Weiß
Mit einer kurzen
Handbewegung signalisierte Sirius Harry, er solle ruhig sein und
dicht hinter ihm bleiben. Harry tat wie ihm geheißen. Sie gingen
langsam und vorsichtig, um möglichst keinen Lärm zu machen, auf
die Haustür zu, ihre Zauberstäbe hatten sie gezückt.
Sirius riß die Tür auf, niemand in Sicht. Sie betraten den
Flur. Leises Keuchen und Ächzen drang in ihre Ohren, schnell
gingen sie den Flur entlang und betraten das Wohnzimmer, wo sie
fast der Schlag traf.
Ein Blutrinnsal hatte sich über den Teppichboden direkt vor
ihren Füßen ergossen, beide betrachteten geschockt die rote
Flüssigkeit. In einer Ecke des Zimmers, an die Wand gelehnt,
sahen sie "Remus!".
"Si- Sirius," brachte Lupin unter größter Anstrengung
heraus.
"Was- was ist passiert?" fragte Sirius entsetzt.
Harry, ganz starr vor Schreck, rührte sich nicht. Erst langsam
erwachte er aus seiner Trance und bemerkte Lupins tiefe
Fleischwunde auf der Bauchdecke.
"Los, Harry, wir müssen etwas unternehmen!" sagte
Sirius bestimmt.
"Ja, bringen wir ihn zu einem dieser Muggelärzte. Zu
Magiern können wir nicht gehen, die erkennen dich," schlug
Harry vor.
"Gute Idee. Komm, wir bringen ihn ins Auto."
Remus Lupin schien etwas sagen zu wollen, war aber zu schwach.
Behutsam trugen ihn Sirius und Harry ins Auto, Sirius ließ den
Wagen an, während Harry mit Lupin auf der Rückbank saß, ein
Tuch auf die kräftig blutende Fleischwunde gepreßt.
"Ganz hier in der Nähe ist ein Krankenhaus, ich habe es auf
der Hinfahrt bemerkt. Fahr jetzt rechts ab, dann die nächste
Straße links," sagte Harry.
"Ein was?" Sirius war mit den Pharmazeutischen
Einrichtungen der Muggel nicht vertraut.
"Frag' nicht, fahr' einfach. Dort gibt es viele
Muggelärzte," antwortete Harry blitzschnell, panisch auf
das Tuch blickend, welches sich mehr und mehr mit Blut
vollsaugte.
Sirius trat aufs Gas, innerhalb weniger Minuten waren sie
angekommen. Harry und Sirius begaben sich mit Lupin so schnell
wie möglich zum Eingang des Krankenhauses. Harry rannte vor, um
einen Arzt oder eine Schwester zu holen, und war nach kaum einer
halben Minute mit einem jungen Arzt im Schlepptau zurück. Dieser
rief sofort sein Team zusammen, eine Trage wurde herbeigeschafft,
auf die Lupin verfrachtet wurde, und schon waren alle im
nächsten Behandlungsraum verschwunden, Harry und Sirius waren
alleine.
Sirius konnte seine extreme Nervosität nicht vor Harry
verbergen, er schritt immer auf und ab. Harry, ebenfalls nervös
und geschockt, überlegte. Sirius brach die Stille.
"Was können wir denn jetzt noch tun?" fragte er.
"Abwarten. Ich bin mir sicher, die Ärzte tun alles, was in
ihrer Macht steht."
"Hmmm... Was könnte denn passiert sein? Und warum war er
eigentlich in meiner Wohnung?" überlegte Sirius.
"Wir werden ihn sicher bald danach fragen können,"
sagte Harry und klang dabei viel optimistischer, als er sich
überhaupt fühlte.
Harry versuchte, Sirius zu beruhigen, leider ohne großen Erfolg,
denn er selbst war zu aufgeregt, um Ruhe zu verbreiten. Harry
zeigte seine innerliche Unruhe, indem er alle halbe Minute auf
die Uhr schaute.
Eine Krankenschwester kam, um Lupins Personalien aufzunehmen.
Nachdem sie von Sirius und Harry die nötigen Auskünfte erhalten
hatte, ging sie wieder.
Wie konnte diese Sache passiert sein? Würde Lupin es schaffen?
Harry hatte Angst, sie waren zu spät für seinen ehemaligen
Lehrer aus Hogwarts und Freund seines Vaters und Sirius gekommen.
