The Final Step to the Master
Episode 29
(Erzähler)
„Auf der Suche nach dem geflüchteten Dämon hatten sich die acht Meister auf den Weg zum Pokémon Turm in Lavandia begeben. Dort fing Missigno sie in ihren eigenen Alpträumen. Während Richie, Sabrina, Lara, Erika und Rocko bereits aus ihren Scheinrealitäten entkommen sind, fehlt bisher immer noch jede Spur von Ash und den beiden Schwestern. Was war ihnen wiederfahren und würden sie es rechtzeitig schaffen ihren Freunden im Kampf mit Missigno beizustehen?"
Lavandia, Pokémon Turm (Moty)
Ich fühlte mich mehr als unwohl und das lag nicht nur an dem Gemäuer und der herben dämonischen Ausstrahlung. Nein, es lag auch an der Tatsache, daß immer noch jede Spur von unseren Trainern fehlte, von Misty ganz zu schweigen. Dazu kam, daß sich Vulpix und Sparky bereits unter harten Protest von uns getrennt hatten und somit neben Pikachu und mir nur noch Simsala und Ditto bei uns waren, wobei ich nicht leugnen wollte, daß ich mittlerweile gewillt war den anderen beiden zu folgen.
„Es kommt jemand", stellte Simsala fest und seine Reaktion zeigte mir genau, wer dieser Jemand sein würde. Tatsächlich gesellten sich Sabrina und Sunny kurz darauf zu uns, gefolgt von einem ständig lachenden Alpollo. Nur kurz darauf kamen auch Richie, Shadow und Sparky hinzu, mehr oder weniger dicht gefolgt von Rocko mit Vulpix und einem ebenso lachenden Nebulak.
„Hat jemand die anderen gesehen", fragte Richie ohne Umschweife, Sabrina schien etwas unkomfortabel und griff schnell nach seiner Hand. Er schenkte ihr einen überraschten Blick, schwieg jedoch. „Nein", entgegnete Rocko. „Aber ich glaube, die kommen schon zurecht." Sabrina nickte, jetzt etwas beruhigter. „Ich kann Erika spüren und Lara glaube ich auch, sie sind bereits auf dem Weg." Kein Wort von Misty. Ich seufzte.
Finale III – Das Ende des Kampfes
(Ash)
„Nett." Ich war in Alabstia – Korrektur, wir waren in Alabastia und zwar einem Alabastia vor der jetzigen Zeit. Mew und ich schlenderten bzw. schwebten die Straßen der kleinen Stadt herunter und hatten eigentlich keine Ahnung, was wir hier sollten. Missigno glaubte doch nicht wirklich, daß er mich nach seinem kompletten Reinfall damit noch kriegen konnte, oder? Interessanterweise schien ich aber nicht in der Lage die Barrieren dieser Realität zu brechen und zurückzukehren. Das beunruhigte mich, machte mir aber noch keine Angst. Wie gesagt viel konnte der Dämon uns beiden eigentlich nicht anhaben.
„Du kannst uns nicht hier rausbringen, oder?" Mew wollte etwas antworten, schwieg dann für eine Weile verwirrt. „Seltsam..." Ich hob fragend eine Augenbraue. „Ich war sicher, ich müßte jetzt etwas antworten wie: Es ist dein Traum. Aber... Ich fühle mich genauso gebunden an diese Realität, als hätte ich sie selbst geschaffen." Nachdenklich zog ich meine Stirn in Falten. Mir war klar, was Mew meinte. Doch war es möglich? „Du meinst wir haben denselben Traum?" Mew nickte. „Aufgrund besserer Erklärung würde ich sagen... Ja."
Ich musterte meine Wächterin aufmerksam. Natürlich konnte ich mich irren aber daran gemessen, was zwischen Mistys und meiner Gefangenschaft passiert war und ihrem Verhalten von gestern Abend an, war mir eine geringfügige Abwesenheit aufgefallen und eine leichte Distanz zu mir. Ich hatte vor Misty zu fragen, ob in der Zwischenzeit irgendwas passiert wäre, aber da wir nun schon mal festsaßen, entschied ich mich für den direkten Weg.
„Gibt es da etwas, was du mir sagen willst?" Mew traf die Frage wie erwartet aus heiterem Himmel und sie blinzelte ein paar Mal verwirrt. „Du bist etwas abwesend, so als ob du dir über etwas Gedanken machst und ich habe das Gefühl, es hat mit mir zu tun." Mew senkte den Kopf und man konnte deutlich erkennen, daß sie sich ertappt fühlte. „Du mußt es mir nicht sagen, wenn du nicht willst. Aber glaub bitte nicht, daß du mir was vormachen kannst." Was sehr schlecht ging, denn obwohl die empathische Verbindung mit Mew bei meiner Erweckung nahezu aufgelöst wurde, fing ich immer noch hin und wieder kleine Echos auf, die über eine übliche Wächter-Meisterverbindung hinweggingen. „Ich bin jedenfalls da, wenn du darüber sprechen willst."
Sie nickte dankbar und wir ließen das Thema für den Moment fallen. Zurück zur gegenwärtigen Situation. „Wohin", fragte sie. Für einen Moment überlegte ich. „Mein Haus."
Auf dem Weg dorthin fiel mir auf, daß dieses Alabastia nicht einmal so war wie zu der Zeit, als ich meine Pokémonreise angefangen hatte. Nein, es erinnerte mich mehr an meine frühe Kindheit, wo ich sechs oder sieben Jahre gewesen war, konnte aber auch noch viel früher gewesen sein. Vielleicht war ich hier noch nicht einmal geboren.
„Nun, versuchen wir's", riß Mew mich aus meinen Gedanken. Wir waren tatsächlich schon da. Mir war gar nicht richtig aufgefallen, daß der Weg so kurz war. Tja, ich war wohl doch mehr an das expandierende Alabastia gewöhnt.
Ich schenkte Mew ein kurzes Lächeln und trat an die Tür. Etwas fühlte sich nicht ganz richtig an. Aber wem machte ich etwas vor, es war normal, daß es sich nicht richtig anfühlte, es war ja auch nicht richtig. Zumindest nicht für uns. Wir gehörten nicht wirklich hierher. Auf das Schlimmste vorbereitetet und gewappnet mit den mentalen Warnungen mich nicht täuschen zu lassen, öffnete ich die Tür. Und starrte direkt in das kühle, emotionslose Gesicht Giovannis... Wie originell.
„Sie", stellte ich fest und bemühte mich meinen aufflackernden Zorn unter Kontrolle zu halten, ich glaube nicht, daß es besonders gut gelang. Aber wenn ich schon wütend war, dann konnte man das Feuer in Mews Augen nahezu sehen. Ich schickte sogleich ein paar beruhigende Gedanken. Mew war emotional anfälliger gegenüber Giovanni, selbst wenn es nur eine – sehr gute wie ich zugeben mußte – Illusion war. Und allein deswegen bemühte ich mich ruhig zu bleiben, irgend jemand mußte es ja.
„Kommt." Giovanni machte eine Geste mit der Hand, mit der er uns bedeutete ihm zu folgen und trat aus dem Haus. Ich glaube, er hatte kein bestimmtes Ziel, sondern ging einfach nur ziellos durch die Straßen. Für eine Weile ohne jegliche Worte oder eine einzige Reaktion, Mew und ich folgten, wir hatten eh keine bessere Idee.
„Ich möchte dir eine Geschichte erzählen, Ash", sagte er schließlich, immer noch ohne stehenzubleiben oder sich umzudrehen, dabei ignorierte er Mews Anwesenheit vollkommen. Ich verstand nicht, worauf er hinauswollte. Eigentlich war ich weniger gewillt mir seine Geschichte anzuhören, doch da ich eine gewisse Neugier nicht leugnen konnte, schwieg ich und wartete darauf, daß der ehemalige Verbrecherboß fortfuhr.
„Es war, als ich noch sehr jung war, etwas vor der Zeit, als du geboren wurdest. Bereits früh hatte ich begonnen meinen Traum von Macht und Reichtum umzusetzen. Team Rocket war noch jung und in der Planungsphase aber wir hatten uns bereits bewährt. Es lief gut und die Aussicht auf eine glorreiche Zukunft bestätigte mich nur in meinem Bestreben.
„Dann, eines Tages... Es war ein regnerischer Tag, schwere Stürme und Gewitter erschütterten das Land und die Inselregionen waren am Schlimmsten dran. Trotzdem, die Arbeit konnte nicht warten und so begab ich mich an diesem Tag wie geplant nach Zinnober um die Fortschritte des Mew Projektes mit eigenen Augen zu sehen."
Mew schauderte etwas bei der Erwähnung. Wir wußten beide, worauf Giovanni anspielte. Die Experimente mit Mews gefundener DNA und die Erschaffung Mewtwos. So sehr wir auch wußten, daß diese Ereignisse notwendig waren, so sehr schmerzte es aber immer noch, gerade Mew.
„Auf dem Weg zur Insel kam ich mitten in einen heftigen Sturm und verlor das Bewußtsein. Als ich aufwachte, fand ich mich auf dem Meeresboden wieder, ohne die geringsten Problemen zu atmen. Das Wasser um mich war Schwarz und dicht, ich konnte kaum etwas sehen. Dann hörte ich eine Stimme, SEINE Stimme. Sie versprach mir Macht und Kontrolle. Ich fühlte und wußte zugleich, sie konnte sie mir geben. Und das war, was ich wollte, Macht und Kontrolle, es war Musik in meinen Ohren. Und so brach ich das Siegel, so wie die Stimme es mich lehrte. Ich hatte ja keine Ahnung, was ich da tat. Doch zu dem Zeitpunkt war es schon zu spät..."
Ich war verwirrt, um es simpel auszudrücken. Worauf spielte er an mit seiner Selbstmitleidsrede? Mew schien seine Reue nur noch wütender zu machen, ich glaubte ihm kein Wort. „Was wollen sie, Giovanni? Glauben sie wirklich, ich nehme ihnen ihre Mitleidstour ab?" Giovanni zeigte immer noch keine Reaktion und gab auch keine Antwort.
Ich realisierte, daß wir im Kreis gelaufen und nun wieder bei meinem Haus angekommen waren. Er führte uns hinein und in Richtung der hinten liegenden Terrasse. Seit wann hatten wir eine Terrasse? Auf jeden Fall stoppte er vor der nach draußen führende Tür. Die Glastür erlaubte mir einen Blick nach draußen und ich sah meine Mutter mit einem Kind spielen... Das Kind war ich selbst, ungefähr in dem Alter wie ich bereits geschätzt hatte. Trotzdem konnte ich mich nicht erinnern jemals auf einer Terrasse mit meiner Mutter gespielt zu haben, jedenfalls nicht zuhause.
„Es ist eine Schande", begann Giovanni wieder. „Für wen weiß ich nicht genau. Aber es scheint dein Weg hat sich als der effektivere herausgestellt. Hätte ich das gewußt, vielleicht wäre ich dann bei euch geblieben." Jetzt verstand ich gar nichts mehr, worauf spielte er an? Draußen trat jemand zu meiner Mutter und meiner jüngeren Version, mein Unterbewußtsein stellte eine erstaunliche Verbindung her, doch war ich nicht sicher, ob es wirklich mein Unterbewußtsein oder nur ein Trick dieser Realität war.
Ich studierte den Mann eine Weile. Kurzes schwarzes Haar, aufrechte Haltung. Trotz des Altersunterschieds konnte ich die Verbindung schnell herstellen. Und sie ängstigte mich, wobei sie gleichzeitig meinen eigenen Zorn anstachelte. Was wollte der junge Giovanni von meiner Mutter und mir? An diese Begegnung konnte ich mich nicht erinnern.
Giovanni – der jüngere – schenkte Mom ein Lächeln und kniete sich dann hin um mir spielerisch durchs Haar zu fahren wie ein... Nein. Ich schüttelte rapide den Kopf. Nein, das war nicht möglich. Niemals, das würde ich niemals akzeptieren.
„Es ist eine Schande, daß zwei vom gleichen Blut sich so erbittert bekämpfen müssen. Du hättest ein mächtiger Mann werden können, mein Sohn." Der Damm brach schließlich und die ganze wohl behütete und aufgestaute Wut explodierte regelrecht.
(Mew)
Noch nie hatte ich meinen Schützling so furios gesehen, nicht mal während des Zwischenfalls in Saffronia kurz nach Mistys Gefangennahme. Die Geschwindigkeit und Brutalität, mit der Ash sich auf den designierten Verbrecherboß stürzte, war unheimlich und auf einem hohen Level beängstigend. Giovanni kam nicht einmal dazu den letzten Satz ganz zuende zu sprechen, als ihn ein definitiv nicht mehr kontrollierter Ash mit solcher Wucht gegen die nächste Wand hämmerte und dabei auf nichts in seinem Weg achtete, daß ich Angst hatte alleine die Berührung würde sämtliche Knochen in Giovanni brechen. Nicht, daß ich mich beschweren würde, doch das war der falsche Weg.
Erinnerungen schossen in mein Gedächtnis, während ich zusah wie Ash Giovanni wiederholt gegen die Wand hämmerte und ihn der Lüge bezichtigte – was die Fakten gegeben wohl auch berechtigt war.
(Rückblick)
Befriedigt sah ich zu wie die Vögel ihr Ritual durchführten. Die Aura des Lichtes, die sie kreierten war wohltuend und Balsam für meine Seele. Sogleich fühlte ich wie neue, unsagbar starke Kraft durch mich hindurchflutete, gespeist von der Reinheit, die diese Sphäre erschaffen hatte, die sich unscheinbar und schützend für den Moment über diesen Ort gelegt hatte.
Und dann, dann fühlte ich es, fühlte den Ruf und die Emotionen, fühlte wie sich meine empathische Verbindung zu Ash veränderte aber nicht wie erwartetet verschwand. Nein, sie wurde auf ein ganz neues Level gehoben, ein Level, das mir sehr wohl bewußt machte, was sich gerade vor meinen Augen abspielte. Die Erweckung eines Meisters, eines Meisters des höheren Elementes des Lichtes. Und dieser Meister war gleichzeitig... der Auserwählte.
