Kapitel 24: Fanal des Krieges


Tief unter der Kronkammer der Imperatrix der Angeloi befand sich das Dogma, eine Ansammlung gewaltiger Höhlen, teils natürlichen Ursprungs, teils vor langer Zeit in den Fels getrieben.

In einer dieser Kammern befand sich ein Gefangener, in luftiger Höhe mit durch die Hände getriebenen Metallbolzen an ein Stahlkreuz genagelt, die Beine festgebunden. Der rechte Unterschenkel fehlte, aus dem Kniestumpf tropfte langsam eine zähe blaue Flüssigkeit.
Seine Kleidung war zerfetzt, anstelle des linken Auges existierte nur ein leerer Krater. Das Glühen des anderen, roten Auges, war fast erloschen...


*** NGE ***


"Sie kann nicht tot sein... Warum hast du es nicht verhindert?"
Ritsuko Akagi stand in der Tür zum Bereitschaftsraum des NERV-Kommandanten, hinter ihr standen Misato Katsuragi und die beiden verbliebenen Piloten des EVA-Programmes, Kensuke Aida und Kikari Horaki.

Thomas Shigen blickte unwillig vom Bildschirm seines Laptops auf.
"Du störst. Ich muß arbeiten."
Damit vertiefte sich der frischernannte Marschal der irdischen Streitkräfte wieder in die Lektüre seiner persönlichen Aufzeichnungen.

"Wie... wie kannst du..."
Ritsuko stürmte mit tränennassen Augen in den Raum hinein.
"Sie war unsere Tochter!"

Nicht nur Misato riß bei dieser Enthüllung die Augen auf.

"Geh. Oder ich lasse dich unter Arrest stellen."
Seine Stimme war kalt und einschneidend wie der antarktische Wind.

Ritsuko starrte ihn an, starrte direkt in sein gesundes Auge, bemerkte etwas, das sie zuvor nicht hatte einordnen können.
"Wer bist du...?"

Er erwiderte ihren Blick.
"Wovon redest du?"

Sie wich langsam vom Schreibtisch zurück.
"Du bist nicht er... du bist einer von ihnen!"

Thomas funkelte sie an.
"Offenbar brauchst du Ruhe. Der Verlust des First Children..."

"Nein... Er hätte nie so über Rei gesprochen, nicht in meiner Gegenwart..."
Sie hatte fast die Tür erreicht, sah sich gehetzt um.
"Misato..."

"Ritsuko, ich weiß nicht..."

"Aber das..."

"Jetzt habe ich genug", seufzte der Marschal und schaltete die Gegensprechanlage ein. "Captain Aoba, schicken Sie mir ein paar Sicherheitskräfte. Doktor Akagi hat einen Nervenzusammenbruch."

"Nein, habe ich nicht! Ich bin so klar wie nie zuvor! Ich werde allen Sagen, daß du ein Betrüger bist! Wo ist meine Tochter?"

Misato griff nach der Schulter ihrer alten Freundin.
"Ritsuko, du brauchst wirklich etwas Ruhe..."

Sie schüttelte die Hand ab.
"Siehst du es nicht? Sein Auge... es ist anders..."

"Also ich..."

Thomas erhob sich bedrohlich langsam. Zugleich trafen zwei Militärpolizisten ein.
"Bringen Sie Doktor Akagi in den Arrestbereich."

"Das kannst du nicht tun! Seht ihr nicht, daß das ein Betrüger ist..."

"Ja, ja", murmelte der eine Militärpolizist...


*** NGE ***


Seit sechs Tagen befand sich der Gefangene an das Kreuz genagelt. Immer wenn seine Kräfte zu verebben begannen, führten ihn die Folterinstrumente der Kammer neue Energie zu, damit sein Leiden sich verlängerte.
In seinem Kopf herrschte eine dumpfe Leere, waren seine Gedanken von Schmerzen betäubt.

Dennoch bemerkte er, daß sich außerhalb der Zelle etwas ereignete.

Lärm kam auf.

Mächtige Körper krachten gegen Felswände, Metallene Panzerungen und organische Bestandteile wurden zerfetzt.

Und dann zerrissen die papierdünnen Arme eines Zeruels die Doppeltürpforte des Gefängnisses, stampfte ein massiger Körper in den Höhlenraum hinein, während zwei andere auf dem Gang über den zerfetzten Körpern zweier Satchiel-Gardisten stehend davor warteten.

Vor dem Gekreuzigten verharrte der Zeruel.
Seine Panzerung war fleckig und wies Risse auf, Zeichen fortgeschrittenen Alters.
Auf dem Schulterstück befanden sich die verblaßten Überreste eines Symboles, welches der Gefangene erkannte.

"Du gehörst zum Dreizehnten Schwarm..." flüsterte Tabris heiser.

Auf der Schulter des Giganten saßen vier Kinder in einer Art Sattel.

"Es ist der Kommandant!" stieß Touji hervor.

