Phase 2 - NERV
Kapitel 10: Death Match
Misato Katsuragi verließ am Ende eines langen Schultages ihre Wirkungsstätte und steuerte auf den Parkplatz zu.
Insgeheim freute sie sich auf ein Gespräch mit Ryoji Kaji, der sich selbst als Agenten des Innenministeriums in geheimer Mission bezeichnet hatte, und richtete den Blick sogleich auf die andere Seite der Straße.
Doch der Platz, an dem Kajis Wagen gestern und am Tag zuvor gestanden hatte, war leer. Misato spürte, wie sich Enttäuschung in ihr ausbreitete.
Schade... Vielleicht hätte ich es geschafft, von ihm zum Essen eingeladen zu werden... Ob er wirklich ein Spion ist? Der Ausweis, den er mir gezeicht hat, sah echt aus... Hm, und wenn der Schüler, oder die Schülerin, auf die er achtgeben soll, heute nicht im Unterricht war...
Sofort fielen ihr Shinji Ikari und Rei Akagi ein, die beide aus Krankheitsgründen heute gefehlt hatten.
Ikari und Akagi... nee... Akagi...
Vor ihrem geistigen Auge entstand das Bild ihrer alten Freundin Ritsuko Akagi, mit der sie sich auf der Uni ein Zimmer geteilt hatte, bis Ritsuko eine unerwartete Pause hatte einlegen müssen.
Vom Alter her könnte sie Ritsukos Tochter sein... nee... Das wäre ein zu großer Zufall...
Sie stieß einen leisen Seufzer aus und ging zu ihrem Wagen.
***
"Lassen Sie mich das nehmen." bot Shinji an und nahm die Tasche mit Reis alten Sachen vom Vortag.
Ritsuko ließ es geschehen, konnte sogar ein beifälliges Nicken unterdrücken.
Wohlerzogener Junge... Äußerlich geht er nicht gerade nach seiner Mutter, wahrscheinlich schlägt er mehr nach seinem Vater. Rei scheint einen besseren Geschmack zu haben als ich...
Sie erinnerte sich an ihren ersten Freund und wie das ganze relativ schnell wieder in die Brüche gegangen war.
Er ist weder drei Jahre älter als sie, noch trägt er eine Motorradlederkluft und rauchen tut er sicher auch nicht... da könnte man fast neidisch werden...
Wieder bemerkte sie einen dieser heimlichen Blicke, welche die meisten Frischverliebten auszutauschen pflegten, wenn sie sich unbeobachtet wähnten.
Als ob sie ein Geheimnis hätten... richtig süß...
Im nächsten Moment rief sie sich selbst zur Ordnung, schließlich hatte sie es sich zur Devise gemacht, Beziehungen unlogisch zu finden - davon abzuweichen konnte das ganze Kartenhaus, auf dem ihre persönliche Sicht der Welt beruhte, zum Einsturz bringen...
Sie wandte sich an den ausländischen Arzt, der Rei am Vorabend eingewiesen hatte.
"Und, Doktor Carter, kann Rei gehen?"
"Unsere Untersuchungen haben nichts Neues ergeben, nach eigenem Bekunden sind die Kopfschmerzen weg, also besteht kein Grund, sie länger hier zu behalten. Ich gebe Ihnen ein Rezept für Kopfschmerztabletten, ansonsten scheuen Sie sich nicht, wieder vorbeizukommen, falls derartige Symptome erneut auftreten."
Sein Japanisch war verständlich, wenn auch mit einem schauderhaftem Akzent verbunden, dazu kamen zum Teil völlig unübliche Umschreibungen, die auf Mängel im Vokabular hindeuteten.
"Natürlich. Und vielen Dank, Doktor Carter."
Sie nickte Rei zu und übernahm die Führung, während die beiden Jugendlichen hinter ihr her-gingen.
An ihrem Wagen angekommen, fragte Ritsuko:
"Shinji, kann ich dich nach Hause fahren? Dann mußt du nicht laufen."
Bevor der Junge antworten konnte, sagte Rei:
"Kann er nicht zu uns mitkommen? Ich würde ihm gern mein Zimmer zeigen und dann könnten wir ein paar alte Fotos ansehen, von Osaka, meinem letzten Geburtstag..."
Ritsuko lachte leise.
"Shinji?"
"Uhm, gern, wenn es keine Mühe macht."
"Ach was, vielleicht fahre ich doch noch ins Institut."
Rei muß ihn ganz schön im Griff haben, daß er bereit ist, sich die alten Bilder anzusehen... oder steckt mehr dahinter? Ritsuko, langsam wirst du paranoid, scholt sie sich selbst.
***
Als Shinji am späten Nachmittag nach Hause kam, wartete sein Vater bereits auf ihn.
"Setzt dich." sagte Gendo Ikari und wies auf einen der Stühle beim Küchentisch.
"Ja, Vater."
Plötzlich fühlte er sich stark eingeschüchtert. In seiner Phantasie trug sein Vater eine dunkle Brille und hatte ein völlig emotionsloses Gesicht.
"Ich muß mit dir reden..."
Gendo seufzte. Als Reaktion zerstob das Bild in Shinjis Kopf und wurde wieder von dem sorgenden Vater ersetzt, mit dem er eigentlich über alles reden konnte.
"Kannst du dir denken, worüber es geht?"
Die Antwort kam über Shinjis Lippen, ohne daß er lange hatte überlegen mmüssen.
"Rei."
"Unter anderem. Magst du dieses Mädchen sehr?"
