Der Schatten

Gespannt überflog Harry den Brief seines Paten.

Hallo Harry!
Danke für Deinen Brief!
Mir geht es gut. Ich hoffe, bei Dir ist auch alles okay?
Leider kann ich Dir keine näheren Informationen zum Aufstand geben.
Bis bald!
Schnuffel

Sirius Handschrift war ziemlich unleserlich, er hatte den Text wahrscheinlich in aller Eile verfaßt.

Harry drehte den Zettel um und krakelte eine Nachricht an Schnuffel auf die Rückseite.

Lieber Schnuffel,
Bei mir ist alles klar.
Hedwig kam sehr schnell mit deiner Antwort zurück. Ich weiß, du kannst mir nicht schreiben, wo Du Dich gerade aufhältst, deswegen frage ich gar nicht erst.
Sag' 'mal, weißt du, wer oder was Lupin angegriffen hat? Er ist jetzt hier auf Hogwarts und unterrichtet wieder!
Morgen beginnt das Quidditch-Training!
Tschüs!
Harry

Nachdem der Junge fertig war bemerkte er, daß seine Eule schon fort war. Harry beschloß, die Nachricht am nächsten Morgen abzuschicken. Schnell zog er sich um und legte sich hin. Er wollte für den nächsten Tag gut ausgeschlafen sein.

~~~

Nach einem frühen und ausgiebigen Frühstück lief Harry Cho über den Weg, die auch gerade fertig gegessen hatte. Da sie noch jede Menge Zeit hatten, gingen sie etwas im Schloß herum und landeten schließlich in einem leeren Klassenraum.

Harry nahm auf einer der Fensterbänke Platz, Cho setzte sich neben ihn. Die Sonne schien durch die Fenster und wärmte die beiden.

Harry legte langsam und vorsichtig, um ja nichts falsch zu machen, seinen Arm um Chos Schultern und zog sie etwas näher zu sich. Sie ließ ihren Kopf auf Harrys Schulter sinken.

"Weißt du, ich fühle mich immer so wohl, wenn ich mit dir zusammen bin," sagte Harry. "Ich weiß auch nicht, wie ich es sagen soll..."

"Schhh," sagte Cho und berührte mit ihrem Zeigefinger Harrys Lippen, dann schaute sie hinauf in dessen grüne Augen. Cho beugte sich hinauf und gab ihm einen langen Kuß.

~~~

Harry saß im Zaubertränkeunterricht und kaute an einem schon ziemlich kurzen Bleistiftstummel. Neben ihm war Ron gerade damit beschäftigt, ein nicht sehr qualitatives Bild von Snape, auf das wir an dieser Stelle nicht länger eingehen wollen, zu zeichnen, Hermine saß zu seiner Rechten und schrieb die Zutaten auf, die Snape gerade unter einem extrem lauten und unangenehmen Quietschen, daß die Kreide beim Kollidieren mit der Tafel von sich gab, angeschrieben hatte.

Harry verdrängte die Gedanken an Cedrics Tod, die schon wieder in seinem Kopf herumtanzten und zwang sich, an das Quidditch-Training zu denken, daß in ungefähr einer halben Stunde beginnen würde, eine viertel Stunde nach Unterrichtsende. Wenn Harry diese fünfzehn Minuten des nackten Horrors überlebte, konnte er endlich nach draußen und sich seinem über alles geliebten Quidditch widmen.

Harry vertrieb sich die nächsten Minuten mit Gedanken an jedes einzelne Schweifhaar seines Feuerblitzes, schließlich schweiften sie auch zum wundervollen Abend des Vortages. Über Harrys Gesicht huschte ein glückliches Lächeln.

Plötzlich spürte er, wie ihm jemand in die Rippen stieß. Ah, Hermine. Super, der Unterricht war beendet, er hatte tatsächlich überlebt und dieses Mal nur 15 Punkte abgezogen bekommen. Nun war Snapefreie Zone angesagt!

Harry sprintete schnell voraus und warf sich in seinem Schlafsaal eine andere Robe über, dann griff er nach seinem Feuerblitz und machte sich gemächlich auf in Richtung Quidditch-Feld. Er hatte noch jede Menge Zeit.

