***2. Kapitel, Tumult auf der Krankenstation***
Es dauerte nicht lange und die Lehrer Hogwarts, angeführt von Dumbledore, McGonagall und Snape, gefolgt von einer Horde von Schülern kamen hinausgestürmt - nachdem Peeves, der das Dunkle Mal aus einem Fenster gesichtet und lautkreischend verkündet hatte, dass Voldemort gekommen sei, um sie „alle zu holen und zu vernichten".
Die Schüler standen verängstigt und flüsternd zusammen, während sie das Dunkle Mal anstarrten.
Hermione hatte sich zu Harry und Ron durchgekämpft.
Harry beachtete sie nicht. Nachdenklich starrte er immer noch das Dunkle Mal an. Seine Narbe schmerzte nicht – nur, wieso nicht?
Er merkte, wie er an den Armen gepackt und geschüttelt wurde.
Etwas verärgert blickte er sein Gegenüber an.
„Harry! Nun sag doch was!", rief Hermione besorgt.
„Lass mich endlich los", beschwerte sich Harry.
Hermione ließ ihn los.
Er blickte sie an. „Ich spüre nichts" und fasste sich an die Stirn.
„Nicht?", wiederholte sie verwundert.
„Schaut mal!", rief Ron.
Harry schaute wieder nach oben.
Das Mal verblasste und verschwand schließlich ganz.
„Keine Panik, Professor Dumbledore hat den Gegenspruch ausgesprochen, um das Dunkle Mal verschwinden zu lassen", hörte Harry Professor Gonagalls autoritäre Stimme. „Wir werden der Sache nachgehen. Und nun, zurück in eure Gemeinschaftsräume. Die jeweiligen Vertrauensschüler führen die anderen zurück. Niemand verlässt den Gemeinschaftsraum, bis eine Entwarnung gegeben wurde."
Harry fröstelte etwas.
Langsam trotteten sie wieder zurück.
Im Eingangssaal kam Peeves ihnen entgegengeflogen. „Und, und, und??? Wer war es? Was passiert?"
„Das weiß niemand, Peeves", sagte Hendric Davidson, ein Vertrauensschüler aus Hufflepuff.
„Ich wette, das war jemand aus Slytherin", flüsterte Ron Harry und Hermione zu.
„Ron, wie kannst du so was nur behaupten!", entgegnete Hermione entrüstet.
„Wieso", meinte Harry, „Aus welchem Haus denn sonst?"
Hermione blieb stehen und stemmte die Arme in ihre Hüften. „Ihr glaubt doch wohl nicht, dass irgendein Schüler aus Hogwarts so etwas tun würde? Man müsste schon ein sehr dunkler Magier sein, um das Dunkle Mal hinaufbeschwören zu können!"
„Oh, du meinst es war Snape?", fragte Ron unschuldig.
Harry musste unwillkürlich grinsen und war froh, dass wenigstens Ron noch Witze machte.
Hermione warf den beiden einen vernichtenden Blick zu.
„Natürlich nicht! Ich meine, vielleicht hat sich ein Todesser auf das Gelände geschlichen."
Harry hörte auf zu grinsen. Das wäre überhaupt nicht gut.
„Glaubst du?", fragte Ron mit einem leichten Anflug von Panik in der Stimme.
„Ach, ich weiß das nicht", meinte Hermione, „Es wäre möglich, aber es würde sich die Frage ergeben: Wieso bei uns? Wegen..."
Sie brach ab und Harry merkte ihren schnellen Seitenblick zu ihm.
Das hatte er sich auch schon überlegt. Das Zeichen könnte ihm gegolten haben, als Drohung, als Zeichen, dass Voldemort da ist und es auch weiterhin auf ihn abgesehen hat........ Oder ganz einfach, weil Voldemort einst Schüler auf Hogwarts gewesen war....... Oder derjenige, der das Zeichen hinaufbeschworen hatte.
„Los, kommt. Die anderen sind schon oben", hörte Harry Hermione sagen.
Er schrak aus seinen Gedanken hoch und nickte.
Sie machten sich auf dem Weg. Vor ihnen waren noch die Slytherins, die zu ihren Räumen nach unten in die alten Verliese gingen.
Ron nannte alle möglichen Ideen, wer, wie und warum das Dunkle Mal hinaufbeschworen hatte und ließ seiner Fantasie dabei freien Lauf.
Hermiones „Oh, Ron, bitte! Du jagst noch allen Angst ein!" – Einwände beachtete er gar nicht.
Harry war wieder in Gedanken versunken.
Am Fuße der Treppe hörten sie Schreie.
Erschrocken sah sich Harry um.
„Was ist los?", rief Hermione.
„Draco!", riefen mehrere Stimmen entsetzt – es kam aus der Richtung der Slytherins.
Und schon sah Harry Slytherins wieder nach oben stürmen.
„Was ist denn los?", rief Ron ihnen entgegen.
„Draco..", stammelte ein Mädchen. „Er... er... verdammt, wir müssen Snape finden!"
„Ja, zur Stelle", ertönte eine ölige Stimme.
„Professor Snape!" „Kommen Sie mit, es ist wegen Draco!" „Schnell, er sieht aus wie tot!", riefen die Slytherins aufgeregt, entsetzt und durcheinander.
Erschrocken sahen sich Ron, Harry und Hermione an. Draco – tot???
„Kommt!", flüsterte Ron hastig und rannte schon hinunter zu den Slytherinräumen. Harry und Hermione folgten ihm.
Harry konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ein Hogwartsschüler? Tot?
Ron stoppte so plötzlich, dass Harry und Hermione gegen ihn prallten.
„Ah, Ron - ", fing Harry an und brach ab. Vor ihnen stand eine Gruppe von Slytherins, die sich aufgeregt um etwas zu einem Kreis gebildet hatten und waren gerade dabei, für Snape Platz zu machen. So konnten Harry, Ron und Hermione es sehen.
Draco lag dort auf dem Boden, totenblass im Gesicht, sein Gesicht ausdruckslos.
Snape kniete sich schnell neben ihn und überprüfte etwas, was Harry nicht weiter erkennen konnte.