"Ja, Vater."
"Hm... Und wenn ich dir sage, daß mit ihr Ärger verbunden ist, großer Ärger?"
"Steckt sie in Schwierigkeiten? Das muß ein Mißverständnis sein, Rei..."
Gendo hob beschwichtigend die Hand.
"Die Schwierigkeiten sind viel weitreichender, als du es dir vorstellen kannst. Ihr wart in den letzten Tagen im tokioter EVA-Center?!"
Dem Tonfall entnahm Shinji, daß es eine rhetorische Frage war, auf die sein Vater nicht wirk-lich eine Antwort erwartete, dennoch nickte er.
"Ja, Rei, Asuka, Touji, Kensuke, Hikari und ich."
"Das ist mir bekannt."
Shinji war überrascht. Sein Vater war für die Regierung tätig, wieso mußte er über seine Aktivitäten so gut Bescheid?
"Wie... was ist die Verbindung zwischen dem EVA-Center und Rei?"
Ikari stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte und den Kopf auf die gefalteten Hände.
"Shinji, aufgrund meiner Arbeit gibt es Dinge, die ich nicht offenbaren kann... Aber, Sohn, ich habe Angst um dich."
"Vater, was...?"
"Ihr habt die Aufmerksamkeit einiger einflußreicher Personen erweckt, wahrscheinlich wird man sich bald an dich und die anderen wenden und euch vor eine Wahl stellen... Ich darf dir nicht sagen, worum es geht, nur, daß ich hoffe, daß du die richtige Entscheidung treffen wirst."
"Vater... worum geht es?"
Shinji lächelte, versuchte die Situation aufzulockern.
"Jetzt sag nicht, daß irgendwelche Wesen namens Engel die Erde angreifen werden und daß eine Handvoll von Kindern gesteuerte Mechas, die unter der Bezeichnung EVANGELION laufen, die einzige Hoffnung der Menschheit darstellt."
Sein Versuch scheiterte kläglich...
Gendo wurde kreidebleich, mit einem Schlag schien er blasser als Rei zu sein.
"Shinji, woher..."
Zugleich begriff er, daß sein Sohn seine Worte nicht ganz so ernst gemeint hatte, wie sie bei ihm angekommen waren, versuchte die Lage mit einem Lächeln zu überspielen.
"Hör zu, das bleibt alles unter uns, du darfst weder mit Mutter noch mit jemand anderem darüber reden, verstehst du?"
"Ich... ja, Vater. Willst du sagen, daß ich nicht mehr ins EVA-Center gehen soll? Dann werde ich dort nicht mehr hingehen. Nur verbiete mir nicht, mich mit Rei zu treffen."
"Das hätte wenig Sinn, oder? Und was das Center angeht... dafür ist es bereits zu spät... Naja... und deine Freundin... deine Mutter würde sie sicher gerne einmal kennenlernen. Nach Suzuhara und Aida kannst du sie eigentlich nur noch positiv überraschen."
"Uhm, ja."
"Gut."
Gendo stand auf.
"Tja, das war´s."
Es klingelte an der Tür.
"Ich geh schon."
Shinji sprang auf und lief zur Tür.
Vor der Tür stand Asuka und hielt ihm mehrere Papiere hin.
"Hier, die Hausarbeiten."
"Danke."
Er nahm sie entgegen.
"Der untere Packen ist für Rei."
"Asuka, das..."
Shinji blinzelte.
"Danke", wiederholte er.
"Mach daraus kein Aufheben, ja? Hikari hat mir die Kopien aufs Auge gedrückt. So... Hat´s sich wenigstens gelohnt, die Schule zu schwänzen?"
"Uhm..."
"Na? Was macht Rei? Liegt sie mit hohem Fieber im Bett, oder was?"
"Es ging ihr schon wieder besser... nur... wahrscheinlich der Streß wegen des Umzuges..."
"So? Nun, dadurch erscheint sie richtig menschlich", murmelte Asuka nachdenklich.
"Heißt das, du wirst dich mit ihr vertragen?"
Asuka funkelte ihn an.
"Vielleicht... Wenn es ihr besser geht, kann sie ja morgen wieder mit ins EVA-Center gehen, wir haben euch beide nämlich wirklich vermißt... die 6-Mann-Mission war mit vier Leuten unmöglich zu schaffen, auch bei drei Anläufen nicht."
"So, äh... eigentlich..."
Ihm fielen die Worte seines Vaters wieder ein.
"Komm, du schuldest mir etwas, ich habe Misato-sensei gesagt, du wärst auch krank... Sie will übrigens eine Entschuldigung von deinen Eltern..."
"Ohje..."
Asuka lächelte verlegen.
"Ich habe auch nicht damit gerechnet... Hey, Shinji, wollen wir zusammen Hausarbeiten ma-chen?"
"Äh, ja... Aber ich muß Rei ihre Kopien vorbeibringen..."
"Ich fahre dich nachher bei ihr vorbei", kam Gendos Stimme mit resignierendem Unterton aus der Küche. "Und eine Entschuldigung schreibe ich dir auch... aber nur dieses eine Mal, das nächste Mal mußt du es deiner Mutter erklären."
Shinji, der bei den ersten Worten zusammengezuckt war, strahlte plötzlich über das ganze Gesicht, lief in die Küche und umarmte seinen Vater, der diese Geste mit einem kummervollen Lächeln erwiderte.
***
Rei öffnete die Wohnungstür.
"Shinji? Hast du etwas vergessen?"