Der Zeruel ging in die Knie.
"Was haben sie Euch angetan, mein Kriegsherr...?"

Tabris versuchte ein Lächeln, schaffte nur eine Grimasse.

"Na los, Großer, befreie ihn!" rief Asuka und stieß wuchtig mit dem Hacken gegen die Schul-terpanzerung des Zeruel.

Der Gigant ignorierte sie.

Asuka seufzte.
"Wondergirl, würdest du unserem Freund sagen, daß er sich mal beeilen soll? Ich habe ja keine Ahnung, was er und der Kommandant zu besprechen haben, aber die beiden Vogelköppe da draußen werden wohl kaum die einzigen Aufpasser in dieser Gegend sein."

Rei antwortete nicht, starrte den Gefangenen nur an.

"Kriegsherr, ich werde Euch jetzt befreien." kündigte der Zeruel an.

Tabris nickte schwach.

Die Arme des Zeruel zuckten vor, zerfetzten das Metallkreuz und die Leitungen der Folterin-strumente, während die Fingertentakel vorsichtig die Stahlbolzen herauszogen, welche den Einäugigen festhielten.
"Könnt Ihr..."

"Ja."
Tabris wurde nicht mehr von dem Kreuz gehalten, sondern schwebte vor dem Zeruel in der Luft.
"Sie haben mir neue Kraft zugeführt, um mich länger am Leben zu erhalten."

"Ah... ah... er schwebt..." flüsterte Asuka sprachlos.

Touji wußte nicht, was ihn mehr beeindrucken sollte...

Und Shinji glaubte plötzlich zu wissen, mit wem sie es zu tun hatten...

"Schont Eure Kräfte. Es wäre mir eine Ehre, Euch zu tragen."

"Ich danke dir."
Alles andere als sicher schwebte Tabris zur Schulter des Zeruel hinüber und landete neben den Kindern.
"Was tut ihr hier? Habe ich euch nicht angewiesen, zu verschwinden?"

"Uhm, Kommandant..."
Shinji schluckte.

"Wollten wir auch, aber dann sind wir über den Kollegen hier gestolpert", half Touji aus. "Er hat es sich nicht ausreden lassen, uns zu helfen."

"Ja... - Du bist Ishmael, nicht wahr?" wechselte er wieder in die Sprache der Angeloi über.

"Ja, Kriegsherr. Ihr erinnert Euch noch an mich..."

"Ich erinnere mich an alle, an den ganzen Schwarm, an die Toten und die Lebenden."

"Hat die Schwarmmutter Sel überlebt?"

"Ja, hat sie. Dort draußen... das sind auch Krieger des Dreizehnten Schwarmes, oder?"

"Das waren sie. Der Dreizehnte Schwarm existiert nicht mehr. Die Imperatrix hat verboten, ihn auch nur zu erwähnen. Eurem Befehl folgend haben wir uns in die Kavernen zu den Clanlosen und den niederen Arbeitern zurückgezogen... und gewartet. Wir wußten, daß Ihr Euer Versprechen halten und zurückkehren werdet."

"Ich wünschte, wir hätten uns unter besseren Umständen wiedergetroffen, Ishmael."

"Ihr werdet uns erneut führen, wir haben nie die Hoffnung aufgegeben. Ihr habt niemals Euer Wort gegeben und dann nicht gehalten. Und als ich die Kleine Mutter bei den LCL-Produktionsanlagen fand, wußte ich, daß die Zeit gekommen war, jene, die überlebt hatten, zusammenzurufen. Sie sind unterwegs, um dem Ruf des Kriegsherren zu folgen."

"Warte... Kleine Mutter?"

"Er meint mich." erklärte Rei in der Sprache der Angeloi.

"Sie trägt die Signatur des Dreizehnten Schwarmes. Sie ist humanoid und eine Weibliche. Da Schwarmmutter Sel noch lebt, kann sie nur eine Kleine Mutter sein, wie es in den Überlieferungen steht."

"Ja... Ich brauche einen Überblick über die Lage. - Wo befinden sich die EVAs?"

"Uhm, in einem Labor..."

"Stellen Sie sich vor, Kommandant, die haben EVA-03 seziert!"

"Ishmael, weißt du, von welchem Ort sie sprechen?"

"Wahrscheinlich die Laboratorien des Achten Schwarmes, die LCL-Produktionsstätten befinden sich in der Nähe."

"Hm... wie gehen die Invasionsvorbereitungen voran?"

"Eine Armee von Matriels steht am Portal bereit. Und die Flotte ist bereit zum Start."

"Die Flotte?"

"Ein weiteres Portal wurde kurz nach Eurer Flucht auf den Weg zur Stammwelt gebracht, heißt es."

"Sie plant also einen Angriff an zwei Fronten... jemand muß die Erde warnen..."

"Kriegsherr, wie lauten Eure Anweisungen?"