„Er ist bewusstlos", sagte er und Harry hörte, sie die Slytherinschüler aufatmeten. Auch er war erleichtert – so sehr er Draco auch hasste, er wünschte niemanden den Tod.
Die Slytherins begannen augenblicklich zu diskutieren, was denn wohl mit Draco los sein könnte.
Madame Pomfrey kam herbeigeeilt, Dumbledore folgte ihr.
„Ohje!", entfuhr es der Madame Pomfrey, als sie den totenblassen Draco auf dem Boden liegen sah. Sie zauberte eine Trage herbei und Snape legte ihn darauf. Er sah bleich und besorgt aus.
Harry sah, wie Dumbledore Draco mit einem Stirnrunzeln beobachtete.
Madame Pomfrey brachte Draco zur Krankenstation. Snape folgte ihr, blieb aber stehen, als er Harry, Ron und Hermione bemerkte.
„Mister Potter und seine Freunde haben sich wohl verirrt?", sagte er leise und bedrohlich.
„Ehm... oh ja! Gut, dass Sie uns darauf aufmerksam gemacht haben!", sagte Ron und die drei stürmten los.
Ein Glück, dass Dumbledore da war, dachte Harry. Sonst hätte es sicherlich fünfzig Punkte Abzug gegeben.
* * * * *
Madam Pomfrey musterte Draco. Er lag nun seit zwei Stunden im Krankenhausflügel, bewusstlos. Sein Gesicht war von tödlicher Blässe und strahlte Kälte aus. Die Arme waren über die Brust gekreuzt.
Sie wusste nicht genau, was mit ihm los war, sie vermutete nur. Es musste mit der Kette zu tun haben, die er trug. Als man ihn fand, war diese heiß gewesen. Sie hatte sich inzwischen abgekühlt.
Madam Pomfrey runzelte die Stirn. Sie mochte den arroganten, scheinbar gefühlslosen Jungen nicht, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass sie sich Sorgen um ihn machte.
Er ist von einer Finsternis erfüllt, hörte sie Dumbledores Worte über Draco, unmittelbar nach dem der Junge ins Krankenflügel gebracht wurde. Und ich befürchte, dass sie irgendwann Besitz von seiner ganzen Seele nimmt.
Sie hoffte es nicht.
Sie überlegte, was das für eine Kette war und welche Bedeutung sie hatte.
Langsam glitt ihre Hand zu Dracos Hals. Sie wollte das Band ergreifen und den Anhänger langsam unter das Hemd hervorholen.
Gerade, als sie das Band in die Finger nehmen wollte, packte sie jemand grob ans Handgelenk.
Erschrocken quiekte sie auf.
Sie versuchte sich loszureißen, aber der Griff war stark. Sie blickte in Dracos kaltgraue Augen.
„Was wird denn das, Madam Pomfrey?", spottete er, ohne ihr Handgelenk loszulassen.
„Junge, lass mich los!", fuhr sie ihn an.
Dann sah sie ihn besorgt an. „Ist alles in Ordnung mit dir?"
Draco ließ sie abrupt los und sie nahm schnell ihre Hand zurück.
Langsam setzte er sich auf. „Natürlich", sagte er kühl. „Ich denke, ich kann wieder gehen."
„Oh, nein, Draco Malfoy!", entgegnete Madam Pomfrey energisch. „Du bleibst schön brav hier und gehen erst, wenn ich es sage."
„Aber - "
„Draco, du warst zwei Stunden lang bewusstlos und ich weiß nicht warum. Du bleibst die Nacht über hier und damit basta!"
Sie würde ihn ganz bestimmt nicht gehen lassen, nicht, bevor sie wenigstens ansatzweise vermuten konnte, dass er keine weiteren Ohnmachtattacken bekommt.
Sie sah Dracos Augen vor Wut funkeln, aber das kümmerte sie nicht.
„Aber wenn du der Meinung bist, dich fit zu fühlen, denke ich, könnte ein Gespräch mit Professor Dumbledore nicht schaden", fuhr sie etwas entspannter fort.
„Was? Wieso das denn?", empörte sich Draco. „Ich habe keine Lust, mit ihm zu reden."
„Er aber mit dir. Ich bin zwar immer noch der Ansicht, dass dir Ruhe besser täte, aber ein Gespräch über die letzten Ereignisse könnte Licht darauf werfen – und das wäre mir ganz Recht."
Damit drehte sie sich um und eilte hinaus, ehe Draco wieder protestieren konnte.
*****
Wütend starrte Draco ihr hinterher.
Er konnte mit Dumbledore nicht darüber reden. Außerdem wusste er selber nicht so genau, was vorgefallen war... er wusste nur, dass er etwas gespürt und sich dagegen gewehrt hatte.
Er wusste nicht, wieso er sich auf einmal gegen das Kalte, Finstere gewehrt hatte, dass sein Herz erfüllte, er hatte nur auf einmal eine Art Kampf gespürt, als ob er in seiner Seele ausgeführt worden wäre und er keinerlei Einfluss darauf hatte.
„Hallo Mister Malfoy", hörte er eine Stimme.
Er blickte auf. Dumbledore war gekommen und näherte sich.
„Hallo", sagte Draco gepresst.
Professor Dumbledore setzte sich auf den Stuhl neben Dracos Bett und musterte den Jungen freundlich.
Draco blickte finster zurück.
„Wie geht es Ihnen?", fragte Dumbledore, etwas besorgt.
„Wozu das förmliche Getue?", entgegnete Draco schroff. „Fangen wir doch gleich mit den wesentlichen Sachen an."
Er spürte, wie Dumbledores Blick durchdringlich wurde. Draco fröstelte. Er hatte das Gefühl, als ob Dumbledore in ihn hineinschauen konnte.
„Ihr Wohlergehen ist von wesentlicher Bedeutung, Mister Malfoy", entgegnete er.
„Was ist passiert?", fragte Draco stattdessen.
Dumbledore zeigte keine Zeichen von Verwirrtheit oder Ähnlichem.
„Das Dunkle Mal erschien am Himmel", erzählte Dumbledore.
Draco spannte sich an, so überrascht war er. Das Dunkle Mal? Hier? Und er ist deswegen bewusstlos geworden?