Die Erkenntnis schockte mich zutiefst. Nie hatte ich in Erwägung gezogen, daß der Auserwählte und der Meister des Lichts ein und dieselbe Person waren. War ich nur zu ignorant gewesen? Hatte ich nicht wahrhaben wollen, was die Legende doch eigentlich deutlich herausstellte? Vielleicht war es das wirklich. Vielleicht wollte ich einfach nicht, daß Ash diesen schweren Weg beschritt, denn meine Gefühle für ihn waren schon immer stark gewesen und jetzt endlich konnte ich sie auch einordnen. Es war normal, daß ich so dachte, denn schließlich sorgte ich mich um ihn wie sich jede Mutter, um ihr Kind sorgte, auch wenn technisch gesehen dieser Begriff nicht ganz zutraf.
Doch gleichzeitig, gleichzeitig bestätigte diese Erkenntnis auch nur, daß es keinen Ausweg und kein Zurück mehr gab, hatte er einmal sein Schicksal akzeptiert – und ich wußte er würde. Ash Ketchum, Auserwählter, Meister des Lichts, mochte vielleicht in gewisser Weise mein Kind sein aber dieser Faktor setzte auch gleichzeitig sein Schicksal fest. Und ich wußte nicht, ob ich darüber lachen oder weinen sollte, um eine alte Menschenfloskel zu benutzen.
(Ende Rückblick)
Das Zerbrechen von Glas und berstenden Holz ließ mich aus meiner Erinnerung aufschrecken. Ash hatte seinen verbalen und physischen Angriff nicht ein bißchen zurückgedreht, eher noch ein paar Stufen erhöht. Und ob man es glauben will oder nicht, mit jedem Schlag, jeder Beleidigung, jeder Sekunde ausgelebtem Zorns, schien er diesen noch mehr anzufachen. Das Schlimmste war, daß Giovanni trotz der offensichtlichen, körperlichen Schäden kein einziges Wort sprach und mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht meinen Schützling in einer solchen Weise angrinste, daß er nahezu wahnsinnig wurde. Ich gehe hier lieber gar nicht ins Detail.
Das war falsch, mehr als falsch. Es war schädlich, für seine Seele und seine Gesinnung. Er zog an Kräften, die näher am Chaos lagen, als die Missignos selbst. Die Kräfte, die er benutze waren nicht mehr wärmend und reinigend, sondern brennend und verzehrend. Die negative Energie, die er dabei abgab war mehr als deutlich. Das mußte enden und ich wußte auch ganz genau wie.
„Du..." Schlag. „... vermaledeiter..." Tritt. „...Hurensohn" Ein Lichtblitz, der Giovanni mit einem Schrank kollidieren ließ, Ash war sofort wieder bei ihm und ein hellodernde Stichflamme hatte sich um seine rechte Faut geformt, bereit jeden Moment den entscheidenden Schlag auszuführen und er war mehr als bereit dazu. „Nach allem, was du uns angetan hast, wagst du zu behaupten du seihst mein Vater? Niemals, niemals werde ich das akzeptieren!"
„Ash", flüsterte ich eigentlich nur, das erste Wort seit wir Giovanni auf der Türschwelle zu Ashs Haus begegnet waren. Doch es ließ meinen Schützling, meinen... Sohn für einige Sekunden verwirrt innehalten. Er drehte sich nicht um, sagte nichts, anscheinend schien er gerade definitiv nicht in der Lage dazu. „Es gibt da etwas, was ich dir noch nicht gesagt habe", begann ich und nahm noch einen tiefen Atemzug. Ich wußte, daß würde eines Tages kommen müssen aber ich hatte mir einen ruhigeren Ort und Zeitpunkt gewünscht. Wem machte ich etwas vor, ich hätte wissen müssen, daß der Dämon das ausnützte und jetzt wußte ich auch, warum ich ebenso ein aktiver Teil dieses Traums war, denn dieser prüfte auch mich.
„Du solltest wissen, daß wie bei Misty und Duplica es auch bei dir nie einen leiblichen Vater gab", fuhr ich fort und registrierte erleichtert wie der Zorn langsam schwächer wurde und die Flamme in seiner Hand merklich flackerte. Nun, zum interessantesten Teil. Am besten war ich redete gar nicht lang drum herum. „Die Essenz, mit der du geboren wurdest... ist meine."
Ruckartig schoß sein Kopf herum, Zorn verschwunden, die Flamme erstorben und Giovanni vollkommen vergessen. Seine tiefen, blauen Augen trafen auf die meinigen und wir hielten den Blickkontakt für Momente, die wie Dekaden erschienen. Sein Blick war voller Fragen und der meinige voller Antworten, schimmernd mit den Emotionen, die nur eine Mutter für ihr Kind empfinden konnte.
Vorsichtig schwebte ich ein Stück nach vorne, ich hatte Angst vor seiner Reaktion aber sah, daß ich zu ihm durchgedrungen war. Bevor ich überhaupt reagieren konnte fand ich mich in einer festen Umarmung wieder. Einer Umarmung voll von geteiltem Verständnis und Zuneigung. Für einige Momente verweilte ich in dieser Position und genoß die angenehme Wäre, körperlich so wie in meinem Herzen.
Ich sah überrascht auf, als etwas Nasses auf mein Fell tropfte und stellte verblüfft fest, daß es Ashs Tränen waren. Er weinte, er weinte Tränen der Freude. Mein Herz schlug einen dreifachen Looping, nur um diesen gleich noch zweimal zu wiederholen. Ich fühlte meine eigenen Tränen und schämte mich nicht ihnen nachzugeben.
Endlich, dachte ich erleichtert. Endlich hatte ich meine eigene Angst überwinden können, die mich seit der Weihung plagte und vielleicht... ja, vielleicht konnten wir jetzt endlich eine Familie werden. In mehr als nur einem Sinne.
Nach einer Weile sah ich schließlich auf und sah mich um, Ash tat das gleiche, immer noch war kein Wort zwischen uns gefallen aber der stumme Ausdruck von Gefühlen war alles gewesen, was wir brauchten. Doch eines verwunderte mich schon. Wir waren nicht mehr in Ashs Haus in Alabastia, das hatte ich erwartetet. Was ich aber nicht erwartet hatte war, daß wir uns jetzt in einer anderen Stadt befanden. Und zwar in Azuria City...
(Pikachu)
So wie Sabrina es angekündigt hatte, dauerte es nicht lange bis Erika und Lara mit einem Gengar und der positiven Überraschung Ho-ohs und Celebis im Schlepptau zu uns stießen. Aber die Urwächter hatten uns ja auch versprochen im höheren Kampf zu uns zu stoßen. Doch immer noch weit und breit kein Zeichen von Ash, Misty und Duplica. Das beunruhigte nicht nur Moty, Rocko und mich. Wir waren uns alle im klaren darüber, daß wir Missigno nicht schaden konnten, wenn wir nicht alle zusammen waren. Insbesondere fiel ins Gewicht, daß die Drei insgesamt wohl die stärksten Mitglieder unserer Gruppe waren. Und so saßen wir in der Zwickmühle, denn einfach nur rumstehen und auf den nächsten Zug des Dämons warten, das konnten und durften wir auch nicht.
Tja, jetzt standen wir hier. Am Ende des Ganges, dem wir nach einigem Suchen wiedergefunden hatten, vor einer breiten und hohen Doppeltür, die laut Sabrina direkt ins Zentrum des Turmes führte. Das Problem war nur, wir wußten nicht, ob wir reingehen und uns stellen oder noch eine Weile warten sollten.
Wir stimmten ab, ohne Erfolg. Das Ergebnis war mehr oder weniger ausgeglichen und einige enthielten sich der Abstimmung oder konnten sich nicht recht entscheiden. So standen wir eine Weile unschlüssig da und diskutierten, Lara und Erika am lautesten. Langsam bekam ich Kopfschmerzen und ich wäre schon sehr erstaunt, wenn Missigno uns nicht gehört hätte, mit ihrer Zankerei hatten die beiden bestimmt bereits sämtliche Untote im ganzen Turm aufgeweckt.
Etwas streifte mich, ein Gefühl, ein Gefühl von unsagbarer Freude und Glück, irgendwie wußte ich, was geschehen war. Auf jeden Fall bedeutete das, daß Ash nicht mehr weit war. Das gab mir neuen Mut und Zuversicht. So faßte ich schließlich meine Entscheidung. Noch vor kurzem war ich wie Sparky für Abwarten aber ich war sicher auch er fühlte die steigende Macht auf der anderen Seite. Etwas braute sich zusammen, etwas großes. Wir mußten jetzt handeln und Zeit gewinnen bis Ash, Misty und Duplica zurück waren.
„Wir gehen", sagte ich schließlich. Nicht laut, sondern in einem relativ kontrollierten Ton wie viele der Meister es konnten. Das brachte mir sofort die nötige Aufmerksamkeit und brachte Erika und Lara endlich dazu ruhig zu sein. „Was auch immer Missigno vorhat, uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Ash wird bald kommen, das spüre ich, und er wird sicher nicht ohne Misty gehen, was wiederum Duplica mitzieht. Wir müssen jetzt handeln." Die Ernsthaftigkeit meiner Stimme schien zu allen durchzudringen. Richie nickte langsam und vorsichtig. „Okay, seid ihr alle bereit?" Niemand antwortete, es waren keine Antworten nötig, wir waren mehr als bereit.
Richie trat vor und stieß die Türen auf. Ein riesiger Saal grüßte uns, dessen Aufmachung definitiv rituell war. An vier Punkten des Saales, jeweils in eine Himmelsrichtung weisend, brannte jeweils eine farbige Fackel auf einem Sockel. Grün nach Norden, Gelb nach Osten, Rot nach Süden und Blau nach Westen. Kleinere Kerzen erleuchteten den Raum zwischen den Fackeln. Eine Art achtzackiges Pentagramm war auf dem Boden aufgezeichnet oder vielleicht war es auch nur magische Energie, das vermochte ich nicht zu sagen, und erzeugte einen schwachen, schwarzen Nebelfilm, der sich wie ein Kreis zusammenzog und immer dicker und dichter wurde. Und in der Mitte dieses Kreises hing ES. Er, unser schlimmster Alptraum, derjenige, der alles in Gang gesetzt hatte und dafür verantwortlich war, daß wir jetzt hier waren. Missigno.
„SEID WILLKOMMEN, MEISTER UND POKÉMON. EHRLICH GESAGT, ES WUNDERT MICH NICHT WIRKLICH, DAß IHR MEINEN UNTERTANEN ENTKOMMEN SEID ABER SIE HABEN IHREN ZWECK ERFÜLLT." Acht Kugel aus absoluter Schwärze erschienen an den Spitzen des Pentagramms und dünne Fäden von negativer Energie flossen auf Missigno über wie aus Garn, das sich ausrollte. „MEINE PHANTOME HABEN SEHR GUTE ARBEIT GELEISTET UND OBWOHL IHR EUCH BEFREIEN KONNTET, HABT IHR DOCH EIN AUSREICHENDES MAß AN ENERGIE ABGELIEFERT, UM ZUSAMMEN MEINEM ZIEL ZU DIENEN."
Daraufhin begann Missigno in einer Sprache zu sprechen, die mir vollkommen unbekannt war. Ich strengte meine Sinne an, um herauszufinden, was genau die Worte bedeuteten. Die Fackeln flammten hell auf und Energiestrahlen schossen von den Ecken des Pentagramms, trafen auf die Fackeln und begannen dann über die Kerzen sich rundherum zu ziehen. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag, ein ziemlich unangenehmer Schlag.
„Er versucht ein Tor zu öffnen", rief Sabrina über den Machtsturm, den der uralte Zauber zu erzeugen begann. „Ich dachte, er hat nicht genug Energie dafür, selbst mit dem bißchen, was wir abgegeben haben", schrie Lara zurück und schleuderte eine Flamme in den Ring aus Energie, der diese einfach aufsaugte. „Das ist richtig. Aber er hat nicht vor das Tor nur durch Energie zu öffnen. Er bringt ein Opfer dar, um die fehlende Energie zu ersetzen", erklärte Ho-oh, noch ziemlich unbeeindruckt von dem ganzen Spektakel. „Ein Opfer", fragte Rocko. „Was für ein Opfer?"
„Sich selbst."
(Duplica)
Ich saß auf einem Sofa, Misty neben mir und wir unterhielten uns lebhaft. Zwar hatte ich keine Ahnung, warum ich hier war oder wie ich hierhergekommen war, doch ich war glücklich und das allein zählte. Warum sollte ich auch nicht? Ich war mit meiner Schwester und meiner Familie zusammen, so wie ich es immer gewollt hatte, so wie es immer gewesen war, nicht wahr?
Aber doch, doch war ich beunruhigt und ich versuchte mich fieberhaft daran zu erinnern, warum ich beunruhigt war. „Glaubst du sie haben sich wieder gefetzt?" Ah ja, genau. Das alte, leidige Thema unserer Eltern. Es schien sie kamen nicht mehr so ganz miteinander zurecht und es half nicht gerade, daß sie sich um fünf Mädchen gleichzeitig kümmern mußten. Es hatte schon einige Male heftig gefunkt – im negativen Sinne – und Lily hatte die beängstigende Möglichkeit einer möglichen Scheidung und der Trennung von uns Fünf geäußert...
„Ich weiß nicht", antwortete ich meiner Zwillingsschwester schließlich. „Ich hoffe nicht." Zwar wollte ich nicht von irgend jemanden getrennt werden aber zumindest würden wir beide immer zusammenbleiben. Da war ich sicher und hatte auch gar keine Zweifel.
