg frei. „Ich denke, du weißt, wo du hin mußt, oder?" Sie wartete keine Antwort ab. „Den Gang runter, dann die nächste rechts, am Ende des nächsten Ganges ist wieder rechts ein Schacht für Reinigungseinheiten, ich hab sie für den Moment weggeschickt. Du hast fünf Minuten, um den Schacht zu erreichen und zu durchqueren. Du kommst an einen Aufzug, der exakt in sieben Minuten eine Fehlfunktion haben wird und auf das Kellerlevel absinkt, wo der Gefängnisbereich zu sein scheint. Von da aus bist du auf dich gestellt."

Für ein paar Sekunden war ich schlichtweg baff, riß mich dann aber zusammen und dachte an Misty. „Danke. Ich schulde dir was." Damit sprintete ich los. „Ich werd es mir merken", hörte ich Duplica noch ein letztes Mal, dann schlüpfte ich schon um die nächste Biegung nach rechts.

Traumsequenz I (Misty)

Dunkelheit. Ich begrüßte sie nahezu erleichtert. Es gab kein Atom meines Körpers, das nicht schmerzte. Elektrizität, so stark wie Pikachus mächtigster Donner. Hitze, so heiß wie der Feuersturm eines Magmar. Eis, so kalt wie am Nordpol. Gifte, so ätzend und schmerzvoll wie sie kein Giftpokémon je hervorbringen könnte.

Ich war sicher, ich würde innerhalb der nächsten Minuten sterben, wenn ich nicht schon tot war. Woher sollte ich das wissen? Ich war es noch nie, oder? Nein. Irgendwas in mir sagte mir, daß mein Bewußtsein noch existierte und mein Körper noch nicht vollends versagt hatte. Dieser Teil schrie mich förmlich an, ich solle nicht aufgeben. Aber ich war müde, so müde. Die Torturen, die ich in den letzten Tagen erlitten hatte... Es war ein Wunder, daß ich überhaupt noch lebte. Woher nahm ich nur diese Kraft, diesen unbedingten Willen zu leben? Wofür quälte ich mich noch? Wäre es nicht einfacher, ich würde den Tod akzeptieren? Jeder würde es tun in meiner Situation. Jeder...

Ein Bild. Ein Stadion, es war dunkel, die Beleuchtung war ausgefallen. Der einsame Körper eines Jungen unter mir. Das Gesicht. Oh, so vertraut. Diese kindlichen, unschuldigen und stets so selbstbewußten Züge, so opferbereit für das, woran sie glaubten. Eine einzelne Träne tropfte auf den versteinerten, reglosen Körper. Ich bemerkte, daß es meine war...

Ash!

Fußschritte. Ich schlug die Augen auf – was für eine absurde Beschreibung in einem Traum. Was auch immer da kam, ich war bereit. Jetzt war ich es wieder. Kurz hatte ich den Mut verloren, doch unser Band hatte mir wie so oft zuvor den Weg zurückgewiesen. Was ES auch immer mir dieses Mal suggerierte, ich würde nicht nachgeben. Ash war da, das fühlte ich. Ganz nahe, nur noch ein klein wenig durchhalten, dann war es überstanden und ich konnte mich wieder in seine starken Arme schließen lassen.

Die Fußschritte kamen näher. Sie waren nicht schwer oder stampfend, sondern eher leicht, fast schwebend. Eine Silhouette bildete sich aus der Schwärze um mich. Ein weißes Leuchten, es schien von der näherkommenden Person zu kommen. Mein Herz schlug schneller.

Dann lichteten sich langsam die Schatten und enthüllten eine allzu vertraute, weiße Robe, einen Umhang locker über die kräftigen Schultern hängend. Sein Gesicht, oh sein Gesicht! Wie sehr hatte ich mich danach gesehnt! Da stand er vor mir, mein Retter, mein Prinz in weißer Rüstung! Ash, in Fleisch und Blut. Ich wußte, es würde ein Traum sein, ich wußte dieses Bild war nur da, um mich zu quälen. Aber ich konnte nicht widerstehen. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr, mein Herz und meine Seele schrieen danach sich ihm um den Hals zu werfen und diese starken Arme meinen geschundenen Körper besänftigen zu lassen.

Ohne meine Einwilligung erhob ich mich und machte ein paar unsichere Schritte auf Ash zu. Warum war sein Blick so ausdruckslos? Es schien, als ob er jede Emotion verloren hätte... Ich stoppte kurz vor ihm und sah ihn unsicher an. „Ash?"

*Klatsch*

Ich taumelte zurück und hielt schmerzend meine linke Wange von der schallenden Ohrfeige. Doch es war nicht der physische Schmerz, der mich so getroffen hat. Es war mehr wie ein Schlag tief in meine Seele. Warum? Wie konnte er?

„Wieso?" preßte ich hervor, die Tränen unterdrückend. Ash blickte mich hart an. Kalt und ohne jegliche Regung, keinerlei Mitleid. „Wieso, Ash?" Immer noch keine Reaktion. Langsam kam er ein paar Schritte näher. Plötzlich, so schnell, daß ich nicht reagieren konnte, packte er mich an den Schultern und zog mich heran, bis unsere Gesichter nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren.

Ich sträubte mich, das war nicht richtig, und doch war es sinnlos. Sein Griff war eisern, als er mich küßte. Jedoch nicht so wie ich es nach all der Zeit erhofft hatte. Es war ein wilder Kuß, unkontrolliert, rauh und hart. Seine Berührung jagte viele kleine Stromschocks über meine Lippen. Ich wollte schreien, doch mein Mund war blockiert.

Dann brach Ash den Kuß ab und schleuderte mich im hohen Bogen von sich weg. Krachend schlug ich auf dem Boden auf, wo auch immer wir waren. „Weil ich dich hasse." Zusammengekrümmt lag ich am Boden und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Alles überschlug sich in meinem Kopf. Er haßt mich? Nein, das konnte nicht sein.