"Uh, nein, im Gegenteil. Hier, Kopien für dich."
"Oh, danke. Willst du ´reinkommen?"
Er schüttelte den Kopf.
"Mein Vater wartet unten mit dem Wagen. Aber da ist auch ein Zettel, ganz oben, was heute durchgenommen wurde."
"Ja... Das ist Soryus... Asukas Handschrift..."
"Du erkennst das?"
"Ja."
"Sie hat mir die Sachen vorhin vorbeigebracht... und auch für dich."
"Das ist... seltsam..."
"Ahm, ja... auf der anderen Seite hegt Asuka nie wirklich lange einen Groll gegen jemanden - das heißt, wenn man die ersten Stunden überlebt."
Er grinste breit.
Sein Grinsen war ansteckend.
"Und, ah, kommst du morgen wieder mit ins EVA-Center?"
"Wenn du gehst, ja."
"Gut."
Ritsuko Akagi kam aus dem Bad.
"Schatz, wer ist es denn? Oh, Shinji - ihr zwei könnt euch anscheinend nicht trennen."
"Mama!"
***
In der Mittagspause des nächsten Tages blickte Misato vom Lehrerzimmer aus auf die Straße. Draußen regnete es in Strömen.
Da steht sein Wagen wieder...
Kurz darauf ging sie über den Parkplatz, in der einen Hand einen Regenschirm, in der anderen ein Tablett mit zwei Bechern heißen Kaffees.
Kaji ließ die Fensterscheibe nach unten.
"Ah, Fräulein Katsuragi, irgendwie hatte ich gehofft, Sie heute noch zu sehen."
"Darf ich zu Ihnen in den Wagen steigen, Herr Superspion?"
Kaji lachte.
"Natürlich."
Er entriegelte die Beifahrertür.
Vorsichtig mit dem Tablett balancierend kletterte Misato in den Wagen.
"Was haben Sie denn da?"
"Kaffee. Ich dachte, Sie könnten einen brauchen."
Er nahm einen der Becher.
"Oh, Sie sind ein Engel, Misato... ah... darf ich...?"
"Gern."
"Dann nennen Sie mich bitte Ryoji."
"Hm, Kaji klingt in meinen Ohren besser, geheimnisvoller."
"Ha!"
Er trank einen Schluck.
"Oh, der ist gut."
"Sie werden mir heute sicher auch nicht sagen, auf wen Sie aufpassen sollen."
"Nein."
"Ikari oder Akagi?"
"Bitte, bohren Sie nicht weiter, oder einer von uns beiden muß aussteigen."
"In Ordnung, in Ordnung."
"Misato... würden Sie mit mir heute abend essen gehen?"
"Oh, das... Hm... Gern."
"Gut, ich hole Sie ab. Gegen acht?"
"Ja... Wissen Sie denn, wo ich wohne?"
Er nickte.
"Sehen Sie mal ins Handschuhfach."
"Was?"
Sie öffnete das Handschuhfach, ihre Augen weiteten sich angesichts der Pistole, die darin lag.
"Die Mappe ganz oben."
"Ja... Das ist ja mein Bild... Sie haben meine Akte?"
"Äh... Gehen Sie immer noch mit mir essen?"
"Das hängt davon ab, was hier drinsteht..."
"Nichts verfängliches, Sie sind ein völlig unbeschriebenes Blatt."
"Überprüfen Sie jede Frau, mit der Sie ausgehen?"
"Nein... nur wenn es mit meiner Arbeit zusammenhängt."
"Dann wird es also ein Arbeitsessen?"
"Ich denke, ich kann Arbeit und Privatleben trennen."
"Hm, hier steht wirklich nichts über meine wilde Jugend drin."
"Ja?"
"Ah, ich sehe, das würde Sie interessieren... Vielleicht erzähle ich Ihnen heute abend das eine oder andere."
"Unsere Verabredung steht also?"
"Acht Uhr. Seien Sie pünktlich, Kaji."
"Oh, das werde ich."
***
Rei saß im EntryPlug des EVA-Spieles und wartete darauf, daß die Mission begann.
In der Kommunikationsphalanx leuchtete ein Bild auf. Überrascht nahm Rei zur Kenntnis, daß Asuka einen privaten Kanal zu ihr geöffnet hatte.
Zugleich hellte der Hauptbildschirm auf, zeigte eine riesige ovale Arena. Auf den Rängen saßen zahllose EVANGELIONs der verschiedensten Typen.
"Asuka, was soll das?"
"Der Arena-Modus wurde gestern initialisiert. Bist du bereit?"
"Wozu?"
"Ich denke, wir sollten es hier unter uns austragen."
"Was denn?"
"Nur wir beide, nur du und ich. Der Sieger bekommt Shinji."
Rei riß die Augen auf.
"Was?"
"Wenn ich gewinne, läßt du ihn in Ruhe. Und wenn du gewinnst, gehört er dir."
"Shinji gehört niemanden."
"Wie du meinst... Also, bist du bereit?"
"Ich..."
Rei bemerkte, daß sich hinter ihr ein Waffenbunker geöffnet hatte.
"Asuka, das hat keinen Sinn."
"Ich denke schon. Komm, jetzt nimm dir endlich eine Waffe!"
"Aber warum sollen wir gegeneinander kämpfen?"
"Ich will wissen, wer von uns besser ist... und vergiß nicht, wenn du gewinnen solltest, lasse ich Shinji und dich in Ruhe."
"Hm..."