„Ich hoffe, du hast recht. Sie sind immer noch nicht zurück." Daisy, Violet und Lily waren mit Mom und Dad weggefahren, um wie sie es ausdrückten „einige Dinge zu klären". Wir mochten zwar noch jung sein aber das hieß nicht, daß wir blöd waren. Es war ziemlich eindeutig, was diese Dinge waren. „Das klappt schon", meinte ich aufmunternd und ließ meine heitere Persönlichkeit durchscheinen um die mich Misty so beneidete. Seit der frühesten Kindheit waren wir ein Herz und eine Seele gewesen, was natürlich normal für Zwillinge war. Natürlich wußten wir, daß unsere anderen drei Schwester immer etwas neidisch auf uns waren.
„Na, du hast wohl recht... Hey, ich hab eine Idee. Warum gehen wir morgen nicht runter zum Meer und besuchen den alten Bill am Leuchtturm? Vielleicht hat er wieder ein paar neue Pokémon entdeckt und ich möchte ein bißchen angeln", schlug Misty vor. Ich nickte enthusiastisch. Es bereitete mir immer große Freude die neuesten Entdeckungen des Pokémonforschers zu studieren. Noch wußte ich nicht genau, was ich machen wollte, aber im Gegensatz zu Misty und den anderen Dreien lag mein Interesse nicht so sehr bei Wasserpokémon.
„Sicher, das hört sich gut an." Die Stimmung war wieder fröhlich und vergessen das bedrückende Thema. Wir wußten nicht, daß die gemachten Pläne nach diesem Abend nur noch Schall und Rauch sein würden...
(Misty)
Sie kamen spät wieder an diesem Abend. Bereits beim Eintreten konnte ich deutlich die gefrorene Stimmung spüren, die Temperatur im Raum fiel bestimmt um zehn Grad oder mehr. Es sah definitiv nicht so aus, als ob Mom und Dad ihre Streitigkeiten beigelegt hatten. Dem bedrückten Blick meiner Schwestern nach zu urteilen, schien es eher, als ob Lilys Befürchtung sich bestätigen würde. Instinktiv ergriff ich die Hand meiner Zwillingsschwester und machte mich auf das Schlimmste gefaßt. Doch ich hatte mir nicht im Geringsten vorstellen können, was kommen würde.
Es begann alles relativ simpel. Abendessen, in gemeinsamer Runde aber belastender Stille, die wie eine Decke über dem Raum hing und uns jeden Moment ersticken konnte. Niemand sagte ein Wort für die Dauer des Essens und Duplica und ich tauschten immer wieder besorgte Blicke aus.
Schließlich, als alle fertig waren, räusperte sich Dad. Unser Vater war ein stattlicher Mann von durchschnittlicher Statur mit einem leichten Stoppelbart und stets einem leicht grimmigen Gesichtsausdruck. Er stellte das Glas ab, aus dem er gerade noch getrunken hatte, und ließ seinen Blick über uns alle schweifen bis er schließlich an uns hängenblieb. Ich schluckte hart und spürte wie Duplica sich augenblicklich anspannte.
„Eure Mutter und ich sind zu einer Entscheidung gekommen", kam er ohne Umschweife zum Thema. Ich wußte nicht, ob ich froh darüber sein sollte oder nicht. „Diese Entscheidung wird einige Opfer von uns allen verlangen", fuhr er fort. Ich schwieg und drückte die Hand meiner Schwester etwas stärker. „Ich denke, es ist kein Geheimnis für euch, daß eure Mutter und ich uns in vielerlei Hinsicht nicht mehr verstehen..." Er stoppte kurz, sah zu Mom rüber aber diese mied seinen Blick. „Ihr laßt euch scheiden", stellte Duplica trocken fest, was ich vermeiden wollte zu sagen, doch so wie wir es meistens taten beendete ich, „und ihr teilt uns auf." Für einen Augenblick schienen sowohl Mom und Dad, als auch unsere Schwestern erstaunt über unsere schnelle Schlußfolgerung.
„Ja", entgegnete Dad schließlich. „Das ist richtig." Soviel zu der Hoffnung auf ein gutes Ende. Irgendwie hatte ich geahnt, daß das heute kommen würde trotz Duplicas gutgemeintem Aufheiterungsversuch. „Die Entscheidung ist uns schwer gefallen aber es ist unmöglich für einen von uns alle fünf von euch zu versorgen. Aufgrund einiger Faktoren wie Alter und ähnliches, haben wir uns dafür entschieden, daß Duplica mit mir kommt, da sie ja schon öfters ihr Desinteresse an der Familientradition für Wasserpokémon geäußert hat und Maya wird sich währenddessen um Misty, Daisy..."
Ich ließ ihn nie ausreden. Während seinen Erklärungen waren Duplica und ich immer näher zusammengerückt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich gedacht nichts könnte uns je trennen aber nun... Nun packte mich... packte uns eine eiskalte Angst den anderen zu verlieren für wer weiß wie lange. Meine ansonsten gelassene Persönlichkeit schlug zu einem solch feurigem Temperament um, daß ich sicher war damit sogar Meerwasser verdampfen lassen zu können.
„WAS??? Seid ihr von allen guten Geistern verlassen? Ihr könnt das nicht einfach entscheiden, ohne uns vorher zu fragen! Niemand von uns beiden wird irgendwo hingehen, auf jeden Fall nicht ohne den anderen!" Duplica nickte nur, ich sah Tränen in ihren Augen glitzern und war selber nicht sicher wie lange meine Wut meine innere Zerrissenheit überdecken konnte. „Tut mir Leid, Mädchen. Es ist besser so, glaubt mir."
„Was weißt du schon?" schmetterte ich ihm entgegen und ignorierte den bösen Blick. Statt dessen wandte ich mich an Mom, die die ganze Zeit still dagesessen hatte. „Mom, sag du doch mal was dazu!" Sie senkte aber nur traurig den Blick und schüttelte den Kopf. „Das glaube ich einfach nicht! Habt ihr denn jedes Gefühl verloren?" Ich wollte einfach nicht wahrhaben, daß sie so herzlos sein konnten und gerade uns trennen wollten. Warum nicht Daisy, Violet oder Lily? Sie waren doch schon älter, ich gönnte ihnen das natürlich auch nicht aber trotzdem...
Dad war aufgestanden und würdigte uns eines langen, harten Blickes. „Die Entscheidung ist endgültig und darüber gibt es keine Diskussion." Mit diesen kalten, keine Widerworte zulassenden Worten, verließ er den Raum und ließ einen Scherbenhaufen zurück. Ein Scherbenhaufen, der einmal eine Familie gewesen war.
(Richie)
„HIMMELSRACHE!" Ein weiterer zerschmetternder Lichtdonner raste herunter und deckte Missigno ein, der davon ziemlich unbeeindruckt schien. Pikachu, Ho-oh, Celebi, Moty und Ditto hatten sich ohne Umschweife auf den Dämon gestürzt sobald klar war, was er vorhatte, verbunden mit der klaren Anweisungen, daß wir uns zurückhalten und unsere Energie sparen sollten. So sehr ich da mit Pikachu auch übereinstimmte, mochte ich es definitiv nicht hier tatenlos rumzustehen.
Ditto und Moty wechselten so oft ihre Form, daß ich aufgehört hatte mitzuzählen. Ich war sicher, daß war extrem kräftezehrend aber sie zeigten noch keine Anzeichen von Erschöpfung, jedoch galt gleiches für Missigno. Pikachu, Ho-oh und Celebi schienen einigermaßen standzuhalten und waren tatsächlich in der Lage den Dämon zumindest abzulenken, da er deren Attacken auch nicht ganz ignorieren konnte. Die starke Aura war etwas abgeebbt und das Ritual war für den Moment unterbrochen. Die Frage war nur: Für wie lange? Wo bist du, Ash? Wir brauchen dich hier.
Missigno streckte Finger aus dichtem schwarzen Nebel nach seinen Gegnern aus und Moty und Ditto waren nicht in der Lage auszuweichen. Hart prallten sie zu Boden und nur Simsalas schnelle Reaktion und der Aufbau einer Barriere schützte sie vor der nächsten Attacke. Die zwei Wächter und Pikachu hatten sich ebenfalls abgeschirmt, beziehungsweise mit einem Sprung in Sicherheit gebracht. Das würden sie nicht mehr lange halten und wir brauchten die Energie unserer Wächter und Partner ebenfalls. Was konnten wir noch tun?
„Wir müssen ihnen doch helfen", rief Lara frustriert über ihre eigene Untätigkeit. „Das hätte keinen Sinn. Alleine können wir nichts ausrichten", entgegnete Erika mißmutig. Vulpix und Simsala beteiligten sich jetzt am Kampf aber Missigno beachtete sie kaum. Er begann seine Beschwörung wieder aufzunehmen.
„Das ist doch unglaublich. Wir stehen hier rum und tun nichts", murmelte Rocko. Ich warf Sabrina einen Blick zu. Mir war eine Idee gekommen, wenn auch eine riskante. Doch vielleicht war es die beste Möglichkeit, die wir noch hatten. Missigno schien die Attacken kaum noch wahrzunehmen und die fünf Hauptangreifer brauchten unbedingt eine Pause...
„Was auch passiert, mischt euch nicht ein. Ihr müßt eure Kräfte sparen." Ohne auf eine Antwort zu warten sprintete ich los und katapultierte mich über den Ring aus negativer Energie hinweg. In einer flüssigen Bewegung hatte ich sowohl Zippo, als auch Happy aus ihren Pokébällen gelassen, Sparky und Shadow waren bereits an meiner Seite. Ich konzentrierte mich und erschuf eine elektrisch aufgeladene Kugel aus Schattenenergie. Mit voller Wucht warf ich sie auf dem Dämon, gefolgt von mittelmäßigen Attacken Shadow, Sparky, Zippo und Happys. Der Effekt war groß genug um Missigno wieder einmal von seiner Beschwörung abzubringen.
„WAS SOLL DAS WERDEN?" wollte der Dämon genervt wissen. „DU WEIßT DOCH GANZ GENAU, DAß DU MIR NICHT SCHADEN KANNST, SCHATTENMEISTER!" Ich schwieg, während meine drei Pokémon und ich einen Kreis um Missigno zogen. „Das vielleicht nicht, Dämon. Aber da unsere Kräfte nahezu identisch sind", erklärte ich und machte eine Geste, um eine weitere Attacke vorzubereiten, „können wir dich zumindest beschäftigen!" Und damit stürzte ich mich in den Kampf...
(Duplica)
Die Wellen krachten an die Bucht und erzeugten Mengen von Sprühschaum. Ich war nie sosehr angezogen aber Misty war stets eingefangen von dem Spiel der Wellen und der Freiheit, die das weite Meer ausstrahlte, so sagte sie zumindest immer. Genauso war es jetzt. So wie sie dasaß, die Beine über den Rand baumelnd und das fahle Mondlicht, das ihren Körper und insbesondere ihr Haar unnatürlich betonte, konnte man deutlich die Melancholie spüren, die auf ihr lastete. Genauso wie auf mir.
Schweigend setzte ich mich neben sie. Das war der letzte Tag, der letzte Tag, an dem wir uns für eine lange Zeit sehen würden. Wir hatten geredet, argumentiert, sogar einen sturen Boykott von allem und jedem angedroht aber unsere jetzt geschiedenen Eltern hatten sich nicht umstimmen lassen. Der größte Witz an all den Argumenten war wohl, daß sie ja noch so jung war und sich so einfacher in einer neuen Umgebung einfinden würde, anstatt Daisy, Violet oder Lily aus einem gefestigtem Umfeld zu reißen. Was bitte schön sollte daran einfach sein? Ich wollte nicht von Misty getrennt sein und sie nicht von mir. Und das, das würde es doch nur schlimmer machen. Sahen sie das nicht oder wollten sie es nicht sehen?
„Ich glaube, ich werde nicht mehr herkommen", meinte ich. „Zu viele Erinnerungen." Ja, dieser Ort hielt tatsächlich eine Menge Erinnerungen. Wir waren oft hergekommen. Bills Leuchtturm war sozusagen so etwas wie unser persönlicher Platz. Wir hatten hier eine Menge schöne Tage erlebt. Und jetzt... Jetzt sollte das alles vorbei sein? Heimlich hatten wir uns aus der Arena geschlichen und waren hierhergekommen, sozusagen, um Abschied zu nehmen.
„Ich werde das hier vermissen", hauchte Misty leise. Schweigend saßen wir eine Weile da und zum ersten Mal fiel auch mir die Schönheit und beruhigende Wirkung des Meeres auf. Es war, als ob es einen umarmen würde. Dieser Ort hatte mich schon immer beruhigt, doch hatte ich nie ganz verstanden warum. Ich glaube, jetzt tat ich es und jetzt... war es zu spät.
Es war unfair. Wir waren noch so jung. Zwei Kinder wie wir es noch waren sollten einfach noch nicht so schnell dazu gezwungen werden erwachsen zu werden. Die Welt war grausam und wir erfuhren es am eigenen Leib. Wenn es nur eine Möglichkeit gebe, das zu ändern. Aber... die einzigste Möglichkeit einer gemeinsamen Pokémonreise hatten unsere Eltern schon seit langem abgelehnt und die Situation würde daran auch nichts ändern.
„Hier." Ich sah auf. Misty hielt mir etwas hin. Es waren zwei kleine Ringe. „Wir wollen uns etwas versprechen. Was auch immer passiert, wir finden uns wieder, so schnell wie möglich." Zögernd nahm ich einen der Ringe und eine Idee formte sich in meinem Kopf. „Ich hab eine bessere Idee. Was auch immer passiert, laß uns einfach zusammenbleiben. Sie sollen erst mal versuchen uns zu trennen, das schafft nämlich so schnell niemand." Ich schenkte ihr ein selbstbewußtes Lächeln und meine neue Zuversicht strahlte gleich auf Misty ab. Es hatte mich eh gewundert, daß sie so schnell aufgegeben hatte, schließlich war sie der Sturkopf von uns beiden.