„Die meisten Schüler haben es gesehen", fuhr Dumbledore dort. „Und Sie haben wir bewusstlos auf dem Flur vor den Slytheringemeinschaftsräumen gefunden."
Draco starrte den Schulleiter an. Misstrauen stieg in ihm auf.
„Ich habe damit nichts zu tun", sagte er mit fester Stimme.
Dumbledore nickte, als hätte er nie etwas anderes vermutet. „Aber wissen Sie, wieso Sie bewusstlos geworden sind?"
„Nein", sagte Draco. Wenn man es ganz genau nahm, wusste er es wirklich nicht.
„Haben Sie etwas gespürt?"
„Nein", wiederholte Draco. Er war gut im Lügen, und das wusste er.
„Und die Kette, die Sie tragen, hat die irgendetwas damit zu tun? Von wem ist sie eigentlich?"
„Das geht Sie nichts an, von wem ich die habe", entgegnete Draco eisig. „Ich denke nicht, dass sie etwas damit zu tun hat. Es ist eine normale Kette."
Dumbledore runzelte die Stirn.
Draco fragte sich, ob es nicht leichtsinnig sei, ihn anzulügen. Er wird schon längst die gleichen Vermutungen gemacht haben, wie er.
„Sie können mir ruhig alles erzählen", sagte Dumbledore. „Es könnte sehr wichtig sein."
Wichtig... wofür? - dachte Draco höhnisch. Für ihn und seine gute Welt? Für seinen Schützling Potter womöglich?
„Ich weiß nur, dass mir plötzlich schwindelig wurde. Und dann bin ich hier aufgewacht", log Draco. Er würde ihm nie die Wahrheit sagen. Durch die Wahrheit macht man sich leichter angreifbar.
Dumbledore nickte.
Unter seinem Blick fühlte sich Draco wie ein offenes Buch. Als ob er alle seine Gedanken lesen könnte. Das war unmöglich, aber das Gefühl war trotzdem unangenehm.
Der Professor stand auf.
„Nun gut, falls Ihnen noch etwas einfällt, können Sie es mir jederzeit sagen, Mister Malfoy. Gute Besserung"
Er schenkte dem Jungen ein freundliches, ehrliches Lächeln, welches Draco nicht erwiderte.
Dumbledore ging hinaus und ließ Draco mit seinen Gedanken alleine.
*****
Kurze Zeit später schlichen Harry, Ron und Hermione um die Krankenstation herum. Harry und Ron waren neugierig und wollten wissen, was mit Draco los war und ob er nun das Dunkle Mal heraufbeschworen hatte oder nicht.
Hermione hatte sich mehr oder weniger mitschleppen lassen. Gerade fragte sie sich zum Hundertsten Mal, warum.
„Sieht jemand Madam Pomfrey?", flüsterte Ron.
„Nöö, die Luft scheint rein zu sein", sagte Harry mit gedämpfter Stimme.
„Jungs!", zischte Hermione genervt. „Sie wird uns sowieso erwischen."
Ron sah etwas ärgerlich zu ihr hinüber. „Nun sei doch nicht immer so pessimistisch! Und wenn schon, sie wird uns nur rausschmeißen. Es wird noch nicht mal Punktabzug geben!"
„Na und? Es ist einfach unhöflich, in die Krankenstation zu platzen", entgegnete Hermione empört.
„Hooh, Hermione! Es ist bloß Malfoy!", zischte Ron.
Harry verdrehte die Augen. „Es reicht jetzt, Leute. Kommt jetzt mit rein. Und Hermione, wenn du nicht willst, bleib einfach draußen."
„Genau!", stimmte Ron zu.
Nun war es Hermione, die die Augen verdrehte. „Ich komme natürlich mit." Auch wenn es einfach nur dreist war – die Neugier siegte ja doch.
Sie schlichen sich in die Krankenstation rein und sahen sich nach Draco um.
Er lag auf einem Bett am Fenster, die Augen geschlossen.
Er sieht aus, wie ein schöner Todesengel, dachte Hermione und ärgerte sich, dass sie so über Draco dachte. Er, der immer so fies war. Die Kälte, die er ausstrahlte, faszinierte sie aber.
Leise gingen sie zu ihm hin und musterten ihn neugierig.
„Er sieht aus wie immer", flüsterte Harry.
„Schade", wisperte Ron und klang enttäuscht.
„Okay, er ist viel blasser als sonst", fügte Harry hinzu.
„Okay, dann lasst uns jetzt gehen", meinte Hermione, aber die Jungs schüttelten mit dem Kopf.
„Sollen wir nachsehen, ob er das Mal der Todesser trägt?", schlug Ron mit leiser Stimme vor.
„Ron!", zischte Hermione entsetzt und empört. „Kein Schüler auf Hogwarts wird dieses Zeichen tragen, auch kein Slytherin!"
„Das weißt du doch nicht!", meinte Ron ärgerlich und wurde dabei etwas lauter.
„Hört auf zu streiten, verdammt noch mal", flüsterte Harry genervt.
„Also, los, lass uns nachsehen", wisperte Ron und er und Harry näherten sich noch mehr, um Dracos Ärmel unbemerkt hochzuschieben.
„Ich würde es nicht versuchen", ertönte eine eiskalte Stimme.
Hermione kreischte ganz kurz laut auf und presste sich sofort die Hand vor dem Mund.
Harry und Ron prallten zurück.
„Malfoy!", keuchte Ron erschrocken.
Draco öffnete die Augen und sah die drei Freunde finster an. Er setzte sich langsam auf.
„Und nun verschwindet", befahl er.
„Wie geht es dir?", fragte Hermione.
„Sag doch gleich, dass du wach bist, verdammt", fuhr Ron ihn an.
„´Tschuldige, wir haben sowieso nicht erwartet, dass du das Zeichen trägst", sagte Harry fast zu selben Zeit.
Sein „Befehl" zu verschwinden ignorierten sie.
Dracos Blick wurde spöttisch. „Die Bedeutung von verschwinden sagt euch auch nichts, wie", höhnte er.
„Wie geht es dir?", wiederholte Hermione. Sie konnte es selber kaum glauben, aber ihre Frage war ehrlich gemeint.