Er sah die Kinder der Reihe nach an.
"Ihr werdet mit Ishmael hier zu den EVAs zurückkehren, er wird wissen, wie man die Batterien vor Ort aufladen kann. Dann werdet ihr versuchen, euch zur Flotte der Angeloi durchzuschlagen und den Start zu verhindern. Sollte es dafür zu spät sein, werdet ihr die Flotte begleiten und versuchen, die Erde zu warnen, verstanden?"

"Verstanden."

"Gut..."
Er wiederholte die Anweisung für den Zeruel.

"Ich höre und gehorche. Und Ihr, mein Kriegsherr?"

"Ich werde über der Kronkammer das Fanal des Krieges entfachen, als Zeichen für unsere Mitstreiter, daß ihre Zeit gekommen ist, sich zurückzuholen, was die Imperatrix ihnen verwehrte."

Lächelnd wandte er sich noch einmal an die Piloten.
"Ihr werdet euch alleine durchschlagen müssen... ich bin stolz auf euch..."

Rei trat zu ihm.
"Kommandant... ich... sind Sie... sind Sie..."

Er nickte nur.
"Ja, das bin ich. Und es tut mir leid, daß ich erst so spät von deiner Existenz erfahren habe. Ich wäre dir gern ein Vater gewesen... und jetzt ist es zu spät... Rei, vergiß niemals... Menschlich-keit ist ein wertvolles Gut."

"Ja."

"Wenn ihr zurückkehrt, dann sage deiner Mutter..."
Er schüttelte den Kopf.
"Nein, du mußt ihr nichts sagen... ich habe mehrere Videobänder mit persönlichen Botschaften in Tokio bei Colonel Falk hinterlegt, das genügt."

"Was wird geschehen?"

Tabris streckte die Hand aus und berührte kurz ihre Wange.
"Alles kann geschehen. Wir werden uns nicht wiedersehen..."
Damit ging er an ihr vorbei und wandte sich Shinji zu.
"Gib acht auf meine Tochter, wirst du das?"

"Uhm... ja."
Shinjis Blick traf den des Einäugigen.
"Das werde ich... Kaworu..."

Der andere sah ihn erstaunt an.
Und lachte.
"Woher kennst du meinen Geburtsnamen, junger Ikari?"
Mit einem weiteren Schritt löste er sich von der Schulter Ishmaels und schwebte zu den beiden wartenden Zeruels an der Tür hinüber.
"Ihr kennt eure Mission. Viel Glück... und gute Heimkehr!"


*** NGE ***


Ritsuko Akagi saß auf der harten Pritsche in der Arrestzelle. Zu sagen, daß sie vor Wut kochte, war eine ziemliche Untertreibung, aber es lenkte sie ab von ihrem Schmerz. Längst waren die Tränen eingetrocknet, und sie glaubte, keine weiteren Tränen mehr zu haben.



Es war diese Hoffnung, an die sie sich klammerte...

Ihre Finger krampften sich um die Metallkante der Pritsche, bis sie vor Schmerz taub waren.

Die Zellentür wurde geöffnet.

Sie sah auf.

"Lassen Sie uns allein", wies Colonel Gendo Ikari Captain Shigeru Aoba an.

"Ich warte draußen."

"Gut... - Doktor Akagi..."

"Ja...?"

"Wir müssen reden... Sie haben auch Zweifel an unserem... Marschal, nicht wahr?"

Sie gab einen abfälligen Laut von sich.
"Deshalb bin ich hier... er hat mich einsperren lassen, weil ich ihn durchschaut habe."

Ikari lehnte sich gegen die Wand.
"Was glauben Sie, gesehen zu haben?"

"Daß das nicht der Vater meiner Tochter ist."

Er schnappte nach Luft.
"Was? Kommandant... Marschal Shigen ist Reis Vater?"

"Ja, seltsam, nicht wahr?! Aber dieser Mann ist es nicht... sein Auge ist tot."

Gendo nickte.
"Das war auch mein Gedanke... aber Kapitän Tamakura würde mir nicht zuhören... wohl aber Lady Seléne..."

"Lady Seléne?"

"Seine Schwester."

"Ah..."

"Sie ist die Leiterin von Projekt E und hat den Befehl in der tokioter Geofront. Der Kommandant ist vor einer Stunde mit dem VTOL nach Tokio geflogen, ich habe keine Ahnung wes-halb. Allerdings hat das meine Zweifel verstärkt, vor seinem Verschwinden hätte er niemals das Schlachtfeld verlassen."

"Wie kann ich Ihnen helfen? Ich tue alles, um ihn zu entlarven..."

"Wenn er ein Betrüger ist, könnten unsere Kinder noch am Leben sein..."

"Ja."

"Dann teilen wir dieselbe Hoffnung... Ritsuko, ich möchte, daß Sie mit Major Kaji und Captain Aoba im zweiten VTOL dem Marschal nach Tokio folgen und mit Lady Seléne sprechen. Bei der Gelegenheit evakuieren wir auch gleich Fräulein Katsuragi und die beiden übrigen Kinder... ich kann keine Zivilisten hier brauchen, wenn der Feind wieder aktiv wird."