Irgendwoher nahm ich erneut die Kraft mich hochzustemmen. „Das ist nicht wahr", flüsterte ich leise. „Was ist mit unserer Liebe, all den Schwierigkeiten, die wir überstanden haben... Was ist mit... unserem Band?" Ash lachte bitter. Herablassend blickte er mich an, ich merkte, daß er mich musterte. „Schau dich doch nur an."

Zum ersten Mal sah ich wirklich an mir herunter. Der Anblick ließ mich erschaudern. Ich war nie diejenige gewesen, die es auf schreiende Schönheit angelegt hatte, aber das... Ich war ein Schatten, weniger als das. Die Foltermethoden hatten alle deutliche Spuren hinterlassen. Ein paar einzelne Tränen bildeten sich in meinen Augen, als ich den Kopf wieder hob. „Ich bin sicher, das kommt wieder in Ordnung. Zusammen schaffen wir..." versuchte ich es aber Ash schnitt mir schroff das Wort ab. „Wir?" Er lachte höhnisch. „Es gab nie ein Wir. Ich habe dich niemals geliebt, Misty."

Es ist nur ein Traum, nur ein Traum! Nichts anderes! Meine Knie gaben unter mir nach. Es war so unglaublich realistisch. Ich sollte so etwas nicht träumen können, nicht mit dem, was wir hatten... haben. Ich war durcheinander. Mein Körper schmerzte und mein Herz brannte. „Warum...?" Dieser kalte Ausdruck, dieser Haß, es war alles echt. „Du warst immer nur ein lästiges Anhängsel, nichts war gut genug für dich, was ich getan habe, alles hast du immer bemängelt. Es ist kein Wunder, daß deine Familie dich verstoßen hat. Du bist nichts weiter als eine nichtsnutzige, falsche Schlange, eine Schande für alle Pokémontrainer. Du hattest noch nie ein Talent. Sieh..."

Jedes einzelne Wort bohrte sich wie ein einzelnes scharfes Messer in mein Herz, jede Beleidigung ein einzelner schmerzender Stich durch meine Seele. Doch, was nun kam, darauf war ich nicht vorbereitet. Aus dem Schatten bildeten sich mehrere Schatten. Pokémon, allzu vertraut. Denn es waren meine. Meine Pokémon! Dragonir, Moty, Starmie, alle waren sie da, selbst die, die ich momentan nicht mit mir führte. Ich wollte erfreut aufschreien und zu ihnen rennen, doch ich stoppte. In jedem Blick spiegelte sich Haß und Abneigung wieder. Haß und Abneigung auf und gegen mich! Hatte ich mich nicht immer fürsorglich um alle gekümmert?

„Schau selbst. Niemand hat dich je geliebt. Gib ihnen eine freie Entscheidung und du siehst, daß du für sie alle nichts wert bist." Ich sackte auf die Knie und jetzt flossen die Tränen frei. Das war nicht wahr, nicht wahr, alles nur Lüge, alles nur Illusion!

Mein Blick fiel auf Togetic. Das Pokémon, um das ich mich am meisten gekümmert hatte, dem ich am meisten meiner Liebe gegeben hatte. Der Ausdruck voller Abscheu brannte sich tief in meine geschundene Seele.

„Pika!" Ich fuhr erneut zu Ash herum. Pikachu hockte auf seiner rechten Schulter. Doch der Anblick dieser gräßlich eisigen Augen gegenüber mir, gab mir den Rest. Stets hatte ich gefühlt, daß Pikachu mich nach Ash am meisten mochte und ich war immer so froh darüber gewesen. Aber nun, was war da noch? Ich senkte den Kopf, nach vorne gebeugt und auf meine Hände gestützt, wimmerte ich unkontrolliert. Ich wußte, es war ein Traum, ich wollte dem nicht glauben, aber ich konnte nicht. Nicht bei Ash, nicht bei all denen, die ich liebte. Ich konnte es einfach nicht!

Ein Knistern von Luft, ein Speer aus purer weißer Energie hatte sich in Ashs rechter Hand geformt. „Die Welt braucht solch ein wertloses Stück wie dich nicht." Wie konnte er nur so kalt sein. Ich hatte immer gedacht Ash wäre ein sanftmütiger Junge, der keiner Fliege etwas zuleide tun könnte, selbst wenn sein Leben davon abhing.

Ein Kichern durchbrach die tödliche Stille, ein schlanker Arm legte sich um Ashs Nacken. Die undeutliche Form eines Mädchens. Ich konnte sie nicht richtig ausmachen und doch war sie vertraut. „Genau, Ashy. Darum muß die kleine Misty jetzt sterben."

Als der Lichtspeer auf mich zuflog, realisierte ich, wer es war. Nicht sie! Bitte nicht! Sie, die ich trotz aller Streitigkeiten als gute Freundin, vielleicht sogar noch wesentlich mehr als das empfunden hatte. Das war der letzte Hieb vor dem finalen Schlag und er zerriß meine Verteidigung endgültig. Ich schloß die Augen und wartete auf die Stille und die Dunkelheit und sie kam...

(Sabrina)

Ich mochte es zwar nicht zugeben aber ich war beeindruckt. Nie hätte ich in Duplica so etwas wie eine Hackerin erwartet. Gut, manche würden sagen, mit einem Porygon zur Hand ist das ein Leichtes, doch das war reiner Irrglaube. Ich hatte selber einige Erfahrungen in diesen Dingen, wenn ich auch mehr die in meinen Augen elegantere Art der Dinge bevorzugte, und ich wußte, daß das, was sie getan hatte, gar nicht mal so einfach war.

Geschickt lotste Duplica uns durch die Gänge. Wir begegneten keiner einzigen Wache, keine aktive Kamera fing uns ein, keine Sicherheitssperren blockierten unseren Weg. Es war eine perfekt ausgeklügelte Route. Nahezu simultan mit dem Passieren einer inaktiven Lasersperre oder einer abgeschalteten Kamera, sprangen diese hinter uns wieder an. Auf dem Rückweg würde es eh egal sein, da waren wir uns alle einig.

Mit der Zeit wurden die Gänge steriler, vielmehr im Stile von Laboren. Ich war mir mittlerweile sicher, daß wir uns nicht mehr im Hauptgebäude befanden, der Laborbereich war deutlich ein angeschlossener Teil. Dann erreichten wir unser Ziel.