„Richtig. Sie können uns nicht trennen. Wir bleiben einfach zusammen und wenn sie es doch schaffen sollten, laufen wir einfach weg und treffen uns wieder hier und dann verschwinden wir gemeinsam. Uns kann so schnell nichts trennen." Ich nickte. Das klang gut und für Misty würde ich überall hingehen und alles tun, sogar ausreißen. Wer sagte wir könnten nicht selber auf Reisen gehen? Wir hatten genug Pokémon und Trainerkämpfe konnten sehr lukrativ werden.
Behutsam nahm ich Mistys Hand und streifte ihr den Ring über, Misty tat gleiches mit ihrem Ring bei mir und so war es besiegelt. Was auch immer morgen kommen würde, wir würden zusammenbleiben. So oder so.
„Laß uns hierbleiben", meinte ich. Sie sagte nichts, sondern kuschelte sich nur näher an mich ran. Das war mir Antwort genug. Sollte er doch kommen, der Morgen. Wir waren gewappnet.
Unbekannter Ort (Lugia)
Das Meer war unruhig, die Flora und Fauna meines Gebietes in regem Aufruhr. Ich konnte den Wind spüren, der oben herrschte, den heftigen Sturm und die unheilverkündenden, schwarzen Wolken. Es begann. Ich fühlte, daß es begonnen hatte. Das Ritual war an seinem Scheidepunkt. So wie es die alten Prophezeiungen vorrausgesagt hatten. Eine Stunde der Angst würde über die Menschheit kommen und in dieser würde sich dessen Schicksal entscheiden. Ich konnte nicht länger warten. Meine Anwesenheit wurde jetzt gebraucht, dafür existierte ich.
Zielsicher glitt ich zur Oberfläche und brach hindurch. Der Wind war noch stärker, als ich erwartet hatte, doch ich hatte keine Mühe ihm zu trotzen und so breitete ich meine Flügel weit aus und bewegte mich auf das Zentrum des Sturmes zu.
Lavandia, Pokémon Turm (Duplica)
Als wir früh am Morgen zurückkamen, wurden wir schon erwartet und wie erwartet waren unsere Eltern nicht sehr erfreut über unsere nächtliche Abwesenheit, um es milde auszudrücken. „Wo in aller Welt seid ihr gewesen? Wir..." begann mein Vater aber ich unterbrach ihn. „Ihr habt euch Sorgen gemacht, blah, blah... Ja, wissen wir. Spart euch den Unsinn." Definitiv machte Dad das sprachlos. „Wir waren am Turm, es war schon spät und wir haben draußen übernachtet, Bill hat uns ein paar Decken geliehen", fuhr Misty fort. Zum Glück war es Sommer und nicht so kalt zu dieser Jahreszeit. „Und", nahm ich den Faden wieder auf wie es sich für einen guten Zwilling gehört, „wir haben eine Entscheidung getroffen. Was auch immer ihr sagt, wir werden uns nicht trennen und ihr werdet uns nicht daran hindern."
*Kind...* Diese Stimme... Ich schüttelte den Kopf, das bildete ich mir nur ein. Ich sollte mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren und was unsere ach so allwissenden Eltern jetzt vorhatten. Wie erwartet waren sie nicht gerade begeistert von unserer Sturheit. Kinder, die nicht hörten, was man ihnen sagte, das waren die Schlimmsten – für Erwachsene. Das klang jetzt vielleicht etwas harsch aber in jedem Vorurteil steckt auch ein bißchen Wahrheit oder so.
„So ein Unsinn. Wir haben das bereits besprochen. Es ist das Beste für alle, wenn..." Diesmal war es Misty, die gegen ihre Mutter aufbegehrte, was diese überrascht etwas zurückschrecken ließ. „Das Beste?" spuckte sie die Worte nahezu. „Das Beste für eure kleine, heile Welt vielleicht aber denkt doch auch mal an uns. Was habt ihr denn erwartet, daß wir vor Freude in der Gegend herumspringen? Wir sind Schwestern, verdammt noch mal, Zwillinge, man darf keine Zwillinge trennen, habt ihr das nicht selbst einmal gesagt?"
*Kinder...* Wieder die Stimme. Etwas Vertrautes ging in mir vor. Ach... das war wohl nur der Streß. „Misty hat recht", schloß ich mich an und griff nach ihrer Hand, die ich beschloß nicht so schnell wieder loszulassen. „Nur, weil ihr unsere Eltern seid, habt ihr nicht das Recht so über unsere Zukunft zu entscheiden. Wir haben genug Möglichkeiten aufgezählt das Problem anders zu lösen."
Warum fühlte es sich plötzlich so seltsam an Mistys Hand zu halten. Etwas fehlte, etwas Wichtiges... Aber das war unmöglich, was sollte fehlen? Wieso fühlte es sich an, als ob sie nicht echt war? Wir waren seit gestern Abend nicht mehr auseinandergegangen. Trotzdem ich konnte meine Schwester nicht spüren. Nein, nicht körperlich, sondern auf einer... wesentlich tiefergehenden Ebene. Was dachte ich da eigentlich?
„Das reicht jetzt!" schnitt Dads Stimme scharf in meine Gedanken. Er war vorgetreten und griff jetzt nach Mistys Hand. Sie wollte wegziehen aber er war schneller, sie wollte sich ihm entwinden aber er war zu stark. „Nein, nicht." Er begann Misty von mir wegzuziehen. Dabei hatte er mich so überrascht, daß ich Mistys Hand losgelassen hatte. Ich stand für ein paar Momente perplex da, bevor ich zu ihr rübereilte und ihre freie Hand wieder ergriff.
„Genug jetzt! Benehmt euch endlich vernünftig und laßt los oder muß ich erst böse werden?" Ich ignorierte Dad vollkommen und hielt einfach nur die Hand meiner Schwester, nicht gewillt loszulassen. Vielleicht war ich egoistisch, vielleicht waren wir egoistisch aber wir wollten nicht getrennt werden, nie... Niemals!
*Meine Kinder...* Was? Meine... Kinder? Die Stimme war so warmherzig und... väterlich? Ich riß die Augen weit auf mit Erkenntnis. Ein Traum, alles nur ein Traum. Geschaffen von den Wünschen und Ängsten unseres Unterbewußtseins aber wenn wir offensichtlich beide diesen Traum... Ich schloß die Augen, konzentrierte mich auf die Verbindung, die wir teilten und verstand...
Zu Mistys Überraschung ließ ich ihre Hand los, wobei der Ring von meiner Hand rutschte. „Du bist nicht meine Schwester." Es war nicht nur meine Stimme, die das sagte, sondern es war auch Mistys. Aber nicht die von der Misty vor mir...
(Lugia)
Ich konnte sie nicht erreichen. So sehr ich mich auch anstrengte, ich war nicht in der Lage die Präsenzen meiner Kinder mehr als nur zu streifen. Was sie in ihrem Bewußtsein gefangenhielt, war stark, umarmend aber furchteinflößend zugleich. Sie schienen zu stark in ihrer Traumwelt gefangen, um zu erkennen in welcher Gefahr sie schwebten noch weiter hineinzugleiten.
Der Turm war nicht schwer zu finden gewesen. Die negative Energie und die gewaltige dämonische Ausstrahlung sprang einem regelrecht ins geistige Auge, sozusagen. Der Kampf war bereits im vollen Gange. Für einige Momente war ich in Versuchung einzugreifen aber entschied mich schließlich dagegen. Sie brauchten nicht mich, sie brauchten die restlichen drei Meister. Ich spürte, daß der Gefährte meines Kindes alleine klarkam aber sie und ihre Schwester waren bereits zu tief in ihrer Illusion gefangen.
*Meine Kinder...* versuchte ich es wieder über die telepathische Ebene und diesmal erhielt ich eine Antwort. Es war nur ein schwaches Echo, ein kurzer Einblick in die Situation aber ich verstand sofort. Mich an die schwache Schnur haltend, die mich jetzt mit der anderen Realität verband, folgte ich dieser und sandte im gleichen Moment einen scharfen, eindeutigen Ruf. *Wacht auf!*
Ein Licht blitzte vor mir auf und geleitete mich durch die Dimensionen, ich spürte wie die Illusion meinen Kindern langsam bewußt wurde. Geschafft, sie waren durchgebrochen, jetzt galt es nur noch sie sicher zurückzubringen. Und zwar schnell.
(Misty)
*Wacht auf!* Ich hatte Duplicas Hand losgelassen und verfolgte wie mir der Ring vom Finger rutschte und wie in Zeitlupe gen Boden fiel. Vater. Lugias Stimme hatte mich aus meiner Lethargie befreit. Dies hier war kein gewöhnlicher Traum, es war ein Kindheitstraum. Eine Kindheit, die wir nie gehabt aber uns sehnlichst gewünscht hatten.
„Du bist nicht meine Schwester." Ich spürte es, spürte die Lüge und die Illusion, spürte die Erkenntnis. Und ich spürte die größte Täuschung von allen. Das da vor mir war nicht Duplica. Nein, sie konnte es nicht sein. Aus dem einfachen Grund, weil ich sie nicht spüren konnte. Vielleicht verband uns noch keine so enge Verbindung wie Ash und mich, aber Schwestern, Zwillinge insbesondere, sollten in der Lage sein einander zu spüren, zumindest wenn sie einander ganz nah waren.
Versteht mich nicht falsch, ich spürte Duplicas Präsenz innerhalb dieser Illusion. Ich spürte ihre stark florierende Aura, die Mixtur aus Elementen aber ich spürte sie nicht in der Duplica vor mir, die gerade von ihrem Vater fortgezogen wurde und wie wild meinen Namen rief und an unser Versprechen erinnerte... Nein, das war nicht die Duplica, die ich spürte. Meine echte Zwillingsschwester war gar nicht weit entfernt von mir. Um genau zu sein, war sie sogar ganz nah bei mir oder noch besser sie war in mir.
„Du kannst nicht meine Schwester sein", sagte ich ruhig und ließ die Energie meines Elementes durch mich fließen. „Denn Misty/Duplica..." Es war seltsam dieser Mix aus unseren Stimmen, doch es bestätigte nur meine Vermutung. Ich bückte mich um den Ring aufzuheben, der zu meinen Füßen lag und drehte ihn zwischen meinen Fingern. Behutsam tastete ich nach der Präsenz meiner Schwester und in diesem Moment waren wir nahezu eins „... träumt dasselbe wie ich."
Etwas schepperte und zerbrach, ich meinte ein Aufschreien zu vernehmen. Nur am Rande bekam ich mit wie sich die Traumfiguren meiner Familie langsam auflösten und direkt vor mir, als ob sie aus meinem Körper herauskam... Nein, korrigierte ich mich, sie löste sich tatsächlich aus meinem Körper oder besser unser Bewußtsein trennte sich wieder... Ah, das war zu verwirrend. Zumindest standen wir jetzt voreinander und diesmal mit der Gewißheit, daß das wirklich die Schwester vor der jeweils anderen war.
Ich lächelte und sie lächelte zurück. Wir waren wieder in unserem normalen Alter, voll in Meisterrobe gekleidet aber wir waren immer noch in Azuria, was mich im Moment ehrlich gesagt kein bißchen störte. Normalerweise gar nicht meine Art initialisierte ich diesmal die Umarmung, Duplica ließ sich das natürlich nicht zweimal sagen.
Wir standen lange so da und schwelgten in Gedanken über den Traum und das, was uns diese Realität beinahe geboten hätte. „Es ist komisch", meinte Duplica ernst. „Wie dein sehnlichster Wunsch zu einem Alptraum werden kann." Ich nickte. „Ich... Wir hatten uns immer gefragt, wie es wohl gewesen wäre, zusammen in einer richtigen Familie ohne Sorgen und behütet aufzuwachsen." Wir hatten einen Einblick bekommen und für einen Moment hatten wir das gefühlt, was wir uns immer vorgestellt hatten. „Aber man kann die Vergangenheit nicht ändern. Die Umstände unserer Kindheit waren Schicksal. Und das Schicksal findet immer seinen Weg, wir müssen das akzeptieren und aufhören in der Vergangenheit zu leben."
Duplica hatte meine Hand genommen, so wie in dem Traum am Leuchtturm. Erst jetzt fiel mir auf, daß die beiden Ringe immer noch da waren. Irgendwie spürte ich, daß sie nicht mehr mit dieser Scheinrealität verbunden waren. Jedenfalls jetzt nicht mehr. „Laß uns ein neues Versprechen machen", meinte Duplica. „Wir wollen uns versprechen, daß, was auch immer passieren mag, wir ab jetzt immer zusammenbleiben und uns nie wieder trennen werden." Mit einem Funken von Spaß in ihren Augen fügte sie an: „Unsere Jungs natürlich ausgenommen."
Ich lachte offenherzig. Es war kein Kichern, mehr ein befreites Lachen, nicht übertrieben. „Das klingt gut." Wir vollführten den Austausch erneut, wobei ich nicht mehr wußte, welcher Ring ursprünglich wem gehörte, und lächelten uns wieder an.
„Dann können wir ja jetzt gehen." Für einen Moment war ich verwirrt. Ich hatte ihn gar nicht kommen gespürt aber das war eindeutig Ashs Stimme und jetzt, wo ich mich konzentrierte, gab es keinen Zweifel mehr. Aus dem Schatten eines Haus trat Ash hervor in wehender Meisterrobe, Mew über seine Schulter schwebend.
(Ditto)
Es klappte nicht so gut wie Richie sicher gehofft hatte. Sicher, zu Beginn waren er, Sparky und die anderen in der Lage den Dämon voll beschäftigt zu halten aber auch ihre Kräfte schwanden mit der Zeit, während Missigno aus einer scheinbar unendlichen Kraftquelle sog. Das Portal war fast aufgebaut und er war unzertrennlich damit verbunden, was ihm nahezu unendliche Kraftreserven gab. So sehr sich Richie und die Pokémon auch anstrengten, es schien sinnlos.
Woher ich das so genau wußte? Nun die Form eines Mews war definitiv hilfreich. Ja, ich hatte es tatsächlich geschafft ein Mew zu imitieren. Nicht ein simples, psychisches Mew, sondern durchaus in der Lage eine limitierte Ansammlung an Lichtkräften zu beherrschen. Trotzdem das war ermüdend – mehr noch als mehrere Dutzend Formwechsel hintereinander – und so sehr ich auch gereizt war ein Mewtwo zu versuchen, ich glaubte nicht, daß ich in der jetzigen Lage das überleben würde.