"Und Sie?"

"In Abwesenheit des Kommandanten bin ich der ranghöchste Offizier vor Ort, sieht man von Kapitänin Tamakura ab, ich kann nicht fort."

"Ich bin dabei."
Sie stand von der Pritsche auf.
"Und wenn ich Recht behalte, dann..."

Gendo griff in seine Uniformjacke, holte eine Pistole heraus.
"Hier, das brauchen Sie vielleicht."

Zögernd nahm sie die Waffe entgegen, steckte sie ein.

"Und jetzt kommen Sie, alles ist bereit."
Erneut griff er in seine Jacke.
"Wenn Sie meine Frau sehen sollten, dann geben Sie ihr das hier bitte... falls..."
Er überreichte ihr einen Umschlag.

"Das werde ich."


*** NGE ***


Die Gruppe der Zeruels, welche die Kinder begleitete, war mittlerweile auf vier angewachsen, nachdem sie sich von Thomas getrennt hatten.

Einer unaufhaltsamen Welle gleich rasten die Zeruels ihrem Ziel entgegen.

Eine Gruppe Satchiels, die sich ihnen in den Weg stellte, wurde in der Luft zerfetzt. Mehreren Matriels und einem Shamsiel erging es nicht besser.

"Ich hätte nie gedacht, daß..." murmelte Shinji.

Rei nickte nur.
"Ishmael, wie weit ist es noch?"

"Wir erreichen jetzt das Gebiet des Achten Schwarmes, Kleine Mutter."

Reis Gesicht nahm eine leichte Röte an.

"Was sagt er?" zischte Asuka.

"Wir sollten uns bereithalten."

"Wieso kannst du ihn überhaupt verstehen? Und ist der Kommandant wirklich dein Vater?"

"Ja."

Shinji sah das blauhaarige Mädchen von der Seite her an.


Wieder brachen ihre Begleiter eine Tür nieder.

Sie stürmten in jenen Raum, in dem ihre Odyssee begonnen hatte.

Auf zwei Tischen lagen EVA-01 und -02, über Einheit-02 waren gerade zwei Satchiel gebeugt, die Brustpanzerung war geöffnet und die Innereien des EVAs lagen frei."

"Argh, was haben die mit meinem EVA gemacht!" brüllte Asuka. "Los, Jungs, auf sie!"

Die Zeruels verstanden sie nicht, doch als einer der Satchiels sich ihnen mit einem übergroßen Skalpell zuwandte, handelten sie auch ohne Anweisungen, zerrissen sie an Ort und Stelle.

"Ishmael, die Geräte müssen aus EVA-02 entfernt werden." sagte Rei.

Der alte Zeruel gab die Anweisungen weiter. Die anderen Zeruels zogen die Klammern und Messer aus EVA-02 mit ihren Fingertentakeln heraus, schoben die Wundränder zusammen, glätteten die Panzerung.

"Der rote Kriegsherr beginnt sich zu regenerieren, Kleine Mutter."

"Gut, Ishmael. Jetzt brachen wir Energie. Und setzt uns auf den Tischen neben den Köpfen der... Kriegsherren ab."

"Es sind doch Kriegsherren? Sie geben die richtigen Signale ab."

"Ja."

Der Zeruel setzte Asuka und Touji neben EVA-02, und Shinji und Rei neben EVA-01 ab.
"Ist dir das genehm, Kleine Mutter?"

"Ja. - Shinji, wir müssen die EVAs bereitmachen."

"Wie denn, ohne Energie? Ich sehe nicht einmal die Batterierucksäcke."

"Die dreizig-Minuten-Ladung der internen Batterien sollte genügen."

"Aber die sind doch verbraucht!"

"Sie können aufgeladen werden."

Die Zeruels kamen mit etwas, das verdächtig nach einem Elektroschocker aussah.

"Hilft das, Kleine Mutter?"

"Ja. Danke. - Los, Shinji!"
Sie scheuchte ihn vor sich her in den EntryPlug, instruierte Ishmael dann, wie dieser den Plug manuell einführen und verriegeln sollte.

"Können wir ihnen vertrauen?" fragte Shinji, als Rei die Luke hinter sich schloß und zu ihm in den vorderen Bereich des Plugs kletterte.

"Etwas spät, um uns darüber Gedanken zu machen."

"Rei, ich wollte das nicht, ich wollte es wirklich nicht."

"Was?"

"Der Kommandant... dein Vater... und... ah, ich glaube, ihr werdet euch nicht wiedersehen, und..."

"Ich kenne ihn kaum... aber es ist gut zu wissen, von wem ich abstamme... daß es kein völlig verantwortungsloser Mistkerl war, der meine Mutter geschwängert hat..."

"Äh, Rei..."

"So hat meine Großmutter immer geredet."

"Aha."

"Bist du angeschnallt?"

"Ja."

"Dann mußt du mich festhalten."
Sie kletterte vor ihn in den Pilotensitz.

