Zaubertränke

Am nächsten Morgen stand Serena früh auf und ging zum Frühstück in die große Halle.

Zu ihrer Enttäuschung ließ sich Snape nicht blicken, aber ohne, dass sie hätte nachfragen müssen, bekam sie von Lockhart die Information, dass Snape sich nur äußerst selten zu den Mahlzeiten blicken ließ.

Das verringerte ihr Möglichkeiten, ihn zu treffen, natürlich extrem. Aber gleich würde sie ja an seinem Unterricht teilnehmen können. Und auch sonst würde ihr schon etwas einfallen, um diesem Mann über den Weg zu laufen.

*

Nach dem Frühstück machte Serena sich auf den Weg in die Kerker.

„Serena, so warten Sie doch", tönte es aus dem Hintergrund. Sie drehte sich um und Gilderoy, bekleidet mit einem azurblauen Umhang, eilte ihr hinterher. „Ich begleite Sie, ich muss eh in die Richtung."

Ehe Serena etwas sagen konnte, hakte er sich bei ihr ein und sie verließen gemeinsam die Halle. „Wie haben Sie geschlafen? Sie wissen ja, was man in der ersten Nacht in einem fremden Bett träumt, geht in Erfüllung. Aber ich verrate Ihnen nicht, was ich geträumt habe in meiner ersten Nacht hier.. ha, ha, ha."

Serena mochte es sich allerdings auch nicht vorstellen. „Danke Gilderoy, ich habe sehr gut geschlafen, und Sie?"

Gilderoy sah beschämt zur Seite: „Nicht so gut, Severus Aussage hat mir doch zu schaffen gemacht." Er schluckte.

Sie stiegen die schmale Treppe hinab zu den Kerkern. Schon von weitem hörten sie Severus' Stimme donnern: „Ihr seid unfähig. 10 Punkte Abzug!" Gilderoy zuckte leicht zusammen. Vor der Tür hörten sie ihn erneut schreien, unschlüssig standen sie nun vor der schweren Holztür.

Gilderoy kratzte sich verlegen am Kopf und murmelte: „Ähm, vielleicht gehen Sie besser vor?!" Er gab ihr einen leichten Stoss.

Serena, zu allem bereit, klopfte mutig an.

„Was ist?" dröhnte Snape.

Serena öffnete die Tür: „Professor Snape, ich darf heute die Stunde bei Ihnen verbringen", sagte sie und sah ihm dabei fest in die Augen.

Sie strahlten pures Unverständnis aus. Severus grinste zynisch: „Wer hat das gesagt?"

Prompt konterte Serena: „Dumbledore."

Severus, in der Gewissheit, dass er dagegen nichts ausrichten kann, sah über sie hinweg zu Gilderoy, der immer noch den Kopf in der Tür hatte: „Und was ist mit Ihnen, Lockhart?"

„Ich?" Lockhart schien überglücklich darüber, dass Snape ihn bemerkte. „Ich habe ihr nur den Weg gezeigt."

„Gut, dann können Sie ja nun gehen", sagte Severus hart. „Und Sie", er deutete auf Serena, „setzen sich dort hin."

„Danke" sagte Serena übertrieben freundlich, und ging zu dem ihr zugewiesenen Platz in der letzten Reihe.

„Ist noch was Lockhart?" grummelte Snape zu Lockhart, der auf etwas zu warten schien.

„Nun ja, eine Entschuldigung wegen gestern wäre wohl drin." Die Klasse begann zu kichern und auch Serena konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

„RAUS!" schrie Severus und Lockhart wich verängstigt zurück.

Snape fuhr mit dem Unterricht fort, ohne Serena weiter zu beachten und diese versuchte auch, möglichst still zu sein und ihm nicht sofort einen Grund zu geben, sie hinauszuwerfen. Denn das war es, war er eigentlich wollte. Da war sie sich sicher.

Also beobachtete sie Snape und machte sich einige Notizen. Was er zwar mit einem grimmigen Blick bedachte, aber ansonsten nicht weiter kommentierte. Serena war doch etwas erstaunt, WIE hart er wirklich zu seinen Schülern war. Sie hatte sich zwar nach ihrer ersten Begegnung mit ihm darauf eingestellt, dass er nicht besonders freundlich zu seinen Mitmenschen – also auch nicht zu den Schülern – war, aber das hier waren Erstklässler und obendrein noch ziemlich verschreckte...

Und als Severus dann ein kleines verängstigtes Mädchen völlig zusammenschrie, weil sie ihm nicht sofort eine Antwort auf eine Frage gegeben hatte, reichte es Serena. So etwas konnte sie nicht tatenlos mitansehen.

„Jetzt ist es genug!" rief sie. „Sehen Sie sich das Mädchen doch einmal an. Sie ist ja schon völlig verstört."

Snape unterbrach abrupt seine Rede, drehte sich um und kam mit einer Bewegung, die mehr an ein Raubtier als an einen Menschen erinnerte, auf Serena zu. „Was habe ich da gerade gehört?" fragte er drohend.

„Sie sollen damit aufhören. Im übrigen funktioniert Ihre Masche bei mir nicht. Da müssen sie sich schon etwas anderes einfallen lassen", sagte sie und funkelte ihn mindestens genauso böse an wie er sie.

Seine Masche? Sie wagte es, seine Autorität vor einer Klasse in Frage zu stellen? Sie war wohl noch dreister als er vermutet hatte. Für einen Moment war er sprachlos. Doch er fing sich sofort. Jetzt hatte sie ihm noch einen Grund mehr gegeben, sich an ihr zu rächen. Warte nur, bis ich mit dir fertig bin...

Ein Kichern ging durch die Klasse, als die Schüler sein Zögern bemerkten. Doch Snape brachte sie augenblicklich zur Ruhe. „Sie wollen sich also in meine Unterrichtsmethoden einmischen", sagte er. „Habe ich sie da richtig verstanden?"

„Ja, das haben Sie", antwortete Serena bestimmt.

„Ihre Eltern haben wohl versäumt, Ihnen beizubringen, wann sie Ihre Zunge besser im Zaum halten."

„Und Ihre Eltern haben wohl versäumt, Ihnen sozialen Umgang beizubringen."

Es war ganz still im Raum. Die Schüler warteten gespannt, wie dieses Wortgefecht enden würde. Snapes Mine verfinsterte sich noch mehr, wenn das überhaupt möglich war, und sehr, sehr leise zischte er: „Raus. Sofort."

Serena hätte gerne noch etwas gesagt und ihr lagen auch schon einige passende Worte auf der Zunge, doch sie wusste, dass es jetzt klüger war zu gehen. Also stand sie auf und verließ den Raum. In der Tür drehte sie sich noch einmal um und sagte: „Die Sache ist noch nicht vorbei, Snape."