Gemütlich und langsam lief Harry durch die Gänge des Schlosses. Nun betrat er die grünen Ländereien Hogwarts, bis er schließlich zum Quidditch-Feld gelangte.

Dort, mitten auf dem Feld stand Cho und winkte ihm lächelnd zu. Harry winkte zurück und lief auf sie zu. Einige Meter von ihr entfernt sah Harry, wie Fred und George Weasley sich mit den drei Mädchen des Teams unterhielten. Als er nur noch einige Meter von Cho entfernt war, überkam ihn ein höchst merkwürdiges Gefühl.

Harry zitterte leicht, es wurde mit einem Schlag kalt und dunkel, man hatte das Gefühl, jemand hätte das Sonnenlicht gedämmt.

Dort, ein rabenschwarzer Schatten! Er hüllte Cho in sich. Nein! Harry rannte auf das vor Kälte zitternde Mädchen zu. Zu spät! Ein unsagbar heller Blitz und alles war so wie vorher, mit einer Ausnahme: Cho war verschwunden.

Harry sank auf seine Knie und nahm gar nicht mehr war, daß Fred und George, dicht gefolgt von Alicia, Angelina und Katie auf ihn zurannten. Niemand wußte so recht, was gerade passiert war, aber keiner von den Fünfen war so aufgelöst wie Harry, der nur für die anderen unverständliches Zeug vor sich hinmurmelte.

~~~

Das Quidditch-Feld! - Cho! - Der schwarze Schatten! - NEEEEEEIIIIIIIIIN!!!

Harry legte einen Senkrechtstarter hin. Sein Haar war feucht und viele kleine Schweißperlen liefen an seinem Gesicht und überhaupt an Harrys ganzem Körper herunter.

Zaghaft schaute er sich um. Er war in der Krankenstation. Alles war dunkel, niemand in Sicht- oder Hörweite.

Harry überlegte, was passiert war. Wie ein Film spielte sich alles, genauso wie in seinem Traum kurz zuvor, erneut vor den Augen des Jungen ab. Alles, was danach geschehen war, schien aus seinen Erinnerungen gelöscht worden zu sein.

Nein, dachte Harry. Nein, nein, nein! Das durfte nicht wahr sein! Das konnte nicht wahr sein! Und doch sagte eine Innere Stimme zu ihm, daß es wahr war, daß es wirklich geschehen war.

Warum?, fragte er sich. Warum war Cho verschwunden? Wie war das nur möglich? Und warum hatte er vorher diese merkwürdigen Träume gehabt, die den selben Sachverhalt, nur mit einem Kaninchen an Chos Stelle, widergespiegelt hatten.

Harry fuhr sich mit der Hand durchs Haar, ließ sie sinken und nahm seine Brille ab. Der Junge zog die Beine an und schlang seine Arme um die diese, den Kopf ließ er langsam auf die Knie sinken. Er zitterte.

Endlich hatte er jemanden gefunden, mit dem er sich sehr gut verstand, für den er mehr als nur einfache Zuneigung, ja, wahrscheinlich sogar Liebe, empfand. Und nun war sie einfach verschwunden.

Harry hatte irgendwie das Gefühl, daß alles seine Schuld war. Er machte sich unheimliche Vorwürfe, den merkwürdigen Traum nicht ernst genommen zu haben.

So saß er eine lange Zeit lang da, bis Harry endlich in den Schlaf abdriftete.

~~~

Harry war aufgewacht, hielt seine Augen aber noch geschlossen und bewegte sich nicht. Gerade waren ihm wieder alle Geschehnisse in den Sinn gekommen. Zaghaft blinzelte er ein paar Mal. Durch die kurze Öffnung drang helles und warmes Tageslicht in Harrys Bewußtsein. Langsam machte er die Augen auf und löste seine gekrümmte und zusammengekauerte Pose.

Mit einem kurzen Blick durch den Raum erfaßte er die Anwesenheit seiner beiden besten Freunde, die nun auf Stühlen neben seinem Bett saßen, er vernahm auch einige Geräusche, die darauf hindeuteten, daß Madam Pompfrey gerade im Nebenraum arbeitete.