"Ah..."
Zögernd legte er die Arme um ihre Körpermitte.

Im nächsten Moment geriet der EntryPlug in Bewegung. Mehrere Anzeigen leuchteten auf, bestätigten, daß der Plug erst in den Steuernerv des EVAs eingeführt und dann die Verriegelung geschlossen wurde.
Der Hauptbildschirm erhellte sich, als der Kontakt zu den Sehnerven hergestellt wurde.

"Uh, uh..."
Aus dem liegenden Blickwinkel wirkten die Zeruels zum einen nicht mehr so riesig, aber dennoch um einiges bedrohlicher. Und die Tatsache, daß sie verschiedene Kontakte an der Brust des EVAs anbrachten, machte es nicht einfacher.

Dann wurden die Geräte eingeschaltet. Und Energie floß in die inneren Batterien von EVA-01...

Im nächsten Moment leuchteten der taktische Schirm und die Kommunikationsphalanx auf.

LCL füllte den EntryPlug.

Shinji fühlte, wie sich die Schicht aus Schweiß und Staub, die sich in den letzten Tagen auf seiner Haut gebildet hatte, aufzulösen begann.

Und dann griff die Synchronverbindung.

Für einen Augenblick verschmolzen Shinjis und Reis Gedanken, wurden eins, vervollkommneten sich.

"Es funktioniert! Rei, es funktioniert!"

"Ja."

Shinji griff nach der Steuerung, ließ EVA-01 aufstehen.
"Asuka?"

EVA-02 setzte sich auf.

"Ja! Es läuft!"
Die Übertragung aus dem anderen EntryPlug zeigte Asuka im Pilotensitz, während Touji sich an die Rückenlehne klammerte.
"Ah! Was macht ihr zwei Hentais denn da?!"

"Ugh..."

Rei saß noch immer vor ihm, den Oberkörper leicht schräg, damit er an ihrem Kopf vorbeisehen konnte. Jetzt beugte sie sich vor, schaltete den Außenlautsprecher ein.
"Ishmael, wie kommen wir zur Oberfläche?"

"Folgt uns", grollte der Zeruel.


*** NGE ***


Tabris und seine beiden Zeruel-Leibwächter hatten derweil die Kronkammer erreicht, Widerstand war ihnen nicht begegnet, Sal-Lilith hatte den größten Teil der Imperialen Garde auf die Schiffe der Invasionsflotte befohlen oder am Portal in Stellung gehen lassen.

Jener, der ihn trug, zerschmetterte das hohe Doppeltor der Kronkammer, hob Tabris dann von seiner Schulter und setzte ihn auf den Stahlboden.
"Wir können Euch nicht die Kronkammer folgen, mein Kriegsherr."

"Natürlich, Lazarus. Ihr seid zu groß..."
Ein leichtes Lächeln umspielte Tabris´ Lippen.

In diesem Moment schlug neben ihm ein körperdicker Netzstrahl ein.
Er fuhr herum, deutete schräg nach oben.
"Dort, kümmert euch um die Matriels... aber schont sie."

Die Zeruels zögerten einen unmerklichen Augenblick lang, ehe sie dem Befehl folgten, nicht, weil sie kämpfen sollten, sondern weil ´Schonung´ eigentlich nicht zu ihrem Wortschatz gehörte.

Tabris wandte sich wieder den Toren der Kronkammer zu. Langsam lösten sich seine Füße vom Boden, als er in die Höhe schwebte.
Er schloß sein Auge, sperrte den Kampflärm und die schrillen zirpenden Schreie der Matriels aus seinem Denken aus, während er sein Wesen, sein Ich, zusammenzog.
Das Gefühl verschwand aus seinen Gliedmaßen. Sein Herz schlug schneller.
Stück für Stück löste sich sein Körper auf, wurde zu LCL, welches zu Staub zerfiel, noch ehe es den Boden berührte, als das Feld seiner Seele schrumpfte.
Immer weiter zog er sein Ich zusammen, bis es nicht mehr ging, bis er auf einen winzigen leuchtenden Punkt reduziert war, der über der Kronkammer schwebte.


Obwohl er keine Lippen mehr besaß, lächelte er.
Und obwohl sein Herz bereits verstummt war, spürte er einen tiefen Frieden.

Dann gab er die geballte Kraft seines Herzens frei.
Und während sein Denken erlosch, ging eine dritte Sonne über der Schwarmwelt auf...


*** NGE ***


Die beiden EVAs und ihre Begleiter erreichten die Oberfläche. Zum ersten Mal sahen die Kinder den Himmel über der Welt der Angeloi, sahen einen riesigen roten Himmelskörper mit einer grobporigen kraterübersäaten Oberfläche, der den Großteil des Firmaments vereinnahmte, sahen zwei ferne Sonnen am Himmel, die eine strahlend gelb, die andere düster rot.

"Ein unheimlicher Himmel..." flüsterte Shinji.

Die Oberfläche der Schwarmwelt war von hohen schroffen Gebäuden bedeckt, welche an Termitenbauten erinnerten.