Rei legte die Stirn in Falten.
"Gut."
Asuka lächelte siegesgewiß, als sie ihren roten EVA ein Beidhandschwert aus dem Waffenbun-ker ziehen ließ.
Rei versuchte einen Kanal zu den anderen zu öffnen, doch es kam keine Verbindung zustande. Sie war ganz auf sich allein gestellt. Ein Gefühl von Einsamkeit umschnürte ihr Herz.
Die Vision eines leeren vernachlässigten Apartments...
Das Geräusch starken Baulärms...
Einsamkeit... Kälte... Leere...
"Rei, was ist?" fragte Asuka herausfordernd.
Rei sah auf.
Ich darf mich nicht ablenken lassen...
Langsam drehte sie sich dem Waffenbunker zu, wählte ein einhändig zu führendes
Schwert und einen Dreiecksschild.
"Ich bin bereit."
Die beiden EVAs standen an gegenüberliegenden Enden des Arenaovals.
In der Mitte der Arena erschien ein Mann in einem dunklen Anzug. Aus den virtuellen Wolken wurde ein Mikrophon herabgelassen, welche er souverän in Empfang nahm.
"Ladies and Gentleman, willkommen zum Kampf des Jahrhunderts. In der einen Ecke der Prototyp EVA-00 mit seiner Pilotin, Rei Akagi, 79 vernichtete Engel zu 2 Niederlagen. In der anderen Ecke der Serientyp EVA-02 mit seiner Pilotin Asuka Soryu Langley, 9 vernichtete Engel zu einer Niederlage. Let´s get ready to rumble!"
Das Mikrophon wurde wieder nach oben gezogen, der Mann löste sich in einen Wirbel von Bits und Bytes auf.
Ich hätte nicht gedacht, daß sie so gut ist...
Asuka schluckte.
Sie muß in Osaka wirklich geübt haben.
Die beiden Giganten marschierten aufeinander zu.
Asuka streckte den rechten Arm mit dem Schwert grüßend aus.
Rei ging auf die Geste ein, die Klingen berührten sich leicht.
Dann ging EVA-00 in eine Defensivhaltung, bei der er den Schild vorstreckte.
Asuka griff sofort an, führte kräftige Zweihandschläge, unter denen Rei langsam Schritt für Schritt zurückwich.
"Na los, Wondergirl, wehr dich!"
Der nächste Hieb durchbrach Reis Abwehr, spaltete den Schild, trennte den Arm von Einheit-00 oberhalb des Ellenbogens ab.
Ein kurzer stechender Schmerz raste Reis Arm hoch, wurde von ihr unbewußt abgeblockt. Taubheit breitete sich in ihrem Arm aus.
Höhere Synchronisationsstufe... dachte sie. Wieso? - Bei dem Spiel gibt es keine Synchronisation zwischen dem Piloten und dem EVA...
Fast hätte Asukas nächster Schlag sie am Kopf getroffen, doch sie konnte gerade noch ausweichen und ihr eigenes Schwert hochkanten, um die andere Klinge abzulenken.
Es geht um Shinji...
Plötzlich spürte sie Wut in sich aufsteigen.
Sie will mir Shinji wegnehmen...
Rei ging in die Gegenoffensive, soweit ihr das möglich war.
Asuka wich rasch ein Stück zurück, hielt sich Rei mit kräftigen Sensenhieben vom Leib.
Rei änderte ihre Taktik, bot Asuka die ungedeckte Seite ihres EVAs als Ziel an, ließ sich im letzten Moment fallen und rammte die Klinge in den Leib des roten EVAs.
EVA-02 ließ sein Schwert fallen, preßte sich die Hände gegen den Leib.
Auf dem Monitor verzog Asuka das Gesicht vor Schmerz.
"Urgh... Das hat sich angefühlt wie ein Tritt..."
EVA-00 trat dem anderen EVA die Beine unter dem Leib weg, sprang selbst schwankend auf, der fehlende Arm wirkte sich auf ihr Gleichgewicht aus.
Asuka riß die Augen auf, als sie Einheit-00 plötzlich über sich stehen sah, das Schwert zum Todesstoß auf ihren Kopf zielend.
"Na los, mach schon. Du hast gewonnen, bring es zu Ende."
"Du erkennst deine Niederlage an?"
"Ja", preßte Asuka durch die Lippen.
Rei schleuderte das Schwert fort, bot Asuka die Hand an, um EVA-02 beim Aufstehen zu helfen.
"Ich möchte dir keinen weiteren Schmerz zufügen... ich hätte dich lieber als Freundin."
"Was?"
Asuka sah sie sprachlos an.
***
Im Kontrollzentrum blickte Midori Sekigahama über Keichi Aidas Schulter.
Auf der Stirn von Kensukes Onkel standen Schweißperlen.
"Ist es wirklich nötig, den Synchronisationsgrad zu erhöhen, Major?"
"Wir testen den Streßlevel."
"Aber einer der Piloten ist mein Neffe."
"Das ist mir bekannt", antwortete sie knapp. "Die Daten Akagis sind sehr interessant. Sie hat bemerkenswert auf die Schmerzimpulse reagiert, als wäre sie entsprechend trainiert worden."
"Kann ich den Test beenden?"
"Nein. Schicken Sie einen Zeruel in die Arena. Und aktivieren Sie die Verbindungen der ande-ren Piloten."
"Sind sie schon für einen solchen Gegner bereit?"
"Das müssen sie sein... das müssen sie..." flüsterte sie bitter.