Er war sich sicher, daß Sirius es nicht verkraften würde,
seinen letzten Freund aus der damaligen Zeit zu verlieren.
In seinem dritten Schuljahr hatte Harry Lupin kennengelernt, er
hatte ihm im Hogwartsexpress vor dem Dementor beschützt und ihm
auch gezeigt, wie man diese abwehren konnte. In seiner ganzen
Schulzeit war Remus Lupin sein Lieblingslehrer im Fach
Verteidigung gegen die dunklen Künste gewesen. Doch nach nur
einem Jahr verließ er die Schule, weil die Tatsache, daß er ein
Werwolf war, ans Licht kam und er Angst hatte, die Schüler
könnten sich vor ihm fürchten und die Eltern könnten sich
beschweren. Damals war Harry der Abschied schwer gefallen.
Inzwischen war schon eine halbe Stunde vergangen und die beiden
hatten noch keine Neuigkeiten über Remus Lupins Befinden.
Nachdem weitere Minuten vergangen waren, kam endlich der Arzt,
der sie empfangen hatte, auf sie zu, um ihnen alle Neuigkeiten
mitzuteilen. Mit gespannten Mienen schritten Harry und Sirius auf
ihn zu.
"Wir konnten die Blutung stoppen und die Wunde
säubern," erklärte der Arzt freundlich.
"Wird er durchkommen?" fragte Harry sofort.
"Das kann ich Ihnen leider noch nicht sagen. Wir können im
Moment nur abwarten."
Harry und Sirius waren kaum erleichtert, immer noch hatten sie
wahnsinnige Angst, nie wieder mit Remus sprechen zu können, ihn
zu verlieren. Der junge Arzt berichtete weiter und versicherte
ihnen, daß er sich sofort melden würde, wenn eine sich
Änderung getan hätte.
Harry dachte nach, was am besten zu tun sei. Sirius schien
ebenfalls zu überlegen. Sie mußten Dumbledore benachrichtigen.
Er wußte sicher, was zu tun war. "Sirius, wir müssen
Dumbledore eine Eule schicken."
"Hm."
"Bleib' du ruhig hier. Ich kann schnell zu dir nach Hause
laufen, es ist ja nicht sehr weit. Von dort aus schicke ich
Hedwig los." bot Harry an.
Sirius stimmte zu, und so trennten sich ihre Wege. Sirius ging
weiterhin im Warteraum auf und ab, Harry rannte, so schnell ihn
seine Beine trugen, zurück zu Sirius kleinem Haus.
Rechts. Die Straße lang. Langsam rasselte Harrys Atem. Aber er
rannte unbeirrt weiter. Nachdem er links abgebogen war, konnte er
schon von Weitem Sirius zu Hause sehen. Er beeilte sich nun noch
mehr und traf schließlich keuchend bei Hedwig ein.
Sofort suchte er ein Stück Pergament und eine Feder, dann
schreib er einen Brief an Dumbledore. Daß er in Eile war, konnte
man Harrys Schrift ansehen. Schnell beendete er den Brief, band
ihn an Hedwigs Bein und nachdem ihr Harry gesagt hatte, sie solle
zu Dumbledore fliegen und er würde im Krankenhaus auf sie
warten, schwang sich die treue Schneeeule hoch in die Lüfte und
verschwand in Sekundenschnelle aus Harrys Sichtweite.
Genauso schnell wie vorhin machte sich Harry auf den Weg zurück
ins Krankenhaus. Er beschloß, zuerst im Warteraum nach Sirius zu
sehen.
Die Ellenbogen in die Knie gestützt, den Kopf in den Händen,
schaute Sirius auf den Boden.
"Ist- ist etwas passier?" Harry war besorgt. Gab es
schlechte Neuigkeiten, oder hatte Sirius seine Nervosität etwas
gezügelt?
"Nein, es gibt keine Neuigkeiten."
Harry war erleichtert, war aber immer noch sehr angespannt, denn
immer noch überlegte er sich, ob Remus Lupin überhaupt noch
Chancen hatte, und ob er sonst noch irgend etwas tun konnte, doch
ihm fiel nichts mehr ein. Sie konnten nur abwarten und in der
Nähe sein, für alle Fälle.
~~~
Weiß. - Alles Weiß. - Überall Weiß. - Weißer Nebel? - Weiße
Luft? - Weißer Raum? - Weißes Licht? - Weiße Dunkelheit? -
Nichts als Weiß. - Weißes Nichts.