Ein Symbol unter der Kom-Phalanx zeigte an, daß die Lebenserhaltungssysteme der EntryPlug-Kapsel aktiv geworden waren.

"Los, ihr Trantüten! Wir müssen uns beeilen, nur noch 25 Minuten Energie!" trieb Asuka sie an.

Ishmael deutete eine breite Straße hinab.
"Am Ende dieses Pfades ankert die Kriegsflotte."

"Wondergirl, was blubbert er?"

"Wir müssen seinem Fingerzeig folgen, Asuka, um ans Ziel zu kommen."

"Na also, warum spricht er nicht in einer Sprache, die ich kann?"

Die Gruppe rannte den Pfad hinab.

Vor ihnen wuchsen mehrere Satchiels aus dem Boden.

"Wir kümmern uns um sie", grollte der Anführer der Zeruels. "Erfüllt den Auftrag des Kriegsherren!"

Rei flüsterte einen Abschiedsgruß, ehe die Zeruels sich auf die zahlenmäßig weit überlegenden Satchiels stürzten und ihnen einen Weg durch die Menge öffneten.

Dann erstrahlte am Himmel plötzlich ein weiteres Licht und flutete über die Oberfläche der Schwarmwelt hinweg.

Und alles verharrte in der Bewegung.

EVA-01 drehte sich langsam um, blickte in das Licht, hob den Arm, um die Augen zu schützen.

Shinji legte schützend die Arme um Rei.
"Rei..."
Shinji blinzelte heftig. Ein Gefühl von Frieden und Freiheit erfüllte sein Herz.
"Was ist das?"

"Vater..." flüsterte Rei.

"Ah, das..."
Über Asukas Wangen liefen Tränen.

"Oh, Mann..." murmelte Touji.

"Das Fanal der Hoffnung!" brüllte Ishmael und stieß einen Jubelschrei aus.

Die Satchiels wirkten orientierungslos.

"Vater..." wiederholte Rei.

Das Licht wurde stärker, flutete den EntryPlug.

Vor Shinji und Rei formte sich eine durchscheinende Gestalt, ein Junge mit blasser Haut, grauem Haar und roten Augen.

"Kaworu!"

"Hallo, mein Freund... Es hat lange gedauert, bis du mich erkannt hast..."

"Was... was geschieht?"

"Die Angeloi sind jetzt frei von der Herrschaft der Imperatrix. Ich habe ihre Willen befreit, es liegt nun an ihnen, ihren Weg zu bestimmen."

"Und... kommst du nun mit uns?"

"Nein. Ich kann nicht, meine Existenz endet hier, wie meine Maske es von Anfang an wußte."

"Kaworu..."

"Es tut mir leid, daß ich dich damals betrogen habe... selbst der Engel des freien Willens war nicht wirklich frei... Jetzt hör mir zu, ich haben nicht viel Zeit, ehe meine Kraft erlischt. Ich habe die S2-Organe der EVANGELIONs erweckt. Ihr müßt die Flotte der Imperatrix aufhalten, um der Menschheit willen."

"Ja..."

"Und ich kann dir und Rei ein Geschenk geben... ich werde die Erinnerung dämpfen, so daß sie euch nur noch als Traum erscheint. Und... Shinji..."

"Ja?"

"Der Teil von mir, der in dieser Welt Reis Vater ist, hofft für euch beide das beste. Die Zukunft liegt in euren Händen."

"Ich... ja, Kaworu..."
Shinji sah Rei an, die er immer noch festhielt.
"Was ist mit ihr?"

"Nur du siehst und hörst, was ich dir sage. Sie sieht etwas anderes im Licht."

"Das..."

"Ich muß gehen."

"Nein, Kaworu, bitte, bleib..."

"Ich kann nicht. Lebe wohl und lebe lang, mein Freund..."

Kaworus Gestalt verschwand.

Shinji blinzelte wieder.
"Er... er ist weg... Rei...?"

Sie antwortete nicht, blickte nur in das schwächer werdende Licht hinein.
Im Herzen des Lichtes sah sie ihren Vater, der sie anlächelte. Aus seinem Rücken wuchsen zwei große fedrige Schwingen.
"Leb wohl..."
Ihr war, als berührte kurz ein Paar Lippen ihre Stirn.
Dann verschwand die Engelsgestalt
"Shin... Shinji..."

"Ja, ich habe es auch gesehen."
Er drückte sie fester an sich.

"Wir... wir müssen zu den Schiffen."

Shinji nickte.
"Asuka, hast du gehört?"

Aus dem Lautsprecher kam ein leises Schluchzen.
"Mama... Papa... warum versteht ihr euch nicht?"

"Äh, Asuka ist gerade etwas... äh, indisponiert", meldete sich Touji. Auf dem Bildschirm war zu sehen, wie er Asuka aus dem Sitz hob und selbst die Steuerung von EVA-02 übernahm.

"Touji, bist du, uhm, in Ordnung?"