Es war wirklich Zeit, daß Ash, Misty und Duplica auftauchten. Richie und wir Pokémon konnten unsere Kräfte nicht noch mehr überstrapazieren. Noch ein bißchen mehr und wir konnten unseren alten Plan begraben und damit auch unsere Hoffnung den Dämon zu besiegen. Soll heißen, wir saßen in einer argen Zwickmühle mit keinem Ausweg. Auf der einen Seite durften wir Missigno nicht fortfahren lassen mit dem Ritual, das sich dem Ende nährte, andererseits durften wir auch nicht zuviel Kraft verwenden. Echt keine tollen Aussichten.
„UGAD MACROI EBIDAR!" Die sonst leise, eindringliche und zischende Stimme Missigno donnerte förmlich durch die Luft. Das Feuer der Fackeln schoß gen Himmel und die negative Ausstrahlung traf mich so hart, daß ich mich augenblicklich zurückverwandelte. Ein wahrer Orkan brauste durch den Saal und die vier zurückhängenden Meister hatten Mühe aufrecht zu stehen. Teile der Wände begannen zu bröckeln und Risse zu zeigen unter dem großen Druck.
„TOTUM AGARES IRS!" Ich glaube nicht einmal Pikachu und Sparky zusammen konnten so einen lauten Donner kreieren. Es rang noch Minuten später in meinen Ohren. (Anm. des Autors: Ditto hat Ohren? Äh...) Der ganze Turm wackelte bedenklich unter der Erschütterung des Einschlags und brach schließlich vollkommen um uns auseinander. Der ganze Raum schien beschützt vor dem einstürzenden Gemäuer um uns herum.
„ES IST SOWEIT! JETZT WIRD DIE WELT UNS GEHÖREN!" Der Himmel war übersät von pechschwarzen Wolken, Blitze zuckten überall, in der Ferne waren die hohen Wellen des Meeres zu sehen, so hoch wie sie sicher noch nie gewesen waren. Tiere flohen in wilder Panik, ich konnte Menschen in der Stadt schreien hören und in ihren Häusern Schutz suchen. Direkt über dem ehemaligen Turm breitete sich ein riesiges Portal aus, eine Mischung aus Schwarz, Blutrot und Dunkelblauviolett.
„NEHMT MICH ALS OPFER UND KOMMT, KOMMT UND ÜBERSÄT DIESE WELT MIT DEM SCHRECKEN DES CHAOS!" Man konnte sagen Missignos Stimme war nun nahezu verrückt, schrill und hoch, voller Erwartung und beinah kindlicher Freude. „QUANTO CARTI..." Ein greller Lichtblitz stach durch die Dunkelheit und brachte mit sich einen letzten Funken Hoffnung. Die Silhouetten von drei Menschen und zwei Pokémon erschienen darin. „Das ist genug, Missigno, dein Spiel endet hier!"
(Ash)
Ohne größere Hast trat ich aus dem Schatten des Hauses heraus, von wo aus ich die emotionale Szene zwischen Misty und ihrer... Schwester – es fühlte sich immer noch merkwürdig an das allein schon zu denken – beobachtet hatte.
„Ash!" Ich war kaum in der Lage mich auf den Beinen zu halten, als sich Misty in meine Arme warf. Für einen Moment gab ich mich dem geborgenen Gefühl der vertrauten Zweisamkeit hin. Ich fühlte wie sie nach dem Zentrum unseres Bandes griff und eine Welle von Emotionen hindurchschickte. Der kurze Kontakt schien ihr von den frischen Erinnerungen noch aufgewühltes Bewußtsein zu beruhigen und auch ich begann mich etwas zu entspannen. Wir würden diese Ruhe brauchen für das, was jetzt unweigerlich kommen würde.
Schließlich blickte ich auf und sah Duplica lächeln. Ich achtete nicht auf ihre neckenden Gesten, irgendwie wußte ich, daß sie nicht wirklich eifersüchtig war. Es war komisch... Jetzt, da beide hier waren, schien ich auch ein paar von Duplicas Emotionen durch die Verbindung zwischen mir und Misty aufzufangen. Ich hatte zwar ähnliches erwartet aber nicht, daß es so schnell gehen würde.
„Wie bist du hierhergekommen? Ich dachte, das wäre allein unser Traum oder wie man es auch immer nennen mag?" Misty löste sich aus der Umarmung, hielt aber weiter meine Hand – nicht, daß ich mich beschwerte. „Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Mew und ich waren gerade mit unserem Traum fertig, da fanden wir uns hier wieder." Ich tauschte einen langen Blickwechsel mit meiner... Mutter aus. Vielleicht nicht der exakte Begriff aber das reichte für mich im Moment.
Als Giovanni angedeutete hätte er wäre mein Vater... Ich hatte keine Ahnung, daß ich einmal je so die Kontrolle verlieren würde. Früher vielleicht, als ich noch jung war, voller Ideale. Das war ich jetzt auch noch aber eigentlich hatte ich mich für ruhiger gehalten. Immerhin hatte ich Missignos Behandlung auch unbeschadet überstanden – wenn auch unter großer Anstrengung.
Doch Mews plötzliches Geständnis hatte mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Für einen kurzen Moment nur hatte ich die verzehrende Energie des Chaos gekostet. Das alleine reichte mir schon. Dafür war ich nicht geschaffen. Mew... Mutters Ehrlichkeit hatte das Feuer des Zorns in mir erstickt. Nein, böse oder so etwas war ich ihr nicht. Ich glaubte ihr, daß sie nicht gewußt hatte, daß ich ihr Sohn bin, sozusagen. Das Ganze mußte für sie fast schon mehr eine Prüfung gewesen sein, als für mich. Die Ungewißheit und die innere Zerrissenheit. Ich würde es wohl erst vollkommen verstehen, wenn ich selber Kinder hatte. Für den Moment war ich einfach nur glücklich. Mit Mew hatte mich die ganze Zeit ein enges Band verbunden. Sie war mir als sozusagen zweite Mutter tausend Mal lieber als jeder möglicher Vater dieser Welt, der uns wegen irgendwas verlassen hatte.
„Wahrscheinlich hat deine und Ashs Verbindung einfach nur den jeweiligen Partner gesucht und schließlich hierhergebracht", sagte Mew – ja, ich würde vorerst dabei bleiben, es wäre einfach merkwürdig meine Wächterin Mom zu nennen – und brachte mich damit zurück in die relative Wirklichkeit.
„Das ist richtig." Wir sahen alle auf, als ein silberblaues Licht begann sich in die Gestalt eines großen Vogels zu formen. Die Umrisse wurden deutlicher und es war nicht mehr schwer zu erkennen, daß das Lugia war, wenn Misty und Duplica ihn sicher auch schon an der Stimme erkannt hatten. „Das Band der Auserwählten geht über die Gesetze der Realität hinaus. Euer Wunsch nach Nähe und Trost hat euch wieder zusammengeführt", erklärte der weise Wächter. Er schenkte seinen beiden Kindern ein wehmütiges Lächeln und senkte den Kopf. „Es tut mir Leid, daß ich nicht in der Lage war euch besser zu helfen. Doch muß ich zugeben, daß ich stolz auf euch bin. Ihr alle Drei habt es geschafft alleine durch eure Gefühle und gegenseitige Liebe die Phantome des Dämons auszulöschen."
Phantome des Dämons? Ich verstand plötzlich. Missigno hatte aus unseren Träumen Energie gewonnen. Sowohl aus der Sorglosigkeit, die einige Situation darstellte, als auch aus der Angst, dem Zorn und all den negativen Gefühlen. Um so mehr bereute ich es so sehr die Kontrolle verloren zu haben. Trotzdem, warum das alles, wenn er doch eh nicht...
Die Erkenntnis traf mich wie ein Donnerschlag. Mich zur Ruhe zwingend schloß ich die Augen und griff über die Grenzen der Realitäten hinaus. Deutlich spürte ich, was vor sich ging. Die Kämpfe, die Erschütterung im Gleichgewicht. Sie brauchten uns und sie brauchten uns schnell. „Wir müssen jetzt gehen", sagte ich, umfaßte Mistys Hand stärker und griff mit der anderen nach Duplicas. Diese akzeptierte und griff mit ihrer freien Hand nach der ihrer Schwester und so bildeten wir einen Kreis. Lugia und Mew schwebten etwas über uns.
Es war ein stummes Verständnis. Niemand brauchte irgendwelche Erklärung. Verbunden in dieser Einheit fühlte jeder es deutlich. Die Welt stand am Rand einer Klippe und wir wurden gebraucht, damit sie nicht in den Abgrund stürzte.
Energie begann um uns herumzutanzen, unsere Auren begannen in eine zu verschmelzen und bildeten eine Kuppel aus regenbogenfarbener Energie. Die Umgebung verschwamm protestierend aber unfähig der freigesetzten Energie zu widerstehen. In einem hellen Aufblitzen überquerten wir schließlich die Grenze heraus aus der Realität unseres Bewußtseins, hinein in die für uns reale Welt im...
Es war nicht länger der Pokémon Turm, der uns begrüßte, sondern eine Welt gebadet in Dunkelheit und nahezu bereit die Pforten der Hölle aufschwingen und ihre Kreaturen auf die unwissende Menschheit loszulassen. Und im Zentrum des apokalyptischen Sturms befand sich Missigno, regelrecht pulsierend vor Energie, starker Energie und zum Teil unserer.
„Das ist genug, Missigno, dein Spiel endet hier!" kündigte ich mit ruhiger aber klarer Stimme an und ließ sie soweit ansteigen, daß alle Anwesenden mich hörten, während ich schnell die Situation abschätzte. Die restlichen Wächter und Partnerpokémonen schienen ziemlich erschöpft aber im Begriff neue Kraft zu schöpfen, jetzt, wo die Aussicht auf Hilfe da war. Richie war ungefähr in dem gleichen Zustand, doch er würde durchhalten. Der Rest hatte sich wie erwartet zurückgehalten. Ehrlich gesagt war ich überrascht von ihrer Geduld.
Pikachu, Moty und Ditto eilten gleich an unsere Seite. Ich zögerte nicht lange und entließ Glurak und Smettbo, zusammen mit den drei Vögeln auf das Schlachtfeld. Gemeinsam eilten wir vor und schmetterten eine blendendhelle Lichtwelle auf das Zentrum. Missigno zischte vor Schmerz und schleuderte wie wild mit Blitzen und ähnlichem um sich, dem wir aber in der Lage waren auszuweichen.
„Los!" rief ich, mich an die restlichen Meister wendend. „Verteilt euch auf das Pentagramm! Jeweils jeder eine Spitze! Uns bleibt nicht mehr viel Zeit!" Dann achtete ich nicht weiter auf die Umgebung, sondern begab mich in einen heißen Tanz mit dem Teufel selbst...
(Mew)
Die Atmosphäre war dicht und angefüllt mit starker und vor allen Dingen gefährlicher negativer Energie. Kräfte begannen an den Grenzen zwischen den Dimensionen zu zerren, für die diese Welt nicht geschaffen war. Es würde nicht mehr lange dauern und diese Welt würde überflutet werden mit den Ausgeburten der Hölle, den Dämonen der verbotenen Dimension. Die lange existierend Balance zwischen Ordnung und Chaos würde zusammenbrechen. Es war Zeit, daß ich mich meinem Schicksal stellte.
Von Anfang an, seit sich der Dämon gezeigt hatte, hatte ich gewußt, daß dieser Zeitpunkt kommen würde. Ich wußte, daß alle eine große Verantwortung trugen, aber die größte Verantwortung von allen, die würde ich selber tragen müssen. Ich hatte den anderen, selbst Ash, nie etwas von meiner Rolle bei dem ganzen Plan erzählt, die anderen drei hohen Wächter wußten es natürlich, Shadow vielleicht auch und Sunny ahnte bestimmt etwas.... Es ist nicht zu umgehen, dachte ich und sah, mich etwas zurückfallen lassend, einer Weile dem wilden Tanz zu, in den sich mein Schützling und seine Pokémon begeben hatten, um Missigno lange genug hinzuhalten, um den anderen Meister Zeit zu geben sich zu positionieren.
Schließlich ließ er sich mit Pikachu zurückfallen, Glurak, Smettbo und die anderen Nichtwächter, bzw. Partnerpokémon hielten die Stellungen, wenn auch mit wenig bis gar keinen Auswirkungen. Das Portal über uns breitete sich weiter aus und man konnte bereits die rastlosen Seelen hören, die sehnsüchtig auf Durchlaß drängten, flüsternd, kreischend, eindringlich...
Ash hatte mittlerweile zusammen mit Pikachu seinen Platz eingenommen und sich zwischen Misty, die ihr Starmie bereits draußen hatte, und Duplica positioniert, Rocko stand neben Duplica, Lara neben Misty, neben Lara, Erika, dann Richie, der direkt gegenüber Ash stand, und letztendlich Sabrina, die den Kreis schloß. Positive Energie begann wie ein Aufflackern von Hoffnung anzusteigen und drängte darauf freigelassen zu werden. Es war schwierig in dieser Atmosphäre die elementaren Kräfte herbeizurufen aber sie waren stark. Alle waren sie gereift durch diese ganze Ereignisse. Nein, nicht wirklich durch diese Ereignisse. Die Erlebnisse hier hatten ihnen nur den letzten Schliff gegeben, aber die wirkliche Reife, realisierte ich, hatten sie über die Jahre erhalten, jeder auf seine eigene, ganz persönliche Weise.