Duplica stoppte an einem Fenster, ich schätzte Panzerglas oder gar etwas Stärkeres. Daneben war eine schwere Sicherheitstür. Sie sah kurz durch das Fenster und schnaufte in Abscheu. Ich wagte ebenfalls einen Blick. Mit schnellen Augen nahm ich Reihen von Versuchsapparaturen wahr. Doch das Auffallendste waren die großen, tankähnlichen Behältnisse, in denen sich die wohl scheußlichsten Mißgeburten – obwohl das wohl das falsche Wort war – an Pokémon befanden, die die Welt je gesehen hatte.

Einige sahen noch halbwegs normal aus, doch die Veränderung hatte bereits eingesetzt. Andere schienen bereits vollständig mutiert und schienen sich in einer Art Stasis zu befinden, nur auf ihre Erweckung wartend. Wieder andere waren irgendwo dazwischen anzuordnen. Zur Hälfte Schwarz oder Gräulich oder was auch immer für eine dunkle Haut-/Fellfarbe sie anzunehmen schienen. Dieser Anblick war schlichtweg der Schlimmste von allen.

„Wir haben sie gefunden", stellte Duplica in einem Ton fest, der so kalt war wie Eiswasser. Sie machte einen Schritt auf die Tür zu aber ich hielt sie am Arm fest. „Und was dachtest du, tun wir jetzt", fragte ich sie sanft. Duplica drehte ihren Kopf zu mir und sagte, ohne auch nur den Hauch von Reue. „Wir zerstören sie." Irgendwie erinnerte sie mich in diesem Moment sehr an mein früheres Ich.

Vorsichtig schüttelte ich den Kopf. „Ich mag diese Kreaturen auch nicht und ich weiß, daß du wütend bist. Aber das wäre doch Mord, schiere Rache. Gerade von dir hätte ich etwas mehr Gefühl erwartet." Es war nicht dazu bestimmt so schroff zu klingen. Doch so kalt ich gegenüber manchen auch oft wirken mochte, so sehr ich an den Lauf des Schicksals glaubte und ihm folgte, so sehr hatte ich mich doch von solchen Methoden wie brutalem Massenmord distanziert und verabscheute sie zutiefst.

Duplica hatte sich nun voll zu mir umgedreht und ihr Gesichtsausdruck war schlicht und einfach stur. Doch hinter dieser Sturheit brannte ein Feuer, eine Leidenschaft, die ich bei ihr selten gesehen hatte, eigentlich noch nie. „Es geht hier nicht um meine persönliche Rache, Sabrina", entgegnete sie direkt.

„Nun, es sieht aber so..." Mit einer Geste schnitt sie mir das Wort ab – was nur wenigen gelang. „Hör zu. Ich weiß, daß wir verschiedene Ansichten in vielen Dingen haben. Ich möchte jetzt nicht mit dir streiten. Zugegeben, vielleicht spielt auch ein wenig Rache meinerseits hier mit rein, aber das ist alles zweitrangig." Sie sah erneut durch das Fenster und diesmal war es mehr ein abwesender Blick. „Jedes Pokémon hat ein Existenzrecht. Diese da jedoch... Dies sind Kreaturen, die nicht existieren sollten. Zumindest nicht in diese Welt. Diese Kreaturen haben keine Seele mehr und die, die noch eine haben, deren Seele wird nie Ruhe finden, wenn wir sie jetzt nicht erlösen." Duplica wandte sich wieder zu mir. „Du, von allen Personen, solltest das eigentlich am besten verstehen."

Ich wollte antworten, als etwas mein sensibles Bewußtsein streifte. Ein leidvoller Aufschrei reiner Pein. Ein Wehklagen des Verrats. Und die Signatur war mir nur zu gut bekannt. Unsere Zeit lief davon, das spürte ich allzu deutlich.

„Du weißt, daß sie recht hat", nahm ich schwach noch Sunnys Worte wahr, als ich wieder in die Realität zurückkehrte. Duplica bedachte mich mit einem besorgten Blick, alle Härte von eben für den Moment verschwunden. „Alles in Ordnung?" Ich schüttelte langsam den Kopf, um meine Gedanken zu klären. „Misty... Nein. Wir können jetzt nichts für sie tun. Das ist Ashs Problem." Einen Moment war so etwas wie Angst über ihr Gesicht gehuscht. Schon längst hatte ich erkannt wie sehr sie sich um Misty sorgte. „Ihr habt gewonnen. Laßt uns an die Arbeit gehen."

Duplica lächelte und richtete sich entschlossen auf. „OK. Ditto, sobald wir drin sind, transformierst du zu einem Dragoran und feuerst die beste Drachenwut ab, die du zustande bringst." Ditto deutete ein Nicken an, schimmerte einmal kurz und verwandelte sich erstaunlicherweise in eine winzige Chipkarte. Duplica hob sie auf und wollte sie gerade in den Schlitz stecken...

„Einen Moment noch", hielt ich sie noch einmal zurück. „Wir sollten das koordinieren. Gib mir ein paar Sekunden." Sie nickte knapp. *Ash, Richie... hört ihr mich*, sandte ich telepathisch. Richie antwortete sofort, bei Ash dauerte es etwas länger. *Sabrina? Ich bin jetzt fast da. Es ist eindeutig hier...* Die Verbindung schwankte etwas. *Ich spüre Leid und...*

*Ich weiß. Ich hab es auch gefühlt*, unterbrach ich. *Richie, seid ihr soweit?* Eine kurze Pause. *Wir sind bereit.* Ich spannte innerlich sämtliche Sinne, die mir zur Verfügung standen. *Ash, warte eine halbe Minute, damit das Chaos dich erreicht, dann tu, was du tun mußt.* Eine stumme Bestätigung. Es brauchte keiner Worte, bzw. Gedanken.