Draco schien es zu merken, denn er sah sie etwas verwirrt an. Allerdings nur kurz. Hermione konnte gerade eben erkennen, dass er etwas verwirrt über ihre Frage schien, da sah er sie schon wieder kalt und von oben herab an.
„Mir geht es nie gut, wenn sich Schlammblut in meiner Nähe befindet"
Harry und Ron schnappten vor Wut auf.
„Was hast du gesagt, Malfoy? !", zischte Ron und ballte seine Hände zu Fäusten.
„Hier bist du ohne Crabbe und Goyle, die sich für dich prügeln", fügte Harry warnend hinzu.
„Ich habe eure Freundin Schlammblut genannt", wiederholte Draco provozierend.
Ron war vor Wut rot geworden und trat noch näher.
„Du beleidigst, um von deinen Gefühlen abzulenken", sagte Hermione plötzlich.
Verwirrt sahen sie sie alle an.
„Was?", rief Draco perplex aus.
Sie sah, wie er etwas blasser wurde, was an ein Wunder grenzte.
„Wie lächerlich, Granger."
„Ich finde es einfach nur logisch", sagte Hermione.
Harry nickte. „Das wird es sein"
Draco stieg aus dem Bett und fixierte abwechselnd Hermione, Harry und Ron mit einem kalten Blick. Er schwankte leicht. Ihm schien schwindelig zu sein.
Das, was ihn bewusstlos machte, war wohl ziemlich heftig, dachte Hermione.
„Wenn ich meinen Zauberstab hier hätte, würde ich euch verfluchen", sagte er finster.
„Wir können uns stattdessen prügeln", schlug Ron hoffnungsvoll vor.
Draco warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Zu mehr reicht dein Hirn auch nicht aus, was, Weasley."
Hermione musste unwillkürlich grinsen.
Ron beschimpfte Draco mit fantasievollen Begriffen.
Dracos Augen verengten sich. Seine grauen Augen blitzten auf. Er packte Ron plötzlich am Kragen und zischte: „Pass auf, was du sagst, Weasley, oder du wirst dir wünschen, niemals geboren zu sein!"
Ron riss sich los.
„Hey, Jungs, beruhigt euch!", warf Hermione ein. Sie wusste, dass Ron der Stärkere war und es erschien ihr keine gute Idee, wenn man sie dabei erwischte, wie Ron sich mit Draco schlug, der doch auf der Krankenstation lag, um zu genesen.
Harry schien das Gleiche zu denken, denn er hielt Ron zurück.
Ron funkelte Draco wütend an.
Draco grinste spöttisch. Das Grinsen musste Ron zur Weißglut gebracht haben, denn auf einmal riss er sich von Harry los und stürzte sich auf Draco.
„RON!", rief Hermione erschrocken. „Lass das!"
„Du Arsch!", zischte Ron.
Draco und Ron fielen auf das Bett. Rons Angriff war so schwungvoll, dass sie direkt am anderen Ende zu Boden stürzten.
Hermione und Harry stürzten dorthin. Draco lag mit dem Rücken auf den Boden, Ron saß auf ihn und schlug auf ihn ein.
„Du Bastard, wag´ es nie wieder uns zu beleidigen", schrie Ron wütend.
Draco versuchte so gut wie möglich seine Schläge abzuwehren und boxte auch seinerseits.
„Harry, tu´ etwas", schrie Hermione entsetzt. Auch wenn sie es Draco gönnte, dass er endlich mal Prügel einsteckten musste – er war kurz vorher bewusstlos gewesen. Das war ein unfairer Kampf.
Harry versuchte halbherzig den fluchenden Ron von Draco wegzuziehen, und schaffte es nicht wirklich. Hermione half ihm dabei, aber als sie beide eine Faust und einen Tritt abbekamen, gaben sie auf.
Wütend rieb sich Hermione das Schienbein. Sollen sie sich doch prügeln.
„Naja, das ist zwar unfair von mir, aber ich genieße es", grinste Harry.
Dracos Gegenwehr wurde immer schwächer.
Hermione bemerkte es und machte sich Sorgen. „Harry, schau mal... Draco - "
„Oh GOTT! Was ist hier los? !" kreischte jemand entsetzt.
Hermione und Harry fuhren herum. Madam Pomfrey kam mit einem wutverzerrten Gesicht herbeigestürmt.
Ron und Draco schienen sie nicht zu bemerken.
Dracos Gegenwehr hatte so gut wie aufgehört, er lag nur noch keuchend auf dem Boden.
Nun war auch Harry erschrocken, als es bemerkte.
Hastig sprang er vor und riss Ron mit Gewalt fort.
„Ey, Harry! Lass mich los!", beschwerte sich Ron.
„RON WEASLEY!", kreischte Madam Pomfrey wütend und entsetzt zugleich.
Ron erschrak, als er sie sah. „Oh verdammt...", murmelte er.
„Malfoy?", fragte Hermione besorgt und ging einen Schritt vor.
Doch Madam Pomfrey stieß sie weg und kniete sich neben Draco hin.
„Draco, kannst du aufstehen?", fragte sie hastig.
Draco keuchte immer noch. Er nickte und versuchte aufzustehen.
Madam Pomfrey sah kurz zu Hermione, Harry und Ron. „Verschwindet!", rief sie wütend. „Sofort! Und meldet euch bei Professor Gonagall!"
„Ja, Madam Pomfrey", murmelten sie.
„Es... es tut uns leid", entschuldigte sich Hermione, ehe sie betrübt davongingen.
„Ron, wie konntest du nur!", schimpfte Hermione, sobald sie außer Hörweite waren und Ron musste mindestens fünf Minuten lang einen Wortschwall des erbosten Mädchens über sich ergehen lassen.
„Hey, Hermione", meinte er. „Okay, es war unfair. Malfoy war körperlich noch voll von dieser komischen Attacke geschwächt. Aber ich hab´ echt nicht anders gekonnt. Wirklich."
Harry nickte zustimmend.
Hermione seufzte. Sie konnte es nachempfinden und drückte sanft Rons Hand. „Nun... dann lasst uns in die Höhle des Löwen gehen", murmelte sie.