„LUX! INTEGRITAS! VITA!" Ash streckte seine Arme aus und eine Säule aus hellem weißgoldenem Licht suchte sich langsam seinen Weg in den wolkenverhangenen Himmel. Die Worte kamen ohne Zögern und ohne Verwunderung. Mein... Sohn hatte mit einen der härtesten Wege hinter sich. Die Ereignisse auf New Island, die Trennung von seiner Seelenpartnerin für längere Zeit, die Erinnerungen, die alle auf einmal wiederkamen, die erneute Trennung durch die Hand von Giovanni und Missigno, in doppelter Hinsicht. Das alles hatte ihn geformt. Er war von einem jungen, enthusiastisch-idealistischen Trainer zu einem Teenager gereift mit einer Reife, die sein Alter betrog und nicht viele Menschen überhaupt je in ihrem ganzen Leben erreichen konnten.
„AQUA! TRANQUILLITAS! MARITIMUS!" Blaumeergrüne Energie begann sich um Misty zu legen und gesellte sich langsam zu der existierenden Säule aus Licht. Für Misty, für die ich ähnlich empfand wie für Ash, galt ähnliches. Sie und Ash hatten stets alles geteilt den Schmerz, den Verlust, die Liebe, die trotz allem gehalten hatte. Dazu kam für sie ihre schwierige Familiensituation, das Zurrückkehren ihrer Mutter, die Enthüllung ihrer Herkunft, sowie ihrer Zwillingsschwester. Und trotzdem. Über all die harten Zeiten hatte sie nie die Freude und Ausgeglichenheit verloren, die sie ausmachte. Schon lange war sie nicht mehr das kleine, rothaarige Mädchen, das bei der kleinsten Kleinigkeit in die Luft ging. Sie war wie das Meer, ruhig und ausgeglichen, aber wenn es sein mußte, auch hart wie Eis oder wild die Wellen in einem Sturm.
„COMMUTATIO! PONDERA! ELEMENTUM!" Duplicas Aura war eine Mischung aus Grün für das Element der Erde, Rot für Feuer, Gelb für Wind und Blau für Wasser, alles ineinander gemischt und überschattet von einem Pinkrot, das Element der Veränderung symbolisierend. Im Vergleich zu Misty hatte Duplica nie eine richtige Familie gehabt und begann erst jetzt sich in eine einzufinden. Ihre Prägung kam aus ihrer Kindheit, der frühen Eigenständigkeit nach ihrer Flucht aus dem Waisenhaus, viele Dinge hatte sie dort gelernt. Rocko hatte ihr Liebe gezeigt und in Misty hatte sie trotz anfänglicher Schwierigkeiten und Schatten von Eifersucht eine Schwester gefunden, zu der sie aufsehen konnte.
„SILEX! CURA! FIDES!" Grausilberner Energie schimmerte um Rocko. Er stand da wie ein Fels in der Brandung. Die Reisen mit Ash und Misty, die Verantwortung, die er durch den frühen Tod seiner Mutter lernen mußte, hatten ihn zu einem sehr fürsorglichen jungen Mann gemacht. Nicht nur gegenüber Pokémon, sondern auch seinen Freunden. Sein Weg mochte vielleicht auf den ersten Blick einfacher scheinen aber auch dieser war steinig und voller Sorgen. Doch auch Rocko hatte ihn gemeistert und war gereift wie alle anderen auch. Seine Loyalität zu seinen Freunden war eine seiner stärksten Eigenschaften.
„INTEGER! ANIMUS! FATUM!" Zwielichtfarbene Facetten aus Blau und Violett hüllten Sabrina ein und wischten die Erinnerung an eine harte Kindheit hinweg. Sie hatte es geschafft die Fehler und schlechten Taten ihrer Vergangenheit hinter sich zu lassen und sich in die Gruppe zu integrieren. Die Akzeptanz solcher traumatischen Erfahrungen war und ist immer noch einer der schwierigsten Erfahrungen, die es zu überwinden gibt. Sabrina hatte es geschafft sich ein neues Leben aufzubauen, Familie, Freunde und Liebe, sie hatte einen sehr starken Charakter gezeigt.
„UMBRA! CONFERO! NOX!" Im Gegensatz zu der konstanten Dunkelheit, die drohte die Welt vollkommen einzuschließen, waren Richies schwarze Schatten eher beruhigend und stabilisierend. Richies Weg war stets ein ehrlicher gewesen, genau wie Ash hatte er nie die Hoffnung verloren und nahm die Menschen wie sie nun mal waren, dabei sah er auch oft über Vorurteile hinweg. Seine Berufung zum Schattenmeister hatte ihm eine Veränderung hervorgerufen, die schon lange tief in ihm schlummerte. Er war ruhiger geworden und übernahm mehr Verantwortung, trotzdem verlor er nie seine Freundlichkeit und blieb immer ein guter Kumpel.
„HERBA! CONCORDIA! NATURA!" Ich vermochte über Erika nicht viel zu sagen, als blattgrüne Energie gen Himmel schoß und sich den anderen Elementen anschloß. Nur das Eine. Ihre Erlebnisse schienen sie in einer Art und Weise gezeichnet zu haben, die man mit der Reife von Ash vergleichen konnte, nur auf einem mehr erwachseneren Level. Erika war irgendwie die Mutterfigur der Gruppe, auch wenn sie sich nie bewußt so aufführte. Sie strahlte eine innere Harmonie aus, die man selten sah.
„IGNIS! CUPIDITAS! DIES!" Züngelnde Flammen tanzten um Lara herum und formten langsam eine Säule aus elementarer Energie. Sie war vielleicht die widersprüchlichste Meisterin von allen. Es schien wenig zu geben, was ihr etwas ausmachte, aber wieviel davon sie wirklich berührte und wieviel nicht, schien nur ihr selbst klar zu sein, vielleicht nicht einmal das. Und doch hatte sie sich voller Leidenschaft und Eifer in den Kampf gestürzt, als sich die Gelegenheit geboten hatte. Lara war ein merkwürdiges Mädchen aber eines, das für ihre Motive einstand. Sie liebte die Freiheit und war bereit alles zu tun, um sich diese zu erhalten.
Acht multikolorierte Strahlen aus elementarer Energie schossen gen Himmel und begannen sich ineinander zu biegen. Ash, Misty und Duplicas Energie verschmolz zuerst ineinander und die anderen fünf folgten einer nach dem anderen. Langsam bildete sich eine regenbogenfarbene Kuppel, die sich hoch über das Portal legte und deren Ausmaße die des ehemaligen Pokémon Turms ausmachten. Missigno zischte und grollte wütend. Seine eigene Macht wurde noch ein Stück dunkler, wenn das überhaupt möglich war, und preßte unerbittlich gegen die Barriere.
Es war Zeit. Jetzt oder nie. Ohne Worte, ohne einen weiteren Blick schwebte ich empor auf die Spitze der Kuppel zu. Mit verbissener Konzentration griff ich nach den epischen Energien und hob sie langsam an und mit ihnen das Portal und Missigno. Ho-oh, Lugia, Arktos, Lavados, Zapdos und Celebi zogen ihren eigenen Kreis um die Kuppel herumfliegend immer enger.
„Ich verbanne dich, Missigno, mit der mir gegebenen Macht, zurück in deine eigene Welt! Nie wieder soll eine Kreatur deinesgleichen über das Angesicht der Welt wandern! ORDO!" Ein schriller Schrei echote durch die Luft, als sich die Kuppel weiter anhob und den Dämon mit sich nahm. Meine Aura glühte strahlend und hell wie nie, meine Augen leuchteten Weiß auf und ein purpurweißer Strahl aus Energie schoß in die Wolken. Ein weiteres Portal begann sich zu bilden, vollkommen Weiß und voller Licht und die Kuppel schwebte weiter darauf zu.
„NEIN ICH WERDE DAS NICHT ZULASSEN! NICHT SO NAHE! CATONE GERA IDS! CHAOS!" Apokalyptische Energien prallten gegen die Kuppel und ich sah wie die acht Meister auf die Knie sackten vor Anstrengung die eigene Macht zu halten. Ash kroch langsam zu Misty hinüber und griff nach ihrer Hand...
Ich spürte den Effekt, das Ringen der gewaltigen Mächte von Ordnung und Chaos um Dominanz. Die Elemente waren in Aufruhr und das Herz der Welt schien immer schneller zu schlagen, Furcht, Ungewißheit... Nein, ich konnte jetzt nicht aufgeben, auch wenn es mich selbst das Leben kosten sollte... Doch dann, dann geschah ein Wunder. Nein, verbesserte ich mich, die Prophezeiung erfüllte sich.
In einem jähen Ausbruch von Energie schoß ein schimmernder Regenbogen gen Himmel, passierte die Kuppel und traf genau auf Missigno. Dieser schrie gepeinigt auf, als ihn die vereinte Macht der Auserwählten traf. Ash und Misty standen wieder, Hand in Hand und die Augen geschlossen, beide in einer regenbogenfarbene Aura schimmernd, die so stark war, daß sie alles bisher dagewesene übertraf.
Ein weiterer Strahl aus gemischter Energie folgte dem ihrigen und kollidierte mit Missigno. Duplica und Rocko waren dem Beispiel ihrer Freunde gefolgt und hatten ihre eigene Verbindung aufgebaut. „Los, helft mit!" hörte ich Duplica rufen. „Konzentriert euch auf eure Gefühle, eure Freundschaft, eure Liebe!" Und das taten sie.
Richie half Sabrina auf und beide standen nun aufrecht, Schatten begannen sich mit Zwielicht zu mischen und kreierten eine mächtige Welle an Energie, die fast in den Bereich von Ash und Mistys kam. Der Druck auf den Dämon wurde immer größer und je näher er dem Portal aus weißem Licht kam, desto kleiner wurde sein eigenes.
Schließlich rafften sich auch Erika und Lara auf. Auch wenn sie keine Beziehung hatten – jedenfalls keine, von der ich etwas wußte –, ihre enge Freundschaft schien vollkommen auszureichen. Feuer und Pflanzen mochten eine seltsame Mischung sein aber ihre Vereinigung schien keinen von beiden Schmerzen zuzufügen. Im Gegenteil es stärkte sie sogar noch.
Missignos Schreien der Agonie nach zu urteilen, wußte er bereits, daß der Druck zu hoch war und doch gab er nicht nach. Auf dem Gesicht jedes einzelnem Meisters war pure Anstrengung und Konzentration zu lesen aber auch eine unerwartete Ruhe als Produkt der Vereinigung. Ich zerrte noch etwas mehr an der Kuppel...
Mittlerweile hatten die vier Paare zueinandergefunden, während ihre Partnerpokémon alleine die Kuppel aufrecht hielten, und nahmen sich alle an der Hand. Sie standen jetzt genau im Zentrum der Portale über ihnen und gleichzeitig im Zentrum des Pentagramms. Ihre vereinigten Auren begannen ineinanderzufließen... Licht, Wasser, Gestein, Veränderung, Schatten, Zwielicht, Pflanzen, Feuer...
Der entstehende Lichtblitz war so gleißend hell, daß selbst ich, die ich ein Teil des Lichtes war, meine Augen abschirmen mußte. Für eine endlose Minute schien die Welt den Atem anzuhalten...
Eine Kaskade aus Licht bohrte sich wie ein Speerspitze in den Himmel und schmetterte den Dämon samt seiner Verbindung zur anderen Welt mit solcher Gewalt in das schimmernde Lichtportal, daß selbst der spitze Schrei des Dämons und seiner wartenden Artgenossen verschluckt wurde.
Langsam, ganz langsam verblaßte das Licht bis es schließlich zu einem schmalen Streifen geworden war, der sich über den Horizont zog. Die Wolkendecke brach auf und aus dem Meer aus Dunkelheit gesellten sich die ersten Strahlen der Sonne eines neuen Tages zu dem feinen Streifen aus Licht. Die schwarzen Wolken wichen so schnell wie sie gekommen waren und der ganze Himmel wurde in das friedliche Morgenrot der aufgehenden Sonne getaucht. Ein einziger, langer Regenbogen, in allen Farben des Spektrums schimmernd, spannte sich über den Horizont.
Als schließlich Ho-oh sich in die Lüfte erhob und einen Spur von goldenen Funken hinter sich herzog, da war es endlich vollbrachte. Der Phoenix flog wieder über dem Regebogen und symbolisierte den Beginn einer neuen Ära und den Frieden nach einem langen Kampf. Die Welt atmete wieder.
Teak Basis, einen ganzen Tag nach dem Kampf (Ash)
Vorsichtig öffnete ich die Augen und versuchte auszumachen, wo ich mich befand. Es war weich und angenehm. Ein Bett beschloß ich. Langsam begann sich meine Sicht etwas aufzuklaren und ich setzte mich auf. Diese Aktion bereute ich sogleich, als ein stechender Schmerz durch meinen Kopf fuhr und tausend kleiner Glöckchen darin widerhallten.
Also noch mal aber diesmal ganz langsam. Ja, das war schon besser. Ich hatte einen heftigen Brummschädel und der Nebel begann sich nur langsam zu lüften. Ich erinnerte mich vage an den Kampf. Da war diese gewaltige Explosion, nachdem ich meine Energie mit der von Misty vereint hatte und wir mit den anderen zusammengetroffen waren.
„Misty!" Ich warf die Decke zurück und schwang meine Beine aus dem Bett, nahezu im selben Moment raste eine weitere Schmerzenswelle durch meinen Körper. Zwar fühlte ich mich kräftemäßig ausgeruht aber mein Körper litt immer noch unter den Nachwirkungen des Kampfes und den durch ihn hindurch geleiteten mächtigen Energien.
Erleichtert erspähte ich Misty in einem Bett mir gegenüber, friedlich schlummernd. Dieses Mal bemühte ich mich vorsichtig zu sein und trapste barfuß zu ihr hinüber. Eine Weile stand ich da und beobachtete sie beim schlafen. Ein ruhiges, friedliches Lächeln zierte ihr Gesicht. Ich konnte kaum glauben, daß endlich alles vorbei war, doch es schien so. Nur dumpf konnte ich mich noch erinnern wie Richie, ich und Rocko den Mädchen auf die versammelten Vögel geholfen hatten, bevor wir selbst vor Erschöpfung zusammengebrochen waren. Der Energieverlust war zu hoch gewesen und ich konnte mich definitiv nicht mehr daran erinnern wie wir zurückgekommen waren aber dafür hatten wir ja auch unsere Wächter...