Ich gab Duplica eine auffordernde Geste und sie führte die Karte ein. *Jetzt.*

(Richie)

Mit einem Grollen bohrte sich Rockos Onix mit brutaler Gewalt durch die Wand ins Innere des Labors. Kurz darauf brach wie erwartet das Chaos los. Sirenen heulten, Wissenschaftler versuchten zu flüchten oder tauchten in Deckung. Einige waren so schlau damit zu beginnen einige der Dämonenpokémon freizulassen. Wie ausgearbeitet rollten sich Rocky und Rockos Georock soweit wie möglich in die Nähe der Tanks, flackerten dann ein paar Mal und explodierten kurz darauf, eine gewaltige Wolke aus Staub, Glassplittern und Flüssigkeit aufwirbelnd.

Trotzdem schienen einige der Pokémon schon früh genug erwacht zu sein, um sich vor der Explosion zu schützen. Dazu kam, daß allein dieses Labor nahezu riesig war. Wir konzentrierten unsere Primärangriffe auf die fertiggestellten Kreaturen und doch waren es schlichtweg zu viele für einen gelungenen Schlag. Uns blieb nicht viel übrig, als uns schließlich einer kleinen Gruppe von acht Dämonenpokémon entgegenzustellen.

„Na toll. Acht gegen zwei und wir sind letztens kaum mit sechs von ihnen fertig geworden", stellte Rocko mißmutig fest. Schnell prüfte ich die Energiewerte der Kreaturen. „Diesmal sind wir vorbereitet. Außerdem sind diese hier noch jung. Das sollte einfacher werden." Die schattenhaften Wesen vor uns grollten bedrohlich und fletschten die Zähne. „Hoffe ich zumindest." Rocko rümpfte daraufhin die Nase. „Pah, schöne Aussichten. Vulpix, Kira, Golbat, Onix, Rizeros, Angriff!" Stumm gab ich auch Sparky, Zippo, Happy, Sniebel und Shadow den Befehl zum Angriff.

Die folgenden Minuten war die Luft von einem Geflecht aus elementaren Energien erfüllt, in dessen Mitte sich ein Pulk von zweieinhalb Dutzend Pokémon befand, nicht zu Schweigen von mir, Rocko hielt sich weise etwas zurück. Ein widerlich aussehendes Sarzenia fiel einem kombinierten Flammenwurf/Feuerwirbel von Vulpix und Kira zum Opfer, Sniebel und Shadow eliminierten ein überdimensionales Arkani und Golbat und Rizeros keilten ein Schlurp zwischen einem Klingensturm und einem Hornbohrer ein. Die restlichen Fünf – ein Impergator, ein Megamie, ein Tornupto und ein Paar Xatus – gehörten Sparky, Zippo, Happy und mir.

Während ich mich selbst mit Kaskaden von schwarzen Blitzen um das riesige, echsenartige Impergator kümmerte, stürzte sich Happy auf Megamie. Das Pflanzenpokémon schaute leicht gelangweilt aus und feuerte überraschend schnell einen nachtschwarzen Strahl ab, der wohl ein Solarstrahl sein sollte. Doch er hatte weder Ähnlichkeit mit so einem, noch mit dem Lunarstrahl, den Erika vor kurzem praktiziert hatte.

„Schattenabsorber!" Das Megamie riß entsetzt die Augen auf, als die schwarze Energie von Happy einfach aufgesaugt wurde und nun als schattenhafte Energie um ihn herumschwebte. „Und jetzt... Kobaltwelle!" Happys Flügel leuchteten auf und bald umspielte eine Mixtur aus kobaltblauer und schwarzer Energie seinen ganzen kleinen Körper. Mit einem einzigen Flügelschlag flog die elementar modifizierte Psywelle auf seinen Gegner zu und verschluckte ihn förmlich.

Zippo schien weniger Probleme mit Tornupto zu haben. Sämtliche Attacken des massigen Feuerigels verpufften wirkungslos. Gelangweilt holte Zippo mit seinem Schwanz aus und fegte seinen Gegner von den Beinen. Dann schwang er sich in die Luft und bereitete einen finalen Schlag vor. Die siedendheiße Feuersbrunst, die das hilflose Tornupto daraufhin verschlang, nannte sich schlichtweg Höllenatem.

Eine Bewegung erhaschte meine Aufmerksamkeit. Ich wich dem Megahieb der verunstalteten Kröte aus, als ob ich nie dagewesen wäre, und fertigte das verwirrt ins Leere gestolperte Impergator mit einem Ring aus knisternder schwarzer Elektrizität ab, der sich erbarmungslos um dessen Körper legte.

Hinter mir krachte laut der Donner eines Einschlags, als die beiden Xatus schlaff zu Boden fielen und sich kurz darauf in Staub verwandelten. Sparky grinste zufrieden, Funken aus den silbernen Elektrobäckchen sprühend.

Ich sah mich kurz um. Keine Verluste. Rocko gab seinen Pokémon gerade ein paar Tränke und ich folgte seinem Beispiel bei Snienel. Die anderen Vier konnten sich selbst regenerieren. „Schauen wir mal, ob wir den Mädchen helfen können. Hier ist nichts mehr zu tun", stellte ich mit einem grimmigen Blick fest. Keine Menschenseele war mehr hier und auch die Tanks, wo sich zuvor noch Dämonenpokémon befanden, waren leer...

Traumsequenz II (Misty)

Schwärze, Kälte, Schmerz, Trauer, eine geschundene Seele, ein blutendes Herz, die Wärme der Sonne, der duftende Geruch von frischen Gras, das leise, beständige Rauschen eines Flusses... Moment! Das paßte nicht ganz zusammen, oder?

Vorsichtig öffnete ich die Augen und blinzelte, bereute es aber gleich wieder, als die hellen Sonnenstrahlen meine Augen berührten, und schloß sie gleich wieder. Was war nun? Noch ein Traum? War es nicht schon genug gewesen? Aber zwei hintereinander? Vielleicht war das ja echt. Doch würde ich es nicht ertragen können, wenn es wieder nur eine Illusion wäre. Vielleicht... Vielleicht war ich auch wirklich tot und das war das Leben danach.