Es dauerte nicht lange und die Lehrer Hogwarts, angeführt von Dumbledore, McGonagall und Snape, gefolgt von einer Horde von Schülern kamen hinausgestürmt - nachdem Peeves, der das Dunkle Mal aus einem Fenster gesichtet und lautkreischend verkündet hatte, dass Voldemort gekommen sei, um sie „alle zu holen und zu vernichten".
Die Schüler standen verängstigt und flüsternd zusammen, während sie das Dunkle Mal anstarrten.
Hermione hatte sich zu Harry und Ron durchgekämpft.
Harry beachtete sie nicht. Nachdenklich starrte er immer noch das Dunkle Mal an. Seine Narbe schmerzte nicht – nur, wieso nicht?
Er merkte, wie er an den Armen gepackt und geschüttelt wurde.
Etwas verärgert blickte er sein Gegenüber an.
„Harry! Nun sag doch was!", rief Hermione besorgt.
„Lass mich endlich los", beschwerte sich Harry.
Hermione ließ ihn los.
Er blickte sie an. „Ich spüre nichts" und fasste sich an die Stirn.
„Nicht?", wiederholte sie verwundert.
„Schaut mal!", rief Ron.
Harry schaute wieder nach oben.
Das Mal verblasste und verschwand schließlich ganz.
„Keine Panik, Professor Dumbledore hat den Gegenspruch ausgesprochen, um das Dunkle Mal verschwinden zu lassen", hörte Harry Professor Gonagalls autoritäre Stimme. „Wir werden der Sache nachgehen. Und nun, zurück in eure Gemeinschaftsräume. Die jeweiligen Vertrauensschüler führen die anderen zurück. Niemand verlässt den Gemeinschaftsraum, bis eine Entwarnung gegeben wurde."
Harry fröstelte etwas.
Langsam trotteten sie wieder zurück.
Im Eingangssaal kam Peeves ihnen entgegengeflogen. „Und, und, und??? Wer war es? Was passiert?"
„Das weiß niemand, Peeves", sagte Hendric Davidson, ein Vertrauensschüler aus Hufflepuff.
„Ich wette, das war jemand aus Slytherin", flüsterte Ron Harry und Hermione zu.
„Ron, wie kannst du so was nur behaupten!", entgegnete Hermione entrüstet.
„Wieso", meinte Harry, „Aus welchem Haus denn sonst?"
Hermione blieb stehen und stemmte die Arme in ihre Hüften. „Ihr glaubt doch wohl nicht, dass irgendein Schüler aus Hogwarts so etwas tun würde? Man müsste schon ein sehr dunkler Magier sein, um das Dunkle Mal hinaufbeschwören zu können!"
„Oh, du meinst es war Snape?", fragte Ron unschuldig.
Harry musste unwillkürlich grinsen und war froh, dass wenigstens Ron noch Witze machte.
Hermione warf den beiden einen vernichtenden Blick zu.
„Natürlich nicht! Ich meine, vielleicht hat sich ein Todesser auf das Gelände geschlichen."
Harry hörte auf zu grinsen. Das wäre überhaupt nicht gut.
„Glaubst du?", fragte Ron mit einem leichten Anflug von Panik in der Stimme.
„Ach, ich weiß das nicht", meinte Hermione, „Es wäre möglich, aber es würde sich die Frage ergeben: Wieso bei uns? Wegen..."
Sie brach ab und Harry merkte ihren schnellen Seitenblick zu ihm.
Das hatte er sich auch schon überlegt. Das Zeichen könnte ihm gegolten haben, als Drohung, als Zeichen, dass Voldemort da ist und es auch weiterhin auf ihn abgesehen hat........ Oder ganz einfach, weil Voldemort einst Schüler auf Hogwarts gewesen war....... Oder derjenige, der das Zeichen hinaufbeschworen hatte.
„Los, kommt. Die anderen sind schon oben", hörte Harry Hermione sagen.
Er schrak aus seinen Gedanken hoch und nickte.
Sie machten sich auf dem Weg. Vor ihnen waren noch die Slytherins, die zu ihren Räumen nach unten in die alten Verliese gingen.
Ron nannte alle möglichen Ideen, wer, wie und warum das Dunkle Mal hinaufbeschworen hatte und ließ seiner Fantasie dabei freien Lauf.
Hermiones „Oh, Ron, bitte! Du jagst noch allen Angst ein!" – Einwände beachtete er gar nicht.
Harry war wieder in Gedanken versunken.
Am Fuße der Treppe hörten sie Schreie.
Erschrocken sah sich Harry um.
„Was ist los?", rief Hermione.
„Draco!", riefen mehrere Stimmen entsetzt – es kam aus der Richtung der Slytherins.
Und schon sah Harry Slytherins wieder nach oben stürmen.
„Was ist denn los?", rief Ron ihnen entgegen.
„Draco..", stammelte ein Mädchen. „Er... er... verdammt, wir müssen Snape finden!"
„Ja, zur Stelle", ertönte eine ölige Stimme.
„Professor Snape!" „Kommen Sie mit, es ist wegen Draco!" „Schnell, er sieht aus wie tot!", riefen die Slytherins aufgeregt, entsetzt und durcheinander.
Erschrocken sahen sich Ron, Harry und Hermione an. Draco – tot???
„Kommt!", flüsterte Ron hastig und rannte schon hinunter zu den Slytherinräumen. Harry und Hermione folgten ihm.
Harry konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ein Hogwartsschüler? Tot?
Ron stoppte so plötzlich, dass Harry und Hermione gegen ihn prallten.
„Ah, Ron - ", fing Harry an und brach ab. Vor ihnen stand eine Gruppe von Slytherins, die sich aufgeregt um etwas zu einem Kreis gebildet hatten und waren gerade dabei, für Snape Platz zu machen. So konnten Harry, Ron und Hermione es sehen.
Draco lag dort auf dem Boden, totenblass im Gesicht, sein Gesicht ausdruckslos.
Snape kniete sich schnell neben ihn und überprüfte etwas, was Harry nicht weiter erkennen konnte.