"Klar, so ein bißchen helles Licht stört mich doch nicht. Aber wer war der grauhaarige Junge, der mir erzählt hat, daß, äh, na eben dieses S2-Organ aktiv sei?"

"Später. Wir müssen los!"

"Ich bin direkt hinter dir!"

Shinji warf noch einmal einen Blick zurück.

Aus Schächten und Toren strömten Angeloi, kämpften auf offener Straße.

"Los, haltet die Imperatrix auf!" grollte Ishmael.

Die EVAs rannten los - bis zum Ende der Welt...


*** NGE ***


Die Straße endete an einem Abgrund, nein, keinem gewöhnlichen Abgrund, sondern dort, wo auch die Schwarmwelt endete, an einer Bruchkante, die sich von Horizont zu Horizont zog.

In der Ferne befand sich ein dumpfrotglühender Wirbel. Und zwischen der Bruchkante und dem Wirbel schwebte ein Dutzend großer bienenstockähnlicher Gebilde, die langsam auf den Wirbel zuglitten.

"Uhm, das, ah, muß die Invasionsflotte sein!"

"Sie sind bereits gestartet."

"Also, los! Wir müssen sie einholen!"

"Wie, Touji? Es ist zuweit, um zu springen!"

"Es ist ein Sprung des Glaubens..." flüsterte Rei.

"Wie meinst du das, Rei-chan?"

"Vertraue. Vertraue auf dich und den EVA."

Er schluckte.
"Gut, wagen wir es!"

EVA-01 nahm Anlauf, ließ sich auf alle Viere nieder.

"Jetzt gilt es Rei!"

"Ja."
Ihre Hände lagen auf den seinen an der Steuerung.
"Konzentriere dich!"

EVA-01 rannte los.

"Der Abgrund ist zu weit... das schaffen wir nicht..."

"Vertrauen, Shinji."
Sie drückte seine Hände.
"Du kannst es schaffen..."


Er spürte ein Jucken am Rücken.

Unter Reis PlugSuit bildeten sich zwei Beulen über den Schulterblättern.

"Suzuhara, was machst du im Pilotensitz meines EVAs? Raus da?"

"Asuka, laß mich in Ruhe! He, runter von meinem Schoß, ich kann nichts sehen!"

"Bilde dir bloß nichts ein, Trottel! Und wenn sich bei dir ´was rühren sollte, singst du in Zukunft Sopran! Und laß die Steuerung los! Ah! Was passiert denn mit EVA-01?"

EVA-01 wuchsen Flügel, mächtige fedrige Schwingen, die sich auseinanderfalteten, als er sich am Rand der Schwarmwelt abstieß und auf die Schiffe zuflog...

"Engelsflügel! Ich will auch Engelsflügel! Baka-Shinji, wie hast du das gemacht?"

"Uhm, es ist die Anpassungsfähigkeit der EVAs. Du mußt dich konzentrieren!"

"Konzentrieren? Alles klar!"

EVA-02 nahm Anlauf, machte es EVA-01 nach, indem er sich auf alle Viere niedersinken ließ und dann losrannte.

"Konzentrieren... konzentrieren... Flügel... Flügel... ich will Flügel... Los, Touji-Baka, mach gefälligst mit!"

"Äh... Flügel... Flügel..."

"Ich spüre es! Es klappt!"

Touji sah über die Schulter.
"Ja, ganz toll..."

"Blödmann! Wir springen! Ja, wir fliegen! Ha!"

"Sieh mal, womit..."

"Hä? Sicher hat EVA-02 wunderschöne... Argh! Nein! Das ist doch nur deine Schuld, Suzuhara!"

EVA-02 hatte Fledermausschwingen ausgebildet...

Sie erreichten die Flotte in dem Augenblick, in welchem diese den Wirbel erreichte - und begleiteten sie auf den Transfer...


*** NGE ***


"Colonel, der Energiepegel des Portales steigt rapide an!"

"Was?"
Gendo sprang auf, sah über die Brüstung hinab zu den Operatoren an den MAGI-Rechnern.

"MAGI bestätigen Aktivwerden des Portales!"

"Aber das liegt außerhalb des Zeitplanes... Alle Verteidigungsmaßnahmen in Kraft setzen! Was ist mit der Portalsteuerung?"

"Wir... Kontakt zur Steuerzentrale wird hergestellt!"

"Was ist los bei Ihnen?"

"Colonel Ikari, Kommandant Shigen war vor ein paar Stunden hier und hat einige Schaltungen vorgenommen... er sagte, daß er wüßte, wie man das Portal deaktivieren könne."

"Nein... Können Sie das rückgängig machen?"

"Negativ."

"Sir, Kapitän Tamakura will Sie sprechen... die PROMETHEUS startet gerade..."

"Auf den Schirm."

"Colonel, wir sind zur Bombardierung bereit."

"Bestätigt. Halten Sie sich bereit."

"Materalisierungsprozeß wird eingeleitet! MAGI registrieren das Eintreffen von... einhundert blauen Mustern..."