„Misty?" flüsterte eine leise, bekannte Stimme, die einen Schauder meinen Rücken herunterschickte. Diesmal öffnete ich etwas behutsamer die Augen und ließ sie sich an das grelle Licht gewöhnen. Jemand hatte sich über mich gebeugt. Es war... Es war Ash! Instinktiv rutschte ich von ihm weg und war überrascht, daß mein Körper mir widerstandslos gehorchte.

„Hey, was ist?" Ash machte Anstalten mir zu folgen aber ich stoppte ihn. „Komm nicht näher!" warnte ich verängstigt. Er blieb stehen und sah mich verständnislos an. „Ich verstehe nicht, Misty... Was hast du denn?" Die Erinnerungen an das vorangegangene, traumatische Erlebnis spukten immer noch in meinem Kopf herum und verdeckten meinen Blick für die Realität – oder was man so Realität nennen mochte.

Zitternd wich ich immer noch rutschend zurück. „Laß mich in Ruhe. Hast du mich nicht schon genug gequält?" Seine kalten Worte hallten in meinem Inneren wieder und in diesem Moment kamen die Worte nahezu mechanisch. „Du hattest recht. Ich bin wertlos und egoistisch. Ich habe dich nicht verdient. Geh und werde glücklich mit ihr aber laß mich endlich in Frieden sterben... Oder habe ich das auch nicht verdient?"

Geschockt starrte Ash mich an. Ungläubig schüttelte er sacht den Kopf und huschte an meine Seite. Ich wollte mich wehren, ihn wegstoßen, aufstehen und wegrennen aber er ließ mich nicht. Und als er mich sanft und beruhigend in seine Arme nahm, wollte ich nicht mehr. Zu angenehm war das Gefühl, zu groß das Verlangen nach der Wärme seines Körpers. Und doch nagte immer noch die Angst an mir und ließ Tränen meine Wangen herunterlaufen.

„Misty, Misty", flüsterte Ash, „wer hat dir so etwas nur eingeredet. Ich liebe dich, das weißt du doch. Und du bist auch nicht wertlos, auch nicht egoistisch... Nun ja, ein klein wenig vielleicht." Ich wußte nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Das war Ash, da war ich ganz sicher. Er stichelte schon wieder. Das konnte nur Ash sein, oder? „Aber du hast gesagt..." Zärtlich legte er mir einen Finger auf die Lippen und fuhr dann über meine Wange. „Nichts davon war wirklich. Es war alles nur Illusion. Aber jetzt ist alles vorbei." Unsicher sah ich auf und sah in diese sanften und zuversichtlichen Augen.

„Was ist geschehen?" wollte ich wissen. Mir war immer noch nicht klar, wo wir waren und wie wir hier hergekommen waren. „Missigno hätte es fast geschafft, was auch immer ES mit dir vorhatte, doch wir waren noch rechtzeitig da und konnten es vernichten. Wir sind jetzt in Sicherheit und Team Rocket wird uns auch nicht mehr stören. Die sind alle eingebuchtet." Er grinste etwas.

Ich sah mich das erste Mal richtig um. Wir waren in einer weiten Wiese, könnten glatt irgendwo in der Safari-Zone sein. Einige Taubsis kreisten über uns, nicht allzu weit entfernt plätscherte das Wasser eines vorbeifließenden Stroms. Der Himmel war Blau, nur einzelne, kleine Quellwölkchen zogen an der warm und beruhigenden hellen Sonne vorbei. Ein kleines idyllisches Paradies. Zu idyllisch, beschwerte sich ein kleiner Teil meines Unterbewußtseins, aber ich verbannte diesen Gedanken gleich in die unterste Schublade und verriegelte sie.

„Was... Was ist mit den anderen? Was ist mit meinen Pokémon?" wandte ich mich wieder an Ash, der geduldig abgewartet hatte. Er lächelte mich an. „Denen geht es allen gut. Du wirst sie bald alle wiedersehen. Deine Pokémon können es alle kaum erwarten." Erleichtert kuschelte ich mich mehr an Ash. Endlich war alles vorbei. Ich hatte schon nicht mehr dran geglaubt aber er hatte Wort gehalten. Ash war gekommen und hatte mich befreit, genauso wie er es versprochen hatte. „Ich liebe dich", hauchte ich ihm sanft ins Ohr.

Verwundert blickte ich auf, als Ash mich plötzlich sanft auf Armlänge wegschob und direkten Augenkontakt herstellte. „Jetzt wo das überstanden ist, möchte ich noch eines tun." Mein Herz klopfte. Was würde mich erwarten? Es konnte nichts Schlimmes sein, diesmal nicht. Aber was dann? „Also ich habe schon eine Zeit darüber nachgedacht und ich... also..." Verlegen zupfte er an dem Stoff seiner weißen Robe. Ash war verlegen? Das bedeutete, es mußte etwas Ernstes sein. Aber das Einzigste, was mir in dieser Situation einfiel war...

„Was ich versuche zu sagen, Misty, ist... Nun ich weiß, wir sind noch ein wenig jung aber..." Noch eine kurze Pause, dann halbwegs gefaßt: „Möchtest du meine Frau werden, Misty?" Tausend –  nein, Millionen von Smettbos schlugen Purzelbäume in meinem Herzen. Ich hatte mich kerzengrade aufgerichtet, bis auf den letzten Knochen paralysiert. „Ich.. Ich..." stotterte ich. Ash kniete weiterhin, hatte nun aber wie aus dem Nichts einen wunderschönen goldenen Ring mit einem funkelnden Diamanten in der Hand und sah erwartungsvoll zu mir auf.

Ich war wie gelähmt von der Situation, brachte jedoch irgendwie den Mut auf meine Hand nach seiner auszustrecken und leise zu flüstern: „Natürlich..." Ash ergriff meine Hand und streifte den Ring über meinen Ringfinger.