Kapitel 10: Death Match
Misato Katsuragi verließ am Ende eines langen Schultages ihre Wirkungsstätte und steuerte auf den Parkplatz zu.
Insgeheim freute sie sich auf ein Gespräch mit Ryoji Kaji, der sich selbst als Agenten des Innenministeriums in geheimer Mission bezeichnet hatte, und richtete den Blick sogleich auf die andere Seite der Straße.
Doch der Platz, an dem Kajis Wagen gestern und am Tag zuvor gestanden hatte, war leer. Misato spürte, wie sich Enttäuschung in ihr ausbreitete.
Schade... Vielleicht hätte ich es geschafft, von ihm zum Essen eingeladen zu werden... Ob er wirklich ein Spion ist? Der Ausweis, den er mir gezeicht hat, sah echt aus... Hm, und wenn der Schüler, oder die Schülerin, auf die er achtgeben soll, heute nicht im Unterricht war...
Sofort fielen ihr Shinji Ikari und Rei Akagi ein, die beide aus Krankheitsgründen heute gefehlt hatten.
Ikari und Akagi... nee... Akagi...
Vor ihrem geistigen Auge entstand das Bild ihrer alten Freundin Ritsuko Akagi, mit der sie sich auf der Uni ein Zimmer geteilt hatte, bis Ritsuko eine unerwartete Pause hatte einlegen müssen.
Vom Alter her könnte sie Ritsukos Tochter sein... nee... Das wäre ein zu großer Zufall...
Sie stieß einen leisen Seufzer aus und ging zu ihrem Wagen.
***
"Lassen Sie mich das nehmen." bot Shinji an und nahm die Tasche mit Reis alten Sachen vom Vortag.
Ritsuko ließ es geschehen, konnte sogar ein beifälliges Nicken unterdrücken.
Wohlerzogener Junge... Äußerlich geht er nicht gerade nach seiner Mutter, wahrscheinlich schlägt er mehr nach seinem Vater. Rei scheint einen besseren Geschmack zu haben als ich...
Sie erinnerte sich an ihren ersten Freund und wie das ganze relativ schnell wieder in die Brüche gegangen war.
Er ist weder drei Jahre älter als sie, noch trägt er eine Motorradlederkluft und rauchen tut er sicher auch nicht... da könnte man fast neidisch werden...
Wieder bemerkte sie einen dieser heimlichen Blicke, welche die meisten Frischverliebten auszutauschen pflegten, wenn sie sich unbeobachtet wähnten.
Als ob sie ein Geheimnis hätten... richtig süß...
Im nächsten Moment rief sie sich selbst zur Ordnung, schließlich hatte sie es sich zur Devise gemacht, Beziehungen unlogisch zu finden - davon abzuweichen konnte das ganze Kartenhaus, auf dem ihre persönliche Sicht der Welt beruhte, zum Einsturz bringen...
Sie wandte sich an den ausländischen Arzt, der Rei am Vorabend eingewiesen hatte.
"Und, Doktor Carter, kann Rei gehen?"
"Unsere Untersuchungen haben nichts Neues ergeben, nach eigenem Bekunden sind die Kopfschmerzen weg, also besteht kein Grund, sie länger hier zu behalten. Ich gebe Ihnen ein Rezept für Kopfschmerztabletten, ansonsten scheuen Sie sich nicht, wieder vorbeizukommen, falls derartige Symptome erneut auftreten."
Sein Japanisch war verständlich, wenn auch mit einem schauderhaftem Akzent verbunden, dazu kamen zum Teil völlig unübliche Umschreibungen, die auf Mängel im Vokabular hindeuteten.
"Natürlich. Und vielen Dank, Doktor Carter."
Sie nickte Rei zu und übernahm die Führung, während die beiden Jugendlichen hinter ihr her-gingen.
An ihrem Wagen angekommen, fragte Ritsuko:
"Shinji, kann ich dich nach Hause fahren? Dann mußt du nicht laufen."
Bevor der Junge antworten konnte, sagte Rei:
"Kann er nicht zu uns mitkommen? Ich würde ihm gern mein Zimmer zeigen und dann könnten wir ein paar alte Fotos ansehen, von Osaka, meinem letzten Geburtstag..."
Ritsuko lachte leise.
"Shinji?"
"Uhm, gern, wenn es keine Mühe macht."
"Ach was, vielleicht fahre ich doch noch ins Institut."
Rei muß ihn ganz schön im Griff haben, daß er bereit ist, sich die alten Bilder anzusehen... oder steckt mehr dahinter? Ritsuko, langsam wirst du paranoid, scholt sie sich selbst.
***
Als Shinji am späten Nachmittag nach Hause kam, wartete sein Vater bereits auf ihn.
"Setzt dich." sagte Gendo Ikari und wies auf einen der Stühle beim Küchentisch.
"Ja, Vater."
Plötzlich fühlte er sich stark eingeschüchtert. In seiner Phantasie trug sein Vater eine dunkle Brille und hatte ein völlig emotionsloses Gesicht.
"Ich muß mit dir reden..."
Gendo seufzte. Als Reaktion zerstob das Bild in Shinjis Kopf und wurde wieder von dem sorgenden Vater ersetzt, mit dem er eigentlich über alles reden konnte.
"Kannst du dir denken, worüber es geht?"
Die Antwort kam über Shinjis Lippen, ohne daß er lange hatte überlegen mmüssen.
"Rei."
"Unter anderem. Magst du dieses Mädchen sehr?"