„Er ist bewusstlos", sagte er und Harry hörte, sie die Slytherinschüler aufatmeten. Auch er war erleichtert – so sehr er Draco auch hasste, er wünschte niemanden den Tod.
Die Slytherins begannen augenblicklich zu diskutieren, was denn wohl mit Draco los sein könnte.
Madame Pomfrey kam herbeigeeilt, Dumbledore folgte ihr.
„Ohje!", entfuhr es der Madame Pomfrey, als sie den totenblassen Draco auf dem Boden liegen sah. Sie zauberte eine Trage herbei und Snape legte ihn darauf. Er sah bleich und besorgt aus.
Harry sah, wie Dumbledore Draco mit einem Stirnrunzeln beobachtete.
Madame Pomfrey brachte Draco zur Krankenstation. Snape folgte ihr, blieb aber stehen, als er Harry, Ron und Hermione bemerkte.
„Mister Potter und seine Freunde haben sich wohl verirrt?", sagte er leise und bedrohlich.
„Ehm... oh ja! Gut, dass Sie uns darauf aufmerksam gemacht haben!", sagte Ron und die drei stürmten los.
Ein Glück, dass Dumbledore da war, dachte Harry. Sonst hätte es sicherlich fünfzig Punkte Abzug gegeben.
* * * * *
Madam Pomfrey musterte Draco. Er lag nun seit zwei Stunden im Krankenhausflügel, bewusstlos. Sein Gesicht war von tödlicher Blässe und strahlte Kälte aus. Die Arme waren über die Brust gekreuzt.
Sie wusste nicht genau, was mit ihm los war, sie vermutete nur. Es musste mit der Kette zu tun haben, die er trug. Als man ihn fand, war diese heiß gewesen. Sie hatte sich inzwischen abgekühlt.
Madam Pomfrey runzelte die Stirn. Sie mochte den arroganten, scheinbar gefühlslosen Jungen nicht, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass sie sich Sorgen um ihn machte.
Er ist von einer Finsternis erfüllt, hörte sie Dumbledores Worte über Draco, unmittelbar nach dem der Junge ins Krankenflügel gebracht wurde. Und ich befürchte, dass sie irgendwann Besitz von seiner ganzen Seele nimmt.
Sie hoffte es nicht.
Sie überlegte, was das für eine Kette war und welche Bedeutung sie hatte.
Langsam glitt ihre Hand zu Dracos Hals. Sie wollte das Band ergreifen und den Anhänger langsam unter das Hemd hervorholen.
Gerade, als sie das Band in die Finger nehmen wollte, packte sie jemand grob ans Handgelenk.
Erschrocken quiekte sie auf.
Sie versuchte sich loszureißen, aber der Griff war stark. Sie blickte in Dracos kaltgraue Augen.
„Was wird denn das, Madam Pomfrey?", spottete er, ohne ihr Handgelenk loszulassen.
„Junge, lass mich los!", fuhr sie ihn an.
Dann sah sie ihn besorgt an. „Ist alles in Ordnung mit dir?"
Draco ließ sie abrupt los und sie nahm schnell ihre Hand zurück.
Langsam setzte er sich auf. „Natürlich", sagte er kühl. „Ich denke, ich kann wieder gehen."
„Oh, nein, Draco Malfoy!", entgegnete Madam Pomfrey energisch. „Du bleibst schön brav hier und gehen erst, wenn ich es sage."
„Aber - "
„Draco, du warst zwei Stunden lang bewusstlos und ich weiß nicht warum. Du bleibst die Nacht über hier und damit basta!"
Sie würde ihn ganz bestimmt nicht gehen lassen, nicht, bevor sie wenigstens ansatzweise vermuten konnte, dass er keine weiteren Ohnmachtattacken bekommt.
Sie sah Dracos Augen vor Wut funkeln, aber das kümmerte sie nicht.
„Aber wenn du der Meinung bist, dich fit zu fühlen, denke ich, könnte ein Gespräch mit Professor Dumbledore nicht schaden", fuhr sie etwas entspannter fort.
„Was? Wieso das denn?", empörte sich Draco. „Ich habe keine Lust, mit ihm zu reden."
„Er aber mit dir. Ich bin zwar immer noch der Ansicht, dass dir Ruhe besser täte, aber ein Gespräch über die letzten Ereignisse könnte Licht darauf werfen – und das wäre mir ganz Recht."
Damit drehte sie sich um und eilte hinaus, ehe Draco wieder protestieren konnte.
*****
Wütend starrte Draco ihr hinterher.
Er konnte mit Dumbledore nicht darüber reden. Außerdem wusste er selber nicht so genau, was vorgefallen war... er wusste nur, dass er etwas gespürt und sich dagegen gewehrt hatte.
Er wusste nicht, wieso er sich auf einmal gegen das Kalte, Finstere gewehrt hatte, dass sein Herz erfüllte, er hatte nur auf einmal eine Art Kampf gespürt, als ob er in seiner Seele ausgeführt worden wäre und er keinerlei Einfluss darauf hatte.
„Hallo Mister Malfoy", hörte er eine Stimme.
Er blickte auf. Dumbledore war gekommen und näherte sich.
„Hallo", sagte Draco gepresst.
Professor Dumbledore setzte sich auf den Stuhl neben Dracos Bett und musterte den Jungen freundlich.
Draco blickte finster zurück.
„Wie geht es Ihnen?", fragte Dumbledore, etwas besorgt.
„Wozu das förmliche Getue?", entgegnete Draco schroff. „Fangen wir doch gleich mit den wesentlichen Sachen an."
Er spürte, wie Dumbledores Blick durchdringlich wurde. Draco fröstelte. Er hatte das Gefühl, als ob Dumbledore in ihn hineinschauen konnte.
„Ihr Wohlergehen ist von wesentlicher Bedeutung, Mister Malfoy", entgegnete er.
„Was ist passiert?", fragte Draco stattdessen.
Dumbledore zeigte keine Zeichen von Verwirrtheit oder Ähnlichem.
„Das Dunkle Mal erschien am Himmel", erzählte Dumbledore.
Draco spannte sich an, so überrascht war er. Das Dunkle Mal? Hier? Und er ist deswegen bewusstlos geworden?