In jenem Moment durchflutete mich etwas Seltsames. Etwas, was ich schon einmal gespürt hatte, in einem der Träume. Das Gefühl war diesmal aber anders. Sanfter, angenehmer – mir kam nie in den Sinn es auf meine momentane Gefühlslage zu schieben. „Hab keine Angst", sagte Ash und stand auf, unsere Gesichter nur Millimeter voneinander entfernt. „Es ist wunderbar. Du wirst sehen." Ich gab jeglichen Widerstand auf und ließ die Energie meinen Körper durchfluten. Unsere Lippen näherten sich zu einem Kuß, der unsere Einheit besiegeln sollte. Nur noch ein wenig näher...

(Giovanni)

Fasziniert betrachtete ich das Schauspiel. Ich wußte, was ES mit ihr tat aber die Wirkung war beeindruckend. Es schien, als ob mein Plan hervorragen funktionierte. Die vielen Foltereinheiten taten, was sie tun sollten, und sie war nicht mehr in der Lage Widerstand zu leisten.

Der schwarze Nebel hatte das Mädchen fast vollkommen eingehüllt. Plötzlich begann sie in einer arktischblauen Aura aus Wasser und Eis zu glühen. Die Fesseln gefroren und zersplitterten in der nächsten Sekunde. Jetzt schwebte sie einige Zentimeter über dem Boden, die Augen geschlossen. Ihre Augen waren geschlossen. Mysteriös begannen sich Wunden zu schließen, Verbrennungen einfach zu verschwinden, die Aura wusch durch die Einstichnarben von Giftinjektionen...

Einen Moment hatte ich Angst, es wäre tatsächlich ihre Kraft aktiviert durch IHREN Willen aber als langsam das Blau um ihren Körper sich trübte, begann ES immer weiter in sie einzudringen und mir war klar, daß es nun nahezu vollzogen war. Sie würde sich nun nicht mehr wehren können. Ein zufriedenes Lächeln umspielte meine Lippen...

Und dann brach das Chaos los. Sirenen heulten, Fußschritte waren auf der Ebene über uns zu hören. Der Klang von Explosionen, die ich irgendwo im Laborbereich zuordnete. Ich sah die Tür sich noch nicht einmal öffnend, als ein gewaltig grelles Licht jäh um uns herum explodierte und mich temporär blendete.

(Ash)

Der pure Horror erwatete mich innerhalb der Zelle. Es war mir nicht möglich gewesen, um die Ecke zu schauen, ohne zu riskieren entdeckt zu werden. Als ich nun eine blendende Lichtexplosion erzeugend um die Ecke und durch die Zellentür barst, erfaßten meine Augen blitzschnell die unglaubliche Situation.

In der Mitte neben einem halbgefroren Tisch stand ein Mann in einem roten Anzug, der von Mews Beschreibung her nur Giovanni sein konnte. Dieser hatte noch bis eben faszinierte in die Mitte des Raumes gestarrt, wo SIE war. Misty. Der Anblick erschütterte mich. Sie war nahezu leichenblaß und von Wunden übersät, auch wenn sich diese langsam schlossen. Ich wollte gar nicht wissen, wie sie zuvor ausgesehen hatte. Eine blaue Aura schimmerte um ihren Körper, doch wurde zunehmend von der Schwärze getrübt, die fast vollständig mit ihr verschmolzen war.

Ich wußte instinktiv, daß ich keine Zeit zum Zögern hatte. Jetzt war schnelles Handeln angesagt, In einer flüssigen Bewegung, kam ich zum Stillstand und erhob meine Hände, weiße Lichtenergie erzeugend. „Pikachu, Mew, helft mir!" Beide hatten ebenfalls innegehalten und zwängten nun ebenfalls Kraft in die winzig kleine Kugel. Ich zog meine Hände auseinander einen Bogen aus Licht formend und schleuderte diesen direkt auf Misty.

„LICHTLÄUTERUNG!" riefen wir alle Drei im Chor. Das Band explodierte über Misty in einer schimmernden weißgoldenen Kuppel, die sich über Misty schloß. Ich vernahm einen Aufschrei und kurz bevor sich die Kuppel über Misty schließen konnte, entkam ein Schatten dem Licht.

Die Kuppel flackerte fünf Sekunden um Misty und brach dann auseinander. Die Aura schimmerte noch einmal leicht, erstarb dann jedoch. Mit einem Sprung war ich bei ihr und fing ihren schwachen Körper auf. Ihre Augen blinzelten kurz. „Was...?" Zu mehr kam sie nicht, als ein unheimliches Zischen die Luft erfüllte und das Licht augenblicklich verblaßte, um einen unnatürlichen, schwarzvioletten Nebel zu enthüllen, in dem man, wenn man es so nennen wollte, zwei blutrote Augen entdecken konnte, es waren mehr schmale Schlitze.

„NEIN", zischte es und seine Stimme hallte durch die Gänge. Es war eindeutig rasend. Ein Blick zu Mew, die ungläubig und ängstlich zu dem schwarzen Nebel aufschaute, genügte mir, um dem Ding einen Namen zu geben.

„DU!" Mews Ausdruck schwang von Angst zu Wut um. „Du solltest überhaupt nicht hier sein!" Missigno lachte und es klang wie ein schrilles Kratzen von Fingernägeln auf Holz. „Glaubst du wirklich, euer kleines Gefängnis hätte mich ewig halten können, Kleine?" Die Augenschlitze verengten sich noch ein bißchen mehr, sofern das überhaupt möglich war und dann schwappte etwas auf uns herunter, was ich nur als eine absolut schwarze Decke aus Dunkelheit bezeichnen konnte. Mew konterte mit einem Schild aus Licht und brachte es mit großer Mühe fertig den Angriff abzuwehren.

Ich wollte nach Gluraks Pokéball greifen aber Mew schoß schon an mir vorbei. „LAUFT! Das hat keinen Sinn!" Ich wagte einen kurzen Blick in ihr Gesicht und schnappte mir Misty, die bis hierhin nur stumm das Ganze verfolgt hatte. Sie mußte immer noch unter Schock stehen. Mit einem Satz hechtete ich mit ihr in Richtung Gang, Pikachu zu meiner Rechten und Moty zu Mistys Linken. Ich stieß Misty durch die Zellentür und um die Ecke und wollte gerade folgen, als etwas mit meinem Rücken kollidierte und in mich eindrang.