"Ja, Vater."
"Hm... Und wenn ich dir sage, daß mit ihr Ärger verbunden ist, großer Ärger?"
"Steckt sie in Schwierigkeiten? Das muß ein Mißverständnis sein, Rei..."
Gendo hob beschwichtigend die Hand.
"Die Schwierigkeiten sind viel weitreichender, als du es dir vorstellen kannst. Ihr wart in den letzten Tagen im tokioter EVA-Center?!"
Dem Tonfall entnahm Shinji, daß es eine rhetorische Frage war, auf die sein Vater nicht wirk-lich eine Antwort erwartete, dennoch nickte er.
"Ja, Rei, Asuka, Touji, Kensuke, Hikari und ich."
"Das ist mir bekannt."
Shinji war überrascht. Sein Vater war für die Regierung tätig, wieso mußte er über seine Aktivitäten so gut Bescheid?
"Wie... was ist die Verbindung zwischen dem EVA-Center und Rei?"
Ikari stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte und den Kopf auf die gefalteten Hände.
"Shinji, aufgrund meiner Arbeit gibt es Dinge, die ich nicht offenbaren kann... Aber, Sohn, ich habe Angst um dich."
"Vater, was...?"
"Ihr habt die Aufmerksamkeit einiger einflußreicher Personen erweckt, wahrscheinlich wird man sich bald an dich und die anderen wenden und euch vor eine Wahl stellen... Ich darf dir nicht sagen, worum es geht, nur, daß ich hoffe, daß du die richtige Entscheidung treffen wirst."
"Vater... worum geht es?"
Shinji lächelte, versuchte die Situation aufzulockern.
"Jetzt sag nicht, daß irgendwelche Wesen namens Engel die Erde angreifen werden und daß eine Handvoll von Kindern gesteuerte Mechas, die unter der Bezeichnung EVANGELION laufen, die einzige Hoffnung der Menschheit darstellt."
Sein Versuch scheiterte kläglich...
Gendo wurde kreidebleich, mit einem Schlag schien er blasser als Rei zu sein.
"Shinji, woher..."
Zugleich begriff er, daß sein Sohn seine Worte nicht ganz so ernst gemeint hatte, wie sie bei ihm angekommen waren, versuchte die Lage mit einem Lächeln zu überspielen.
"Hör zu, das bleibt alles unter uns, du darfst weder mit Mutter noch mit jemand anderem darüber reden, verstehst du?"
"Ich... ja, Vater. Willst du sagen, daß ich nicht mehr ins EVA-Center gehen soll? Dann werde ich dort nicht mehr hingehen. Nur verbiete mir nicht, mich mit Rei zu treffen."
"Das hätte wenig Sinn, oder? Und was das Center angeht... dafür ist es bereits zu spät... Naja... und deine Freundin... deine Mutter würde sie sicher gerne einmal kennenlernen. Nach Suzuhara und Aida kannst du sie eigentlich nur noch positiv überraschen."
"Uhm, ja."
"Gut."
Gendo stand auf.
"Tja, das war´s."
Es klingelte an der Tür.
"Ich geh schon."
Shinji sprang auf und lief zur Tür.
Vor der Tür stand Asuka und hielt ihm mehrere Papiere hin.
"Hier, die Hausarbeiten."
"Danke."
Er nahm sie entgegen.
"Der untere Packen ist für Rei."
"Asuka, das..."
Shinji blinzelte.
"Danke", wiederholte er.
"Mach daraus kein Aufheben, ja? Hikari hat mir die Kopien aufs Auge gedrückt. So... Hat´s sich wenigstens gelohnt, die Schule zu schwänzen?"
"Uhm..."
"Na? Was macht Rei? Liegt sie mit hohem Fieber im Bett, oder was?"
"Es ging ihr schon wieder besser... nur... wahrscheinlich der Streß wegen des Umzuges..."
"So? Nun, dadurch erscheint sie richtig menschlich", murmelte Asuka nachdenklich.
"Heißt das, du wirst dich mit ihr vertragen?"
Asuka funkelte ihn an.
"Vielleicht... Wenn es ihr besser geht, kann sie ja morgen wieder mit ins EVA-Center gehen, wir haben euch beide nämlich wirklich vermißt... die 6-Mann-Mission war mit vier Leuten unmöglich zu schaffen, auch bei drei Anläufen nicht."
"So, äh... eigentlich..."
Ihm fielen die Worte seines Vaters wieder ein.
"Komm, du schuldest mir etwas, ich habe Misato-sensei gesagt, du wärst auch krank... Sie will übrigens eine Entschuldigung von deinen Eltern..."
"Ohje..."
Asuka lächelte verlegen.
"Ich habe auch nicht damit gerechnet... Hey, Shinji, wollen wir zusammen Hausarbeiten ma-chen?"
"Äh, ja... Aber ich muß Rei ihre Kopien vorbeibringen..."
"Ich fahre dich nachher bei ihr vorbei", kam Gendos Stimme mit resignierendem Unterton aus der Küche. "Und eine Entschuldigung schreibe ich dir auch... aber nur dieses eine Mal, das nächste Mal mußt du es deiner Mutter erklären."
Shinji, der bei den ersten Worten zusammengezuckt war, strahlte plötzlich über das ganze Gesicht, lief in die Küche und umarmte seinen Vater, der diese Geste mit einem kummervollen Lächeln erwiderte.
***
Rei öffnete die Wohnungstür.
"Shinji? Hast du etwas vergessen?"