„Die meisten Schüler haben es gesehen", fuhr Dumbledore dort. „Und Sie haben wir bewusstlos auf dem Flur vor den Slytheringemeinschaftsräumen gefunden."
Draco starrte den Schulleiter an. Misstrauen stieg in ihm auf.
„Ich habe damit nichts zu tun", sagte er mit fester Stimme.
Dumbledore nickte, als hätte er nie etwas anderes vermutet. „Aber wissen Sie, wieso Sie bewusstlos geworden sind?"
„Nein", sagte Draco. Wenn man es ganz genau nahm, wusste er es wirklich nicht.
„Haben Sie etwas gespürt?"
„Nein", wiederholte Draco. Er war gut im Lügen, und das wusste er.
„Und die Kette, die Sie tragen, hat die irgendetwas damit zu tun? Von wem ist sie eigentlich?"
„Das geht Sie nichts an, von wem ich die habe", entgegnete Draco eisig. „Ich denke nicht, dass sie etwas damit zu tun hat. Es ist eine normale Kette."
Dumbledore runzelte die Stirn.
Draco fragte sich, ob es nicht leichtsinnig sei, ihn anzulügen. Er wird schon längst die gleichen Vermutungen gemacht haben, wie er.
„Sie können mir ruhig alles erzählen", sagte Dumbledore. „Es könnte sehr wichtig sein."
Wichtig... wofür? - dachte Draco höhnisch. Für ihn und seine gute Welt? Für seinen Schützling Potter womöglich?
„Ich weiß nur, dass mir plötzlich schwindelig wurde. Und dann bin ich hier aufgewacht", log Draco. Er würde ihm nie die Wahrheit sagen. Durch die Wahrheit macht man sich leichter angreifbar.
Dumbledore nickte.
Unter seinem Blick fühlte sich Draco wie ein offenes Buch. Als ob er alle seine Gedanken lesen könnte. Das war unmöglich, aber das Gefühl war trotzdem unangenehm.
Der Professor stand auf.
„Nun gut, falls Ihnen noch etwas einfällt, können Sie es mir jederzeit sagen, Mister Malfoy. Gute Besserung"
Er schenkte dem Jungen ein freundliches, ehrliches Lächeln, welches Draco nicht erwiderte.
Dumbledore ging hinaus und ließ Draco mit seinen Gedanken alleine.
*****
Kurze Zeit später schlichen Harry, Ron und Hermione um die Krankenstation herum. Harry und Ron waren neugierig und wollten wissen, was mit Draco los war und ob er nun das Dunkle Mal heraufbeschworen hatte oder nicht.
Hermione hatte sich mehr oder weniger mitschleppen lassen. Gerade fragte sie sich zum Hundertsten Mal, warum.
„Sieht jemand Madam Pomfrey?", flüsterte Ron.
„Nöö, die Luft scheint rein zu sein", sagte Harry mit gedämpfter Stimme.
„Jungs!", zischte Hermione genervt. „Sie wird uns sowieso erwischen."
Ron sah etwas ärgerlich zu ihr hinüber. „Nun sei doch nicht immer so pessimistisch! Und wenn schon, sie wird uns nur rausschmeißen. Es wird noch nicht mal Punktabzug geben!"
„Na und? Es ist einfach unhöflich, in die Krankenstation zu platzen", entgegnete Hermione empört.
„Hooh, Hermione! Es ist bloß Malfoy!", zischte Ron.
Harry verdrehte die Augen. „Es reicht jetzt, Leute. Kommt jetzt mit rein. Und Hermione, wenn du nicht willst, bleib einfach draußen."
„Genau!", stimmte Ron zu.
Nun war es Hermione, die die Augen verdrehte. „Ich komme natürlich mit." Auch wenn es einfach nur dreist war – die Neugier siegte ja doch.
Sie schlichen sich in die Krankenstation rein und sahen sich nach Draco um.
Er lag auf einem Bett am Fenster, die Augen geschlossen.
Er sieht aus, wie ein schöner Todesengel, dachte Hermione und ärgerte sich, dass sie so über Draco dachte. Er, der immer so fies war. Die Kälte, die er ausstrahlte, faszinierte sie aber.
Leise gingen sie zu ihm hin und musterten ihn neugierig.
„Er sieht aus wie immer", flüsterte Harry.
„Schade", wisperte Ron und klang enttäuscht.
„Okay, er ist viel blasser als sonst", fügte Harry hinzu.
„Okay, dann lasst uns jetzt gehen", meinte Hermione, aber die Jungs schüttelten mit dem Kopf.
„Sollen wir nachsehen, ob er das Mal der Todesser trägt?", schlug Ron mit leiser Stimme vor.
„Ron!", zischte Hermione entsetzt und empört. „Kein Schüler auf Hogwarts wird dieses Zeichen tragen, auch kein Slytherin!"
„Das weißt du doch nicht!", meinte Ron ärgerlich und wurde dabei etwas lauter.
„Hört auf zu streiten, verdammt noch mal", flüsterte Harry genervt.
„Also, los, lass uns nachsehen", wisperte Ron und er und Harry näherten sich noch mehr, um Dracos Ärmel unbemerkt hochzuschieben.
„Ich würde es nicht versuchen", ertönte eine eiskalte Stimme.
Hermione kreischte ganz kurz laut auf und presste sich sofort die Hand vor dem Mund.
Harry und Ron prallten zurück.
„Malfoy!", keuchte Ron erschrocken.
Draco öffnete die Augen und sah die drei Freunde finster an. Er setzte sich langsam auf.
„Und nun verschwindet", befahl er.
„Wie geht es dir?", fragte Hermione.
„Sag doch gleich, dass du wach bist, verdammt", fuhr Ron ihn an.
„´Tschuldige, wir haben sowieso nicht erwartet, dass du das Zeichen trägst", sagte Harry fast zu selben Zeit.
Sein „Befehl" zu verschwinden ignorierten sie.
Dracos Blick wurde spöttisch. „Die Bedeutung von verschwinden sagt euch auch nichts, wie", höhnte er.
„Wie geht es dir?", wiederholte Hermione. Sie konnte es selber kaum glauben, aber ihre Frage war ehrlich gemeint.