„ASH!" Misty war scheinbar aus ihrer Halbtrance erwacht und fing mich auf. „Was ist?" Es fühlte sich an, als ob etwas durch jede Arterie meines Körpers strömte und ihn zunehmend lähmte. Wie eine Donnerwelle, nur innerlich.

Den beinah unerträglichen Schmerz ignorierend bemühte ich mich um einen festen Stand. „Weiter", hauchte ich. Sie schenkte mir einen kurzen, besorgten Blick, sprintete dann aber los. Alle meine Kräfte mobilisierend eilte ich ihr nach. Es fiel mir schwer Schritt zu halten. Langsam dämmerte mir bereits, was Missigno getan hatte, aber noch war ich nicht bereit nachzugeben. Wenn ich den Effekt nur lange genug abhalten konnte...

Mew flog voran. Den Aufzug beachtete sie gar nicht, sondern brachte einfach die ganze Wand mit einem machtvollen Psychoangriff zum Einsturz den Schacht freilegend, der nach oben führte. Ich würde nicht mehr in der Lage sein hochzuspringen, bzw. zu klettern und Misty in ihrer Verfassung schon gar nicht. Also blieb nur eine Möglichkeit.

„Bisasam, Rankenhieb! Zieh uns rauf!" Ich warf den Pokéball nach oben und Mew sorgte dafür, daß er auch etwas hatte, wo er landen konnte. Die oberen Fahrstuhltür brach auseinander und in einem Aufblitzen erschien Bisasam aus seinem Pokéball.

Wohl angetrieben von der Hektik in meiner Stimme fuhr er sofort seine beiden Ranken aus und zog uns schnell hinauf. Noch bevor wir richtig oben waren, beorderte ich Bisasan zurück und wir liefen weiter in Richtung der äußeren Mauern.

Einige Rockets waren unglücklich genug in unseren Weg zu kommen und wurden von einem Simultanangriff Mews und Pikachus eliminiert. Aber ich spürte, daß es nicht reichte. Als wir ungefähr die Hälfte des Weges hinter uns hatten, brach auch mein letztes innerliches Verteidigungsschild und das verfluchte Gift begann damit meine gesamten Körper zu paralysieren, nicht nur meinen Körper, sondern auch der Pool aus Licht war unerreichbar für mich.

Schwach fiel ich auf die Knie. Misty stoppte und kniete sich neben mich. Pikachu sah besorgt zu mir auf, sie wußte, was mit mir vorging. „Ash, was ist? Wir müssen weiter", drängte Misty. „Ich... Ich kann nicht", brachte ich hervor, meine Stimme schwankend. „Geh! Das Gift ist zu stark. Ich kann mich nicht mehr bewegen und in wenigen Minuten wird es hier nur von Wachen wimmeln", drängte ich.

Misty schüttelte panisch den Kopf. „Nein, ich laß dich nicht zurück. Nicht gerade jetzt!" Warum mußte sie stets so stur sein, sah sie nicht, daß es keine andere Möglichkeit gab?. Nein, natürlich tut sie das nicht. Sie hat gerade ein schweres Trauma hinter sich und gib es zu, Ash, du wärst genauso stur, beantwortete ich meine eigene Frage.

„Mist, hör zu. Du mußt jetzt gehen. Nicht einmal Mew könnte mich in diesem Zustand bewegen, selbst, wenn wir die Zeit dazu hätten." Mew, die mit Moty an der nächsten Biegung stehengeblieben war, nickte traurig. „Komm schon. Er hat recht", drängte Moty ungeduldig. Doch Misty schüttelte wild und wütend ihren Kopf und schlang beschützend ihre Arme um mich. „Nein, ich gehe nicht!"

„Misty, bitte..." Irritierte stoppte ich, als ihr Lachen mich unterbrach. Ich konnte dieses nicht besser beschreiben als verrückt. „Ha! Jetzt weiß ich, was hier vorgeht! Das ist alles nur ein weiterer Traum. Doch diesmal kriegst du mich nicht so leicht, hörst du!" schmetterte sie der Decke entgegen, Tränen flossen über ihre Wangen. „Wenn du glaubst, ich laufe jetzt weg, hast du dich getäuscht. Diesmal nicht. Jetzt werde ich nicht mehr weglaufen, mich nicht mehr in Selbstmitleid wiegen!" schrie sie nun hysterisch.

Oh, verdammt! Sie verlor vollkommen die Kontrolle. Was im Namen jedes heiligen Pokémons, das ich aufzählen konnte, hatte Missigno ihr angetan, daß es eine solch traumatische Reaktion hervorrief? Ich mußte etwas tun aber ich konnte mich kaum noch rühren. Flehend warf ich Mew einen Blick zu. Diese verstand sofort. Ich wußte, sie fühlte meinen Schmerz, körperlich so wie emotional, aber mit Erleichterung registrierte ich wie Misty ohne ihr Einwirken von mir weggerissen wurde, als Mews Augen aufblitzten. Misty versuchte sich zu sträuben aber ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr. „Nein! Laßt mich! Wir können ihn doch hier nicht zurücklassen!" schrie sie, als Mews Kontrolle sie veranlaßte sich abzuwenden und davonzulaufen, zuvor hatte ich ihr all meine Pokébälle zugeworfen.

Ich widerstand nur schwerlich dem Verlangen sie zurückzuhalten, besann mich dann aber eines Besseren. Innerlich mußte ich über die sadistische Ironie lachen. Da kam ich her, um Misty zu retten, um uns endlich wieder zusammenzubringen und den leeren Platz in meinem Herzen wieder zu füllen, nur damit ich selber dafür sorgen mußte, daß sie mir wieder genommen wurde. Zwar in Freiheit aber dennoch getrennt von mir. Ich verurteilte mich nicht als egoistisch für diese Denkweise, denn es war das, was auch Misty denken würde.