"Uh, nein, im Gegenteil. Hier, Kopien für dich."
"Oh, danke. Willst du ´reinkommen?"
Er schüttelte den Kopf.
"Mein Vater wartet unten mit dem Wagen. Aber da ist auch ein Zettel, ganz oben, was heute durchgenommen wurde."
"Ja... Das ist Soryus... Asukas Handschrift..."
"Du erkennst das?"
"Ja."
"Sie hat mir die Sachen vorhin vorbeigebracht... und auch für dich."
"Das ist... seltsam..."
"Ahm, ja... auf der anderen Seite hegt Asuka nie wirklich lange einen Groll gegen jemanden - das heißt, wenn man die ersten Stunden überlebt."
Er grinste breit.
Sein Grinsen war ansteckend.
"Und, ah, kommst du morgen wieder mit ins EVA-Center?"
"Wenn du gehst, ja."
"Gut."
Ritsuko Akagi kam aus dem Bad.
"Schatz, wer ist es denn? Oh, Shinji - ihr zwei könnt euch anscheinend nicht trennen."
"Mama!"
***
In der Mittagspause des nächsten Tages blickte Misato vom Lehrerzimmer aus auf die Straße. Draußen regnete es in Strömen.
Da steht sein Wagen wieder...
Kurz darauf ging sie über den Parkplatz, in der einen Hand einen Regenschirm, in der anderen ein Tablett mit zwei Bechern heißen Kaffees.
Kaji ließ die Fensterscheibe nach unten.
"Ah, Fräulein Katsuragi, irgendwie hatte ich gehofft, Sie heute noch zu sehen."
"Darf ich zu Ihnen in den Wagen steigen, Herr Superspion?"
Kaji lachte.
"Natürlich."
Er entriegelte die Beifahrertür.
Vorsichtig mit dem Tablett balancierend kletterte Misato in den Wagen.
"Was haben Sie denn da?"
"Kaffee. Ich dachte, Sie könnten einen brauchen."
Er nahm einen der Becher.
"Oh, Sie sind ein Engel, Misato... ah... darf ich...?"
"Gern."
"Dann nennen Sie mich bitte Ryoji."
"Hm, Kaji klingt in meinen Ohren besser, geheimnisvoller."
"Ha!"
Er trank einen Schluck.
"Oh, der ist gut."
"Sie werden mir heute sicher auch nicht sagen, auf wen Sie aufpassen sollen."
"Nein."
"Ikari oder Akagi?"
"Bitte, bohren Sie nicht weiter, oder einer von uns beiden muß aussteigen."
"In Ordnung, in Ordnung."
"Misato... würden Sie mit mir heute abend essen gehen?"
"Oh, das... Hm... Gern."
"Gut, ich hole Sie ab. Gegen acht?"
"Ja... Wissen Sie denn, wo ich wohne?"
Er nickte.
"Sehen Sie mal ins Handschuhfach."
"Was?"
Sie öffnete das Handschuhfach, ihre Augen weiteten sich angesichts der Pistole, die darin lag.
"Die Mappe ganz oben."
"Ja... Das ist ja mein Bild... Sie haben meine Akte?"
"Äh... Gehen Sie immer noch mit mir essen?"
"Das hängt davon ab, was hier drinsteht..."
"Nichts verfängliches, Sie sind ein völlig unbeschriebenes Blatt."
"Überprüfen Sie jede Frau, mit der Sie ausgehen?"
"Nein... nur wenn es mit meiner Arbeit zusammenhängt."
"Dann wird es also ein Arbeitsessen?"
"Ich denke, ich kann Arbeit und Privatleben trennen."
"Hm, hier steht wirklich nichts über meine wilde Jugend drin."
"Ja?"
"Ah, ich sehe, das würde Sie interessieren... Vielleicht erzähle ich Ihnen heute abend das eine oder andere."
"Unsere Verabredung steht also?"
"Acht Uhr. Seien Sie pünktlich, Kaji."
"Oh, das werde ich."
***
Rei saß im EntryPlug des EVA-Spieles und wartete darauf, daß die Mission begann.
In der Kommunikationsphalanx leuchtete ein Bild auf. Überrascht nahm Rei zur Kenntnis, daß Asuka einen privaten Kanal zu ihr geöffnet hatte.
Zugleich hellte der Hauptbildschirm auf, zeigte eine riesige ovale Arena. Auf den Rängen saßen zahllose EVANGELIONs der verschiedensten Typen.
"Asuka, was soll das?"
"Der Arena-Modus wurde gestern initialisiert. Bist du bereit?"
"Wozu?"
"Ich denke, wir sollten es hier unter uns austragen."
"Was denn?"
"Nur wir beide, nur du und ich. Der Sieger bekommt Shinji."
Rei riß die Augen auf.
"Was?"
"Wenn ich gewinne, läßt du ihn in Ruhe. Und wenn du gewinnst, gehört er dir."
"Shinji gehört niemanden."
"Wie du meinst... Also, bist du bereit?"
"Ich..."
Rei bemerkte, daß sich hinter ihr ein Waffenbunker geöffnet hatte.
"Asuka, das hat keinen Sinn."
"Ich denke schon. Komm, jetzt nimm dir endlich eine Waffe!"
"Aber warum sollen wir gegeneinander kämpfen?"
"Ich will wissen, wer von uns besser ist... und vergiß nicht, wenn du gewinnen solltest, lasse ich Shinji und dich in Ruhe."
"Hm..."