Plötzlich sprang Hermine auf, legte in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit die wenigen Meter, die ihr Stuhl von Harrys Bett entfernt stand, zurück und umarmte ihn.

"Es tut mir ja so leid, Harry," flüsterte sie mit ihrer warmen und angenehmen Stimme.

In der Umarmung steckte viel Wärme und Zuneigung, was Harry sehr an Cho und ihre Umarmungen erinnerte, jedoch spürte er auch die große Sorge seiner Freundin.

Hermine ließ ihn los, sie hinterließ einen angenehmen Duft, der Harry etwas an Rosen erinnerte.

Ron blickte ihn mit ernster und sorgenvoller Miene an. "Alles okay?"

Harry nickte, auch wenn es nicht so war und es Hermine und Ron genauso offensichtlich sein mußte wie ihm selbst.

"Fred und George haben schon alles mit Dumbledore geklärt, er möchte dich nachher aber trotzdem noch einmal sprechen." Während Harry seine Brille aufsetzte hörte er weiter Rons Worten zu. "Du kannst so lange hierbleiben, wie du möchtest."

Harry nickte, warf seine Beine über die Bettkante und stand auf. Er zwang sich zu einem Lächeln, daß alles andere als echt wirkte und seine Muskulatur stark beanspruchte. "Danke."

"Wo willst du hin?" fragte Hermine leise.

"Ich geh' mich umziehen und dann in den Unterricht." Harry verließ raschen Schrittes die Krankenstation, Hermine und Ron sprinteten hinter ihm her.

Harry tat, was er gesagt hatte, doch nahm er es irgendwie nicht richtig war. In seinen Gedanken war er immer nur bei Cho. Verschiedene ihrer Bilder setzten sich in Harrys Gedanken fest. Da war Cho an seinem Geburtstag im Hof des Tropfenden Kessels, Cho beim Frühstück, Cho im leeren Klassenzimmer und dann immer wieder das Bild von ihr, kurz bevor sie verschwand.

Als Harry schließlich, begleitet von Hermine und Ron, den Kerker betrat, wurde er von vielen Sarkastischen Lächeln der Slytherins, sowie vielen besorgten Gesichtern der Gryffindors empfangen. Das Ereignis hatte sich also schon herumgesprochen. Dracos Gesichtsausdruck, der nicht richtig definierbar war, wurde von niemandem bemerkt.

"Setzen Sie sich!" bellte Snape, man hatte ihm deutlich eingeschärft, er solle Harry einfach ignorieren und in Ruhe lassen. Snape war aber der Ansicht, daß Ablenkung die beste Methode in solchen Situationen war und er auch noch seinen Spaß dabei hatte, forderte er Harry in dieser Stunde mehr als zuvor, zog ihm allerdings keine Punkte ab, was er jedoch kurz vor Ende der Stunde bei Ron nachholte.

Hermine und Ron führten Harry in die Große Halle zum Mittagessen. Der Weg war eine leicht problematische Prozedur, da Harry nicht registrierte, wo er hin lief und mehrmals falsche Wege einschlug, bis Ron dazu übergegangen war, ihn am Handgelenk hinter sich herzuzerren. So kamen sie auch erst zum Ziel, als viele der Schüler ihr Mittagsmal schon beendet hatten.

Von beiden Seiten wurde Harrys Teller mit seinen Lieblingsspeisen vollgeschaufelt, er allerdings bemerkte es in seinem Gedankenfluß nicht, außerdem hätte er sowieso nichts heruntergebracht, seine Kehle war wie zugeschnürt und er hatte das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu müssen.

Hermine und Ron machten sich große Sorgen um Harry. Es mußte mehr hinter allem stecken als bloß dieses Verschwinden, sonst würde Harry nicht so abwesend sein. Sie nahmen sich insgeheim vor, Harry danach zu fragen, jedoch noch nicht zu diesem Zeitpunkt.

Bis Ron und Hermine es aufgegeben hatten, auf Harry einzureden, damit er etwas aß, hatte sich das Saal fast vollkommen geleert. Dumbledore erschien ziemlich plötzlich und ging langsam auf die drei zu. "Harry, würdest du bitte mit in mein Büro kommen?"