Auf dem Hauptbildschirm der Zentrale erschien das Bild, welche die Kameras von der Eisflä-che des Portales übertrugen. Eine große Zahl unscharfer Schemen erschien, scheinbar zahllose Arachnoiden.

"Einhundert..." flüsterte Ikari. "Feuer eröffnen!"

Die Geschützrohre des Festungsringes spieen Verderben.

"Bericht!" forderte Gendo.

"Keine Wirkung. Laut den MAGI potenzieren sich die AT-Felder in ihrer Stärke durch die direkte Nähe."

Die Schemen verdichten sich.

"PROMETHEUS erreicht die Oberfläche!"

"Schadenswahrscheinlichkeit einer Bombardierung?"

"Unter 4%, Sir. Die Stärke des AT-Feldes ist jenseits des Skalenbereiches."

"Dann..."
Er schluckte.
"...ist es vorbei..."


*** NGE ***


Deiko schloß die InterLink-Verbindungen zum Schiff.

"AT-Feld der PROMETHEUS baut sich auf." bestätigte Hyuga.

Deiko nickte schwach.
"Die N2-Minen scharfmachen!"

"Bestätigt! Wir verlassen den Zentralen Schacht!"

"Weiter steigen! Bringen Sie uns auf Höhe, Leutnant!"

"Kapitän, Nachricht vom Hauptquartier - laut MAGI ist eine Bombardierung wirkungslos."

Sie schloß die Augen.
"Hyuga, weiter steigen. Die Mannschaft soll das Schiff mit den Rettungskapseln verlassen."

"Bestätigt..."

Sirenen heulten auf und eine ruhige computergenerierte Stimme wies die Mannschaft auf, die Rettungskapseln aufzusuchen. Die Brückencrew verließ ihre Plätze, manche rasch, manche zögernd.

Deiko blieb in ihrem Sessel, hielt die Verbindung zum Schiff.

Kurz darauf war nur noch Makoto Hyuga bei ihr.
"Was planen Sie?"

"Zu tun, was ich muß. Schalten Sie die Überlastungssicherungen der S2-Maschine ab. Und dann gehen Sie!"

"Sie werden die PROMETHEUS sprengen..."

"Ja", preßte sie zwischen den Lippen hervor. "Verschwinden Sie!"

"Nein."
Er nahm demonstrativ im Sitz des Steuermannes Platz.
"Sie benötigen Ihre ganze Konzentration für das Feld. Ich bringe uns ins Ziel."

"Leutnant..."

"Für die Menschheit." flüsterte er die Worte, welche sich unter dem NERV-Logo befanden.

"Gut. Es sei. Ist das Schiff geräumt?"

"Ja."

"Gehen Sie auf Sturzflug. Antriebsaggregate auf vollen Schub!"

"Bestätigt! Es war mir eine Ehre, unter Ihrem Kommando..."

Sie versenkte sich in sich selbst, ließ ihre ganze Kraft in das AT-Feld fließen, um es stark genug zu machen, bei Kontakt das kollektive Feld der Angeloi zu durchbrechen. Irgendwann spürte sie, daß sie eine Grenze erreicht hatte, daß sie keine weitere Kraft mehr aufwenden konnte, ohne dabei zu sterben.
Und sie tat den letzten Schritt...

Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, ihre Gedanken weilten in der Vergangenheit, noch einmal erlebte sie jene Nacht, noch einmal lief sie über die Dächer, noch einmal war sie frei.

Dann war da nichts mehr...


*** NGE ***


Gendo Ikari blickte auf ein Trümmerfeld hinab.
Er stand auf der Bastion Alpha, Fernglass in Händen.

Die Eisfläche innerhalb des Festungsringes war von Trümmerstücken der PROMETHEUS und organischen Fetzen der Matrielarmee bedeckt, Säure und blaues Blut hatten sich tief in das zuvor unantastbare Eis hineingefressen, welches nun zahllose tiefe, weitverzweigte Risse aufwies. Die Geofront unter dem Pol lag teilweise frei.

"Diese Zerstörungen..."

"Das AT-Feld der Angeloi hat einen guten Teil der Explosionskraft abgefangen, sonst hätte es uns weggefegt."
Neben Gendo stand der Kommandeur der Bastion.

"Verluste?"

"Einige Verletzte durch das Beben. Ich habe schon ein paar Trupps ausgeschickt, um die Rettungskapseln der PROMETHEUS zu bergen. Diese Verrückte hat sich und das Schiff geopfert..."

"Sie hat uns alle gerettet." fuhr Ikari ihm ins Wort. "Die Rückkopplung hat die Portalsteuerung zerstört, die Angeloi können nicht mehr zu uns gelangen. Wir räumen den Stützpunkt, bereiten Sie alles vor."

"Ja, Sir."

Gendo Ikari sah zum Himmel hinauf - und stutzte.

Obwohl es heller Tag war, war der Himmel voller Sterne...