Rei legte die Stirn in Falten.
"Gut."
Asuka lächelte siegesgewiß, als sie ihren roten EVA ein Beidhandschwert aus dem Waffenbun-ker ziehen ließ.
Rei versuchte einen Kanal zu den anderen zu öffnen, doch es kam keine Verbindung zustande. Sie war ganz auf sich allein gestellt. Ein Gefühl von Einsamkeit umschnürte ihr Herz.
Die Vision eines leeren vernachlässigten Apartments...
Das Geräusch starken Baulärms...
Einsamkeit... Kälte... Leere...
"Rei, was ist?" fragte Asuka herausfordernd.
Rei sah auf.
Ich darf mich nicht ablenken lassen...
Langsam drehte sie sich dem Waffenbunker zu, wählte ein einhändig zu führendes
Schwert und einen Dreiecksschild.
"Ich bin bereit."
Die beiden EVAs standen an gegenüberliegenden Enden des Arenaovals.
In der Mitte der Arena erschien ein Mann in einem dunklen Anzug. Aus den virtuellen Wolken wurde ein Mikrophon herabgelassen, welche er souverän in Empfang nahm.
"Ladies and Gentleman, willkommen zum Kampf des Jahrhunderts. In der einen Ecke der Prototyp EVA-00 mit seiner Pilotin, Rei Akagi, 79 vernichtete Engel zu 2 Niederlagen. In der anderen Ecke der Serientyp EVA-02 mit seiner Pilotin Asuka Soryu Langley, 9 vernichtete Engel zu einer Niederlage. Let´s get ready to rumble!"
Das Mikrophon wurde wieder nach oben gezogen, der Mann löste sich in einen Wirbel von Bits und Bytes auf.
Ich hätte nicht gedacht, daß sie so gut ist...
Asuka schluckte.
Sie muß in Osaka wirklich geübt haben.
Die beiden Giganten marschierten aufeinander zu.
Asuka streckte den rechten Arm mit dem Schwert grüßend aus.
Rei ging auf die Geste ein, die Klingen berührten sich leicht.
Dann ging EVA-00 in eine Defensivhaltung, bei der er den Schild vorstreckte.
Asuka griff sofort an, führte kräftige Zweihandschläge, unter denen Rei langsam Schritt für Schritt zurückwich.
"Na los, Wondergirl, wehr dich!"
Der nächste Hieb durchbrach Reis Abwehr, spaltete den Schild, trennte den Arm von Einheit-00 oberhalb des Ellenbogens ab.
Ein kurzer stechender Schmerz raste Reis Arm hoch, wurde von ihr unbewußt abgeblockt. Taubheit breitete sich in ihrem Arm aus.
Höhere Synchronisationsstufe... dachte sie. Wieso? - Bei dem Spiel gibt es keine Synchronisation zwischen dem Piloten und dem EVA...
Fast hätte Asukas nächster Schlag sie am Kopf getroffen, doch sie konnte gerade noch ausweichen und ihr eigenes Schwert hochkanten, um die andere Klinge abzulenken.
Es geht um Shinji...
Plötzlich spürte sie Wut in sich aufsteigen.
Sie will mir Shinji wegnehmen...
Rei ging in die Gegenoffensive, soweit ihr das möglich war.
Asuka wich rasch ein Stück zurück, hielt sich Rei mit kräftigen Sensenhieben vom Leib.
Rei änderte ihre Taktik, bot Asuka die ungedeckte Seite ihres EVAs als Ziel an, ließ sich im letzten Moment fallen und rammte die Klinge in den Leib des roten EVAs.
EVA-02 ließ sein Schwert fallen, preßte sich die Hände gegen den Leib.
Auf dem Monitor verzog Asuka das Gesicht vor Schmerz.
"Urgh... Das hat sich angefühlt wie ein Tritt..."
EVA-00 trat dem anderen EVA die Beine unter dem Leib weg, sprang selbst schwankend auf, der fehlende Arm wirkte sich auf ihr Gleichgewicht aus.
Asuka riß die Augen auf, als sie Einheit-00 plötzlich über sich stehen sah, das Schwert zum Todesstoß auf ihren Kopf zielend.
"Na los, mach schon. Du hast gewonnen, bring es zu Ende."
"Du erkennst deine Niederlage an?"
"Ja", preßte Asuka durch die Lippen.
Rei schleuderte das Schwert fort, bot Asuka die Hand an, um EVA-02 beim Aufstehen zu helfen.
"Ich möchte dir keinen weiteren Schmerz zufügen... ich hätte dich lieber als Freundin."
"Was?"
Asuka sah sie sprachlos an.
***
Im Kontrollzentrum blickte Midori Sekigahama über Keichi Aidas Schulter.
Auf der Stirn von Kensukes Onkel standen Schweißperlen.
"Ist es wirklich nötig, den Synchronisationsgrad zu erhöhen, Major?"
"Wir testen den Streßlevel."
"Aber einer der Piloten ist mein Neffe."
"Das ist mir bekannt", antwortete sie knapp. "Die Daten Akagis sind sehr interessant. Sie hat bemerkenswert auf die Schmerzimpulse reagiert, als wäre sie entsprechend trainiert worden."
"Kann ich den Test beenden?"
"Nein. Schicken Sie einen Zeruel in die Arena. Und aktivieren Sie die Verbindungen der ande-ren Piloten."
"Sind sie schon für einen solchen Gegner bereit?"
"Das müssen sie sein... das müssen sie..." flüsterte sie bitter.
