Mara beobachtete mit wachsender Beunruhigung wie McQuinn sein Messer in die Glut des niedergebrannten Feuers hielt. Nicht etwa des Messers wegen, sondern eher weil ihr nicht mehr viel Zeit blieb, die verdammten Fesseln loszuwerden, die sie daran hinderten irgendetwas zu unternehmen.
Ozzi saß neben ihr und strich mit seinem Messer immer wieder leicht über Mara's Kehle und diese versuchte ihn so gut es ging zu ignorieren, was ihr allerdings zugegebenermaßen schwer fiel. Für eine Unsterbliche war der Hals immerhin das wichtigste Körperteil und Mara hatte bereits beschlossen, dass Ozzi noch am Ende dieses Tages in der Hölle schmoren würde.
Draußen war es immer dunkler geworden und da keiner das Feuer neu entfacht hatte war das dunkelrote Schimmern der Glut das einzige Licht im Dunkel der großen Höhle. Mara spürte McQuinn's Blick auf sich ruhen und als sie kurz aufsah war sein Gesicht zu einer teuflischen Fratze verzogen und in seinen Augen spiegelte sich die Glut wider. Mara war sich nicht sicher, ob der rote Schimmer tatsächlich vom Feuer oder aus seinem Innern kam.
Mara biss die Zähne zusammen, als die Fesseln immer tiefer in ihre Knöchel schnitten. Sie spürte bereits das warme Blut, dass ihre Handgelenke hinunter rann. Endlich konnte sie ihre Hände leicht bewegen. Noch einige Minuten und sie war frei. Das Blut machte ihre Hände glitschig und tränkte die Fesseln, sodass diese elastischer wurden.
Plötzlich spürte Mara einen stechenden Schmerz und sie zuckte instinktiv zurück als Ozzi's Messer tiefer die empfindliche Haut ihres Halses ritzte. Ozzi gab einen grunzenden Laut von sich und hielt ihr das Messer vors Gesicht, damit Mara ihr eigenes Blut sehen konnte, dass langsam die Klinge nach unten rann.
Dann geschah alles in Sekundenschnelle, als Mara plötzlich die Hand frei bekam und sie Ozzi mit aller Wucht in den Magen rammte. Dieser taumelte leicht zurück, verlor das Gleichgewicht und fiel auf den Rücken, während Mara mit einem katzenartigen Sprung geschmeidig über die Glut hinwegsetzte und McQuinn, der gerade hatte aufstehen wollen, mit sich zu Boden riss.
Mara rollte herum, so dass McQuinn über ihr lag und sprang in die Höhe. In der gleichen Bewegung entriss sie McQuinn, den sie mit sich nach oben zog, das Messer und schleuderte es nach Ozzi, der soeben seinen Revolver auf sie angelegt hatte.
Mara hörte einen Knall, der in der Höhle tausendfach widerzuhallen schien und einen lauten Schrei. Sie blinzelte, als ihr von der zu schnellen Bewegung schwindelig wurde und als sie wieder klar sehen konnte, lag Ozzi auf dem Boden. Sein Hemd färbte sich blutrot dort wo ihn das Messer direkt ins Herz getroffen hatte. Seine weit aufgerissenen toten Augen starrten Mara mit einem Ausdruck tiefsten Entsetzens und Verwunderung an.
Mara gönnte sich nur eine Sekunde der Genugtuung, dann betrachtete sie McQuinn, der sie mit trüben Augen anstarrte. Blut floss in einer dünnen Linie aus seinem Mundwinkel und er röchelte leise, während er sich krampfhaft an ihrem Mantelkragen festhielt. Mara grinste das Grinsen eines Teufels. Den Schuss, den Ozzi abgegeben hatte, hatte McQuinn für sie abgehalten, als sie ihn wie ein Schild benutzt hatte.
"Mist. Stück.", brachte McQuinn röchelnd hervor und versuchte mit einer zitternden Hand nach Mara's Kehle zu greifen, doch sie blieb für ihn unerreichbar. Mara stieß ihn von sich weg und er taumelte zuerst über die Überreste des Feuers und dann über Ozzi's Leiche, dann fiel er mit einem dumpfen Schrei, der eher nach einem Krächzen klang, rücklings auf den Boden.
Mara war mit wenigen Schritten bei ihm. Sie griff nach dem Messer, dass Ozzi hatte fallen lassen und beugte sich über McQuinn, der sie mit vor Angst geweiteten Augen ansah. Mara presste das Messer leicht gegen seinen Hals und starrte ihn einige Sekunden lang unverwandt an. Dann zog sie das Messer mit einer fließenden Bewegung über seine Kehle und trat zurück, als McQuinn in sich zusammen sackte.
Mara ließ das Messer fallen und es landete klappernd auf dem steinernen Boden neben ihren Füßen. Sie betrachtete ihre zerschundenen Handgelenke, doch diese waren noch nicht vollkommen geheilt. Hinter sich hörte sie schnelle Schritte und laute Rufe, doch Mara musste sich nicht erst umdrehen um zu wissen, dass sie gegen die Männer, die hereingestürmt kamen, keine Chance hatte.
Doch das kümmerte sie nicht. Sie hatte fürs Erste erreicht, was sie hatte erreichen wollen. Etwas Hartes traf sie im Nacken und als Mara zusammenbrach und Dunkelheit sie überkam verspürte sie nur dumpfe Zufriedenheit.
TBC...