Draco schien es zu merken, denn er sah sie etwas verwirrt an. Allerdings nur kurz. Hermione konnte gerade eben erkennen, dass er etwas verwirrt über ihre Frage schien, da sah er sie schon wieder kalt und von oben herab an.
„Mir geht es nie gut, wenn sich Schlammblut in meiner Nähe befindet"
Harry und Ron schnappten vor Wut auf.
„Was hast du gesagt, Malfoy? !", zischte Ron und ballte seine Hände zu Fäusten.
„Hier bist du ohne Crabbe und Goyle, die sich für dich prügeln", fügte Harry warnend hinzu.
„Ich habe eure Freundin Schlammblut genannt", wiederholte Draco provozierend.
Ron war vor Wut rot geworden und trat noch näher.
„Du beleidigst, um von deinen Gefühlen abzulenken", sagte Hermione plötzlich.
Verwirrt sahen sie sie alle an.
„Was?", rief Draco perplex aus.
Sie sah, wie er etwas blasser wurde, was an ein Wunder grenzte.
„Wie lächerlich, Granger."
„Ich finde es einfach nur logisch", sagte Hermione.
Harry nickte. „Das wird es sein"
Draco stieg aus dem Bett und fixierte abwechselnd Hermione, Harry und Ron mit einem kalten Blick. Er schwankte leicht. Ihm schien schwindelig zu sein.
Das, was ihn bewusstlos machte, war wohl ziemlich heftig, dachte Hermione.
„Wenn ich meinen Zauberstab hier hätte, würde ich euch verfluchen", sagte er finster.
„Wir können uns stattdessen prügeln", schlug Ron hoffnungsvoll vor.
Draco warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Zu mehr reicht dein Hirn auch nicht aus, was, Weasley."
Hermione musste unwillkürlich grinsen.
Ron beschimpfte Draco mit fantasievollen Begriffen.
Dracos Augen verengten sich. Seine grauen Augen blitzten auf. Er packte Ron plötzlich am Kragen und zischte: „Pass auf, was du sagst, Weasley, oder du wirst dir wünschen, niemals geboren zu sein!"
Ron riss sich los.
„Hey, Jungs, beruhigt euch!", warf Hermione ein. Sie wusste, dass Ron der Stärkere war und es erschien ihr keine gute Idee, wenn man sie dabei erwischte, wie Ron sich mit Draco schlug, der doch auf der Krankenstation lag, um zu genesen.
Harry schien das Gleiche zu denken, denn er hielt Ron zurück.
Ron funkelte Draco wütend an.
Draco grinste spöttisch. Das Grinsen musste Ron zur Weißglut gebracht haben, denn auf einmal riss er sich von Harry los und stürzte sich auf Draco.
„RON!", rief Hermione erschrocken. „Lass das!"
„Du Arsch!", zischte Ron.
Draco und Ron fielen auf das Bett. Rons Angriff war so schwungvoll, dass sie direkt am anderen Ende zu Boden stürzten.
Hermione und Harry stürzten dorthin. Draco lag mit dem Rücken auf den Boden, Ron saß auf ihn und schlug auf ihn ein.
„Du Bastard, wag´ es nie wieder uns zu beleidigen", schrie Ron wütend.
Draco versuchte so gut wie möglich seine Schläge abzuwehren und boxte auch seinerseits.
„Harry, tu´ etwas", schrie Hermione entsetzt. Auch wenn sie es Draco gönnte, dass er endlich mal Prügel einsteckten musste – er war kurz vorher bewusstlos gewesen. Das war ein unfairer Kampf.
Harry versuchte halbherzig den fluchenden Ron von Draco wegzuziehen, und schaffte es nicht wirklich. Hermione half ihm dabei, aber als sie beide eine Faust und einen Tritt abbekamen, gaben sie auf.
Wütend rieb sich Hermione das Schienbein. Sollen sie sich doch prügeln.
„Naja, das ist zwar unfair von mir, aber ich genieße es", grinste Harry.
Dracos Gegenwehr wurde immer schwächer.
Hermione bemerkte es und machte sich Sorgen. „Harry, schau mal... Draco - "
„Oh GOTT! Was ist hier los? !" kreischte jemand entsetzt.
Hermione und Harry fuhren herum. Madam Pomfrey kam mit einem wutverzerrten Gesicht herbeigestürmt.
Ron und Draco schienen sie nicht zu bemerken.
Dracos Gegenwehr hatte so gut wie aufgehört, er lag nur noch keuchend auf dem Boden.
Nun war auch Harry erschrocken, als es bemerkte.
Hastig sprang er vor und riss Ron mit Gewalt fort.
„Ey, Harry! Lass mich los!", beschwerte sich Ron.
„RON WEASLEY!", kreischte Madam Pomfrey wütend und entsetzt zugleich.
Ron erschrak, als er sie sah. „Oh verdammt...", murmelte er.
„Malfoy?", fragte Hermione besorgt und ging einen Schritt vor.
Doch Madam Pomfrey stieß sie weg und kniete sich neben Draco hin.
„Draco, kannst du aufstehen?", fragte sie hastig.
Draco keuchte immer noch. Er nickte und versuchte aufzustehen.
Madam Pomfrey sah kurz zu Hermione, Harry und Ron. „Verschwindet!", rief sie wütend. „Sofort! Und meldet euch bei Professor Gonagall!"
„Ja, Madam Pomfrey", murmelten sie.
„Es... es tut uns leid", entschuldigte sich Hermione, ehe sie betrübt davongingen.
„Ron, wie konntest du nur!", schimpfte Hermione, sobald sie außer Hörweite waren und Ron musste mindestens fünf Minuten lang einen Wortschwall des erbosten Mädchens über sich ergehen lassen.
„Hey, Hermione", meinte er. „Okay, es war unfair. Malfoy war körperlich noch voll von dieser komischen Attacke geschwächt. Aber ich hab´ echt nicht anders gekonnt. Wirklich."
Harry nickte zustimmend.
Hermione seufzte. Sie konnte es nachempfinden und drückte sanft Rons Hand. „Nun... dann lasst uns in die Höhle des Löwen gehen", murmelte sie.