„Pikapi?" Ich sah hinunter. Pikachu hockte immer noch an meiner Seite. „Geh", flüsterte ich und es war nicht viel mehr als ein Krächzen. „Aber ich..." Mit einem scharfen Blick schnitt ich ihr das Wort ab. Irgendwie brachte ich einen energischen aber doch sanften Tonfall zustande. „Paß auf sie auf, ja? Ich verlasse mich auf dich." Sie schenkte mir einen kurzen, nachdenklichen Blick und nickte dann.

Gerade als sie sich zum Gehen abwandte, hielt ich sie noch einmal zurück. Erstaunlich, daß ich an so etwas noch denken konnte. „Frag Mew nach einem... einem Meisterzirkel. Damit könnten wir Missigno vielleicht schlagen." Pikachu nickte erneut knapp und hüpfte dann aus meinem Blickfeld...

Weit oben über der Safari-Zone (Misty)

Mich ganz fest an Arktos klammernd, warf ich einen Blick zurück. Nur mit knapper Not waren wir den Rockets entkommen und hatten es sicher in die Luft geschafft. Zapdos und Lavados hingen neben mir in der Luft, Moty und Mew hockten vor mir. Ich konnte ihnen nicht recht böse sein, obwohl ich es wollte. Sie hatten nur getan, was sie für richtig hielten.

Je weiter mich Mew durch die Gänge getrieben hatte, je weiter wir Ash zurückließen, um so mehr wurde mir bewußt, daß es kein Traum war. Nicht mehr eines dieser morbiden Kopfspielchen Missignos, keine Illusion einer seelischen Qual, sondern die Realität. Die reine, nackte und so fürchterlich bittere Realität.

„Chu..." Ich wandte meinen Kopf nicht zur Seite, als ich mit einer Hand Pikachus Fell kraulte. Stumm und leise sahen wir zurück auf die unter uns liegende Anlage, in der ich soviel Pein und Leid erfahren hatte. Und doch ließ ich nun das Wertvollste für mich da unten zurück. Am Liebsten würde ich umkehren aber es war zu spät.

Schon lang hatte ich aufgehört zu weinen. Jetzt blickte ich nur noch versteinert zurück und doch, irgendwie, löste sich eine kleine Träne, die auf Arktos eisblaue Gefieder tropfte und dort augenblicklich gefror. Gefror wie mein Herz bei der Erkenntnis, daß Ash fort war. Erneut von mir genommen. Das war die schmerzvolle Wahrheit, mußte ich feststellen.

Einige lose Haarsträhnen meines zerzausten, viel zu kurzen Haares bliesen in mein Gesicht, doch ich bemühte mich gar nicht sie wegzuwischen. Ash war fort. Und diese Wahrheit schmerzte mehr, als jeder körperlicher und seelischer Schmerz der letzten Tage.

(Erzähler)

*Lange Redepause* Ich bin nicht in der Lage etwas dazu zu sagen, als die drei majestätischen Vögel gegen die breiten Morgensonne mehr und mehr zu Schatten werden. Die helle Sonne, der blaue, wolkenlose Himmel, die idyllische, friedliche Atmosphäre bildete einen lachhaften Kontrast zu dem Drama, was sich gerade unter ihren Augen abgespielt hatte.

„Eine Wendung mit der wohl niemand – mich eingeschlossen – gerechnet hatte. Werden Ash und Misty je wieder zusammenfinden? Ich weiß es wirklich nicht, ich kann nur hoffen, daß die nächste Folge etwas mehr Hoffnung bringt..."

Anmerkungen des Autors

...

Ich glaube... Ich habe mich gerade selber sprachlos gemacht. Soeben habe ich die magische 10 Seiten-Grenze um fast zwei Seiten übertroffen und dabei war dieses Kapitel so rasend schnell fertig. Am Anfang ging alles etwas schleppend und ich dachte, ich hätte mich in den Kapiteln davor ausgepowert aber dem war zum Glück nicht so.

Im Gegensatz zur 16. Episode habe ich diesmal die Gefühle glaube ich auf Anhieb sehr gut getroffen und bin eigentlich auch sehr zufrieden damit, sowie mit fast der ganzen Episode. Kommen wir also zu den offenen Punkten, da dürfte sich einiges angehäuft haben.

Na, in Ordnung soviel ist es auch nicht. Erst einmal bin ich irgendwie sehr stolz auf die Hackerszene. Damit habe ich Duplica jetzt wirklich eine ganz persönliche Eigenschaft verpaßt, die rein gar nichts mit Pokémon Masters zu tun hat. Hat euch die Idee auch gefallen? Was Ditto als Porygon da gemacht hat, ist nicht mit der hierzulande nicht ausgestrahlten Animeepisode zu vergleichen. Selber habe ich die Folge zwar nie gesehen aber die eine und andere Zusammenfassung gelesen. Mir schien das etwas unrealistisch, also habe ich meine eigene Variante erfunden.

Für jeden, der der Meinung ist, ich würde das Abschlachten der Dämonenpokémon etwas herzlos schreiben, war Sabrinas Szene gedacht, Diese Fic ist schon lange nicht mehr Eitelsonnenschein wie ihr wohl schon festgestellt habt. Ich schreibe nichts wirklich Schlimmes oder Brutales aber es wird zunehmend realistischer oder ist es besser gesagt schon.

Diesmal habe ich mir eine genauere Beschreibung der Mutationen gespart, da das wahrscheinlich den Rahmen dieses Kapitels vollkommen gesprengt hätte.

War noch irgend jemand überrascht von Missigno? Nun einige vielleicht. Eigentlich war es nicht allzu schwer herauszufinden. Zugegeben bin ich nicht unbedingt der Erste, der sich an Missigno bedient. Ja, Pokémon Masters tut das auch aber ja nur kurz und in einem Teil. Ich versuche wie immer nichts schlichtweg zu kopieren.

Seid ihr überhaupt noch in der Lage diese Anmerkungen zu lesen nach dieser megalangen Episode? Ok, ich hör dann auf. Habe glaube ich auch nichts mehr zu sagen. Außer, daß ich schon an einem kleinen Pokédex für die neuen Pokémon und Attacken arbeite, der braucht aber wohl noch etwas (länger).

Ja ne, euer

Matthias

The Final Step to the Master©2000-2002 by Matthias Engel

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