Was war das? - Warum war alles weiß? - Warum? - Wo war dieser
Ort? - War dies ein Ort? - Was war dies überhaupt? - War dies
einfach nur... - Weiß?
Ein leiser Hall verbreitete sich. - Allmählich, sehr allmählich
immer lauter werdend. - Tock. - Was war das? - Tock. - Schon
wieder. - Tock. - Es wurde lauter. - Tock. - Noch lauter. - Tock.
- Schon wieder. - Geradeaus. - Geradeaus war ein Schatten. - Kein
Weiß? - Nein, ein Schatten. - Er näherte sich. - Seine Umrisse
wurden klarer? - Ein Mensch? - Ja. - Kein Zweifel. - Ein Mensch.
- Er hielt inne. - Wieder Tock. - Er ging weiter. - Oder war es
eine sie? - Nein, ein er. - Die Umrisse wurden noch klarer. -
War... - War es... - "James?" - Ein lauter Hall
ertönte. - Einen Schritt. - Noch einen Schritt. - Und noch
einen. - Nun konnte man endlich das Gesicht erkennen. -
"James!" - Erneut lautes Hallen. - Dieses Mal konnte
man das ausgesprochene Wort verstehen. - Ja, er war es wirklich.
- Ein paar Schritte noch. - Jetzt... - Jetzt standen sie sich
endlich gegenüber.
"Remus." - Die Stimmte war sanft. - Sie hallte nicht
sehr stark wieder. - Man konnte sie gut verstehen.
"Bist... bist du es wirklich?"
"Ja."
War es wahr? - Konnte es wahr sein? - Was das wirklich James?
"Komm mit!"
"Aber wohin?"
"Komm einfach, es ist eine Überraschung!" - Ein
Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des Gegenüber aus. - Ein
warmes, angenehmes Lächeln. - Alles schien leicht. - Alles
schien irgendwie zu schweben. - Das Weiß war angenehm. - Es
konnte nichts schaden, seinem alten Freund zu folgen. - Ein paar
Schritte... - Und noch ein paar. - Ein langer Weg. - Ein langer,
weißer Weg. - Dort. - In der Ferne war etwas. - Es war nicht
weiß. - Es war dunkel. - Was war es? - Man konnte es noch nicht
erkennen. - Es war zu weit entfernt. - Es kam näher. - Nur noch
einige Meter und es war in Sichtweite. - Ein Schritt. - Noch ein
Schritt. - Und noch ein Schritt. - Jetzt. - Endlich konnte man es
erkennen. - Ein großes, schwarzes Tor. - Es war hölzern. - Noch
ein Schritt. - Jetzt erkannte man viele feine Verzierungen. -
Noch ein paar Schritte. - Und noch ein paar. - Nun befand sich
das Tor nur noch knappe zwei Meter entfernt. - James ging einige
Schritte vor. - Er öffnete das Tor. - Es quietschte. - Wenn man
durch das Tor blickte, sah man eine Landschaft. - Eine Landschaft
mit vielen Grünpflanzen, viel Natur. - Man sah Tiere. - Und
Sonnenschein. - Alles wirkte paradiesisch. - Alles war zu schön,
um wahr zu sein. - Alles wirkte unecht. - Genauso wie das Weiß.
"Remus, komm', reich' mir deine Hand."
Sollte er? - Oder sollte er nicht? - Langsam streckte er die Hand
in Richtung James aus. - Noch einige Zentimeter bis zur
Berührung. - Lupin stockte. - Sollte er wirklich? - Er war sich
unsicher. - Was würde passieren, wenn er James die Hand reichte?
- Alles schien ihm so irreal, Lupin wußte nicht mehr, was er tun
sollte. - Er zog seine Hand zurück. - Plötzlich war James
verschwunden, das Tor ebenfalls. - Wieder war da nur der Hall. -
Und das Weiß. - Das reine Weiß. - Nichts als Weiß - Das weiße
Nichts.
Author's
Note:
Yeah! So, die Überarbeitungen der Kapitel sind
beendet, jetzt kann ich mich in aller Ruhe der Fortsetzung
widmen.
Kommentare bitte an RealChoChang@gmx.net!
Cho ^^
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für Kommentare zu dieser Geschichte sehr dankbar!
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