Ich lächelte und setzte mich auf einen Hocker neben Mistys Bett. Etwas forderte meine Aufmerksamkeit unter meiner mittlerweile wieder gereinigten aber doch etwas zerknitterten Meisterrobe. Mit einem sehnsüchtigen Blick holte ich ein kleines Schmuckkästchen hervor und öffnete es. Eine Menge Gedanken begannen einen kleinen Kampf in meinem Bewußtsein auszufechten. Sollte ich...?
Misty bewegte sich in ihrem Schlaf und begann langsam aufzuwachen, was mich dazu brachte aufzusehen. Für einen Moment sah ich wieder zurück auf den Inhalt des Kästchens und schloß für einen Augenblick die Augen. Schließlich schloß ich es wieder und verstaute es erneut unter meiner Robe. Noch nicht. Aber bald...
„Hey..." flüsterte Misty ihre Augen öffnend. Behutsam strich ich ihr ein paar lose Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Guten Morgen. Wie fühlst du dich?" Sie stöhnte ein wenig und schloß wieder die Augen. „Wie durch die Mangel gedreht, einmal in die Hölle und wieder zurück. Aber ansonsten geht's mir gut." Ich lächelte erneut und plazierte einen sanften Kuß auf ihren Lippen. „Es ist vorbei. Jetzt haben wir endlich unseren Frieden."
(Erika)
„Hey..." Lara trat neben mich nach draußen. Sie hatte noch geschlafen, als ich aufgewacht war und ich hatte es nicht übers Herz gebracht sie zu wecken. Nach dem Kampf hatte ich noch dumpf mitbekommen, was passiert war, aber viel dazu beitragen konnte ich auch nicht mehr, sehr wenig sogar... na gut, gar nichts. Herrje, jetzt dachte ich schon wie Lara.
„Hey", entgegnete ich ohne meinen Blick von dem Sonnenaufgang abzuwenden. Er war das Letzte, was ich noch klar von gestern in Erinnerung hatte, und schien das Erste zu sein, was ich heute erleben sollte. Nicht, daß ich mich beklagen würde. Mir gingen nur gerade eine Menge unterschiedlicher Gedanken und Gefühle durch den Kopf.
Die Verbindung mit Lara war ein seltsames Gefühl gewesen. Eigentlich hatte ich nicht gedacht, es könnte funktionieren, doch in dem Augenblick war mir einfach bewußt, es würde funktionieren. Wieso wußte ich nicht und wie eigentlich, das konnte ich auch nicht beantworten. Auf jeden Fall hatte mir das zum Teil aufgezwungene Band einen ganz neuen Einblick in das Innerste der jungen Frau neben mir gegeben.
Ich fragte mich, ob es bei Ash und Misty, sowie den anderen Vier auch so war. Für sie stellte das sicher kein großes Problem da aber bei uns war das irgendwie anders. Noch jetzt spürte ich deutlich die Offenbarungen, die wir geteilt hatten, und wenn ich mich konzentrierte, konnte ich auch das fragile Band berühren, das unsere Seelen verband. Ich wußte nur nicht, was ich daraus machen sollte.
„Und nun?" Ich drehte mich zu ihr um. Und da erkannte ich, daß ich nicht die Einzige war, der es so ging. Wie konnte ich so dumm sein? Ich war sicher, sie hatte alles gesehen und gefühlt. Der Alptraum hatte die vergangenen Ereignissen zu präsent in meinem Bewußtsein werden lassen.
Es war nicht üblich für Lara so ernst zu schauen. Ihre Augen waren etwas zu Boden gesenkt und schienen sich zu weigern mich anzusehen... Ich konnte ihr es nicht verübeln. „Ich hatte ja keine Ahnung..." Bevor sie fertig sprechen konnte, hatte ich sie an mich gezogen und erstickte ihre Worte damit. „Das hättest du nicht sehen sollen. Niemand hätte das sehen sollen." Ich spürte ein paar Tränen in meinen Augen und wollte sie wegblinzeln, doch eine entkam diesem Versuch. Lara hob den Kopf und fing die einzelne Träne mit einem Finger auf.
Auf das, was nun kam, war ich nicht vorbereitet. Bei allem, was mir heilig war, es erschütterte die Grundfesten meiner Weltanschauung – und dabei dachte ich, da wäre nichts mehr zu erschüttern. Bevor ich mich versah, spürte ich ihre Lippen auf meinen und ertappte mich erstaunlicherweise dabei den Kuß zu erwidern. Es waren nur ein paar Sekunden aber das reichte schon um einen Elektroschock von Tausenden von Volt Stärke durch meinen Körper zu jagen.
Als schließlich unser Verstand sich doch zu Wort meldete, fuhren wir augenblicklich auseinander. Laras Gesicht war Putterot und ich glaube mir ging es genauso. Verlegen drehte ich mich um, in meinem Bewußtsein herrschte ein totales Chaos und ich versuchte fieberhaft zu begreifen und zu rationalisieren, was gerade geschehen war...
„Da... das... das war..." stotterte Lara ebenfalls peinlich berührt. „Nur die Nachwirkung der Vereinigung", brachte ich schließlich eine Antwort zustande und drehte mich wieder zu ihr um. Sie nickte eifrig. „Ja, ja, natürlich... Nur die... Nachwirkungen... Willst du nicht eine Weile mit mir auf die Ranch kommen?"
Woah! Wenn ich mich nicht eh schon festgehalten hätte, ich glaube, ich wäre hinten übergefallen. Gerade eben war ich noch sehr zufrieden mit meiner Erklärung gewesen und jetzt fragte sie mich... „Ich meine, um uns ein bißchen besser kennenzulernen, damit wir das in Zukunft verhindern können", beeilte Lara sich schnell anzufügen, als sie den geschockten Ausdruck in meinem Gesicht sah. Sollte man dann nicht eigentlich soweit wie möglich auseinander bleiben? Irgendwie verstand ich ihre Argumentation nicht, sah mich aber nicht in der Lage zu widersprechen.
„Si... Sicher", meinte ich schließlich. Krieg dich in den Griff, Erika, es ist nur Lara... Ich stieß mich von der Wand ab und schickte mich an reinzugehen. Lara war sofort neben mir, was sofort von einer massiven Gefühlsaufwallung meinerseits begleitet wurde. „Das sollten wir unbedingt..." Wir waren uns schon wieder bedrohlich nah. Ich schluckte hart und zwang mich einige Schritte Abstand zu halten. „Das Verhindern, meine ich..." Jetzt war ich gar nicht mehr so überzeugt von meiner Erklärung...
(Rocko)
„Was tust du?" Ich schlang meine Arme um Duplica, die an einem Schreibtisch saß und durch eine Zeitschrift oder eine Broschüre blätterte, und sah ihr interessiert über die Schulter. Sie schloß das Heft und drehte ihren Kopf mit einem dünnen Lächeln zu mir. „Nichts Besonderes." Endlich bekam ich einen besseren Blick auf den Titel und hob fragend eine Augenbraue. „Nichts Besonderes?" Zu mehr kam ich nicht, da sie mir einen langen Kuß auf die Lippen drückte. Da war ein Gefühl von Leidenschaft, das bisher noch nicht so richtig dagewesen war. Die Verbindung während des Kampfes schien etwas in uns geweckt zu haben, eine Nähe und Liebe, die der von Ash und Misty ähnlich war und auf die wir beide insgeheim immer etwas neidisch waren.
Als der Kuß schließlich endete, mußten wir beide erst mal gewaltig Luft holen. „Wow", war der einzigste Gedanke, den ich im Moment zu artikulieren vermochte. Duplica atmete tief durch. „Ja... Das war definitiv... anders."
Für eine Weile verharrten wir in der Position und keiner sagte etwas, sondern wir badeten nur in der Erinnerung. Vorsichtig berührte ich die immer noch aktive Verbindung und mußte unwillkürlich lächeln. Ein Glücksgefühl schoß durch mich hindurch und eine Menge Emotionen auf einmal waren zu spüren. Ich glaubte gestern, gestern hatte ich mehr über Duplica erfahren, als je zuvor. Und das hatte unsere Beziehung auf ein höheres, vollkommen neues Level angehoben.
Ich fing ihr eigenes Lächeln auf und spähte dann mit einem verschmitzten Grinsen an ihr vorbei. „So, was ist nun damit?" Etwas verlegen drehte sie sich wieder um und starrte auf das Heft. „Ich... dachte nur, es wäre ein gutes Training. Ich weiß noch nicht, was ich mache, wenn ich es schaffen sollte. Eigentlich bin ich mir noch nicht mal sicher, ob..." Ich unterbrach sie und gab ihr einen weiteren Kuß, der diesmal wesentlich kürzer ausfiel aber doch seine Wirkung nicht verfehlte. „Hey, niemand sagt, daß du nicht auch etwas für dich tun sollst. Wenn du es gerne möchtest, helfe ich dir natürlich." Sie nickte glücklich. „Erzähl den anderen erst einmal nichts. Ich möchte, daß es eine Überraschung wird."
„Aber natürlich", entgegnete ich und sah nochmals hinunter auf das Heft mit der Aufschrift „Pokémon Liga Zulassungstest". Ja, sie sollte tun, was sie für richtig hielt. „Laß uns gehen. Ich bin sicher, die anderen sind schon wach."
(Sabrina)
Seufzend lehnte ich mich zurück und wartete. Es fühlte sich richtig gut an endlich alles herauszulassen. Nach den traumatischen Erlebnissen vom Pokémon Turm hatte ich einige wichtige Entscheidungen für mich selbst getroffen. Das Aufzeigen einer möglichen Zukunft, wenn ich mich weiterhin nur in mich selbst zurückzog, hatte mir die Augen geöffnet und ich war endlich zu der Entscheidung gekommen, daß ich meine Sorgen mit meinen Freunden und insbesondere mit MEINEM – es fühlte sich gut an, das frei sagen zu können – Freund teilen konnte.
„Das mußt du für dich selbst entscheiden", sagte Richie nach einer Weile und seine Antwort schockte mich, um das Mindeste zu sagen. Er lehnte sich etwas vor und stützte seinen Kopf auf seinen Händen ab, während er mich aufmerksam musterte. „Ich meine, es ist zwar schön, daß du deine Entscheidung von mir abhängig machen möchtest und das Vertrauen schmeichelt mir, aber... Du mußt es auch für dich selber wollen. Was hat es für einen Sinn, wenn du das Angebot für mich annimmst, aber selber dabei nicht glücklich wirst."
„Hmm..." Seine Worte bargen ein gewisses Maß an Wahrheit. Ach, komm schon, Sabrina. Hör auf dir etwas vorzumachen. Du weißt ganz genau, daß er recht hat. Ich konnte mir nicht helfen, irgendwie klang mein Unterbewußtsein stark nach Erika und doch gleichzeitig wieder nicht. Natürlich hatte Richie Recht. Wenn ich also mal ganz ehrlich mit mir war, was sprach eigentlich dagegen? Zeitfaktor – nahezu weggestrichen, fast schon weniger Streß wie als Arenaleiterin. Zufriedenheit? Sicher es würde mich schon zufrieden machte, alleine das Angebot zeigte mir, daß ich auch von anderen außerhalb der Gruppe geschätzt wurde und Menschen meine Hilfe und meine Erfahrung gerne nutzen wollten.
„Ja", beschloß ich intuitiv. Wenn ich noch weiter darüber nachdachte, würde ich nur wieder ins Grübeln verfallen, „ich denke, ich werde es machen. Für dich und für mich. Ich hab es satt immer nur in der Vergangenheit zu leben und möchte endlich etwas aus meinem Leben machen." Er lächelte, mit einer Freude und einer Ausstrahlung, die ganz allein mir galt. Gefühle von Stolz und Liebe wuschen durch die gerade erst geschaffene Verbindung.
Bevor ich mich versah, fand ich mich in einem ungewohnt leidenschaftlichen Kuß wieder, der die letzten Zweifel beiseite fegte. Nein, ich hatte nichts mehr zu befürchten und es gab keinen Grund zurückzublicken. Endlich hatte ich meinen Frieden mit der Vergangenheit gemacht und die Dinge, die ich getan hatte akzeptiert. Nun zählte das Hier und Jetzt, meine Freunde, meine Familie, Richie und meine eigene Zukunft, die ich mir nicht länger verweigern sollte.
(Celebi)
Schmunzelnd beobachtete ich wie Erika und Lara wieder ins Gebäude verschwanden. „Bist du besorgt?" Ich sah mich nicht um, sondern folgte den beiden Meistern bis sie verschwunden waren. „Nur so eine Vorahnung." Mew lachte. „Das heißt bei dir: Ich weiß genau, was passiert, werd es dir aber nicht sagen." Ich schnaubte und sah wieder in Richtung des Sonnenaufgangs.
„Du mußt gehen, oder?" Die anderen hohen Wächter hatten bereits nach unserer Ankunft hier, als wir die Kinder erst mal ins Bett verfrachtet hatten, ihren Abschied genommen aber das war zu erwarten gewesen. Mich drängte nichts zu gehen, jedoch konnte ich auch nicht bleiben. „Ja."
„Sie haben ihren ersten großen Kampf überstanden", meinte Mew und sah hinauf in den klaren Morgenhimmel, der keine Zeichen der Beinahkatastrophe mehr hielt, die unter seinem Antlitz stattgefunden hatte. „Es ist bald soweit, nicht wahr? Die Zeit ist nahe."
Ich nickte stumm. „Was sie hinter sich haben war nur der Anfang. Es wird jetzt eine Weile Ruhe herrschen, ein paar Jahre noch, bis sie alt genug sind." Ein laues Lüftchen kam auf und ließ die Blätter in den wenigen Bäumen nahe der Basis rascheln. „Willst du es ihnen nicht sagen?"