Harry nickte und folgte dem Schulleiter mit gesenktem Kopf. Schon bald waren sie über die lange Wendeltreppe zu Dumbledores Arbeitsplatz emporgestiegen. Der Professor öffnete die Tür für Harry, der daraufhin den Raum betrat. Es war angenehm warm und hell, Harry fröstelte trotzdem. Es ließ sich steif in den ihm von Dumbledore zugewiesenen Stuhl sinken.

Mit einem sehr eindringlichen Blick in Harrys Augen lenkte Dumbledore die Gedanken des Jungen an den Ort, an dem er sich gerade befand.

"Es tut mir sehr leid, Harry, aber ich kann dir das hier leider nicht ersparen," begann der Schulleiter, "Fred und George Weasley haben mir zwar schon alles erzählt, ich muß dich jedoch leider auch noch befragen. Bitte erzähl mir, was geschehen ist."

Harry erzählte schweren Herzens alles, was passiert war. Zwischendurch schluckte er und pausierte. Als Harry geendet hatte, was seine Stirn von Schweiß naß, seine Haare waren noch mehr durcheinander als sonst. Den Traum, den er gehabt hatte, erwähnte Harry allerdings nicht.

"Ich weiß, was du durchmachst, Harry," sagte Dumbledore mit einer warmen und behaglichen Stimme. Er erhob sich von seinem Stuhl, ging ein paar Schritte und legte seine Hand auf Harrys Schulter. "Es ist ein großer Schock, wenn jemand, den man sehr mag, einfach so verschwindet und man auch noch dabei ist und nichts tun kann. Ist in der Zeit vor dem Ereignis vielleicht irgend etwas Merkwürdiges passiert?" Dumbledores Griff festigte sich, er machte zwei Schritte, beugte sich vor und schaute in Harrys Augen. "Ich weiß, Ungewißheit ist das Schlimmste, deswegen mußt du mir alles erzählen, damit ich versuchen kann, zu helfen."

Harry schluckte geräuschvoll. Er mußte es Dumbledore sagen.

"Ich... Ich hatte in der letzten Zeit merkwürdige Träume... Ich habe alles, was passiert ist, schon vorher gesehen. Nur war Cho nie dabei, alles passierte mit einem Kaninchen," stotterte Harry. Es schlug die Hände vors Gesicht und zitterte leicht. "Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte er verhindern müssen. Es ist alles meine Schuld."

Dumbledore schüttelte den Kopf. "Nein, du kannst nichts dafür, Harry. Wie hättest du das auch wissen können?" versuchte der Schulleiter, Harry zu beruhigen. "Bitte versuch', so gut wie möglich wieder in den Alltagstrott zu kommen," wies ihn Dumbledore an. "Und wenn noch irgend etwas passiert, ein seltsamer Traum oder Ähnliches, benachrichtige mich bitte!"

Harry nickte. Dann fragte er: "Professor, haben Sie schon irgendeine Idee, was passiert sein könnte? Und wie wir Cho zurückholen können? Und ob sie überhaupt noch..." Harrys Worte erstickten, er schluckte.

"Tut mir leid, aber ich habe noch keine Ahnung... Ich könnte jetzt sagen, daß du dir keine Gedanken darüber machen sollst, aber das wäre falsch. Du könntest uns entschieden weiterhelfen. Nur bitte melde dich, wenn etwas Ungewöhnliches passiert!" endete Dumbledore mit starkem Nachdruck.

Harry war von dieser ehrlichen und offenen Rede stark beeindruckt und verabschiedete sich von Dumbledore und machte sich auf den Weg zum Verwandlungs-Klassenraum.


Disclaimer:
Fast alle in dieser Geschichte vorkommenden Personen und Handlungsorte gehören Joanne K. Rowling. Mir gehört einzig und allein die Handlung selbst, deswegen wäre ich Euch dankbar, wenn Ihr mich fragen würdet, wenn ihr die irgendwo veröffentlichen wollt.
Ich schreibe diese Geschichte nur aus Spaß am Schreiben und an den Harry Potter-Büchern. Ich bin leider erst 15 Jahre alt, deswegen ist die Story vielleicht nicht so ausgeklügelt und mein Stil nicht so perfekt, trotzdem hoffe ich, Euch mit meinen Geschichten etwas Freude zu bereiten.



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