Mew seufzte tief und sah mich direkt an. „Was würde es bringen? Außer die paar Jahre Frieden, die sie noch haben zu zerstören, all die Träume und Pläne... Nein, das kann ich nicht. Lassen wir ihnen das Wenige an Jugend, das ihnen noch bleibt. Es wird schnell genug zuende sein. Ich werde bei ihnen bleiben und dafür sorgen, daß sie vorbereitetet sind. Allein schon wegen..."
„Ich verstehe", sagte ich simpel und schwieg erneut. „Es ist hart plötzlich Mutter zu sein, was?" Mew schenkte mir einen gespielt bösen Blick, den ich aber ignorierte. „Vielleicht hast du recht", gab ich zu. „Vielleicht ist es tatsächlich besser so." Wahrscheinlich war es das Beste, wenn ich jetzt meinen Abschied nahm, da meine Schwester keine Anstalten machte noch etwas zu sagen. „Wir sehen uns wieder, bald."
„Ja", murmelte sie mit einer Mischung aus Freude und Trauer in der Stimme und schaute nicht hin, als ich mich langsam auflöste, „leider..." Für die Augen der Welt war ich schon längst nicht mehr sichtbar, doch vermochte ich zu wissen, daß meine Schwester meine Anwesenheit noch spürte, als sie mit emotionsgefülltem Blick fortfuhr den Sonnenaufgang zu beobachten.
Das Schicksal, stellte ich wieder einmal fest, war selten gerecht, meistens war es schlichtweg grausam. Wieder einmal war das einer dieser Zeitpunkte, an denen ich meine Berufung und das Wissen, das mit ihr kam, was ich notfalls mit bis ins Grab nehmen würde, wirklich haßte. Bewahrt euch eure Träume und bleibt immer ihr selbst... solange ihr es noch könnt.
Mit diesen letzten Gedanken entschwand ich dieser Zeitlinie und kehrte zurück an den Platz, wo ich hingehörte, auch wenn ich mir noch so wünschte die Freiheit meiner Schwester zu haben und einfach selbst entscheiden zu können. Doch irgendwer muß die Arbeit ja machen...
(Misty)
Die Sonne stand noch tief und nach einem ausgiebigen Frühstück und einem Toast auf unseren Sieg hatten wir uns vor dem Tor der Basis versammelt. Ash und ich waren bereits wieder reisefertig. Vielleicht noch mit leichtem Energiemangel aber ausgeschlafen und mit neuer Kraft und Frische ausgestattet.
„So sehr ich auch der Meinung bin, daß eine Feier in Anbetracht unseres Erfolges notwendig wäre, ist uns eigentlich noch nicht so sehr nach feiern zumute", meinte Ash, Pikachu hopste neben ihm umher und wechselte noch ein paar leise Worte mit Sparky, Mew hatte es sich auf seiner linken Schulter bequem gemacht und Ash selbst hatte einen Arm um meine Taille gelegt, Moty wartete geduldig neben mir. „Es ist zuviel passiert und ich glaube jeder von uns muß das alles erst einmal verdauen", fuhr ich für ihn fort und erntete übereinstimmendes Nicken.
„Die Liga fängt in ein paar Wochen an. Misty möchte ihre restlichen Orden auf gewöhnliche Art und Weise noch sammeln und außerdem brauchen wir beide noch etwas normales Training." Heiteres Lachen rang durch die Luft, für eine Weile unbeschwert und frei, doch es hielt nicht lange an.
„Das trifft sich gut", erklärte Rocko, einen Arm um Duplicas Schultern, man konnte die Veränderung bei ihnen direkt in ihren Augen ablesen. „Wir haben auch noch ein paar Dinge privater Natur zu erledigen. Wir gehen vorerst nach Mamoria zurück und wollen ein wenig die Freiheit genießen, sozusagen." Duplica lächelte und schenkte mir einen fragenden Blick, wobei sie auf unsere Versprechungsringe deutete. Ich erwiderte das Lächeln und nickte aufmunternd.
„Sabrina und ich verabschieden uns auch. Es gibt da ebenfalls etwas, was geklärt werden muß, und danach gehen wir zurück nach Saffronia um ebenfalls für die Liga zu trainieren." Richie sah Ash durchdringend an, mit einer Fitzelchen jener jugendlichen Freude, die sie beide als Kinder oft ausgezeichnet hatte. „Ich kann dich ja schließlich nicht davonziehen lassen, Ash." Er zwinkerte ihm zu und Ash grinste zurück.
Bei Richies ersten Kommentar hatte ich Erika lächeln gesehen. Die beiden letzten Mitglieder unserer kleinen Familie schienen ausgesprochen ruhig heute Morgen, gerade Lara, was sehr ungewöhnlich war. Zuerst hatte ich es auf die Nachwirkungen des Kampfes geschoben, doch etwas sagte mir, daß da noch was ganz anderes dahintersteckte. „Ich habe beschlossen Lara eine Weile auf ihre Ranch zu begleiten, um einige persönliche.... Differenzen auszuräumen." Sie ignorierte die Blicke, die sie von uns erhielt, begann aber merklich zu schwitzen – und zur großen Überraschung Lara auch. „Die Mädchen meiner Arena sind schon soweit, daß sie sie für eine Weile alleine führen können, das wird ihnen guttun... und es dir leichter machen, Misty."
Ich erwiderte ihr Lächeln und beschloß das Thema fallenzulassen. Was immer zwischen Erika und Lara vorgefallen war, ich war sicher sie würden es abklären können. Außerdem... Wer war ich, daß ich mich in anderer Leute Privatangelegenheiten einmischte? Sollte es uns ebenfalls betreffen, würden sie schon etwas sagen, wenn die Zeit reif war.
Ash drückte meine Hand und schickte sich an zu gehen. „Wir sehen uns in ein paar Wochen auf dem Indigo Plateau. Macht's gut." Ein kollektives „Auf Wiedersehen" antwortete ihm und ich hob meine Hand noch mal zum Gruß. Dann drehten wir uns vollkommen um und wanderten Arm in Arm der Sonne am Horizont entgegen. Ja, ein paar Wochen für uns würden uns guttun. Was auch immer noch auf unserer Reise vor uns lag, gemeinsam würden wir alles bewältigen.
FINIS AKT 2!
(Autor)
Ich schenke mir genüßlich ein Glas Cola ein und lehne mich dann zurück. „Ah! Endlich geschafft." Mein Gegenüber hat sich eine Tasse Tee eingeschenkt und nippt jetzt genüßlich daran. „Ich muß sagen, der Schluß war äußerst interessant, wenn auch etwas gewöhnungsbedürftig." Ich nickte und nahm selber einen Schluck. „Vielleicht aber wenn ich mich nur auf reine Action verlassen hätte, wäre diese Episode gerade mal halb so lang gewesen... was immer noch länger als die ersten Episoden gewesen wäre." Ich hob mein Glas zu einem Toast an. „Lassen sie uns anstoßen, Erzähler. Auf das Ende diesen langen zweiten Aktes." Der Angesprochene erhob ebenfalls seine Tasse und es folgt ein klirrendes Geräusch, als beide zusammenstießen.
„Ich muß sagen, es war nicht immer einfach und wir hatten ja auch einige persönliche Schwierigkeiten aber trotzdem hat es Spaß gemacht", erklärt mein Erzähler zufrieden. „Das ist schön zu hören. Jetzt gibt es vorerst aber ja auch keine Notwendigkeit mehr zu streiten..."
Ich überlege kurz. „Sagen sie, gibt es etwas, was in dieser Episode unklar sein könnte? Ich habe gerade Angst, wegen der Erika/Lara-Szene." Der Erzähler sieht aus, als würde er sich jeden Moment an seinem Tee verschlucken und er kämpft hart damit ein Prusten zu unterdrücken. „Also... ich fand es zu komisch wie sie das geschrieben haben. Aber vielleicht haben sie recht, das könnte böse Briefe geben, jedoch nicht allzu viele, denke ich. Etwas ist mir da aber aufgefallen wie steht es eigentlich um Laras Alter?"
Ich lache nervös. „Gute Frage. Also um das mal aufzuklären die Alter für die Fic sind ungefähr wie folgt: Ash und Richie um die Vierzehn/Fünfzehn, Misty und Duplica um die Fünfzehn/Sechszehn, Rocko so ca. zwischen Sechszehn und Achtzehn, gleiches gilt für Sabrina, definitiv aber geringfügig älter als Rocko. Ich weiß nicht, warum aber Erika war mir irgendwie so alt in Erinnerung also habe ich sie stets irgendwo im Bereich Neunzehn bis frühe Zwanziger angeordnet. Was Lara angeht... Also eigentlich ist sie ja schon etwas älter, warum weiß ich auch nicht aber irgendwie meinte ich sie in dem Bereich der Schwestern anordnen zu müssen..."
Die Antwort scheint den Erzähler vorerst zu befriedigen. „Und die Anspielung auf Mew in Giovannis Geschichte..." begann er. „War eine Anspielung auf die fehlende Szenen des ersten Filmes, in denen etwas über Mewtwos Kindheit gezeigt wurde. Leider haben wir hier nie den ganzen Film gesehen..." Er nickt verstehend, überlegt dann kurz und ergänzt: „Eines möchte ich noch gerne wissen, war das Lateinisch, was die Meister da gerufen haben, während der Bildung des Zirkels?"
„Ja, genau", bestätige ich. „Das war Lateinisch. Vielleicht sollte ich es übersetzen aber... das würde ja das ganze Mysterium aufheben." Ich lächele hinterhältig. „Entweder können die Leser Lateinisch oder nicht. Ansonsten müssen sie halt selbst nachforschen. Es gibt genug Wörterbücher im Netz, wenn man nur mal sucht. Mein eigenes Lateinisch ist auch schon ziemlich eingerostet und so mußte ich mich da bedienen... Oh ja, bevor sie fragen. Missignos Beschwörung war reine Erfindung, so was mache ich aus reiner Intuition und jede Ähnlichkeit mit irgendeiner bekannten Sprache ist Zufall."
„Das dachte ich mir schon." Er lehnte sich ebenfalls zurück. „So, da das nun geklärt ist. Irgendwelche Pläne für die Zukunft? Über die Ligaspiele mal hinausgesehen," Ich spielte nervös mit meinem jetzt leeren Glas. „Ja, eigentlich schon. Es sind zwei kleine Hinweise auf ein mögliches Sequel in der Episode versteckt. Den einen haben wir bereits kurz angerissen und der andere... Nun, der sollte offensichtlich sein. Aber wenn man bedenkt, daß ich in gut zwei Wochen voll in die Ausbildung gehe und dann ja fast den ganzen Tag weg bin bei meiner relativen langen Anfahrt – mal verglichen mit dem Rest der Familie, wird es schwierig sein bei den ganzen anderen Arbeiten, da etwas auf die Reihe zu kriegen."
Der Erzähler sieht mich mitfühlend und gleichzeitig aufmunternd an. „Nun, das liegt in der Zukunft. Sie sollten sich nicht so viele Gedanken machen. Ich bin sicher die Leser werden da auch ein wenig Geduld haben."
Er gießt sich noch ein wenig Tee ein und ich ein wenig Cola, ich habe es definitiv nicht so mit warmen Getränken aus irgendeinem unerfindlichen Grund. „Also, Herr Autor..."
„Matthias", bot ich an. Der Erzähler war für einen Moment überrascht, nickte dann aber. „Also, Matthias. Trinken wir auf eine produktive und erfolgreiche Zukunft. Innerhalb und außerhalb dieser Geschichte." Das klang gut und ich erhob mein Glas als Antwort. „Wollen wir es hoffen. Auf eine gute Zusammenarbeit."
Abkündigungen zum zweiten Akt
Ja, ich noch mal. Nur noch ein paar kurze Dinge. Vorerst werdet ihr jetzt keine neuen Episoden für eine Weile bekommen, da ich die Ligaspiele erst noch genauer planen muß und außerdem noch eine Menge anderer Fanfics habe, die darauf warten weitergeschrieben zu werden. Trotzdem werde ich mich so schnell wie möglich an eine gründliche Überarbeitung der bisherigen Episoden machen um widersprüchliche Zusammenhänge, kleinere Fehler und stilistische Unstimmigkeiten auszuräumen. Das wird etwas dauern, da ich wenn schon alles auf einmal machen möchte. (Anm. zu eben jener Überarbeitung: Ist jetzt geschehen aber viele große Zusammenhangsfehler habe ich auch nicht gefunden.)
Einige Leute haben sich an mich gewandt und mir gesagt, daß sie Schwierigkeiten haben sich bei meiner Mailinglist anzumelden. Ihr müßt eure Emailadresse dafür natürlich bei eGroups eingetragen oder euch bei Yahoo eine ID geholt haben, die ihr dann z. B. auch mit eurer Mailadresse verlinken könnt. Ich hab auch ein paar Anläufe gebraucht, um das zu verstehen, aber wenn ihr erst mal alles hinter euch habt, geht es eigentlich ganz einfach. Wer trotzdem partout es nicht schafft sich anzumelden, der solle mir bitte eine Mail schicken, dann werde ich sehen, was ich machen kann und denjenigen notfalls selber einladen (in die Mailinglist, meine ich).
An dieser Stelle noch einmal einen ganz besonderen Dank an meinen Testleser Martin (aka RED), der sich immer durch meinen ganzen „Psychokrams" *zwinker* durcharbeiten muß und trotzdem noch sagt, es mache ihm Spaß... Er hat auch keine Kosten und Mühen gescheut und sich trotz einiger Probleme, die ich bereits bei der Veröffentlichung von Episode 27 angesprochen habe, an die Überarbeitung dieser letzten beiden Kapitel gesetzt. Weswegen ihr sie gleichzeitig erhaltet. Domo arigato, Martin. Du machst einen echt guten Job als Testleser.
Das war's dann jetzt eigentlich wirklich. Laßt euch nicht unterkriegen und ich hoffe ihr bleibt mir treu.
Ja ne, euer
Matthias
The Final Step to the Master©2000-2002 by Matthias Engel
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